Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 17 AL 1307/04 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 192/04 AL-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 27.07.2004 aufgehoben. Ferner wird der Beschwer-degegnerin untersagt, aus ihrem Bescheid vom 08.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 bis zur rechtskräftigen Ent-scheidung in der Hauptsache Rechtsfolgen für das hier streitige Rechtsver-hältnis abzuleiten. Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin einen vorläufigen Bildungsgutschein für eine 2½ Jahre dauernde Umschulung zur Arzthelferin zu erteilen sowie ihr vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Kosten der von ihr bereits begon-nenen Maßnahme und Unterhaltsgeld ab Maßnahmebeginn zu gewähren.
II. Die Beschwerdegegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin für dieses Antrags- und Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über das Bestehen eines Anspruchs der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Erteilung eines Bildungsgutscheines und Be-willigung der Kosten für die Umschulung sowie des Unterhaltsgelds (Uhg) für die Förde-rung der am 25.08.2003 begonnenen Umschulungsmaßnahme zur Arzthelferin. Dieses Rechtsschutzbegehren ist in ein Überprüfungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialge-setzbuch (SGB X) eingebettet.
Die am ...1975 geborene Bf., eine gelernte Restaurantfachfrau, erhielt vom 02.10.1999 bis 29.02.2000 und nach dem sich anschließenden Bezug von Mutterschafts- und Erziehungsgeld ab 17.04.2003 Arbeitslosengeld (Alg) von der Beschwerdegegnerin (Bg.).
Am 16.05.2003 beantragte sie die Förderung der Teilnahme an der beruflichen Umschu-lung zur Arzthelferin. Am 03.06.2003 schloss sie einen Umschulungsvertrag mit der Haut-ärztin Dipl.-Med. M ..., K ... Hiernach begann das Umschulungsverhältnis am 25.08.2003. Es soll bis zum 24.02.2006 andauern. Die theoretische Unterweisung soll im beruflichen Schulungszentrum Gesundheit und Sozialwesen D ... erfolgen. Die Ärz-tin hatte die Bf. bereits am 23.05.2003 für die Umschulung beim Schulungszentrum ange-meldet.
Die Bg. lehnte die Förderung der Umschulung mit Bescheid vom 08.08.2003 ab. Sie dürfe eine Umschulungsmaßnahme gemäß § 85 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (23.12.2002, BGBl. I 4607) nur fördern, wenn die Dauer der Umschulung im Vergleich zur regulären Berufsausbildung um mindestens 1/3 verkürzt sei. Diese Voraussetzung sei vor-liegend nicht gegeben. Eine Ausnahme von dieser Regelung setze gemäß § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III eine bundes- oder landesrechtliche Grundlage voraus. Eine solche existiere nicht. Den Widerspruch der Bf. wies die Bg. mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2003 zurück. Die reguläre Ausbildungsdauer in dem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelten Beruf der Arzthelferin betrage 36 Monate. Eine geförderte Umschulung dürfte daher nur 24 Monate dauern. Nach dem vorgelegten Umschulungsvertrag sei eine Umschulungsdauer vom 25.08.2003 bis 24.02.2006 vorgesehen. Die max. Förderdauer sei daher überschritten. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 434 d Abs. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl. I 3443) lägen ebenfalls nicht vor.
Bereits am 18.08.2003 hatte die Bf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozi-algericht Dresden (SG) die Erteilung eines Bildungsgutscheins zur Teilnahme an der ge-nannten Umschulung beantragt. Die Sächsische Landesärztekammer hatte in diesem Ver-fahren ausgeführt, der Berufsbildungsausschuss der Sächsischen Landesärztekammer habe folgende Grundsätze für die Ausbildung zur Arzthelferin beschlossen: Die Ausbildungszeit für Umschülerinnen könne unter Beachtung des § 47 BBiG von 3 auf 2½ Jahre verkürzt werden. Eine weitere Verkürzung der Ausbildungszeit sei möglich, wenn die Umschülerin bereits einen einschlägigen Fachberuf erlernt habe oder wenn Schülerinnen ohne Fachberuf einzelfallbezogen unter Beachtung von § 29 Abs. 2 oder § 40 Abs. 1 BBiG das Ausbil-dungsziel in kürzerer Zeit erreichen könnten. Eine Umschülerin ohne fachliche Vorbildung könne die theoretischen und praktischen Kenntnisse jedoch (regelmäßig) nicht innerhalb von 2 Jahren erwerben. Die Vermittlung des theoretischen Wissens sei derzeit nur an Be-rufsschulen möglich. Der Berufsschulunterricht dauere 3 Jahre.
Das SG verpflichtete die Bg. mit Beschluss vom 25.08.2003 (S 21 AL 1340/03 ER) zur Erteilung eines Bildungsgutscheins zur Förderung der beruflichen Umschulung zur Arzt-helferin. Nachdem die nächste berufliche Umschulungsmaßnahme zur Arzthelferin frühes-tens zur Mitte des nächsten Schuljahres erfolgen könne, sei ein Anordnungsgrund gegeben. Auch liege ein Anordnungsanspruch vor, weil der Antrag auf Erteilung eines Bildungsgut-scheins für die Umschulung zur Arzthelferin in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg habe. Rechtsgrundlage für die beanspruchte berufliche Weiterbildung seien die §§ 77 ff. SGB III. Die Bf. erfüllte die Voraussetzungen der §§ 77, 78 SGB III. Bei der Maßnahmeträgerin, Dipl.-Med. M ..., seien die Voraussetzungen nach § 84 SGB III gegeben. Auch die An-forderungen an die Maßnahme selbst gemäß § 85 SGB III lägen vor. Insbesondere sei die Dauer der beantragten Maßnahme gemäß § 85 Abs. 2 SGB III angemessen. Danach sei die Dauer einer Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führe, angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Be-rufsausbildung um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit verkürzt sei. Auf der Grundlage von § 25 BBiG sei in § 2 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Arzthelfer/zur Arzthelferin vom 10.12.1985 eine Ausbildungsdauer von 3 Jahren vorgesehen. Bei einer Verkürzung der Umschulungsdauer gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III um 1/3 dürfe diese max. 2 Jahre betragen. Die von der Bf. angestrebte Einzelumschulung dauere jedoch 2½ Jahre. Daher lägen die Voraussetzungen von § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht vor. § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III sehe jedoch eine Ausnahme vor. Danach sei die Verkürzung nicht erforderlich, wenn eine solche aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen aus-geschlossen sei und die Finanzierung der genannten Maßnahme auch dann gesichert sei, wenn die Maßnahmekosten nur zu zwei Dritteln gefördert werde. Nach § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III sei aber § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10.12.2001(BGBl. I 3443) nicht anzuwenden. Diese Vorschrift sei wortidentisch mit § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung. § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III gelte daher auch für § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III. An die Stelle des ausgenommenen § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III trete hier § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III. Es komme daher allein auf den bundes- oder landesrechtlich geregelten Ausschluss, die Ausbildungszeit um ein Drittel zu reduzieren, an. Der Be-schluss der Sächsischen Landesärztekammer vom 04.12.1993 zur Verkürzung der Ausbil-dungs- und Umschulungsdauer der Arzthelferinnen, der auf § 58 Abs. 2 BBiG beruhe, stel-le eine derartige landesrechtliche Regelung dar. Danach könne die Ausbildungsdauer für Umschülerinnen lediglich auf 2½ Jahre verkürzt werden. Gemäß § 434 d Abs. 1 SGB III sei die Beklagte daher zur Vollfinanzierung der Maßnahme verpflichtet. Zwar stehe der Bg. gemäß § 77 Abs. 3 SGB III bezüglich der Erteilung eines Bildungsgutscheins ein Auswahlermessen zu. Dieses sei vorliegend jedoch auf Null reduziert, weil keine weiteren Umschulungsmaßnahmen dieser Art im Freistaat Sachsen angeboten würden.
Auf der Grundlage des Beschlusses des SG begann die Bf. am 25.08.2003 die Umschu-lung. An dieser nimmt sie derzeit noch teil. Gleichzeitig bezieht sie Arbeitslosenhilfe (Al-hi). Bei Dipl.-Med. M ... ist sie auf 165,00-Euro-Basis beschäftigt.
Der gegen den Beschluss des SG vom 25.08.2003 eingelegten Beschwerde der Bg. (beim LSG unter dem Az. L 2 B 162/03 AL-ER anhängig gewesen) half das SG nicht ab. Den Antrag der Bg. vom 30.09.2003 auf Aufhebung dieses Beschlusses des SG und die Ableh-nung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz wies das SG mit Beschluss vom 14.10.2003 wegen der beim Sächsischen Landessozialgericht anhängigen Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurück.
Gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid vom 08.08.2003 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 21.08.2003 erhob die Bf. am 13.10.2003 Klage zum SG (Az. S 21 AL 1731/03). Sie beantragte wegen der Versäumung der Klagefrist die Wiedereinset-zung in den vorigen Stand. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2004 ab. Sie sei wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Der Gerichtsbescheid ist rechts-kräftig geworden.
Auf Antrag der Bg. setzte das SG mit Beschluss vom 14.10.2003 die Vollziehung des Be-schlusses vom 25.08.2003 bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Bg. aus (Az. S 21 AL 1708/03 ER). Nach summarischer Prüfung sei das SG davon überzeugt, dass die Inte-ressen der Bg. an der Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des SG vom 25.08.2003 gegenüber den Interessen der Bf. am Vollzug des genannten Beschlusses überwögen. Die Bf. habe gegen den Bescheid vom 08.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 erst am 13.10.2003 Klage erhoben. Weil die Klagefrist versäumt worden sei, sei der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz im nachhinein unzulässig geworden. Ge-gen den am 17.10.2003 zugestellten Beschluss legte die Bf. am 17.11.2003 Beschwerde ein, der das SG nicht abhalf (unter dem Az. L 2 B 213/03 AL-ER anhängig gewesen).
Am 18.11.2003 beantragte die Bf. bei der Bg. die Überprüfung des Bescheides vom 08.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 gemäß § 44 SGB X. Die Bg. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.01.2004 ab. Der Bescheid ging der Bf. nach eigenen Angaben nicht zu. Am 02.07.2003 erhob sie die später für erledigt erklärte Untätigkeitsklage beim SG (Az. S 17 AL 1309/04). Über ihren Überprüfungsantrag sei bisher nicht entschieden. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Im dortigen Hauptsacheverfahren hat die Bg. den Bescheid vom 15.01.2004 erneut bekannt gegeben. Den hiergegen gerichteten Widerspruch hat sie mit Widerspruchsbe-scheid vom 28.10.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Bf. hat ihr Begehren in der Hauptsache mit der mit Schriftsatz vom 02.11.2004 zum SG Dresden erhobenen Klage weiterverfolgt. Dieses Verfahren ist derzeit beim SG noch rechtshängig.
Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das SG mit dem hier angegriffenen Be-schluss vom 27.07.2004 abgelehnt (Az. S 17 AL 1307/04 ER). Die Bf. habe ihr Ziel, die Bg. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, einen Bildungsgutschein zur Förderung der beruflichen Umschulung zur Arzthelferin zu erteilen, bereits durch Erlass des Beschlusses des SG vom 25.08.2003 erreicht. Zwar sei mit weiterem Beschluss vom 14.10.2003 die Vollziehung des Beschlusses vom 25.08.2003 ausgesetzt worden. Jedoch seien gegen beide Beschlüsse Beschwerden beim Sächsischen Landessozialgericht anhän-gig. Für ein weiteres Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes fehle es daher am Rechtsschutzbedürfnis.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Bf. am 03.08.2004 zugestellten Beschluss haben diese am 03.09.2004 die hier zu entscheidende Beschwerde beim SG eingelegt, der das SG jedoch nicht abgeholfen hat.
Auf Veranlassung des Senats hat die Bf. die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 14.10.2003 (Az. L 2 B 213/03 AL-ER) und den Antrag im Verfahren S 21 AL 1340/03 ER (stattgebender Beschluss des SG vom 25.08.2003, Beschwerde der Bg. unter dem Az. L 2 B 162/03 AL-ER) zurückgenommen. Die Bf. erachtet den Beschluss des SG vom 25.08.2003 in der Sache für zutreffend. Die Rücknahme der Beschwerde sei lediglich er-folgt, weil in der Hauptsache die Klagefrist versäumt worden sei und daher das einstweili-ge Rechtsschutzverfahren keine Aussicht auf Erfolg mehr habe. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die Bf. habe 2005 eine Zwischenprüfung zu absolvieren, zu der sie nur zugelas-sen werde, wenn das Umschulungsverhältnis durch die Sächsische Landesärztekammer in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse aufgenommen werde.
Auf Veranlassung des Senats hat die Sächsische Landesärztekammer mit Schreiben vom 14.12.2004 bestätigt, am 04.07.2005 habe die Bf. eine Zwischenprüfung zu absolvieren, zu der sie bis zum 31.05.2005 anzumelden sei. Um an der Zwischenprüfung teilnehmen zu können, müsse das Umschulungsverhältnis in das Verzeichnis der Berufsausbildungsver-hältnisse eingetragen sein; diesbezüglich hat die Sächsische Landesärztekammer auf § 8 Nr. 3 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Prüfungen im Ausbildungsberuf der Arzthelferinnen verwiesen. Die Eintragung scheitere derzeit daran, dass eine angemessene Vergütung nicht gesichert sei.
Die Bf. beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 27.07.2004 aufzuheben und die Be-schwerdegegnerin durch geeignete Anordnungen zu verpflichten, der Beschwerde-führerin die Umschulung zur Arzthelferin mittels Bildungsgutschein, Übernahme der Maßnahmekosten und Gewährung von Uhg bis zur rechtskräftigen Entschei-dung in der Hauptsache zu ermöglichen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Bg. erachtet den Beschluss des SG im Ergebnis für zutreffend. Mit Schriftsatz vom 24.11.2004 räumt sie ein, im Falle der Bf. hätten die Voraussetzungen für die Erteilung eines Bildungsgutscheins gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB III vorgelegen. Allerdings habe § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III i.V.m. § 85 Abs. 2 SGB III einer Erteilung entgegenge-standen, weil die Maßnahme auf länger als zwei Jahre ausgelegt sei. Zudem habe dem Um-schulungsvertrag der Bestätigungsvermerk der Sächsischen Landesärztekammer gefehlt. Der Anspruch scheitere ferner daran, dass die Bf. die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme beantragt habe, ohne im Besitz eines Bildungsgutscheins zu sein.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Akten des SG, Az.: S 21 AL 1708/03 ER, S 21 AL 1709/03 ER, S 21 AL 1731/03 und S 17 AL 1309/04 sowie die Akten des LSG, Az.: L 2 B 162/03 AL-ER und L 2 B 213/03 AL-ER vor.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) ist auch in der Sache begründet. Der Beschluss des SG vom 27.07.2004 ist daher aufzuheben.
Der Antrag vom 02.07.2004 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig; ihm mangelt es insbesondere nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Die Bf. konnte ihr Rechtsschutz-ziel zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages nicht auf einfachere Weise erreichen. Zwar waren bezüglich der Beschlüsse des SG vom 25.08.2003 und 14.10.2003 Beschwerden beim Sächsischen Landessozialgericht anhängig. Das SG hatte aber zu Recht mit Be-schluss vom 14.10.2003 die Vollziehung des zur Ausstellung eines Bildungsgutscheins verpflichtenden Beschlusses vom 25.08.2003 bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Bg. ausgesetzt, weil in der Hauptsache die Klagefrist versäumt worden und daher der einstweilige Rechtsschutz unzulässig geworden war. Im Hauptsacheverfahren wurde mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 28.04.2004 die Klage wegen Versäumung der Kla-gefrist abgewiesen. In den oben genannten Beschwerdeverfahren konnte die Bf. somit zum Zeitpunkt der Antragstellung ihr Rechtsschutzziel, Verpflichtung der Bg. zur Erteilung eines Bildungsgutscheins und Übernahme der Maßnahmekosten sowie die Gewährung von Uhg, nicht mehr erreichen, weil dem SG darin zuzustimmen ist, dass bei Versäumung der Klagefrist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig wird (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, Kapitel V, Rn. 43; Krodel, NZS 2001, S. 457). Aus den genannten Gründen hat die Bf. in dem einen Verfahren ihre Be-schwerde und in dem anderen Verfahren ihren Antrag nunmehr auch zurückgenommen.
Der Antrag der Bf. ist auch begründet. Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache – soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG nicht vorliegt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr be-steht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streiti-ges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach § 86 b Abs. 3 SGG sind Anträge nach Abs. 2 bereits vor Klageerhebung zulässig.
Ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des § 86 b Abs. 1 SGG i.V.m. § 86 a Abs. 1 bis 3 SGG sind (Anfechtungs-)Widersprüche und Anfechtungsklagen. Die Bf. begehrt in der Hauptsache die Verurteilung der Bg. zur Erteilung eines Bildungsgut-scheins, zur Übernahme der Maßnahmekosten und zur Gewährung von Uhg.
Einen Antrag auf einstweilige Anordnung hat die Bf. am 02.07.2004 gestellt.
Weil sich das Begehren der Bf. auf Erteilung eines vorläufigen Bildungsgutscheins und die vorläufige Übernahme der Maßnahmekosten einschl. des Uhg bis zur rechtskräftigen Ent-scheidung der Hauptsache richtet, ist das Verfahren auf eine Regelungsanordnung gerich-tet. Eine solche setzt gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 1 Zivilpro-zessordnung – ZPO – einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus.
Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn die einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes bezüglich eines streitigen Rechtsverhältnisses nötig erscheint. Bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs sind die Erfolgsaussichten des Hauptsachever-fahrens zu berücksichtigen. Soweit das Hauptsacheverfahren nach überschlägiger Prüfung voraussichtlich Aussicht auf Erfolg haben wird, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn die Erfolgsaussichten der Bf. in der Hauptsache deutlich überwiegen.
Hierbei beschränkt sich die summarische Prüfung, vorbehaltlich besonderer Fallgestaltun-gen, auf die tatsächlichen Feststellungen. Die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des Sachverhalts ist hingegen grundsätzlich abschließend vorzunehmen (vgl. dazu Binder in Binder u.a., SGG, § 86b Rn. 37).
Vorliegend besteht nach summarischer Prüfung ein Anordnungsanspruch. Die Bf. ist so zu stellen, als habe die Bg. noch keine bestandskräftige ablehnende Entscheidung getroffen. Auch ist der Bf. ein vorläufiger Bildungsgutschein für eine 2½ Jahre dauernde Umschu-lung zur Arzthelferin zu erteilen und sind ihr bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Kosten der Maßnahme und Uhg zu gewähren.
Der Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 15.01.2004 scheitert nicht an der Ver-säumung der diesbezüglichen Widerspruchsfrist. Da die Bg. im Widerspruchsbescheid vom 28.10.2004 in der Sache entschied, kann dahinstehen, ob der Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.01.2004 fristgerecht eingelegt wurde.
Die Bg. ist zu verpflichten, ihren bestandskräftigen Bescheid vom 08.08.2003 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 nicht zu beachten, weil sie hierin das Recht unrichtig angewandt hat. Demnach darf sich die Bg. in ihrem Bescheid vom 15.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2004 auch nicht auf ihre frühere Entscheidung berufen.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist, soweit sich ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Bei Erlass der ge-nannten Verwaltungsakte ist nach summarischer Prüfung das Recht unrichtig angewandt worden. Der Bf. stand ein Anspruch auf Erteilung eines Bildungsgutscheins und Übernah-me der Maßnahmekosten sowie Gewährung von Uhg zu.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung der Bf. auf Förderung der Teilnahme an einer berufli-chen Weiterbildungsmaßnahme am 16.05.2003 war das Recht der beruflichen Weiterbil-dung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) grundlegend neu gestaltet. Die Bg. hat hiernach gegenüber bildungswilligen Arbeitnehmern zunächst in einem ersten Schritt über die Erteilung eines Bildungsgutscheins gemäß § 77 Abs. 3 SGB III zu entscheiden. Hierbei handelt es sich um eine "Legitimationsurkunde", die die Arbeitslosen berechtigt, in einem bestimmten, im Gutschein vorgegebenen Rahmen selbst über die Auswahl unter den zugelassenen Maß-nahmen zu entscheiden. Nachdem der Arbeitslose sich einen Bildungsträger und eine Maßnahme, die die im Bildungsgutschein genannten Voraussetzungen erfüllen, ausgewählt hat, hat die Bg. die Kosten der Maßnahme zu bewilligen und das Uhg zu gewähren. Der Bildungsgutschein ist folglich eine Leistungsbewilligung dem Grunde nach. Anders als es der Wortlaut des § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB III nahe legt, wird mit dem Bildungsgutschein nicht nur dokumentiert, dass die persönlichen Förderungsvoraussetzungen erfüllt sind, sondern auch, dass die Bundesagentur für Arbeit das ihr zustehende Ermessen dahinge-hend ausgeübt hat, die Teilnahme des Arbeitslosen an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung durch die gesetzlich vorgesehenen Leistungen zu fördern. Im Rahmen der Vorgaben des Bildungsgutscheins soll der Arbeitslose allein entscheiden können, in wel-cher Maßnahme er sich weiterbilden lassen möchte. Ein "Letztentscheidungsrecht" für die Bundesagentur für Arbeit sieht das Gesetz nicht vor. Ein solches war vom Gesetzgeber auch ausdrücklich nicht gewollt (vgl. BT-Drucksache 15/25 zu Nr. 14, S. 29; Niewald, in: Spellbrink/Eicher, Kassler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, S. 254 f., Olk, in: Wis-sing/Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 2. Aufl., § 77 Rn. 39). Eine Beschrän-kung des Bildungsgutscheins auf eine bestimmte Bildungsmaßnahme soll nicht möglich sein.
Ein Anspruch auf Erteilung eines Bildungsgutscheins nach § 77 Abs. 3 SGB III in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I 4607) besteht, wenn die in der Person des Antragstellers liegenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III vorliegen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 77 Abs. 3 SGB III: "Dem Arbeitnehmer wird das Vorliegen der Vorausset-zungen für die Förderung bescheinigt".
Nach § 77 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmer bei der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistungen von Uhg gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslo-sigkeit beruflich einzugliedern oder eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden (Nr. 1), die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist (Nr. 2) und vor Beginn der Teilnahme eine Bera-tung durch das Arbeitsamt erfolgt ist (Nr. 3).
Die Umschulung der Bf. ist – auch nach Einschätzung der Bg. – gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 SGB III notwendig, um sie beruflich wieder einzugliedern. Die Bf. war zum Zeitpunkt der Beantragung der Maßnahme arbeitslos und bezog Alg. Ohne die Bildungsmaßnahme be-standen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 08.08.2003 bei summarischer Prüfung keine realistischen Vermittlungschancen in den Arbeitsmarkt, weil die Bf. seit dem 02.10.1999 weder in ihrem erlernten Beruf noch überhaupt beschäftigt gewesen ist und ihr die Bg. während der Zeit ihrer Arbeitslosigkeit keine Arbeit vermitteln konnte.
Die Vorbeschäftigungszeit gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i. V. m. § 78 Satz 2 SGB III ist – wie auch die Bg. bestätigte – erfüllt, weil die Bf. Berufsrückkehrerin ist. Vor Beginn der Teilnahme war am 16.05.2003 eine Beratung gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III durch die Bg. erfolgt.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Bildungsgutscheins gemäß § 77 Abs. 3 i. V. m. § 77 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III liegen folglich vor.
Da zum Zeitpunkt der Ausstellung eines Bildungsgutscheins der konkrete Maßnahmeträ-ger und die konkrete Maßnahme grundsätzlich nicht bekannt sind und der Antragsteller sich mit Hilfe des Bildungsgutscheins nach dem Willen des Gesetzgebers selbst eine Maß-nahme suchen soll, hat die Bg. im Rahmen der Erteilung des Bildungsgutscheins nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III, wonach die Maßnahme und der Träger der Maßnahme zugelassen sein müssen, zu entscheiden. Vielmehr kann sie lediglich abstrakte Ausführungen zu den Anforderungen an eine zugelassene Maßnah-me und den Maßnahmeträger treffen. Dies bestätigte die Bg. mit Schriftsatz vom 24.11.2004.
Im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung des von der Bf. begehrten Bildungsgut-scheins war die Bg. folglich nicht berechtigt, abstrakt gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III zu fordern, dass die Bf. lediglich eine Umschulung zur Arzthelferin von zweijähriger Dauer absolvieren dürfe. Vielmehr musste sie nach § 85 Abs. 1 i. V. m. § 85 Abs. 2 SGB III auch eine Umschulung zur Arzthelferin von 2½ -jähriger Dauer zulassen.
Gemäß § 85 Abs. 1 SGB III in der oben genannten Fassung sind für die Förderung Maß-nahmen zugelassen, bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass die Maßnahme nach Gestaltung der Inhalte sowie der Methoden und Materialien ihrer Vermittlung eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lasse und nach Lage und Entwicklung des Ar-beitsmarktes zweckmäßig sei (Nr. 1), angemessene Teilnahmebedingungen biete (Nr. 2), mit einem Zeugnis abschließe, das Auskunft über den Inhalt des vermittelten Lehrstoffs gebe (Nr. 3) und nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt werde, insbesondere die Kosten und die Dauer angemessen seien (Nr. 4).
Die in § 85 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III genannten Voraussetzungen sind bezüglich der von der Bf. angestrebten Umschulung zur Arzthelferin unstreitig erfüllt.
Die Dauer der Maßnahme ist gemäß § 85 Abs. 2 SGB III angemessen, weil sie sich auf den für das Erreichen des Bildungsziels erforderlichen Umfang beschränkt. Die Dauer einer Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungs-beruf führt, ist nach § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III in der genannten Fassung angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens 1/3 der Aus-bildungszeit verkürzt ist. Ist eine Verkürzung um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit auf-grund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen ausgeschlossen, so ist nach § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zu 2/3 der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert ist.
Gemäß § 434 d Abs. 1 SGB III ist die Dauer einer Vollzeitmaßnahme der beruflichen Wei-terbildung, die bis zum 31.12.2004 begann, auch dann angemessen, wenn sie aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen nicht um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit verkürzt ist.
Der von der Bf. begehrte Bildungsgutschein soll für eine Umschulung zur Arzthelferin, die vom 25.08.2003 bis zum 24.02.2006, mithin 2½ Jahre, dauern soll, genutzt werden. Die reguläre Berufsausbildung zur Arzthelferin hat eine Dauer von 3 Jahren. Eine Verkürzung der Umschulungsdauer gegenüber einer Berufsausbildung um 1/3 im Sinne des § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III liegt folglich nicht vor.
Jedoch ist der Ausnahmetatbestand des § 85 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 434 d Abs. 1 SGB III erfüllt. § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III in der maßgeblichen Fassung ist an die Stelle des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III i.S.d. § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III getreten. Diese Änderung wurde lediglich redaktionell bei § 434d Abs. 1 SGB III nicht berücksichtigt. Hiergegen sollte die Übergangsregelung des § 434d Abs. 1 SGB III nicht materiell verkürzt werden. Auch für Sachverhalte, die im Jahr 2003 erstmalig einen Anspruch begründeten, soll § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III Geltung besitzen. Er findet daher auch auf den mit § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III wortidentischen § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III Anwendung. Eine Verkürzung der Ausbil-dungszeit um mindestens 1/3 ist nach bundes- bzw. landesgesetzlichen Regelungen für den Beruf der Arzthelferin ausgeschlossen und deswegen § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III unbeacht-lich. Die zeitliche Angemessenheit richtet sich ausschließlich nach § 434d Abs. 1 SGB III.
Die genannten Vorschriften gehen – soweit sie die Verkürzung der Ausbildungszeit betref-fen – auf § 417 SGB III in der Fassung vom 21.07.1999, gültig vom 01.08.1999 bis 31.12.2001, zurück. Dieser lautete: "Angemessene Dauer beruflicher Weiterbildungen in Sonderfällen. Die Dauer einer Vollzeitmaßnahme der beruflichen Weiterbildung, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führt und gegenüber einer entsprechen-den Berufsausbildung nicht um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit verkürzt ist, ist ange-messen, wenn in bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen über die Dauer von Weiter-bildungen eine längere Dauer vorgeschrieben ist (Nr. 1) und die Maßnahme bis zum 31.12.2001 begonnen hat (Nr. 2)."
Im Regierungsentwurf (BT-Drucksache 13/4941 S. 225 ff.) hieß es hierzu: "Zu § 417: Angemessene Dauer beruflicher Weiterbildungen in Sonderfällen: Für eine Übergangszeit soll diese Sonderregelung gewährleisten, dass auch die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung gefördert werden kann, wenn die Maßnahme wegen gesetzlicher Regelungen über die Dauer von Weiterbildungen nicht entsprechend § 92 Abs. 2 gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung verkürzt durchgeführt wird. Insbesondere in den gesetzlich geregelten Gesundheitsfachberufen und sozialpflegerischen Berufen scheidet eine Verkürzung nach den jeweiligen Berufsgesetzen in der Regel aus, so dass ohne diese Sonderregelung Weiterbildungsmaßnahmen mit entsprechenden Bildungs-zielen nicht mehr für die Weiterbildungsförderung anerkannt werden könnten. Die zulässi-ge längere Dauer von Maßnahmen eröffnet den gesetzgebenden Körperschaften in Bund und Ländern die Möglichkeit, in angemessener Zeit in den jeweiligen Berufsgesetzen Verkürzungsmöglichkeiten für die berufliche Weiterbildung zu schaffen."
Bei der Schaffung dieser Regelung war sich der Gesetzgeber im Klaren darüber, dass gera-de in den Gesundheitsberufen – zu denen auch derjenige der Arzthelferin gehört – auf-grund gesetzlicher Regelung eine Verkürzung der Ausbildungsdauer um 1/3 nicht möglich ist. Dies entspricht auch noch dem Gesetzgebungsstand zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 08.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003.
Rechtsgrundlage für die Dauer der Ausbildung in den Ausbildungsberufen war und ist § 25 BBiG, der in seinem Abs. 2 Nr. 2 einen Rahmen von 2 bis 3 Jahren für die Mindest- und Höchstdauer vorschreibt, es aber dem zuständigen Bundesministerium überlässt, durch Rechtsverordnung jeweils die konkrete Dauer in den einzelnen Berufen festzulegen. Für den Bereich der Arzthelferin/des Arzthelfers ist dies durch die Verordnung über die Be-rufsausbildung zum Arzthelfer/Arzthelferin (ArztHAusbV) vom 10.12.1985 geschehen. Dessen § 2 bestimmt, dass die Ausbildungsdauer 3 Jahre beträgt. Von der nach § 47 Abs. 3 BBiG für berufliche Umschulungen eröffneten Möglichkeit der Bestimmung kürzerer Ausbildungszeiten für Umschulungsmaßnahmen wurde in der ArztHAusbV kein Gebrauch gemacht. Bei § 2 ArztHAusbV handelt es sich um eine Vorschrift "aufgrund bundesgesetzlicher Regelung" i.S.d. § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III.
§ 29 Abs. 2 BBiG sieht ergänzend vor, dass die zuständige Stelle auf Antrag die Ausbil-dungszeit zu verkürzen hat, wenn zu erwarten ist, dass die Auszubildende/der Auszubil-dende das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht. Ausgangspunkt der Kürzung ist dabei die für den Beruf generell festgelegte Ausbildungsdauer, hier also 3 Jahre. Diese Bestimmung ist als Einzelfallregelung konzipiert. Dies wird bestätigt durch den Beschluss des Berufsbildungsausschusses für Arzthelferinnen bei der Sächsischen Landesärztekam-mer vom 04.12.1993, Pkt. 2.1., in dem als Maßstab für die Verkürzung u. a. sehr gute Lern- und Ausbildungsergebnisse in der Arztpraxis, die notwendigerweise erst nach Ab-lauf einer mehrere Monate dauernden Ausbildungsphase festgestellt werden können, ge-nannt ist. Der Beschluss vom 04.12.1993 sieht darüber hinaus unter Pkt. II. Nr. 2.1. vor, dass aufgrund der persönlichen Situation, des Alters, der Lebenserfahrung und einer abge-schlossenen Berufsausbildung gemäß § 29 Abs. 2 BBiG für Umschüler von vornherein generell eine sechsmonatige Verkürzung vorgesehen werden kann. Das bedeutet, dass die Dauer der Umschulung in diesen Fällen 2½ Jahre beträgt. Da § 29 Abs. 2 BBiG ausdrück-lich die "zuständige Stelle" dazu bestimmt, die Verkürzungsregelung zu treffen, und es keinen Zweifel gibt, das der "Berufsbildungsausschuss Arzthelferinnen" bei der Sächsi-schen Landesärztekammer eine solche "zuständige Stelle" ist, ergibt sich daraus zwingend, dass die Verkürzung auf 2½ Jahre und damit der Ausschluss einer weiteren Verkürzung auf bloß 2 Jahre "aufgrund bundesgesetzlicher Regelung" erfolgt ist. Im Übrigen verbliebe es ohne diesen Beschluss bei der Dreijahresregelung der ArztHAusbV, was erst recht eine Verkürzung auf 2 Jahre ausschlösse.
Vor bzw. bei Beginn der Maßnahme der Bf. war folglich eine Verkürzung der Dauer der Umschulung zur Arzthelferin gegenüber einer regulären Berufsausbildung um 1/3, mithin auf 2 Jahre, im Sinne des § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III ausgeschlossen.
Entgegen der Ansicht der Bg. ist deshalb hier ferner § 434 d SGB III einschlägig, wonach auch die Dauer einer nicht verkürzten Vollzeitmaßnahme mit der Folge angemessen ist, dass die Maßnahme in ihrer gesamten ungekürzten Dauer zu fördern ist (Schlegel, in: Ei-cher/Schlegel, SGB III, § 434 d Rn. 23).
Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung eines Bildungsgutscheins lagen folglich bei Antragstellung und liegen auch noch nicht vor. Nach § 77 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SGB III steht der Bg. jedoch bezüglich der Erteilung eines solchen Gutscheins Entschließungs-ermessen zu. Es kann dahinstehen, ob vorliegend eine Ermessensreduzierung auf Null vorlag, so dass die Bg. verpflichtet gewesen wäre, den Bildungsgutschein zu erteilen. Je-denfalls ist den Gerichten gemäß § 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO in Eilverfahren auch in Fällen der Regelungsanordnung eine richterliche Gestaltungsbefugnis eingeräumt, die es erlaubt, die Behörde zu einer bestimmten Handlung zu verpflichten, wenn und soweit das zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im vorläufigen Rechts-schutzverfahren erforderlich ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 02.11.2000, Az.: 12 CE 00.476, vom 07.12.2000, Az.: 12 CE 00.2887 und 06.08.2003, Az.: 12 CE 03.840 sowie 12 CE 03.1205; Schock, in: Schock/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Ja-nuar 2003, Rn. 158 ff. zu § 123; Hopp, in: Eyermann, VwGO, 11. Auflage 2000, Rn. 66 zu § 123; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, Rn. 14 und 28 zu § 123). Die Gerichte können folglich den Inhalt der einstweiligen Anordnung, die zur Regelung eines vorläufi-gen Zustandes ergeht, unabhängig von dem der Behörde bei der Entscheidung über den materiell-rechtlichen Anspruch in der Hauptsache zustehenden Ermessensspielraum bestimmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um eine berufliche Wiederein-gliederung handelt und der Bf. im Hinblick auf ihr Lebensalter nicht zugemutet werden kann, die rechtskräftige Entscheidung des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, das sich hier über mehrere Instanzen hinweg erstrecken könnte. Die Bf. ist mittlerweile fast 30 Jahre alt und hat sich seit Ende 1999 in keinem Arbeitsverhältnis mehr befunden. Ohne den erfolg-reichen Abschluss der von der Bf. begonnenen Weiterbildungsmaßnahme ist ihre berufli-che Wiedereingliederung in hohem Maße gefährdet. Hier kommt noch hinzu, dass wegen der beim Anordnungsgrund dargestellten Besonderheiten dieses Falles (dazu sogleich) ohne eine Leistungsanordnung der Bf. ein nicht mehr rückgängig zu machender Rechtsver-lust droht.
Der Bf. steht ferner ein Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Maßnahmekosten und Uhg bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 77 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 SGB III zu. Die Bf. begehrt, wie sich aus dem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten im gesamten Verfahren ergibt, nicht lediglich die Bewilligung eines Bildungs-gutscheins, sondern die Übernahme der Maßnahmekosten und die Bewilligung von Uhg für die am 25.08.2003 begonnene Umschulung zur Arzthelferin. Im Rahmen der Bewilli-gung von Maßnahmekosten und Uhg gemäß § 77 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 SGB III hat die Bg. – nach Erteilung des Bildungsgutscheins – lediglich noch zu prüfen, ob der Träger der Maßnahme gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III zugelassen ist und die im Bildungsgut-schein abstrakt für die Maßnahme genannten Voraussetzungen bei der von der Bf. konkret ausgesuchten Umschulung erfüllt sind.
Dies ist vorliegend der Fall. Der Träger der Maßnahme ist im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III zugelassen und die Bf. beabsichtigt die Umschulung zur Arzthelferin, die vom 25.08.2003 bis 24.02.2006, mithin 2½ Jahre dauert.
Die Tatsache, dass im Umschulungsvertrag vom 03.06.2003 der Bestätigungsvermerk der Sächsischen Landesärztekammer fehlt, stellt zwar einen formellen Mangel dar, führt je-doch nicht zur Berechtigung der Bg., die Übernahme der Maßnahmekosten und die Bewil-ligung des Uhg wegen Fehlens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 85 Abs. 1 und 2 SGB III zu verweigern. Der Bestätigungsvermerk wurde ausweislich der Stellungnahme der Sächsischen Landesärztekammer vom 14.12.2004 deshalb nicht erteilt, weil die gemäß § 10 BBiG erforderliche angemessene Vergütung während der Um-schulung bislang nicht sichergestellt war.
Ein Anordnungsgrund für das Begehren der Regelungsanordnung liegt ebenfalls vor. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können oder schwere, unzumutbare, irreparable rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile hätte, wenn er bis zur Entscheidung der Hauptsache abwarten müsste (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, a.a.O., S. 176; Zeihe, SGG, Rn. 31 a zu § 86 b).
Im Antragsschreiben vom 01.07.2004 hat die Bf. das Vorliegen eines Anordnungsgrundes damit begründet, die Vollzeitmaßnahme werde nur dann für die gesamte Dauer der Aus-bildung gefördert, wenn die Maßnahme bis zum 31.12.2004 begonnen würde. Sie stellt diesbezüglich auf § 434 d SGB III ab. Da die Bf. die Maßnahme bereits zum 25.08.2003 begonnen hat und sie derzeit fortführt, ist die Maßnahme ersichtlich vor dem 31.12.2004 begonnen worden. Diese Argumentation begründet einen Anordnungsgrund folglich nicht ausreichend. Allerdings ergibt sich aus § 434d Abs. 1 SGB III als Voraussetzung für einen Anordnungsgrund, dass der Abbruch der Maßnahme den Anspruch der Bf. endgültig verei-teln würde. Begänne die Bf. eine Weiterbildungsmaßnahme nach dem 31.12.2004, könnte sie sich nicht länger auf § 434d Abs. 1 SGB III berufen. Selbst wenn die Bf. bei Abbruch der Maßnahme gegebenenfalls Anspruch auf Erstattung der bis zum Abbruch entstandenen Maßnahmekosten und auf Uhg für diesen Zeitraum hätte, könnte sie daraus für die An-wendbarkeit des § 434d Abs. 1 SGB III auf eine nach dem 31.12.2004 begonnene Um-schulung zur Arzthelferin nichts herleiten.
Bei deutlich überwiegender Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist ein Anordnungsgrund wegen des nachträglich nicht korrigierbaren endgültigen Verlustes des Anspruchs auf Um-schulung zur Arzthelferin nach Abbruch der Maßnahme dann schon gegeben, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung die Bf. die Weiterbildungsmaßnahme abbrechen müsste oder sich zumindest der ernsthaften, nahe liegenden Gefahr eines unfreiwilligen, administrativ erzwungenen Abbruchs aussetzen würde. So verhält es sich hier.
Wie von der Sächsischen Landesärztekammer bestätigt, hat die Bf. am 04.07.2005 eine Zwischenprüfung bei der Sächsischen Landesärztekammer zu absolvieren, zu der sie bis zum 31.05.2005 anzumelden ist. Ferner hat die Bf. bis Februar 2006 die Abschlussprüfung abzulegen, zu der sie ebenfalls vorher anzumelden ist. Dass eine rechtskräftige Hauptsa-cheentscheidung bis zu diesen Stichtagen erfolgt ist, ist nicht wahrscheinlich. Gemäß § 39 Abs. 1 BBiG i.V.m. § 8 Nr. 3 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Prüfungen im Ausbildungsberuf der Arzthelferinnen vom 27.03.1993 ist zur Abschlussprüfung zuzu-lassen, wessen Berufsausbildungsverhältnis in das Verzeichnis der Berufsausbildungsver-hältnisse eingetragen oder aus einem Grund nicht eingetragen ist, den weder der Auszubil-dende noch dessen gesetzlicher Vertreter zu vertreten hat. Über die Zulassung zur Ab-schlussprüfung entscheidet gemäß § 11 Abs. 1 der Prüfungsordnung die Sächsische Lan-desärztekammer. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, entscheidet der Prüfungsausschuss.
Das Berufsausbildungsverhältnis der Bf. ist derzeit nicht in das Verzeichnis der Berufsaus-bildungsverhältnisse eingetragen. Deshalb ist seitens der Sächsischen Landesärztekammer auch bislang kein Bestätigungsvermerk auf dem Umschulungsvertrag angebracht worden. Nach der Stellungnahme der Sächsischen Landesärztekammer vom 15.12.2004 ist dies nicht erfolgt, weil eine gesetzliche Voraussetzung gemäß § 10 BBiG, eine angemessene Vergütung während der Umschulung, bisher nicht gesichert ist.
Würde der Senat keine einstweilige Anordnung treffen, bestünde die Gefahr, dass die Sächsische Landesärztekammer bzw. der Prüfungsausschuss das Vorliegen der Vorausset-zungen des § 8 Nr. 3 der Prüfungsordnung verneint und die Bf. die Umschulung deshalb nicht erfolgreich fortführen bzw. abschließen könnte. Insbesondere bestünde die Gefahr, dass die Landesärztekammer die Nichteintragung des Berufsausbildungsverhältnisses der Bf. in das Verzeichnis aus einem durch die Bf. zu vertretenden Grund annähme und sich hierbei auf die Argumentation der Bg. stützte. So könnte der Bf. in einer ablehnenden Ent-scheidung u.a. vorgehalten werden, sie habe trotz unklarer Finanzierung eine Umschu-lungsmaßnahme begonnen, zum Antragszeitpunkt fehlerhafterweise die Übernahme von
Maßnahmekosten statt eines Bildungsgutscheins beantragt bzw. die Klagefrist gegen den Bescheid der Bg. Vom 08.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 versäumt und deshalb das Unterliegen im Hauptsacheverfahren gegen die Bg. verschuldet. Diese Gefahr kann und muss durch die einstweilige Regelung abgewandt werden.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich der Anordnungsgrund auch daraus ergeben könnte, dass die Bf. aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Uhg nicht in der Lage sein könnte, die Umschulung fortzusetzen. Denn die Bf. hat sich bislang – wohl rechtswidrig – durch die Inanspruchnahme von Alhi finanziert. Welche Auswirkungen ihre Eheschließung auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hat, kann derzeit ebenfalls nicht beur-teilt werden.
Nach alledem war antragsgemäß zu entscheiden.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Die Beschwerdegegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin für dieses Antrags- und Beschwerdeverfahren.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über das Bestehen eines Anspruchs der Beschwerdeführerin (Bf.) auf Erteilung eines Bildungsgutscheines und Be-willigung der Kosten für die Umschulung sowie des Unterhaltsgelds (Uhg) für die Förde-rung der am 25.08.2003 begonnenen Umschulungsmaßnahme zur Arzthelferin. Dieses Rechtsschutzbegehren ist in ein Überprüfungsverfahren nach § 44 Zehntes Buch Sozialge-setzbuch (SGB X) eingebettet.
Die am ...1975 geborene Bf., eine gelernte Restaurantfachfrau, erhielt vom 02.10.1999 bis 29.02.2000 und nach dem sich anschließenden Bezug von Mutterschafts- und Erziehungsgeld ab 17.04.2003 Arbeitslosengeld (Alg) von der Beschwerdegegnerin (Bg.).
Am 16.05.2003 beantragte sie die Förderung der Teilnahme an der beruflichen Umschu-lung zur Arzthelferin. Am 03.06.2003 schloss sie einen Umschulungsvertrag mit der Haut-ärztin Dipl.-Med. M ..., K ... Hiernach begann das Umschulungsverhältnis am 25.08.2003. Es soll bis zum 24.02.2006 andauern. Die theoretische Unterweisung soll im beruflichen Schulungszentrum Gesundheit und Sozialwesen D ... erfolgen. Die Ärz-tin hatte die Bf. bereits am 23.05.2003 für die Umschulung beim Schulungszentrum ange-meldet.
Die Bg. lehnte die Förderung der Umschulung mit Bescheid vom 08.08.2003 ab. Sie dürfe eine Umschulungsmaßnahme gemäß § 85 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (23.12.2002, BGBl. I 4607) nur fördern, wenn die Dauer der Umschulung im Vergleich zur regulären Berufsausbildung um mindestens 1/3 verkürzt sei. Diese Voraussetzung sei vor-liegend nicht gegeben. Eine Ausnahme von dieser Regelung setze gemäß § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III eine bundes- oder landesrechtliche Grundlage voraus. Eine solche existiere nicht. Den Widerspruch der Bf. wies die Bg. mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2003 zurück. Die reguläre Ausbildungsdauer in dem nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelten Beruf der Arzthelferin betrage 36 Monate. Eine geförderte Umschulung dürfte daher nur 24 Monate dauern. Nach dem vorgelegten Umschulungsvertrag sei eine Umschulungsdauer vom 25.08.2003 bis 24.02.2006 vorgesehen. Die max. Förderdauer sei daher überschritten. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 434 d Abs. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl. I 3443) lägen ebenfalls nicht vor.
Bereits am 18.08.2003 hatte die Bf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozi-algericht Dresden (SG) die Erteilung eines Bildungsgutscheins zur Teilnahme an der ge-nannten Umschulung beantragt. Die Sächsische Landesärztekammer hatte in diesem Ver-fahren ausgeführt, der Berufsbildungsausschuss der Sächsischen Landesärztekammer habe folgende Grundsätze für die Ausbildung zur Arzthelferin beschlossen: Die Ausbildungszeit für Umschülerinnen könne unter Beachtung des § 47 BBiG von 3 auf 2½ Jahre verkürzt werden. Eine weitere Verkürzung der Ausbildungszeit sei möglich, wenn die Umschülerin bereits einen einschlägigen Fachberuf erlernt habe oder wenn Schülerinnen ohne Fachberuf einzelfallbezogen unter Beachtung von § 29 Abs. 2 oder § 40 Abs. 1 BBiG das Ausbil-dungsziel in kürzerer Zeit erreichen könnten. Eine Umschülerin ohne fachliche Vorbildung könne die theoretischen und praktischen Kenntnisse jedoch (regelmäßig) nicht innerhalb von 2 Jahren erwerben. Die Vermittlung des theoretischen Wissens sei derzeit nur an Be-rufsschulen möglich. Der Berufsschulunterricht dauere 3 Jahre.
Das SG verpflichtete die Bg. mit Beschluss vom 25.08.2003 (S 21 AL 1340/03 ER) zur Erteilung eines Bildungsgutscheins zur Förderung der beruflichen Umschulung zur Arzt-helferin. Nachdem die nächste berufliche Umschulungsmaßnahme zur Arzthelferin frühes-tens zur Mitte des nächsten Schuljahres erfolgen könne, sei ein Anordnungsgrund gegeben. Auch liege ein Anordnungsanspruch vor, weil der Antrag auf Erteilung eines Bildungsgut-scheins für die Umschulung zur Arzthelferin in der Hauptsache Aussicht auf Erfolg habe. Rechtsgrundlage für die beanspruchte berufliche Weiterbildung seien die §§ 77 ff. SGB III. Die Bf. erfüllte die Voraussetzungen der §§ 77, 78 SGB III. Bei der Maßnahmeträgerin, Dipl.-Med. M ..., seien die Voraussetzungen nach § 84 SGB III gegeben. Auch die An-forderungen an die Maßnahme selbst gemäß § 85 SGB III lägen vor. Insbesondere sei die Dauer der beantragten Maßnahme gemäß § 85 Abs. 2 SGB III angemessen. Danach sei die Dauer einer Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führe, angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Be-rufsausbildung um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit verkürzt sei. Auf der Grundlage von § 25 BBiG sei in § 2 der Verordnung über die Berufsausbildung zum Arzthelfer/zur Arzthelferin vom 10.12.1985 eine Ausbildungsdauer von 3 Jahren vorgesehen. Bei einer Verkürzung der Umschulungsdauer gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III um 1/3 dürfe diese max. 2 Jahre betragen. Die von der Bf. angestrebte Einzelumschulung dauere jedoch 2½ Jahre. Daher lägen die Voraussetzungen von § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III nicht vor. § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III sehe jedoch eine Ausnahme vor. Danach sei die Verkürzung nicht erforderlich, wenn eine solche aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen aus-geschlossen sei und die Finanzierung der genannten Maßnahme auch dann gesichert sei, wenn die Maßnahmekosten nur zu zwei Dritteln gefördert werde. Nach § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III sei aber § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10.12.2001(BGBl. I 3443) nicht anzuwenden. Diese Vorschrift sei wortidentisch mit § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung. § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III gelte daher auch für § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III. An die Stelle des ausgenommenen § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III trete hier § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III. Es komme daher allein auf den bundes- oder landesrechtlich geregelten Ausschluss, die Ausbildungszeit um ein Drittel zu reduzieren, an. Der Be-schluss der Sächsischen Landesärztekammer vom 04.12.1993 zur Verkürzung der Ausbil-dungs- und Umschulungsdauer der Arzthelferinnen, der auf § 58 Abs. 2 BBiG beruhe, stel-le eine derartige landesrechtliche Regelung dar. Danach könne die Ausbildungsdauer für Umschülerinnen lediglich auf 2½ Jahre verkürzt werden. Gemäß § 434 d Abs. 1 SGB III sei die Beklagte daher zur Vollfinanzierung der Maßnahme verpflichtet. Zwar stehe der Bg. gemäß § 77 Abs. 3 SGB III bezüglich der Erteilung eines Bildungsgutscheins ein Auswahlermessen zu. Dieses sei vorliegend jedoch auf Null reduziert, weil keine weiteren Umschulungsmaßnahmen dieser Art im Freistaat Sachsen angeboten würden.
Auf der Grundlage des Beschlusses des SG begann die Bf. am 25.08.2003 die Umschu-lung. An dieser nimmt sie derzeit noch teil. Gleichzeitig bezieht sie Arbeitslosenhilfe (Al-hi). Bei Dipl.-Med. M ... ist sie auf 165,00-Euro-Basis beschäftigt.
Der gegen den Beschluss des SG vom 25.08.2003 eingelegten Beschwerde der Bg. (beim LSG unter dem Az. L 2 B 162/03 AL-ER anhängig gewesen) half das SG nicht ab. Den Antrag der Bg. vom 30.09.2003 auf Aufhebung dieses Beschlusses des SG und die Ableh-nung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz wies das SG mit Beschluss vom 14.10.2003 wegen der beim Sächsischen Landessozialgericht anhängigen Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses zurück.
Gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid vom 08.08.2003 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 21.08.2003 erhob die Bf. am 13.10.2003 Klage zum SG (Az. S 21 AL 1731/03). Sie beantragte wegen der Versäumung der Klagefrist die Wiedereinset-zung in den vorigen Stand. Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.04.2004 ab. Sie sei wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Der Gerichtsbescheid ist rechts-kräftig geworden.
Auf Antrag der Bg. setzte das SG mit Beschluss vom 14.10.2003 die Vollziehung des Be-schlusses vom 25.08.2003 bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Bg. aus (Az. S 21 AL 1708/03 ER). Nach summarischer Prüfung sei das SG davon überzeugt, dass die Inte-ressen der Bg. an der Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des SG vom 25.08.2003 gegenüber den Interessen der Bf. am Vollzug des genannten Beschlusses überwögen. Die Bf. habe gegen den Bescheid vom 08.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 erst am 13.10.2003 Klage erhoben. Weil die Klagefrist versäumt worden sei, sei der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz im nachhinein unzulässig geworden. Ge-gen den am 17.10.2003 zugestellten Beschluss legte die Bf. am 17.11.2003 Beschwerde ein, der das SG nicht abhalf (unter dem Az. L 2 B 213/03 AL-ER anhängig gewesen).
Am 18.11.2003 beantragte die Bf. bei der Bg. die Überprüfung des Bescheides vom 08.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 gemäß § 44 SGB X. Die Bg. lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.01.2004 ab. Der Bescheid ging der Bf. nach eigenen Angaben nicht zu. Am 02.07.2003 erhob sie die später für erledigt erklärte Untätigkeitsklage beim SG (Az. S 17 AL 1309/04). Über ihren Überprüfungsantrag sei bisher nicht entschieden. Gleichzeitig hat sie einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Im dortigen Hauptsacheverfahren hat die Bg. den Bescheid vom 15.01.2004 erneut bekannt gegeben. Den hiergegen gerichteten Widerspruch hat sie mit Widerspruchsbe-scheid vom 28.10.2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Bf. hat ihr Begehren in der Hauptsache mit der mit Schriftsatz vom 02.11.2004 zum SG Dresden erhobenen Klage weiterverfolgt. Dieses Verfahren ist derzeit beim SG noch rechtshängig.
Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das SG mit dem hier angegriffenen Be-schluss vom 27.07.2004 abgelehnt (Az. S 17 AL 1307/04 ER). Die Bf. habe ihr Ziel, die Bg. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, einen Bildungsgutschein zur Förderung der beruflichen Umschulung zur Arzthelferin zu erteilen, bereits durch Erlass des Beschlusses des SG vom 25.08.2003 erreicht. Zwar sei mit weiterem Beschluss vom 14.10.2003 die Vollziehung des Beschlusses vom 25.08.2003 ausgesetzt worden. Jedoch seien gegen beide Beschlüsse Beschwerden beim Sächsischen Landessozialgericht anhän-gig. Für ein weiteres Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes fehle es daher am Rechtsschutzbedürfnis.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Bf. am 03.08.2004 zugestellten Beschluss haben diese am 03.09.2004 die hier zu entscheidende Beschwerde beim SG eingelegt, der das SG jedoch nicht abgeholfen hat.
Auf Veranlassung des Senats hat die Bf. die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 14.10.2003 (Az. L 2 B 213/03 AL-ER) und den Antrag im Verfahren S 21 AL 1340/03 ER (stattgebender Beschluss des SG vom 25.08.2003, Beschwerde der Bg. unter dem Az. L 2 B 162/03 AL-ER) zurückgenommen. Die Bf. erachtet den Beschluss des SG vom 25.08.2003 in der Sache für zutreffend. Die Rücknahme der Beschwerde sei lediglich er-folgt, weil in der Hauptsache die Klagefrist versäumt worden sei und daher das einstweili-ge Rechtsschutzverfahren keine Aussicht auf Erfolg mehr habe. Ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die Bf. habe 2005 eine Zwischenprüfung zu absolvieren, zu der sie nur zugelas-sen werde, wenn das Umschulungsverhältnis durch die Sächsische Landesärztekammer in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse aufgenommen werde.
Auf Veranlassung des Senats hat die Sächsische Landesärztekammer mit Schreiben vom 14.12.2004 bestätigt, am 04.07.2005 habe die Bf. eine Zwischenprüfung zu absolvieren, zu der sie bis zum 31.05.2005 anzumelden sei. Um an der Zwischenprüfung teilnehmen zu können, müsse das Umschulungsverhältnis in das Verzeichnis der Berufsausbildungsver-hältnisse eingetragen sein; diesbezüglich hat die Sächsische Landesärztekammer auf § 8 Nr. 3 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Prüfungen im Ausbildungsberuf der Arzthelferinnen verwiesen. Die Eintragung scheitere derzeit daran, dass eine angemessene Vergütung nicht gesichert sei.
Die Bf. beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 27.07.2004 aufzuheben und die Be-schwerdegegnerin durch geeignete Anordnungen zu verpflichten, der Beschwerde-führerin die Umschulung zur Arzthelferin mittels Bildungsgutschein, Übernahme der Maßnahmekosten und Gewährung von Uhg bis zur rechtskräftigen Entschei-dung in der Hauptsache zu ermöglichen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Bg. erachtet den Beschluss des SG im Ergebnis für zutreffend. Mit Schriftsatz vom 24.11.2004 räumt sie ein, im Falle der Bf. hätten die Voraussetzungen für die Erteilung eines Bildungsgutscheins gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB III vorgelegen. Allerdings habe § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III i.V.m. § 85 Abs. 2 SGB III einer Erteilung entgegenge-standen, weil die Maßnahme auf länger als zwei Jahre ausgelegt sei. Zudem habe dem Um-schulungsvertrag der Bestätigungsvermerk der Sächsischen Landesärztekammer gefehlt. Der Anspruch scheitere ferner daran, dass die Bf. die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme beantragt habe, ohne im Besitz eines Bildungsgutscheins zu sein.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Akten des SG, Az.: S 21 AL 1708/03 ER, S 21 AL 1709/03 ER, S 21 AL 1731/03 und S 17 AL 1309/04 sowie die Akten des LSG, Az.: L 2 B 162/03 AL-ER und L 2 B 213/03 AL-ER vor.
II.
Die zulässige Beschwerde (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) ist auch in der Sache begründet. Der Beschluss des SG vom 27.07.2004 ist daher aufzuheben.
Der Antrag vom 02.07.2004 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig; ihm mangelt es insbesondere nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Die Bf. konnte ihr Rechtsschutz-ziel zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages nicht auf einfachere Weise erreichen. Zwar waren bezüglich der Beschlüsse des SG vom 25.08.2003 und 14.10.2003 Beschwerden beim Sächsischen Landessozialgericht anhängig. Das SG hatte aber zu Recht mit Be-schluss vom 14.10.2003 die Vollziehung des zur Ausstellung eines Bildungsgutscheins verpflichtenden Beschlusses vom 25.08.2003 bis zur Entscheidung über die Beschwerde der Bg. ausgesetzt, weil in der Hauptsache die Klagefrist versäumt worden und daher der einstweilige Rechtsschutz unzulässig geworden war. Im Hauptsacheverfahren wurde mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 28.04.2004 die Klage wegen Versäumung der Kla-gefrist abgewiesen. In den oben genannten Beschwerdeverfahren konnte die Bf. somit zum Zeitpunkt der Antragstellung ihr Rechtsschutzziel, Verpflichtung der Bg. zur Erteilung eines Bildungsgutscheins und Übernahme der Maßnahmekosten sowie die Gewährung von Uhg, nicht mehr erreichen, weil dem SG darin zuzustimmen ist, dass bei Versäumung der Klagefrist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz unzulässig wird (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, Kapitel V, Rn. 43; Krodel, NZS 2001, S. 457). Aus den genannten Gründen hat die Bf. in dem einen Verfahren ihre Be-schwerde und in dem anderen Verfahren ihren Antrag nunmehr auch zurückgenommen.
Der Antrag der Bf. ist auch begründet. Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache – soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG nicht vorliegt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr be-steht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streiti-ges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach § 86 b Abs. 3 SGG sind Anträge nach Abs. 2 bereits vor Klageerhebung zulässig.
Ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des § 86 b Abs. 1 SGG i.V.m. § 86 a Abs. 1 bis 3 SGG sind (Anfechtungs-)Widersprüche und Anfechtungsklagen. Die Bf. begehrt in der Hauptsache die Verurteilung der Bg. zur Erteilung eines Bildungsgut-scheins, zur Übernahme der Maßnahmekosten und zur Gewährung von Uhg.
Einen Antrag auf einstweilige Anordnung hat die Bf. am 02.07.2004 gestellt.
Weil sich das Begehren der Bf. auf Erteilung eines vorläufigen Bildungsgutscheins und die vorläufige Übernahme der Maßnahmekosten einschl. des Uhg bis zur rechtskräftigen Ent-scheidung der Hauptsache richtet, ist das Verfahren auf eine Regelungsanordnung gerich-tet. Eine solche setzt gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 1 Zivilpro-zessordnung – ZPO – einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus.
Ein Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn die einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes bezüglich eines streitigen Rechtsverhältnisses nötig erscheint. Bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs sind die Erfolgsaussichten des Hauptsachever-fahrens zu berücksichtigen. Soweit das Hauptsacheverfahren nach überschlägiger Prüfung voraussichtlich Aussicht auf Erfolg haben wird, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn die Erfolgsaussichten der Bf. in der Hauptsache deutlich überwiegen.
Hierbei beschränkt sich die summarische Prüfung, vorbehaltlich besonderer Fallgestaltun-gen, auf die tatsächlichen Feststellungen. Die hierauf aufbauende rechtliche Würdigung des Sachverhalts ist hingegen grundsätzlich abschließend vorzunehmen (vgl. dazu Binder in Binder u.a., SGG, § 86b Rn. 37).
Vorliegend besteht nach summarischer Prüfung ein Anordnungsanspruch. Die Bf. ist so zu stellen, als habe die Bg. noch keine bestandskräftige ablehnende Entscheidung getroffen. Auch ist der Bf. ein vorläufiger Bildungsgutschein für eine 2½ Jahre dauernde Umschu-lung zur Arzthelferin zu erteilen und sind ihr bis zur Entscheidung in der Hauptsache die Kosten der Maßnahme und Uhg zu gewähren.
Der Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 15.01.2004 scheitert nicht an der Ver-säumung der diesbezüglichen Widerspruchsfrist. Da die Bg. im Widerspruchsbescheid vom 28.10.2004 in der Sache entschied, kann dahinstehen, ob der Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.01.2004 fristgerecht eingelegt wurde.
Die Bg. ist zu verpflichten, ihren bestandskräftigen Bescheid vom 08.08.2003 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 nicht zu beachten, weil sie hierin das Recht unrichtig angewandt hat. Demnach darf sich die Bg. in ihrem Bescheid vom 15.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2004 auch nicht auf ihre frühere Entscheidung berufen.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist, soweit sich ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Bei Erlass der ge-nannten Verwaltungsakte ist nach summarischer Prüfung das Recht unrichtig angewandt worden. Der Bf. stand ein Anspruch auf Erteilung eines Bildungsgutscheins und Übernah-me der Maßnahmekosten sowie Gewährung von Uhg zu.
Zum Zeitpunkt der Antragstellung der Bf. auf Förderung der Teilnahme an einer berufli-chen Weiterbildungsmaßnahme am 16.05.2003 war das Recht der beruflichen Weiterbil-dung durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) grundlegend neu gestaltet. Die Bg. hat hiernach gegenüber bildungswilligen Arbeitnehmern zunächst in einem ersten Schritt über die Erteilung eines Bildungsgutscheins gemäß § 77 Abs. 3 SGB III zu entscheiden. Hierbei handelt es sich um eine "Legitimationsurkunde", die die Arbeitslosen berechtigt, in einem bestimmten, im Gutschein vorgegebenen Rahmen selbst über die Auswahl unter den zugelassenen Maß-nahmen zu entscheiden. Nachdem der Arbeitslose sich einen Bildungsträger und eine Maßnahme, die die im Bildungsgutschein genannten Voraussetzungen erfüllen, ausgewählt hat, hat die Bg. die Kosten der Maßnahme zu bewilligen und das Uhg zu gewähren. Der Bildungsgutschein ist folglich eine Leistungsbewilligung dem Grunde nach. Anders als es der Wortlaut des § 77 Abs. 3 Satz 1 SGB III nahe legt, wird mit dem Bildungsgutschein nicht nur dokumentiert, dass die persönlichen Förderungsvoraussetzungen erfüllt sind, sondern auch, dass die Bundesagentur für Arbeit das ihr zustehende Ermessen dahinge-hend ausgeübt hat, die Teilnahme des Arbeitslosen an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung durch die gesetzlich vorgesehenen Leistungen zu fördern. Im Rahmen der Vorgaben des Bildungsgutscheins soll der Arbeitslose allein entscheiden können, in wel-cher Maßnahme er sich weiterbilden lassen möchte. Ein "Letztentscheidungsrecht" für die Bundesagentur für Arbeit sieht das Gesetz nicht vor. Ein solches war vom Gesetzgeber auch ausdrücklich nicht gewollt (vgl. BT-Drucksache 15/25 zu Nr. 14, S. 29; Niewald, in: Spellbrink/Eicher, Kassler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, S. 254 f., Olk, in: Wis-sing/Mutschler/Bartz/Schmidt-de Caluwe, SGB III, 2. Aufl., § 77 Rn. 39). Eine Beschrän-kung des Bildungsgutscheins auf eine bestimmte Bildungsmaßnahme soll nicht möglich sein.
Ein Anspruch auf Erteilung eines Bildungsgutscheins nach § 77 Abs. 3 SGB III in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I 4607) besteht, wenn die in der Person des Antragstellers liegenden Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III vorliegen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 77 Abs. 3 SGB III: "Dem Arbeitnehmer wird das Vorliegen der Vorausset-zungen für die Förderung bescheinigt".
Nach § 77 Abs. 1 SGB III können Arbeitnehmer bei der Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistungen von Uhg gefördert werden, wenn die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslo-sigkeit beruflich einzugliedern oder eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden (Nr. 1), die Vorbeschäftigungszeit erfüllt ist (Nr. 2) und vor Beginn der Teilnahme eine Bera-tung durch das Arbeitsamt erfolgt ist (Nr. 3).
Die Umschulung der Bf. ist – auch nach Einschätzung der Bg. – gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 SGB III notwendig, um sie beruflich wieder einzugliedern. Die Bf. war zum Zeitpunkt der Beantragung der Maßnahme arbeitslos und bezog Alg. Ohne die Bildungsmaßnahme be-standen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 08.08.2003 bei summarischer Prüfung keine realistischen Vermittlungschancen in den Arbeitsmarkt, weil die Bf. seit dem 02.10.1999 weder in ihrem erlernten Beruf noch überhaupt beschäftigt gewesen ist und ihr die Bg. während der Zeit ihrer Arbeitslosigkeit keine Arbeit vermitteln konnte.
Die Vorbeschäftigungszeit gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 2 SGB III i. V. m. § 78 Satz 2 SGB III ist – wie auch die Bg. bestätigte – erfüllt, weil die Bf. Berufsrückkehrerin ist. Vor Beginn der Teilnahme war am 16.05.2003 eine Beratung gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III durch die Bg. erfolgt.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Bildungsgutscheins gemäß § 77 Abs. 3 i. V. m. § 77 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III liegen folglich vor.
Da zum Zeitpunkt der Ausstellung eines Bildungsgutscheins der konkrete Maßnahmeträ-ger und die konkrete Maßnahme grundsätzlich nicht bekannt sind und der Antragsteller sich mit Hilfe des Bildungsgutscheins nach dem Willen des Gesetzgebers selbst eine Maß-nahme suchen soll, hat die Bg. im Rahmen der Erteilung des Bildungsgutscheins nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III, wonach die Maßnahme und der Träger der Maßnahme zugelassen sein müssen, zu entscheiden. Vielmehr kann sie lediglich abstrakte Ausführungen zu den Anforderungen an eine zugelassene Maßnah-me und den Maßnahmeträger treffen. Dies bestätigte die Bg. mit Schriftsatz vom 24.11.2004.
Im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung des von der Bf. begehrten Bildungsgut-scheins war die Bg. folglich nicht berechtigt, abstrakt gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III zu fordern, dass die Bf. lediglich eine Umschulung zur Arzthelferin von zweijähriger Dauer absolvieren dürfe. Vielmehr musste sie nach § 85 Abs. 1 i. V. m. § 85 Abs. 2 SGB III auch eine Umschulung zur Arzthelferin von 2½ -jähriger Dauer zulassen.
Gemäß § 85 Abs. 1 SGB III in der oben genannten Fassung sind für die Förderung Maß-nahmen zugelassen, bei denen eine fachkundige Stelle festgestellt hat, dass die Maßnahme nach Gestaltung der Inhalte sowie der Methoden und Materialien ihrer Vermittlung eine erfolgreiche berufliche Bildung erwarten lasse und nach Lage und Entwicklung des Ar-beitsmarktes zweckmäßig sei (Nr. 1), angemessene Teilnahmebedingungen biete (Nr. 2), mit einem Zeugnis abschließe, das Auskunft über den Inhalt des vermittelten Lehrstoffs gebe (Nr. 3) und nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geplant und durchgeführt werde, insbesondere die Kosten und die Dauer angemessen seien (Nr. 4).
Die in § 85 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 SGB III genannten Voraussetzungen sind bezüglich der von der Bf. angestrebten Umschulung zur Arzthelferin unstreitig erfüllt.
Die Dauer der Maßnahme ist gemäß § 85 Abs. 2 SGB III angemessen, weil sie sich auf den für das Erreichen des Bildungsziels erforderlichen Umfang beschränkt. Die Dauer einer Vollzeitmaßnahme, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungs-beruf führt, ist nach § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III in der genannten Fassung angemessen, wenn sie gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung um mindestens 1/3 der Aus-bildungszeit verkürzt ist. Ist eine Verkürzung um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit auf-grund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen ausgeschlossen, so ist nach § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zu 2/3 der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert ist.
Gemäß § 434 d Abs. 1 SGB III ist die Dauer einer Vollzeitmaßnahme der beruflichen Wei-terbildung, die bis zum 31.12.2004 begann, auch dann angemessen, wenn sie aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen nicht um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit verkürzt ist.
Der von der Bf. begehrte Bildungsgutschein soll für eine Umschulung zur Arzthelferin, die vom 25.08.2003 bis zum 24.02.2006, mithin 2½ Jahre, dauern soll, genutzt werden. Die reguläre Berufsausbildung zur Arzthelferin hat eine Dauer von 3 Jahren. Eine Verkürzung der Umschulungsdauer gegenüber einer Berufsausbildung um 1/3 im Sinne des § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB III liegt folglich nicht vor.
Jedoch ist der Ausnahmetatbestand des § 85 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 434 d Abs. 1 SGB III erfüllt. § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III in der maßgeblichen Fassung ist an die Stelle des § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III i.S.d. § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III getreten. Diese Änderung wurde lediglich redaktionell bei § 434d Abs. 1 SGB III nicht berücksichtigt. Hiergegen sollte die Übergangsregelung des § 434d Abs. 1 SGB III nicht materiell verkürzt werden. Auch für Sachverhalte, die im Jahr 2003 erstmalig einen Anspruch begründeten, soll § 434d Abs. 1 Satz 2 SGB III Geltung besitzen. Er findet daher auch auf den mit § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB III wortidentischen § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III Anwendung. Eine Verkürzung der Ausbil-dungszeit um mindestens 1/3 ist nach bundes- bzw. landesgesetzlichen Regelungen für den Beruf der Arzthelferin ausgeschlossen und deswegen § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III unbeacht-lich. Die zeitliche Angemessenheit richtet sich ausschließlich nach § 434d Abs. 1 SGB III.
Die genannten Vorschriften gehen – soweit sie die Verkürzung der Ausbildungszeit betref-fen – auf § 417 SGB III in der Fassung vom 21.07.1999, gültig vom 01.08.1999 bis 31.12.2001, zurück. Dieser lautete: "Angemessene Dauer beruflicher Weiterbildungen in Sonderfällen. Die Dauer einer Vollzeitmaßnahme der beruflichen Weiterbildung, die zu einem Abschluss in einem allgemein anerkannten Ausbildungsberuf führt und gegenüber einer entsprechen-den Berufsausbildung nicht um mindestens 1/3 der Ausbildungszeit verkürzt ist, ist ange-messen, wenn in bundes- oder landesgesetzlichen Regelungen über die Dauer von Weiter-bildungen eine längere Dauer vorgeschrieben ist (Nr. 1) und die Maßnahme bis zum 31.12.2001 begonnen hat (Nr. 2)."
Im Regierungsentwurf (BT-Drucksache 13/4941 S. 225 ff.) hieß es hierzu: "Zu § 417: Angemessene Dauer beruflicher Weiterbildungen in Sonderfällen: Für eine Übergangszeit soll diese Sonderregelung gewährleisten, dass auch die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung gefördert werden kann, wenn die Maßnahme wegen gesetzlicher Regelungen über die Dauer von Weiterbildungen nicht entsprechend § 92 Abs. 2 gegenüber einer entsprechenden Berufsausbildung verkürzt durchgeführt wird. Insbesondere in den gesetzlich geregelten Gesundheitsfachberufen und sozialpflegerischen Berufen scheidet eine Verkürzung nach den jeweiligen Berufsgesetzen in der Regel aus, so dass ohne diese Sonderregelung Weiterbildungsmaßnahmen mit entsprechenden Bildungs-zielen nicht mehr für die Weiterbildungsförderung anerkannt werden könnten. Die zulässi-ge längere Dauer von Maßnahmen eröffnet den gesetzgebenden Körperschaften in Bund und Ländern die Möglichkeit, in angemessener Zeit in den jeweiligen Berufsgesetzen Verkürzungsmöglichkeiten für die berufliche Weiterbildung zu schaffen."
Bei der Schaffung dieser Regelung war sich der Gesetzgeber im Klaren darüber, dass gera-de in den Gesundheitsberufen – zu denen auch derjenige der Arzthelferin gehört – auf-grund gesetzlicher Regelung eine Verkürzung der Ausbildungsdauer um 1/3 nicht möglich ist. Dies entspricht auch noch dem Gesetzgebungsstand zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide vom 08.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003.
Rechtsgrundlage für die Dauer der Ausbildung in den Ausbildungsberufen war und ist § 25 BBiG, der in seinem Abs. 2 Nr. 2 einen Rahmen von 2 bis 3 Jahren für die Mindest- und Höchstdauer vorschreibt, es aber dem zuständigen Bundesministerium überlässt, durch Rechtsverordnung jeweils die konkrete Dauer in den einzelnen Berufen festzulegen. Für den Bereich der Arzthelferin/des Arzthelfers ist dies durch die Verordnung über die Be-rufsausbildung zum Arzthelfer/Arzthelferin (ArztHAusbV) vom 10.12.1985 geschehen. Dessen § 2 bestimmt, dass die Ausbildungsdauer 3 Jahre beträgt. Von der nach § 47 Abs. 3 BBiG für berufliche Umschulungen eröffneten Möglichkeit der Bestimmung kürzerer Ausbildungszeiten für Umschulungsmaßnahmen wurde in der ArztHAusbV kein Gebrauch gemacht. Bei § 2 ArztHAusbV handelt es sich um eine Vorschrift "aufgrund bundesgesetzlicher Regelung" i.S.d. § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III.
§ 29 Abs. 2 BBiG sieht ergänzend vor, dass die zuständige Stelle auf Antrag die Ausbil-dungszeit zu verkürzen hat, wenn zu erwarten ist, dass die Auszubildende/der Auszubil-dende das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht. Ausgangspunkt der Kürzung ist dabei die für den Beruf generell festgelegte Ausbildungsdauer, hier also 3 Jahre. Diese Bestimmung ist als Einzelfallregelung konzipiert. Dies wird bestätigt durch den Beschluss des Berufsbildungsausschusses für Arzthelferinnen bei der Sächsischen Landesärztekam-mer vom 04.12.1993, Pkt. 2.1., in dem als Maßstab für die Verkürzung u. a. sehr gute Lern- und Ausbildungsergebnisse in der Arztpraxis, die notwendigerweise erst nach Ab-lauf einer mehrere Monate dauernden Ausbildungsphase festgestellt werden können, ge-nannt ist. Der Beschluss vom 04.12.1993 sieht darüber hinaus unter Pkt. II. Nr. 2.1. vor, dass aufgrund der persönlichen Situation, des Alters, der Lebenserfahrung und einer abge-schlossenen Berufsausbildung gemäß § 29 Abs. 2 BBiG für Umschüler von vornherein generell eine sechsmonatige Verkürzung vorgesehen werden kann. Das bedeutet, dass die Dauer der Umschulung in diesen Fällen 2½ Jahre beträgt. Da § 29 Abs. 2 BBiG ausdrück-lich die "zuständige Stelle" dazu bestimmt, die Verkürzungsregelung zu treffen, und es keinen Zweifel gibt, das der "Berufsbildungsausschuss Arzthelferinnen" bei der Sächsi-schen Landesärztekammer eine solche "zuständige Stelle" ist, ergibt sich daraus zwingend, dass die Verkürzung auf 2½ Jahre und damit der Ausschluss einer weiteren Verkürzung auf bloß 2 Jahre "aufgrund bundesgesetzlicher Regelung" erfolgt ist. Im Übrigen verbliebe es ohne diesen Beschluss bei der Dreijahresregelung der ArztHAusbV, was erst recht eine Verkürzung auf 2 Jahre ausschlösse.
Vor bzw. bei Beginn der Maßnahme der Bf. war folglich eine Verkürzung der Dauer der Umschulung zur Arzthelferin gegenüber einer regulären Berufsausbildung um 1/3, mithin auf 2 Jahre, im Sinne des § 85 Abs. 2 Satz 3 SGB III ausgeschlossen.
Entgegen der Ansicht der Bg. ist deshalb hier ferner § 434 d SGB III einschlägig, wonach auch die Dauer einer nicht verkürzten Vollzeitmaßnahme mit der Folge angemessen ist, dass die Maßnahme in ihrer gesamten ungekürzten Dauer zu fördern ist (Schlegel, in: Ei-cher/Schlegel, SGB III, § 434 d Rn. 23).
Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung eines Bildungsgutscheins lagen folglich bei Antragstellung und liegen auch noch nicht vor. Nach § 77 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 SGB III steht der Bg. jedoch bezüglich der Erteilung eines solchen Gutscheins Entschließungs-ermessen zu. Es kann dahinstehen, ob vorliegend eine Ermessensreduzierung auf Null vorlag, so dass die Bg. verpflichtet gewesen wäre, den Bildungsgutschein zu erteilen. Je-denfalls ist den Gerichten gemäß § 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO in Eilverfahren auch in Fällen der Regelungsanordnung eine richterliche Gestaltungsbefugnis eingeräumt, die es erlaubt, die Behörde zu einer bestimmten Handlung zu verpflichten, wenn und soweit das zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im vorläufigen Rechts-schutzverfahren erforderlich ist (vgl. Bayerischer VGH, Beschlüsse vom 02.11.2000, Az.: 12 CE 00.476, vom 07.12.2000, Az.: 12 CE 00.2887 und 06.08.2003, Az.: 12 CE 03.840 sowie 12 CE 03.1205; Schock, in: Schock/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Ja-nuar 2003, Rn. 158 ff. zu § 123; Hopp, in: Eyermann, VwGO, 11. Auflage 2000, Rn. 66 zu § 123; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, Rn. 14 und 28 zu § 123). Die Gerichte können folglich den Inhalt der einstweiligen Anordnung, die zur Regelung eines vorläufi-gen Zustandes ergeht, unabhängig von dem der Behörde bei der Entscheidung über den materiell-rechtlichen Anspruch in der Hauptsache zustehenden Ermessensspielraum bestimmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich wie hier um eine berufliche Wiederein-gliederung handelt und der Bf. im Hinblick auf ihr Lebensalter nicht zugemutet werden kann, die rechtskräftige Entscheidung des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, das sich hier über mehrere Instanzen hinweg erstrecken könnte. Die Bf. ist mittlerweile fast 30 Jahre alt und hat sich seit Ende 1999 in keinem Arbeitsverhältnis mehr befunden. Ohne den erfolg-reichen Abschluss der von der Bf. begonnenen Weiterbildungsmaßnahme ist ihre berufli-che Wiedereingliederung in hohem Maße gefährdet. Hier kommt noch hinzu, dass wegen der beim Anordnungsgrund dargestellten Besonderheiten dieses Falles (dazu sogleich) ohne eine Leistungsanordnung der Bf. ein nicht mehr rückgängig zu machender Rechtsver-lust droht.
Der Bf. steht ferner ein Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Maßnahmekosten und Uhg bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 77 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 SGB III zu. Die Bf. begehrt, wie sich aus dem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten im gesamten Verfahren ergibt, nicht lediglich die Bewilligung eines Bildungs-gutscheins, sondern die Übernahme der Maßnahmekosten und die Bewilligung von Uhg für die am 25.08.2003 begonnene Umschulung zur Arzthelferin. Im Rahmen der Bewilli-gung von Maßnahmekosten und Uhg gemäß § 77 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 SGB III hat die Bg. – nach Erteilung des Bildungsgutscheins – lediglich noch zu prüfen, ob der Träger der Maßnahme gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III zugelassen ist und die im Bildungsgut-schein abstrakt für die Maßnahme genannten Voraussetzungen bei der von der Bf. konkret ausgesuchten Umschulung erfüllt sind.
Dies ist vorliegend der Fall. Der Träger der Maßnahme ist im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 4 SGB III zugelassen und die Bf. beabsichtigt die Umschulung zur Arzthelferin, die vom 25.08.2003 bis 24.02.2006, mithin 2½ Jahre dauert.
Die Tatsache, dass im Umschulungsvertrag vom 03.06.2003 der Bestätigungsvermerk der Sächsischen Landesärztekammer fehlt, stellt zwar einen formellen Mangel dar, führt je-doch nicht zur Berechtigung der Bg., die Übernahme der Maßnahmekosten und die Bewil-ligung des Uhg wegen Fehlens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 85 Abs. 1 und 2 SGB III zu verweigern. Der Bestätigungsvermerk wurde ausweislich der Stellungnahme der Sächsischen Landesärztekammer vom 14.12.2004 deshalb nicht erteilt, weil die gemäß § 10 BBiG erforderliche angemessene Vergütung während der Um-schulung bislang nicht sichergestellt war.
Ein Anordnungsgrund für das Begehren der Regelungsanordnung liegt ebenfalls vor. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können oder schwere, unzumutbare, irreparable rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile hätte, wenn er bis zur Entscheidung der Hauptsache abwarten müsste (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, a.a.O., S. 176; Zeihe, SGG, Rn. 31 a zu § 86 b).
Im Antragsschreiben vom 01.07.2004 hat die Bf. das Vorliegen eines Anordnungsgrundes damit begründet, die Vollzeitmaßnahme werde nur dann für die gesamte Dauer der Aus-bildung gefördert, wenn die Maßnahme bis zum 31.12.2004 begonnen würde. Sie stellt diesbezüglich auf § 434 d SGB III ab. Da die Bf. die Maßnahme bereits zum 25.08.2003 begonnen hat und sie derzeit fortführt, ist die Maßnahme ersichtlich vor dem 31.12.2004 begonnen worden. Diese Argumentation begründet einen Anordnungsgrund folglich nicht ausreichend. Allerdings ergibt sich aus § 434d Abs. 1 SGB III als Voraussetzung für einen Anordnungsgrund, dass der Abbruch der Maßnahme den Anspruch der Bf. endgültig verei-teln würde. Begänne die Bf. eine Weiterbildungsmaßnahme nach dem 31.12.2004, könnte sie sich nicht länger auf § 434d Abs. 1 SGB III berufen. Selbst wenn die Bf. bei Abbruch der Maßnahme gegebenenfalls Anspruch auf Erstattung der bis zum Abbruch entstandenen Maßnahmekosten und auf Uhg für diesen Zeitraum hätte, könnte sie daraus für die An-wendbarkeit des § 434d Abs. 1 SGB III auf eine nach dem 31.12.2004 begonnene Um-schulung zur Arzthelferin nichts herleiten.
Bei deutlich überwiegender Erfolgsaussicht in der Hauptsache ist ein Anordnungsgrund wegen des nachträglich nicht korrigierbaren endgültigen Verlustes des Anspruchs auf Um-schulung zur Arzthelferin nach Abbruch der Maßnahme dann schon gegeben, wenn ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung die Bf. die Weiterbildungsmaßnahme abbrechen müsste oder sich zumindest der ernsthaften, nahe liegenden Gefahr eines unfreiwilligen, administrativ erzwungenen Abbruchs aussetzen würde. So verhält es sich hier.
Wie von der Sächsischen Landesärztekammer bestätigt, hat die Bf. am 04.07.2005 eine Zwischenprüfung bei der Sächsischen Landesärztekammer zu absolvieren, zu der sie bis zum 31.05.2005 anzumelden ist. Ferner hat die Bf. bis Februar 2006 die Abschlussprüfung abzulegen, zu der sie ebenfalls vorher anzumelden ist. Dass eine rechtskräftige Hauptsa-cheentscheidung bis zu diesen Stichtagen erfolgt ist, ist nicht wahrscheinlich. Gemäß § 39 Abs. 1 BBiG i.V.m. § 8 Nr. 3 der Prüfungsordnung für die Durchführung von Prüfungen im Ausbildungsberuf der Arzthelferinnen vom 27.03.1993 ist zur Abschlussprüfung zuzu-lassen, wessen Berufsausbildungsverhältnis in das Verzeichnis der Berufsausbildungsver-hältnisse eingetragen oder aus einem Grund nicht eingetragen ist, den weder der Auszubil-dende noch dessen gesetzlicher Vertreter zu vertreten hat. Über die Zulassung zur Ab-schlussprüfung entscheidet gemäß § 11 Abs. 1 der Prüfungsordnung die Sächsische Lan-desärztekammer. Hält sie die Zulassungsvoraussetzungen nicht für gegeben, entscheidet der Prüfungsausschuss.
Das Berufsausbildungsverhältnis der Bf. ist derzeit nicht in das Verzeichnis der Berufsaus-bildungsverhältnisse eingetragen. Deshalb ist seitens der Sächsischen Landesärztekammer auch bislang kein Bestätigungsvermerk auf dem Umschulungsvertrag angebracht worden. Nach der Stellungnahme der Sächsischen Landesärztekammer vom 15.12.2004 ist dies nicht erfolgt, weil eine gesetzliche Voraussetzung gemäß § 10 BBiG, eine angemessene Vergütung während der Umschulung, bisher nicht gesichert ist.
Würde der Senat keine einstweilige Anordnung treffen, bestünde die Gefahr, dass die Sächsische Landesärztekammer bzw. der Prüfungsausschuss das Vorliegen der Vorausset-zungen des § 8 Nr. 3 der Prüfungsordnung verneint und die Bf. die Umschulung deshalb nicht erfolgreich fortführen bzw. abschließen könnte. Insbesondere bestünde die Gefahr, dass die Landesärztekammer die Nichteintragung des Berufsausbildungsverhältnisses der Bf. in das Verzeichnis aus einem durch die Bf. zu vertretenden Grund annähme und sich hierbei auf die Argumentation der Bg. stützte. So könnte der Bf. in einer ablehnenden Ent-scheidung u.a. vorgehalten werden, sie habe trotz unklarer Finanzierung eine Umschu-lungsmaßnahme begonnen, zum Antragszeitpunkt fehlerhafterweise die Übernahme von
Maßnahmekosten statt eines Bildungsgutscheins beantragt bzw. die Klagefrist gegen den Bescheid der Bg. Vom 08.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2003 versäumt und deshalb das Unterliegen im Hauptsacheverfahren gegen die Bg. verschuldet. Diese Gefahr kann und muss durch die einstweilige Regelung abgewandt werden.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob sich der Anordnungsgrund auch daraus ergeben könnte, dass die Bf. aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Uhg nicht in der Lage sein könnte, die Umschulung fortzusetzen. Denn die Bf. hat sich bislang – wohl rechtswidrig – durch die Inanspruchnahme von Alhi finanziert. Welche Auswirkungen ihre Eheschließung auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hat, kann derzeit ebenfalls nicht beur-teilt werden.
Nach alledem war antragsgemäß zu entscheiden.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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