Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 128/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 146/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29.09.2003 und der Bescheid der Beklagten vom 20.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Tod des C. M. Folge eines Arbeitsunfalls vom 16.10.1997 ist.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nach einem Ereignis am 16.10.1997, bei dem C. M. (Versicherter) von unbekannten Tätern erschossen wurde, über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und daraus folgend die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen.
Die Klägerin ist die Witwe des 1965 geborenen und am ...1997 verstorbenen Versicherten. Dieser war bei der Firma S. & Partner D ...- und B ... GmbH, einem Mitgliedsbetrieb der Beklagten, als Bauleiter seit 01.05.1997 angestellt. Zeitlich vorgehend war er Gesellschaf-ter-Geschäftsführer dieses Unternehmens, nach Übertragung seiner Geschäftsanteile er-folgte auch die Abberufung als Geschäftsführer am 23.04.1997. Gleichzeitig war der Klä-ger Mitgesellschafter der Firma MT-G ... GbR. Beide Firmen hatten den gleichen Sitz und nutzten, gemeinsam mit der Klägerin, die gleichen Büroräume. Eine weitere unternehmeri-sche Tätigkeit im Rahmen der Firma T ...M./R. GbR beendete der Versicherte am 01.04.1997.
Um 6.30 Uhr erfolgte im Büro jeweils die Arbeitseinteilung durch den Versicherten. Am 16.10.1997 fuhren auch die Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma S. & Partner D. - und B. GmbH gemeinsam um 6.10 Uhr in die Büroräume.
Der Versicherte verließ an diesem Tag ca. 6.20 Uhr seine Wohnung und das Wohnhaus durch den Hinterausgang, um zu seinem auf dem Parkplatz im Hof abgestellten PKW zu gelangen. Nach der Aussage der Klägerin vom 28.10.1997 verabschiedete sich der Versi-cherte bei ihr vor dem Verlassen der Wohnung mit "Tschüß, wir sehen uns gleich im Bü-ro". Das Wohnhaus ist in B-Stadt auf dem Grundstück J.-v.-M. -Str ... belegen, einem Eckgrundstück zur Gartenstraße. Im Verlauf der Gartenstraße von der J.-v.-M. -Straße kommend schließt sich an das Haus ein für Fußgänger errichteter Hofeingangsbereich an und nach einer Hecke eine Einfahrt zum Parkplatz. Parkplatz und Hofeingangsbereich (Grundstücksausgang) sind voneinander durch eine weitere Hecke mit Durchgang abge-trennt. Das Fahrzeug des Versicherten stand auf dem Parkplatz. Nach dem polizeilichen Schlussbericht vom 18.05.1999 wurde der Versicherte am Grundstücksausgang zur Gar-tenstraße durch einen Schuss aus einer Handfeuerwaffe im Brustbereich schwer verletzt. Der Versicherte begab sich noch aus eigener Kraft zur nahe gelegenen Polizeidirektion B-Stadt, dort verstarb er aufgrund Verblutung nach innen (Lungendurchschuss) als Folge der Schussverletzung um 7.08 Uhr. Nach den Ergebnissen der Sektion am 16.10.1997 besteht Kausalität zwischen den Verlet-zungsfolgen und dem Todeseintritt. Die unmittelbare Todesursache sei eine Schussverlet-zung des Brustkorbes mit Verletzung der linken Lunge, wodurch es zu Blutung und Luft-eintritt in die linke Brusthöhle gekommen sei. Die Obduktion habe keinerlei Befunde vor-bestehender organischer Erkrankungen von Todesursachenwert ergeben.
Am 28.10.1997 erstattete die Firma S. & Partner GmbH bei der Beklagten Unfallanzeige.
Ausweislich des Schlussberichts des Polizeipräsidiums C-Stadt vom 18.05.1999 sowie der Ergänzung hierzu vom 20.06.2002 konnten keine Täter ermittelt werden, das Verfahren gegen mehrere Beschuldigte wurde eingestellt; es sei "von Beginn an kein konkretes Tat-motiv zu erkennen" gewesen. Ermittelt worden sei zu den Versionen Zufallstat, Auftragstat im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Versicherten im Rotlichtmilieu in D. , Auftragstat im Zusammenhang mit seiner Geschäftstätigkeit im Raum B-Stadt, persönlicher Racheakt im Zusammenhang mit seiner Person, Zusammenhang mit der Finanzierung des Schlosses T. in K. /B-Stadt.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 20.10.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugunsten der Klägerin ab. Der Unfall stehe nicht mit dem Betrieb im Zusammenhang. Es müsse ein innerer Zusammen-hang zwischen dem Unfallereignis, hier dem Überfall, und der Zurücklegung des Weges vorhanden sein. Versicherungsschutz könne grundsätzlich nicht gewährt werden, wenn die Beweggründe des Angreifers in keiner Verbindung mit der versicherten Tätigkeit stünden. Bei einem aus rein persönlichen Gründen unternommenen Angriff auf einen Versicherten, der sich auf dem Weg zur Arbeit befindet, sei ein innerer Zusammenhang mit der versi-cherten Tätigkeit nur anzunehmen, wenn die besonderen Umstände bei der Zurücklegung des Weges den Überfall erst ermöglicht oder in entscheidender Weise begünstigt hätten. Am 16.10.1997 gegen 06.23 Uhr sei der Versicherte, noch im Wohngrundstück, jedoch nicht auf dem normalen Weg von der Haustür zum Parkplatz bzw. den Mülltonnen, durch unbekannte Täter abgepasst und durch einen Schuss aus einer Handfeuerwaffe in der Brust schwer verletzt worden, wodurch er wenig später an den Folgen der Schussverletzung ge-storben sei. Es spreche vieles dafür, dass sich der Versicherte auf einem versicherten Weg befunden habe. Aufgrund der Tatumstände wie auch des Tathergangs könne jedoch festge-stellt werden, dass der Versicherte nur einem gegen seine Person gerichteten und geplanten Mordanschlag zum Opfer gefallen sei, eine Zufallstat könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Es sei nicht davon auszugehen, dass besondere Umstände bei der Zurücklegung des Weges den Überfall erst ermöglicht oder in entschei-dender Weise begünstigt hätten. Auch wenn ein genaues Tatmotiv nicht habe ermittelt werden können, sei nach Durchsicht der Ermittlungsakten ein betriebliches Tatmotiv un-wahrscheinlich. Aus den Ermittlungsakten sei zu entnehmen, dass die möglichen Tatmoti-ve der unbekannt gebliebenen Täter überwiegend im privaten Bereich des Versicherten zu suchen seien.
Den Widerspruch der Klägerin vom 18.01.2000 wies die Beklagte mit Widerspruchsbe-scheid vom 26.04.2000 zurück. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Zurücklegung des Weges besondere Umstände den Überfall erst ermöglicht oder in ent-scheidender Weise begünstigt hätten; auch ergäben sich aus den Ermittlungsakten keine Hinweise auf ein betriebliches Tatmotiv.
Ihr Begehren hat die Klägerin mit der am 23.05.2000 zum Sozialgericht Dresden (SG) er-hobenen Klage weiter verfolgt und zur Begründung vorgetragen, dass es unter Hinweis auf ein amtliches Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom 24.01.2000 zur Tatzeit dunkel und eine Beleuchtung des Parkplatzes nicht vorhanden gewesen sei. Die Schlussfolgerung der Beklagten, die Beweggründe des Angreifers stünden in keiner Verbindung mit der ver-sicherten Tätigkeit und eine Zufallstat könne ausgeschlossen werden, ließen sich mit dem Ergebnis der Ermittlungen nicht in Einklang bringen. Sämtliche Ermittlungen der Staats-anwaltschaft seien ergebnislos geblieben. Möglich sei auch ein Raubmord bzw. ein diesbe-züglicher Fluchtversuch. Die besonderen Tatumstände sprächen dafür, dass der Überfall erst durch die Zurückle-gung des Weges ermöglicht worden sei. Nach den Erkenntnissen der Polizei habe sich der Überfall auf dem Parkplatz zur Gartenstraße hin ereignet, die Sicht auf den Parkplatz sei durch Zaunanlagen erheblich eingeschränkt gewesen. Von der Gartenstraße her sei ledig-lich die Öffnung zum Befahren der Fahrzeuge deutlich einsehbar, die anderen Bereiche jedoch nicht. Die nahe gelegene Verkehrsstraße J.-von-M. -Straße stehe dieser Wertung nicht entgegen. Diese sei 20 Meter entfernt und durch das abgeschirmte Parkplatzgelände ohne Sichtkontakt. Es könne geschlossen werden, dass der Täter gerade den Schutz in der Dunkelheit gesucht habe, um die Tat unbeobachtet begehen zu können.
Im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Verwaltungs-Berufgenossenschaft die Beiladung gem. § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt. Sie habe Leistungen mit Bescheid vom 08.01.1998 abgelehnt, da eine freiwillige Versicherung des Versicherten bei ihr nur bis zum 31.01.1995 bestanden habe und ohne Unfallversicherungsschutz ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Das sich anschließende Widerspruchsverfahren ruhe bis zu einer Entscheidung der Beklagten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.09.2003 abgewiesen und in den Grün-den ausgeführt, dass bereits nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen sei, dass sich der Versicherte zum Zeitpunkt des Überfalls auf dem unmittelbaren Weg nach dem Ort der Tätigkeit als Bauleiter bei der Firma S. & Partner GmbH befunden habe. Ausweis-lich der beigezogenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten habe sich der Versicherte zum Zeitpunkt des Anschlags weder auf dem Weg zur Mülltonne noch auf dem Weg zu seinem Parkplatz im Hof seines Wohnhauses befunden, vielmehr habe ihn der Schuss in den Brustbereich getroffen, als er sich am Grundstücksausgang zur Gartenstraße hin auf-hielt. Hinweise dafür, dass der Versicherte aus betriebsbezogenen Gründen von seinem üblichen Weg zum abgestellten Auto abgewichen sein könnte, ergäben sich nicht. Ferner hat das SG ausgeführt, dass zudem von betriebsfremden Beziehungen zwischen Täter und Versichertem auszugehen sei und diese den Zusammenhang des Überfalls mit dem Zurücklegen eines versicherten Weges als rechtlich unwesentlich zurückdrängen würden. Das Gericht sei zu der Überzeugung gelangt, dass der Versicherte einem gegen seine Person gerichteten geplanten Mordanschlag zum Opfer gefallen sei und dass alle möglichen Tatmotive der bislang unbekannten Täter ausschließlich im Zusammenhang mit privaten Streitigkeiten zu suchen seien. Auch wenn zum Entscheidungszeitpunkt trotz umfangreicher Ermittlungen die Täter noch nicht hätten ermittelt werden können, ließen die polizeilichen Ermittlungen nur den Schluss zu, dass es sich um eine Abrechnung unter "Geschäftsfreunden" gehandelt habe. Besondere Verhältnisse bei der Zurücklegung des Weges hätten die Tat auch nicht erst ermöglicht bzw. begünstigt. Wie sich den Ermitt-lungsakten entnehmen lasse, sei der Versicherte noch in der Nacht vor dem Anschlag bis in die frühen Morgenstunden unterwegs gewesen.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14.10.2003 zugestellten Ge-richtsbescheid haben diese am 14.11.2003 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt und diese neben einer Verletzung rechtlichen Gehörs durch Erlass eines Ge-richtsbescheides damit begründet, dass sich den polizeilichen Ermittlungsakten kein Ab-weichen von dem Weg zur Arbeit entnehmen lasse. Annehmbar sei die Konfrontation des Versicherten mit den Tätern auf dem Weg zu seinem Auto; um dem Sachverhalt aus dem Wege zu gehen, müsse er versucht haben, zu fliehen und sei erst am Eingang des Grund-stücks Gartenstraße angeschossen worden. Ein betriebsbezogenes Motiv könne derzeit jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, es erscheine auch möglich, dass es sich um eine Zufallstat gehandelt habe. Ferner habe gerade der Weg zur Arbeit unter den besonderen Gesichtspunkten des Tatortes die Tat ermöglicht.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2006 hat der Senat die Klägerin gehört und die Zeugen E., Kriminalhauptkommisar C. und D. vernommen. Bezüglich der Einzelheiten ihrer Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29.09.2003 sowie den Be-scheid der Beklagten vom 20.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 aufzuheben und festzustellen, dass der Tod des C. M. Folge eines Ar-beitsunfalls vom 16.10.1997 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29.09.2003 zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Ermittlungsakten für ein betriebsbezogenes Tatmotiv nichts hergäben, nicht andeutungsweise erschließe sich, ob es etwa Auseinandersetzungen mit anderen Betrieben gegeben habe oder ob innerhalb der eigenen Firma ein Machtkampf getobt habe. Selbst bei Unterstellung eines Arbeitsweges könne die Berufung mangels be-triebsbezogenen Tatmotivs keinen Erfolg haben. Die Berufungsbegründung komme über Möglichkeiten und Vermutungen nicht hinaus, es dränge sich in der Gesamtschau und nach Studium der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten geradezu auf, dass sich hier ein für das Milieu typisches Verbrechen ereignet habe, das mit der Berufstätigkeit des Ver-sicherten nichts zu tun gehabt habe. Es sei in höchstem Maße wahrscheinlich, dass be-triebsfremde Beziehungen zwischen dem Versicherten und dem Täter für das Verbrechen ausschlaggebend gewesen seien. Ein betriebsbezogenes Tatmotiv könne nicht bewiesen werden.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor, ferner die Akten der Staatsanwaltschaft Görlitz zu den Aktenzeichen 951 UJs 4708/00 sowie 951 Js 28064/97. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhand-lung.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 29.09.2003 und der Bescheid der Beklagten vom 20.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 waren aufzuheben und das Ereignis vom 16.10.1997 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Soweit die Klägerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Erlass des Ge-richtsbescheides vom 29.09.2003 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung rügt, ist darauf nicht weiter einzugehen, da durch die mündliche Verhandlung im Rahmen des Berufungsverfahrens jedenfalls Heilung eingetreten ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 63 Rdnr. 11 d).
I.
Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R) ist das klägerische, auf Anerkennung eines Unfallgeschehens als Arbeitsunfall und Feststellung, dass der Tod Folge des Arbeits-unfalls ist, gerichtete Begehren als Feststellungsklage i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGG auszulegen. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen dar-stellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzel-ne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).
II.
Der Versicherte erlitt am 16.10.1997 einen Arbeitsunfall. Anzuwenden sind - wie vom SG zutreffend erkannt - die Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII), weil sich das Ereignis nach dem 01.01.1997 zugetragen hat.
1. Die hier in Betracht kommenden Leistungen an Hinterbliebene bestimmen sich nach §§ 63 ff. SGB VII. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII haben Hinterbliebene nur Anspruch auf Leistungen, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Versiche-rungsfälle sind nach § 7 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungs-schutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Versicherte war seit 01.05.1997 bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten auf-grund eines Arbeitsvertrages vom 24.04.1997 beschäftigt. Zweifel an einem Versiche-rungsverhältnis bestehen nicht. Eine Beschäftigung wird gemäß § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) als nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, definiert. Anhaltspunk-te für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung für die Annahme eines Be-schäftigungsverhältnisses ist ferner eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitenden (Rie-bel, in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 1/2006 Rn. 10 zu § 2). Als typische Merkmale für ein Beschäftigungsverhältnis werden u.a. das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Art, Zeit und Ort der Arbeitstätigkeit, das Zur-Verfügung-Stellen von Arbeitsmaterial und Werkzeug durch den Arbeitgeber, die Abführung von Lohnsteuern und Sozialversiche-rungsbeiträgen, die ordnungsgemäße Verbuchung des Gehalts als Betriebsausgabe und die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung gemäß § 613 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – (der Selbständige kann nach seinem Belieben Hilfskräfte einsetzen; BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 19; Riebel, a.a.O.) angesehen. Vom Beschäftigten abzugrenzen ist der Unternehmer. Unternehmer ist gemäß § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Typische Merkmale für einen Unternehmer sind das Schulden eines be-stimmten Erfolgs (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 64), eine selbstständige, eigenverantwortli-che Tätigkeit (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 64) und eine eigene betriebliche Einrichtung (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 64; Riebel, a.a.O., Rn. 14 zu § 2). Aktenkundig sind der Arbeitsvertrag des Versicherten sowie die Gehaltsabrechnungen für die Monate Juli 1997, August 1997 und September 1997, jeweils im Folgemonat erstellt. Ferner war der Gesellschafter-Geschäftsführer der Arbeitgeberin, Herr S. , nach den in sich schlüssigen und glaubhaften Darstellungen der Klägerin im Rahmen der mündlichen Ver-handlung für das D. gewerbe – im Gegensatz zum Versicherten – ausgebildet und verfügte damit über das notwendige fachliche Wissen zur Führung des Unternehmens. Ansatzpunk-te für ein überragendes eigenwirtschaftliches Interesse und eine einem Unternehmer gleichstehende Position des Versicherten bei dieser Tätigkeit liegen nicht vor. Auch wenn der Versicherte im gleichen Büro ein eigenes G ...-Unternehmen betrieb, dabei eigene Mit-arbeiter beschäftigte und hinsichtlich zu bedienender Baustellen zwischen dem D. - und dem G. betrieb gemeinsame Interessen bestanden, ist daraus bezogen auf das Anstellungs-verhältnis im D.betrieb insbesondere in Anbetracht der Weisungsgebundenheit keine Un-ternehmereigenschaft des Versicherten abzuleiten.
2. Versicherte Tätigkeiten sind gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Um einen solchen Wegeunfall handelte sich bei dem Ereignis vom 16.10.1997. Am Mor-gen des 16.10.1997 verließ der Versicherte das Wohnhaus durch die Hintertür, um die ver-sicherte Tätigkeit aufzunehmen. Hieran hat der Senat keine Zweifel aufgrund der Aussage der Klägerin am 28.10.1997 im Ermittlungsverfahren sowie den ergänzenden Darlegungen in der mündlichen Verhandlung am 22.06.2006, wonach sich der Versicherte bei ihr vor dem Verlassen der Wohnung verabschiedete mit "Tschüß, wir sehen uns gleich im Büro". Die Arbeitseinteilung auch der Mitarbeiter der Firma S. & Partner. und B ... GmbH durch den Versicherten jeweils um 6.30 Uhr im Büro bestätigt dies ebenso wie der Umstand, dass sich die Gesellschafter-Geschäftsführer des Unternehmens gemeinsam am 16.10.1997 um 6.10 Uhr in die Büroräume begeben haben.
Der Versicherungsschutz entfällt nicht aus der Erwägung heraus, dass der Versicherte am Ort der zu verrichtenden Tätigkeit auch ein eigenes Unternehmen führte. Nach der Recht-sprechung des BSG ist bei der Frage, ob eine gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, entscheidend darauf abzustellen, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG, Ur-teil vom 05.05.1994, Az.: 2 RU 26/93, zitiert nach juris). Der Umstand der morgendlichen Einsatzbesprechungen mit den Gesellschafter-Geschäftsführern der Firma S. & Partner GmbH und insbesondere die Einteilung der Mitarbeiter dieses Unternehmens auf die jeweiligen Baustellen durch den Versicherten lassen keinen Zweifel an der Vornahme des Arbeitsweges zu dieser Zeit auch ohne die eigene unternehmerische Tätigkeit.
Die Annahme eines Wegeunfalls scheitert auch nicht daran, dass der Versicherte Opfer einer Gewalttat wurde. Der Senat folgt der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialge-richts (vgl. Urteil vom 30.06.1998, Az.: B 2 U 27/97 R). Danach kommt es bei der Frage, ob ein Überfall auf dem Weg nach oder von der Arbeitsstelle als Arbeitsunfall anzusehen ist, in der Regel entscheidend auf die Beweggründe des Angreifers an. Es bedarf jedoch nicht unbedingt eines betriebsbezogenen Tatmotivs, um den inneren Zusammenhang zwi-schen dem Überfall als Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit herzustellen. Dieser Zusammenhang ist von vornherein grundsätzlich gegeben, sofern der - ohne erhebliche Umwege oder Unterbrechungen zurückgelegte - Weg nach oder von der Arbeitsstätte den Versicherten an die Stelle geführt hat, wo im fraglichen Zeitpunkt eine zur Gewalttat ent-schlossene Person seiner habhaft werden kann. Dieser Zusammenhang verliert indes an Bedeutung, wenn die Beweggründe des Angreifers dem persönlichen Bereich der Beteilig-ten zuzurechnen sind. Dann bedeutet die Zurücklegung des Weges nur eine von vielen Ge-legenheiten für den Angreifer, die verfeindete Person zu überfallen; mit der Erwägung, dass hier die betriebsfremden Beziehungen zwischen Täter und Versichertem vorherrschen und den Zusammenhang des Überfalls mit dem Zurücklegen des versicherten Weges als rechtlich unwesentlich zurückdrängen, rechtfertigt sich in solchen Fällen die Versagung des Unfallversicherungsschutzes. Gleichwohl ist in Fällen dieser Art Unfallversicherungs-schutz gegeben, wenn besondere Verhältnisse bei der Zurücklegung des Weges (z.B. Dun-kelheit, einsame Gegend) die Verübung der Gewalttat entscheidend begünstigten. Bei ei-nem unbekannt gebliebenen Täter kommt die Versagung des Versicherungsschutzes in Betracht, wenn der Versicherte einem gegen seine Person gerichteten geplanten Mordan-schlag zum Opfer gefallen ist und alle möglichen Tatmotive der unbekannt gebliebenen Täter ausschließlich im Zusammenhang mit dem persönlichen Bereich des Versicherten und dortigen Auseinandersetzungen zu suchen sind, so dass ein betriebsbezogenes Motiv fehlt.
a) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist unabhängig davon, an welcher konkreten Stelle der tödliche Schuss den Versicherten erreichte, davon auszugehen, dass der Arbeitsweg den Versicherten an den Ort führte, an dem der oder die Angreifer seiner habhaft wurde(n). Ein aus dieser Situation resultierendes Fluchtverhalten oder ein mit einem Zurückweichen angesichts einer konkreten Bedrohung verbundenes Verlassen des Arbeitsweges schließen einen Wegeunfall nicht aus. Ansatzpunkte dafür, dass der Versicherte unabhängig von ei-ner Zwangslage seinen Arbeitsweg verlassen hat, waren nicht erkennbar.
b) Ein Tatmotiv ist nicht nachweisbar. Nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsak-ten, insbesondere nach dem Schlussbericht vom 18.05.1999, ergab sich kein konkretes Tatmotiv, so dass daraus resultierend zu den Versionen Zufallstat, Auftragstat im Zusam-menhang mit der Tätigkeit im Rotlichtmilieu in D. , Auftragstat im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit im Raum B-Stadt, persönlicher Racheakt im Zusammenhang mit seiner Person sowie Zusammenhang mit der Finanzierung des Schlosses T. in K. /B-Stadt ermit-telt wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzte der Zeuge C. als bis einschließlich 2004 mit dem Fall betrauter Ermittlungsbeamter nachvollziehbar und glaub-haft, dass die Versionen Zufallstat sowie ein Zusammenhang mit der Finanzierung des Schlosses T. in K. /B-Stadt hätten ausgeschlossen werden können. Wesentlich sei das ge-schäftliche Umfeld sowohl in D. als auch in B-Stadt. Nicht auszuschließen sei aber auch, dass im beruflichen Zusammenhang mit Mitarbeitern, insbesondere der Firma S. , wesent-liche Motive begründet sein können. In Betracht kommen könne dabei jeder Mitarbeiter. Die Darstellungen des Zeugen C. werden gestützt durch die für den Senat glaubhaften Aussagen der Klägerin, dass der Umgangston des Versicherten zumindest gegenüber den Geschäftspartnern S. und R. deftig gewesen sei. Auch der Zeuge E. hat ausführlich und überzeugend dargestellt, dass der Versicherte ihm gegenüber aber auch gegenüber Mitar-beitern handgreiflich geworden ist und die Mitarbeiter auch angeschrien hat. Für den Senat war in Übereinstimmung mit den Zeugenaussagen nach Durchsicht der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsunterlagen keine Überzeugung dergestalt zu erlangen, dass neben der Zufallstat auch eine betriebsbezogene Tat mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Nur für diesen Fall wäre es zu rechtfertigen, dass alle möglichen Tatmotive ausschließlich im Zusammenhang mit dem persönlichen Bereich des Versicherten zu su-chen sind.
Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast geht die Nichterweislichkeit einer Tatsa-che zu Lasten desjenigen, der daraus ein Recht herleiten will. Dies ist vorliegend die Be-klagte, da ausschließlich persönliche Tatmotive nicht nachweisbar sind.
3. Da der Tod des Versicherten ausweislich des Sektionsprotokolls vom 16.10.1997 auf die Schussverletzung zurückzuführen ist, besteht auch Kausalität zwischen dem Unfallereignis und dem Tod des Versicherten.
III.
Eine Beiladung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft gem. § 75 Abs. 2 SGG kam nicht in Betracht. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft ist am streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann; auch eine Leistungspflicht bei Ablehnung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs ergibt sich nicht. Unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Arbeitsunfalls scheitert nach den vorliegenden und von der Klägerin nicht angegriffenen Unterlagen ein möglicher Anspruch bereits am Vorliegen eines Versicherungsverhältnisses, da eine ursprünglich bestehende freiwillige Versicherung am 31.05.1995 endete. Die Klägerin stütze ihren Wi-derspruch auch ausschließlich auf das Angestelltenverhältnis und damit auf das Versiche-rungsverhältnis bei der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nach einem Ereignis am 16.10.1997, bei dem C. M. (Versicherter) von unbekannten Tätern erschossen wurde, über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und daraus folgend die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen.
Die Klägerin ist die Witwe des 1965 geborenen und am ...1997 verstorbenen Versicherten. Dieser war bei der Firma S. & Partner D ...- und B ... GmbH, einem Mitgliedsbetrieb der Beklagten, als Bauleiter seit 01.05.1997 angestellt. Zeitlich vorgehend war er Gesellschaf-ter-Geschäftsführer dieses Unternehmens, nach Übertragung seiner Geschäftsanteile er-folgte auch die Abberufung als Geschäftsführer am 23.04.1997. Gleichzeitig war der Klä-ger Mitgesellschafter der Firma MT-G ... GbR. Beide Firmen hatten den gleichen Sitz und nutzten, gemeinsam mit der Klägerin, die gleichen Büroräume. Eine weitere unternehmeri-sche Tätigkeit im Rahmen der Firma T ...M./R. GbR beendete der Versicherte am 01.04.1997.
Um 6.30 Uhr erfolgte im Büro jeweils die Arbeitseinteilung durch den Versicherten. Am 16.10.1997 fuhren auch die Gesellschafter-Geschäftsführer der Firma S. & Partner D. - und B. GmbH gemeinsam um 6.10 Uhr in die Büroräume.
Der Versicherte verließ an diesem Tag ca. 6.20 Uhr seine Wohnung und das Wohnhaus durch den Hinterausgang, um zu seinem auf dem Parkplatz im Hof abgestellten PKW zu gelangen. Nach der Aussage der Klägerin vom 28.10.1997 verabschiedete sich der Versi-cherte bei ihr vor dem Verlassen der Wohnung mit "Tschüß, wir sehen uns gleich im Bü-ro". Das Wohnhaus ist in B-Stadt auf dem Grundstück J.-v.-M. -Str ... belegen, einem Eckgrundstück zur Gartenstraße. Im Verlauf der Gartenstraße von der J.-v.-M. -Straße kommend schließt sich an das Haus ein für Fußgänger errichteter Hofeingangsbereich an und nach einer Hecke eine Einfahrt zum Parkplatz. Parkplatz und Hofeingangsbereich (Grundstücksausgang) sind voneinander durch eine weitere Hecke mit Durchgang abge-trennt. Das Fahrzeug des Versicherten stand auf dem Parkplatz. Nach dem polizeilichen Schlussbericht vom 18.05.1999 wurde der Versicherte am Grundstücksausgang zur Gar-tenstraße durch einen Schuss aus einer Handfeuerwaffe im Brustbereich schwer verletzt. Der Versicherte begab sich noch aus eigener Kraft zur nahe gelegenen Polizeidirektion B-Stadt, dort verstarb er aufgrund Verblutung nach innen (Lungendurchschuss) als Folge der Schussverletzung um 7.08 Uhr. Nach den Ergebnissen der Sektion am 16.10.1997 besteht Kausalität zwischen den Verlet-zungsfolgen und dem Todeseintritt. Die unmittelbare Todesursache sei eine Schussverlet-zung des Brustkorbes mit Verletzung der linken Lunge, wodurch es zu Blutung und Luft-eintritt in die linke Brusthöhle gekommen sei. Die Obduktion habe keinerlei Befunde vor-bestehender organischer Erkrankungen von Todesursachenwert ergeben.
Am 28.10.1997 erstattete die Firma S. & Partner GmbH bei der Beklagten Unfallanzeige.
Ausweislich des Schlussberichts des Polizeipräsidiums C-Stadt vom 18.05.1999 sowie der Ergänzung hierzu vom 20.06.2002 konnten keine Täter ermittelt werden, das Verfahren gegen mehrere Beschuldigte wurde eingestellt; es sei "von Beginn an kein konkretes Tat-motiv zu erkennen" gewesen. Ermittelt worden sei zu den Versionen Zufallstat, Auftragstat im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Versicherten im Rotlichtmilieu in D. , Auftragstat im Zusammenhang mit seiner Geschäftstätigkeit im Raum B-Stadt, persönlicher Racheakt im Zusammenhang mit seiner Person, Zusammenhang mit der Finanzierung des Schlosses T. in K. /B-Stadt.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 20.10.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zugunsten der Klägerin ab. Der Unfall stehe nicht mit dem Betrieb im Zusammenhang. Es müsse ein innerer Zusammen-hang zwischen dem Unfallereignis, hier dem Überfall, und der Zurücklegung des Weges vorhanden sein. Versicherungsschutz könne grundsätzlich nicht gewährt werden, wenn die Beweggründe des Angreifers in keiner Verbindung mit der versicherten Tätigkeit stünden. Bei einem aus rein persönlichen Gründen unternommenen Angriff auf einen Versicherten, der sich auf dem Weg zur Arbeit befindet, sei ein innerer Zusammenhang mit der versi-cherten Tätigkeit nur anzunehmen, wenn die besonderen Umstände bei der Zurücklegung des Weges den Überfall erst ermöglicht oder in entscheidender Weise begünstigt hätten. Am 16.10.1997 gegen 06.23 Uhr sei der Versicherte, noch im Wohngrundstück, jedoch nicht auf dem normalen Weg von der Haustür zum Parkplatz bzw. den Mülltonnen, durch unbekannte Täter abgepasst und durch einen Schuss aus einer Handfeuerwaffe in der Brust schwer verletzt worden, wodurch er wenig später an den Folgen der Schussverletzung ge-storben sei. Es spreche vieles dafür, dass sich der Versicherte auf einem versicherten Weg befunden habe. Aufgrund der Tatumstände wie auch des Tathergangs könne jedoch festge-stellt werden, dass der Versicherte nur einem gegen seine Person gerichteten und geplanten Mordanschlag zum Opfer gefallen sei, eine Zufallstat könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Es sei nicht davon auszugehen, dass besondere Umstände bei der Zurücklegung des Weges den Überfall erst ermöglicht oder in entschei-dender Weise begünstigt hätten. Auch wenn ein genaues Tatmotiv nicht habe ermittelt werden können, sei nach Durchsicht der Ermittlungsakten ein betriebliches Tatmotiv un-wahrscheinlich. Aus den Ermittlungsakten sei zu entnehmen, dass die möglichen Tatmoti-ve der unbekannt gebliebenen Täter überwiegend im privaten Bereich des Versicherten zu suchen seien.
Den Widerspruch der Klägerin vom 18.01.2000 wies die Beklagte mit Widerspruchsbe-scheid vom 26.04.2000 zurück. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Zurücklegung des Weges besondere Umstände den Überfall erst ermöglicht oder in ent-scheidender Weise begünstigt hätten; auch ergäben sich aus den Ermittlungsakten keine Hinweise auf ein betriebliches Tatmotiv.
Ihr Begehren hat die Klägerin mit der am 23.05.2000 zum Sozialgericht Dresden (SG) er-hobenen Klage weiter verfolgt und zur Begründung vorgetragen, dass es unter Hinweis auf ein amtliches Gutachten des Deutschen Wetterdienstes vom 24.01.2000 zur Tatzeit dunkel und eine Beleuchtung des Parkplatzes nicht vorhanden gewesen sei. Die Schlussfolgerung der Beklagten, die Beweggründe des Angreifers stünden in keiner Verbindung mit der ver-sicherten Tätigkeit und eine Zufallstat könne ausgeschlossen werden, ließen sich mit dem Ergebnis der Ermittlungen nicht in Einklang bringen. Sämtliche Ermittlungen der Staats-anwaltschaft seien ergebnislos geblieben. Möglich sei auch ein Raubmord bzw. ein diesbe-züglicher Fluchtversuch. Die besonderen Tatumstände sprächen dafür, dass der Überfall erst durch die Zurückle-gung des Weges ermöglicht worden sei. Nach den Erkenntnissen der Polizei habe sich der Überfall auf dem Parkplatz zur Gartenstraße hin ereignet, die Sicht auf den Parkplatz sei durch Zaunanlagen erheblich eingeschränkt gewesen. Von der Gartenstraße her sei ledig-lich die Öffnung zum Befahren der Fahrzeuge deutlich einsehbar, die anderen Bereiche jedoch nicht. Die nahe gelegene Verkehrsstraße J.-von-M. -Straße stehe dieser Wertung nicht entgegen. Diese sei 20 Meter entfernt und durch das abgeschirmte Parkplatzgelände ohne Sichtkontakt. Es könne geschlossen werden, dass der Täter gerade den Schutz in der Dunkelheit gesucht habe, um die Tat unbeobachtet begehen zu können.
Im Rahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens hat die Verwaltungs-Berufgenossenschaft die Beiladung gem. § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt. Sie habe Leistungen mit Bescheid vom 08.01.1998 abgelehnt, da eine freiwillige Versicherung des Versicherten bei ihr nur bis zum 31.01.1995 bestanden habe und ohne Unfallversicherungsschutz ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Das sich anschließende Widerspruchsverfahren ruhe bis zu einer Entscheidung der Beklagten.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29.09.2003 abgewiesen und in den Grün-den ausgeführt, dass bereits nicht mit der erforderlichen Gewissheit festzustellen sei, dass sich der Versicherte zum Zeitpunkt des Überfalls auf dem unmittelbaren Weg nach dem Ort der Tätigkeit als Bauleiter bei der Firma S. & Partner GmbH befunden habe. Ausweis-lich der beigezogenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten habe sich der Versicherte zum Zeitpunkt des Anschlags weder auf dem Weg zur Mülltonne noch auf dem Weg zu seinem Parkplatz im Hof seines Wohnhauses befunden, vielmehr habe ihn der Schuss in den Brustbereich getroffen, als er sich am Grundstücksausgang zur Gartenstraße hin auf-hielt. Hinweise dafür, dass der Versicherte aus betriebsbezogenen Gründen von seinem üblichen Weg zum abgestellten Auto abgewichen sein könnte, ergäben sich nicht. Ferner hat das SG ausgeführt, dass zudem von betriebsfremden Beziehungen zwischen Täter und Versichertem auszugehen sei und diese den Zusammenhang des Überfalls mit dem Zurücklegen eines versicherten Weges als rechtlich unwesentlich zurückdrängen würden. Das Gericht sei zu der Überzeugung gelangt, dass der Versicherte einem gegen seine Person gerichteten geplanten Mordanschlag zum Opfer gefallen sei und dass alle möglichen Tatmotive der bislang unbekannten Täter ausschließlich im Zusammenhang mit privaten Streitigkeiten zu suchen seien. Auch wenn zum Entscheidungszeitpunkt trotz umfangreicher Ermittlungen die Täter noch nicht hätten ermittelt werden können, ließen die polizeilichen Ermittlungen nur den Schluss zu, dass es sich um eine Abrechnung unter "Geschäftsfreunden" gehandelt habe. Besondere Verhältnisse bei der Zurücklegung des Weges hätten die Tat auch nicht erst ermöglicht bzw. begünstigt. Wie sich den Ermitt-lungsakten entnehmen lasse, sei der Versicherte noch in der Nacht vor dem Anschlag bis in die frühen Morgenstunden unterwegs gewesen.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14.10.2003 zugestellten Ge-richtsbescheid haben diese am 14.11.2003 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt und diese neben einer Verletzung rechtlichen Gehörs durch Erlass eines Ge-richtsbescheides damit begründet, dass sich den polizeilichen Ermittlungsakten kein Ab-weichen von dem Weg zur Arbeit entnehmen lasse. Annehmbar sei die Konfrontation des Versicherten mit den Tätern auf dem Weg zu seinem Auto; um dem Sachverhalt aus dem Wege zu gehen, müsse er versucht haben, zu fliehen und sei erst am Eingang des Grund-stücks Gartenstraße angeschossen worden. Ein betriebsbezogenes Motiv könne derzeit jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, es erscheine auch möglich, dass es sich um eine Zufallstat gehandelt habe. Ferner habe gerade der Weg zur Arbeit unter den besonderen Gesichtspunkten des Tatortes die Tat ermöglicht.
In der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2006 hat der Senat die Klägerin gehört und die Zeugen E., Kriminalhauptkommisar C. und D. vernommen. Bezüglich der Einzelheiten ihrer Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29.09.2003 sowie den Be-scheid der Beklagten vom 20.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 aufzuheben und festzustellen, dass der Tod des C. M. Folge eines Ar-beitsunfalls vom 16.10.1997 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29.09.2003 zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass die Ermittlungsakten für ein betriebsbezogenes Tatmotiv nichts hergäben, nicht andeutungsweise erschließe sich, ob es etwa Auseinandersetzungen mit anderen Betrieben gegeben habe oder ob innerhalb der eigenen Firma ein Machtkampf getobt habe. Selbst bei Unterstellung eines Arbeitsweges könne die Berufung mangels be-triebsbezogenen Tatmotivs keinen Erfolg haben. Die Berufungsbegründung komme über Möglichkeiten und Vermutungen nicht hinaus, es dränge sich in der Gesamtschau und nach Studium der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten geradezu auf, dass sich hier ein für das Milieu typisches Verbrechen ereignet habe, das mit der Berufstätigkeit des Ver-sicherten nichts zu tun gehabt habe. Es sei in höchstem Maße wahrscheinlich, dass be-triebsfremde Beziehungen zwischen dem Versicherten und dem Täter für das Verbrechen ausschlaggebend gewesen seien. Ein betriebsbezogenes Tatmotiv könne nicht bewiesen werden.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor, ferner die Akten der Staatsanwaltschaft Görlitz zu den Aktenzeichen 951 UJs 4708/00 sowie 951 Js 28064/97. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhand-lung.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 29.09.2003 und der Bescheid der Beklagten vom 20.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2000 waren aufzuheben und das Ereignis vom 16.10.1997 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Soweit die Klägerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Erlass des Ge-richtsbescheides vom 29.09.2003 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung rügt, ist darauf nicht weiter einzugehen, da durch die mündliche Verhandlung im Rahmen des Berufungsverfahrens jedenfalls Heilung eingetreten ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 63 Rdnr. 11 d).
I.
Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R) ist das klägerische, auf Anerkennung eines Unfallgeschehens als Arbeitsunfall und Feststellung, dass der Tod Folge des Arbeits-unfalls ist, gerichtete Begehren als Feststellungsklage i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SGG auszulegen. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen dar-stellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzel-ne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).
II.
Der Versicherte erlitt am 16.10.1997 einen Arbeitsunfall. Anzuwenden sind - wie vom SG zutreffend erkannt - die Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII), weil sich das Ereignis nach dem 01.01.1997 zugetragen hat.
1. Die hier in Betracht kommenden Leistungen an Hinterbliebene bestimmen sich nach §§ 63 ff. SGB VII. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII haben Hinterbliebene nur Anspruch auf Leistungen, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist. Versiche-rungsfälle sind nach § 7 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungs-schutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Versicherte war seit 01.05.1997 bei einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten auf-grund eines Arbeitsvertrages vom 24.04.1997 beschäftigt. Zweifel an einem Versiche-rungsverhältnis bestehen nicht. Eine Beschäftigung wird gemäß § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) als nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, definiert. Anhaltspunk-te für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung für die Annahme eines Be-schäftigungsverhältnisses ist ferner eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitenden (Rie-bel, in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 1/2006 Rn. 10 zu § 2). Als typische Merkmale für ein Beschäftigungsverhältnis werden u.a. das Direktionsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Art, Zeit und Ort der Arbeitstätigkeit, das Zur-Verfügung-Stellen von Arbeitsmaterial und Werkzeug durch den Arbeitgeber, die Abführung von Lohnsteuern und Sozialversiche-rungsbeiträgen, die ordnungsgemäße Verbuchung des Gehalts als Betriebsausgabe und die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung gemäß § 613 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – (der Selbständige kann nach seinem Belieben Hilfskräfte einsetzen; BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 19; Riebel, a.a.O.) angesehen. Vom Beschäftigten abzugrenzen ist der Unternehmer. Unternehmer ist gemäß § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Typische Merkmale für einen Unternehmer sind das Schulden eines be-stimmten Erfolgs (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 64), eine selbstständige, eigenverantwortli-che Tätigkeit (BSG SozR 2200 § 539 Nr. 64) und eine eigene betriebliche Einrichtung (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 64; Riebel, a.a.O., Rn. 14 zu § 2). Aktenkundig sind der Arbeitsvertrag des Versicherten sowie die Gehaltsabrechnungen für die Monate Juli 1997, August 1997 und September 1997, jeweils im Folgemonat erstellt. Ferner war der Gesellschafter-Geschäftsführer der Arbeitgeberin, Herr S. , nach den in sich schlüssigen und glaubhaften Darstellungen der Klägerin im Rahmen der mündlichen Ver-handlung für das D. gewerbe – im Gegensatz zum Versicherten – ausgebildet und verfügte damit über das notwendige fachliche Wissen zur Führung des Unternehmens. Ansatzpunk-te für ein überragendes eigenwirtschaftliches Interesse und eine einem Unternehmer gleichstehende Position des Versicherten bei dieser Tätigkeit liegen nicht vor. Auch wenn der Versicherte im gleichen Büro ein eigenes G ...-Unternehmen betrieb, dabei eigene Mit-arbeiter beschäftigte und hinsichtlich zu bedienender Baustellen zwischen dem D. - und dem G. betrieb gemeinsame Interessen bestanden, ist daraus bezogen auf das Anstellungs-verhältnis im D.betrieb insbesondere in Anbetracht der Weisungsgebundenheit keine Un-ternehmereigenschaft des Versicherten abzuleiten.
2. Versicherte Tätigkeiten sind gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Um einen solchen Wegeunfall handelte sich bei dem Ereignis vom 16.10.1997. Am Mor-gen des 16.10.1997 verließ der Versicherte das Wohnhaus durch die Hintertür, um die ver-sicherte Tätigkeit aufzunehmen. Hieran hat der Senat keine Zweifel aufgrund der Aussage der Klägerin am 28.10.1997 im Ermittlungsverfahren sowie den ergänzenden Darlegungen in der mündlichen Verhandlung am 22.06.2006, wonach sich der Versicherte bei ihr vor dem Verlassen der Wohnung verabschiedete mit "Tschüß, wir sehen uns gleich im Büro". Die Arbeitseinteilung auch der Mitarbeiter der Firma S. & Partner. und B ... GmbH durch den Versicherten jeweils um 6.30 Uhr im Büro bestätigt dies ebenso wie der Umstand, dass sich die Gesellschafter-Geschäftsführer des Unternehmens gemeinsam am 16.10.1997 um 6.10 Uhr in die Büroräume begeben haben.
Der Versicherungsschutz entfällt nicht aus der Erwägung heraus, dass der Versicherte am Ort der zu verrichtenden Tätigkeit auch ein eigenes Unternehmen führte. Nach der Recht-sprechung des BSG ist bei der Frage, ob eine gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, entscheidend darauf abzustellen, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG, Ur-teil vom 05.05.1994, Az.: 2 RU 26/93, zitiert nach juris). Der Umstand der morgendlichen Einsatzbesprechungen mit den Gesellschafter-Geschäftsführern der Firma S. & Partner GmbH und insbesondere die Einteilung der Mitarbeiter dieses Unternehmens auf die jeweiligen Baustellen durch den Versicherten lassen keinen Zweifel an der Vornahme des Arbeitsweges zu dieser Zeit auch ohne die eigene unternehmerische Tätigkeit.
Die Annahme eines Wegeunfalls scheitert auch nicht daran, dass der Versicherte Opfer einer Gewalttat wurde. Der Senat folgt der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialge-richts (vgl. Urteil vom 30.06.1998, Az.: B 2 U 27/97 R). Danach kommt es bei der Frage, ob ein Überfall auf dem Weg nach oder von der Arbeitsstelle als Arbeitsunfall anzusehen ist, in der Regel entscheidend auf die Beweggründe des Angreifers an. Es bedarf jedoch nicht unbedingt eines betriebsbezogenen Tatmotivs, um den inneren Zusammenhang zwi-schen dem Überfall als Unfallereignis und der versicherten Tätigkeit herzustellen. Dieser Zusammenhang ist von vornherein grundsätzlich gegeben, sofern der - ohne erhebliche Umwege oder Unterbrechungen zurückgelegte - Weg nach oder von der Arbeitsstätte den Versicherten an die Stelle geführt hat, wo im fraglichen Zeitpunkt eine zur Gewalttat ent-schlossene Person seiner habhaft werden kann. Dieser Zusammenhang verliert indes an Bedeutung, wenn die Beweggründe des Angreifers dem persönlichen Bereich der Beteilig-ten zuzurechnen sind. Dann bedeutet die Zurücklegung des Weges nur eine von vielen Ge-legenheiten für den Angreifer, die verfeindete Person zu überfallen; mit der Erwägung, dass hier die betriebsfremden Beziehungen zwischen Täter und Versichertem vorherrschen und den Zusammenhang des Überfalls mit dem Zurücklegen des versicherten Weges als rechtlich unwesentlich zurückdrängen, rechtfertigt sich in solchen Fällen die Versagung des Unfallversicherungsschutzes. Gleichwohl ist in Fällen dieser Art Unfallversicherungs-schutz gegeben, wenn besondere Verhältnisse bei der Zurücklegung des Weges (z.B. Dun-kelheit, einsame Gegend) die Verübung der Gewalttat entscheidend begünstigten. Bei ei-nem unbekannt gebliebenen Täter kommt die Versagung des Versicherungsschutzes in Betracht, wenn der Versicherte einem gegen seine Person gerichteten geplanten Mordan-schlag zum Opfer gefallen ist und alle möglichen Tatmotive der unbekannt gebliebenen Täter ausschließlich im Zusammenhang mit dem persönlichen Bereich des Versicherten und dortigen Auseinandersetzungen zu suchen sind, so dass ein betriebsbezogenes Motiv fehlt.
a) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist unabhängig davon, an welcher konkreten Stelle der tödliche Schuss den Versicherten erreichte, davon auszugehen, dass der Arbeitsweg den Versicherten an den Ort führte, an dem der oder die Angreifer seiner habhaft wurde(n). Ein aus dieser Situation resultierendes Fluchtverhalten oder ein mit einem Zurückweichen angesichts einer konkreten Bedrohung verbundenes Verlassen des Arbeitsweges schließen einen Wegeunfall nicht aus. Ansatzpunkte dafür, dass der Versicherte unabhängig von ei-ner Zwangslage seinen Arbeitsweg verlassen hat, waren nicht erkennbar.
b) Ein Tatmotiv ist nicht nachweisbar. Nach den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsak-ten, insbesondere nach dem Schlussbericht vom 18.05.1999, ergab sich kein konkretes Tatmotiv, so dass daraus resultierend zu den Versionen Zufallstat, Auftragstat im Zusam-menhang mit der Tätigkeit im Rotlichtmilieu in D. , Auftragstat im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit im Raum B-Stadt, persönlicher Racheakt im Zusammenhang mit seiner Person sowie Zusammenhang mit der Finanzierung des Schlosses T. in K. /B-Stadt ermit-telt wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzte der Zeuge C. als bis einschließlich 2004 mit dem Fall betrauter Ermittlungsbeamter nachvollziehbar und glaub-haft, dass die Versionen Zufallstat sowie ein Zusammenhang mit der Finanzierung des Schlosses T. in K. /B-Stadt hätten ausgeschlossen werden können. Wesentlich sei das ge-schäftliche Umfeld sowohl in D. als auch in B-Stadt. Nicht auszuschließen sei aber auch, dass im beruflichen Zusammenhang mit Mitarbeitern, insbesondere der Firma S. , wesent-liche Motive begründet sein können. In Betracht kommen könne dabei jeder Mitarbeiter. Die Darstellungen des Zeugen C. werden gestützt durch die für den Senat glaubhaften Aussagen der Klägerin, dass der Umgangston des Versicherten zumindest gegenüber den Geschäftspartnern S. und R. deftig gewesen sei. Auch der Zeuge E. hat ausführlich und überzeugend dargestellt, dass der Versicherte ihm gegenüber aber auch gegenüber Mitar-beitern handgreiflich geworden ist und die Mitarbeiter auch angeschrien hat. Für den Senat war in Übereinstimmung mit den Zeugenaussagen nach Durchsicht der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsunterlagen keine Überzeugung dergestalt zu erlangen, dass neben der Zufallstat auch eine betriebsbezogene Tat mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Nur für diesen Fall wäre es zu rechtfertigen, dass alle möglichen Tatmotive ausschließlich im Zusammenhang mit dem persönlichen Bereich des Versicherten zu su-chen sind.
Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast geht die Nichterweislichkeit einer Tatsa-che zu Lasten desjenigen, der daraus ein Recht herleiten will. Dies ist vorliegend die Be-klagte, da ausschließlich persönliche Tatmotive nicht nachweisbar sind.
3. Da der Tod des Versicherten ausweislich des Sektionsprotokolls vom 16.10.1997 auf die Schussverletzung zurückzuführen ist, besteht auch Kausalität zwischen dem Unfallereignis und dem Tod des Versicherten.
III.
Eine Beiladung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft gem. § 75 Abs. 2 SGG kam nicht in Betracht. Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft ist am streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann; auch eine Leistungspflicht bei Ablehnung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs ergibt sich nicht. Unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Arbeitsunfalls scheitert nach den vorliegenden und von der Klägerin nicht angegriffenen Unterlagen ein möglicher Anspruch bereits am Vorliegen eines Versicherungsverhältnisses, da eine ursprünglich bestehende freiwillige Versicherung am 31.05.1995 endete. Die Klägerin stütze ihren Wi-derspruch auch ausschließlich auf das Angestelltenverhältnis und damit auf das Versiche-rungsverhältnis bei der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved