Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 9 U 303/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 168/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Kausalität zwischen Arbeitsunfall und Einsteifung der Schulter
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17.03.2005 wie folgt gefasst: Der Bescheid der Beklagten vom 03.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass das Unfallereignis vom 06.10.1998 die schmerzhafte Einsteifung des linken Schultergelenks zur Folge hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt ½ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.10.1998.
Der 1947 geborene Kläger ist von Beruf Maurer. Er stürzte bereits am 28.10.1996 bei versicherter Beschäftigung, nämlich dem Verlegen von Rohren, beim Rückwärtsgehen in eine Grube und zog sich eine Oberarm-Schulter-Luxation links zu. Ausweislich des Erkran-kungsverzeichnisses der AOK Sachsen bestand bis zum 31.12.1996 Arbeitsunfähigkeit. Danach ging der Kläger seiner Beschäftigung als Maurer/Kanalarbeiter ohne weitere Ar-beitsunfähigkeitszeichen nach.
Im Rahmen seiner Beschäftigung beabsichtigte er am 06.10.1998, eine Verdichterplatte in Betrieb zu nehmen. Zu diesem Zweck war es erforderlich, den Motor mittels einer Kurbel zum Laufen zu bringen. Nach der Einlassung des Klägers erfolgte während des Ankur-belns, das er mit der linken Hand – er ist Linkshänder – ausführte, ein Rückschlag auf den linken Arm. Es seien sodann Schmerzen und Funktionseinschränkungen in der linken Schulter aufgetreten.
Nachdem sich die Beschwerden verschlimmert hatten, suchte der Kläger am 03.11.1998 den Durchgangsarzt Dr. H. auf, der eine leicht betonte Kontur des linken Oberarm-Schultergelenks, eine Einschränkung der passiven und aktiven Beweglichkeit sowie Schmerzen des linken Schultergelenks feststellte. Die Röntgenuntersuchung erbrachte kei-nen Anhalt für Frakturen oder eine Luxation. Es sei jedoch eine geringe Arthrosis defor-mans vorhanden. Die Diagnose lautete Kontusion des linken Schultergelenks.
Am selben Tag stellte sich der Kläger bei dem Orthopäden P. vor, der einen Druckschmerz des linken Schultergelenks, eine Vorneige/Rückführung von 140/0/30, eine Abdukti-on/Adduktion von 160/0/30 und eine Außenrotation/Innenrotation von 70/0/90 erhob. Der Supraspinatusprovokationstest fiel positiv aus. Der Schürzen-Nacken-Griff war nur einge-schränkt ausführbar. Die Diagnose lautete Impingementsyndrom links, Verdacht auf Teil-ruptur der Rotatorenmanschette links und Acromioclavicular-Gelenksarthrose links.
Dr. H. schätzte auf Veranlassung der Beklagten vom 20.11.1998 ein, die Verletzung vom 06.10.1998 sei eigenständig und die geklagten Beschwerden stünden in keinem Zusam-menhang mit der Schulterluxation vom Oktober 1996. Als der Kläger hiernach aus der ärztlichen Behandlung entlassen worden sei, habe eine völlig beschwerdefreie Funktion des linken Oberarm-Schulter-Gelenks bestanden. Er habe schwere Arbeiten komplikations-los bis zum 06.10.1998 ausführen können.
Am 16.12.1998 wurde im Waldkrankenhaus B. D. eine Arthroskopie der linken Schulter durchgeführt. Es zeigte sich eine kleine Hill-Sachs-Läsion bei ansonsten unauffälligem Knorpelbelag. Das Labrum glenoidale war im Bereich von 2.00 Uhr bis 5.00 Uhr abgelöst. Der ventrale Kapselbandapparat erschien etwas ausgedünnt, jedoch nicht wesentlich elon-giert. Die Bizepssehne und die Rotatorenmanschette waren inspektorisch unauffällig. Es bestand eine leichtgradige Synovialitis. An der Bursa subacromialis waren multiple Ver-wachsungen vorhanden. An der Rotatorenmanschette befanden sich keinerlei degenerative Veränderungen. Allerdings fiel ein dorsalseitiger Exophyt auf.
Die histologische Untersuchung des entnommenen Gewebes ergab eine Fibrosierung des Fettbindegewebes mit etwas Fibrineinlagerung. Es bestünden keine spezifischen Entzün-dungszeichen.
Die MRT-Aufnahmen vom 18.06.1999 zeigten einen geringen Hochstand des Oberarm-kopfes, eine Hill-Sachs-Delle und eine Ablösung des vorderen unteren Labrum glenoidale. Der Subacromialraum sei nur gering eingeengt. Eine Ruptur der Rotatorenmanschette liege nicht vor, vielmehr weise diese eine weitgehend normale Struktur auf.
Auf Veranlassung der Beklagten fertigten Chefarzt Priv.-Doz. Dr. M. und Assistenzarzt Dr. H. am 13.07.1999 ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers. Bei starker Belas-tung auftretende Schmerzen der linken Schulter bestünden seit dem Unfall vom 06.10.1998. Die heftige Kontusion am 06.10.1998 habe die vorbestehende Schultererkran-kung nach der Schulterluxation 1996, die eine Instabilität des Gelenks hinterlassen habe, richtungsgebend verschlimmert, so dass eine gegebenenfalls schon vorbestehende Acromi-oclaviculargelenksarthrose aktiviert worden sei. Die Verwachsungen im Bereich der Bursa subacromialis sowie die leichtgradige Synovialitis im Schultergelenk seien als Folgen ei-nes unfallbedingten Reizzustandes anzusehen. Folge des Unfalls vom 06.10.1998 sei eine geringe Abschwächung aller Muskelgruppen des linken Armes im Vergleich zur Gegensei-te. Weiterhin bestehe eine Bewegungseinschränkung des linken Arms in der Seitwärtsfüh-rung endgradig um 30°, in der Vorwärtsführung um 10° und in der Auswärtsdre-hung/Einwärtsdrehung endgradig um jeweils 10°. Zudem bestehe ein Druckschmerz im Bereich des Processus coracoideus.
Am 11.08.1999 haben die Sachverständigen ergänzend Stellung genommen. Der Kläger habe angegeben, einen direkten Schlag des Baumaschinenhebels gegen die Schulter be-kommen zu haben. Das Anpralltrauma am 06.10.1998 sei auf ein bereits vorgeschädigtes Gelenk getroffen und habe zu einer richtunggebenden Verschlimmerung geführt. Die In-stabilität habe ihre Ursache im Unfall aus dem Jahre 1996.
Auf Veranlassung der Beklagten nahm der Arbeitgeber des Klägers, die T. GmbH Bauun-ternehmen, am 27.08.1999 Stellung. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass der Kläger beim Starten der Rüttelplatte mittels Kurbelstart einen direkten Schlag gegen das linke Schulter-gelenk erlitten habe. In Abhängigkeit von der Körperhaltung und der Körpergröße des Mitarbeiters könne aber die Möglichkeit einer Verletzungsgefahr nicht gänzlich ausge-schlossen werden. Unfallzeugen gäbe es nicht.
Für die Beklagte haben Prof. Dr. E. und Oberarzt Dr. W., Klinik für Unfall- und Wieder-herstellungschirurgie des Unfallkrankenhauses B., am 30.10.2000 ein Gutachten nach Ak-tenlage erstellt. Das Unfallereignis vom 28.10.1996 habe keinerlei funktionelle Einschrän-kungen im Bereich der linken Schulter hinterlassen. An morphologischen Veränderungen habe sich eine teilweise Ablösung des vorderen Labrum glenoidale und eine kleine Hill-Sachs-Delle am Oberarm aufgezeigt. Die linke Schulter sei jedoch nach Beendigung der Behandlung wieder voll einsatzfähig gewesen, so dass Begleitverletzungen, wie z. B. eine Rotatorenmanschettenläsion, auszuschließen seien. Das Unfallereignis vom 06.10.1998 werde als indirekte traumatische Einwirkung einer zurückschlagenden Kurbel, die in der linken Hand gehalten wurde und indirekt das linke Schultergelenk verletzt habe, beschrieben. Bei dem geschilderten Unfallmechanismus sei es durchaus denkbar, dass durch die plötzliche Gewalteinwirkung auf die vorgespannte Muskulatur im Bereich der Rotatorenmanschette eine Überbeanspruchung der Muskulatur auftrete und eine Rissbildung entstehe. Im vorliegenden Fall habe eine Verletzung der Ro-tatorenmanschette jedoch ausgeschlossen werden können. Ungewöhnlich sei, dass der Kläger seine recht schwere körperliche Arbeit nach dem Unfallereignis noch über einen Zeitraum von einem Monat ohne erkennbare Einschränkungen ausgeführt habe. Zudem seien in den Berichten vom 03.11.1998 sowie im Bericht über die Schulterarthroskopie erhebliche degenerative Veränderungen im Schultergelenk beschrieben. Posttraumatische Veränderungen seien dagegen in keinem der Berichte aufgeführt. Die im Vorgutachten geäußerte Einschätzung, die Verklebungen im Subacromialbereich seien posttraumatischer Genese, seien rein spekulativer Natur. Solche Verklebungen fänden sich sehr häufig nach chronischen Bursa-Veränderungen, wie sie im Rahmen eines Impingementsyndroms häu-fig vorkämen und stellten damit keinerlei Hinweiszeichen für eine posttraumatische Ver-änderung dar. Auch die Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. M., es liege eine posttraumatische Synovialitis vor, sei eher fragwürdig. Bei der feingeweblichen Untersuchung seien keine spezifischen Entzündungszeichen festgestellt worden. Auch im Rahmen eines klinisch ma-nifesten Impingementsyndroms könne eine geringe Reizung im Bereich des Schulter-hauptgelenkes entstanden sein. Das Ereignis vom 06.10.1998 habe lediglich zu einer leich-ten Zerrung im Bereich des linken Schultergelenks geführt. Es sei davon auszugehen, dass die nachgewiesenen degenerativen Veränderungen erstmals Anfang November 1998 kli-nisch in Erscheinung getreten seien, wodurch die gesamte Beschwerdesymptomatik allein erklärt werden könne.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 03.05.2000 Leistungen wegen der Beschwerden des Klägers im linken Schultergelenk ab 03.11.1998 ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2000 zurück.
Sein Begehren hat der Kläger mit der am 01.12.2000 zum Sozialgericht Leipzig (SG) er-hobenen Klage weiter verfolgt. Er habe als Vorarbeiter nach dem Unfallereignis lediglich noch organisatorische und körperlich leichte Arbeiten ausgeführt. Die zuvor ebenfalls aus-geübten schweren körperlichen Arbeiten habe er hiernach nicht mehr verrichtet. Da sich die Schmerzen und Beschwerden im linken Schultergelenk kontinuierlich verstärkt hätten, habe er am 03.11.1998 den Durchgangsarzt aufgesucht. Vor dem Unfallereignis hätten keinerlei Schultergelenksbeschwerden bestanden.
Im Erörterungstermin vom 28.07.2003 hat sich der Kläger eingelassen, am Unfalltag habe er beim Anwerfen einer Verdichterplatte einen Schlag auf den linken Arm bekommen. Er habe sofort Schmerzen verspürt, die nicht nachgelassen hätten. Der Unfall habe sich am Nachmittag kurz vor dem Feierabend ereignet. Er habe an diesem Tag noch einige Arbei-ten erledigt, die keine Belastung des linken Arms erfordert hätten. Er sei nach Hause ge-gangen und habe den Arm mit Voltaren eingerieben. Außerdem habe er eine Schmerztab-lette genommen. Am nächsten Morgen seien die Schmerzen nicht mehr ganz so extrem gewesen. In den folgenden Wochen habe er den linken Arm nur noch eingeschränkt benut-zen können. Er könne sich heute nicht mehr erklären, warum er nicht sofort zum Arzt ge-gangen sei. Er habe gedacht, die Beschwerden würden von selbst wieder verschwinden.
Der Zeuge D. M. hat ausgesagt, in der Zeit zwischen Anfang Oktober 1998 und Anfang November 1998 habe er zeitweise mit dem Kläger zusammengearbeitet. Dieser sei in der Zeit offenbar nicht mehr im Stande gewesen, alle körperlich schweren Arbeiten durchzu-führen und er habe deshalb überwiegend organisatorische Angelegenheiten erledigt. Er habe mit dem linken Arm nicht mehr richtig zupacken können. Zudem habe er ständig über Schmerzen geklagt und habe immer wieder Pausen machen müssen. Er und seine Kollegen hätten den Kläger öfters angehalten, einen Arzt aufzusuchen.
Der Zeuge W. Z. hat geäußert, der Kläger habe Anfang Oktober 1998 einen Unfall erlitten. Dabei habe er sich an der linken Schulter verletzt. Bei dem Unfall sei er, der Zeuge, nicht anwesend gewesen. In den Wochen danach habe der Kläger keine schweren körperlichen Arbeiten ausgeführt, weil er Beschwerden im linken Arm verspürt habe.
Auf Veranlassung des SG hat der Chirurg MR Doz. Dr. M. am 01.06.2004 ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers erstattet. Knöcherne Folgen des Traumas vom 06.10.1998 lägen nicht vor. Bei den im Rahmen der Arthroskopie festgestellten Gesundheitsstörungen, einer kleinen Hill-Sachs-Läsion, eines Labrumabrisses, einer diskreten Entzündung der Gelenkinnenhaut, eines Impingementsyndroms und einer Arthrose des Schultereckgelenks mit Exophyten, handle es sich um unfallunabhängige Schadensanlagen. Eine behandlungs-bedürftige Vorerkrankung habe, trotz der durchgemachten Schulterluxation vom 28.10.1996, nicht vorgelegen, weil der Kläger nachfolgend ohne regelmäßige Behandlun-gen wegen Schulterbeschwerden seiner Tätigkeit wettbewerbsfähig nachgehen konnte. Die unfallunabhängigen Schadensanlagen hätten zum Unfallzeitpunkt einen überragenden Ausprägungsgrad gehabt. Durch die Exophyten sei das Impingementsyndrom verursacht worden. Ein Abriss des Labrum glenoidale entstehe ausschließlich im Rahmen einer Schul-terluxation, wie sie der Kläger 1996 erlitten habe. Begleitend zu dieser Schulterluxation habe sich eine so genannte Hill-Sachs-Läsion am Oberarm eingestellt. Es handelte sich um eine Eindellung des Oberarmkopfes, die ebenfalls ausschließlich durch eine Schulterluxa-tion oder einen Sturz auf die Schulter hervorgerufen werde. Die Synovialitis sei Ausdruck eines chronischen Reizzustandes bei durch Labrumläsion bedingter Instabilität des Schul-tergelenks und schwerstem degenerativen Umbau des Schultereckgelenks. Im Zusammen-wirken der überragenden Schadensanlagen am linken Schultergelenk komme es zu einem schmerzhaften Engesyndrom des Schultergelenks mit deutlicher Einschränkung der Be-weglichkeit. Es sei medizinisch auszuschließen, dass die vorgenannten Veränderungen im Rahmen des Ereignisses vom 06.10.1998 entstanden seien, da die hochgradige Degenerati-on des Schultereckgelenks bereits auf den Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1996 nach-zuweisen sei und die übrigen Veränderungen ausschließliche Folgen der Schulterluxation vom 28.10.1996 seien.
Nach Rückgabe des Gutachtens durch das SG an den Sachverständigen "zur Überarbei-tung" hat der Sachverständige dem SG am 22.11.2004 das überarbeitete Gutachten über-sandt. Die schmerzhafte posttraumatische Einsteifung des linken Schultergelenkes sei Fol-ge des Unfallereignisses vom 06.10.1998, weil die nachgewiesenen Schadensanlagen zwar das alterstypische Ausmaß überschritten hätten, aber – nach nochmaliger Prüfung – nicht als überragend einzustufen seien, der Kläger nach der Schulterluxation im Jahre 1996 kei-ne Schulterbeschwerden gehabt habe und seine Tätigkeit wettbewerbsfähig habe ausüben können. Sowohl das Unfallereignis vom 06.10.1998 als auch die Schadensanlage seien wesentliche Ursachen für die schmerzhafte Schultereinsteifung. Bei einem bis zum Unfall-ereignis vom 06.10.1998 beschwerdefreien linken Schultergelenk könne das Unfallereig-nis nicht als bedeutungslos für die seither bestehende Einsteifung angesehen werden.
Das SG hat mit Urteil vom 17.03.2005 den Bescheid der Beklagten vom 03.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 aufgehoben und die Beklagte verur-teilt, den Unfall vom 06.10.1998 als Arbeitsunfall und eine Einschränkung der Beweglich-keit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Impingementsyndrom und eine Arth-rose sowie eine Gelenkhautentzündung, als Folge hieraus anzuerkennen und zu entschädi-gen, insbesondere dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 28.01.2004 zu gewähren. Es hat sich auf die Aussagen der vernommenen Zeugen und die überarbeitete Fassung des Gutachtens von MR Doz. Dr. M. gestützt.
Gegen das der Beklagten am 11.08.2005 übersandte Urteil hat sie am 19.08.2005 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Nach dem Gutachten von MR Doz. Dr. M. vom 01.06.2004 (erste Fassung) seien alle vorhandenen Gesundheitsstörungen auf un-fallunabhängige Schadensanlagen zurückzuführen. Es habe kein Befund erhoben werden können, der auf das Ereignis vom 06.10.1998 zurückzuführen sei. Da ein posttraumatischer Gesundheitsschaden fehle, liege bereits kein Arbeitsunfall vor.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 05.01.2006 unter vorläufiger Ausführung des Urteils des SG wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.10.1998 ab 07.03.2005 eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. gewährt.
Auf Veranlassung des Senats hat der Chirurg Priv.-Doz. Dr. P. am 29.06.2006 ein Gutach-ten nach Untersuchung des Klägers gefertigt. Beim Unfallereignis vom 06.10.1998 sei es nach den Angaben des Klägers zu einer indirekt fortgeleiteten Gewalteinwirkung im Sinne einer Stauchung/Distorsion auf das linke Schultergelenk gekommen, als die vom Kläger mit den Händen gehaltene, aufgezogene Kurbel der Verdichterplatte zurückgeschlagen sei. Klinisch seien seit dem ersten Arztbesuch am 03.11.1998 schmerzhafte Bewegungsein-schränkungen des linken Schultergelenks dokumentiert. Es erscheine wenig wahrschein-lich, dass die objektiv nachgewiesenen Folgen der Schulterluxation von 1996 nach zwei Jahren anlässlich eines weiteren Traumas akut zu einer Funktionseinschränkung des Schul-tergelenks Anlass gegeben hätten. Dies wäre nur in Betracht gekommen, wenn es bei der Schulterluxation zu einer durchaus häufig vorkommenden Begleitverletzung im Bereich der Rotatorenmanschette und beim Unfall 1998 zu einer Verschlimmerung dieser Ruptur bzw. dieses Defektes gekommen wäre. Obwohl nach dem Unfall von 1998 anfangs mehr-fach eine Teilruptur der Supraspinatussehne vermutet wurde, sei eine solche Verletzung weder im Rahmen der Arthroskopie vom 16.12.1998 noch durch das MRT vom 18.06.1999 objektiv nachgewiesen worden. Es sei jedoch nicht hinreichend wahrschein-lich, dass eine degenerative Entwicklung als alleinige wesentliche Ursache für die Funkti-onseinschränkung angesehen werden könne. Nachgewiesen sei lediglich eine Schultereck-gelenksarthrose mäßigen Grades, die zu einer Auffaserung der Supraspinatussehne mit nachfolgendem Defekt bzw. Ruptur und damit zum subacromialen Engpasssyndrom mit Höhertreten des Oberarmkopfes führen könne. Dieses Höhertreten sei an einen Supraspina-tussehnendefekt gebunden. Im vorliegenden Fall sprächen die arthrotischen Veränderun-gen am Schultereckgelenk in Verbindung mit dem geringgradigen Oberarmkopfhochstand für ein Impingementsyndrom I. Grades, der wichtigste Befund hierfür, nämlich die Schädi-gung der Supraspinatussehne, fehle jedoch, so dass sich die nach dem Unfall 1998 aufge-tretene Funktionseinschränkung des Schultergelenks nicht hinreichend mit der zweifellos vorliegenden degenerativen Schadensanlage erklären lasse. Nach dem Unfallereignis vom 06.10.1998 sei es zu der noch jetzt fortbestehenden Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks gekommen. Auch wenn der erste Arztbesuch und somit der erste objektiv verwertbare Befund erst vier Wochen nach dem Unfall dokumentiert sei, könne zumindest an einem engen zeitlichen Zusammenhang mit diesem auch aufgrund der Zeugenaussagen kein ernsthafter Zweifel bestehen. Es lasse sich jedoch eine strukturelle Verletzungsfolge nicht objektivieren. Die im Rahmen der Arthroskopie festgestellte diskrete Synovialitis sei als Ausdruck eines unspezifischen Reizzustandes sowohl auf die Luxationsfolgen des Un-falls aus dem Jahre 1996 als auch auf die erlittene Stauchung/Distorsion am 06.10.1998 zurückzuführen, ohne dass dieser geringfügige Befund jedoch den eingetretenen erhebli-chen Funktionsverlust hinreichend erkläre. Obwohl direkte strukturelle Schädigungsfolgen nicht objektivierbar seien, sprächen Gewalteinwirkung und der zeitliche Ablauf der schmerzhaften Teilversteifung des Schultergelenks dafür, dass der Unfall ursächlich nicht unwesentlich an der Entstehung der bestehenden Gesundheitsstörung mitgewirkt habe. Schadensanlagen und Unfalleinwirkung seien als nahezu gleichwertige Ursachen für die Funktionseinbuße anzusehen. Es könne nicht wahrscheinlich gemacht werden, dass die verhältnismäßig gering ausgebildeten Schadensanlagen so stark im Vordergrund gestanden hätten, dass die Bedeutung des Unfalls praktisch nicht ins Gewicht gefallen sei. Am 17.08.2006 und 24.09.2006 hat Priv.-Doz. Dr. P. ergänzend Stellung genommen.
Die Beklagte ist der Auffassung, ein Primärschaden sei auch nach dem Gutachten von Priv.-Doz. Dr. P. nicht nachgewiesen. Ein solcher sei jedoch unabdingbare Voraussetzung, um einen Unfall bejahen zu können.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2006 – entgegen ihren Aus-führungen eingangs des Berufungsverfahrens – im Wege des Teilanerkenntnisses aner-kannt, dass das Unfallereignis vom 06.10.1998 einen Arbeitsunfall darstellt. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen. Die Anerkennung der Schultersteife als Folge des Arbeitsunfalls vom 28.10.1996 wurde abgelehnt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17.03.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17.03.2005 wie folgt zu fassen: Der Be-scheid der Beklagten vom 03.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass über das Teilaner-kenntnis vom 23.11.2006 hinaus das Unfallereignis vom 06.10.1998 eine Ein-schränkung der Beweglichkeit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Im-pingementsyndrom, eine Arthrose sowie eine Gelenkhautentzündung zur Folge hat-te.
Der Kläger stützt sich auf das von Priv.-Doz. Dr. P. erstattete Gutachten.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 17.03.2005 den Bescheid der Beklagten vom 03.05.2000 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 31.10.2000 aufgehoben. Soweit das SG jedoch festgestellt hat, eine Einschränkung der Beweglichkeit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Impingementsyndrom und eine Arthrose sowie eine Gelenkhautentzündung sei Folge des Arbeitsunfalls, war das Urteil abzuändern. Es war lediglich festzustellen, dass die schmerzhafte Einsteifung des linken Schultergelenks Folge des Arbeitsunfalls vom 06.10.1998 ist. Soweit das SG die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. verurteilt hat, war das Urteil aufzuheben. Die Gewährung einer Verletztenrente war nach den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen nicht Streitge-genstand des Verfahrens.
I.
Soweit der Kläger eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erhoben hat, war die Klage zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R) ist das klägerische, auf Feststellung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen gerichtete Begehren als Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG auszulegen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen darstellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzelne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).
II. 1. Das Ereignis vom 06.10.1998 stellt – wie von der Beklagten in der mündlichen Verhand-lung vom 23.11.2006 anerkannt – einen Arbeitsunfall dar. Auf das Geschehen ist das SGB VII anzuwenden, weil es sich nach dem 01.01.1997 ereignete (§ 212 SGB VII).
2. Das Ereignis vom 06.10.1998 hat zu einem Gesundheitsschaden in Form einer mittelgradi-gen schmerzhaften Bewegungseinschränkung/Einsteifung des linken Schultergelenks (vgl. zum Begriff: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Auflage, S. 144) geführt. Als Gelenksteife bezeichnet man eine eingeschränkte oder auf-gehobene physiologische Bewegungsfähigkeit eines Gelenks oder einer Gelenkkette, die zeitlich begrenzt oder dauerhaft ist (Dürr, BG-UMed 52, S. 17, 19). Dass diese Gesund-heitsstörung vorliegt, steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der übereinstimmenden Feststellungen im Durchgangsarztbericht von Dr. H. und den Gutachten von PD Dr. M. und Dr. H., MR Doz. Dr. M. (überarbeitete Fassung des Gutachtens, eingegangen beim SG am 22.11.2004) und Priv.-Doz. Dr. P. fest.
Dieser Gesundheitsschaden ist seit 03.11.1998 durchgängig ärztlich dokumentiert. Der Durchgangsarzt Dr. H. hat an diesem Tag eine schmerzhafte Einschränkung der passiven und aktiven Beweglichkeit des linken Schultergelenks festgestellt. Das aktive Erheben des linken Armes gelang nur bis unterhalb der Horizontale. Die Ante- und Retroflexion war nach den Ausführungen des Durchgangsarztes "gerade möglich".
Am 11.05.1999 haben Chefarzt Priv.-Doz. Dr. M. und Assistenzarzt P. eine Anteversi-on/Retroversion von 100/0/50, eine Innenrotation/Außenrotation von 40/0/40 und eine Ab-duktion von 60° erhoben.
Am 30.09.1999 wurde eine Beweglichkeit des linken Arms seitwärts/körperwärts von 120/0/40 (rechts 140/0/40), rückwärts/vorwärts von 20/0/130 (rechts 50/0/160) und aus-wärts/einwärts von 60/0/20 (rechts 70/0/30) erhoben.
MR Doz. Dr. M. hat im Jahre 2001 festgestellt, am linken Schultergelenk betrage die Ab-spreizbeweglichkeit vorwärts und seitwärts 90°. Die Außenrotation sei am seitlich angeleg-ten Oberarm bei 25° limitiert.
Priv.-Doz. Dr. P. hat am 26.06.2006 eine Abduktion/Adduktion des linken Schultergelenks von 80/0/30 (passiv 90/0/30; rechts 180/0/50), eine Elevation/Retroversion von 150/0/40 (rechts 180/0/50) und eine Außenrotation/Innenrotation von 40/0/60 (rechts 40/0/80) fest-gestellt.
3. Der Senat geht davon aus, dass die mittelgradige schmerzhafte Bewegungseinschrän-kung/Einsteifung des linken Schultergelenks wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 06.10.1998 verursacht wurde. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der schlüs-sigen und nachvollziehbaren Gutachten von Priv.-Doz. Dr. P. und MR Doz. Dr. M. (über-arbeitete Fassung des Gutachtens) sowie der hiermit übereinstimmenden Einschätzung des Durchgangsarztes Dr. H. fest.
a) Grundvoraussetzung dafür, dass ein Gesundheitsschaden als Folge eines Arbeitsunfalls anerkannt werden kann, ist, dass das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der vorliegende Gesundheitsschaden entfiele (Kausalität im naturwissenschaft-lich-philosophischen Sinne). Dabei ist der Ursachenzusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Gesundheitsschaden nach ständiger Rechtsprechung des BSG bereits dann zu bejahen, wenn er hinreichend wahrscheinlich ist (BSGE 45, 285). Hinreichende Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 32, 203, 209).
Im Rahmen des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Ge-sundheitsschaden geht es um die Zuordnung des Schadens zum Unfallereignis. Schwierig-keiten entstehen dann, wenn das Unfallereignis den Gesundheitsschaden nicht allein und deshalb als einzige Bedingung im naturwissenschaftlichen Sinne hervorgerufen hat. Da der gesetzlichen Unfallversicherung eine teilbare Kausalität fremd ist, insofern gilt das Alles-oder-Nichts-Prinzip, ist die Kausalität für den gesamten bestehenden Schaden einheitlich zu beurteilen. Folge davon ist, dass der Schaden entweder durch ein versichertes Ereignis wesentlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung verursacht sein kann oder auch nicht.
Ein Gesundheitsschaden ist nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten, wenn die beruflichen Umstände in rechtlich wesentlicher Weise bei der Entstehung des Körper-schadens mitgewirkt haben. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen des Gesundheitsschadens beigetragen, so sind sie nebeneinander (Mit-)Ursachen im Rechts-sinne, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist hierbei nicht identisch mit den Beschrei-bungen "überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annä-hernd gleichwertige, sondern verhältnismäßig niedriger zu bewertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist nur dann unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine rein naturwissenschaftlich betrachtet nicht gleichwertige Ursache rechtlich als wesent-lich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg eintreten konnte. Letztere Ursache hat dann im Verhältnis zu der erste-ren keine überragende Bedeutung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversiche-rung, Stand: 6/2004, Rn. 8.2.3 zu § 8 SGB VII).
Im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung ist jeder Versicherte grundsätzlich in dem Gesundheitszustand geschützt, in dem er sich bei Aufnahme der Tä-tigkeit befindet, auch wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Insoweit eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutio-nell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen (vgl. zu alledem Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 78 ff.).
Dementsprechend darf nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 02.02.1999, Az.: B 2 U 6/98 R) eine Schadensanlage bzw. ein Vorschaden als recht-lich allein wesentliche Bedingung nur dann gewertet werden, wenn sie bzw. er so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbil-des an sich keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der ver-sicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern wenn der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (BSG, Urteil vom 08.03.1990, HV-Info 8/1990, S. 638 ff.).
Um diese wertende Gegenüberstellung vornehmen zu können, müssen die konkurrierenden Ursachen zunächst sicher feststehen. Ebenso wie die betriebsbedingte Ursache müssen auch die körpereigenen Ursachen erwiesen sein. Kann eine Ursache nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ur-sache im naturwissenschaftlichen-philosophischen Sinne in Betracht zu ziehen ist (BSG, Urteil vom 08.03.1990, a.a.O.).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfall und Erkrankung vorliegen müssen, unter Zuhilfenahme medizinischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeit-punkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, der u.a. aus den unfallmedizinischen Standardwerken (z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage) zu entnehmen ist, zu beantworten.
b) Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich Folgendes:
aa) Beim Kläger bestand zum Unfallzeitpunkt bereits eine das Altersmaß übersteigende Scha-densanlage des linken Schultergelenks. Priv.-Doz. Dr. P. und MR Doz. Dr. M. haben auf der Grundlage des Athroskopiebefundes vom 16.12.1998 übereinstimmend festgestellt, dass eine Arthrose des Schultereckgelenks mäßigen Grades mit geringgradigem Oberarm-kopfhochstand, eine Ablösung des Labrum glenoidale und eine Hill-Sachs-Delle am Ober-armkopf bereits vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 bestanden. Die Schultereckge-lenksarthrose war – nach den übereinstimmenden Feststellungen von Priv.-Doz. Dr. P. und MR Doz. Dr. M. – bereits auf der Röntgenaufnahme vom 28.10.1996 nachweisbar.
bb) Die Schadensanlage hat allerdings vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 seit dem 01.01.1997 nicht zu dokumentierten Beschwerden geführt. Arbeitsunfähigkeit wegen Schulterproblemen bestand – ausweislich der Stellungnahme der AOK Sachsen vom 26.09.2006 – im Zeitraum vom 01.01.1997 bis zum 06.10.1998 nicht. Der Kläger konnte seine schwere körperliche Arbeit als Kanalbauer/Maurer – wie schon in der Einschätzung von Dr. H. vom 20.11.1998 dokumentiert – ohne Einschränkungen ausführen.
cc) Nach der für den Senat nachvollziehbaren übereinstimmenden Auffassung von PD Dr. P. und MR Doz. Dr. M. in der überarbeiteten Fassung seines Gutachtens erklärt die Scha-densanlage die Schultersteife allein nicht. Ein Impingementsyndrom, das eine Schultersteife ebenfalls verursachen kann, setzt – wor-auf PD Dr. P. in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat (vgl. ebenso Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 601) – eine Ver-letzung der Rotatorenmanschette bzw. der Bizepssehne voraus. Beides ist jedoch im Falle des Klägers insbesondere aufgrund der übereinstimmenden Ergebnisse der Arthroskopie und der MRT-Untersuchung ausgeschlossen worden. Zudem zeigten die MRT-Aufnahmen vom 18.06.1999 nur eine geringe Einengung des Subakromialraumes.
Auch für weitere in der Literatur ausgeführte Varianten einer anlagebedingten Schulterstei-fe, z.B. Kalkschulter (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S.601), bestehen vorliegend nicht die geringsten Anhaltspunkte. Eine Verkalkung der Rotatorenmanschette wurde in keiner der durchgeführten Untersuchungen (Arthroskopie, MRT-Untersuchung, Sonogra-fie) festgestellt.
dd) Nach der auf die Gutachten von PD Dr. P. und MR Doz. Dr. M. (in seiner überarbeiteten Fassung) sowie die Einschätzung von Dr. H. vom 20.11.1998 und die Literatur gestützten Auffassung des Senats kann das Unfallereignis vom 06.10.1998 nicht hinweggedacht wer-den, ohne dass der Erfolg (hier: die schmerzhafte mittelgradige Bewegungseinschrän-kung/Einsteifung des linken Schultergelenks) entfiele. Es hat – neben der Schadensanlage – die Schultersteife auch wesentlich verursacht.
In der Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S.602 f., gestützt auf Dürr, BG-UMed 52 (1983), S. 17 ff.) ist anerkannt, dass eine Schultersteife einen Gesundheitsscha-den i.S.d. Unfalldefinition des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII darstellt. Zur Verursachung der Schultersteife ist ausgeführt, sie kann – neben der Verursachung durch Schädigung der Rotatorenmanschette bzw. Bizepssehne (Impingementsyndrom), Kalkeinlagerungen (Kalkschulter) oder Frakturen – Folge schwerer Weichteilverletzungen (etwa in Form von Quetschungen, Zerrungen und Prellungen) der Schulter sein. Erforderlich für die Annahme eines Kausalzusammenhangs ist der Nachweis einer erheblichen direkten oder indirekten Einwirkung auf die Schulter (nachgewiesen durch eine Schwellung, einen Bluterguss im Gelenk und "eine sofortige schmerzhafte Funktionsbehinderung in zeitlichem Zusammen-hang" mit dem Unfall). Oft – jedoch nicht immer – sind Verletzungszeichen an der Stelle des stärksten Schmerzes vorhanden. Eine vorbestehende Bewegungseinschränkung infolge eigenständiger Schultererkrankung ist auszuschließen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.).
aaa) Der Kläger hat am 06.10.1998 – wie sich für den Senat überzeugend aus seinen überein-stimmenden glaubhaften Aussagen vor dem Senat und dem SG ergibt – eine indirekte Ge-walteinwirkung auf das linke Schultergelenk in Form einer Stauchung/Distorsion erlitten. Die Kurbel ließ sich nach dem Ankurbeln der Verdichterplatte nicht – wie üblich – leicht aus dieser herausziehen, sondern schlug – für den Kläger überraschend – in die Gegenrich-tung zurück, während der Kläger die Kurbel mit seiner linken Hand festhielt. Diese indi-rekte Gewalteinwirkung übertrug sich über den linken ausgestreckten Arm des Klägers auf sein linkes Schultergelenk und wurde erst durch dieses abgebremst bzw. abgefangen, wo-durch das Gelenk – wie PD Dr. P. für den Senat nachvollziehbar ausgeführt hat – nach hinten innen gestoßen und dabei gestaucht wurde.
bbb) Diese Gewalteinwirkung war auch erheblich. Für den Senat ist nachvollziehbar, dass sich der Aufzugsmechanismus des Motors der Verdichterplatte nach dem "Aufziehen" in einem erheblichen Spannungszustand befand, der sich im Moment des Rückschlags "entladen" hat. Beim Kläger ist nach dem Unfallereignis – wie im Durchgangsarztbericht ausgeführt – eine leichte Schwellung ("leicht betonte Kontur des linken Oberarm-Schultergelenks", die auch um Gutachten von PD Dr. M. und Dr. H. vom 13.07.1999 noch beschrieben ist) und eine schmerzhafte Funktionsbehinderung der linken Schulter festgestellt worden.
ccc) Ein Bluterguss im Gelenk ist – ebenso wie die Schwellung (die hier jedoch vorliegt) – nach Auffassung des Senats zwar ein für den Kausalzusammenhang sprechendes Indiz, jedoch im Falle seines Nichtvorliegens kein Ausschlusskriterium. Zwar ist vorliegend ein Bluter-guss im Gelenk nicht erhoben worden. Allerdings hat der Kläger auch erst ca. vier Wochen nach dem Unfallereignis einen Arzt aufgesucht, sodass nicht auszuschließen ist, dass er sich bis zu diesem Zeitpunkt schon wieder zurückgebildet hat. Zum anderen ist dem Senat bezüglich anderer Unfallschäden bekannt, dass sich ein Gelenkerguss selten in 100 Prozent aller vergleichbaren Schäden herausbildet. So geht beispielsweise ein unfallbedingter Me-niskusriss häufig, nicht jedoch stets mit einem Gelenkerguss einher (er tritt lediglich in 24 bis 50 Prozent aller diesbezüglichen Fälle auf; vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 700).
Zudem können die in den medizinischen Standardwerken angegebenen sogenannten ge-eigneten Unfallhergänge nicht wie Tatbestandsvoraussetzungen einer Rechtsnorm geprüft werden. Vielmehr ist in den Standardwerken angegeben, welche Voraussetzungen in der Regel vorliegen müssen, um einen Kausalzusammenhang zwischen einer bestimmten Ein-wirkung und einer Gesundheitsstörung bejahen zu können. Nicht selten wird bei dieser Darstellung allerdings vom gesunden, nicht vorgeschädigten Versicherten ausgegangen. Die Streitfälle im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung betreffen aber in der Regel Unfälle, die degenerativ vorgeschädigte Versicherte erleiden. Zum anderen ist, wenn alle in dem Standardwerk genannten Voraussetzungen vorliegen und keine anderen wesentli-chen Ursachen vorhanden sind, die Kausalität nicht nur mit der erforderlichen hinreichen-den Wahrscheinlichkeit, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu beja-hen.
Zudem ist nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung nicht wie nach der im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie dar-auf abzustellen, "ob eine Bedingung im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigen-artigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Erfolges geeignet ist. Die Theorie der wesentlichen Bedingung stellt vielmehr darauf ab, ob eine Bedingung im Einzelfall wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat. Die Kausalitätsbetrachtung des Zivilrechts ist damit eine abstrahierende und generali-sierende, die der gesetzlichen Unfallversicherung eine individualisierende und konkretisie-rende. Sie ist darauf angelegt, die besonderen Umstände des Einzelfalls und der Einzelper-sönlichkeit zu erfassen und zu bewerten, während die Adäquanztheorie die Bedingungen danach beurteilt, ob sie erfahrungsgemäß unter gleichen Umständen bei anderen Personen den gleichen Erfolg herbeigeführt haben" (BSG, Urteil vom 28.06.1988, Az.: 2/9b RU 28/97 m.w.N.; vgl. auch Schulin Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, 1996, S. 564).
Die in den Standardwerken genannten "geeigneten Unfallhergänge" sind daher im Rahmen einer vorzunehmenden individuellen Gesamtbewertung der Kausalität und unter Berück-sichtigung des hierfür geltenden Beweismaßstabes der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen. Vorliegend schließt der fehlende Nachweis eines Gelenkergusses die Kausaltität nicht aus.
ddd) Nach dem o.g. Standardwerk sind Verletzungszeichen an der Stelle des stärksten Schmer-zes lediglich oft – und folglich nicht immer – vorhanden. Ihre Voraussetzung ist also keine zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Kausalzusammenhangs.
eee) Vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 bestand keine (dokumentierte) Bewegungsein-schränkung der linken Schulter. Der Kläger war – nach seiner glaubhaften Einlassung und der damit übereinstimmenden Einschätzung von Dr. H. vom 20.11.1998 – in der Lage, seine schwere körperliche Tätigkeit als Kanalbauer/Maurer beschwerdefrei und komplika-tionslos bis zum Unfallereignis vom 06.10.1998 auszuführen.
fff) Dass der Kläger nach dem Unfallhergang keine schwere körperliche Tätigkeit mehr, son-dern im wesentlichen nur noch organisatorische Arbeiten eines Vorarbeiters verrichtet und seit dem Unfallereignis über Beschwerden in der linken Schulter geklagt hat, die seine Kollegen veranlasst haben, ihn aufzufordern, zum Arzt zu gehen, steht zur Überzeugung des Senats auch aufgrund der mit den Angaben des Klägers übereinstimmenden Aussagen der Zeugen M. und Z. fest.
ggg) Seit dem Unfallereignis vom 06.10.1998 besteht – wie oben bereits ausgeführt – die schmerzhafte Funktionseinschränkung der linken Schulter/Schultersteife. In deren Folge ist es – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft angab – zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gekommen, weil der Kläger dauerhaft nicht mehr in der Lage war, die schwere körperliche Arbeit auf dem Bau zu verrichten.
dd) Da für den Nachweis des Kausalzusammenhangs (sowohl bezüglich der Kausalität im na-turwissenschaftlich-philosophischen Sinne als auch nach der Theorie der wesentlichen Bedingung) der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit anzulegen ist und vorliegend nach Überzeugung des Senats mehr Argumente für als gegen einen Zusammen-hang sprechen, insbesondere die zweifelsfrei vorhandene Schadensanlage, die vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 nicht zu Beschwerden oder Funktionseinschränkungen geführt hat, nach der übereinstimmenden Auffassung von PD Dr. P., MR Doz. Dr. M. (ü-berarbeitete Fassung seines Gutachtens) und Dr. H. die erst nach erheblicher indirekter Gewalteinwirkung eingetretene schmerzhafte Bewegungseinschränkung allein nicht er-klärt, die genannte Funktionsstörung vielmehr unmittelbar nach dem Unfallereignis vom 06.10.1998 eintrat, und in der Folge zur Aufgabe der bis zum Unfallereignis beschwerde-frei und komplikationslos ausgeübten schweren körperlichen Tätigkeit führte, ist die Kau-salität vorliegend trotz Nichtvorliegens eines Gelenkergusses zu bejahen. Gerade und nur durch das Hinzutreten des Unfallereignisses vom 06.10.1998 zu der anderen wesentlichen Ursache in Form der Schadensanlage konnte der Erfolg in Form der Schultersteife eintre-ten.
4. Der ersten Fassung des Gutachtens von MR Doz. Dr. M. vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil er seine hierin vorgenommenen Wertungen nach eigener kritischer Überprüfung nicht aufrechterhalten, sondern abgeändert hat.
Dem von Prof. Dr. E. und Dr. W. gefertigten Gutachten folgt der Senat nicht. Zwar ist ih-nen darin zuzustimmen, dass die erhebliche Funktionseinschränkung der linken Schulter nicht auf die vorhandenen Schadensanlagen zurückzuführen ist. Sie setzen sich allerdings nicht mit der in der Literatur genannten Möglichkeit der Verursachung einer Schultersteife durch eine Weichteilverletzung auseinander. Zudem gehen sie von den unrichtigen Vor-aussetzungen aus, dass der Kläger seine schwere körperliche Arbeit bis zum 03.11.1999 ohne erkennbare Einschränkungen ausgeführt habe und erste klinische Symptome der Schultersteife erst Anfang November 1999 aufgetreten seien.
5. Nach alledem war das Urteil des SG abzuändern. Da der Kläger nicht nur – lediglich (wie vom Senat empfohlen) – beantragt hat, festzustellen, dass das Unfallereignis eine Bewe-gungseinschränkung des linken Schultergelenks zur Folge hat, sondern den Antrag gestellt hat, festzustellen, dass das Unfallereignis vom 06.10.1998 eine Einschränkung der Beweg-lichkeit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Impingementsyndrom, eine Arth-rose sowie eine Gelenkentzündung zur Folge hatte, war die Berufung teilweise zurückzu-weisen. Gestützt auf die Gutachten von MR. Doz. Dr. M., PD Dr. P. und Prof. Dr. E. und Dr. W. ist der Senat davon überzeugt, dass die als Ursache genannten Erkrankungen – so-fern sie überhaupt vorliegen (vgl. Ausführungen oben) – bereits vor dem Unfall vom 06.10.1998 bestanden.
III.
Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG – wie von der Beklagten schriftsätz-lich beantragt – ist nicht veranlasst, da es sich bei § 159 Abs. 1 SGG um eine Kann-Bestimmung handelt und das LSG als Tatsachengericht den Verfahrensfehler der I. In-stanz, Nichtübersendung des Gutachtens von MR Doz. Dr. M. vom 01.06.2004 (erste Fas-sung), im Berufungsverfahren geheilt hat. Dem LSG steht es folglich frei, selbst in der Sache zu entscheiden oder den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Angesichts der Tatsache, dass der Rechtsstreit entscheidungsreif ist und eine Zurückverweisung zu einer Verfahrensverzögerung führen würde, ist eine Entscheidung in der Sache veranlasst.
IV.
Die Rechtswirkungen des Beschlusses des Vorsitzenden vom 13.09.2005 entfallen spätes-tens mit Rechtskraft des Urteils (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, Rn 8c zu § 199).
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Re-vision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Die Beklagte trägt ½ der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.10.1998.
Der 1947 geborene Kläger ist von Beruf Maurer. Er stürzte bereits am 28.10.1996 bei versicherter Beschäftigung, nämlich dem Verlegen von Rohren, beim Rückwärtsgehen in eine Grube und zog sich eine Oberarm-Schulter-Luxation links zu. Ausweislich des Erkran-kungsverzeichnisses der AOK Sachsen bestand bis zum 31.12.1996 Arbeitsunfähigkeit. Danach ging der Kläger seiner Beschäftigung als Maurer/Kanalarbeiter ohne weitere Ar-beitsunfähigkeitszeichen nach.
Im Rahmen seiner Beschäftigung beabsichtigte er am 06.10.1998, eine Verdichterplatte in Betrieb zu nehmen. Zu diesem Zweck war es erforderlich, den Motor mittels einer Kurbel zum Laufen zu bringen. Nach der Einlassung des Klägers erfolgte während des Ankur-belns, das er mit der linken Hand – er ist Linkshänder – ausführte, ein Rückschlag auf den linken Arm. Es seien sodann Schmerzen und Funktionseinschränkungen in der linken Schulter aufgetreten.
Nachdem sich die Beschwerden verschlimmert hatten, suchte der Kläger am 03.11.1998 den Durchgangsarzt Dr. H. auf, der eine leicht betonte Kontur des linken Oberarm-Schultergelenks, eine Einschränkung der passiven und aktiven Beweglichkeit sowie Schmerzen des linken Schultergelenks feststellte. Die Röntgenuntersuchung erbrachte kei-nen Anhalt für Frakturen oder eine Luxation. Es sei jedoch eine geringe Arthrosis defor-mans vorhanden. Die Diagnose lautete Kontusion des linken Schultergelenks.
Am selben Tag stellte sich der Kläger bei dem Orthopäden P. vor, der einen Druckschmerz des linken Schultergelenks, eine Vorneige/Rückführung von 140/0/30, eine Abdukti-on/Adduktion von 160/0/30 und eine Außenrotation/Innenrotation von 70/0/90 erhob. Der Supraspinatusprovokationstest fiel positiv aus. Der Schürzen-Nacken-Griff war nur einge-schränkt ausführbar. Die Diagnose lautete Impingementsyndrom links, Verdacht auf Teil-ruptur der Rotatorenmanschette links und Acromioclavicular-Gelenksarthrose links.
Dr. H. schätzte auf Veranlassung der Beklagten vom 20.11.1998 ein, die Verletzung vom 06.10.1998 sei eigenständig und die geklagten Beschwerden stünden in keinem Zusam-menhang mit der Schulterluxation vom Oktober 1996. Als der Kläger hiernach aus der ärztlichen Behandlung entlassen worden sei, habe eine völlig beschwerdefreie Funktion des linken Oberarm-Schulter-Gelenks bestanden. Er habe schwere Arbeiten komplikations-los bis zum 06.10.1998 ausführen können.
Am 16.12.1998 wurde im Waldkrankenhaus B. D. eine Arthroskopie der linken Schulter durchgeführt. Es zeigte sich eine kleine Hill-Sachs-Läsion bei ansonsten unauffälligem Knorpelbelag. Das Labrum glenoidale war im Bereich von 2.00 Uhr bis 5.00 Uhr abgelöst. Der ventrale Kapselbandapparat erschien etwas ausgedünnt, jedoch nicht wesentlich elon-giert. Die Bizepssehne und die Rotatorenmanschette waren inspektorisch unauffällig. Es bestand eine leichtgradige Synovialitis. An der Bursa subacromialis waren multiple Ver-wachsungen vorhanden. An der Rotatorenmanschette befanden sich keinerlei degenerative Veränderungen. Allerdings fiel ein dorsalseitiger Exophyt auf.
Die histologische Untersuchung des entnommenen Gewebes ergab eine Fibrosierung des Fettbindegewebes mit etwas Fibrineinlagerung. Es bestünden keine spezifischen Entzün-dungszeichen.
Die MRT-Aufnahmen vom 18.06.1999 zeigten einen geringen Hochstand des Oberarm-kopfes, eine Hill-Sachs-Delle und eine Ablösung des vorderen unteren Labrum glenoidale. Der Subacromialraum sei nur gering eingeengt. Eine Ruptur der Rotatorenmanschette liege nicht vor, vielmehr weise diese eine weitgehend normale Struktur auf.
Auf Veranlassung der Beklagten fertigten Chefarzt Priv.-Doz. Dr. M. und Assistenzarzt Dr. H. am 13.07.1999 ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers. Bei starker Belas-tung auftretende Schmerzen der linken Schulter bestünden seit dem Unfall vom 06.10.1998. Die heftige Kontusion am 06.10.1998 habe die vorbestehende Schultererkran-kung nach der Schulterluxation 1996, die eine Instabilität des Gelenks hinterlassen habe, richtungsgebend verschlimmert, so dass eine gegebenenfalls schon vorbestehende Acromi-oclaviculargelenksarthrose aktiviert worden sei. Die Verwachsungen im Bereich der Bursa subacromialis sowie die leichtgradige Synovialitis im Schultergelenk seien als Folgen ei-nes unfallbedingten Reizzustandes anzusehen. Folge des Unfalls vom 06.10.1998 sei eine geringe Abschwächung aller Muskelgruppen des linken Armes im Vergleich zur Gegensei-te. Weiterhin bestehe eine Bewegungseinschränkung des linken Arms in der Seitwärtsfüh-rung endgradig um 30°, in der Vorwärtsführung um 10° und in der Auswärtsdre-hung/Einwärtsdrehung endgradig um jeweils 10°. Zudem bestehe ein Druckschmerz im Bereich des Processus coracoideus.
Am 11.08.1999 haben die Sachverständigen ergänzend Stellung genommen. Der Kläger habe angegeben, einen direkten Schlag des Baumaschinenhebels gegen die Schulter be-kommen zu haben. Das Anpralltrauma am 06.10.1998 sei auf ein bereits vorgeschädigtes Gelenk getroffen und habe zu einer richtunggebenden Verschlimmerung geführt. Die In-stabilität habe ihre Ursache im Unfall aus dem Jahre 1996.
Auf Veranlassung der Beklagten nahm der Arbeitgeber des Klägers, die T. GmbH Bauun-ternehmen, am 27.08.1999 Stellung. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass der Kläger beim Starten der Rüttelplatte mittels Kurbelstart einen direkten Schlag gegen das linke Schulter-gelenk erlitten habe. In Abhängigkeit von der Körperhaltung und der Körpergröße des Mitarbeiters könne aber die Möglichkeit einer Verletzungsgefahr nicht gänzlich ausge-schlossen werden. Unfallzeugen gäbe es nicht.
Für die Beklagte haben Prof. Dr. E. und Oberarzt Dr. W., Klinik für Unfall- und Wieder-herstellungschirurgie des Unfallkrankenhauses B., am 30.10.2000 ein Gutachten nach Ak-tenlage erstellt. Das Unfallereignis vom 28.10.1996 habe keinerlei funktionelle Einschrän-kungen im Bereich der linken Schulter hinterlassen. An morphologischen Veränderungen habe sich eine teilweise Ablösung des vorderen Labrum glenoidale und eine kleine Hill-Sachs-Delle am Oberarm aufgezeigt. Die linke Schulter sei jedoch nach Beendigung der Behandlung wieder voll einsatzfähig gewesen, so dass Begleitverletzungen, wie z. B. eine Rotatorenmanschettenläsion, auszuschließen seien. Das Unfallereignis vom 06.10.1998 werde als indirekte traumatische Einwirkung einer zurückschlagenden Kurbel, die in der linken Hand gehalten wurde und indirekt das linke Schultergelenk verletzt habe, beschrieben. Bei dem geschilderten Unfallmechanismus sei es durchaus denkbar, dass durch die plötzliche Gewalteinwirkung auf die vorgespannte Muskulatur im Bereich der Rotatorenmanschette eine Überbeanspruchung der Muskulatur auftrete und eine Rissbildung entstehe. Im vorliegenden Fall habe eine Verletzung der Ro-tatorenmanschette jedoch ausgeschlossen werden können. Ungewöhnlich sei, dass der Kläger seine recht schwere körperliche Arbeit nach dem Unfallereignis noch über einen Zeitraum von einem Monat ohne erkennbare Einschränkungen ausgeführt habe. Zudem seien in den Berichten vom 03.11.1998 sowie im Bericht über die Schulterarthroskopie erhebliche degenerative Veränderungen im Schultergelenk beschrieben. Posttraumatische Veränderungen seien dagegen in keinem der Berichte aufgeführt. Die im Vorgutachten geäußerte Einschätzung, die Verklebungen im Subacromialbereich seien posttraumatischer Genese, seien rein spekulativer Natur. Solche Verklebungen fänden sich sehr häufig nach chronischen Bursa-Veränderungen, wie sie im Rahmen eines Impingementsyndroms häu-fig vorkämen und stellten damit keinerlei Hinweiszeichen für eine posttraumatische Ver-änderung dar. Auch die Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. M., es liege eine posttraumatische Synovialitis vor, sei eher fragwürdig. Bei der feingeweblichen Untersuchung seien keine spezifischen Entzündungszeichen festgestellt worden. Auch im Rahmen eines klinisch ma-nifesten Impingementsyndroms könne eine geringe Reizung im Bereich des Schulter-hauptgelenkes entstanden sein. Das Ereignis vom 06.10.1998 habe lediglich zu einer leich-ten Zerrung im Bereich des linken Schultergelenks geführt. Es sei davon auszugehen, dass die nachgewiesenen degenerativen Veränderungen erstmals Anfang November 1998 kli-nisch in Erscheinung getreten seien, wodurch die gesamte Beschwerdesymptomatik allein erklärt werden könne.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 03.05.2000 Leistungen wegen der Beschwerden des Klägers im linken Schultergelenk ab 03.11.1998 ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2000 zurück.
Sein Begehren hat der Kläger mit der am 01.12.2000 zum Sozialgericht Leipzig (SG) er-hobenen Klage weiter verfolgt. Er habe als Vorarbeiter nach dem Unfallereignis lediglich noch organisatorische und körperlich leichte Arbeiten ausgeführt. Die zuvor ebenfalls aus-geübten schweren körperlichen Arbeiten habe er hiernach nicht mehr verrichtet. Da sich die Schmerzen und Beschwerden im linken Schultergelenk kontinuierlich verstärkt hätten, habe er am 03.11.1998 den Durchgangsarzt aufgesucht. Vor dem Unfallereignis hätten keinerlei Schultergelenksbeschwerden bestanden.
Im Erörterungstermin vom 28.07.2003 hat sich der Kläger eingelassen, am Unfalltag habe er beim Anwerfen einer Verdichterplatte einen Schlag auf den linken Arm bekommen. Er habe sofort Schmerzen verspürt, die nicht nachgelassen hätten. Der Unfall habe sich am Nachmittag kurz vor dem Feierabend ereignet. Er habe an diesem Tag noch einige Arbei-ten erledigt, die keine Belastung des linken Arms erfordert hätten. Er sei nach Hause ge-gangen und habe den Arm mit Voltaren eingerieben. Außerdem habe er eine Schmerztab-lette genommen. Am nächsten Morgen seien die Schmerzen nicht mehr ganz so extrem gewesen. In den folgenden Wochen habe er den linken Arm nur noch eingeschränkt benut-zen können. Er könne sich heute nicht mehr erklären, warum er nicht sofort zum Arzt ge-gangen sei. Er habe gedacht, die Beschwerden würden von selbst wieder verschwinden.
Der Zeuge D. M. hat ausgesagt, in der Zeit zwischen Anfang Oktober 1998 und Anfang November 1998 habe er zeitweise mit dem Kläger zusammengearbeitet. Dieser sei in der Zeit offenbar nicht mehr im Stande gewesen, alle körperlich schweren Arbeiten durchzu-führen und er habe deshalb überwiegend organisatorische Angelegenheiten erledigt. Er habe mit dem linken Arm nicht mehr richtig zupacken können. Zudem habe er ständig über Schmerzen geklagt und habe immer wieder Pausen machen müssen. Er und seine Kollegen hätten den Kläger öfters angehalten, einen Arzt aufzusuchen.
Der Zeuge W. Z. hat geäußert, der Kläger habe Anfang Oktober 1998 einen Unfall erlitten. Dabei habe er sich an der linken Schulter verletzt. Bei dem Unfall sei er, der Zeuge, nicht anwesend gewesen. In den Wochen danach habe der Kläger keine schweren körperlichen Arbeiten ausgeführt, weil er Beschwerden im linken Arm verspürt habe.
Auf Veranlassung des SG hat der Chirurg MR Doz. Dr. M. am 01.06.2004 ein Gutachten nach Untersuchung des Klägers erstattet. Knöcherne Folgen des Traumas vom 06.10.1998 lägen nicht vor. Bei den im Rahmen der Arthroskopie festgestellten Gesundheitsstörungen, einer kleinen Hill-Sachs-Läsion, eines Labrumabrisses, einer diskreten Entzündung der Gelenkinnenhaut, eines Impingementsyndroms und einer Arthrose des Schultereckgelenks mit Exophyten, handle es sich um unfallunabhängige Schadensanlagen. Eine behandlungs-bedürftige Vorerkrankung habe, trotz der durchgemachten Schulterluxation vom 28.10.1996, nicht vorgelegen, weil der Kläger nachfolgend ohne regelmäßige Behandlun-gen wegen Schulterbeschwerden seiner Tätigkeit wettbewerbsfähig nachgehen konnte. Die unfallunabhängigen Schadensanlagen hätten zum Unfallzeitpunkt einen überragenden Ausprägungsgrad gehabt. Durch die Exophyten sei das Impingementsyndrom verursacht worden. Ein Abriss des Labrum glenoidale entstehe ausschließlich im Rahmen einer Schul-terluxation, wie sie der Kläger 1996 erlitten habe. Begleitend zu dieser Schulterluxation habe sich eine so genannte Hill-Sachs-Läsion am Oberarm eingestellt. Es handelte sich um eine Eindellung des Oberarmkopfes, die ebenfalls ausschließlich durch eine Schulterluxa-tion oder einen Sturz auf die Schulter hervorgerufen werde. Die Synovialitis sei Ausdruck eines chronischen Reizzustandes bei durch Labrumläsion bedingter Instabilität des Schul-tergelenks und schwerstem degenerativen Umbau des Schultereckgelenks. Im Zusammen-wirken der überragenden Schadensanlagen am linken Schultergelenk komme es zu einem schmerzhaften Engesyndrom des Schultergelenks mit deutlicher Einschränkung der Be-weglichkeit. Es sei medizinisch auszuschließen, dass die vorgenannten Veränderungen im Rahmen des Ereignisses vom 06.10.1998 entstanden seien, da die hochgradige Degenerati-on des Schultereckgelenks bereits auf den Röntgenaufnahmen aus dem Jahre 1996 nach-zuweisen sei und die übrigen Veränderungen ausschließliche Folgen der Schulterluxation vom 28.10.1996 seien.
Nach Rückgabe des Gutachtens durch das SG an den Sachverständigen "zur Überarbei-tung" hat der Sachverständige dem SG am 22.11.2004 das überarbeitete Gutachten über-sandt. Die schmerzhafte posttraumatische Einsteifung des linken Schultergelenkes sei Fol-ge des Unfallereignisses vom 06.10.1998, weil die nachgewiesenen Schadensanlagen zwar das alterstypische Ausmaß überschritten hätten, aber – nach nochmaliger Prüfung – nicht als überragend einzustufen seien, der Kläger nach der Schulterluxation im Jahre 1996 kei-ne Schulterbeschwerden gehabt habe und seine Tätigkeit wettbewerbsfähig habe ausüben können. Sowohl das Unfallereignis vom 06.10.1998 als auch die Schadensanlage seien wesentliche Ursachen für die schmerzhafte Schultereinsteifung. Bei einem bis zum Unfall-ereignis vom 06.10.1998 beschwerdefreien linken Schultergelenk könne das Unfallereig-nis nicht als bedeutungslos für die seither bestehende Einsteifung angesehen werden.
Das SG hat mit Urteil vom 17.03.2005 den Bescheid der Beklagten vom 03.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 aufgehoben und die Beklagte verur-teilt, den Unfall vom 06.10.1998 als Arbeitsunfall und eine Einschränkung der Beweglich-keit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Impingementsyndrom und eine Arth-rose sowie eine Gelenkhautentzündung, als Folge hieraus anzuerkennen und zu entschädi-gen, insbesondere dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 28.01.2004 zu gewähren. Es hat sich auf die Aussagen der vernommenen Zeugen und die überarbeitete Fassung des Gutachtens von MR Doz. Dr. M. gestützt.
Gegen das der Beklagten am 11.08.2005 übersandte Urteil hat sie am 19.08.2005 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Nach dem Gutachten von MR Doz. Dr. M. vom 01.06.2004 (erste Fassung) seien alle vorhandenen Gesundheitsstörungen auf un-fallunabhängige Schadensanlagen zurückzuführen. Es habe kein Befund erhoben werden können, der auf das Ereignis vom 06.10.1998 zurückzuführen sei. Da ein posttraumatischer Gesundheitsschaden fehle, liege bereits kein Arbeitsunfall vor.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 05.01.2006 unter vorläufiger Ausführung des Urteils des SG wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.10.1998 ab 07.03.2005 eine Rente nach einer MdE von 20 v.H. gewährt.
Auf Veranlassung des Senats hat der Chirurg Priv.-Doz. Dr. P. am 29.06.2006 ein Gutach-ten nach Untersuchung des Klägers gefertigt. Beim Unfallereignis vom 06.10.1998 sei es nach den Angaben des Klägers zu einer indirekt fortgeleiteten Gewalteinwirkung im Sinne einer Stauchung/Distorsion auf das linke Schultergelenk gekommen, als die vom Kläger mit den Händen gehaltene, aufgezogene Kurbel der Verdichterplatte zurückgeschlagen sei. Klinisch seien seit dem ersten Arztbesuch am 03.11.1998 schmerzhafte Bewegungsein-schränkungen des linken Schultergelenks dokumentiert. Es erscheine wenig wahrschein-lich, dass die objektiv nachgewiesenen Folgen der Schulterluxation von 1996 nach zwei Jahren anlässlich eines weiteren Traumas akut zu einer Funktionseinschränkung des Schul-tergelenks Anlass gegeben hätten. Dies wäre nur in Betracht gekommen, wenn es bei der Schulterluxation zu einer durchaus häufig vorkommenden Begleitverletzung im Bereich der Rotatorenmanschette und beim Unfall 1998 zu einer Verschlimmerung dieser Ruptur bzw. dieses Defektes gekommen wäre. Obwohl nach dem Unfall von 1998 anfangs mehr-fach eine Teilruptur der Supraspinatussehne vermutet wurde, sei eine solche Verletzung weder im Rahmen der Arthroskopie vom 16.12.1998 noch durch das MRT vom 18.06.1999 objektiv nachgewiesen worden. Es sei jedoch nicht hinreichend wahrschein-lich, dass eine degenerative Entwicklung als alleinige wesentliche Ursache für die Funkti-onseinschränkung angesehen werden könne. Nachgewiesen sei lediglich eine Schultereck-gelenksarthrose mäßigen Grades, die zu einer Auffaserung der Supraspinatussehne mit nachfolgendem Defekt bzw. Ruptur und damit zum subacromialen Engpasssyndrom mit Höhertreten des Oberarmkopfes führen könne. Dieses Höhertreten sei an einen Supraspina-tussehnendefekt gebunden. Im vorliegenden Fall sprächen die arthrotischen Veränderun-gen am Schultereckgelenk in Verbindung mit dem geringgradigen Oberarmkopfhochstand für ein Impingementsyndrom I. Grades, der wichtigste Befund hierfür, nämlich die Schädi-gung der Supraspinatussehne, fehle jedoch, so dass sich die nach dem Unfall 1998 aufge-tretene Funktionseinschränkung des Schultergelenks nicht hinreichend mit der zweifellos vorliegenden degenerativen Schadensanlage erklären lasse. Nach dem Unfallereignis vom 06.10.1998 sei es zu der noch jetzt fortbestehenden Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks gekommen. Auch wenn der erste Arztbesuch und somit der erste objektiv verwertbare Befund erst vier Wochen nach dem Unfall dokumentiert sei, könne zumindest an einem engen zeitlichen Zusammenhang mit diesem auch aufgrund der Zeugenaussagen kein ernsthafter Zweifel bestehen. Es lasse sich jedoch eine strukturelle Verletzungsfolge nicht objektivieren. Die im Rahmen der Arthroskopie festgestellte diskrete Synovialitis sei als Ausdruck eines unspezifischen Reizzustandes sowohl auf die Luxationsfolgen des Un-falls aus dem Jahre 1996 als auch auf die erlittene Stauchung/Distorsion am 06.10.1998 zurückzuführen, ohne dass dieser geringfügige Befund jedoch den eingetretenen erhebli-chen Funktionsverlust hinreichend erkläre. Obwohl direkte strukturelle Schädigungsfolgen nicht objektivierbar seien, sprächen Gewalteinwirkung und der zeitliche Ablauf der schmerzhaften Teilversteifung des Schultergelenks dafür, dass der Unfall ursächlich nicht unwesentlich an der Entstehung der bestehenden Gesundheitsstörung mitgewirkt habe. Schadensanlagen und Unfalleinwirkung seien als nahezu gleichwertige Ursachen für die Funktionseinbuße anzusehen. Es könne nicht wahrscheinlich gemacht werden, dass die verhältnismäßig gering ausgebildeten Schadensanlagen so stark im Vordergrund gestanden hätten, dass die Bedeutung des Unfalls praktisch nicht ins Gewicht gefallen sei. Am 17.08.2006 und 24.09.2006 hat Priv.-Doz. Dr. P. ergänzend Stellung genommen.
Die Beklagte ist der Auffassung, ein Primärschaden sei auch nach dem Gutachten von Priv.-Doz. Dr. P. nicht nachgewiesen. Ein solcher sei jedoch unabdingbare Voraussetzung, um einen Unfall bejahen zu können.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2006 – entgegen ihren Aus-führungen eingangs des Berufungsverfahrens – im Wege des Teilanerkenntnisses aner-kannt, dass das Unfallereignis vom 06.10.1998 einen Arbeitsunfall darstellt. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen. Die Anerkennung der Schultersteife als Folge des Arbeitsunfalls vom 28.10.1996 wurde abgelehnt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17.03.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17.03.2005 wie folgt zu fassen: Der Be-scheid der Beklagten vom 03.05.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2000 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass über das Teilaner-kenntnis vom 23.11.2006 hinaus das Unfallereignis vom 06.10.1998 eine Ein-schränkung der Beweglichkeit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Im-pingementsyndrom, eine Arthrose sowie eine Gelenkhautentzündung zur Folge hat-te.
Der Kläger stützt sich auf das von Priv.-Doz. Dr. P. erstattete Gutachten.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Ihr Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 17.03.2005 den Bescheid der Beklagten vom 03.05.2000 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 31.10.2000 aufgehoben. Soweit das SG jedoch festgestellt hat, eine Einschränkung der Beweglichkeit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Impingementsyndrom und eine Arthrose sowie eine Gelenkhautentzündung sei Folge des Arbeitsunfalls, war das Urteil abzuändern. Es war lediglich festzustellen, dass die schmerzhafte Einsteifung des linken Schultergelenks Folge des Arbeitsunfalls vom 06.10.1998 ist. Soweit das SG die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. verurteilt hat, war das Urteil aufzuheben. Die Gewährung einer Verletztenrente war nach den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen nicht Streitge-genstand des Verfahrens.
I.
Soweit der Kläger eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erhoben hat, war die Klage zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R) ist das klägerische, auf Feststellung von Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen gerichtete Begehren als Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG auszulegen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen darstellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzelne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).
II. 1. Das Ereignis vom 06.10.1998 stellt – wie von der Beklagten in der mündlichen Verhand-lung vom 23.11.2006 anerkannt – einen Arbeitsunfall dar. Auf das Geschehen ist das SGB VII anzuwenden, weil es sich nach dem 01.01.1997 ereignete (§ 212 SGB VII).
2. Das Ereignis vom 06.10.1998 hat zu einem Gesundheitsschaden in Form einer mittelgradi-gen schmerzhaften Bewegungseinschränkung/Einsteifung des linken Schultergelenks (vgl. zum Begriff: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Auflage, S. 144) geführt. Als Gelenksteife bezeichnet man eine eingeschränkte oder auf-gehobene physiologische Bewegungsfähigkeit eines Gelenks oder einer Gelenkkette, die zeitlich begrenzt oder dauerhaft ist (Dürr, BG-UMed 52, S. 17, 19). Dass diese Gesund-heitsstörung vorliegt, steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der übereinstimmenden Feststellungen im Durchgangsarztbericht von Dr. H. und den Gutachten von PD Dr. M. und Dr. H., MR Doz. Dr. M. (überarbeitete Fassung des Gutachtens, eingegangen beim SG am 22.11.2004) und Priv.-Doz. Dr. P. fest.
Dieser Gesundheitsschaden ist seit 03.11.1998 durchgängig ärztlich dokumentiert. Der Durchgangsarzt Dr. H. hat an diesem Tag eine schmerzhafte Einschränkung der passiven und aktiven Beweglichkeit des linken Schultergelenks festgestellt. Das aktive Erheben des linken Armes gelang nur bis unterhalb der Horizontale. Die Ante- und Retroflexion war nach den Ausführungen des Durchgangsarztes "gerade möglich".
Am 11.05.1999 haben Chefarzt Priv.-Doz. Dr. M. und Assistenzarzt P. eine Anteversi-on/Retroversion von 100/0/50, eine Innenrotation/Außenrotation von 40/0/40 und eine Ab-duktion von 60° erhoben.
Am 30.09.1999 wurde eine Beweglichkeit des linken Arms seitwärts/körperwärts von 120/0/40 (rechts 140/0/40), rückwärts/vorwärts von 20/0/130 (rechts 50/0/160) und aus-wärts/einwärts von 60/0/20 (rechts 70/0/30) erhoben.
MR Doz. Dr. M. hat im Jahre 2001 festgestellt, am linken Schultergelenk betrage die Ab-spreizbeweglichkeit vorwärts und seitwärts 90°. Die Außenrotation sei am seitlich angeleg-ten Oberarm bei 25° limitiert.
Priv.-Doz. Dr. P. hat am 26.06.2006 eine Abduktion/Adduktion des linken Schultergelenks von 80/0/30 (passiv 90/0/30; rechts 180/0/50), eine Elevation/Retroversion von 150/0/40 (rechts 180/0/50) und eine Außenrotation/Innenrotation von 40/0/60 (rechts 40/0/80) fest-gestellt.
3. Der Senat geht davon aus, dass die mittelgradige schmerzhafte Bewegungseinschrän-kung/Einsteifung des linken Schultergelenks wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 06.10.1998 verursacht wurde. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der schlüs-sigen und nachvollziehbaren Gutachten von Priv.-Doz. Dr. P. und MR Doz. Dr. M. (über-arbeitete Fassung des Gutachtens) sowie der hiermit übereinstimmenden Einschätzung des Durchgangsarztes Dr. H. fest.
a) Grundvoraussetzung dafür, dass ein Gesundheitsschaden als Folge eines Arbeitsunfalls anerkannt werden kann, ist, dass das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der vorliegende Gesundheitsschaden entfiele (Kausalität im naturwissenschaft-lich-philosophischen Sinne). Dabei ist der Ursachenzusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Gesundheitsschaden nach ständiger Rechtsprechung des BSG bereits dann zu bejahen, wenn er hinreichend wahrscheinlich ist (BSGE 45, 285). Hinreichende Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalls den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 32, 203, 209).
Im Rahmen des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Ge-sundheitsschaden geht es um die Zuordnung des Schadens zum Unfallereignis. Schwierig-keiten entstehen dann, wenn das Unfallereignis den Gesundheitsschaden nicht allein und deshalb als einzige Bedingung im naturwissenschaftlichen Sinne hervorgerufen hat. Da der gesetzlichen Unfallversicherung eine teilbare Kausalität fremd ist, insofern gilt das Alles-oder-Nichts-Prinzip, ist die Kausalität für den gesamten bestehenden Schaden einheitlich zu beurteilen. Folge davon ist, dass der Schaden entweder durch ein versichertes Ereignis wesentlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung verursacht sein kann oder auch nicht.
Ein Gesundheitsschaden ist nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten, wenn die beruflichen Umstände in rechtlich wesentlicher Weise bei der Entstehung des Körper-schadens mitgewirkt haben. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen des Gesundheitsschadens beigetragen, so sind sie nebeneinander (Mit-)Ursachen im Rechts-sinne, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist hierbei nicht identisch mit den Beschrei-bungen "überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annä-hernd gleichwertige, sondern verhältnismäßig niedriger zu bewertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist nur dann unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine rein naturwissenschaftlich betrachtet nicht gleichwertige Ursache rechtlich als wesent-lich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg eintreten konnte. Letztere Ursache hat dann im Verhältnis zu der erste-ren keine überragende Bedeutung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversiche-rung, Stand: 6/2004, Rn. 8.2.3 zu § 8 SGB VII).
Im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung ist jeder Versicherte grundsätzlich in dem Gesundheitszustand geschützt, in dem er sich bei Aufnahme der Tä-tigkeit befindet, auch wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Insoweit eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutio-nell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen (vgl. zu alledem Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 78 ff.).
Dementsprechend darf nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 02.02.1999, Az.: B 2 U 6/98 R) eine Schadensanlage bzw. ein Vorschaden als recht-lich allein wesentliche Bedingung nur dann gewertet werden, wenn sie bzw. er so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbil-des an sich keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der ver-sicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern wenn der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (BSG, Urteil vom 08.03.1990, HV-Info 8/1990, S. 638 ff.).
Um diese wertende Gegenüberstellung vornehmen zu können, müssen die konkurrierenden Ursachen zunächst sicher feststehen. Ebenso wie die betriebsbedingte Ursache müssen auch die körpereigenen Ursachen erwiesen sein. Kann eine Ursache nicht sicher festgestellt werden, stellt sich nicht einmal die Frage, ob sie im konkreten Einzelfall auch nur als Ur-sache im naturwissenschaftlichen-philosophischen Sinne in Betracht zu ziehen ist (BSG, Urteil vom 08.03.1990, a.a.O.).
Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfall und Erkrankung vorliegen müssen, unter Zuhilfenahme medizinischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeit-punkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand, der u.a. aus den unfallmedizinischen Standardwerken (z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage) zu entnehmen ist, zu beantworten.
b) Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich Folgendes:
aa) Beim Kläger bestand zum Unfallzeitpunkt bereits eine das Altersmaß übersteigende Scha-densanlage des linken Schultergelenks. Priv.-Doz. Dr. P. und MR Doz. Dr. M. haben auf der Grundlage des Athroskopiebefundes vom 16.12.1998 übereinstimmend festgestellt, dass eine Arthrose des Schultereckgelenks mäßigen Grades mit geringgradigem Oberarm-kopfhochstand, eine Ablösung des Labrum glenoidale und eine Hill-Sachs-Delle am Ober-armkopf bereits vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 bestanden. Die Schultereckge-lenksarthrose war – nach den übereinstimmenden Feststellungen von Priv.-Doz. Dr. P. und MR Doz. Dr. M. – bereits auf der Röntgenaufnahme vom 28.10.1996 nachweisbar.
bb) Die Schadensanlage hat allerdings vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 seit dem 01.01.1997 nicht zu dokumentierten Beschwerden geführt. Arbeitsunfähigkeit wegen Schulterproblemen bestand – ausweislich der Stellungnahme der AOK Sachsen vom 26.09.2006 – im Zeitraum vom 01.01.1997 bis zum 06.10.1998 nicht. Der Kläger konnte seine schwere körperliche Arbeit als Kanalbauer/Maurer – wie schon in der Einschätzung von Dr. H. vom 20.11.1998 dokumentiert – ohne Einschränkungen ausführen.
cc) Nach der für den Senat nachvollziehbaren übereinstimmenden Auffassung von PD Dr. P. und MR Doz. Dr. M. in der überarbeiteten Fassung seines Gutachtens erklärt die Scha-densanlage die Schultersteife allein nicht. Ein Impingementsyndrom, das eine Schultersteife ebenfalls verursachen kann, setzt – wor-auf PD Dr. P. in seinem Gutachten zutreffend hingewiesen hat (vgl. ebenso Schönber-ger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 601) – eine Ver-letzung der Rotatorenmanschette bzw. der Bizepssehne voraus. Beides ist jedoch im Falle des Klägers insbesondere aufgrund der übereinstimmenden Ergebnisse der Arthroskopie und der MRT-Untersuchung ausgeschlossen worden. Zudem zeigten die MRT-Aufnahmen vom 18.06.1999 nur eine geringe Einengung des Subakromialraumes.
Auch für weitere in der Literatur ausgeführte Varianten einer anlagebedingten Schulterstei-fe, z.B. Kalkschulter (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S.601), bestehen vorliegend nicht die geringsten Anhaltspunkte. Eine Verkalkung der Rotatorenmanschette wurde in keiner der durchgeführten Untersuchungen (Arthroskopie, MRT-Untersuchung, Sonogra-fie) festgestellt.
dd) Nach der auf die Gutachten von PD Dr. P. und MR Doz. Dr. M. (in seiner überarbeiteten Fassung) sowie die Einschätzung von Dr. H. vom 20.11.1998 und die Literatur gestützten Auffassung des Senats kann das Unfallereignis vom 06.10.1998 nicht hinweggedacht wer-den, ohne dass der Erfolg (hier: die schmerzhafte mittelgradige Bewegungseinschrän-kung/Einsteifung des linken Schultergelenks) entfiele. Es hat – neben der Schadensanlage – die Schultersteife auch wesentlich verursacht.
In der Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S.602 f., gestützt auf Dürr, BG-UMed 52 (1983), S. 17 ff.) ist anerkannt, dass eine Schultersteife einen Gesundheitsscha-den i.S.d. Unfalldefinition des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII darstellt. Zur Verursachung der Schultersteife ist ausgeführt, sie kann – neben der Verursachung durch Schädigung der Rotatorenmanschette bzw. Bizepssehne (Impingementsyndrom), Kalkeinlagerungen (Kalkschulter) oder Frakturen – Folge schwerer Weichteilverletzungen (etwa in Form von Quetschungen, Zerrungen und Prellungen) der Schulter sein. Erforderlich für die Annahme eines Kausalzusammenhangs ist der Nachweis einer erheblichen direkten oder indirekten Einwirkung auf die Schulter (nachgewiesen durch eine Schwellung, einen Bluterguss im Gelenk und "eine sofortige schmerzhafte Funktionsbehinderung in zeitlichem Zusammen-hang" mit dem Unfall). Oft – jedoch nicht immer – sind Verletzungszeichen an der Stelle des stärksten Schmerzes vorhanden. Eine vorbestehende Bewegungseinschränkung infolge eigenständiger Schultererkrankung ist auszuschließen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O.).
aaa) Der Kläger hat am 06.10.1998 – wie sich für den Senat überzeugend aus seinen überein-stimmenden glaubhaften Aussagen vor dem Senat und dem SG ergibt – eine indirekte Ge-walteinwirkung auf das linke Schultergelenk in Form einer Stauchung/Distorsion erlitten. Die Kurbel ließ sich nach dem Ankurbeln der Verdichterplatte nicht – wie üblich – leicht aus dieser herausziehen, sondern schlug – für den Kläger überraschend – in die Gegenrich-tung zurück, während der Kläger die Kurbel mit seiner linken Hand festhielt. Diese indi-rekte Gewalteinwirkung übertrug sich über den linken ausgestreckten Arm des Klägers auf sein linkes Schultergelenk und wurde erst durch dieses abgebremst bzw. abgefangen, wo-durch das Gelenk – wie PD Dr. P. für den Senat nachvollziehbar ausgeführt hat – nach hinten innen gestoßen und dabei gestaucht wurde.
bbb) Diese Gewalteinwirkung war auch erheblich. Für den Senat ist nachvollziehbar, dass sich der Aufzugsmechanismus des Motors der Verdichterplatte nach dem "Aufziehen" in einem erheblichen Spannungszustand befand, der sich im Moment des Rückschlags "entladen" hat. Beim Kläger ist nach dem Unfallereignis – wie im Durchgangsarztbericht ausgeführt – eine leichte Schwellung ("leicht betonte Kontur des linken Oberarm-Schultergelenks", die auch um Gutachten von PD Dr. M. und Dr. H. vom 13.07.1999 noch beschrieben ist) und eine schmerzhafte Funktionsbehinderung der linken Schulter festgestellt worden.
ccc) Ein Bluterguss im Gelenk ist – ebenso wie die Schwellung (die hier jedoch vorliegt) – nach Auffassung des Senats zwar ein für den Kausalzusammenhang sprechendes Indiz, jedoch im Falle seines Nichtvorliegens kein Ausschlusskriterium. Zwar ist vorliegend ein Bluter-guss im Gelenk nicht erhoben worden. Allerdings hat der Kläger auch erst ca. vier Wochen nach dem Unfallereignis einen Arzt aufgesucht, sodass nicht auszuschließen ist, dass er sich bis zu diesem Zeitpunkt schon wieder zurückgebildet hat. Zum anderen ist dem Senat bezüglich anderer Unfallschäden bekannt, dass sich ein Gelenkerguss selten in 100 Prozent aller vergleichbaren Schäden herausbildet. So geht beispielsweise ein unfallbedingter Me-niskusriss häufig, nicht jedoch stets mit einem Gelenkerguss einher (er tritt lediglich in 24 bis 50 Prozent aller diesbezüglichen Fälle auf; vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 700).
Zudem können die in den medizinischen Standardwerken angegebenen sogenannten ge-eigneten Unfallhergänge nicht wie Tatbestandsvoraussetzungen einer Rechtsnorm geprüft werden. Vielmehr ist in den Standardwerken angegeben, welche Voraussetzungen in der Regel vorliegen müssen, um einen Kausalzusammenhang zwischen einer bestimmten Ein-wirkung und einer Gesundheitsstörung bejahen zu können. Nicht selten wird bei dieser Darstellung allerdings vom gesunden, nicht vorgeschädigten Versicherten ausgegangen. Die Streitfälle im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung betreffen aber in der Regel Unfälle, die degenerativ vorgeschädigte Versicherte erleiden. Zum anderen ist, wenn alle in dem Standardwerk genannten Voraussetzungen vorliegen und keine anderen wesentli-chen Ursachen vorhanden sind, die Kausalität nicht nur mit der erforderlichen hinreichen-den Wahrscheinlichkeit, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu beja-hen.
Zudem ist nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung nicht wie nach der im Zivilrecht geltenden Adäquanztheorie dar-auf abzustellen, "ob eine Bedingung im allgemeinen und nicht nur unter besonders eigen-artigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung des Erfolges geeignet ist. Die Theorie der wesentlichen Bedingung stellt vielmehr darauf ab, ob eine Bedingung im Einzelfall wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat. Die Kausalitätsbetrachtung des Zivilrechts ist damit eine abstrahierende und generali-sierende, die der gesetzlichen Unfallversicherung eine individualisierende und konkretisie-rende. Sie ist darauf angelegt, die besonderen Umstände des Einzelfalls und der Einzelper-sönlichkeit zu erfassen und zu bewerten, während die Adäquanztheorie die Bedingungen danach beurteilt, ob sie erfahrungsgemäß unter gleichen Umständen bei anderen Personen den gleichen Erfolg herbeigeführt haben" (BSG, Urteil vom 28.06.1988, Az.: 2/9b RU 28/97 m.w.N.; vgl. auch Schulin Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, 1996, S. 564).
Die in den Standardwerken genannten "geeigneten Unfallhergänge" sind daher im Rahmen einer vorzunehmenden individuellen Gesamtbewertung der Kausalität und unter Berück-sichtigung des hierfür geltenden Beweismaßstabes der hinreichenden Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen. Vorliegend schließt der fehlende Nachweis eines Gelenkergusses die Kausaltität nicht aus.
ddd) Nach dem o.g. Standardwerk sind Verletzungszeichen an der Stelle des stärksten Schmer-zes lediglich oft – und folglich nicht immer – vorhanden. Ihre Voraussetzung ist also keine zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Kausalzusammenhangs.
eee) Vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 bestand keine (dokumentierte) Bewegungsein-schränkung der linken Schulter. Der Kläger war – nach seiner glaubhaften Einlassung und der damit übereinstimmenden Einschätzung von Dr. H. vom 20.11.1998 – in der Lage, seine schwere körperliche Tätigkeit als Kanalbauer/Maurer beschwerdefrei und komplika-tionslos bis zum Unfallereignis vom 06.10.1998 auszuführen.
fff) Dass der Kläger nach dem Unfallhergang keine schwere körperliche Tätigkeit mehr, son-dern im wesentlichen nur noch organisatorische Arbeiten eines Vorarbeiters verrichtet und seit dem Unfallereignis über Beschwerden in der linken Schulter geklagt hat, die seine Kollegen veranlasst haben, ihn aufzufordern, zum Arzt zu gehen, steht zur Überzeugung des Senats auch aufgrund der mit den Angaben des Klägers übereinstimmenden Aussagen der Zeugen M. und Z. fest.
ggg) Seit dem Unfallereignis vom 06.10.1998 besteht – wie oben bereits ausgeführt – die schmerzhafte Funktionseinschränkung der linken Schulter/Schultersteife. In deren Folge ist es – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat glaubhaft angab – zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses gekommen, weil der Kläger dauerhaft nicht mehr in der Lage war, die schwere körperliche Arbeit auf dem Bau zu verrichten.
dd) Da für den Nachweis des Kausalzusammenhangs (sowohl bezüglich der Kausalität im na-turwissenschaftlich-philosophischen Sinne als auch nach der Theorie der wesentlichen Bedingung) der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit anzulegen ist und vorliegend nach Überzeugung des Senats mehr Argumente für als gegen einen Zusammen-hang sprechen, insbesondere die zweifelsfrei vorhandene Schadensanlage, die vor dem Unfallereignis vom 06.10.1998 nicht zu Beschwerden oder Funktionseinschränkungen geführt hat, nach der übereinstimmenden Auffassung von PD Dr. P., MR Doz. Dr. M. (ü-berarbeitete Fassung seines Gutachtens) und Dr. H. die erst nach erheblicher indirekter Gewalteinwirkung eingetretene schmerzhafte Bewegungseinschränkung allein nicht er-klärt, die genannte Funktionsstörung vielmehr unmittelbar nach dem Unfallereignis vom 06.10.1998 eintrat, und in der Folge zur Aufgabe der bis zum Unfallereignis beschwerde-frei und komplikationslos ausgeübten schweren körperlichen Tätigkeit führte, ist die Kau-salität vorliegend trotz Nichtvorliegens eines Gelenkergusses zu bejahen. Gerade und nur durch das Hinzutreten des Unfallereignisses vom 06.10.1998 zu der anderen wesentlichen Ursache in Form der Schadensanlage konnte der Erfolg in Form der Schultersteife eintre-ten.
4. Der ersten Fassung des Gutachtens von MR Doz. Dr. M. vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil er seine hierin vorgenommenen Wertungen nach eigener kritischer Überprüfung nicht aufrechterhalten, sondern abgeändert hat.
Dem von Prof. Dr. E. und Dr. W. gefertigten Gutachten folgt der Senat nicht. Zwar ist ih-nen darin zuzustimmen, dass die erhebliche Funktionseinschränkung der linken Schulter nicht auf die vorhandenen Schadensanlagen zurückzuführen ist. Sie setzen sich allerdings nicht mit der in der Literatur genannten Möglichkeit der Verursachung einer Schultersteife durch eine Weichteilverletzung auseinander. Zudem gehen sie von den unrichtigen Vor-aussetzungen aus, dass der Kläger seine schwere körperliche Arbeit bis zum 03.11.1999 ohne erkennbare Einschränkungen ausgeführt habe und erste klinische Symptome der Schultersteife erst Anfang November 1999 aufgetreten seien.
5. Nach alledem war das Urteil des SG abzuändern. Da der Kläger nicht nur – lediglich (wie vom Senat empfohlen) – beantragt hat, festzustellen, dass das Unfallereignis eine Bewe-gungseinschränkung des linken Schultergelenks zur Folge hat, sondern den Antrag gestellt hat, festzustellen, dass das Unfallereignis vom 06.10.1998 eine Einschränkung der Beweg-lichkeit des linken Schultergelenks, verursacht durch ein Impingementsyndrom, eine Arth-rose sowie eine Gelenkentzündung zur Folge hatte, war die Berufung teilweise zurückzu-weisen. Gestützt auf die Gutachten von MR. Doz. Dr. M., PD Dr. P. und Prof. Dr. E. und Dr. W. ist der Senat davon überzeugt, dass die als Ursache genannten Erkrankungen – so-fern sie überhaupt vorliegen (vgl. Ausführungen oben) – bereits vor dem Unfall vom 06.10.1998 bestanden.
III.
Eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG – wie von der Beklagten schriftsätz-lich beantragt – ist nicht veranlasst, da es sich bei § 159 Abs. 1 SGG um eine Kann-Bestimmung handelt und das LSG als Tatsachengericht den Verfahrensfehler der I. In-stanz, Nichtübersendung des Gutachtens von MR Doz. Dr. M. vom 01.06.2004 (erste Fas-sung), im Berufungsverfahren geheilt hat. Dem LSG steht es folglich frei, selbst in der Sache zu entscheiden oder den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Angesichts der Tatsache, dass der Rechtsstreit entscheidungsreif ist und eine Zurückverweisung zu einer Verfahrensverzögerung führen würde, ist eine Entscheidung in der Sache veranlasst.
IV.
Die Rechtswirkungen des Beschlusses des Vorsitzenden vom 13.09.2005 entfallen spätes-tens mit Rechtskraft des Urteils (Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, Rn 8c zu § 199).
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Re-vision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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