Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 EG 3/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 EG 4/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz - die nicht zu einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit führt - ist rechtlich wesentlich anders konzipiert als die Geltendmachung von Erziehungsurlaub gem §§ 15 BErzGG.
2. Der Bezug einer Lohnersatzleistung - hier Urlaubsentgelt nach § 5 BUrlG - auf der Grundlage einer vorausgegangenen Vollzeittätigkeit schließt den Anspruch auf Erziehungsgeld aus.
2. Der Bezug einer Lohnersatzleistung - hier Urlaubsentgelt nach § 5 BUrlG - auf der Grundlage einer vorausgegangenen Vollzeittätigkeit schließt den Anspruch auf Erziehungsgeld aus.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Januar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten – auch des Berufungsverfahrens – sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für die Zeit vom 27.11.2000 bis zum 18.01.2001 einen Anspruch auf Erziehungsgeld (ErzG) hat.
Die 1972 geborene und verheiratete Klägerin beantragte am 09.01.2001 im Anschluss an die Geburt ihrer Tochter am 2000 die Gewährung von ErzG.
Arbeitgeberin der Klägerin war die MDR T. G. GmbH, L ... Bei dieser war die Klägerin in Vollzeit beschäftigt. Sie hatte für das erste und zweite Lebensjahr des Kindes die Inan-spruchnahme von Erziehungsurlaub angezeigt.
Vom 13.08.2000 bis 26.11.2000 bezog die Klägerin von der zuständigen Krankenkasse, der BKK VBU Berlin, kalendertäglich 25,00 DM Mutterschaftsgeld.
Im Anschluss an den Mutterschaftsurlaub nahm die Klägerin vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 den aus dem Arbeitsverhältnis noch offenen Erholungsurlaub in Anspruch. Für diese Zeit wurde an die Klägerin Urlaubsentgelt gezahlt. Wegen einer Umstellung des Abrechnungssystems bei der Arbeitgeberin kam es im Januar 2001 zu der Fehlbezeichnung "Urlaubsabgeltung".
Für das Jahr 2000 waren für die Klägerin und ihren Ehemann, Dr. G., Einkünfte in folgen-der Höhe zu veranschlagen: Aus nichtselbstständiger Arbeit: 90.600,00 DM Aus selbstständiger Arbeit: ca. 2.000,00 DM Verlust Der steuerpflichtiger Jahresbruttoverdienst aus dem Vorjahr betrug 87.911,00 DM.
Mit Schreiben vom 11.02.2001 teilte der Ehemann der Klägerin mit, der zu erwartende Verlust aus seiner selbstständigen Tätigkeit betrage im laufenden Jahr voraussichtlich ca. 9.917,14 DM. Für seine unselbstständige Beschäftigung mache er eine Werbungskosten-pauschale von 2.000,00 DM geltend. Kapitaleinkünfte oberhalb des Sparerfreibetrages von 3.000,00 DM/p.P. bestünden nicht. Darunter findet sich der schriftliche Vermerk der Klägerin, wonach Leistungen ab dem 19.01.2001 beantragt wurden.
Mit Bescheid vom 27.02.2001 bewilligte die Beklagte dem Grunde nach Erziehungsgeld vom 27.09. bis 26.01.2000; vom 27.09. bis 26.10. belaufe sich der Auszahlungsbetrag we-gen des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld auf 0,00 DM und vom 27.10.2000 bis 26.11.2000 auf 20,00 DM. Der Anspruch ende mit dem 26.11.2000, da die Klägerin ab dem 27.11.2000 nach dem Abschluss der Mutterschaftsfrist ihren Erholungsurlaub aus dem Beschäftigungsverhältnis in Anspruch genommen habe.
Mit Bescheid vom 06.03.2001 stellte die Beklagte zunächst fest, dass vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 kein Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe, da die Klägerin in diesem Zeitraum Erholungsurlaub genommen habe. Erziehungsgeld werde erst wieder ab dem 19.01.2001 bewilligt: vom 19.01.2001 bis 26.01.2001: 160,00 DM und vom 27.01.2001 bis 26.03.2001: 1.200,00 DM (2x 600,00 DM) Beide Bescheide wurden am 15.03.2001 abgesandt und gingen sodann am 18.03.2001 zu.
Dagegen legte die Klägerin am 10.04.2001 Widerspruch ein. Der Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe unabhängig davon, ob Erziehungsurlaub oder Erholungsurlaub genommen werde. Die Voraussetzungen nach § 1 Bundeserziehungsgeld-gesetz (BErzGG) seien abschließend. Danach sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde. Dies sei auch bei einem Erholungsurlaub der Fall. Im Übrigen habe die Klägerin die Wahl, (den Rest) Erholungsurlaub vor oder nach dem Erziehungsurlaub zu nehmen. Einen sachlichen Grund zur Differenzierung gebe es in die-sem Zusammenhang nicht.
Mit weiterem Schreiben vom 16.05.2001 führte die Klägerin aus, der Anspruch auf "Ur-laubsgeld" stehe dem Anspruch auf Erziehungsgeld nicht entgegen. Aus diesem Grunde sei auch "Urlaubsgeld" in § 2 Abs. 2 BErzGG nicht genannt. Während des Urlaubs habe sie keine Erwerbstätigkeit nach § 1 Nr. 1 BErzGG ausgeübt.
Mit Bescheid vom 05.04.2002 wies der Beklagte diesen Widerspruch als unbegründet zu-rück. Die Klägerin habe im Anschluss an die Mutterschaftsfrist Erholungsurlaub genom-men. Dieser sei auf der Grundlage einer vollen Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG gewährt worden und damit Bestandteil dieser Erwerbstätigkeit. Im Zeitraum vom 23.11.2000 bis 18.01.2001 seien daher die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt gewesen.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 06.05.2002 an das Sozialgericht Leipzig gewandt. Sie habe in dem streitigen Zeitraum keine Erwerbstätigkeit "ausgeübt". Einer vollen Erwerbs-tätigkeit stünden gleich: Bezug von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Eingliede-rungsgeld, Bezug von Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangs-geld und Unterhaltsgeld, wenn der Bemessung dieser Leistung ein Arbeitsentgelt für eine Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 19 Stunden oder einsprechendes Ar-beitseinkommen zu Grunde liegt. Der Bezug von "Urlaubsgeld" sei gerade nicht genannt, so dass die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub einer anspruchshindernden Erwerbstätigkeit entgegenstehe. Soweit die Klägerin Erholungsurlaub in Anspruch nehme, übe sie keine Erwerbstätigkeit aus. Bei der Gewährung von Urlaub sei von einer Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses, mit-hin einem ruhenden Arbeitsverhältnis auszugehen. Dies gelte auch für die Inanspruchnah-me von Erholungsurlaub. Erwerbstätigkeit sei – im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten – lediglich eine auf Gewinn oder Erzielung von Einkommen ausgerichtete Tätigkeit. Eine Tätigkeit werde während des Erholungsurlaubs gerade nicht ausgeübt. Nur die gesetzlich genannten Lohn-ersatzleistungen wirkten anspruchsausschließend. Der Gesetzgeber wolle mit der Regelung des § 2 Abs. 2 BErzGG nur den gleichzeitigen Bezug von öffentlich-rechtlichen Leistun-gen und Erziehungsgeld verhindern. "Urlaubsgeld" sei keine öffentlich-rechtliche Leis-tung. Ein arbeitsrechtlicher Anspruch schade nicht. Abzustellen sei vielmehr auf die Ver-fügbarkeit.
Darauf hat die Beklagte entgegnet, Erwerbstätigkeit sei jede selbstständige wie auch un-selbstständige Beschäftigung, die gegen Entgelt verrichtet werde. Der gesetzliche bzw. tarifrechtlich zu gewährende Erholungsurlaub gegen Arbeitsentgelt sei Teil des Beschäfti-gungsverhältnisses. Ob der Klägerin daneben ein "Urlaubsgeld" gewährt werde, sei uner-heblich. Unstrittig ruhe das Arbeitsverhältnis während des Erziehungsurlaubs. Während des Erholungsurlaubs bestehe dagegen das Beschäftigungsverhältnis fort. Insoweit sei sehr wohl zwischen Erziehungs- und Erholungsurlaub zu differenzieren. Auch wenn die Erwerbstätigkeit nicht im wörtlichen Sinne verrichtet werde, so werde den-noch das darauf beruhende Arbeitsentgelt bezogen. Mit dem Erholungsurlaub als Bestand-teil der vollen Erwerbstätigkeit sei damit die Anspruchsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BErzGG nicht erfüllt. Der Begriff der Erwerbstätigkeit verlange nicht die tatsächliche "Verrichtung" einer (gegebenenfalls körperlichen) Tätigkeit. Nicht § 2 Abs. 2 BErzGG führe zum Anspruchsausschluss, sondern im streitgegenständli-chen Fall die Ausübung einer vollen Erwerbstätigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG. "Sinn und Zweck der Gewährung von Erziehungsgeld sei die Sicherstellung der Betreuung und Erziehung des Kindes in der für die gesamte spätere Entwicklung entscheidenden ers-ten Lebensphase, sowie die Anerkennung der Erziehungsleistung in der Familie", bei Vor-liegen aller Anspruchsvoraussetzungen.
Durch Urteil vom 29.01.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Begriff des "Ausübens" der Erwerbstätigkeit in § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 2 Abs. 1 BErzGG hat keine eigenständige Bedeutung, sondern diene lediglich der sprachlichen Ein-bettung des maßgeblichen Begriffs der Erwerbstätigkeit. Ob die Voraussetzungen des Ausübens einer Erwerbstätigkeit vorliegen, könne nicht durch eine funktionelle sondern nur eine bewertende Betrachtungsweise beantwortet werden. Im Falle der Inanspruchnah-me von Erholungsurlaub werde der Pflege und Betreuung des Kindes nicht der Vorrang eingeräumt, weil das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt mit all seinen Rechten und Pflichten fortbestehe, auch wenn eine der Hauptleistungspflichten zeitweise suspendiert sei. Die sozialpolitische Zielsetzung des Bundeserziehungsgeldes lasse sich dahingehend um-schreiben, dass ein Anreiz gesetzt werden sollte, um sich den ersten Lebensjahren haupt-sächlich um die Erziehung des Kindes zu kümmern und zugleich die während der Erzie-hung entstehenden Erwerbslücken zu schließen. Im Falle der Inanspruchnahme von Erho-lungsurlaub bestehe zwar nach punktueller Betrachtungsweise die zeitliche Möglichkeit, sich für einen begrenzten Zeitraum um die Erziehung des Kindes zu kümmern, dennoch bestehe keinerlei Anlass, auf Grund der Fortzahlung des Arbeitsentgeltes, in Gestalt des Urlaubsentgeltes, etwaige Erwerbslücken zu schließen. Ihre Bestätigung finde diese Sicht-weise darin, dass § 2 Abs. 2 BErzGG bestimmte Lohnersatzleistungen der vollen Erwerbs-tätigkeit gleichstelle. Auch diese Fälle (z.B. der Bezug von Alg) seien dadurch gekenn-zeichnet, dass zwar auf Grund der zeitlichen Ressourcen des Berechtigten die Möglichkeit zur Kinderbetreuung, nicht jedoch eine auffüllungsbedürftige Erziehungslücke bestehe. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten am 24.02.2004 zugegangen (SG-Akte Bl. 96).
Dagegen hat die Klägerin am 24.03.2004 Berufung eingelegt. Bei der Klägerin seien alle Tatbestandsvoraussetzungen von § 1 Abs. 1 BErzGG erfüllt. Während des Erholungsur-laubs übe der Arbeitnehmer seine Erwerbstätigkeit gerade nicht aus. Auf das bezogene Einkommen komme es lediglich im Rahmen des § 6 BErzGG an. Soweit man den Ausfüh-rungen des Sozialgerichts folgen würde, wäre der Klägerin im Falle einer Urlaubsabgel-tung durchaus Erziehungsgeld zu gewähren. Eine Erwerbstätigkeit wäre auch dann nicht ausgeübt worden. Die unterschiedliche Behandlung der Abgeltung des Urlaubs und Inan-spruchnahme von Erholungsurlaub könne jedoch nicht überzeugen. Nach dem Sinn des Bundeserziehungsgeldgesetzes komme dem Begriff "Ausüben" durch-aus eine eigene Bedeutung zu. Die Klägerin habe in dem streitigen Zeitraum ihre gesamte Zeit der Betreuung und Pflege ihres Kindes gewidmet. Die Klägerin habe den Erholungsurlaub zeitlich so eingerichtet, dass sie den Erziehungsur-laub erst im Anschluss an den Erholungsurlaub genommen habe. Hätte sie stattdessen den Erziehungsurlaub vorgezogen, so wäre ihr für die gesamte Anspruchsdauer Erziehungsgeld gewährt worden. Die Versagung des Erziehungsgeldes für die Zeit des Erholungsurlaubs widerspreche dem Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Schließlich verkenne das Sozialgericht, dass § 1 BErzGG den Anspruch auf Bundeserzie-hungsgeld gerade nicht davon abhängig mache, ob der Betroffene Entgelt aus einer Er-werbstätigkeit beziehe, bereits nach dem Wortlaut gehe es in Nr. 4 vielmehr allein um die Ausübung der Erwerbstätigkeit und damit um die Zeit für das Kind. Ausschlusstatbestände für den Bezug von Erziehungsgeld habe der Gesetzgeber zudem abschließend im Gesetz geregelt. Eine Einschränkung komme auf Grund des § 2 BErzGG ebenfalls nicht in Be-tracht. In § 2 Abs. 1 BErzGG sowie in § 1 BErzGG werde nur auf die Tätigkeit an sich abgestellt. In § 2 Abs. 2 BErzGG werde der Bezug von Erziehungsgeld ausgeschlossen, wenn weitere staatliche Mittel in Anspruch genommen würden. Allerdings sei der Bezug von Urlaubs-entgelt in dieser abschließenden Regelung nicht enthalten, da es sich hierbei gerade nicht um staatliche Mittel handele. Schließlich sei auf eine weitere Gleichbehandlung hinzuweisen. Neben Entgeltfortzahlung wegen Krankheit werde Erziehungsgeld weitergewährt. Dage-gen sei – nach Auffassung des Beklagten sowie des SG – bei Zahlung von Urlaubsentgelt Erziehungsentgelt nicht zu gewähren. Ein sinnvoller Grund für diese unterschiedliche Be-handlung sei nicht erkennbar. In beiden Fällen werde keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Der Arbeitgeber zahle das entsprechende Entgelt weiter. Im Übrigen entstünden auch bei einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall keine Erwerbslücken.
Die Klägerin beantragt daher sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Januar 2004 aufzuheben und die Bescheide vom 25. Februar 2001 sowie vom 06. März 2001 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. April 2002 dahingehend abzuändern, dass der Klägerin auch für die Zeit vom 27. November 2000 bis zum 18. Januar 2001 Bundeserziehungsgeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich hierzu auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In der Zulassung der Sprungrevision durch das Urteil des Sozialgerichts Leipzig (SG) vom 29.01.2004 liegt zugleich die Zulassung der Berufung (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 144 Rdnr. 41, § 161 Rdnr. 2). Die Berufung ist auch form- und fristgerecht, § 151 Abs. 1 SGG.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zutreffend für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Erziehungsgeld abgelehnt.
Gemäß § 1 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) hat Anspruch auf Erziehungs-geld wer u.a. eine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BErzGG). Diese Voraussetzung liegt – wie der Beklagte und das SG dargelegt haben – nicht vor. Vielmehr gehörte auch die Zeit des Erholungsurlaubs zur Ausübung der Erwerbstätigkeit.
Durch diese Anspruchsvoraussetzung soll sichergestellt werden, dass der "Pflege und Betreuung des Kindes" Vorrang vor der Erwerbstätigkeit eingeräumt "wird" (BT-Drucks. 10/3792 S. 14). Diese Voraussetzung sichert also vor allem die Einhaltung der in Satz 1 Nr. 3 enthaltenen Forderung (das Kind selbst betreut und erzieht). Das, was als nicht volle Erwerbstätigkeit zu verstehen ist, beschreibt § 2 Abs. 1 BErzGG. Umgekehrt lässt sich aus § 2 Abs. 2 BErzGG entnehmen, dass der Bezug bestimmter anderer Sozialleistun-gen wie eine volle Erwerbstätigkeit behandelt wird, weshalb während dieser Zeiten die Gewährung von Erziehungsgeld nicht in Betracht kommt.
Entscheidend ist hier jedoch nicht der Bezug des Urlaubsentgeltes als solcher, sondern der Umstand, dass die Klägerin auch während des Urlaubs eine volle Erwerbstätigkeit ausübte. Zutreffend hat das SG hierzu ausgeführt, dass das tatsächliche Fehlen einer Tätigkeit trotz der Formulierung keine Erwerbstätigkeit ausübt nicht bereits zum Vorliegen dieser Tatbe-standsvoraussetzung führte, zumal – zumindest eine teilweise – Tätigkeit für einen An-spruch auf Erziehungsgeld gar nicht hinderlich wäre.
Zunächst wird bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, eine Person, die sich in ei-nem bestehenden Arbeitsverhältnis befindet, während der Zeit des Erholungsurlaubs nicht als "erwerbslos" oder "ohne Erwerbstätigkeit" bezeichnet. Das Gleiche gilt auch für eine Person, die vorübergehend arbeitsunfähig krank ist.
Deutlich macht dies die Bestimmung des Begriffes "Erwerbstätigkeit": Erwerbstätigkeit meint allgemein eine auf Gewinn oder sonstige Erzielung von Einkom-men gerichtete Tätigkeit, und zwar unabhängig davon, ob sie selbstständig oder unselbst-ständig ausgeübt wird. (Buchner/Becker in: Mutterschutzgesetz, Bundeserziehungsgeldge-setz, 7. Aufl., § 1 BErzGG Rdnr. 74; Eisel/Sowka, Mutterschutz- und Erziehungsurlaub, 4. Aufl., Rdnr. 13 zu § 1 BErzGGG; Zmarzlik/Zipperer/Viethen, Mutterschutzgesetz, Mut-terschaftsleistungen, Bundeserziehungsgeldgesetz, 7. Aufl., Rdnr. 44 zu § 1 BErzGG).
Der Urlaub unterbricht insbesondere deshalb die Erwerbstätigkeit nicht, weil der Anspruch auf Urlaub Ausfluss des Arbeitsverhältnisses ist und die Urlaubszeit gemäß § 11 des Ur-laubsgesetz (BUrlG) zu vergüten ist. Nicht erwerbstätig sind hingegen etwa Hausfrauen und Hausmänner, sowie Personen, die lediglich zur Unterstützung von Familienangehörigen im Rahmen der familiären Verbun-denheit oder ehrenamtlich tätig werden. Es fehlt ebenfalls an einer Erwerbstätigkeit, wenn das Beschäftigungsverhältnis zwar nicht beendet wird, aber die gegenseitigen Hauptpflich-ten ruhen, vor allem, wenn – ohne Teilzeitbeschäftigung – Erziehungsurlaub genommen wird.
Die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz – die nicht zu einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit als solcher führt – ist auch rechtlich wesentlich anders konzipiert als die Geltendmachung von Erziehungsurlaub nach §§ 15 ff. BErzGG.
Gleichgelagert ist im Wesentlichen die Freistellung von der Arbeitspflicht für den Arbeit-nehmer.
Der höchstpersönliche Anspruch auf Urlaub bzw. "Erholungsurlaub" nach § 1 BUrlG be-deutet völlige Freistellung (für den Erziehungsurlaub ist dies nicht zwingend) des Arbeit-nehmers von allen Pflichten der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung. Die höchstpersönliche Natur des Urlaubsanspruchs begründet sich weiterhin auch daraus, dass der bezahlte Erholungsurlaub nicht nur im Interesse der Person des einzelnen Arbeitneh-mers, sondern auch zur Erhaltung seiner Arbeitskraft, zur Verbesserung der Volksgesund-heit, Minderung von Frühinvalidität und damit zugleich im Interesse des Volksganzen ge-währt wird (vgl. Dersch/Neumann, Bundesurlaubsgesetz, 8. Aufl., Rdnr. 71 zu § 1). Im Bereich des Erholungsurlaubs ist die zeitliche Festlegung unter Abwägung der Interes-sen des Betriebs und des Arbeitnehmers vorzunehmen, erforderlichenfalls auch entgegen den Vorstellungen des Arbeitnehmers, bei dringenden Gründen eventuell unter Aufteilung, Übertragung oder auch Abgeltung des Jahresurlaubs (§ 7 Abs. 1 bis 4 BUrlG). Urlaubsge-währung ist eine konstitutive Befreiung von der Arbeitspflicht durch Abgabe einer ent-sprechenden Willenserklärung des Arbeitgebers. Anspruch auf Erholungsurlaub heißt An-spruch auf Abgabe dieser Freistellungserklärung; auf ihre Abgabe kann der Arbeitgeber ggf. auch verurteilt werden (vgl. Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz, BErzGG, 7. Aufl., Rdnr. 6 vor§§ 15 bis 21 BErzGG).
Demgegenüber ist Zweck des Anspruchs auf Elternzeit nach § 15 Abs. 1 und 2 BErzGG, dass ein Kind selbst betreut und erzogen wird. Erwerbstätigkeit ist hierbei im beschränkten Umstand zulässig, nämlich – in Anlehnung an die Bestimmungen, die für die Gewährung des Erziehungsgeldes gelten – als Teilzeittätigkeit. Der Gesetzgeber sah die Vorschriften über den Erziehungsurlaub als "notwendige Ergän-zung" zum Erziehungsgeld an, da die Gewährung der Geldleistung die Aufgabe oder zu-mindest Reduzierung der Erwerbstätigkeit voraussetzt; durch die Elternzeit soll sicher ge-stellt werden, dass "das Kind eine ständige Betreuungsperson hat" (BT-Drucks. 10/3792 S. 19; Buchner/Becker, a.a.O. Rdnr. 8 und Rdnr. 10/11). Im Gegensatz zu dem Erholungs-urlaub ruht während der Elternzeit der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers.
Die Einordnung des Erholungsurlaubs in die Ausübung der Erwerbstätigkeit wird schließ-lich auch mittelbar vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bewertung von § 2 Abs. 2 BErzGG – deutlich: Allerdings hat die Klägerin hierzu zutreffend ausgeführt, dass allein der Bezug einer Lohn-ersatzleistung oder von Einkommen für einen Anspruchsausschluss nicht maßgeblich ist. Wie sich aus § 2 Abs. 2 BErzGG ergibt, ist der Bezug einer Lohnersatzleistung keineswegs grundsätzlich anspruchsausschließend. Eine Lohnersatzleistung nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 BErzGG sowie Einkommen (des Ehegatten des Anspruchsberechtigten oder aus einer Teilzeittätigkeit) ist lediglich gemäß §§ 5, 6 BErzGG anzurechnen. Ausgeschlossen ist der Anspruch auf Erziehungsgeld jedoch beim Bezug einer Lohnersatz-leistung die nach einer vollen Erwerbstätigkeit bemessen wird. Eben dieser Gedanke ist auch auf das Urlaubsentgelt nach § 5 BUrlG auf der Grundlage einer vorausgegangenen Vollzeittätigkeit zu übertragen. Allerdings wird das Urlaubsentgelt nicht als "Lohnersatz-leistung", sondern als der fortbestehender arbeitsrechtlicher Vergütungsanspruch bei Sus-pendierung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers verstanden.
Im Übrigen käme der gleichzeitige Bezug von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Erziehungsgeld auch nur dann in Betracht, wenn die Klägerin als Anspruchsberechtigte gemäß § 15 Abs. 4 BErzGG eine zulässige Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hätte. Bei einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf der Grundlage einer Vollzeitbeschäfti-gung bestünde – entgegen den Ausführungen der Klägerseite – in gleicher Weise kein An-spruch auf Erziehungsgeld. Denn im Falle einer solchen, zu Grunde liegenden Arbeitsun-fähigkeit wäre trotz des Fehlens der aktuellen Tätigkeit ebenfalls weiterhin die "Ausübung einer Erwerbstätigkeit" gegeben.
Nach alledem besteht für die Klägerin im Zeitraum vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 kein Anspruch auf Erziehungsgeld.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten – auch des Berufungsverfahrens – sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für die Zeit vom 27.11.2000 bis zum 18.01.2001 einen Anspruch auf Erziehungsgeld (ErzG) hat.
Die 1972 geborene und verheiratete Klägerin beantragte am 09.01.2001 im Anschluss an die Geburt ihrer Tochter am 2000 die Gewährung von ErzG.
Arbeitgeberin der Klägerin war die MDR T. G. GmbH, L ... Bei dieser war die Klägerin in Vollzeit beschäftigt. Sie hatte für das erste und zweite Lebensjahr des Kindes die Inan-spruchnahme von Erziehungsurlaub angezeigt.
Vom 13.08.2000 bis 26.11.2000 bezog die Klägerin von der zuständigen Krankenkasse, der BKK VBU Berlin, kalendertäglich 25,00 DM Mutterschaftsgeld.
Im Anschluss an den Mutterschaftsurlaub nahm die Klägerin vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 den aus dem Arbeitsverhältnis noch offenen Erholungsurlaub in Anspruch. Für diese Zeit wurde an die Klägerin Urlaubsentgelt gezahlt. Wegen einer Umstellung des Abrechnungssystems bei der Arbeitgeberin kam es im Januar 2001 zu der Fehlbezeichnung "Urlaubsabgeltung".
Für das Jahr 2000 waren für die Klägerin und ihren Ehemann, Dr. G., Einkünfte in folgen-der Höhe zu veranschlagen: Aus nichtselbstständiger Arbeit: 90.600,00 DM Aus selbstständiger Arbeit: ca. 2.000,00 DM Verlust Der steuerpflichtiger Jahresbruttoverdienst aus dem Vorjahr betrug 87.911,00 DM.
Mit Schreiben vom 11.02.2001 teilte der Ehemann der Klägerin mit, der zu erwartende Verlust aus seiner selbstständigen Tätigkeit betrage im laufenden Jahr voraussichtlich ca. 9.917,14 DM. Für seine unselbstständige Beschäftigung mache er eine Werbungskosten-pauschale von 2.000,00 DM geltend. Kapitaleinkünfte oberhalb des Sparerfreibetrages von 3.000,00 DM/p.P. bestünden nicht. Darunter findet sich der schriftliche Vermerk der Klägerin, wonach Leistungen ab dem 19.01.2001 beantragt wurden.
Mit Bescheid vom 27.02.2001 bewilligte die Beklagte dem Grunde nach Erziehungsgeld vom 27.09. bis 26.01.2000; vom 27.09. bis 26.10. belaufe sich der Auszahlungsbetrag we-gen des Anspruchs auf Mutterschaftsgeld auf 0,00 DM und vom 27.10.2000 bis 26.11.2000 auf 20,00 DM. Der Anspruch ende mit dem 26.11.2000, da die Klägerin ab dem 27.11.2000 nach dem Abschluss der Mutterschaftsfrist ihren Erholungsurlaub aus dem Beschäftigungsverhältnis in Anspruch genommen habe.
Mit Bescheid vom 06.03.2001 stellte die Beklagte zunächst fest, dass vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 kein Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe, da die Klägerin in diesem Zeitraum Erholungsurlaub genommen habe. Erziehungsgeld werde erst wieder ab dem 19.01.2001 bewilligt: vom 19.01.2001 bis 26.01.2001: 160,00 DM und vom 27.01.2001 bis 26.03.2001: 1.200,00 DM (2x 600,00 DM) Beide Bescheide wurden am 15.03.2001 abgesandt und gingen sodann am 18.03.2001 zu.
Dagegen legte die Klägerin am 10.04.2001 Widerspruch ein. Der Anspruch auf Erziehungsgeld bestehe unabhängig davon, ob Erziehungsurlaub oder Erholungsurlaub genommen werde. Die Voraussetzungen nach § 1 Bundeserziehungsgeld-gesetz (BErzGG) seien abschließend. Danach sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werde. Dies sei auch bei einem Erholungsurlaub der Fall. Im Übrigen habe die Klägerin die Wahl, (den Rest) Erholungsurlaub vor oder nach dem Erziehungsurlaub zu nehmen. Einen sachlichen Grund zur Differenzierung gebe es in die-sem Zusammenhang nicht.
Mit weiterem Schreiben vom 16.05.2001 führte die Klägerin aus, der Anspruch auf "Ur-laubsgeld" stehe dem Anspruch auf Erziehungsgeld nicht entgegen. Aus diesem Grunde sei auch "Urlaubsgeld" in § 2 Abs. 2 BErzGG nicht genannt. Während des Urlaubs habe sie keine Erwerbstätigkeit nach § 1 Nr. 1 BErzGG ausgeübt.
Mit Bescheid vom 05.04.2002 wies der Beklagte diesen Widerspruch als unbegründet zu-rück. Die Klägerin habe im Anschluss an die Mutterschaftsfrist Erholungsurlaub genom-men. Dieser sei auf der Grundlage einer vollen Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG gewährt worden und damit Bestandteil dieser Erwerbstätigkeit. Im Zeitraum vom 23.11.2000 bis 18.01.2001 seien daher die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt gewesen.
Hiergegen hat sich die Klägerin am 06.05.2002 an das Sozialgericht Leipzig gewandt. Sie habe in dem streitigen Zeitraum keine Erwerbstätigkeit "ausgeübt". Einer vollen Erwerbs-tätigkeit stünden gleich: Bezug von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Eingliede-rungsgeld, Bezug von Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangs-geld und Unterhaltsgeld, wenn der Bemessung dieser Leistung ein Arbeitsentgelt für eine Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mehr als 19 Stunden oder einsprechendes Ar-beitseinkommen zu Grunde liegt. Der Bezug von "Urlaubsgeld" sei gerade nicht genannt, so dass die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub einer anspruchshindernden Erwerbstätigkeit entgegenstehe. Soweit die Klägerin Erholungsurlaub in Anspruch nehme, übe sie keine Erwerbstätigkeit aus. Bei der Gewährung von Urlaub sei von einer Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses, mit-hin einem ruhenden Arbeitsverhältnis auszugehen. Dies gelte auch für die Inanspruchnah-me von Erholungsurlaub. Erwerbstätigkeit sei – im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten – lediglich eine auf Gewinn oder Erzielung von Einkommen ausgerichtete Tätigkeit. Eine Tätigkeit werde während des Erholungsurlaubs gerade nicht ausgeübt. Nur die gesetzlich genannten Lohn-ersatzleistungen wirkten anspruchsausschließend. Der Gesetzgeber wolle mit der Regelung des § 2 Abs. 2 BErzGG nur den gleichzeitigen Bezug von öffentlich-rechtlichen Leistun-gen und Erziehungsgeld verhindern. "Urlaubsgeld" sei keine öffentlich-rechtliche Leis-tung. Ein arbeitsrechtlicher Anspruch schade nicht. Abzustellen sei vielmehr auf die Ver-fügbarkeit.
Darauf hat die Beklagte entgegnet, Erwerbstätigkeit sei jede selbstständige wie auch un-selbstständige Beschäftigung, die gegen Entgelt verrichtet werde. Der gesetzliche bzw. tarifrechtlich zu gewährende Erholungsurlaub gegen Arbeitsentgelt sei Teil des Beschäfti-gungsverhältnisses. Ob der Klägerin daneben ein "Urlaubsgeld" gewährt werde, sei uner-heblich. Unstrittig ruhe das Arbeitsverhältnis während des Erziehungsurlaubs. Während des Erholungsurlaubs bestehe dagegen das Beschäftigungsverhältnis fort. Insoweit sei sehr wohl zwischen Erziehungs- und Erholungsurlaub zu differenzieren. Auch wenn die Erwerbstätigkeit nicht im wörtlichen Sinne verrichtet werde, so werde den-noch das darauf beruhende Arbeitsentgelt bezogen. Mit dem Erholungsurlaub als Bestand-teil der vollen Erwerbstätigkeit sei damit die Anspruchsvoraussetzung des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BErzGG nicht erfüllt. Der Begriff der Erwerbstätigkeit verlange nicht die tatsächliche "Verrichtung" einer (gegebenenfalls körperlichen) Tätigkeit. Nicht § 2 Abs. 2 BErzGG führe zum Anspruchsausschluss, sondern im streitgegenständli-chen Fall die Ausübung einer vollen Erwerbstätigkeit nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG. "Sinn und Zweck der Gewährung von Erziehungsgeld sei die Sicherstellung der Betreuung und Erziehung des Kindes in der für die gesamte spätere Entwicklung entscheidenden ers-ten Lebensphase, sowie die Anerkennung der Erziehungsleistung in der Familie", bei Vor-liegen aller Anspruchsvoraussetzungen.
Durch Urteil vom 29.01.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Begriff des "Ausübens" der Erwerbstätigkeit in § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 2 Abs. 1 BErzGG hat keine eigenständige Bedeutung, sondern diene lediglich der sprachlichen Ein-bettung des maßgeblichen Begriffs der Erwerbstätigkeit. Ob die Voraussetzungen des Ausübens einer Erwerbstätigkeit vorliegen, könne nicht durch eine funktionelle sondern nur eine bewertende Betrachtungsweise beantwortet werden. Im Falle der Inanspruchnah-me von Erholungsurlaub werde der Pflege und Betreuung des Kindes nicht der Vorrang eingeräumt, weil das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt mit all seinen Rechten und Pflichten fortbestehe, auch wenn eine der Hauptleistungspflichten zeitweise suspendiert sei. Die sozialpolitische Zielsetzung des Bundeserziehungsgeldes lasse sich dahingehend um-schreiben, dass ein Anreiz gesetzt werden sollte, um sich den ersten Lebensjahren haupt-sächlich um die Erziehung des Kindes zu kümmern und zugleich die während der Erzie-hung entstehenden Erwerbslücken zu schließen. Im Falle der Inanspruchnahme von Erho-lungsurlaub bestehe zwar nach punktueller Betrachtungsweise die zeitliche Möglichkeit, sich für einen begrenzten Zeitraum um die Erziehung des Kindes zu kümmern, dennoch bestehe keinerlei Anlass, auf Grund der Fortzahlung des Arbeitsentgeltes, in Gestalt des Urlaubsentgeltes, etwaige Erwerbslücken zu schließen. Ihre Bestätigung finde diese Sicht-weise darin, dass § 2 Abs. 2 BErzGG bestimmte Lohnersatzleistungen der vollen Erwerbs-tätigkeit gleichstelle. Auch diese Fälle (z.B. der Bezug von Alg) seien dadurch gekenn-zeichnet, dass zwar auf Grund der zeitlichen Ressourcen des Berechtigten die Möglichkeit zur Kinderbetreuung, nicht jedoch eine auffüllungsbedürftige Erziehungslücke bestehe. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten am 24.02.2004 zugegangen (SG-Akte Bl. 96).
Dagegen hat die Klägerin am 24.03.2004 Berufung eingelegt. Bei der Klägerin seien alle Tatbestandsvoraussetzungen von § 1 Abs. 1 BErzGG erfüllt. Während des Erholungsur-laubs übe der Arbeitnehmer seine Erwerbstätigkeit gerade nicht aus. Auf das bezogene Einkommen komme es lediglich im Rahmen des § 6 BErzGG an. Soweit man den Ausfüh-rungen des Sozialgerichts folgen würde, wäre der Klägerin im Falle einer Urlaubsabgel-tung durchaus Erziehungsgeld zu gewähren. Eine Erwerbstätigkeit wäre auch dann nicht ausgeübt worden. Die unterschiedliche Behandlung der Abgeltung des Urlaubs und Inan-spruchnahme von Erholungsurlaub könne jedoch nicht überzeugen. Nach dem Sinn des Bundeserziehungsgeldgesetzes komme dem Begriff "Ausüben" durch-aus eine eigene Bedeutung zu. Die Klägerin habe in dem streitigen Zeitraum ihre gesamte Zeit der Betreuung und Pflege ihres Kindes gewidmet. Die Klägerin habe den Erholungsurlaub zeitlich so eingerichtet, dass sie den Erziehungsur-laub erst im Anschluss an den Erholungsurlaub genommen habe. Hätte sie stattdessen den Erziehungsurlaub vorgezogen, so wäre ihr für die gesamte Anspruchsdauer Erziehungsgeld gewährt worden. Die Versagung des Erziehungsgeldes für die Zeit des Erholungsurlaubs widerspreche dem Grundsatz der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Schließlich verkenne das Sozialgericht, dass § 1 BErzGG den Anspruch auf Bundeserzie-hungsgeld gerade nicht davon abhängig mache, ob der Betroffene Entgelt aus einer Er-werbstätigkeit beziehe, bereits nach dem Wortlaut gehe es in Nr. 4 vielmehr allein um die Ausübung der Erwerbstätigkeit und damit um die Zeit für das Kind. Ausschlusstatbestände für den Bezug von Erziehungsgeld habe der Gesetzgeber zudem abschließend im Gesetz geregelt. Eine Einschränkung komme auf Grund des § 2 BErzGG ebenfalls nicht in Be-tracht. In § 2 Abs. 1 BErzGG sowie in § 1 BErzGG werde nur auf die Tätigkeit an sich abgestellt. In § 2 Abs. 2 BErzGG werde der Bezug von Erziehungsgeld ausgeschlossen, wenn weitere staatliche Mittel in Anspruch genommen würden. Allerdings sei der Bezug von Urlaubs-entgelt in dieser abschließenden Regelung nicht enthalten, da es sich hierbei gerade nicht um staatliche Mittel handele. Schließlich sei auf eine weitere Gleichbehandlung hinzuweisen. Neben Entgeltfortzahlung wegen Krankheit werde Erziehungsgeld weitergewährt. Dage-gen sei – nach Auffassung des Beklagten sowie des SG – bei Zahlung von Urlaubsentgelt Erziehungsentgelt nicht zu gewähren. Ein sinnvoller Grund für diese unterschiedliche Be-handlung sei nicht erkennbar. In beiden Fällen werde keine Erwerbstätigkeit ausgeübt. Der Arbeitgeber zahle das entsprechende Entgelt weiter. Im Übrigen entstünden auch bei einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall keine Erwerbslücken.
Die Klägerin beantragt daher sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. Januar 2004 aufzuheben und die Bescheide vom 25. Februar 2001 sowie vom 06. März 2001 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. April 2002 dahingehend abzuändern, dass der Klägerin auch für die Zeit vom 27. November 2000 bis zum 18. Januar 2001 Bundeserziehungsgeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich hierzu auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In der Zulassung der Sprungrevision durch das Urteil des Sozialgerichts Leipzig (SG) vom 29.01.2004 liegt zugleich die Zulassung der Berufung (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 144 Rdnr. 41, § 161 Rdnr. 2). Die Berufung ist auch form- und fristgerecht, § 151 Abs. 1 SGG.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat zutreffend für den streitigen Zeitraum einen Anspruch auf Erziehungsgeld abgelehnt.
Gemäß § 1 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) hat Anspruch auf Erziehungs-geld wer u.a. eine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 BErzGG). Diese Voraussetzung liegt – wie der Beklagte und das SG dargelegt haben – nicht vor. Vielmehr gehörte auch die Zeit des Erholungsurlaubs zur Ausübung der Erwerbstätigkeit.
Durch diese Anspruchsvoraussetzung soll sichergestellt werden, dass der "Pflege und Betreuung des Kindes" Vorrang vor der Erwerbstätigkeit eingeräumt "wird" (BT-Drucks. 10/3792 S. 14). Diese Voraussetzung sichert also vor allem die Einhaltung der in Satz 1 Nr. 3 enthaltenen Forderung (das Kind selbst betreut und erzieht). Das, was als nicht volle Erwerbstätigkeit zu verstehen ist, beschreibt § 2 Abs. 1 BErzGG. Umgekehrt lässt sich aus § 2 Abs. 2 BErzGG entnehmen, dass der Bezug bestimmter anderer Sozialleistun-gen wie eine volle Erwerbstätigkeit behandelt wird, weshalb während dieser Zeiten die Gewährung von Erziehungsgeld nicht in Betracht kommt.
Entscheidend ist hier jedoch nicht der Bezug des Urlaubsentgeltes als solcher, sondern der Umstand, dass die Klägerin auch während des Urlaubs eine volle Erwerbstätigkeit ausübte. Zutreffend hat das SG hierzu ausgeführt, dass das tatsächliche Fehlen einer Tätigkeit trotz der Formulierung keine Erwerbstätigkeit ausübt nicht bereits zum Vorliegen dieser Tatbe-standsvoraussetzung führte, zumal – zumindest eine teilweise – Tätigkeit für einen An-spruch auf Erziehungsgeld gar nicht hinderlich wäre.
Zunächst wird bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, eine Person, die sich in ei-nem bestehenden Arbeitsverhältnis befindet, während der Zeit des Erholungsurlaubs nicht als "erwerbslos" oder "ohne Erwerbstätigkeit" bezeichnet. Das Gleiche gilt auch für eine Person, die vorübergehend arbeitsunfähig krank ist.
Deutlich macht dies die Bestimmung des Begriffes "Erwerbstätigkeit": Erwerbstätigkeit meint allgemein eine auf Gewinn oder sonstige Erzielung von Einkom-men gerichtete Tätigkeit, und zwar unabhängig davon, ob sie selbstständig oder unselbst-ständig ausgeübt wird. (Buchner/Becker in: Mutterschutzgesetz, Bundeserziehungsgeldge-setz, 7. Aufl., § 1 BErzGG Rdnr. 74; Eisel/Sowka, Mutterschutz- und Erziehungsurlaub, 4. Aufl., Rdnr. 13 zu § 1 BErzGGG; Zmarzlik/Zipperer/Viethen, Mutterschutzgesetz, Mut-terschaftsleistungen, Bundeserziehungsgeldgesetz, 7. Aufl., Rdnr. 44 zu § 1 BErzGG).
Der Urlaub unterbricht insbesondere deshalb die Erwerbstätigkeit nicht, weil der Anspruch auf Urlaub Ausfluss des Arbeitsverhältnisses ist und die Urlaubszeit gemäß § 11 des Ur-laubsgesetz (BUrlG) zu vergüten ist. Nicht erwerbstätig sind hingegen etwa Hausfrauen und Hausmänner, sowie Personen, die lediglich zur Unterstützung von Familienangehörigen im Rahmen der familiären Verbun-denheit oder ehrenamtlich tätig werden. Es fehlt ebenfalls an einer Erwerbstätigkeit, wenn das Beschäftigungsverhältnis zwar nicht beendet wird, aber die gegenseitigen Hauptpflich-ten ruhen, vor allem, wenn – ohne Teilzeitbeschäftigung – Erziehungsurlaub genommen wird.
Die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz – die nicht zu einer Unterbrechung der Erwerbstätigkeit als solcher führt – ist auch rechtlich wesentlich anders konzipiert als die Geltendmachung von Erziehungsurlaub nach §§ 15 ff. BErzGG.
Gleichgelagert ist im Wesentlichen die Freistellung von der Arbeitspflicht für den Arbeit-nehmer.
Der höchstpersönliche Anspruch auf Urlaub bzw. "Erholungsurlaub" nach § 1 BUrlG be-deutet völlige Freistellung (für den Erziehungsurlaub ist dies nicht zwingend) des Arbeit-nehmers von allen Pflichten der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung. Die höchstpersönliche Natur des Urlaubsanspruchs begründet sich weiterhin auch daraus, dass der bezahlte Erholungsurlaub nicht nur im Interesse der Person des einzelnen Arbeitneh-mers, sondern auch zur Erhaltung seiner Arbeitskraft, zur Verbesserung der Volksgesund-heit, Minderung von Frühinvalidität und damit zugleich im Interesse des Volksganzen ge-währt wird (vgl. Dersch/Neumann, Bundesurlaubsgesetz, 8. Aufl., Rdnr. 71 zu § 1). Im Bereich des Erholungsurlaubs ist die zeitliche Festlegung unter Abwägung der Interes-sen des Betriebs und des Arbeitnehmers vorzunehmen, erforderlichenfalls auch entgegen den Vorstellungen des Arbeitnehmers, bei dringenden Gründen eventuell unter Aufteilung, Übertragung oder auch Abgeltung des Jahresurlaubs (§ 7 Abs. 1 bis 4 BUrlG). Urlaubsge-währung ist eine konstitutive Befreiung von der Arbeitspflicht durch Abgabe einer ent-sprechenden Willenserklärung des Arbeitgebers. Anspruch auf Erholungsurlaub heißt An-spruch auf Abgabe dieser Freistellungserklärung; auf ihre Abgabe kann der Arbeitgeber ggf. auch verurteilt werden (vgl. Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz, BErzGG, 7. Aufl., Rdnr. 6 vor§§ 15 bis 21 BErzGG).
Demgegenüber ist Zweck des Anspruchs auf Elternzeit nach § 15 Abs. 1 und 2 BErzGG, dass ein Kind selbst betreut und erzogen wird. Erwerbstätigkeit ist hierbei im beschränkten Umstand zulässig, nämlich – in Anlehnung an die Bestimmungen, die für die Gewährung des Erziehungsgeldes gelten – als Teilzeittätigkeit. Der Gesetzgeber sah die Vorschriften über den Erziehungsurlaub als "notwendige Ergän-zung" zum Erziehungsgeld an, da die Gewährung der Geldleistung die Aufgabe oder zu-mindest Reduzierung der Erwerbstätigkeit voraussetzt; durch die Elternzeit soll sicher ge-stellt werden, dass "das Kind eine ständige Betreuungsperson hat" (BT-Drucks. 10/3792 S. 19; Buchner/Becker, a.a.O. Rdnr. 8 und Rdnr. 10/11). Im Gegensatz zu dem Erholungs-urlaub ruht während der Elternzeit der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers.
Die Einordnung des Erholungsurlaubs in die Ausübung der Erwerbstätigkeit wird schließ-lich auch mittelbar vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bewertung von § 2 Abs. 2 BErzGG – deutlich: Allerdings hat die Klägerin hierzu zutreffend ausgeführt, dass allein der Bezug einer Lohn-ersatzleistung oder von Einkommen für einen Anspruchsausschluss nicht maßgeblich ist. Wie sich aus § 2 Abs. 2 BErzGG ergibt, ist der Bezug einer Lohnersatzleistung keineswegs grundsätzlich anspruchsausschließend. Eine Lohnersatzleistung nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 BErzGG sowie Einkommen (des Ehegatten des Anspruchsberechtigten oder aus einer Teilzeittätigkeit) ist lediglich gemäß §§ 5, 6 BErzGG anzurechnen. Ausgeschlossen ist der Anspruch auf Erziehungsgeld jedoch beim Bezug einer Lohnersatz-leistung die nach einer vollen Erwerbstätigkeit bemessen wird. Eben dieser Gedanke ist auch auf das Urlaubsentgelt nach § 5 BUrlG auf der Grundlage einer vorausgegangenen Vollzeittätigkeit zu übertragen. Allerdings wird das Urlaubsentgelt nicht als "Lohnersatz-leistung", sondern als der fortbestehender arbeitsrechtlicher Vergütungsanspruch bei Sus-pendierung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers verstanden.
Im Übrigen käme der gleichzeitige Bezug von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Erziehungsgeld auch nur dann in Betracht, wenn die Klägerin als Anspruchsberechtigte gemäß § 15 Abs. 4 BErzGG eine zulässige Teilzeitbeschäftigung ausgeübt hätte. Bei einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf der Grundlage einer Vollzeitbeschäfti-gung bestünde – entgegen den Ausführungen der Klägerseite – in gleicher Weise kein An-spruch auf Erziehungsgeld. Denn im Falle einer solchen, zu Grunde liegenden Arbeitsun-fähigkeit wäre trotz des Fehlens der aktuellen Tätigkeit ebenfalls weiterhin die "Ausübung einer Erwerbstätigkeit" gegeben.
Nach alledem besteht für die Klägerin im Zeitraum vom 27.11.2000 bis 18.01.2001 kein Anspruch auf Erziehungsgeld.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
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