S 6 AS 2810/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AS 2810/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 798/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 4/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2010 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegenüber dem beklagten Grundsicherungsträger vorliegend zur umfassenden Auskunftserteilung verpflichtet ist.

Der am ...1970 geborene, als Kraftfahrer tätige, Kläger ist Vater des am ...1993 geborenen Herrn B ... Dieser lebte in 2010 gemeinsam mit seiner Mutter, Frau S., in einer Bedarfsgemeinschaft in Leipzig. In der öffentlichen Sitzung vor dem Amtsgericht Leipzig am 28. Januar 2009 verpflichtete sich der Kläger in einem gerichtlichen Vergleich zu einer Unterhaltszahlung gegenüber seinem Sohn in Höhe von monatlich 314,00 Euro ab dem 1. Januar 2009, der er in der Folge auch regelmäßig nachkam. In einem weiteren gerichtlichen Vergleich in der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Leipzig am 22. August 2011 wurde der Wegfall der Unterhaltsverpflichtung zum 1. August 2011 festgestellt.

Die Rechtsvorgängerin des Beklagten, die ARGE Leipzig (im Folgenden nur noch: Beklagter), gewährte Frau S. Grundsicherungsleistungen für Juli 2010 in Höhe von 458,55 Euro. Da Herr B. aufgrund der erhaltenen Unterhaltszahlung von 314,00 Euro, des Bezugs von Wohngeld in Höhe von 121,00 Euro sowie Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro seinen Lebensunterhalt vollständig decken konnte, wurden ihm keine Grundsicherungsleistungen bewilligt. Überdies berücksichtigte der Beklagte ein übersteigendes Kindergeldeinkommen in Höhe von 152,72 Euro bedarfsmindernd bei Frau S ... Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 20. Juli 2010 bewilligte ihr der Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 26. Juli 2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von ebenfalls 458,55 Euro monatlich bis zum 31. Dezember 2010.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass seinem Sohn bis auf weiteres Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) gewährt werden und bislang der geleistete Unterhalt in Höhe von 314,00 Euro monatlich berücksichtigt werde. Er wies darauf hin, dass der Unterhaltsanspruch nach § 33 Abs. 1 SGB II kraft Gesetzes zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch für den Zeitraum der Hilfegewährung bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Beklagten übergegangen sei. Deshalb habe er zu prüfen, ob und inwieweit der Kläger tatsächlich Unterhaltsleistungen erbringen könne. Vor diesem Hintergrund forderte er den Kläger auf, durch Ausfüllen des beiliegenden Fragebogens vollständig Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen sowie diese Angaben durch geeignete Beweisunterlagen zu belegen. Er wurde außerdem darauf hingewiesen, dass der Auskunftsanspruch auch die Pflicht beinhaltet, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehe-/Lebenspartners anzugeben. Sofern er der Auskunftsaufforderung nicht nachkomme, bestünde die Möglichkeit der Einleitung eines Bußgeldverfahrens und der Verhängung einer Geldbuße bis zu 2.000,00 Euro.

Der Kläger kam dem Auskunftsbegehren nicht nach, sondern erhob Widerspruch gegen das Schreiben des Beklagten vom 23. Juli 2010, der mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2010 als unbegründet zurückgewiesen wurde. In der Begründung führte der Beklagte aus, er sei zur Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers berechtigt. Zudem würde sich die Hilfebedürftigkeit der Mutter des Sohnes des Klägers verringern, wenn der Kläger wirtschaftlich in der Lage wäre, einen höheren Unterhalt zu zahlen.

Mit der am 17. September 2010 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren aus dem Widerspruchsverfahren fort. Der Kläger behauptet, der Beklagte sei nicht berechtigt, einen höheren Unterhalt als den im gerichtlichen Vergleich festgesetzten Betrag zu verlangen. Überdies gäbe es keine Rechtsgrundlage für die vorratsweise Datenerforschung des Beklagten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ihm stünde ein umfassendes Auskunfts- und Informationsrecht gegenüber dem Kläger als Unterhaltsverpflichteten zu.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren

Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn er ist dem Beklagten gegenüber nicht zu der geforderten Auskunft verpflichtet.

1. Im Laufe des Gerichtsverfahrens erfolgte auf der Beklagtenseite eine Umbenennung des ehemaligen zuständigen Grundsicherungsträgers, der ARGE Leipzig, in das Jobcenter Leipzig, dem nunmehrigen Beklagten. Diese Funktionsnachfolge des Beklagten stellt im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren keine Klageänderung, sondern einen Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes dar, so dass das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen war (Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. April 2011, Az. B 4 AS 12/10 R, Rn. 10, zitiert nach Juris; Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Dezember 1987, Az. 10 RKg 5/85, Rn. 10f, zitiert nach Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 99 Rn. 6a).

2. Der Beklagte kann sich nicht auf § 33 SGB II als Rechtsgrundlage seines geltend gemachten Auskunftsverlangens berufen. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II geht in Fällen, in den Empfänger von Grundsicherungsleistungen für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der nicht Leistungsträger ist, haben, der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht erbracht worden wären. Bei dem mit diesem Unterhaltsanspruch im Zusammenhang stehenden Auskunftsanspruch handelt es sich um einen zivilrechtlichen Anspruch nach § 1605 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der vor den Zivilgerichten geltend zu machen ist (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2011, Az. L 13 AS 4950/10, Rn. 32, zitiert nach Juris; Urteil des Sozialgerichts Halle (Saale) vom 12. März 2012, Az. S 4 AS 4832/09, zitiert nach Sozialgerichtsbarkeit) und demnach nicht durch Verwaltungsakt festgesetzt werden kann. Überdies bestehen nach Auffassung der Kammer bereits Zweifel, inwiefern sich der Beklagte überhaupt auf den Anspruchsübergang berufen kann, da dieser nach § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II ausgeschlossen ist, wenn der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Vorliegend hat der Kläger nach unstreitigem Vorbringen den im gerichtlichen Vergleich vom 28. Januar 2009 vor dem Amtsgericht Leipzig vereinbarten Betrag in Höhe von monatlich 314,00 Euro regelmäßig an seinen Sohn gezahlt.

3. Als Rechtsgrundlage des von dem Beklagten geltend gemachten Auskunftsverlangens verbleibt demnach nur noch § 60 Abs. 2 SGB II. Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II hat derjenige, der jemandem, der eine Leistung nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist, die geeignet sind, Leistungen nach diesem Buch auszuschließen oder zu mindern, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber sowie über damit im Zusammenhang stehendes Einkommen oder Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist. § 60 Abs. 2 Satz 3 SGB II regelt, dass für die Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung § 1605 Abs. 1 BGB anzuwenden ist. § 60 Abs. 2 SGB II begründet demnach eine eigenständige öffentlich-rechtliche Pflicht zur Auskunftserteilung, der ein Auskunftsanspruch des Grundsicherungsträgers gegenübersteht. Die Vorschrift ermächtigt den Leistungsträger, die Auskunftspflicht durch Verwaltungsakt gegenüber dem Pflichtigen geltend zu machen und ggf. im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchzusetzen (vgl. Schoch in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 60 Rn. 2). Im Ergebnis ergibt sich jedoch nach Auffassung der Kammer auch aus dieser Vorschrift keine Auskunftsverpflichtung des Klägers gegenüber dem Beklagten, da die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage nicht vorliegen. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der Kläger jedenfalls dem Grunde nach seinem Sohn gegenüber in dem streitgegenständlichen Zeitraum zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet war. Des ergibt sich bereits aus der Vorschrift des § 1601 BGB. Darüber hinaus verlangt § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II jedoch weiterhin, dass der Unterhaltsberechtigte, Herr B., überdies Grundsicherungsleistungen bei dem Beklagten beantragt oder von ihm bezogen hat. Folglich besteht die Auskunftspflicht nach dieser Vorschrift nur für einen begrenzten Zeitraum. Dieser beginnt bei Beantragung der Leistung und setzt sich während der gesamten Dauer des Leistungsbezuges fort. Dabei wird die Auskunftspflicht aber erst mit dem Zugang des Auskunftsverlangens fällig. Der maßgebliche Zeitraum endet sodann, wenn der Leistungsbezug beendet ist oder wenn der Leistungsantrag - bestandskräftig - abgelehnt oder zurückgenommen worden ist (Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Februar 2012, Az. L 9 AS 405/10, Rn. 24, zitiert nach Juris; Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2011, Az. L 13 AS 4950/10, Rn. 44ff, zitiert nach Juris; Sander in Hohm, Gemeinschaftskommentar zum SGB II, EL Stand August 2008, § 60 Rn. 72).

Aus der Verwaltungsakte lässt sich entnehmen, dass Herrn B. von dem Beklagten keine SGB II-Leistungen gewährt wurden, weil er aufgrund eigenen Einkommens aus Unterhalt, Wohngeld sowie Kindergeld seinen Bedarf vollständig decken konnte. Darüber hinaus ist auch keine erweiternde Auslegung der Norm im Lichte der Vorschrift des § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II möglich. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II gilt Satz 1 der Vorschrift - und demnach der gesetzliche Übergang des materiell-rechtlichen Anspruches auf den Grundsicherungsträger - auch, soweit Kinder unter Berücksichtigung von Kindergeld nach § 11 Abs. 1 Satz 3 keine Leistungen empfangen haben oder bei rechtzeitiger Leistung des Anderen keine oder geringere Leistungen an die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären. Nach Auffassung der Kammer findet eine Auslegung einer gesetzlichen Normierung im Rahmen der Eingriffsverwaltung ihre Grenzen jedenfalls in dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut. Eine exzessive Auslegung über den Wortlaut hinaus ist vorliegend nicht gerechtfertigt, denn für einen solchen Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) bedarf es einer klaren gesetzlichen Grundlage, die vorliegend fehlt.

In der ursprünglichen Fassung des SGB II im Jahr 2005 enthielt auch die Vorschrift des § 33 Abs. 1 SGB II nicht die Ausnahmeregelung, die den Besonderheiten des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II bei der Anrechnung von Kindergeld Rechnung trägt. Danach ist Kindergeld grundsätzlich als Einkommen des jeweiligen Kindes zu berücksichtigen, das erst dann als Einkommen bei der kindergeldberechtigten Person berücksichtigt wird, wenn das Kind durch sonstiges Einkommen seinen Lebensunterhalt vollständig decken kann. Aufgrund dieser Regelung erfolgte bis zur Gesetzesänderung immer dann kein gesetzlicher Übergang von Kindesunterhaltsansprüchen auf den Grundsicherungsträger, wenn das Kind aufgrund fehlender Hilfebedürftigkeit aus der Bedarfsgemeinschaft ausgeschlossen war und demnach keine Grundsicherungsleistungen selbst bezogen hat. Um diesem Umstand entgegenzutreten, erfolgte mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2917) der Einschub der Regelung in § 33 Abs. 1 Satz 2 SGB II und somit die Schließung der Regelungslücke. Folglich tritt nunmehr ein Anspruchsübergang auch dann ein, wenn ein Kind als Anspruchsinhaber aufgrund eigenen Einkommens, und Anrechnung des bei ihm zur Sicherung des Lebensunterhaltes benötigten Kindergeldes trotz ausbleibender Leistungserfüllung nicht hilfebedürftig ist (so Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drs. 16/10810, S. 49). Nach Auffassung der Kammer hat also der Gesetzgeber das grundsätzliche Problem erkannt und deshalb die Gesetzesänderung herbeigeführt. Dies hätte er sodann auch gleichermaßen in dem § 60 Abs. 2 SGB II entsprechend regeln können. Dort blieb jedoch eine Änderung aus, so dass im Rahmen des Auskunftsverlangens per Verwaltungsakt die Auswirkungen der Kindergeldanrechnung unberücksichtigt bleiben müssen (so auch Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2011, Az. L 13 AS 4950/10, Rn. 43, zitiert nach Juris). Folglich bleibt festzuhalten, dass der unterhaltsberechtigte Sohn des Klägers in dem maßgebenden Zeitraum keine SGB II-Leistungen von dem Beklagten bezogen hat. Inwieweit bei einer höheren Unterhaltszahlung sich die Anrechnung des überschießenden Kindergeldes bei Frau S. erhöhen und demnach ihre Hilfebedürftigkeit verringern würde, ist aufgrund des eindeutigen Wortlautes von § 60 Abs. 2 Satz 1 BGB II an dieser Stelle unbeachtlich.

Darüber hinaus kann nach Auffassung der Kammer vorliegend auch nicht auf den Leistungsantrag der Mutter, Frau S., die diesen zugleich auch für ihren Sohn gestellt hat, abgestellt werden. Im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens war dieser Antrag jedenfalls für den unterhaltsberechtigten Sohn bestandskräftig abgelehnt worden, denn indem der Beklagte lediglich der Mutter, nicht aber Herrn B., Grundsicherungsleistungen für Juli 2010 bewilligt hat, liegt darin zugleich konkludent eine Ablehnung ihm gegenüber. Eine andere Betrachtungsweise ergibt sich auch nicht für den Folgebewilligungszeitraum ab 1. September 2010. Auf den Fortzahlungsantrag von Frau S. bewilligte der Beklagte mit Bewilligungsbescheid vom 26. Juli 2010 für diesen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 monatlich SGB II-Leistungen in Höhe von 458,55 Euro endgültig, obwohl er den Kläger mit Schreiben vom 23. Juli 2010 aufgefordert hatte, bis zum 16. August 2010 die angeforderten Auskünfte und Unterlagen zu übersenden. Damit hat er gezeigt, dass er offensichtlich über den Leistungsantrag ohne die begehrte Auskunft abschließend entscheiden konnte. Sinn und Zweck der Regelung in § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II, die auf die Beantragung von Leistungen abstellt, ist aber, dass der Grundsicherungsträger in einem Verwaltungsverfahren vor seiner Entscheidung über die Leistungsansprüche die Möglichkeit haben soll, Auskünfte von gegenüber dem Antragsteller leistungsverpflichteten Dritten einzuholen (Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2011, Az. L 13 AS 4950/10, Rn. 45, zitiert nach Juris). Vor diesem Hintergrund endet der Auskunftsanspruch bereits dann, wenn der Leistungsträger für sich selbst keine Kausalität zwischen der Auskunft und der Bewilligungsentscheidung sieht. Folglich kann auch nicht auf das Vorliegen eines SGB II-Antrages für den unterhaltsberechtigten Sohn abgestellt werden, so dass insgesamt die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch des Beklagten nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht gegeben sind.

4. Da bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Auskunftsanspruches durch Verwaltungsakt nach § 60 Abs. 2 SGB II nicht vorliegen, musste die Kammer nicht über die Rechtmäßigkeit des Umfangs der angeforderten Auskünfte und Unterlagen entscheiden. An dieser Stelle sei jedoch erwähnt, dass sowohl die Aufforderung gegenüber dem Kläger, die Auskünfte zu seinem Vermögen zu belegen, als auch die Aufforderung, über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse eines eventuellen Ehepartners/Lebenspartners Auskunft zu erteilen, nicht von der Rechtsgrundlage in § 60 Abs. 2 SGB II gedeckt sein dürfte (vgl. zur Frage der Übersendung von Nachweisen zum Vermögen Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 2007, Az. L 1 AS 12/06, Rn. 27, zitiert nach Juris; Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Juni 2011, Az. S 21 AS 1604/10 Rn. 35, zitiert nach Juris; vgl. zum Auskunftsverlangen hinsichtlich der Angaben eines Partners Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. März 2012, Az. S 4 AS 4832/09, zitiert nach Sozialgerichtsbarkeit).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Vorschrift des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist anzuwenden, weil der Kläger nicht zum Personenkreis des § 183 SGG zählt, da er das Verfahren nicht als Versicherter oder Leistungsempfänger betreibt.

III.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG. Das Gericht orientiert sich dabei an Abschnitt C, VII Nr. 2 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit. Dieser empfiehlt für Verfahren, in denen es - wie hier - um die Erteilung einer Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 60 SGB II) geht, die Hälfte des Regelstreitwerts nach § 52 Abs. 2 GKG (vgl. so auch Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 12. März 2012, Az. L 5 AS 177/10 B, zitiert nach Juris; a. A. Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Februar 2011, Az. B 14 AS 87/09 R, Rn. 26, zitiert nach Juris, Annahme des Auffangstreitwertes in Höhe von 5.000,00 Euro in Abweichung zu dem Streitwertkatalog aus dem Jahr 2009, ohne weitere Begründung).
Rechtskraft
Aus
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