Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 11 KA 834/06 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 151/07 KA-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst aus gesundheitlichen Gründen.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 04. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die Antragstellerin begehrt im Wege vorläufigen Rechtsschutzes, von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst befreit zu werden.
Die 1948 geborene Antragstellerin nimmt als Hals-, Nasen-, Ohren-(HNO-)Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Am 14.08.2003 erlitt sie einen komplizierten Bruch des rechten Ellenbogengelenks, der mehrere Operationen erforderlich machte und von dem ihr Einschränkungen der Beweglichkeit des rechten Arms verblieben. Die Antragsgegnerin befreite die Antragstellerin auf deren Antrag mit Bescheid vom 10.12.2003 bis zum 31.12.2004 von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Diese Befreiung wurde mit Bescheid vom 26.11.2004 bis zum 31.12.2006 verlängert.
Mit Schreiben vom 23.08.2006 beantragte die Antragstellerin unter Vorlage eines Attestes der Orthopädin Dr. H1 vom 01.11.2004/23.08.2006 die weitere Befreiung von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.11.2006 ab. Die Fallzahlen, die seit dem Quartal I/2004 nahezu konstant über dem Fachgruppendurchschnitt lägen, zeigten, dass die Praxistätigkeit offenbar in vollem Umfang ausgeübt werde. Damit liege die eingeschränkte Praxistätigkeit, die § 8 Abs. 1 lit. a der Bereitschaftsdienstordnung (BDO) fordere, nicht vor. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit dem 2003 erlittenen Unfall seien nicht mehr als so schwerwiegend einzuschätzen, dass eine zeitweise Befreiung von der Teilnahme am Bereitschaftsdienst weiterhin zu rechtfertigen sei, da offensichtlich auch der Praxisalltag ohne Einschränkungen bewältigt werden könne.
Die Antragstellerin, die dem 05.12.2006 Widerspruch eingelegt hatte, hat am 07.12.2006 beim Sozialgericht Dresden (SG) beantragt, im Wege einstweiligen Rechtsschutzes von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst befreit zu werden. Auch die Quar-tale vor ihrem Unfall müssten in die Betrachtung einbezogen werden. Trotz Schließung einer HNO-Praxis im selben Ort ab dem Quartal III/2004 sei es bei ihr zu keiner wesentlichen Fallzahlerhöhung gekommen. Aufgrund der Besonderheiten der HNO-ärztlichen Tätigkeit komme sie dort mit ihrer Behinderung gut zurecht; in anderen Fachrichtungen hätte sie erhebliche Probleme oder könnte gar nicht mehr tätig sein. Im Bereitschaftsdienst wäre sie nicht in der Lage, eine Reanimation, eine Leichenschau, eine Ganzkörperuntersuchung und anderes mehr lege artis durchzuführen. Aus dem Attest von Dr. H1 und aus einem Gutachten des Orthopäden Dr. A1 vom 25.01.2005 gehe hervor, dass bei ihr ein Dauerzustand vorliege. Die Antragsgegnerin hat erwidert, das Ausmaß der körperlichen Behinderung sei unerheblich, solange die Antragstellerin in vollem Umfang vertragsärztlich tätig sei. Auch könne ihr aufgrund der uneingeschränkten Praxistätigkeit zugemutet werden, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
Mit Beschluss vom 04.02.2007 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es bestünden keine Zweifel, dass die Antragstellerin eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst nicht mehr beanspruchen könne. Die Voraussetzungen der allein in Betracht zu ziehenden Befreiung gemäß § 8 Abs. 1 lit. a BDO seien nicht erfüllt. Dabei könne offen bleiben, ob die Ungeeignetheit zur Ausübung des Bereitschaftsdienstes in Zweifel zu ziehen sei. Ebenso wenig erheblich sei, ob die Antragstellerin ihren Arbeitsplatz an ihre Einschränkungen angepasst habe. Der Anspruch sei unbegründet, weil die Antragstellerin inzwischen mit ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Praxistätigkeit in vollem Umfang ausübe. Bei Betrachtung der Entwicklung der Fallzahlen vor und nach dem Unfall zeige sich, dass die Antragstellerin seit dem Quartal II/2004 die Fallzahlen der Vergleichsgruppe teilweise überschreite, im Übrigen aber nur in einzelnen Quartalen und nur marginal unterschreite. Dabei hätten die Fallzahlen der Antragstellerin vor dem Unfall nicht erheblich über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Die Abweichungen hätten sich auch hier in einer Breite bewegt, wie sie nach dem Unfall wieder zu erkennen seien. Die Regelung in der BDO, wonach eine Befreiung nicht schon und allein aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu gewähren sei, verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Dem Vertragsarzt sei, auch wenn er aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht mehr selbst den Notdienst leisten könne, die Bestellung eines Vertreters auf eigene Kosten zumutbar. Es sei mit den Grundsätzen des Vertragsarztrechts vereinbar, wenn die Befreiung vom Bereitschaftsdienst nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Vertragsarztes, sondern auch davon abhängig gemacht werde, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf seine allgemeine berufliche Tätigkeit auswirkten, und eine deutliche Einschränkung der Praxisausübung verlangt werde.
Die Antragstellerin verfolgt mit ihrer am 02.03.2007 eingelegten Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ihr Begehren weiter. Durch die Behinderungen infolge des Unfalls vom 14.08.2003 sei sie bereits in den alltäglichen ärztlichen Verrichtungen in ihrer Praxis erheblich beeinträchtigt. Mit dem Wegfall bestimmter Einzeltätigkeiten (Spülen der Kiefernhöhle, Legen einer Nasentamponade, Septum-Operation nebst unmittelbarer Nachsorge, Durchführung einer Hyposensibilisierung, operative Eingriffe im Mund-, Rachen-, Hals-, Nasen- und Ohrenraum) gehe eine signifikante Reduzierung des technischen Spekt-rums des HNO-typischen Leistungsbildes einher, die sich mit mindestens 30 % quantitativ auf das ohne die Behinderung zu bewältigende Praxispensum auswirke. Dies schlage sich auch in ihrem Punktmengenvolumen (PMV) bzw. Restleistungsvolumen (RLV) ab dem Quartal I/2005 nieder, als sich das Unfall- und unmittelbare Nachunfallquartal als Basis- und Vergleichzeitraum erstmals ausgewirkt hätten. Seither liege sie im Mittel um 8,08 % unter dem RLV der Vergleichsgruppe. Auch sei ein Rückgang der Fallzahlen vor und nach dem Unfall festzustellen. Infolge ihrer unfallbedingten dauerhaften Beeinträchtigung sei sie physisch und technisch nicht mehr dem Anforderungsprofil des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gewachsen. Da die Bestellung eines Vertreters auf vorläufiger Basis tragbar nicht geregelt werden könne und hierfür auch die erforderliche Bereitschaft der Kollegen fehle, würde eine Wiedereingliederung in den Bereitschaftsdienst sie vor vollendete Tatsachen stellen. § 8 Abs. 1 BDO ermögliche eine Befreiung auch dann, wenn die Voraussetzungen des Regelbeispiels in § 8 Abs. 1 lit. a BDO nicht vorlägen. Darüber hinaus spreche § 8 Abs. 1 lit. a BDO nicht nur die wirtschaftliche Dimension an, sondern erfasse jedwede Einschränkung der Praxistätigkeit, mithin auch die Reduzierung des fachgebietstypischen technischen Leistungsspektrums. Eine Befreiung komme daher nicht nur dann in Betracht, wenn die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Berufs nicht mehr voll genutzt würden. Allerdings erfülle sie ohnehin sämtliche Merkmale des Befreiungstatbestandes des § 8 Abs. 1 lit. a BDO. Aus der Entwicklung ihres RLV und dem Vergleich der Fallzahlen vor und nach dem Unfall, ferner aus der Tatsache, dass sie eine Vielzahl der Patienten einer aufge-lassenen Praxis nicht habe übernehmen können, folge, dass sie die wirtschaftlichen Möglichkeiten ihres Berufes nicht mehr voll nutze. Verfehlt sei es, allein auf die Fallzahlen abzuheben, da diese im Hinblick auf das Honoraraufkommen nur bedingt aussagekräftig seien. Ungeachtet dessen stelle sich die Frage, weshalb die Antragsgegnerin jetzt mit Rücksicht auf die Fallzahlen eine weitere Befreiung ablehne, diese aber unter Zugrundele-gung derselben Zahlen durchgängig bis 31.12.2006 erteilt habe. Die Antragsgegnerin dürfte sich durch die vorangegangenen Befreiungen in der Ermessensausübung endgültig gebunden haben. Daher könne es ihr – der Antragstellerin – auch nicht angesonnen werden, einen Vertreter zu bestellen, abgesehen davon, dass dies nicht praktizierbar, rechtlich und faktisch vielmehr unmöglich wäre. § 7 BDO regele nur die Vertretung bei Verhinderung im Einzelfall. Eine dauerhafte Vertretung sei vergütungs- und haftungsrechtlich außerordentlich problematisch. Tatsächlich sei auch kein in Betracht kommender Arztkollege bereit, eine Bereitschaftsdienstvertretung auf der Grundlage einer Dauerlösung zu übernehmen. Auf Anfrage hätten alle 34 für ihren Bereitschaftsbezirk in Frage kommenden Ärzte eine Vertretung abgelehnt. Unabhängig von der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sei es auch verantwortungslos, das Risiko, einen Vertreter zu finden, allein ihr aufzubürden. Die Sicherstellung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes sei zuvörderst eine Aufgabe der Antragsgegnerin. Sie – die Antragstellerin – hilfsweise auf Krankenhausärzte zu verwei-sen, sei schon nicht mehr diskutabel.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 04. Februar 2007 in seinen Ziffern I. und II. aufzuheben und die Antragsgegnerin einstweilen zu verpflichten, die An-tragstellerin von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst bis zu einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache zu befreien.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sowohl die Fallzahl als auch die Honorarentwicklung der Antragstellerin belege, dass eine Einschränkung der Praxistätigkeit nicht gegeben sei. Eine unterbliebene Ausdehnung der Praxistätigkeit sei nicht mit einer Einschränkung gleichzusetzen. Eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst könne nicht mit Blick auf das PMV bzw. RLV begründet werden, da sonst jede im Hinblick auf den Vergleichsgruppenwert unterdurchschnittliche Praxis die Befreiung beanspruchen könnte. Mit der Verknüpfung von Krankheit und eingeschränkter Praxistätigkeit werde dem Gedanken Rechnung getragen, dass dem Arzt, der die wirtschaftlichen Möglichkeiten einer vollumfänglichen vertragsärztlichen Praxis nutze, auch die Bestellung eines Vertreters auf eigene Kosten zugemutet werden könne. Die vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen seien zu hinterfragen. Es sei nicht erkennbar, mit welcher Fra-gestellung und unter Angabe welchen Vergütungsangebots pauschale Mustererklärungen abgefordert worden seien. Auch inhaltlich seien diese Erklärungen nicht nachvollziehbar, insbesondere was die Belastung durch eine Vertretung anbelange. Zur Zeit seien im Bereit-schaftsdienstbereich 38 Ärzte zum Bereitschaftsdienst verpflichtet; die Diensthäufigkeit betrage 1 bis 2 Mal im Monat.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG Dresden ihrem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht stattgegeben. Für die begehrte einstweilige Anordnung besteht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich bei dieser nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Fra-ge der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Für die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin besteht bereits kein Anordnungsanspruch. Es spricht nach dem augenblicklichen Erkenntnisstand nichts dafür, dass die Antragstellerin Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst hat.
Rechtsgrundlage für die Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ist § 8 Abs. 1 BDO. Darin wird bestimmt: "Im Einzelfall können Vertragsärzte auf schriftlichen Antrag vom kassenärztlichen Bereitschaftsdienst ganz oder teilweise von der zuständigen KVS-Bezirksstelle befreit werden. Dies gilt insbesondere: a) wenn er wegen körperlicher Behinderung oder langdauernder schwerer Erkrankung (Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens) nicht in der Lage ist den Anforderungen der Ausübung des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes gerecht zu werden und die Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausgeübt werden kann, b) aus Altersgründen, wenn die Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausgeübt werden kann, c) für Ärztinnen mindestens 3 Monate vor und mindestens 12 Monate nach der Niederkunft, d) bei Teilnahme an sonstigen, auf der Grundlage anderer Bestimmungen vorzuhaltenden Bereitschaftsdiensten (Belegarzttätigkeit, Dialysepatienten) unter Beachtung der Festlegungen des Vorstandes der KV Sachsen, e) bei der Teilnahme am Notarztdienst unter Beachtung der Festlegungen des Vorstandes der KV Sachsen."
Demnach hat die Antragsgegnerin über die Befreiung vom Bereitschaftsdienst eine Ermessensentscheidung zu treffen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BDO). Ihr kommt dabei kein freies Ermessen zu, vielmehr hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die tatbestandli-chen Voraussetzungen für diese Ermessensentscheidung sind in § 8 Abs. 1 Satz 1 BDO nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergeben sich jedoch aus Sinn und Zweck der Befreiung vom Bereitschaftsdienst und mit Blick auf die in § 8 Abs. 1 Satz 2 BDO enthaltenen Regelbeispiele.
Bei der Auslegung des § 8 Abs. 1 BDO ist zu beachten, dass ein Vertragsarzt mit seiner Zulassung die Verpflichtung übernimmt, in zeitlicher Hinsicht umfassend für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Das umfasst auch die Zeiten außerhalb der Sprechstunde. Von der demnach bestehenden täglichen Dienstbereitschaft rund um die Uhr wird der einzelne Vertragsarzt dadurch entlastet, dass die gesamte Ärzteschaft einen Bereitschaftsdienst organisiert; dafür muss der Arzt aber den Bereitschaftsdienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang vertragsärztlich tätig ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 Rn. 10). Zudem handelt es sich bei der Sicherstellung eines ausreichenden Bereit-schaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe der Vertragsärzte, die nur erfüllt werden kann, wenn alle zugelassenen Ärzte unabhängig von der Fachgruppenzugehörigkeit und sonstigen individuellen Besonderheiten und ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Personen oder Gruppen gleichmäßig herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 - BSGE 44, 252, 257 f. = SozR 2200 § 368n Nr. 12). Deshalb ist der in der Bereitschaftsdienstverpflichtung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit auch dann hinzunehmen, wenn er für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringt; erst beim Vorliegen schwerwiegender Gründe kann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten und eine Befreiung des Betroffenen geboten sein (BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124).
Dementsprechend genügt nach § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO für eine Befreiung nicht jede gesundheitliche Beeinträchtigung mit Auswirkungen auf die Ausübung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes. Vielmehr ist erforderlich, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung dauerhaft ist und darüber hinaus dass der Vertragsarzt die Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausüben kann. Diese satzungsrechtliche Bestimmung ist nicht zu beanstanden. Da es sich bei der Sicherstellung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe aller Vertragsärzte handelt, sind auch alle Vertragsärzte in einer alle gleichmäßig belastenden Weise zur Mitwirkung heranzuziehen. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Vertragsarzt hat den Bereitschaftsdienst, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange vertragsärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Vertragsärzte zulasten ihrer Kollegen von vertragsärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Vertragsarzt-rechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des Bereitschaftsdienstes nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Vertragsarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z.B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt haben oder dem Vertragsarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (BSG, Urteil vom 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122).
Die Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO nicht, da sie trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre Praxistätigkeit (wieder) in vollem Umfang ausüben kann.
Ob eine Praxistätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO in vollem Umfang ausgeübt wird, erfordert nicht nur einen Vergleich der jetzigen mit der bisherigen Praxisausübung des die Befreiung begehrenden Vertragsarztes, sondern auch einen Vergleich mit der Praxisausübung der anderen Vertragsärzte im gleichen Zeitraum. Denn nach § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO genügt es nicht, dass die Praxistätigkeit nicht mehr im "bisherigen" Umfang ausgeübt wird, vielmehr ist erforderlich, dass dies nicht mehr im "vollen" Umfang der Fall ist. Ob eine Praxistätigkeit in "vollem" Umfang ausgeübt wird, lässt sich aber nur durch einen Vergleich mit der Tätigkeit anderer Vertragsärzte beurteilen. Dieser Vergleich muss sich auf aussagekräftige Datengrundlagen stützen können. Daher ist es sachgerecht, die Fallzahlen des Arztes mit denjenigen seiner Arztgruppe zu vergleichen. Denn die Fallzahlen einer Praxis sind – verglichen mit denjenigen der Arztgruppe – ein verlässliches Indiz für den Umfang der Praxisausübung und damit auch für die Einkommensverhältnisse des Vertragsarztes.
Ausweislich ihrer Fallzahlen kann die Antragstellerin – wie das SG zutreffend festgestellt hat – ihre Praxistätigkeit wieder in vollem Umfang ausüben. Dies zeigt der Blick auf die Fallzahlen der Antragstellerin und ihrer Arztgruppe in den Quartalen II/2002 bis II/2006: Quartal Fallzahl Abweichung Antragstellerin Vergleichsgruppe II/2002 1.307 1.306 + 0,1 % III/2002 1.123 1.203 - 6,7 % IV/2002 1.302 1.264 + 3,0 % I/2003 1.425 1.355 + 5,2 % II/2003 1.401 1,303 + 7,5 % III/2003 556 1.195 - 53,5 % IV/2003 735 1.303 - 43,6 % I/2004 1.035 1.133 - 8,6 % II/2004 1.208 1.141 + 5,9 % III/2004 1.147 1.071 + 7,1 % IV/2004 1.190 1.162 + 2,4 % I/2005 1.201 1.149 + 4,5 % II/2005 1.230 1.217 + 1,1 % III/2005 1.029 1.076 - 4,4 % IV/2005 1.107 1.127 - 1,8 % I/2006 1.205 1.202 + 0,2 % II/2006 1.164 1.241 - 4,2 % Demnach überstiegen die Fallzahlen der Antragstellerin ab dem Quartal II/2004 zunächst diejenigen der Vergleichsgruppe und liegen seit dem Quartal III/2005 nur unwesentlich unter diesen.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das Vorbringen der Antragstellerin, in den Quartalen IV/2000 bis II/2003 habe sie eine Durchschnittfallzahl von 1.344 aufgewiesen, in den Quartalen I/2004 bis III/2006 jedoch nur noch eine Durchschnittfallzahl 1.169. Die von der Antragstellerin bei der Bildung dieser Durchschnittsfallzahlen verwandten Angaben in den Honorarbescheiden sind nicht mit den Fallzahlen der Häufigkeitsstatistiken identisch, auf denen die oben angegebenen Werte beruhen. Die Antragstellerin hat nämlich die jeweils auf Blatt 1 des Honorarbescheides ausgewiesene Zahl der Behandlungsausweise herangezogen. Diese weicht von der Fallzahl der Häufigkeitsstatistiken ab, da sie zum einen auch Behandlungsausweise aus Vorquartalen umfasst und zum anderen in einem Behandlungsfall auch mehrere Behandlungsausweise eingereicht worden sein können. Trotz der hierauf beruhenden – eher geringfügigen – Abweichungen zwischen der Zahl der Behandlungsausweise und den Fallzahlen in den Häufigkeitsstatistiken ist aus beiden er-kennbar, dass die Fallzahlen der Antragstellerin vor dem Unfall höher waren als danach. Allein hieraus ergibt sich aber noch nicht, dass die Antragstellerin infolge ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausübt. Da dies einen Vergleich mit der Praxisausübung der anderen Ärzte voraussetzt, kommt es darauf an, ob bei der Vergleichsgruppe die gleiche Entwicklung der Fallzahlen zu beobachten ist wie bei der Antragstellerin. Dies ist hier der Fall. Ein Rückgang der Fallzahlen lässt sich nicht nur bei der Antragstellerin, sondern bei der gesamten Vergleichsgruppe feststellen. Bei der Antragstellerin gingen die Fallzahlen in dem Rahmen zurück wie bei der Vergleichsgruppe.
Kein verlässlicher Maßstab für den Umfang der Praxisausübung ist das konkrete Leistungsprofil einer Praxis. Allein der Umstand, dass ein Vertragsarzt einzelne Leistungen seines Fachgebiets nicht erbringt, bedeutet noch nicht, dass er die wirtschaftlichen Mög-lichkeiten seines Berufes nicht voll nutzt. Trotz einer solchen – womöglich freiwilligen – Beschränkung kann er wirtschaftlich nicht schlechter gestellt sein als seine Kollegen, wenn er die Fälle, die ihm durch das eingeschränkte Leistungsprofil seiner Praxis entgehen, anderweitig kompensieren kann. Daher reicht es nicht aus, wenn die Antragstellerin – wie sie vorbringt – infolge ihrer unfallbedingten Behinderungen nicht mehr in der Lage ist, das volle technische Spektrum einer HNO-Arztpraxis abzudecken, weil ihr Leistungen wie Spülen der Kiefernhöhle, Legen einer Nasentamponade, Septum-Operation nebst unmittelbarer Nachsorge, Durchführung einer Hyposensibilisierung sowie operative Eingriffe im Mund-, Rachen-, Hals-, Nasen- und Ohrenraum nicht mehr möglich sind. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus, dass die Antragstellerin die behinderungsbedingten Einschränkungen durch die Erbringung anderer Leistungen nicht kompensieren kann. Hierfür sind die Fallzahlen der Praxis das entscheidende Indiz. Aus diesen lässt sich freilich nicht entnehmen, dass es bei der Antragstellerin aufgrund des eingeschränkten Leistungsprofils ihrer Praxis zu einem Rückgang der Fallzahlen gekommen ist. Vielmehr bewegen sich diese, wie bereits dargelegt wurde, seit dem Quartal II/2004 um den Durchschnitt der Ver-gleichsgruppe.
Auch aus den PMV bzw. RLV der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass sie ihre Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausübt. Bei den PMV und RLV handelt es sich um individuelle Budgetierungen, die auf den individuellen Abrechnungsergebnissen in einem Referenzzeitraum aufbauen und in die auch Werte der Vergleichsgruppe mit einflie-ßen. Das RLV der Antragstellerin weicht nicht wesentlich von demjenigen der Vergleichs-gruppe ab. Nach den vorgelegten Mitteilungen lag es ab dem Quartal I/2006 um 8,8 %, ab dem Quartal III/2006 um 6,8 % und ab dem Quartal I/2007 um 6,4 % unter dem RLV der Vergleichsgruppe. Das leicht unterdurchschnittliche RLV lässt nicht den Schluss zu, dass die Antragstellerin ihre Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausübt. Darüber hinaus ist im Auge zu behalten, dass der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) gerade bei krankheitsbedingten Fallzahlabsenkungen eine Änderung des – rechnerisch ermittelten – PMV bzw. RLV ermöglicht (vgl. § 7 Abs. 10 HVM vom 26.11.2003/23.12.2004, § 7 Abs. 10 lit. c HVM vom 14.04.2005). Dies ist sinnvoll, wenn nicht gar geboten, um einem Ver-tragsarzt die Chance zu eröffnen, nach einer Erkrankung wieder in dem bisherigen Rahmen vertragsärztlich tätig zu sein. Daraus ergibt sich aber, dass PMV und RLV kein verlässlicher Maßstab zur Beurteilung einer krankheitsbedingten Einschränkung der Praxistätigkeit sind.
Einer Vertretung der Antragstellerin stehen nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand weder rechtliche noch tatsächliche Hindernisse entgegen.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erlaubt § 7 BDO die Vertretung nicht nur im Einzelfall. Vielmehr kann aus dieser Vorschrift entnommen werden, dass auch eine länger andauernde Vertretung zulässig ist. § 7 BDO bestimmt in seinem ersten Absatz, dass der diensthabende Vertragsarzt im Verhinderungsfall selbst für eine geeignete Vertretung und die erforderlichen Informationen zu sorgen hat. Die beiden folgenden Absätzen des § 7 BDO haben abrechnungstechnische Gründe: Nach Absatz 2 wird der Vertragsarzt, der eine Vertretung übernimmt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig, dagegen kann nach Absatz 3 ein Nichtvertragsarzt ohne Abrechnungsgenehmigung nur im Auftrag und auf Rechnung des vertretenen Vertragsarzt tätig werden. Eine Beschränkung der Vertre-tung auf Einzelfälle – wie vonseiten der Antragstellerin behauptet – lässt sich § 7 BDO nicht entnehmen. Gerade weil die BDO es dem zum Bereitschaftsdienst eingeteilten Vertragsarzt auferlegt, für eine Vertretung zu sorgen, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, aus welchem Grunde er verhindert ist. Nur für den Fall kurzfristiger Verhinderungen trifft § 7 Abs. 1 Satz 3 BDO eine Sonderregelung. Im Hinblick hierauf ist die Bestimmung des § 7 Abs. 4 Satz 2 BDO zu sehen, die den Bezirksstellen der Antragsgegnerin aufgibt, für unvorhersehbare Dienstausfälle Vorsorge zu treffen. Daraus lässt sich ersehen, dass die in der BDO vorgesehene Vertretung gerade für planbare Situationen und nicht für unvorher-sehbare Einzelfälle gedacht ist.
Genauere Regelungen über die Vertretung sind in der BDO nicht erforderlich. Insbesondere brauchte die BDO – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – keine Regelungen über die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter zu treffen. Vielmehr wären derartige Regelungen aufgrund des beschränkten Aufgabenbereichs der Antragsgegnerin problematisch. Dagegen sind die in § 7 Abs. 2 und 3 BDO getroffenen Regelungen, weil sie abrechnungstechnische Gründe haben, durch den Sicherstellungsauftrag der Antragsgegnerin (§ 75 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) gedeckt.
Mit den von der Antragstellerin vorgelegten Erklärungen lässt sich nicht belegen, dass eine Vertretung durch einen anderen Arzt tatsächlich nicht möglich wäre. Die von der Antragstellerin vorformulierten Erklärungen haben folgenden Wortlaut:
"Wenn ich gefragt werde, ob ich bereit wäre, auf der Grundlage einer ‚freien’ Ver-einbarung eine Arztkollegin/einen Arztkollegen z.B. Frau Dr. med. S ..., mit Pra-xis in der ,.S ..., im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst dauerhaft oder z.B. im Wechsel mit anderen Kollegen im Rahmen einer Art Rotationslösung oder sonst wie außerhalb der in § 7 der Bereitschaftsdienstordnung nur für die Behebung einer Einzelfallverhinderung vorgesehenen Regelung zu vertreten, so muss ich dies verneinen, weil dies für mich neben meiner Regelpraxistätigkeit und meinem eigenen obligatorischen Bereitschaftsdienst eine zu große zeitliche und fachliche, aber auch organisatorisch hochproblematische Belastung wäre und ich hierbei erhebliche Bedenken habe, was die Honorar- und vor allem die Haftungs-frage betrifft. Ich halte dies nicht für realisier- und zumutbar."
Aus diesen vorformulierten Erklärungen geht hervor, dass die von der Antragstellerin befragten Vertragsärzte ihres Bereitschaftsbezirks Vertretungen nicht kategorisch ablehnen, insbesondere nicht bei Einzelfallverhinderungen. Die Bereitschaft zu einer Dauervertretung der Antragstellerin wird vor allem wegen Bedenken in der Honorar- und Haftungsfrage verneint, ohne dass klar würde, von welchen wirtschaftlichen Erwartungen ausgegangen wird. Unklar ist auch, ob den Unterzeichnern der Erklärung der von der Antragstellerin damit verfolgte Zweck bewusst war. Denn die Befreiung vom Bereitschaftsdienst führt von ihrem Ergebnis gerade zu der in der Erklärung abgelehnten Rotationslösung, da dann die Bereitschaftsdienste der Antragstellerin von den verbleibenden Vertragsärzten zu übernehmen sind.
Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn eine Vertretung ist nicht nur durch die in dem Bereitschaftsbezirk zum Bereitschaftsdienst herangezogenen Vertragsärzte, sondern auch durch andere Ärzte möglich. Von der Zulässigkeit einer Vertre-tung durch Nichtvertragsärzte geht die BDO in ihrem § 7 Abs. 2 aus. Eine derartige Vertretung ist nicht zu beanstanden, solange ungeeignete Ärzte davon ausgeschlossen sind (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2005 - B 6 KA 73/04 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 3 Rn. 28). Als Nichtvertragsärzte kommen – wie die Antragstellerin selbst erkennt – in erster Linie Kran-kenhausärzte in Betracht. Dass eine Vertretung durch Krankenhausärzte tatsächlich nicht möglich ist, wird von der Antragstellerin nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Soweit sie pauschal von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Vertretung spricht, ist dem entgegenzuhalten, dass es nicht geboten ist, einzelne Vertragsärzte zulasten ihrer Kollegen von vertragsärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, vielmehr kann solchen Vertragsärzten grundsätzlich zugemutet werden, den Bereitschaftsdienst zumindest auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (BSG, Urteil vom 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122).
Die Antragstellerin hat auch nicht aus anderen Gründen einen Anspruch auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst. Zwar ist die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 2 BDO nicht abschließend, wie aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" hervorgeht. Doch konkretisieren die in dieser Bestimmung aufgeführten Regelbeispiele die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 BDO. Eine Befreiung kommt daher nur dann in Betracht, wenn ein Fall vorliegt, der einem der in § 8 Abs. 1 Satz 2 BDO aufgeführten Regelbeispiele gleichkommt. Dies trifft hier aber nicht zu. Letztlich geht es bei der Antragstellerin darum, ob sie aufgrund gesundheitsbedingter Einschränkungen die Befreiung vom vertragsärztlichen Bereit-schaftsdienst beanspruchen kann. Gesundheitsbedingte Beeinträchtigungen werden vom Regelbeispiel in § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO erfasst. Die Anforderungen dieses Regelbeispiels können jedoch nicht unter Rückgriff auf § 8 Abs. 1 Satz 1 BDO überspielt werden.
Die Antragstellerin hat sich auch nicht durch die vorherigen Befreiungen gebunden. Die erste Befreiung erfolgte zeitnah zum Unfall (Bescheid vom 10.12.2003) und war angesichts des damals erheblichen Fallzahlenrückgangs, der gerade auch im Verhältnis zur Vergleichsgruppe zu beobachten war, nicht zu beanstanden. Aus einer derartigen Befreiung lässt sich für die Zukunft nichts ableiten. Als die zweite Befreiung erfolgte (Bescheid vom 26.11.2004) lagen zwar die Abrechnungsergebnisse des Quartals II/2004 vor, die für die Antragstellerin erstmals wieder Fallzahlen oberhalb des Vergleichsgruppendurchschnitts auswiesen. Ob die Befreiung deshalb überhaupt noch hätte verlängert werden dürfen, kann offen bleiben. Denn selbst wenn die zweite Befreiung rechtswidrig gewesen wäre, hätte sich die Antragsgegnerin damit nicht für alle Zukunft gebunden.
Schließlich besteht für die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin auch kein Anordnungsgrund. Der Antragstellerin drohen keine wesentlichen Nachteile. Die Antragstellerin ist weder rechtlich noch tatsächlich gehindert, sich im Bereitschaftsdienst durch einen anderen Arzt vertreten zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass ihr eine derartige Vertretung wirtschaftlich unzumutbar wären, bestehen angesichts des Umfangs ihrer Praxistätigkeit nicht. Demgegenüber käme die begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich, weil sie die Antragstellerin so stellen würde, als ob sie vom Bereitschaftsdienst befreit wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Nr. 4, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177, § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
II. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
I. Die Antragstellerin begehrt im Wege vorläufigen Rechtsschutzes, von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst befreit zu werden.
Die 1948 geborene Antragstellerin nimmt als Hals-, Nasen-, Ohren-(HNO-)Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Am 14.08.2003 erlitt sie einen komplizierten Bruch des rechten Ellenbogengelenks, der mehrere Operationen erforderlich machte und von dem ihr Einschränkungen der Beweglichkeit des rechten Arms verblieben. Die Antragsgegnerin befreite die Antragstellerin auf deren Antrag mit Bescheid vom 10.12.2003 bis zum 31.12.2004 von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Diese Befreiung wurde mit Bescheid vom 26.11.2004 bis zum 31.12.2006 verlängert.
Mit Schreiben vom 23.08.2006 beantragte die Antragstellerin unter Vorlage eines Attestes der Orthopädin Dr. H1 vom 01.11.2004/23.08.2006 die weitere Befreiung von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15.11.2006 ab. Die Fallzahlen, die seit dem Quartal I/2004 nahezu konstant über dem Fachgruppendurchschnitt lägen, zeigten, dass die Praxistätigkeit offenbar in vollem Umfang ausgeübt werde. Damit liege die eingeschränkte Praxistätigkeit, die § 8 Abs. 1 lit. a der Bereitschaftsdienstordnung (BDO) fordere, nicht vor. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit dem 2003 erlittenen Unfall seien nicht mehr als so schwerwiegend einzuschätzen, dass eine zeitweise Befreiung von der Teilnahme am Bereitschaftsdienst weiterhin zu rechtfertigen sei, da offensichtlich auch der Praxisalltag ohne Einschränkungen bewältigt werden könne.
Die Antragstellerin, die dem 05.12.2006 Widerspruch eingelegt hatte, hat am 07.12.2006 beim Sozialgericht Dresden (SG) beantragt, im Wege einstweiligen Rechtsschutzes von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst befreit zu werden. Auch die Quar-tale vor ihrem Unfall müssten in die Betrachtung einbezogen werden. Trotz Schließung einer HNO-Praxis im selben Ort ab dem Quartal III/2004 sei es bei ihr zu keiner wesentlichen Fallzahlerhöhung gekommen. Aufgrund der Besonderheiten der HNO-ärztlichen Tätigkeit komme sie dort mit ihrer Behinderung gut zurecht; in anderen Fachrichtungen hätte sie erhebliche Probleme oder könnte gar nicht mehr tätig sein. Im Bereitschaftsdienst wäre sie nicht in der Lage, eine Reanimation, eine Leichenschau, eine Ganzkörperuntersuchung und anderes mehr lege artis durchzuführen. Aus dem Attest von Dr. H1 und aus einem Gutachten des Orthopäden Dr. A1 vom 25.01.2005 gehe hervor, dass bei ihr ein Dauerzustand vorliege. Die Antragsgegnerin hat erwidert, das Ausmaß der körperlichen Behinderung sei unerheblich, solange die Antragstellerin in vollem Umfang vertragsärztlich tätig sei. Auch könne ihr aufgrund der uneingeschränkten Praxistätigkeit zugemutet werden, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
Mit Beschluss vom 04.02.2007 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es bestünden keine Zweifel, dass die Antragstellerin eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst nicht mehr beanspruchen könne. Die Voraussetzungen der allein in Betracht zu ziehenden Befreiung gemäß § 8 Abs. 1 lit. a BDO seien nicht erfüllt. Dabei könne offen bleiben, ob die Ungeeignetheit zur Ausübung des Bereitschaftsdienstes in Zweifel zu ziehen sei. Ebenso wenig erheblich sei, ob die Antragstellerin ihren Arbeitsplatz an ihre Einschränkungen angepasst habe. Der Anspruch sei unbegründet, weil die Antragstellerin inzwischen mit ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen die Praxistätigkeit in vollem Umfang ausübe. Bei Betrachtung der Entwicklung der Fallzahlen vor und nach dem Unfall zeige sich, dass die Antragstellerin seit dem Quartal II/2004 die Fallzahlen der Vergleichsgruppe teilweise überschreite, im Übrigen aber nur in einzelnen Quartalen und nur marginal unterschreite. Dabei hätten die Fallzahlen der Antragstellerin vor dem Unfall nicht erheblich über dem Fachgruppendurchschnitt gelegen. Die Abweichungen hätten sich auch hier in einer Breite bewegt, wie sie nach dem Unfall wieder zu erkennen seien. Die Regelung in der BDO, wonach eine Befreiung nicht schon und allein aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung zu gewähren sei, verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Dem Vertragsarzt sei, auch wenn er aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht mehr selbst den Notdienst leisten könne, die Bestellung eines Vertreters auf eigene Kosten zumutbar. Es sei mit den Grundsätzen des Vertragsarztrechts vereinbar, wenn die Befreiung vom Bereitschaftsdienst nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Vertragsarztes, sondern auch davon abhängig gemacht werde, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf seine allgemeine berufliche Tätigkeit auswirkten, und eine deutliche Einschränkung der Praxisausübung verlangt werde.
Die Antragstellerin verfolgt mit ihrer am 02.03.2007 eingelegten Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ihr Begehren weiter. Durch die Behinderungen infolge des Unfalls vom 14.08.2003 sei sie bereits in den alltäglichen ärztlichen Verrichtungen in ihrer Praxis erheblich beeinträchtigt. Mit dem Wegfall bestimmter Einzeltätigkeiten (Spülen der Kiefernhöhle, Legen einer Nasentamponade, Septum-Operation nebst unmittelbarer Nachsorge, Durchführung einer Hyposensibilisierung, operative Eingriffe im Mund-, Rachen-, Hals-, Nasen- und Ohrenraum) gehe eine signifikante Reduzierung des technischen Spekt-rums des HNO-typischen Leistungsbildes einher, die sich mit mindestens 30 % quantitativ auf das ohne die Behinderung zu bewältigende Praxispensum auswirke. Dies schlage sich auch in ihrem Punktmengenvolumen (PMV) bzw. Restleistungsvolumen (RLV) ab dem Quartal I/2005 nieder, als sich das Unfall- und unmittelbare Nachunfallquartal als Basis- und Vergleichzeitraum erstmals ausgewirkt hätten. Seither liege sie im Mittel um 8,08 % unter dem RLV der Vergleichsgruppe. Auch sei ein Rückgang der Fallzahlen vor und nach dem Unfall festzustellen. Infolge ihrer unfallbedingten dauerhaften Beeinträchtigung sei sie physisch und technisch nicht mehr dem Anforderungsprofil des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gewachsen. Da die Bestellung eines Vertreters auf vorläufiger Basis tragbar nicht geregelt werden könne und hierfür auch die erforderliche Bereitschaft der Kollegen fehle, würde eine Wiedereingliederung in den Bereitschaftsdienst sie vor vollendete Tatsachen stellen. § 8 Abs. 1 BDO ermögliche eine Befreiung auch dann, wenn die Voraussetzungen des Regelbeispiels in § 8 Abs. 1 lit. a BDO nicht vorlägen. Darüber hinaus spreche § 8 Abs. 1 lit. a BDO nicht nur die wirtschaftliche Dimension an, sondern erfasse jedwede Einschränkung der Praxistätigkeit, mithin auch die Reduzierung des fachgebietstypischen technischen Leistungsspektrums. Eine Befreiung komme daher nicht nur dann in Betracht, wenn die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Berufs nicht mehr voll genutzt würden. Allerdings erfülle sie ohnehin sämtliche Merkmale des Befreiungstatbestandes des § 8 Abs. 1 lit. a BDO. Aus der Entwicklung ihres RLV und dem Vergleich der Fallzahlen vor und nach dem Unfall, ferner aus der Tatsache, dass sie eine Vielzahl der Patienten einer aufge-lassenen Praxis nicht habe übernehmen können, folge, dass sie die wirtschaftlichen Möglichkeiten ihres Berufes nicht mehr voll nutze. Verfehlt sei es, allein auf die Fallzahlen abzuheben, da diese im Hinblick auf das Honoraraufkommen nur bedingt aussagekräftig seien. Ungeachtet dessen stelle sich die Frage, weshalb die Antragsgegnerin jetzt mit Rücksicht auf die Fallzahlen eine weitere Befreiung ablehne, diese aber unter Zugrundele-gung derselben Zahlen durchgängig bis 31.12.2006 erteilt habe. Die Antragsgegnerin dürfte sich durch die vorangegangenen Befreiungen in der Ermessensausübung endgültig gebunden haben. Daher könne es ihr – der Antragstellerin – auch nicht angesonnen werden, einen Vertreter zu bestellen, abgesehen davon, dass dies nicht praktizierbar, rechtlich und faktisch vielmehr unmöglich wäre. § 7 BDO regele nur die Vertretung bei Verhinderung im Einzelfall. Eine dauerhafte Vertretung sei vergütungs- und haftungsrechtlich außerordentlich problematisch. Tatsächlich sei auch kein in Betracht kommender Arztkollege bereit, eine Bereitschaftsdienstvertretung auf der Grundlage einer Dauerlösung zu übernehmen. Auf Anfrage hätten alle 34 für ihren Bereitschaftsbezirk in Frage kommenden Ärzte eine Vertretung abgelehnt. Unabhängig von der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit sei es auch verantwortungslos, das Risiko, einen Vertreter zu finden, allein ihr aufzubürden. Die Sicherstellung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes sei zuvörderst eine Aufgabe der Antragsgegnerin. Sie – die Antragstellerin – hilfsweise auf Krankenhausärzte zu verwei-sen, sei schon nicht mehr diskutabel.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 04. Februar 2007 in seinen Ziffern I. und II. aufzuheben und die Antragsgegnerin einstweilen zu verpflichten, die An-tragstellerin von der Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst bis zu einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache zu befreien.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sowohl die Fallzahl als auch die Honorarentwicklung der Antragstellerin belege, dass eine Einschränkung der Praxistätigkeit nicht gegeben sei. Eine unterbliebene Ausdehnung der Praxistätigkeit sei nicht mit einer Einschränkung gleichzusetzen. Eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst könne nicht mit Blick auf das PMV bzw. RLV begründet werden, da sonst jede im Hinblick auf den Vergleichsgruppenwert unterdurchschnittliche Praxis die Befreiung beanspruchen könnte. Mit der Verknüpfung von Krankheit und eingeschränkter Praxistätigkeit werde dem Gedanken Rechnung getragen, dass dem Arzt, der die wirtschaftlichen Möglichkeiten einer vollumfänglichen vertragsärztlichen Praxis nutze, auch die Bestellung eines Vertreters auf eigene Kosten zugemutet werden könne. Die vorgelegten eidesstattlichen Erklärungen seien zu hinterfragen. Es sei nicht erkennbar, mit welcher Fra-gestellung und unter Angabe welchen Vergütungsangebots pauschale Mustererklärungen abgefordert worden seien. Auch inhaltlich seien diese Erklärungen nicht nachvollziehbar, insbesondere was die Belastung durch eine Vertretung anbelange. Zur Zeit seien im Bereit-schaftsdienstbereich 38 Ärzte zum Bereitschaftsdienst verpflichtet; die Diensthäufigkeit betrage 1 bis 2 Mal im Monat.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG Dresden ihrem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht stattgegeben. Für die begehrte einstweilige Anordnung besteht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache – sofern es sich bei dieser nicht um eine Anfechtungssache im Sinne des § 86b Abs. 1 SGG handelt – auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Fra-ge der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Für die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin besteht bereits kein Anordnungsanspruch. Es spricht nach dem augenblicklichen Erkenntnisstand nichts dafür, dass die Antragstellerin Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst hat.
Rechtsgrundlage für die Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ist § 8 Abs. 1 BDO. Darin wird bestimmt: "Im Einzelfall können Vertragsärzte auf schriftlichen Antrag vom kassenärztlichen Bereitschaftsdienst ganz oder teilweise von der zuständigen KVS-Bezirksstelle befreit werden. Dies gilt insbesondere: a) wenn er wegen körperlicher Behinderung oder langdauernder schwerer Erkrankung (Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens) nicht in der Lage ist den Anforderungen der Ausübung des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes gerecht zu werden und die Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausgeübt werden kann, b) aus Altersgründen, wenn die Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausgeübt werden kann, c) für Ärztinnen mindestens 3 Monate vor und mindestens 12 Monate nach der Niederkunft, d) bei Teilnahme an sonstigen, auf der Grundlage anderer Bestimmungen vorzuhaltenden Bereitschaftsdiensten (Belegarzttätigkeit, Dialysepatienten) unter Beachtung der Festlegungen des Vorstandes der KV Sachsen, e) bei der Teilnahme am Notarztdienst unter Beachtung der Festlegungen des Vorstandes der KV Sachsen."
Demnach hat die Antragsgegnerin über die Befreiung vom Bereitschaftsdienst eine Ermessensentscheidung zu treffen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BDO). Ihr kommt dabei kein freies Ermessen zu, vielmehr hat sie nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Die tatbestandli-chen Voraussetzungen für diese Ermessensentscheidung sind in § 8 Abs. 1 Satz 1 BDO nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergeben sich jedoch aus Sinn und Zweck der Befreiung vom Bereitschaftsdienst und mit Blick auf die in § 8 Abs. 1 Satz 2 BDO enthaltenen Regelbeispiele.
Bei der Auslegung des § 8 Abs. 1 BDO ist zu beachten, dass ein Vertragsarzt mit seiner Zulassung die Verpflichtung übernimmt, in zeitlicher Hinsicht umfassend für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Das umfasst auch die Zeiten außerhalb der Sprechstunde. Von der demnach bestehenden täglichen Dienstbereitschaft rund um die Uhr wird der einzelne Vertragsarzt dadurch entlastet, dass die gesamte Ärzteschaft einen Bereitschaftsdienst organisiert; dafür muss der Arzt aber den Bereitschaftsdienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang vertragsärztlich tätig ist (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 06.09.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 5 Rn. 10). Zudem handelt es sich bei der Sicherstellung eines ausreichenden Bereit-schaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe der Vertragsärzte, die nur erfüllt werden kann, wenn alle zugelassenen Ärzte unabhängig von der Fachgruppenzugehörigkeit und sonstigen individuellen Besonderheiten und ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Personen oder Gruppen gleichmäßig herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.09.1977 - 6 RKa 8/77 - BSGE 44, 252, 257 f. = SozR 2200 § 368n Nr. 12). Deshalb ist der in der Bereitschaftsdienstverpflichtung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit auch dann hinzunehmen, wenn er für den einzelnen Vertragsarzt besondere, über das übliche Maß hinausgehende Unannehmlichkeiten und Erschwernisse mit sich bringt; erst beim Vorliegen schwerwiegender Gründe kann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten und eine Befreiung des Betroffenen geboten sein (BSG, Urteil vom 18.10.1995 - 6 RKa 66/94 - USK 95124).
Dementsprechend genügt nach § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO für eine Befreiung nicht jede gesundheitliche Beeinträchtigung mit Auswirkungen auf die Ausübung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes. Vielmehr ist erforderlich, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung dauerhaft ist und darüber hinaus dass der Vertragsarzt die Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausüben kann. Diese satzungsrechtliche Bestimmung ist nicht zu beanstanden. Da es sich bei der Sicherstellung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes um eine gemeinsame Aufgabe aller Vertragsärzte handelt, sind auch alle Vertragsärzte in einer alle gleichmäßig belastenden Weise zur Mitwirkung heranzuziehen. Persönliche Verhältnisse des einzelnen Arztes bleiben dabei grundsätzlich unberücksichtigt. Ein Vertragsarzt hat den Bereitschaftsdienst, der für ihn auch eine Entlastung darstellt, zumindest solange gleichwertig mitzutragen, wie er in vollem Umfange vertragsärztlich tätig ist. Es ist nicht geboten, einzelne Vertragsärzte zulasten ihrer Kollegen von vertragsärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, also die wirtschaftlichen Möglichkeiten des freien Berufes voll nutzen und deshalb wirtschaftlich nicht schlechter, eventuell sogar besser gestellt sind als ihre Kollegen, auf deren Kosten sie die Freistellung begehren. Es ist daher mit den Grundsätzen des Vertragsarzt-rechts vereinbar, wenn die Freistellung von der gemeinsamen Aufgabe des Bereitschaftsdienstes nicht allein von den gesundheitlichen Verhältnissen des Vertragsarztes, sondern auch davon abhängig gemacht wird, ob die gesundheitlichen Verhältnisse sich nachteilig auf die allgemeine berufliche Tätigkeit des Arztes auswirken, z.B. dass sie zu einer deutlichen Einschränkung der Praxisausübung geführt haben oder dem Vertragsarzt aufgrund seiner Einkommensverhältnisse (des Honorarumsatzes) nicht mehr zugemutet werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (BSG, Urteil vom 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122).
Die Antragstellerin erfüllt die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO nicht, da sie trotz ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre Praxistätigkeit (wieder) in vollem Umfang ausüben kann.
Ob eine Praxistätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO in vollem Umfang ausgeübt wird, erfordert nicht nur einen Vergleich der jetzigen mit der bisherigen Praxisausübung des die Befreiung begehrenden Vertragsarztes, sondern auch einen Vergleich mit der Praxisausübung der anderen Vertragsärzte im gleichen Zeitraum. Denn nach § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO genügt es nicht, dass die Praxistätigkeit nicht mehr im "bisherigen" Umfang ausgeübt wird, vielmehr ist erforderlich, dass dies nicht mehr im "vollen" Umfang der Fall ist. Ob eine Praxistätigkeit in "vollem" Umfang ausgeübt wird, lässt sich aber nur durch einen Vergleich mit der Tätigkeit anderer Vertragsärzte beurteilen. Dieser Vergleich muss sich auf aussagekräftige Datengrundlagen stützen können. Daher ist es sachgerecht, die Fallzahlen des Arztes mit denjenigen seiner Arztgruppe zu vergleichen. Denn die Fallzahlen einer Praxis sind – verglichen mit denjenigen der Arztgruppe – ein verlässliches Indiz für den Umfang der Praxisausübung und damit auch für die Einkommensverhältnisse des Vertragsarztes.
Ausweislich ihrer Fallzahlen kann die Antragstellerin – wie das SG zutreffend festgestellt hat – ihre Praxistätigkeit wieder in vollem Umfang ausüben. Dies zeigt der Blick auf die Fallzahlen der Antragstellerin und ihrer Arztgruppe in den Quartalen II/2002 bis II/2006: Quartal Fallzahl Abweichung Antragstellerin Vergleichsgruppe II/2002 1.307 1.306 + 0,1 % III/2002 1.123 1.203 - 6,7 % IV/2002 1.302 1.264 + 3,0 % I/2003 1.425 1.355 + 5,2 % II/2003 1.401 1,303 + 7,5 % III/2003 556 1.195 - 53,5 % IV/2003 735 1.303 - 43,6 % I/2004 1.035 1.133 - 8,6 % II/2004 1.208 1.141 + 5,9 % III/2004 1.147 1.071 + 7,1 % IV/2004 1.190 1.162 + 2,4 % I/2005 1.201 1.149 + 4,5 % II/2005 1.230 1.217 + 1,1 % III/2005 1.029 1.076 - 4,4 % IV/2005 1.107 1.127 - 1,8 % I/2006 1.205 1.202 + 0,2 % II/2006 1.164 1.241 - 4,2 % Demnach überstiegen die Fallzahlen der Antragstellerin ab dem Quartal II/2004 zunächst diejenigen der Vergleichsgruppe und liegen seit dem Quartal III/2005 nur unwesentlich unter diesen.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das Vorbringen der Antragstellerin, in den Quartalen IV/2000 bis II/2003 habe sie eine Durchschnittfallzahl von 1.344 aufgewiesen, in den Quartalen I/2004 bis III/2006 jedoch nur noch eine Durchschnittfallzahl 1.169. Die von der Antragstellerin bei der Bildung dieser Durchschnittsfallzahlen verwandten Angaben in den Honorarbescheiden sind nicht mit den Fallzahlen der Häufigkeitsstatistiken identisch, auf denen die oben angegebenen Werte beruhen. Die Antragstellerin hat nämlich die jeweils auf Blatt 1 des Honorarbescheides ausgewiesene Zahl der Behandlungsausweise herangezogen. Diese weicht von der Fallzahl der Häufigkeitsstatistiken ab, da sie zum einen auch Behandlungsausweise aus Vorquartalen umfasst und zum anderen in einem Behandlungsfall auch mehrere Behandlungsausweise eingereicht worden sein können. Trotz der hierauf beruhenden – eher geringfügigen – Abweichungen zwischen der Zahl der Behandlungsausweise und den Fallzahlen in den Häufigkeitsstatistiken ist aus beiden er-kennbar, dass die Fallzahlen der Antragstellerin vor dem Unfall höher waren als danach. Allein hieraus ergibt sich aber noch nicht, dass die Antragstellerin infolge ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausübt. Da dies einen Vergleich mit der Praxisausübung der anderen Ärzte voraussetzt, kommt es darauf an, ob bei der Vergleichsgruppe die gleiche Entwicklung der Fallzahlen zu beobachten ist wie bei der Antragstellerin. Dies ist hier der Fall. Ein Rückgang der Fallzahlen lässt sich nicht nur bei der Antragstellerin, sondern bei der gesamten Vergleichsgruppe feststellen. Bei der Antragstellerin gingen die Fallzahlen in dem Rahmen zurück wie bei der Vergleichsgruppe.
Kein verlässlicher Maßstab für den Umfang der Praxisausübung ist das konkrete Leistungsprofil einer Praxis. Allein der Umstand, dass ein Vertragsarzt einzelne Leistungen seines Fachgebiets nicht erbringt, bedeutet noch nicht, dass er die wirtschaftlichen Mög-lichkeiten seines Berufes nicht voll nutzt. Trotz einer solchen – womöglich freiwilligen – Beschränkung kann er wirtschaftlich nicht schlechter gestellt sein als seine Kollegen, wenn er die Fälle, die ihm durch das eingeschränkte Leistungsprofil seiner Praxis entgehen, anderweitig kompensieren kann. Daher reicht es nicht aus, wenn die Antragstellerin – wie sie vorbringt – infolge ihrer unfallbedingten Behinderungen nicht mehr in der Lage ist, das volle technische Spektrum einer HNO-Arztpraxis abzudecken, weil ihr Leistungen wie Spülen der Kiefernhöhle, Legen einer Nasentamponade, Septum-Operation nebst unmittelbarer Nachsorge, Durchführung einer Hyposensibilisierung sowie operative Eingriffe im Mund-, Rachen-, Hals-, Nasen- und Ohrenraum nicht mehr möglich sind. Erforderlich ist vielmehr darüber hinaus, dass die Antragstellerin die behinderungsbedingten Einschränkungen durch die Erbringung anderer Leistungen nicht kompensieren kann. Hierfür sind die Fallzahlen der Praxis das entscheidende Indiz. Aus diesen lässt sich freilich nicht entnehmen, dass es bei der Antragstellerin aufgrund des eingeschränkten Leistungsprofils ihrer Praxis zu einem Rückgang der Fallzahlen gekommen ist. Vielmehr bewegen sich diese, wie bereits dargelegt wurde, seit dem Quartal II/2004 um den Durchschnitt der Ver-gleichsgruppe.
Auch aus den PMV bzw. RLV der Antragstellerin lässt sich nicht entnehmen, dass sie ihre Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausübt. Bei den PMV und RLV handelt es sich um individuelle Budgetierungen, die auf den individuellen Abrechnungsergebnissen in einem Referenzzeitraum aufbauen und in die auch Werte der Vergleichsgruppe mit einflie-ßen. Das RLV der Antragstellerin weicht nicht wesentlich von demjenigen der Vergleichs-gruppe ab. Nach den vorgelegten Mitteilungen lag es ab dem Quartal I/2006 um 8,8 %, ab dem Quartal III/2006 um 6,8 % und ab dem Quartal I/2007 um 6,4 % unter dem RLV der Vergleichsgruppe. Das leicht unterdurchschnittliche RLV lässt nicht den Schluss zu, dass die Antragstellerin ihre Praxistätigkeit nicht mehr in vollem Umfang ausübt. Darüber hinaus ist im Auge zu behalten, dass der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) gerade bei krankheitsbedingten Fallzahlabsenkungen eine Änderung des – rechnerisch ermittelten – PMV bzw. RLV ermöglicht (vgl. § 7 Abs. 10 HVM vom 26.11.2003/23.12.2004, § 7 Abs. 10 lit. c HVM vom 14.04.2005). Dies ist sinnvoll, wenn nicht gar geboten, um einem Ver-tragsarzt die Chance zu eröffnen, nach einer Erkrankung wieder in dem bisherigen Rahmen vertragsärztlich tätig zu sein. Daraus ergibt sich aber, dass PMV und RLV kein verlässlicher Maßstab zur Beurteilung einer krankheitsbedingten Einschränkung der Praxistätigkeit sind.
Einer Vertretung der Antragstellerin stehen nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand weder rechtliche noch tatsächliche Hindernisse entgegen.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erlaubt § 7 BDO die Vertretung nicht nur im Einzelfall. Vielmehr kann aus dieser Vorschrift entnommen werden, dass auch eine länger andauernde Vertretung zulässig ist. § 7 BDO bestimmt in seinem ersten Absatz, dass der diensthabende Vertragsarzt im Verhinderungsfall selbst für eine geeignete Vertretung und die erforderlichen Informationen zu sorgen hat. Die beiden folgenden Absätzen des § 7 BDO haben abrechnungstechnische Gründe: Nach Absatz 2 wird der Vertragsarzt, der eine Vertretung übernimmt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig, dagegen kann nach Absatz 3 ein Nichtvertragsarzt ohne Abrechnungsgenehmigung nur im Auftrag und auf Rechnung des vertretenen Vertragsarzt tätig werden. Eine Beschränkung der Vertre-tung auf Einzelfälle – wie vonseiten der Antragstellerin behauptet – lässt sich § 7 BDO nicht entnehmen. Gerade weil die BDO es dem zum Bereitschaftsdienst eingeteilten Vertragsarzt auferlegt, für eine Vertretung zu sorgen, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, aus welchem Grunde er verhindert ist. Nur für den Fall kurzfristiger Verhinderungen trifft § 7 Abs. 1 Satz 3 BDO eine Sonderregelung. Im Hinblick hierauf ist die Bestimmung des § 7 Abs. 4 Satz 2 BDO zu sehen, die den Bezirksstellen der Antragsgegnerin aufgibt, für unvorhersehbare Dienstausfälle Vorsorge zu treffen. Daraus lässt sich ersehen, dass die in der BDO vorgesehene Vertretung gerade für planbare Situationen und nicht für unvorher-sehbare Einzelfälle gedacht ist.
Genauere Regelungen über die Vertretung sind in der BDO nicht erforderlich. Insbesondere brauchte die BDO – entgegen der Ansicht der Antragstellerin – keine Regelungen über die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter zu treffen. Vielmehr wären derartige Regelungen aufgrund des beschränkten Aufgabenbereichs der Antragsgegnerin problematisch. Dagegen sind die in § 7 Abs. 2 und 3 BDO getroffenen Regelungen, weil sie abrechnungstechnische Gründe haben, durch den Sicherstellungsauftrag der Antragsgegnerin (§ 75 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch) gedeckt.
Mit den von der Antragstellerin vorgelegten Erklärungen lässt sich nicht belegen, dass eine Vertretung durch einen anderen Arzt tatsächlich nicht möglich wäre. Die von der Antragstellerin vorformulierten Erklärungen haben folgenden Wortlaut:
"Wenn ich gefragt werde, ob ich bereit wäre, auf der Grundlage einer ‚freien’ Ver-einbarung eine Arztkollegin/einen Arztkollegen z.B. Frau Dr. med. S ..., mit Pra-xis in der ,.S ..., im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst dauerhaft oder z.B. im Wechsel mit anderen Kollegen im Rahmen einer Art Rotationslösung oder sonst wie außerhalb der in § 7 der Bereitschaftsdienstordnung nur für die Behebung einer Einzelfallverhinderung vorgesehenen Regelung zu vertreten, so muss ich dies verneinen, weil dies für mich neben meiner Regelpraxistätigkeit und meinem eigenen obligatorischen Bereitschaftsdienst eine zu große zeitliche und fachliche, aber auch organisatorisch hochproblematische Belastung wäre und ich hierbei erhebliche Bedenken habe, was die Honorar- und vor allem die Haftungs-frage betrifft. Ich halte dies nicht für realisier- und zumutbar."
Aus diesen vorformulierten Erklärungen geht hervor, dass die von der Antragstellerin befragten Vertragsärzte ihres Bereitschaftsbezirks Vertretungen nicht kategorisch ablehnen, insbesondere nicht bei Einzelfallverhinderungen. Die Bereitschaft zu einer Dauervertretung der Antragstellerin wird vor allem wegen Bedenken in der Honorar- und Haftungsfrage verneint, ohne dass klar würde, von welchen wirtschaftlichen Erwartungen ausgegangen wird. Unklar ist auch, ob den Unterzeichnern der Erklärung der von der Antragstellerin damit verfolgte Zweck bewusst war. Denn die Befreiung vom Bereitschaftsdienst führt von ihrem Ergebnis gerade zu der in der Erklärung abgelehnten Rotationslösung, da dann die Bereitschaftsdienste der Antragstellerin von den verbleibenden Vertragsärzten zu übernehmen sind.
Dem braucht jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn eine Vertretung ist nicht nur durch die in dem Bereitschaftsbezirk zum Bereitschaftsdienst herangezogenen Vertragsärzte, sondern auch durch andere Ärzte möglich. Von der Zulässigkeit einer Vertre-tung durch Nichtvertragsärzte geht die BDO in ihrem § 7 Abs. 2 aus. Eine derartige Vertretung ist nicht zu beanstanden, solange ungeeignete Ärzte davon ausgeschlossen sind (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2005 - B 6 KA 73/04 R - SozR 4-2500 § 75 Nr. 3 Rn. 28). Als Nichtvertragsärzte kommen – wie die Antragstellerin selbst erkennt – in erster Linie Kran-kenhausärzte in Betracht. Dass eine Vertretung durch Krankenhausärzte tatsächlich nicht möglich ist, wird von der Antragstellerin nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Soweit sie pauschal von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der Vertretung spricht, ist dem entgegenzuhalten, dass es nicht geboten ist, einzelne Vertragsärzte zulasten ihrer Kollegen von vertragsärztlichen Pflichten freizustellen, wenn sie im Übrigen ihrer beruflichen Tätigkeit uneingeschränkt nachgehen, vielmehr kann solchen Vertragsärzten grundsätzlich zugemutet werden, den Bereitschaftsdienst zumindest auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen (BSG, Urteil vom 11.06.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122).
Die Antragstellerin hat auch nicht aus anderen Gründen einen Anspruch auf Befreiung vom Bereitschaftsdienst. Zwar ist die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 2 BDO nicht abschließend, wie aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" hervorgeht. Doch konkretisieren die in dieser Bestimmung aufgeführten Regelbeispiele die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 BDO. Eine Befreiung kommt daher nur dann in Betracht, wenn ein Fall vorliegt, der einem der in § 8 Abs. 1 Satz 2 BDO aufgeführten Regelbeispiele gleichkommt. Dies trifft hier aber nicht zu. Letztlich geht es bei der Antragstellerin darum, ob sie aufgrund gesundheitsbedingter Einschränkungen die Befreiung vom vertragsärztlichen Bereit-schaftsdienst beanspruchen kann. Gesundheitsbedingte Beeinträchtigungen werden vom Regelbeispiel in § 8 Abs. 1 Satz 2 lit. a BDO erfasst. Die Anforderungen dieses Regelbeispiels können jedoch nicht unter Rückgriff auf § 8 Abs. 1 Satz 1 BDO überspielt werden.
Die Antragstellerin hat sich auch nicht durch die vorherigen Befreiungen gebunden. Die erste Befreiung erfolgte zeitnah zum Unfall (Bescheid vom 10.12.2003) und war angesichts des damals erheblichen Fallzahlenrückgangs, der gerade auch im Verhältnis zur Vergleichsgruppe zu beobachten war, nicht zu beanstanden. Aus einer derartigen Befreiung lässt sich für die Zukunft nichts ableiten. Als die zweite Befreiung erfolgte (Bescheid vom 26.11.2004) lagen zwar die Abrechnungsergebnisse des Quartals II/2004 vor, die für die Antragstellerin erstmals wieder Fallzahlen oberhalb des Vergleichsgruppendurchschnitts auswiesen. Ob die Befreiung deshalb überhaupt noch hätte verlängert werden dürfen, kann offen bleiben. Denn selbst wenn die zweite Befreiung rechtswidrig gewesen wäre, hätte sich die Antragsgegnerin damit nicht für alle Zukunft gebunden.
Schließlich besteht für die von der Antragstellerin begehrte vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin auch kein Anordnungsgrund. Der Antragstellerin drohen keine wesentlichen Nachteile. Die Antragstellerin ist weder rechtlich noch tatsächlich gehindert, sich im Bereitschaftsdienst durch einen anderen Arzt vertreten zu lassen. Anhaltspunkte dafür, dass ihr eine derartige Vertretung wirtschaftlich unzumutbar wären, bestehen angesichts des Umfangs ihrer Praxistätigkeit nicht. Demgegenüber käme die begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich, weil sie die Antragstellerin so stellen würde, als ob sie vom Bereitschaftsdienst befreit wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 53 Abs. 3 Nr. 4, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177, § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved