L 3 AL 95/06

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AL 87/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 95/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. April 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, für den Kläger die Zeit vom 1. April 1995 bis 14. Dezember 1997 als Anrechnungszeit an den zuständigen Ren-tenversicherungsträger zu melden.

Der am 1940 geborene Kläger war bis zum 31. März 1995 im Rahmen einer AB-Maßnahme beitragspflichtig beschäftigt. Im März 1995 sprach er beim Arbeitsamt vor und teilte mit, seine Mutter sei ein Schwerstpflegefall, weshalb er seine Beschäftigung wegen deren Pflege ab dem 1. April 1995 aufgebe. Zu den Vorgängen im Einzelnen erklärte der Kläger später, in einem Schreiben vom Oktober 2000, Folgendes: "Da meine Mutter ein Schwerpflegefall war (Alzheimer), über-nahm ich durch die 1995 ab dem 1. April in Kraft getretene Pflegeversicherungsregelung die gesamte häusliche Pflege! (Pflegestufe III). Bevor ich diese Beschäftigung aufnahm, sprach ich bei meinem zuständigen Arbeitsamt vor, um die Sachlage zu klären! Mein da-maliger Berater, Herr R. im Arbeitsamt, erklärte mir, dass ich mich in der Zahlstelle bei Pflegestufe III abmelden müsse. Herr R. sagte mir, dass diese Pflegebeschäftigung im Prinzip kein Arbeitsverhältnis sei, weil keine Krankenversicherungsbeiträge von der Pflegeversicherung abgeführt würden. Er sagte, ich sei eigentlich weiterhin arbeitslos, ohne Arbeitsentgelt!" In der Leistungsakte befindet sich hierzu lediglich eine Änderungsmitteilung (in Form einer Postkarte). Auf dieser ist eingetragen "ich bin ab 01.04.1995 in Arbeit, Arbeitgeber jetzt Pflegeversicherung".

Am 15. Dezember 1997 meldete sich der Kläger – nach dem Tod seiner Mutter – erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld/Arbeitslosenhilfe. Ab dem 15. Dezember 1997 bezog der Kläger sodann fortlaufend Leistungen der Beklagten (Arbeitslosenhilfe) bis zur Erreichung der Rentenaltersgrenze wegen Arbeitslosigkeit mit dem 30. Juni 2000. Durch Bescheid vom 12. Mai 2000 bewilligte ihm die Landesversicherungsanstalt Sachsen Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. Juli 2000. Diese Rente enthält eine Kürzung um 12,6 %, da die LVA keine Anwendung der Vertrauensschutzregelung nach § 237 Abs. 4 Nr. 1 a SGB VI vorgenommen hatte.

Im Zusammenhang mit seinem Begehren hat der Kläger u. a. folgendes Verfahren geführt: Mit Bescheid vom 10. Dezember 2001 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, die Überprüfung ihrer Leistungsunterlagen gemäß § 44 SGB X habe ergeben, dass er bis zum 31. März 1995 in einer ABM beschäftigt gewesen sei. Am 31. März 1995 habe er dem Arbeitsamt mitgeteilt, er stehe ab dem 1. April 1995 nicht mehr zur Verfügung. Erst ab dem 15. Dezember 1997 sei wieder ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden. Dem Rentenversicherungsträger sei im Zusammenhang mit der Kontenklärung mitgeteilt, dass er in der Zeit vom 1. April 1995 bis 14. Dezember 1997 seine Mutter mit der Pflegestufe III gepflegt habe.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2002 als unbegründet zurück. Hiergegen wandte sich der Kläger am 6. Februar 2002 an das Sozialgericht Chemnitz (S 18 AL 114/02). In einem Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie vom 21. Dezember 2000 sei ihm mitgeteilt worden, dass "die Arbeitsverwaltung im Einzelfall, trotz Pflege eines Schwerstpflegebedürftigen Arbeitslosigkeit bestätige (so genannte Familienpflege)". Daher bestehe Vertrauensschutz. Der Kläger begehrte demnach von der Beklagten für den Zeitraum von April 1995 bis zum 14. Dezember 1997 eine entsprechende Bestätigung der Arbeitslosigkeit. In der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2003 gab die Vertreterin der Beklagten folgendes Anerkenntnis ab:

"I. Der Kläger war in der Zeit vom 01.04.1995 bis 14.12.1997 arbeitslos im Sinne des § 101 ASG. II. Der Kläger stand in der Zeit vom 01.04.1995 bis 14.12.1997 der Arbeitsvermittlung nicht im Sinne von § 103 ASG zur Verfügung."

Mit der Annahme dieses Anerkenntnisses wurde das Verfahren abgeschlossen.

Hiermit wandte sich der Kläger erneut an die LVA Sachsen und beantragte eine Neuberechung seiner Rente.

Mit Bescheid vom 18. März 2004 lehnte die LVA diesen Antrag ab, da sich auch unter Berücksichtigung des vorgelegten Anerkenntnisses kein Vertrauensschutz ergebe. Da die Verfügbarkeit gemäß § 103 AFG weiterhin nicht gegeben sei, läge auch keine Arbeitslosigkeit im Sinne von §§ 101 bis 103 ASG vor.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die LVA Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2004 als unbegründet zurück. § 237 Abs. 4 Nr. 1 a SGB X könne keine Anwendung finden, da es bezüglich des genannten Zeitpunktes an der subjektiven Arbeits-losigkeit, der Verfügbarkeit im Sinne von § 103 ASG fehle.

Die hiergegen zum Sozialgericht Chemnitz erhobene Klage (S 10 RJ 925/04) wies das Sozialgericht mit Urteil vom 13. April 2005 als unbegründet zurück. In den Gründen ist hierzu ausgeführt, der Kläger habe der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden. Denn es habe sich um eine Pflege nach der Pflegestufe III, d. h. eine "Rund-um-die-Uhr-Pflege" gehandelt. Der Kläger wäre bei einem entsprechenden Vermittlungsversuch des Arbeitsamtes nicht abkömmlich gewesen, da die Pflege auch keine andere Person hätte übernehmen können. Damit seien für den Kläger die Voraussetzungen der so genannten Familienpflege nicht maßgebend. Denn danach sei trotz Pflege einer Person derjenige gleichwohl verfügbar, dessen pflegerische Aufgabe durch eine andere Person ohne Weite-res übernommen werden könne. Wie der Kläger jedoch in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe, sei diese Voraussetzung nicht gegeben gewesen. Die Pflege der Mutter hätte kein anderer Angehöriger kurzfristig übernehmen können.

Dieses Urteil wurde rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 26. August 2005 beantragte der Kläger erneut die "Richtigstellung" seiner Rentenversicherungszeiten. Von dem Arbeitsvermittler R. sei ihm mitgeteilt wor-den, er gelte weiterhin als arbeitslos.

Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. November 2005 ab, da kein neuer Sachverhalt vorliege.

Hiergegen legte der Kläger am 30. November 2005 Widerspruch ein. Die Begriffe "Arbeitslosigkeit" und "Verfügbarkeit" stammten aus dem Leistungsrecht der Arbeits-förderung. Er habe jederzeit der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden. Dies habe lediglich sein damaliger Arbeitsvermittler nicht schriftlich festgehalten. Durch diesen Tat-bestand sei auch § 103 AFG erfüllt worden. Er beantrage daher, die damalige Verein-barung mit dem Arbeitsvermittler R. zu überprüfen und diesen Tatbestand der LVA zu bestätigen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht er-bracht oder Beiträge zu Unrecht nicht erhoben worden seien, sei ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzuneh-men (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Kläger habe die Überprüfung des Bescheides vom 10. Dezember 2001 beantragt. In diesem sei mitgeteilt worden, dass er ab dem 1. April 1995 der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung gestanden und ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld erst ab dem 15. Dezember 1997 nach seiner neuerlichen Arbeitslosmeldung bestanden habe. In der Zeit vom 1. April 1995 bis 14. Dezember 1997 habe wegen mangelnder Verfügbarkeit kein Leistungsanspruch bestanden. Der Kläger habe keinen neuen Sachverhalt vorgetragen. Das Recht sei weder unrichtig angewandt, noch sei von einem falschen Sachverhalt ausgegan-gen worden. So habe der Kläger bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 16. Dezember 2003 selbst erklärt, dass er der Arbeitsvermittlung im streitigen Zeitraum auf Grund der Pflege seiner Mutter nicht zur Verfügung gestanden habe. Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Entgeltleistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz könnten rentenrechtlich als Anrechnungszeiten oder zur Erfüllung der Anspruchsvoraus-setzungen für Altersrente wegen Arbeitslosigkeit für die Rentenversicherung von Bedeu-tung sein. Derartige beitragsfreie Zeiten würden jedoch von der Agentur für Arbeit nur gemeldet, wenn der Versicherte Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gestanden hätte. Dies sei aber nach eigenen Aussagen des Klägers nicht der Fall gewesen. Deshalb könne die Meldung dieser Zeiten als beitragsfreie Zeiten nicht erfolgen.

Hiergegen hat sich der Kläger am 20. Januar 2006 erneut an das Sozialgericht Chemnitz (S 12 AL 87/06) gewandt. Mit der Klage verfolgt er sein Begehren weiter und verweist insbesondere auf das bereits genannte Schreiben des Sächsischen Sozialministeriums.

Durch Gerichtsbescheid vom 19. April 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, jedoch sachlich nicht begründet. Hierzu verwies das Gericht auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides. Zudem könne der Kläger keinen Vertrauensschutz geltend machen. Es komme allein auf die objektiven Umstände an. Hierzu stehe fest, dass der Kläger in der besagten Zeit seine schwerstpflegebedürftige Mutter gepflegt und damit der Arbeitsvermittlung nicht zur Ver-fügung gestanden habe. Dass der Kläger mit seinem vormaligen Arbeitsvermittler mögli-cherweise etwas anderes vereinbart habe, sei unerheblich, denn insoweit lägen die Voraus-setzungen einer Zusicherung nach § 34 SGB X nicht vor.

Hiergegen hat der Kläger am 15. Mai 2006 Berufung eingelegt. Mit seinem damaligen Arbeitsvermittler, Herrn R. habe er eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass er im Falle einer Arbeitsvermittlung für den ersten Arbeitsmarkt immer zur Verfügung stehe und in einem solchen Fall um Benachrichtigung bitte. Richtig sei allerdings, dass er für die damals aufgegebene AB-Maßnahme (zweiter Arbeitsmarkt) nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Die bestehende "Vertrauensschutzregelung" solle für ältere, sehr schwer vermittelbare "Arbeitslose" angewandt werden, um diese "besondere Härte" abzufedern. Dies träfe gerade auf seinen Fall zu. Die Vertrauensschutzregel laute: "In Fällen, in denen die Arbeits-vermittlung/-verwaltung im Einzelfall trotz Pflege eines Schwerstpflegebedürftigen Arbeitslosigkeit bestätige (so genannte Familienpflege), besteht daher Vertrauensschutz!" Diese Regelung sei ihm vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie übersandt worden.

In einer dienstlichen Stellungnahme vom 8. Mai 2007 hat der Arbeitsvermittler R. hierzu erklärt, über etwaige getroffene "Vereinbarungen" – wie vom Kläger behauptet – sei ihm nichts bekannt. Eine "Einzelvereinbarung", welche vom Gesetz abweiche, sei niemals geschlossen worden. Der Kläger sei über die zum damaligen Zeitpunkt geltenden Gesetze bzw. Vorschriften informiert worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2007 hat der Kläger klarstellend ausgeführt, mit seiner Erklärung "er habe nicht zur Verfügung gestanden" im vorausgegangenen Rechtsstreit gegen die Bundesagentur für Arbeit sei lediglich gemeint gewesen, dass er dem zweiten Arbeitsmarkt, also eventuell für ABM, nicht zur Verfügung stehe. Für den ersten Arbeitsmarkt hätte er schon zur Verfügung gestanden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. April 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. April 1995 bis 14. Dezember 1997 als Rentenanrechnungszeit im Sinne von § 237 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI an den zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt letztlich die Auffassung, die Berufung sei bereits nicht zulässig, denn es handele sich um eine einmalige Leistung.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen. Weiter lagen dem Gericht folgende Akten des Sozialgerichts Chemnitz zur Entscheidung vor: S 14 RJ 879/01, S 18 AL 114/02 und S 10 RJ 925/04. Zudem hat das Gericht die Renten-versicherungsakte des Klägers beigezogen. Hiervon lagen abgelichtete Auszüge zur Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch die Einzelrichterin entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihre Zustimmung erklärt haben (vgl. § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

1. Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft.

Ausgangspunkt hierfür ist das abgelehnte Begehren des Klägers. Dieser begehrt eine für den Rentenversicherungsträger bindende Meldung bezüglich des streitigen Zeitraumes.

Nach Auffassung des Gerichts entfaltet die Meldung gemäß § 13 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 der Zweiten Datenerfassungs-Verordnung (2. DVO) - entsprechend wie ein rechtlicher Feststellungsakt - dann weitere Rechtswirkungen für die Zukunft, wenn sie vom Rentenversi-cherungsträger ohne weitere (eigene) Ermittlungen übernommen wird. Auch wenn danach - entsprechend der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts (Beschluss des BSG vom 31. Juli 1990, - 11 BAr 21/90 -, JURIS Rdnr. 7, 8 und 9) die streitige Meldung im Aus-gangspunkt als eine einmalige Dienstleistung zu werten ist, hat dies - entgegen dem BSG (a.a.O.) - nicht zur Folge, dass sie sich darin erschöpft. Vielmehr kann die Meldung in ihren Folgen - jedenfalls soweit ihr der Rentenversicherungsträger ohne weitere Prüfung folgt - über eine einmalige Dienstleistung hinausgehen. Gerade dies erstrebt der Kläger. Demnach kann auch die Bemessung nach einer Beschwer von bis zu 500,00 EUR kein sachgerechter Bewertungsmaßstab sein. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig gemäß § 151 Abs. 1 SGG.

2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat – im Ergebnis – die Klage zu Recht abgewiesen.

Der vom Kläger geltend gemachten Verurteilung der Beklagten zur Meldung von Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. beitragsfreien Zeiten im Sinne von § 237 Abs. 4 Nr. 1 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) an den Rentenversicherungsträger fehlt allerdings bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Klage ist grundsätzlich, dass der Kläger ein schutzwürdiges Interesse (Rechtsschutzinteresse) an der begehrten Entscheidung des Gerichts hat und das Gericht nicht für unnütze Zwecke in Anspruch nimmt (Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Februar 1994, 11 RaR 94/93 R, in JURIS).

2.1. Für das Klageziel der Verurteilung der Beklagten zur Meldung von Zeiten der Arbeitslosigkeit für die mögliche Inanspruchnahme einer ungekürzten Rente wegen Arbeitslosigkeit lässt sich allerdings ein Rechtsschutzbedürfnis nicht schon deshalb verneinen, weil die begehrte Meldung der Beklagten für den Rentenversicherungsträger nicht bindend wäre. Die Meldung eines Zeitraumes der Arbeitslosigkeit durch die Bundesanstalt für Arbeit (heute: Bundesagentur für Arbeit) an den Rentenversicherungsträger entfaltet allein noch keine Rechtswirkungen, sondern dient nur dazu, Tatsachenmaterial für die spätere Ent-scheidung über die Anerkennung der Voraussetzungen für eine Rente wegen Arbeitslosigkeit auf der Grundlage von § 237 Abs. 4 SGB VI an den Rentenversicherungsträger weiterzuleiten, der dann eigenverantwortlich entscheidet. (vgl. Beschluss des BSG vom 31.07.1990, - Aktenzeichen 11 BAr 21/90 -, JURIS, Rdnr. 9; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27.05.2005, Aktenzeichen L 3 AL 97/04 -, JURIS, Rdnr. 29). Diese fehlende Bindung hängt damit zusammen, dass für den Rentenversicherungsträger der Begriff der Arbeitslosigkeit im Hinblick auf die Leistungen der gesetzlichen Renten-versicherung unter Berücksichtigung von Besonderheiten der rentenrechtlichen Regelungen auszulegen ist. Zwar kennt das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung keine eige-ne Definition des Begriffes Arbeitslosigkeit. Daher hat das BSG dieses Tatbestandsmerkmal auch seit jeher in Anlehnung an das Recht der Arbeitslosenversicherung verstanden (vgl. statt vieler: Urteil des BSG vom 19. März 1997 – Aktenzeichen 5 RJ 78/95 –, Juris, Rdnr. 12). Hierbei hat es jedoch die Berücksichtigung der Besonderheiten, insbesondere des Sinnes und Zweckes der jeweiligen rentenrechtlichen Regelungen, betont (vgl. Urteil des BSG vom 8. Februar 1996 – 13 RJ 19/95 –, SozR 3 – 2600, § 58 Nr. 5 m. w. N.; Urteil des BSG vom 19. März 1997 – 5 RJ 78/95 –, a. a. O.). Dabei ist insbesondere das im Ar-beitsförderungsgesetz gesondert geregelte Erfordernis einer objektiven und subjektiven Verfügbarkeit des Versicherten – mit gewissen Modifikationen – in den rentenrechtlichen Begriff der Arbeitslosigkeit einzubeziehen (Urteil des BSG vom 28. September 1961 – 4 RJ 51/60 –, BSGE 15, 131, 133; Urteil des BSG vom 18. Februar 1964 – 11/1 RA 239/60 –, BSGE 20, 190, 192 f.).

2.2. Allerdings stellt die Bescheinigung des Arbeitsamtes über die Zeiten, in denen ein Mitglied der Rentenversicherung dort als Arbeitsloser arbeitsuchend gemeldet war, nach der Rechtsprechung des BSG eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 418 Zivilprozess-ordnung (ZPO) dar (Urteil des BSG vom 9. Februar 1994 – 11 RAr 49/93 R, JURIS). Da der Meldung der Beklagten über die von ihr festgestellten Zeiten der Arbeitslosigkeit somit Beweiskraft im Rahmen der Bestimmung des § 418 ZPO zukommen kann, ist es nicht aus-zuschließen, dass der Rentenversicherungsträger – ohne rechtlich gebunden zu sein – von weiteren (eigenen) Ermittlungen absieht, wenn ihm eine öffentliche Urkunde von einem anderen Versicherungsträger vorgelegt wird, in der mit entsprechender Beweiskraft Aussa-gen über bestimmte tatsächliche Umstände enthalten sind (siehe hierzu bereits unter 1.).

2.3. Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers besteht hier jedoch deshalb nicht, weil der Kläger bereits ein Gerichtsverfahren gegen den zuständigen Rentenversicherungsträger, die Landesversicherungsanstalt Sachsen, geführt hat. In diesem Verfahren waren – unab-hängig von der fehlenden Meldung – bereits die Anspruchsvoraussetzungen von § 237 Abs. 4 Nr. 1 a SGB VI zu prüfen gewesen. Hierfür ist die Meldung der Beklagten nicht zwingend erforderlich. Fehlt eine solche Meldung, muss der Rentenversicherungsträger in eigener Zuständigkeit u. a. die subjektive Arbeitslosigkeit prüfen (Urteil des Hessischen LSG vom 22. Mai 2007, Aktenzeichen L 2 R 336/05, JURIS, Rdnr. 27 und 28). Entspre-chend hatte auch das Sozialgericht im Verfahren S 10 RJ 925/04 die Tatbestandsvoraussetzung der Arbeitslosigkeit zu prüfen. Mit Urteil vom 13. April 2005 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit – ohne Abzug – nach § 237 Abs. 4 SGB VI abgelehnt. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. Folglich hat der Kläger bereits bei dem letztlich abschließend entscheidenden Versicherungsträger sein Begehren geltend gemacht. Auf dieser Grundlage besteht für ein weiteres Verfahren hinsichtlich einer rechtlich nicht zwingend bindenden Meldung gegen die Beklagte kein schutzwürdiges Interesse mehr.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten, § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision waren nicht gegeben, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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