L 3 B 595/07 AS-ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 15 AS 3147/07 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 595/07 AS-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein ursprünglich zulässiger Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg, wenn feststeht, dass der Antragsteller keinen durchsetzbaren Hauptanspruch mehr besitzt.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 20. November 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Übernahme von Umzugs- und Renovierungskosten sowie der Mietkaution für ihre neue Wohnung in der F. –J. -Straße 60 in L ...

Die Antragstellerin steht seit 2005 im Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin. Am 5. Oktober 2007 beantragte sie die Zustimmung der Antragsgegnerin zum Umzug in eine ihrem Gesundheitszustand angemessenere Wohnung und zur Übernahme der dabei entstehenden Kosten. Am 22. Oktober 2007 schloss sie den ab 1. Dezember 2007 gültigen Mietvertrag für eine Erdgeschosswohnung in der F. –J. -Straße 60.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab, da der Umzug nicht notwendig sei. Eine Abänderung des Bescheids lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 ab.

Der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 12. Oktober 2007 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007 zurückgewiesen.

Am 13. November 2007 hat die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht beantragt, da der Umzug auf Grund ihrer Wirbelsäulenerkrankungen erforderlich sei. Dringlichkeit bestehe, da sie ohne Kostenübernahme ab 1. Dezember 2007 obdachlos werde.

Das Sozialgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 20. November 2007 abgelehnt, da nicht hinreichend glaubhaft sei, dass die Antragstellerin auf Grund der bei ihr vorliegenden orthopädischen Erkrankungen in eine Erdgeschosswohnung umziehen müsse. Dagegen spreche insbesondere die telefonisch angeforderte Auskunft der behandelnden Allgemeinmedizinerin, wonach die Gesundheitsstörungen der Antragstellerin nicht akut seien.

Dagegen richtet sich die am 22. November 2007 erhobene Beschwerde.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 20. November 2007 aufzuheben und die Antragsgegnerin durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, die Umzugs- und Renovierungskosten sowie die Kaution für die Wohnung in der F. –J. -Straße 60 in L. –S. , Erdgeschoss, unverzüglich zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die angefochtene Entscheidung. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. November 2007 habe die Antragstellerin keine Klage erhoben.

Laut Mitteilung des Einwohnermeldeamts der Stadt L. vom 30. Januar 2008 ist die Antragstellerin mittlerweile unter der oben genannten Anschrift in der F. J. -Straße gemeldet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die gemäß den §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, mit dem die vorläufige Übernahme von Umzugs- und Renovierungskosten sowie der Mietkaution für die neue Wohnung begehrt wird, hat keinen Erfolg. Denn der Leistungsantrag, auf den sich der Eilantrag bezieht, ist bestandskräftig, d.h. unanfechtbar, abgelehnt worden.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin eine Leistung, die ihr bisher nicht bewilligt wurde. Hierauf gerichteter vorläufiger Rechtsschutz kann mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erlangt werden. Danach ist eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Ein wesentlicher Nachteil kann vorliegend aber nicht mehr abgewandt werden, weil die Antragstellerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 12. Oktober 2007 nicht gemäß § 87 Abs. 1 SGG innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids Klage erhoben hat. Der Bescheid, der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfbelehrung verse-hen war, ist folglich gemäß § 77 SGG für die Beteiligten bindend geworden. Es ist rechtsverbindlich festgestellt, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht. Damit kann auch kein Hauptsacheverfahren über diesen Anspruch mehr durchgeführt werden. Wiedereinsetzungsgründe sind nicht ersichtlich.

Es ist allgemeine Auffassung, dass ein ursprünglich zulässiger Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg haben kann, wenn feststeht, dass der Antragsteller keinen durchsetzbaren Hauptanspruch, hier den Anspruch auf Übernahme von Umzugs-kosten, mehr besitzt. Rechtsdogmatisch wird zum Teil der Eilantrag als nach Antragstel-lung unzulässig geworden angesehen, weil kein Rechtsschutzinteresse, d.h. ein schutzwür-diges Interesse an der begehrten gerichtlichen Entscheidung, mehr für vorläufigen Rechts-schutz bestehe (vgl. Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitver-fahren [4. Aufl., 1998], Rdnr. 132, m.w.N.), oder weil der Antrag unstatthaft geworden sei (vgl. LSG Saarland, Beschluss vom 11. August 2005 - L 9 B 4/05 AS - JURIS-Dokument Rdnr. 24; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [Stand: 15. Erg.-Lfg., September 2007], § 123 Rdnr. 102). Zum Teil wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen des nunmehr fehlenden Anordnungsgrundes - wohl als unbegründet - abgelehnt (vgl. LSG Nordrhein - Westfalen, Beschluss vom 10. Februar 2006 - L 19 B 112/05 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 5). Schließlich wird dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch ohne nähere dogmatische Ein-ordnung der Erfolg versagt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. März 2006 - L 5 B 56/06 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 3). Es kann dahingestellt bleiben, welcher Auffassung zu folgen ist, weil alle Ansätze zu demselben Ergebnis führen.

Da der Eilantrag nunmehr bereits aus dem o.g. Grund abzulehnen ist, kommt es auf die Frage, ob nach durchgeführtem Umzug noch ein Anordnungsgrund im Sinne einer beson-deren Dringlichkeit für die beantragte gerichtliche Maßnahme vorliegt, der nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei Leistungen für die Vergangenheit grundsätzlich zu vernei-nen ist (vgl. zuletzt Beschluss vom 4. Februar 2008 - L 3 B 486/07 AS-ER - JURIS-Dokument Rdnr. 32, m. w. N.), nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Dabei war zu berücksichtigen, dass der Eilantrag auch vor Eintritt der formel-len Bestandskraft des Ablehnungsbescheids zumindest unbegründet war. Insofern kann auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Beschluss Bezug ge-nommen werden, da sich im Beschwerdeverfahren keine anderen Erkenntnisse ergeben haben.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht weiter anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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