Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 32 AS 4386/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 430/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Wenn zum Zeitpunkt der Anhörung aus Sicht der zuständigen Behörde noch nicht festgestellt werden kann, auf welche Rechtsgrundlage und welchen etwaigen Vertrauensausschlusstatbestand die beabsichtigte Rückforderung gestützt werden kann oder soll, genügt die Anhörung nur dann den Anforderungen aus § 24 Abs. 1 SGG, wenn sie jedenfalls auch die spätere Rückforderungsentscheidung abdeckt.
2. Wenn ein Antragsteller vorsätzlich oder grob fahrlässig die Mitteilung wesentlicher geänderter Umstände unterlässt, die er bei Antragstellung noch anders angegeben hatte, die aber vor Erlass des Bewilligungsbescheids eingetreten sind, so ist dieses Unterlassen bei der Rücknahme der Leistungsbewilligung wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit der unrichtigen oder unvollständigen Angabe gleichzusetzen (Anschluss an BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 – B 7a AL 76/05 R – BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr. 4).
3. Nach den allgemeinen Regeln zur objektiven Beweislast gilt der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Damit geht die Nichterweislichkeit des Zugangs von Änderungsmitteilungen bei der zuständigen Behörde zu Lasten des Mitteilungspflichtigen.
4. Die Behauptung, eine Mitteilungspflicht erfüllt zu haben, setzt notwendigerweise die Kenntnis der Mitteilungspflicht voraus.
2. Wenn ein Antragsteller vorsätzlich oder grob fahrlässig die Mitteilung wesentlicher geänderter Umstände unterlässt, die er bei Antragstellung noch anders angegeben hatte, die aber vor Erlass des Bewilligungsbescheids eingetreten sind, so ist dieses Unterlassen bei der Rücknahme der Leistungsbewilligung wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit der unrichtigen oder unvollständigen Angabe gleichzusetzen (Anschluss an BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 – B 7a AL 76/05 R – BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr. 4).
3. Nach den allgemeinen Regeln zur objektiven Beweislast gilt der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Damit geht die Nichterweislichkeit des Zugangs von Änderungsmitteilungen bei der zuständigen Behörde zu Lasten des Mitteilungspflichtigen.
4. Die Behauptung, eine Mitteilungspflicht erfüllt zu haben, setzt notwendigerweise die Kenntnis der Mitteilungspflicht voraus.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 19. März 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 und die damit verbundene Rückforderung der gezahlten Leistungen in Höhe von 3.475,58 EUR.
Der 1955 geborene Kläger steht gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin U S seit dem 1. Januar 2005 im Leistungsbezug des Beklagten beziehungsweise dessen Rechtsvorgängers. Bei der Antragsstellung am 9. September 2004 gab er einen Witwenrentenbezug seiner Lebensgefährtin in Höhe von 268,36 EUR monatlich an. Im Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen vom 24. Mai 2005 gab er zudem ein Arbeitslosengeldbezug der Lebensgefährtin in Höhe von 419,40 EUR monatlich an.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2005 setzte die Landesversicherungsanstalt Sachsen die große Witwenrente der Lebensgefährtin des Klägers ab dem 1. August 2005 auf monatlich 577,75 EUR fest. Die festgestellte Nachzahlung in Höhe von 1.279,51 EUR wurde ihr im Juli 2005 ausgezahlt. Eine Mitteilung über diese Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse findet sich nicht in der Verwaltungsakte.
Mit Bescheid vom 5. August 2005 bewilligte der Beklagte unter Zugrundelegung der Angaben im Antrag vom 24. Mai 2005 für die Zeit vom 24. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005 Leistungen nach dem SGB II.
Mit weiterem Fortzahlungsantrag vom 11. Oktober 2005 gab der Kläger an, dass sich die Einkommensverhältnisse nicht geändert hätten.
Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2005 Leistungen für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 30. April 2006.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 hob die Deutsche Rentenversicherung M den Bescheid vom 27. Juni 2005 bezüglich der Rentengewährung der Lebensgefährtin des Klägers teilweise auf, gewährte ihr nunmehr eine Rente in Höhe von 492,90 EUR monatlich ab dem 1. November 2005 und forderte die Überzahlung für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Oktober 2005 zurück. Ausweislich des Bescheides vom 23. November 2005 der Deutschen Rentenversicherung M erhielt diese für Januar 2006 einmalig einen überzahlten Rentenbetrag ein mit der Folge, dass für Januar 2006 lediglich eine Witwenrente in Höhe von 323,20 EUR zur Auszahlung kam.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2005 gewährte die Deutsche Rentenversicherung M der Lebensgefährtin des Klägers ab Februar 2006 erneut eine monatliche Witwenrente in Höhe von 492,90 EUR. Des Weiteren bezog diese ausweislich des Datenabgleichs der Beklagten mit der Bundesagentur für Arbeit ab dem 17. Juni 2005 Arbeits-losengeld in Höhe von monatlich 838,50 EUR.
Daraufhin forderte der Beklagte die Lebensgefährtin des Klägers zur Vorlage von Unter-lagen beziehungsweis Nachweisen bezüglich ihrer Einkommensverhältnisse auf. Nachdem diese der Aufforderung durch Ausfüllung des Zusatzblattes "Einkommenserklärung/ Selbsteinschätzung zum Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes – für den Antragsteller sowie für Angehörige –" nachgekommen war, hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6. Juli 2006 zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung an.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 21. August 2006 die Leistungen gegenüber dem Kläger für Mai 2005 teilweise und für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis zum 30. April 2006 in voller Höhe auf und forderte die Erstattung von Leistungen in Höhe von 5.006,53 EUR und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.367,17 EUR und 163,68 EUR. Hierbei stützte er seine Entscheidung auf die Vertrauensausschlusstatbestände in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 zurück. Nunmehr bemühte er den Vertrauensausschlusstatbestände in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X.
Hiergegen hat der Kläger am 20. März 2007 Klage erhoben. Er habe alle Änderungen rechtzeitig mitgeteilt.
Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat der Beklagte die Erstattungsforderung durch weitere Bescheide vom 28. August 2007 sowie das Teilanerkenntnis vom 1. September 2009 und 8. März 2012 reduziert.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. März 2012 abgewiesen. Die Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Kläger nicht bedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gewesen sei. Das anzurechnende Einkommen der Lebensgefährtin des Klägers sei mit Ausnahme von Januar 2006 höher gewesen als der Gesamtbedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Mangels Bedürftigkeit habe daher kein Anspruch des Klägers bestanden.
Gegen das ihm am 17. April 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Mai 2012 Berufung eingelegt. Er habe nicht grob fahrlässig Angaben zurückgehalten oder gar Leistungen erschlichen. Genaue Angaben, wann wer welche Anlagen eingereicht habe, seien ihm nach sieben Jahren nicht mehr möglich, weil er keine Kopien der jeweiligen Verlängerungsanträge habe. Änderungen habe er mitgeteilt. Er wisse jedoch nicht mehr hundertprozentig, wann, wo und was er mitgeteilt habe. Auch wisse er nicht mehr, ob er die Unterlagen in der Abteilung selbst abgegeben oder in den Briefkasten eingeworfen habe. Ihm sei es nicht auffällig erschienen, dass trotz eines erhöhten Bezuges von Arbeitslosengeld und Witwenrente eine Änderung in den Hartz IV-Bescheiden nicht stattgefunden habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 19. März 2012 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28. August 2007 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 1. September 2009 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 8. März 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der angefochtene Bescheid in der nunmehr zur Überprüfung gestellten Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 21. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 28. August 2007 und nach Abgabe der Teilanerkenntnisse vom 1. September 2009 und 8. März 2012 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
1. Der angefochtene Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Anhörung war ordnungsgemäß (a) und der Bescheid ist inhaltlich hinreichend bestimmt (b).
a) Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Entscheidungserheblich sind dabei alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, das heißt auf die sich die Verwaltung auch gestützt hat (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 4 AS 37/09 R – SozR 4-1300, § 41 Nr. 2 = JURIS -Dokument, jeweils Rdnr. 12, m. w. N.; Siefert, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl. 2014] § 24 Rdnr. 13). Für die Frage, ob ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91 – BSGE 69, 247 = SozR 4-1300, § 45 Nr. 12, S. 9ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 29ff.; BSG, Urteil vom 29. Dezember 2012 – B 14 AS 6/12 R – BSGE 112, 221 = SozR 4-1300, § 45 Nr. 12 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 21).
Aus dem Anhörungsschreiben ergab sich nicht, auf welche Rechtsvorschrift die Rückforderung gestützt werden sollte. Im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. August 2006 wurde die Entscheidung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gestützt, während im Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 auf den Ausschlusstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X Bezug genommen wurde. Diesbezüglich ist die Anhörung jedoch nicht zu beanstanden. Denn nach dem Wortlaut von § 24 Abs. 1 SGB X bezieht sich die Anhörungspflicht auf die "für die Entscheidung erheblichen Tatsachen", nicht aber auf die für die Entscheidung maßgebenden Rechtsgrundlagen.
Wenn zum Zeitpunkt der Anhörung aus Sicht der zuständigen Behörde noch nicht festgestellt werden kann, auf welche Rechtsgrundlage und welchen etwaigen Vertrauensausschlusstatbestand die beabsichtigte Rückforderung gestützt werden kann oder soll, genügt die Anhörung nur dann den Anforderungen aus § 24 Abs. 1 SGG, wenn sie jedenfalls auch die spätere Rückforderungsentscheidung abdeckt.
Mit dem Vorwurf, der Betroffene sei seiner vorgeschriebenen Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen, muss die Behörde im Rahmen der Anhörung Tatsachen sowohl zu den objektiven als auch den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen angeben. Auf objektiver Tatbestandseite ist dies die Nichterfüllung der Mitteilungspflicht. Dies ist dann der Fall, wenn die Pflichtverletzung ganz oder teilweise unterlassen worden ist. Aus subjektiver Tatbestandsseite sind die Tatsachen anzugeben, auf die der Vorwurf des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit gestützt wird (hierzu eingehend Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 42, m. w. N.).
Diesen Anforderungen genügt die Anhörung des Beklagten vom 6. Juli 2006 beziehungsweise 19. Juli 2006. In der Anhörung wurde dem Kläger vorgehalten, er habe in der Antragstellung vom 24. Mai 2005 angegeben, dass seine Lebensgefährtin eine Witwenrente von 268,36 EUR monatlich beziehe. Der Pflicht, die Änderung in der monatlichen Rentenzahlung auf 492,90 EUR und in der Höhe des Arbeitslosengeldes mitzuteilen, sei er nicht nachgekommen, obwohl er über diese Verpflichtung im Merkblatt für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) unterrichtet worden sei. Mit diesen Vorhaltungen erhielt der Kläger Gelegenheit, sich hinreichend sowohl wohl zu den für eine Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X und den Vertrauensausschlusstatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X als auch den für eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X und den Vertrauensausschlusstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X maßgebenden Tatsachen zu äußern.
b) Die angefochtene Rückforderungsentscheidung war auch inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 33 Abs. 1 SGB X.
Das Bundessozialgericht fordert für die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten, vollständig klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. August 2001 – B 4 RA 114/00 R – SozR 3-2600, § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 28. März 2013 – B 4 RA 59/12 R – SozR 4-1300, § 45 Nr. 13 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 16). Es darf nicht dem Adressaten überlassen bleiben, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Dezember 2012 – B 14 AS 6/12 R – BSGE 112, 221 = SozR 4-1300, § 45 Nr. 12 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 25).
Diesen Anforderungen genügt der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. August 2006. Im Verfügungssatz des Bescheides ist der Gesamtzeitraum der Aufhebungsentscheidung vom 24. Mai 2005 bis zum 30. April 2006, der Umfang der Bewilligungsaufhebung (für Mai teilweise in Höhe von monatlich 83,26 EUR, für Juni 2005 bis April 2006 ganz in Höhe von monatlich 447,57 EUR) angegeben. Im Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 wurde im Verfügungssatz dann der Gesamtbetrag der Erstattungsforderung auf 5.006,53 EUR beziffert und in den konkretisierenden Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 17. August 2007 für die Zeiträume vom 24. Mai 2005 bis zum 30. April 2006 bezüglich der einzelnen Bewilligungsabschnitte noch konkreter beziffert. Wie sich der Gesamtbetrag der Erstattungsforderung im Einzelnen berechnet, ist, wie der Senat bereits entschieden hat, nicht eine Frage der inhaltlichen hinreichenden Bestimmtheit, sondern der hinreichenden Begründung des Verwaltungsaktes im Sinne von § 35 Abs. 1 SGB X (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 60, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 31, m. w. N.).
Ein Bestimmtheitsmangel liegt auch nicht darin, dass der Beklagte am 1. September 2009 und 8. März 2012 weitere Teilanerkenntnisse abgegeben hat, welche zu einer weiteren Reduzierung der Gesamtforderung führten. Es ist auch danach für den Kläger weiterhin erkennbar, in welchem Umfang die ursprünglichen Leistungsbewilligungen aufgehoben worden und er zur Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen verpflichtet ist.
2. Zutreffend hat dabei das Sozialgericht festgestellt, dass Rechtsgrundlage für die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X sowie § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 330 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ist. Die danach geforderten Voraussetzungen sind gegeben.
a) Ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist es, dass der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 die Entscheidung auf § 48 SGB X und nicht auf § 45 SGB X stützte. Zwar betrifft die Rücknahmeregelung in § 45 SGB X begünstigende Verwaltungsakte, die von Anfang an rechtswidrig sind, während die Aufhebungsregelung in § 48 SGB X Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, die wegen einer wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes vorgelegen haben, nachträglich rechtswidrig werden, betrifft. Jedoch kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes entweder nach Maßgabe von § 43 SGB X eine Rücknahmeentscheidung in eine Aufhebungsentscheidung umgedeutet werden oder es liegt nur ein Fall des Auswechselns der Rechtsgrundlage oder des Nachschiebens von Gründen vor (vgl. die Nachweise bei Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 43 Rdnr. 8). Alle Ansätze führen vorliegend zum Ergebnis, dass die Benennung der unzutreffenden Rechtsgrundlage durch den Beklagten nicht die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 21. August 2006 zur Folge hat. Denn das Regelungsziel von § 48 SGBX und § 45 SGB X ist das gleiche. In beiden Fällen soll ein Bewilligungsbescheid ganz oder teilweise beseitigt werden. In beiden Fällen wird der Verfügungssatz, nämlich die Aufhebung oder die Rücknahme der Bewilligungsentscheidung, nicht substanziell geändert. Und in beiden Fällen ist wegen § 330 Abs. 2 und 3 SGB III durch den Beklagten kein Ermessen auszuüben.
b) Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Bewilligungsbescheide der Beklagten vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 waren von Anfang an rechtswidrig. Denn der Kläger hatte keinen Anspruch auf Arbeits-losengeld II, weil er und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Lebensgefährtin nicht hilfebedürftig waren.
Erwerbsfähige Hilfebedürftige (seit 1. Januar 2011: erwerbsfähige Leistungsberechtigte) erhalten Arbeitslosengeld II nach Maßgabe von § 19 SGB II. Erwerbsfähige Hilfebedürftige waren nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2954]) Personen, die unter anderem hilfebedürftig waren (Nummer 3). Nach § 9 Abs. 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) war hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhielt. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung) war bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehörte nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 7 Buchst. b des Gesetzes vom 30. Juli 2004 [BGBl. I S. 2014]) der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner.
Die Lebensgefährtin des Klägers war zu den Zeitpunkten, als die Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 erlassen wurden, Lebenspartnerin des Klägers im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II a.F ... Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Der monatliche Gesamtbedarf des Klägers und seiner Lebensgefährtin belief sich auf 1.047,05 EUR. Er setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von jeweils 298,00 EUR und den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 451,05 EUR. Letztere errechnen sich aus der monatlichen Miete in Höhe von 461,79 EUR abzüglich der Warmwasserpauschalen in Höhe von jeweils 5,37 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R – BSGE 100, 94 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 5 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 25).
In dem hier maßgebenden Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 verfügte die Lebensgefährtin des Klägers über Einkommen aus einer Witwenrente, welche ab dem 1. August 2005 monatlich 577,75 EUR und ab dem 1. November 2005 monatlich 492,90 EUR betrug mit Ausnahme von Januar 2006, wo ihr nur 323,20 EUR ausgezahlt wurden. Im Juli 2005 floss der Lebensgefährtin des Klägers aus dieser Witwenrente eine Nachzahlung in Höhe von 1.279,51 EUR zu. Im Weiteren bezog sie seit dem 17. Juni 2005 Arbeitslosengeld in Höhe von 838,50 EUR, da die anfängliche Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitslosmeldung nach § 140 SGB III ab diesem Zeitpunkt entfallen war. Unter Berücksichtigung der Berechnungsregelungen im SGB II ergibt dies zu berücksichtigendes monatliches Einkommen zwischen 1.163,80 EUR und 1.242.10 EUR. Wegen der Berechnungen im Einzelnen wird auf den Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 verwiesen.
Eine Gegenüberstellung des Gesamtbedarfes und des zu berücksichtigenden Einkommens ergibt, dass der Bedarf des Klägers und seiner Lebensgefährtin in jedem Monat des hier maßgebenden Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 gedeckt war. Damit lag zu keinem Zeitpunkt eine Hilfebedürftigkeit des Klägers im Sinn von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. I. V. m. § 9 Abs. 1 SGB II a. F. vor. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 von Anfang an im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X rechtswidrig waren.
c) Der Beklagte konnte die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 aufheben, weil dem Kläger kein Vertrauensschutz zur Seite steht. Die Voraussetzungen des Vertrauensausschlusstatbestandes des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X sind erfüllt.
Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögendisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X kann sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die Rechtsgrundlagen über die Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten finden sich in § 60 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Ferner hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I).
Der Kläger hat vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig zum einen die vor dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 5. August 2005 eingetretenen Änderungen in den Einkommensverhältnissen nicht mitgeteilt und zum anderen im Fortzahlungsantrag vom 11. Oktober 2005, auf den hin der Bewilligungsbescheid vom 9. Oktober 2005 erlassen wurde, unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht.
(1) Zwar ist der Einwand des Klägers zutreffend, dass bei dem Folgeantrag vom 24. Mai 2005 eine Änderung in den Einkommensverhältnissen seiner Lebensgefährtin noch nicht eingetreten war. Vielmehr wurde die große Witwenrente erst mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung M vom 27. Juni 2005 ab dem 1. August 2005 auf monatlich 577,75 EUR festgesetzt und im Juli 2005 eine Nachzahlung für die Monate ab April 2005 in Höhe von insgesamt 1.279,51 EUR verbeschieden.
Obwohl jedoch diese Nachzahlung am 8. Juli 2005 an die Lebensgefährtin überwiesen wurde, die Witwenrente 577,75 EUR ab dem 1. August 2005 betrug und außerdem ab dem 17. Juni 2005 der Lebensgefährtin das ungeminderte Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 838,50 EUR zufloss, findet sich in der Zeit nach dem Fortzahlungsantrag vom 24. Mai 2005 keine Änderungsmitteilung des Klägers hierzu in der Verwaltungsakte. Dies ist insoweit erstaunlich, da es ab diesem Zeitpunkt nicht nur zum Wegfall der Minderung des Arbeitslosengeldes kam, sondern auch die Höhe der Hinterbliebenenleistungen mit Bescheiden vom 27. Juni 2005 – und dann nochmals mit den Bescheiden vom 24. Oktober 2005, 23. November 2005 und 13. Dezember 2005 – mehrfach erheblich geändert wurde.
Der Kläger verstieß damit gegen seine Mitteilungspflichten aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I. Denn wenn ein Antragsteller, hier der Kläger, vorsätzlich oder grob fahrlässig die Mitteilung wesentlicher geänderter Umstände unterlässt, die er bei Antragstellung noch anders angegeben hatte, die aber vor Erlass des Bewilligungsbescheids eingetreten sind, so ist dieses Unterlassen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes bei der Rücknahme der Leistungsbewilligung wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit der unrichtigen oder unvollständigen Angabe gleichzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 – B 7a AL 76/05 R – BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr. 4 = NZS 2007, 104, jeweils Leitsatz 2; vgl. auch Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 45 Rdnr. 49, m. w. N.).
(2) Bei dem nächsten Fortzahlungsantrag, dem vom 11. Oktober 2005, verstieß der Kläger bereits unmittelbar gegen seine Mitteilungspflichten aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I. Denn trotz der zuvor eingetretenen Änderungen zur Witwenrente und zum Arbeitslosengeld gab er an, dass sich die Einkommensverhältnisse nicht geändert hätten.
(3) Die Angaben des Klägers zu den Einkommensverhältnissen seiner Lebensgefährtin waren in beiden Fällen "in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig" im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Denn sie waren für die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 kausal (vgl. zum Erfordernis der Ursächlichkeit: Schütze, a. a. O., § 45 Rdnr. 50, m. w. N.).
(4) Der Vortrag des Klägers, er habe sämtliche Unterlagen bei dem Beklagten, insbesondere der zuständigen Sachbearbeiterin Frau Nicht, abgegeben, ist nicht glaubhaft.
Im Rahmen der Anhörung vom 6. Juli 3006 beziehungsweise 19. Juli 2006 gab der Kläger lediglich an, dass er sich keiner Schuld bewusst sei, und dass bei Antragstellung alle Angaben gestimmt hätten. Alle Unterlagen lägen Frau N vor. Er habe sie persönlich abgegeben. Diesen Vortrag wiederholte der Kläger im Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren formelhaft. Jedoch sind entsprechende persönliche Vorsprachen des Klägers bei dem Beklagten in der Verwaltungsakte, entgegen der ansonsten üblichen Verwaltungspraxis, nicht vermerkt. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass nicht nur einmal, sondern wiederholt Änderungsmitteilungen, die persönlich abgegeben worden sein sollen, nicht ihren Weg in die Verwaltungsakte gefunden hätten.
Die Einlassungen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2014 vor dem erkennenden Senat konnten zu keiner Aufklärung des Sachverhaltes bei-tragen. Zwar betonte er erneut, dass er die Änderungen zur Höhe des Arbeitslosengeldes und der Witwenrente seiner Lebensgefährtin mitgeteilt habe. Allerdings gab er nun an, dass er sich nicht mehr hundertprozentig daran erinnern könne, wann, wo und was er mitgeteilt habe. Insbesondere wisse er nicht, ob er die Unterlagen "in der Leistungsabteilung abgegeben, in den Briefkasten geworfen oder an der Information abgegeben habe". Dies deckt sich nicht mit den früheren Angaben des Klägers. Auch wenn die Änderungen im Vortrag dem zeitlichen Abstand zwischen den entscheidungserheblichen Ereignissen im zweiten Halbjahr 2005 und der Gerichtsverhandlung geschuldet sein sollten, sind seine jetzigen Angaben nicht geeignet, dass der Senat Feststellungen zu konkreten Vorkommnissen im zweiten Halbjahr 2005 treffen kann.
Unabhängig von vorstehenden Ausführungen gilt nach den allgemeinen Regeln zur objektiven Beweislast der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Damit geht die Nichterweislichkeit des Zugangs von Änderungsmitteilungen bei der zuständigen Behörde zu Lasten des Mitteilungspflichtigen, hier des Klägers (vgl. zur objektiven Beweislast bezüglich des Zugangs eines Antrages: Sächs. LSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – L 3 AS 607/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 49, m. w. N.).
(5) Die oben beschriebenen Mitteilungspflichtverletzungen sind dem Kläger vorwerfbar, weil er zumindest grob fahrlässig handelte.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei ist ein subjektiver Maßstab anzuwenden. Danach handelt grob fahrlässig, wer unter Berücksichtigung seiner persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, seines Einsichtsvermögens und der besonderen Umstände des Falles schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSG, Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 105/85 – BSGE 62, 32 [35] = SozR 4100 § 71 Nr. 2, m. w. N.; BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R – SozR 3-1300 § 45 Nr. 45 = JURIS-Dokument Rdnr. 23, m. w. N.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 14/11 R – 4-1300 § 45 Nr. 15 = JURIS-Dokument Rdnr. 25).
Der Kläger behauptet nicht, seine Pflicht über die Mitteilung von Veränderungen nicht oder zumindest dem Umfang nach nicht gekannt zu haben oder in Bezug auf seine Mitteilungspflichten im Unklaren gewesen zu sein. Er macht vielmehr geltend, dass er seiner Mitteilungspflicht nachgekommen sei. Die Behauptung, eine Mitteilungspflicht erfüllt zu haben, setzt aber notwendigerweise die Kenntnis der Mitteilungspflicht voraus.
d) Da die Voraussetzungen des Vertrauensausschlusstatbestandes aus § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt sind, war der Beklagte gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III verpflichtet, die Rücknahmeentscheidung mit Wirkung für die Vergangenheit auszusprechen. Kraft Gesetzes war ihm ein Ermessen in Bezug auf die Rücknahmeentscheidung nicht eingeräumt.
3. Schließlich ist auch die Erstattungsentscheidung nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für das Erstattungsverlangen in Bezug auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X. Die Voraussetzungen für eine verringerte Erstattungspflicht nach Maßgabe von § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der vom 1. April 2006 bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 588]) liegen nicht vor. Nach dieser Regelung waren abweichend von § 50 SGB X 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II sowie § 28 SGB II berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Diese Sonderregelung galt jedoch nach § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der vom 1. April 2006 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 588]) unter anderem nicht in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X, das heißt in den Fällen, in denen dem Betroffene bei einer Rückforderungsentscheidung einer der Vertrauensausschlusstatbestände entgegengehalten wurde. Vorliegend traf den Kläger der Vertrauensausschlusstatbestand aus § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, wie oben ausgeführt wurde.
Der Erstattungsbetrag in Höhe von 3.475,58 EUR für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 ist im Übrigen rechnerisch korrekt.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 und die damit verbundene Rückforderung der gezahlten Leistungen in Höhe von 3.475,58 EUR.
Der 1955 geborene Kläger steht gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin U S seit dem 1. Januar 2005 im Leistungsbezug des Beklagten beziehungsweise dessen Rechtsvorgängers. Bei der Antragsstellung am 9. September 2004 gab er einen Witwenrentenbezug seiner Lebensgefährtin in Höhe von 268,36 EUR monatlich an. Im Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen vom 24. Mai 2005 gab er zudem ein Arbeitslosengeldbezug der Lebensgefährtin in Höhe von 419,40 EUR monatlich an.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2005 setzte die Landesversicherungsanstalt Sachsen die große Witwenrente der Lebensgefährtin des Klägers ab dem 1. August 2005 auf monatlich 577,75 EUR fest. Die festgestellte Nachzahlung in Höhe von 1.279,51 EUR wurde ihr im Juli 2005 ausgezahlt. Eine Mitteilung über diese Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse findet sich nicht in der Verwaltungsakte.
Mit Bescheid vom 5. August 2005 bewilligte der Beklagte unter Zugrundelegung der Angaben im Antrag vom 24. Mai 2005 für die Zeit vom 24. Mai 2005 bis zum 31. Oktober 2005 Leistungen nach dem SGB II.
Mit weiterem Fortzahlungsantrag vom 11. Oktober 2005 gab der Kläger an, dass sich die Einkommensverhältnisse nicht geändert hätten.
Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Oktober 2005 Leistungen für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 30. April 2006.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 2005 hob die Deutsche Rentenversicherung M den Bescheid vom 27. Juni 2005 bezüglich der Rentengewährung der Lebensgefährtin des Klägers teilweise auf, gewährte ihr nunmehr eine Rente in Höhe von 492,90 EUR monatlich ab dem 1. November 2005 und forderte die Überzahlung für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Oktober 2005 zurück. Ausweislich des Bescheides vom 23. November 2005 der Deutschen Rentenversicherung M erhielt diese für Januar 2006 einmalig einen überzahlten Rentenbetrag ein mit der Folge, dass für Januar 2006 lediglich eine Witwenrente in Höhe von 323,20 EUR zur Auszahlung kam.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 2005 gewährte die Deutsche Rentenversicherung M der Lebensgefährtin des Klägers ab Februar 2006 erneut eine monatliche Witwenrente in Höhe von 492,90 EUR. Des Weiteren bezog diese ausweislich des Datenabgleichs der Beklagten mit der Bundesagentur für Arbeit ab dem 17. Juni 2005 Arbeits-losengeld in Höhe von monatlich 838,50 EUR.
Daraufhin forderte der Beklagte die Lebensgefährtin des Klägers zur Vorlage von Unter-lagen beziehungsweis Nachweisen bezüglich ihrer Einkommensverhältnisse auf. Nachdem diese der Aufforderung durch Ausfüllung des Zusatzblattes "Einkommenserklärung/ Selbsteinschätzung zum Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes – für den Antragsteller sowie für Angehörige –" nachgekommen war, hörte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 6. Juli 2006 zur beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung an.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 21. August 2006 die Leistungen gegenüber dem Kläger für Mai 2005 teilweise und für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis zum 30. April 2006 in voller Höhe auf und forderte die Erstattung von Leistungen in Höhe von 5.006,53 EUR und Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 1.367,17 EUR und 163,68 EUR. Hierbei stützte er seine Entscheidung auf die Vertrauensausschlusstatbestände in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).
Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 zurück. Nunmehr bemühte er den Vertrauensausschlusstatbestände in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X.
Hiergegen hat der Kläger am 20. März 2007 Klage erhoben. Er habe alle Änderungen rechtzeitig mitgeteilt.
Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat der Beklagte die Erstattungsforderung durch weitere Bescheide vom 28. August 2007 sowie das Teilanerkenntnis vom 1. September 2009 und 8. März 2012 reduziert.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. März 2012 abgewiesen. Die Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Kläger nicht bedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gewesen sei. Das anzurechnende Einkommen der Lebensgefährtin des Klägers sei mit Ausnahme von Januar 2006 höher gewesen als der Gesamtbedarf der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Mangels Bedürftigkeit habe daher kein Anspruch des Klägers bestanden.
Gegen das ihm am 17. April 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. Mai 2012 Berufung eingelegt. Er habe nicht grob fahrlässig Angaben zurückgehalten oder gar Leistungen erschlichen. Genaue Angaben, wann wer welche Anlagen eingereicht habe, seien ihm nach sieben Jahren nicht mehr möglich, weil er keine Kopien der jeweiligen Verlängerungsanträge habe. Änderungen habe er mitgeteilt. Er wisse jedoch nicht mehr hundertprozentig, wann, wo und was er mitgeteilt habe. Auch wisse er nicht mehr, ob er die Unterlagen in der Abteilung selbst abgegeben oder in den Briefkasten eingeworfen habe. Ihm sei es nicht auffällig erschienen, dass trotz eines erhöhten Bezuges von Arbeitslosengeld und Witwenrente eine Änderung in den Hartz IV-Bescheiden nicht stattgefunden habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 19. März 2012 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28. August 2007 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 1. September 2009 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 8. März 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der angefochtene Bescheid in der nunmehr zur Überprüfung gestellten Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 21. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2007 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 28. August 2007 und nach Abgabe der Teilanerkenntnisse vom 1. September 2009 und 8. März 2012 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
1. Der angefochtene Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Anhörung war ordnungsgemäß (a) und der Bescheid ist inhaltlich hinreichend bestimmt (b).
a) Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Entscheidungserheblich sind dabei alle Tatsachen, die zum Ergebnis der Verwaltungsentscheidung beigetragen haben, das heißt auf die sich die Verwaltung auch gestützt hat (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2010 – B 4 AS 37/09 R – SozR 4-1300, § 41 Nr. 2 = JURIS -Dokument, jeweils Rdnr. 12, m. w. N.; Siefert, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl. 2014] § 24 Rdnr. 13). Für die Frage, ob ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91 – BSGE 69, 247 = SozR 4-1300, § 45 Nr. 12, S. 9ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 29ff.; BSG, Urteil vom 29. Dezember 2012 – B 14 AS 6/12 R – BSGE 112, 221 = SozR 4-1300, § 45 Nr. 12 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 21).
Aus dem Anhörungsschreiben ergab sich nicht, auf welche Rechtsvorschrift die Rückforderung gestützt werden sollte. Im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. August 2006 wurde die Entscheidung auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gestützt, während im Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 auf den Ausschlusstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X Bezug genommen wurde. Diesbezüglich ist die Anhörung jedoch nicht zu beanstanden. Denn nach dem Wortlaut von § 24 Abs. 1 SGB X bezieht sich die Anhörungspflicht auf die "für die Entscheidung erheblichen Tatsachen", nicht aber auf die für die Entscheidung maßgebenden Rechtsgrundlagen.
Wenn zum Zeitpunkt der Anhörung aus Sicht der zuständigen Behörde noch nicht festgestellt werden kann, auf welche Rechtsgrundlage und welchen etwaigen Vertrauensausschlusstatbestand die beabsichtigte Rückforderung gestützt werden kann oder soll, genügt die Anhörung nur dann den Anforderungen aus § 24 Abs. 1 SGG, wenn sie jedenfalls auch die spätere Rückforderungsentscheidung abdeckt.
Mit dem Vorwurf, der Betroffene sei seiner vorgeschriebenen Mitteilungspflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen, muss die Behörde im Rahmen der Anhörung Tatsachen sowohl zu den objektiven als auch den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen angeben. Auf objektiver Tatbestandseite ist dies die Nichterfüllung der Mitteilungspflicht. Dies ist dann der Fall, wenn die Pflichtverletzung ganz oder teilweise unterlassen worden ist. Aus subjektiver Tatbestandsseite sind die Tatsachen anzugeben, auf die der Vorwurf des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit gestützt wird (hierzu eingehend Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 42, m. w. N.).
Diesen Anforderungen genügt die Anhörung des Beklagten vom 6. Juli 2006 beziehungsweise 19. Juli 2006. In der Anhörung wurde dem Kläger vorgehalten, er habe in der Antragstellung vom 24. Mai 2005 angegeben, dass seine Lebensgefährtin eine Witwenrente von 268,36 EUR monatlich beziehe. Der Pflicht, die Änderung in der monatlichen Rentenzahlung auf 492,90 EUR und in der Höhe des Arbeitslosengeldes mitzuteilen, sei er nicht nachgekommen, obwohl er über diese Verpflichtung im Merkblatt für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) unterrichtet worden sei. Mit diesen Vorhaltungen erhielt der Kläger Gelegenheit, sich hinreichend sowohl wohl zu den für eine Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X und den Vertrauensausschlusstatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X als auch den für eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X und den Vertrauensausschlusstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X maßgebenden Tatsachen zu äußern.
b) Die angefochtene Rückforderungsentscheidung war auch inhaltlich hinreichend bestimmt im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 33 Abs. 1 SGB X.
Das Bundessozialgericht fordert für die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten, vollständig klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. August 2001 – B 4 RA 114/00 R – SozR 3-2600, § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 28. März 2013 – B 4 RA 59/12 R – SozR 4-1300, § 45 Nr. 13 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 16). Es darf nicht dem Adressaten überlassen bleiben, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Dezember 2012 – B 14 AS 6/12 R – BSGE 112, 221 = SozR 4-1300, § 45 Nr. 12 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 25).
Diesen Anforderungen genügt der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. August 2006. Im Verfügungssatz des Bescheides ist der Gesamtzeitraum der Aufhebungsentscheidung vom 24. Mai 2005 bis zum 30. April 2006, der Umfang der Bewilligungsaufhebung (für Mai teilweise in Höhe von monatlich 83,26 EUR, für Juni 2005 bis April 2006 ganz in Höhe von monatlich 447,57 EUR) angegeben. Im Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 wurde im Verfügungssatz dann der Gesamtbetrag der Erstattungsforderung auf 5.006,53 EUR beziffert und in den konkretisierenden Rücknahme- und Erstattungsbescheiden vom 17. August 2007 für die Zeiträume vom 24. Mai 2005 bis zum 30. April 2006 bezüglich der einzelnen Bewilligungsabschnitte noch konkreter beziffert. Wie sich der Gesamtbetrag der Erstattungsforderung im Einzelnen berechnet, ist, wie der Senat bereits entschieden hat, nicht eine Frage der inhaltlichen hinreichenden Bestimmtheit, sondern der hinreichenden Begründung des Verwaltungsaktes im Sinne von § 35 Abs. 1 SGB X (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 60, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 27. Februar 2014 – L 3 AS 579/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 31, m. w. N.).
Ein Bestimmtheitsmangel liegt auch nicht darin, dass der Beklagte am 1. September 2009 und 8. März 2012 weitere Teilanerkenntnisse abgegeben hat, welche zu einer weiteren Reduzierung der Gesamtforderung führten. Es ist auch danach für den Kläger weiterhin erkennbar, in welchem Umfang die ursprünglichen Leistungsbewilligungen aufgehoben worden und er zur Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen verpflichtet ist.
2. Zutreffend hat dabei das Sozialgericht festgestellt, dass Rechtsgrundlage für die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X sowie § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 330 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) ist. Die danach geforderten Voraussetzungen sind gegeben.
a) Ohne Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist es, dass der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 die Entscheidung auf § 48 SGB X und nicht auf § 45 SGB X stützte. Zwar betrifft die Rücknahmeregelung in § 45 SGB X begünstigende Verwaltungsakte, die von Anfang an rechtswidrig sind, während die Aufhebungsregelung in § 48 SGB X Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, die wegen einer wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes vorgelegen haben, nachträglich rechtswidrig werden, betrifft. Jedoch kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes entweder nach Maßgabe von § 43 SGB X eine Rücknahmeentscheidung in eine Aufhebungsentscheidung umgedeutet werden oder es liegt nur ein Fall des Auswechselns der Rechtsgrundlage oder des Nachschiebens von Gründen vor (vgl. die Nachweise bei Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 43 Rdnr. 8). Alle Ansätze führen vorliegend zum Ergebnis, dass die Benennung der unzutreffenden Rechtsgrundlage durch den Beklagten nicht die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 21. August 2006 zur Folge hat. Denn das Regelungsziel von § 48 SGBX und § 45 SGB X ist das gleiche. In beiden Fällen soll ein Bewilligungsbescheid ganz oder teilweise beseitigt werden. In beiden Fällen wird der Verfügungssatz, nämlich die Aufhebung oder die Rücknahme der Bewilligungsentscheidung, nicht substanziell geändert. Und in beiden Fällen ist wegen § 330 Abs. 2 und 3 SGB III durch den Beklagten kein Ermessen auszuüben.
b) Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Die Bewilligungsbescheide der Beklagten vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 waren von Anfang an rechtswidrig. Denn der Kläger hatte keinen Anspruch auf Arbeits-losengeld II, weil er und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Lebensgefährtin nicht hilfebedürftig waren.
Erwerbsfähige Hilfebedürftige (seit 1. Januar 2011: erwerbsfähige Leistungsberechtigte) erhalten Arbeitslosengeld II nach Maßgabe von § 19 SGB II. Erwerbsfähige Hilfebedürftige waren nach der Legaldefinition in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2954]) Personen, die unter anderem hilfebedürftig waren (Nummer 3). Nach § 9 Abs. 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung) war hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhielt. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung) war bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehörte nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 7 Buchst. b des Gesetzes vom 30. Juli 2004 [BGBl. I S. 2014]) der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner.
Die Lebensgefährtin des Klägers war zu den Zeitpunkten, als die Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 erlassen wurden, Lebenspartnerin des Klägers im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II a.F ... Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Der monatliche Gesamtbedarf des Klägers und seiner Lebensgefährtin belief sich auf 1.047,05 EUR. Er setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von jeweils 298,00 EUR und den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 451,05 EUR. Letztere errechnen sich aus der monatlichen Miete in Höhe von 461,79 EUR abzüglich der Warmwasserpauschalen in Höhe von jeweils 5,37 EUR (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R – BSGE 100, 94 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 5 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 25).
In dem hier maßgebenden Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 verfügte die Lebensgefährtin des Klägers über Einkommen aus einer Witwenrente, welche ab dem 1. August 2005 monatlich 577,75 EUR und ab dem 1. November 2005 monatlich 492,90 EUR betrug mit Ausnahme von Januar 2006, wo ihr nur 323,20 EUR ausgezahlt wurden. Im Juli 2005 floss der Lebensgefährtin des Klägers aus dieser Witwenrente eine Nachzahlung in Höhe von 1.279,51 EUR zu. Im Weiteren bezog sie seit dem 17. Juni 2005 Arbeitslosengeld in Höhe von 838,50 EUR, da die anfängliche Minderung des Arbeitslosengeldes wegen verspäteter Arbeitslosmeldung nach § 140 SGB III ab diesem Zeitpunkt entfallen war. Unter Berücksichtigung der Berechnungsregelungen im SGB II ergibt dies zu berücksichtigendes monatliches Einkommen zwischen 1.163,80 EUR und 1.242.10 EUR. Wegen der Berechnungen im Einzelnen wird auf den Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 verwiesen.
Eine Gegenüberstellung des Gesamtbedarfes und des zu berücksichtigenden Einkommens ergibt, dass der Bedarf des Klägers und seiner Lebensgefährtin in jedem Monat des hier maßgebenden Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 gedeckt war. Damit lag zu keinem Zeitpunkt eine Hilfebedürftigkeit des Klägers im Sinn von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. I. V. m. § 9 Abs. 1 SGB II a. F. vor. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 von Anfang an im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X rechtswidrig waren.
c) Der Beklagte konnte die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 aufheben, weil dem Kläger kein Vertrauensschutz zur Seite steht. Die Voraussetzungen des Vertrauensausschlusstatbestandes des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X sind erfüllt.
Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögendisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X kann sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Die Rechtsgrundlagen über die Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten finden sich in § 60 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil (SGB I). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Ferner hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I).
Der Kläger hat vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig zum einen die vor dem Erlass des Bewilligungsbescheides vom 5. August 2005 eingetretenen Änderungen in den Einkommensverhältnissen nicht mitgeteilt und zum anderen im Fortzahlungsantrag vom 11. Oktober 2005, auf den hin der Bewilligungsbescheid vom 9. Oktober 2005 erlassen wurde, unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht.
(1) Zwar ist der Einwand des Klägers zutreffend, dass bei dem Folgeantrag vom 24. Mai 2005 eine Änderung in den Einkommensverhältnissen seiner Lebensgefährtin noch nicht eingetreten war. Vielmehr wurde die große Witwenrente erst mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung M vom 27. Juni 2005 ab dem 1. August 2005 auf monatlich 577,75 EUR festgesetzt und im Juli 2005 eine Nachzahlung für die Monate ab April 2005 in Höhe von insgesamt 1.279,51 EUR verbeschieden.
Obwohl jedoch diese Nachzahlung am 8. Juli 2005 an die Lebensgefährtin überwiesen wurde, die Witwenrente 577,75 EUR ab dem 1. August 2005 betrug und außerdem ab dem 17. Juni 2005 der Lebensgefährtin das ungeminderte Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 838,50 EUR zufloss, findet sich in der Zeit nach dem Fortzahlungsantrag vom 24. Mai 2005 keine Änderungsmitteilung des Klägers hierzu in der Verwaltungsakte. Dies ist insoweit erstaunlich, da es ab diesem Zeitpunkt nicht nur zum Wegfall der Minderung des Arbeitslosengeldes kam, sondern auch die Höhe der Hinterbliebenenleistungen mit Bescheiden vom 27. Juni 2005 – und dann nochmals mit den Bescheiden vom 24. Oktober 2005, 23. November 2005 und 13. Dezember 2005 – mehrfach erheblich geändert wurde.
Der Kläger verstieß damit gegen seine Mitteilungspflichten aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I. Denn wenn ein Antragsteller, hier der Kläger, vorsätzlich oder grob fahrlässig die Mitteilung wesentlicher geänderter Umstände unterlässt, die er bei Antragstellung noch anders angegeben hatte, die aber vor Erlass des Bewilligungsbescheids eingetreten sind, so ist dieses Unterlassen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes bei der Rücknahme der Leistungsbewilligung wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit der unrichtigen oder unvollständigen Angabe gleichzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 – B 7a AL 76/05 R – BSGE 96, 285 = SozR 4-4300 § 122 Nr. 4 = NZS 2007, 104, jeweils Leitsatz 2; vgl. auch Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X [8. Aufl., 2014], § 45 Rdnr. 49, m. w. N.).
(2) Bei dem nächsten Fortzahlungsantrag, dem vom 11. Oktober 2005, verstieß der Kläger bereits unmittelbar gegen seine Mitteilungspflichten aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I. Denn trotz der zuvor eingetretenen Änderungen zur Witwenrente und zum Arbeitslosengeld gab er an, dass sich die Einkommensverhältnisse nicht geändert hätten.
(3) Die Angaben des Klägers zu den Einkommensverhältnissen seiner Lebensgefährtin waren in beiden Fällen "in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig" im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X. Denn sie waren für die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungsbescheide vom 5. August 2005 und 19. Oktober 2005 kausal (vgl. zum Erfordernis der Ursächlichkeit: Schütze, a. a. O., § 45 Rdnr. 50, m. w. N.).
(4) Der Vortrag des Klägers, er habe sämtliche Unterlagen bei dem Beklagten, insbesondere der zuständigen Sachbearbeiterin Frau Nicht, abgegeben, ist nicht glaubhaft.
Im Rahmen der Anhörung vom 6. Juli 3006 beziehungsweise 19. Juli 2006 gab der Kläger lediglich an, dass er sich keiner Schuld bewusst sei, und dass bei Antragstellung alle Angaben gestimmt hätten. Alle Unterlagen lägen Frau N vor. Er habe sie persönlich abgegeben. Diesen Vortrag wiederholte der Kläger im Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren formelhaft. Jedoch sind entsprechende persönliche Vorsprachen des Klägers bei dem Beklagten in der Verwaltungsakte, entgegen der ansonsten üblichen Verwaltungspraxis, nicht vermerkt. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass nicht nur einmal, sondern wiederholt Änderungsmitteilungen, die persönlich abgegeben worden sein sollen, nicht ihren Weg in die Verwaltungsakte gefunden hätten.
Die Einlassungen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2014 vor dem erkennenden Senat konnten zu keiner Aufklärung des Sachverhaltes bei-tragen. Zwar betonte er erneut, dass er die Änderungen zur Höhe des Arbeitslosengeldes und der Witwenrente seiner Lebensgefährtin mitgeteilt habe. Allerdings gab er nun an, dass er sich nicht mehr hundertprozentig daran erinnern könne, wann, wo und was er mitgeteilt habe. Insbesondere wisse er nicht, ob er die Unterlagen "in der Leistungsabteilung abgegeben, in den Briefkasten geworfen oder an der Information abgegeben habe". Dies deckt sich nicht mit den früheren Angaben des Klägers. Auch wenn die Änderungen im Vortrag dem zeitlichen Abstand zwischen den entscheidungserheblichen Ereignissen im zweiten Halbjahr 2005 und der Gerichtsverhandlung geschuldet sein sollten, sind seine jetzigen Angaben nicht geeignet, dass der Senat Feststellungen zu konkreten Vorkommnissen im zweiten Halbjahr 2005 treffen kann.
Unabhängig von vorstehenden Ausführungen gilt nach den allgemeinen Regeln zur objektiven Beweislast der Grundsatz, dass jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen. Damit geht die Nichterweislichkeit des Zugangs von Änderungsmitteilungen bei der zuständigen Behörde zu Lasten des Mitteilungspflichtigen, hier des Klägers (vgl. zur objektiven Beweislast bezüglich des Zugangs eines Antrages: Sächs. LSG, Urteil vom 21. Juni 2012 – L 3 AS 607/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 49, m. w. N.).
(5) Die oben beschriebenen Mitteilungspflichtverletzungen sind dem Kläger vorwerfbar, weil er zumindest grob fahrlässig handelte.
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei ist ein subjektiver Maßstab anzuwenden. Danach handelt grob fahrlässig, wer unter Berücksichtigung seiner persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, seines Einsichtsvermögens und der besonderen Umstände des Falles schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSG, Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 105/85 – BSGE 62, 32 [35] = SozR 4100 § 71 Nr. 2, m. w. N.; BSG, Urteil vom 8. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R – SozR 3-1300 § 45 Nr. 45 = JURIS-Dokument Rdnr. 23, m. w. N.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 14/11 R – 4-1300 § 45 Nr. 15 = JURIS-Dokument Rdnr. 25).
Der Kläger behauptet nicht, seine Pflicht über die Mitteilung von Veränderungen nicht oder zumindest dem Umfang nach nicht gekannt zu haben oder in Bezug auf seine Mitteilungspflichten im Unklaren gewesen zu sein. Er macht vielmehr geltend, dass er seiner Mitteilungspflicht nachgekommen sei. Die Behauptung, eine Mitteilungspflicht erfüllt zu haben, setzt aber notwendigerweise die Kenntnis der Mitteilungspflicht voraus.
d) Da die Voraussetzungen des Vertrauensausschlusstatbestandes aus § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X erfüllt sind, war der Beklagte gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III verpflichtet, die Rücknahmeentscheidung mit Wirkung für die Vergangenheit auszusprechen. Kraft Gesetzes war ihm ein Ermessen in Bezug auf die Rücknahmeentscheidung nicht eingeräumt.
3. Schließlich ist auch die Erstattungsentscheidung nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für das Erstattungsverlangen in Bezug auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 50 Abs. 1 SGB X. Die Voraussetzungen für eine verringerte Erstattungspflicht nach Maßgabe von § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der vom 1. April 2006 bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 588]) liegen nicht vor. Nach dieser Regelung waren abweichend von § 50 SGB X 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II sowie § 28 SGB II berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Diese Sonderregelung galt jedoch nach § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der vom 1. April 2006 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 588]) unter anderem nicht in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X, das heißt in den Fällen, in denen dem Betroffene bei einer Rückforderungsentscheidung einer der Vertrauensausschlusstatbestände entgegengehalten wurde. Vorliegend traf den Kläger der Vertrauensausschlusstatbestand aus § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, wie oben ausgeführt wurde.
Der Erstattungsbetrag in Höhe von 3.475,58 EUR für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis zum 30. April 2006 ist im Übrigen rechnerisch korrekt.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
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