Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
16
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SB 416/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4862/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 SB 76/16 B
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 24.9.2012 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 17.12.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2013 verurteilt, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 4.6.2012 festzustellen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zur Hälfte zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Grad der bei der Klägerin vorliegenden Behinderung (GdB).
Die 1952 geborene Klägerin beantragte am 4.6.2012 bei dem Landratsamt O. erstmals die Feststellung des Grades der Behinderung. Nach Auswertung beigezogener Befundberichte bewertete der versorgungsärztliche Dienst des Landratsamtes die bei der Klägerin vorliegende Behinderung zunächst mit einem Gesamt-GdB von 20 und berücksichtigte dabei die folgenden Funktionsbeeinträchtigungen: Psychovegetative Störungen, Ohrgeräusche (Tinnitus) – Einzel-GdB 20; Allergie – Einzel-GdB 10; Funktionsbehinderung des Kniegelenks, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose), Fibromyalgiesyndrom – Einzel-GdB 10.
Mit Bescheid vom 24.09.2012 stellte das Landratsamt daraufhin einen GdB von 20 seit dem 4.6.2012 fest.
Die Klägerin legte hiergegen, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, Widerspruch ein, da die Leiden deutlich zu niedrig bewertet worden seien. Als weiteren Leiden seien zudem Asthma, Augenleiden, depressive Erkrankung, Diabetes, Fehler der Herzklappe, Hämorrhoiden, Stressmagensyndrom, Rheuma, Schaden der Knorpel an beide Knien und Allergie zu berücksichtigen. Der GdB dürfte daher 70 betragen.
Das Landratsamt zog daraufhin noch einen Entlassungsbericht der A.-Klinik aus dem Jahr 2010 bei. Nach erneuter versorgungsärztliche Stellungnahme betrug der Gesamt-GdB 30. Hierbei wurden neben psychovegetativen Störungen und Tinnitus auch eine Depression mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von nunmehr 20 berücksichtigt. Da jetzt eine mittelgradige depressive Episode beschrieben werde, erhöhe sich der GdB. Er berücksichtigte ferner neben der Allergie auch ein Bronchialasthma, ohne dass sich hierdurch an dem zusammenfassenden Einzel-GdB von 10 etwas ändere, da das Asthma zu keiner wesentlichen Einschränkung der Lungenfunktion geführt habe. Befunde zu einem nunmehr geltend gemachten Augenleiden lägen nicht vor. Der Diabetes mellitus bedinge bei der Einnahme von Siofor keinen GdB. Herzklappenfehler, Hämorrhoiden und Stressmagensyndrom seien bisher nicht geltend gemacht worden. Befunde dazu lägen nicht vor. Ein GdB bestehe auch insoweit nicht.
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 17.12.2012 stellte das Landratsamt daraufhin einen GdB von 30 seit dem 04.06.2012 fest. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren würden zu einem Sechstel erstattet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2013 wies das Regierungspräsidium Stuttgart als Landesversorgungsamt den von der Klägerin im Übrigen aufrechterhalten Widerspruch zurück und entschied, dass die notwendigen Kosten des Vorverfahrens auf Antrag durch das Landratsamt zu einem Sechstel "nicht" erstattet würden.
Die Klägerin hat am 23.01.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter ausgeführt, dass die Teilbehinderungen Ohrgeräusche (Tinnitus), Depression, Allergie, Bronchialasthma sowie Funktionsbehinderung des Kniegelenks beider Knie mit Teil-GdB von jeweils 20 zu bewerten seien. Die übrigen Behinderungen Psychovegetative Störungen mit Stressmagensyndrom, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose), Fibromyalgiesyndrom, Diabetes, Herzklappenfehler, Hämorrhoiden, Rheumaleiden seien mit Teil-GdB von jeweils 10 zu bewerten. Hieraus ergebe sich ein Gesamt Grad der Behinderung von 80.
Die Klägerin beantragt:
Unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 24.09.2012 und 17.12.2012 (Az. 09/39/501633) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.1.2013 werden bei der Klägerin die Gesundheitsstörungen: a) pschovegetative Störungen mit Stressmagensyndrom, b) Ohrgeräusche (Tinnitus) c) Depression, d) Allergie, e) Bronchialasthma, f) Funktionsbehinderung des Kniegelenks beide Knie, g) Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) h) Fibromyalgiesyndrom j) Diabetes k) Herzklappenfehler l) Hämorhiden m) Rheumaleiden festgestellt und der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) auf 80 % ab Antragstellung festgesetzt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat zunächst auf die zweite Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes im Verwaltungsverfahren verwiesen und keine Möglichkeit gesehen, eine für die Klägerin günstigere Entscheidung zu treffen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. B., Dr. J., Dr. L. und Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Dr. Z. hat auf Nachfrage des Gerichts sodann noch Befundbericht zu den Lungenfunktionswerten vorgelegt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Der Beklagte hat sodann mit Schriftsatz vom 16.12.2013 ein Vergleichsangebot unterbreitet, nach dem der GdB 50 ab dem 04.06.2012 betrage und die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte erstattet würden. Dies beruhte auf einer versorgungsärztliche Stellungnahme vom 14.11.2013, in der die bei der Klägerin vorliegende Behinderung wie folgt bewertet wurde: Depression, Fibromyalgiesyndrom, funktionelle Organbeschwerden, Ohrgeräusche (Tinnitus) – Teil-GdB 40; Bronchialasthma, Allergie – Teil-GdB 20; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) – Teil-GdB 10; Knorpelschäden an beiden Kniegelenken – Teil-GdB 10.
Die Klägerin hat mitgeteilt, dass dem Vergleichsangebot nicht zugestimmt werde. Es bleibe der Gegenseite unbenommen, einen Teilabhilfebescheid zu erlassen. Das Gericht hat die Beteiligten sodann darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben hierauf nicht reagiert.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet vorliegend nach § 105 Abs. 1 SGG ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter und ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Die Beteiligten wurden zuvor gehört. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung haben sie nicht vorgetragen.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zulässig, soweit die Feststellung eines GdB von 80 seit dem 4.6.2012 begehrt wird. Soweit mit der Klage auch die Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen begehrt wird, besteht hierfür jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis, da sich hieraus - anders als im Sozialen Entschädigungsrecht - keine für die Klägerin günstigeren Rechtsfolgen ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R - juris). Hierauf hatte das Gericht den Bevollmächtigten bereits hingewiesen.
Die Klage ist nur insoweit begründet, als die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 seit Antragstellung am 4.6.2012 jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hat. Der angefochtene Bescheid vom 24.9.2012 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 17.12.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2013 ist daher insoweit rechtswidrig und daher abzuändern.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX ist eine Feststellung nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt.
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen waren für die Zeit bis 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP), herausgegeben von dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, in der jeweils gültigen Fassung (zuletzt 2008) heranzuziehen. Aufgrund der mit Wirkung vom 21.12.2007 eingefügten Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG (seit 1.7.2011: § 30 Abs. 16 BVG) wurden durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufgestellt, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG maßgebend sind (Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes - Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008, BGBl I, 2412). In dieser zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Verordnung wurden als Anlage zu § 2 VersMedV auch "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (in Folgenden: VMG) erlassen. Die Maßstäbe der VersMedV gelten dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX für die Feststellung einer Behinderung entsprechend. Die VMG stellen ihrem Inhalt nach – ebenso wie zuvor die AHP – antizipierte Sachverständigengutachten dar (BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 3/09 R - juris). Das Gericht orientiert sich daher an den Vorgaben der VMG.
Der GdB ist danach mit 50 zu bewerten.
Die Klägerin leidet insbesondere unter einer Depression, einem Fibromyalgiesyndrom, funktionellen Organbeschwerden und Tinnitus. Eine mittelgradige depressive Episode ergibt sich aus den Befundberichten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie K. vom 14.11.2011, 13.12.2011 und 26.1.2012 sowie dem Bericht der A.-Klinik vom 16.4.2012 über die dortige stationäre Behandlung. Soweit der insoweit als behandelnde Arzt angegebene Dr. L. in seiner Aussage vom 15.4.2013 von einer im Juli 2012 aufgetretenen schweren Depression berichtet, ergibt sich hieraus keine richtungsweisende Verschlechterung, zumal die von ihm eingeleitete Medikation ohnehin bereits in dem Entlassungsbericht der A.-Klinik als Entlassungsmedikation genannt war; eine fachärztliche oder gar fachstationäre Behandlung wegen der Depression fand auch nicht statt, was gegen eine durchgehend schwere Ausprägung der Depression spricht. Dr. L. berichtet ferner von einem ausgeprägten Fibromyalgiesyndrom, wobei die in allen Gliedern geklagten Schmerzen auch im Rahmen einer Osteoporose zu sehen seien. In dem fachärztlichen Bericht der A.-Klinik wird eine der Fibromyalgie entsprechende Diagnose aber nicht gestellt; entsprechende Beschwerden wurden nach dem Bericht auch nicht geklagt. Dr. L. berichtet zudem von Bauchkrämpfen, die mit den von dem versorgungsärztlichen Dienst genannten funktionellen Organbeschwerden erfasst sind; auch die Klägerin geht insoweit von einem Stressmagensyndrom aus. Zusammenfassend liegen stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor, die nach den VMG Teil B Nr. 3.7 mit einem GdB von 30 bewertet werden können.
Die Klägerin leidet ferner unter einem Tinnitus, der von dem insoweit behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. in seinem Befundbericht vom 27.12.2010, auf den er in seiner Aussage verwiesen hat, als diffuses Kopfgeräusch unklarer Genese bezeichnet wird. Der Tinnitus konnte nach dem Bericht der A.-Klinik dort nicht gebessert werden. Nach VMG Teil B Nr. 5.3 kommt bei Tinnitus mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen ein GdB von 20 in Betracht.
Da die Auswirkungen des Tinnitus wesentlich im psychischen Bereich liegen, erscheint es hier vertretbar, den Einzel-GdB unter Einbeziehung des Tinnitus zu bilden. Ein höherer GdB ergäbe sich aber auch dann nicht, wenn man den Tinnitus mit einem eigenständigen Einzel-GdB von 20 bewerten wollte, da dann die entsprechenden Grundsätze bei der Bildung des Gesamt-GdB anzuwenden wären.: Liegen - wie hier - mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so ist gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der (Gesamt-)GdB entsprechend den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehung festzustellen. Nach den VMG (Teil A Nr. 3 a) dürfen die Einzel-GdB bei der Ermittlung des GdB nicht addiert werden; auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob und wie sich die Auswirkungen von einzelnen Beeinträchtigungen einander verstärken, überschneiden oder aber auch gänzlich voneinander unabhängig sein können (vgl. BSG, Urteil vom 2.12.2010 - B 9 SB 4/10 R - juris Rn. 25; VMG Teil A Nr. 3 d) aa) - dd). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, von Ausnahmefällen abgesehen, leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte. Dies auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (VMG Teil A Nr. 3 d) ee). Für die Gesamtwürdigung sind außerdem die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der Tabelle Teil B der VMG feste GdB-Werte angegeben sind (VG Teil A Nr. 3 b; BSG, Urteil vom 2.12.2010 - a.a.O.). Die für die Bildung des Gesamt-GdB geltenden Grundsätze sind dabei auch für die Bildung eines zusammenfassenden Einzel-GdB für ein Funktionssystem (vgl. VMG Teil A Nr. 2 Buchst. e) entsprechend anzuwenden.
Die mit den genannten Gesundheitsstörungen verbundenen Beschwerden stehen ganz im Vordergrund und sind mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von 40 zu bewerten. Das Gericht schließt sich daher der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes in der Stellungnahme vom 14.11.2013 an. Ein höherer zusammenfassender Einzel-GdB als 40 ergäbe sich im Übrigen auch dann nicht, wenn man mit der Klägerin Depression und Tinnitus mit Einzel-GdB von 20 bewerten wollte und zusätzlich Fibromyalgie und funktionelle Organbeschwerden (psychovegetative Störungen mit Stressmagensyndrom) mit Einzel-GdB von jeweils 10. Die Klägerin hat ihre Auffassung auch nicht näher begründet.
Die Klägerin leidet ferner unter einem Bronchialasthma und Allergien, die mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von 20 zu bewerten sind. Die von Dr. L. genannten multiplen Allergien haben nach seinem Befundbericht vom 25.7.2012 zu einem Asthma bronchiale geführt. Nach der Aussage des behandelnden Facharztes Dr. Z. besteht wegen des Asthmas eine mittelgradig eingeschränkte Lungenfunktion. Das Gericht schließt sich der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes an, wonach die von Dr. Z. mitgeteilten Lungenfunktionsmessungen bei erheblichen Mitarbeitsmängeln eine nur leichte restriktive und eher leichtgradige periphere Obstruktion zeigten. Der von dem versorgungsärztlichen Dienst angenommene GdB von 20 ist nach den VMG Teil B Nr. 8.5. angemessen. Ein GdB von 20 wird im Übrigen auch von der Klägerin angenommen, allerdings sowohl wegen der Allergien als auch wegen des Asthmas. Nach den Angaben von Dr. L. besteht hierbei aber ein Zusammenhang. Die Klägerin hat ihre Bewertung auch nicht näher begründet.
Die Klägerin leidet ferner unter einer Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule (WS) und einer Osteoporose, die in Übereinstimmung mit dem versorgungsärztlichen Dienst mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind. Hiervon geht auch die Klägerin aus.
Die Klägerin leidet daneben unter einer beginnenden Kniegelenksarthrose und Knorpelschäden an beiden Kniegelenken, die in Übereinstimmung mit dem versorgungsärztlichen Dienst ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind. Der von der Klägerin ohne Begründung angenommene Einzel-GdB von 20 ist nicht nachzuvollziehen, da insoweit lediglich radiologisch Veränderungen dokumentiert sind. Entsprechende Beschwerden werden – neben allgemeinen Gliederschmerzen im Zusammenhang mit der Fibromyalgie – weder von Dr. L. noch von dem ausdrücklich als insoweit behandelnden Arzt angegebenen Dr. B. berichtet, der die Klägerin nur im September 2009 behandelt hat.
Eine von der Klägerin geltend gemachte rheumatische Erkrankung (Rheumaleiden) besteht nach dem Befundbericht von Dr. L. vom 25.7.2012 nicht.
Der nach der Aussage von Dr. L. nur mit Metformin behandelte Diabetes mellitus begründet nach den VMG Teil B Nr. 15.1. keinen GdB von mindestens 10, da diese Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 – L 6 SB 5459/11 – juris).
Der von der Klägerin geltend gemachte Herzklappenfehler besteht in einer geringfügigen Herzklappeninsuffizienz, die von Dr. L. berichtet wird und bei der nach seinen Angaben dennoch möglichen Ausbelastung nach den VMG Teil B Nr. 9.1.1 mit keiner Funktionsbeeinträchtigung und damit keiner Behinderung einhergeht.
Soweit die Klägerin auch Hämorrhoiden geltend macht, wurde nach der Aussage des als behandelnden Arztes angegebenen Dr. L. über schmerzhafte und blutende Hämorrhoiden geklagt. Eine fachärztliche Behandlung erfolgte insoweit nicht. Nach den VMG Teil B Nr. 10.2.4. kann mit bei fehlendem Nachweis von häufigen rezidivierenden Entzündungen, Thrombosierungen oder stärkeren Blutungen insoweit kein GdB von mehr als 10 berücksichtigt werden.
Nach den bereits dargestellten Grundsätzen der Gesamt-GdB-Bildung erhöht sich der GdB ausgehend von der Funktionsbeeinträchtigung durch Depression, Fibromyalgiesyndrom, funktionellen Organbeschwerden und Tinnitus mit einem Einzel-GdB von 40 durch das Hinzutreten der mit einem Einzel-GdB von 20 bewerteten Funktionsbeeinträchtigung durch Allergien und Bronchialasthma auf 50. Die zusätzlichen leichten Gesundheitsstörungen mit Einzel-GdB von 10 erhöhen den GdB hier nicht weiter. Der von der Klägerin – ohne nähere Begründung anhand der VMG – ausgehend von Einzel-GdB von jeweils maximal 20 geltend gemachte GdB von 80 wird damit nicht erreicht.
Nach alledem war der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.9.2012 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 17.12.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2013 zu verurteilen, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 4.6.2012 festzustellen. Entsprechendes hatte der Beklagte bereits im Vergleichswege angeboten. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und dem Ergebnis des Rechtsstreits. Das Gericht bewertet das Obsiegen der Klägerin dabei mit der Hälfte. Da die Kostenentscheidung auch die Kosten des Vorverfahrens umfasst, ist die Kostentscheidung im Widerspruchsbescheid damit hinfällig. Es kann damit dahingestellt bleiben, ob nach dem Widerspruchsbescheid – anders als noch nach dem Teilabhilfebescheid – insoweit tatsächlich (auch) 1/6 der Kosten "nicht" zu erstatten sein sollten ...
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Grad der bei der Klägerin vorliegenden Behinderung (GdB).
Die 1952 geborene Klägerin beantragte am 4.6.2012 bei dem Landratsamt O. erstmals die Feststellung des Grades der Behinderung. Nach Auswertung beigezogener Befundberichte bewertete der versorgungsärztliche Dienst des Landratsamtes die bei der Klägerin vorliegende Behinderung zunächst mit einem Gesamt-GdB von 20 und berücksichtigte dabei die folgenden Funktionsbeeinträchtigungen: Psychovegetative Störungen, Ohrgeräusche (Tinnitus) – Einzel-GdB 20; Allergie – Einzel-GdB 10; Funktionsbehinderung des Kniegelenks, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose), Fibromyalgiesyndrom – Einzel-GdB 10.
Mit Bescheid vom 24.09.2012 stellte das Landratsamt daraufhin einen GdB von 20 seit dem 4.6.2012 fest.
Die Klägerin legte hiergegen, vertreten durch ihren Bevollmächtigten, Widerspruch ein, da die Leiden deutlich zu niedrig bewertet worden seien. Als weiteren Leiden seien zudem Asthma, Augenleiden, depressive Erkrankung, Diabetes, Fehler der Herzklappe, Hämorrhoiden, Stressmagensyndrom, Rheuma, Schaden der Knorpel an beide Knien und Allergie zu berücksichtigen. Der GdB dürfte daher 70 betragen.
Das Landratsamt zog daraufhin noch einen Entlassungsbericht der A.-Klinik aus dem Jahr 2010 bei. Nach erneuter versorgungsärztliche Stellungnahme betrug der Gesamt-GdB 30. Hierbei wurden neben psychovegetativen Störungen und Tinnitus auch eine Depression mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von nunmehr 20 berücksichtigt. Da jetzt eine mittelgradige depressive Episode beschrieben werde, erhöhe sich der GdB. Er berücksichtigte ferner neben der Allergie auch ein Bronchialasthma, ohne dass sich hierdurch an dem zusammenfassenden Einzel-GdB von 10 etwas ändere, da das Asthma zu keiner wesentlichen Einschränkung der Lungenfunktion geführt habe. Befunde zu einem nunmehr geltend gemachten Augenleiden lägen nicht vor. Der Diabetes mellitus bedinge bei der Einnahme von Siofor keinen GdB. Herzklappenfehler, Hämorrhoiden und Stressmagensyndrom seien bisher nicht geltend gemacht worden. Befunde dazu lägen nicht vor. Ein GdB bestehe auch insoweit nicht.
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 17.12.2012 stellte das Landratsamt daraufhin einen GdB von 30 seit dem 04.06.2012 fest. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren würden zu einem Sechstel erstattet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2013 wies das Regierungspräsidium Stuttgart als Landesversorgungsamt den von der Klägerin im Übrigen aufrechterhalten Widerspruch zurück und entschied, dass die notwendigen Kosten des Vorverfahrens auf Antrag durch das Landratsamt zu einem Sechstel "nicht" erstattet würden.
Die Klägerin hat am 23.01.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter ausgeführt, dass die Teilbehinderungen Ohrgeräusche (Tinnitus), Depression, Allergie, Bronchialasthma sowie Funktionsbehinderung des Kniegelenks beider Knie mit Teil-GdB von jeweils 20 zu bewerten seien. Die übrigen Behinderungen Psychovegetative Störungen mit Stressmagensyndrom, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose), Fibromyalgiesyndrom, Diabetes, Herzklappenfehler, Hämorrhoiden, Rheumaleiden seien mit Teil-GdB von jeweils 10 zu bewerten. Hieraus ergebe sich ein Gesamt Grad der Behinderung von 80.
Die Klägerin beantragt:
Unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 24.09.2012 und 17.12.2012 (Az. 09/39/501633) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.1.2013 werden bei der Klägerin die Gesundheitsstörungen: a) pschovegetative Störungen mit Stressmagensyndrom, b) Ohrgeräusche (Tinnitus) c) Depression, d) Allergie, e) Bronchialasthma, f) Funktionsbehinderung des Kniegelenks beide Knie, g) Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) h) Fibromyalgiesyndrom j) Diabetes k) Herzklappenfehler l) Hämorhiden m) Rheumaleiden festgestellt und der Gesamtgrad der Behinderung (GdB) auf 80 % ab Antragstellung festgesetzt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat zunächst auf die zweite Stellungnahme des versorgungsärztlichen Dienstes im Verwaltungsverfahren verwiesen und keine Möglichkeit gesehen, eine für die Klägerin günstigere Entscheidung zu treffen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. B., Dr. J., Dr. L. und Dr. Z. als sachverständige Zeugen. Dr. Z. hat auf Nachfrage des Gerichts sodann noch Befundbericht zu den Lungenfunktionswerten vorgelegt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Der Beklagte hat sodann mit Schriftsatz vom 16.12.2013 ein Vergleichsangebot unterbreitet, nach dem der GdB 50 ab dem 04.06.2012 betrage und die außergerichtlichen Kosten zur Hälfte erstattet würden. Dies beruhte auf einer versorgungsärztliche Stellungnahme vom 14.11.2013, in der die bei der Klägerin vorliegende Behinderung wie folgt bewertet wurde: Depression, Fibromyalgiesyndrom, funktionelle Organbeschwerden, Ohrgeräusche (Tinnitus) – Teil-GdB 40; Bronchialasthma, Allergie – Teil-GdB 20; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Kalksalzminderung des Knochens (Osteoporose) – Teil-GdB 10; Knorpelschäden an beiden Kniegelenken – Teil-GdB 10.
Die Klägerin hat mitgeteilt, dass dem Vergleichsangebot nicht zugestimmt werde. Es bleibe der Gegenseite unbenommen, einen Teilabhilfebescheid zu erlassen. Das Gericht hat die Beteiligten sodann darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt sei, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Beteiligten haben hierauf nicht reagiert.
Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet vorliegend nach § 105 Abs. 1 SGG ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter und ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, da der Sachverhalt geklärt ist und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Die Beteiligten wurden zuvor gehört. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung haben sie nicht vorgetragen.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zulässig, soweit die Feststellung eines GdB von 80 seit dem 4.6.2012 begehrt wird. Soweit mit der Klage auch die Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen begehrt wird, besteht hierfür jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis, da sich hieraus - anders als im Sozialen Entschädigungsrecht - keine für die Klägerin günstigeren Rechtsfolgen ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 17/97 R - juris). Hierauf hatte das Gericht den Bevollmächtigten bereits hingewiesen.
Die Klage ist nur insoweit begründet, als die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 seit Antragstellung am 4.6.2012 jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts hat. Der angefochtene Bescheid vom 24.9.2012 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 17.12.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2013 ist daher insoweit rechtswidrig und daher abzuändern.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX ist eine Feststellung nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt.
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen waren für die Zeit bis 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP), herausgegeben von dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, in der jeweils gültigen Fassung (zuletzt 2008) heranzuziehen. Aufgrund der mit Wirkung vom 21.12.2007 eingefügten Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG (seit 1.7.2011: § 30 Abs. 16 BVG) wurden durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufgestellt, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG maßgebend sind (Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes - Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008, BGBl I, 2412). In dieser zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Verordnung wurden als Anlage zu § 2 VersMedV auch "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (in Folgenden: VMG) erlassen. Die Maßstäbe der VersMedV gelten dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX für die Feststellung einer Behinderung entsprechend. Die VMG stellen ihrem Inhalt nach – ebenso wie zuvor die AHP – antizipierte Sachverständigengutachten dar (BSG, Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 3/09 R - juris). Das Gericht orientiert sich daher an den Vorgaben der VMG.
Der GdB ist danach mit 50 zu bewerten.
Die Klägerin leidet insbesondere unter einer Depression, einem Fibromyalgiesyndrom, funktionellen Organbeschwerden und Tinnitus. Eine mittelgradige depressive Episode ergibt sich aus den Befundberichten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie K. vom 14.11.2011, 13.12.2011 und 26.1.2012 sowie dem Bericht der A.-Klinik vom 16.4.2012 über die dortige stationäre Behandlung. Soweit der insoweit als behandelnde Arzt angegebene Dr. L. in seiner Aussage vom 15.4.2013 von einer im Juli 2012 aufgetretenen schweren Depression berichtet, ergibt sich hieraus keine richtungsweisende Verschlechterung, zumal die von ihm eingeleitete Medikation ohnehin bereits in dem Entlassungsbericht der A.-Klinik als Entlassungsmedikation genannt war; eine fachärztliche oder gar fachstationäre Behandlung wegen der Depression fand auch nicht statt, was gegen eine durchgehend schwere Ausprägung der Depression spricht. Dr. L. berichtet ferner von einem ausgeprägten Fibromyalgiesyndrom, wobei die in allen Gliedern geklagten Schmerzen auch im Rahmen einer Osteoporose zu sehen seien. In dem fachärztlichen Bericht der A.-Klinik wird eine der Fibromyalgie entsprechende Diagnose aber nicht gestellt; entsprechende Beschwerden wurden nach dem Bericht auch nicht geklagt. Dr. L. berichtet zudem von Bauchkrämpfen, die mit den von dem versorgungsärztlichen Dienst genannten funktionellen Organbeschwerden erfasst sind; auch die Klägerin geht insoweit von einem Stressmagensyndrom aus. Zusammenfassend liegen stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit vor, die nach den VMG Teil B Nr. 3.7 mit einem GdB von 30 bewertet werden können.
Die Klägerin leidet ferner unter einem Tinnitus, der von dem insoweit behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. in seinem Befundbericht vom 27.12.2010, auf den er in seiner Aussage verwiesen hat, als diffuses Kopfgeräusch unklarer Genese bezeichnet wird. Der Tinnitus konnte nach dem Bericht der A.-Klinik dort nicht gebessert werden. Nach VMG Teil B Nr. 5.3 kommt bei Tinnitus mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen ein GdB von 20 in Betracht.
Da die Auswirkungen des Tinnitus wesentlich im psychischen Bereich liegen, erscheint es hier vertretbar, den Einzel-GdB unter Einbeziehung des Tinnitus zu bilden. Ein höherer GdB ergäbe sich aber auch dann nicht, wenn man den Tinnitus mit einem eigenständigen Einzel-GdB von 20 bewerten wollte, da dann die entsprechenden Grundsätze bei der Bildung des Gesamt-GdB anzuwenden wären.: Liegen - wie hier - mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so ist gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der (Gesamt-)GdB entsprechend den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehung festzustellen. Nach den VMG (Teil A Nr. 3 a) dürfen die Einzel-GdB bei der Ermittlung des GdB nicht addiert werden; auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob und wie sich die Auswirkungen von einzelnen Beeinträchtigungen einander verstärken, überschneiden oder aber auch gänzlich voneinander unabhängig sein können (vgl. BSG, Urteil vom 2.12.2010 - B 9 SB 4/10 R - juris Rn. 25; VMG Teil A Nr. 3 d) aa) - dd). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, von Ausnahmefällen abgesehen, leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte. Dies auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (VMG Teil A Nr. 3 d) ee). Für die Gesamtwürdigung sind außerdem die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der Tabelle Teil B der VMG feste GdB-Werte angegeben sind (VG Teil A Nr. 3 b; BSG, Urteil vom 2.12.2010 - a.a.O.). Die für die Bildung des Gesamt-GdB geltenden Grundsätze sind dabei auch für die Bildung eines zusammenfassenden Einzel-GdB für ein Funktionssystem (vgl. VMG Teil A Nr. 2 Buchst. e) entsprechend anzuwenden.
Die mit den genannten Gesundheitsstörungen verbundenen Beschwerden stehen ganz im Vordergrund und sind mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von 40 zu bewerten. Das Gericht schließt sich daher der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes in der Stellungnahme vom 14.11.2013 an. Ein höherer zusammenfassender Einzel-GdB als 40 ergäbe sich im Übrigen auch dann nicht, wenn man mit der Klägerin Depression und Tinnitus mit Einzel-GdB von 20 bewerten wollte und zusätzlich Fibromyalgie und funktionelle Organbeschwerden (psychovegetative Störungen mit Stressmagensyndrom) mit Einzel-GdB von jeweils 10. Die Klägerin hat ihre Auffassung auch nicht näher begründet.
Die Klägerin leidet ferner unter einem Bronchialasthma und Allergien, die mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von 20 zu bewerten sind. Die von Dr. L. genannten multiplen Allergien haben nach seinem Befundbericht vom 25.7.2012 zu einem Asthma bronchiale geführt. Nach der Aussage des behandelnden Facharztes Dr. Z. besteht wegen des Asthmas eine mittelgradig eingeschränkte Lungenfunktion. Das Gericht schließt sich der Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes an, wonach die von Dr. Z. mitgeteilten Lungenfunktionsmessungen bei erheblichen Mitarbeitsmängeln eine nur leichte restriktive und eher leichtgradige periphere Obstruktion zeigten. Der von dem versorgungsärztlichen Dienst angenommene GdB von 20 ist nach den VMG Teil B Nr. 8.5. angemessen. Ein GdB von 20 wird im Übrigen auch von der Klägerin angenommen, allerdings sowohl wegen der Allergien als auch wegen des Asthmas. Nach den Angaben von Dr. L. besteht hierbei aber ein Zusammenhang. Die Klägerin hat ihre Bewertung auch nicht näher begründet.
Die Klägerin leidet ferner unter einer Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule (WS) und einer Osteoporose, die in Übereinstimmung mit dem versorgungsärztlichen Dienst mit einem zusammenfassenden Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind. Hiervon geht auch die Klägerin aus.
Die Klägerin leidet daneben unter einer beginnenden Kniegelenksarthrose und Knorpelschäden an beiden Kniegelenken, die in Übereinstimmung mit dem versorgungsärztlichen Dienst ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind. Der von der Klägerin ohne Begründung angenommene Einzel-GdB von 20 ist nicht nachzuvollziehen, da insoweit lediglich radiologisch Veränderungen dokumentiert sind. Entsprechende Beschwerden werden – neben allgemeinen Gliederschmerzen im Zusammenhang mit der Fibromyalgie – weder von Dr. L. noch von dem ausdrücklich als insoweit behandelnden Arzt angegebenen Dr. B. berichtet, der die Klägerin nur im September 2009 behandelt hat.
Eine von der Klägerin geltend gemachte rheumatische Erkrankung (Rheumaleiden) besteht nach dem Befundbericht von Dr. L. vom 25.7.2012 nicht.
Der nach der Aussage von Dr. L. nur mit Metformin behandelte Diabetes mellitus begründet nach den VMG Teil B Nr. 15.1. keinen GdB von mindestens 10, da diese Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2013 – L 6 SB 5459/11 – juris).
Der von der Klägerin geltend gemachte Herzklappenfehler besteht in einer geringfügigen Herzklappeninsuffizienz, die von Dr. L. berichtet wird und bei der nach seinen Angaben dennoch möglichen Ausbelastung nach den VMG Teil B Nr. 9.1.1 mit keiner Funktionsbeeinträchtigung und damit keiner Behinderung einhergeht.
Soweit die Klägerin auch Hämorrhoiden geltend macht, wurde nach der Aussage des als behandelnden Arztes angegebenen Dr. L. über schmerzhafte und blutende Hämorrhoiden geklagt. Eine fachärztliche Behandlung erfolgte insoweit nicht. Nach den VMG Teil B Nr. 10.2.4. kann mit bei fehlendem Nachweis von häufigen rezidivierenden Entzündungen, Thrombosierungen oder stärkeren Blutungen insoweit kein GdB von mehr als 10 berücksichtigt werden.
Nach den bereits dargestellten Grundsätzen der Gesamt-GdB-Bildung erhöht sich der GdB ausgehend von der Funktionsbeeinträchtigung durch Depression, Fibromyalgiesyndrom, funktionellen Organbeschwerden und Tinnitus mit einem Einzel-GdB von 40 durch das Hinzutreten der mit einem Einzel-GdB von 20 bewerteten Funktionsbeeinträchtigung durch Allergien und Bronchialasthma auf 50. Die zusätzlichen leichten Gesundheitsstörungen mit Einzel-GdB von 10 erhöhen den GdB hier nicht weiter. Der von der Klägerin – ohne nähere Begründung anhand der VMG – ausgehend von Einzel-GdB von jeweils maximal 20 geltend gemachte GdB von 80 wird damit nicht erreicht.
Nach alledem war der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24.9.2012 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 17.12.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2013 zu verurteilen, bei der Klägerin einen Grad der Behinderung von 50 seit dem 4.6.2012 festzustellen. Entsprechendes hatte der Beklagte bereits im Vergleichswege angeboten. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und dem Ergebnis des Rechtsstreits. Das Gericht bewertet das Obsiegen der Klägerin dabei mit der Hälfte. Da die Kostenentscheidung auch die Kosten des Vorverfahrens umfasst, ist die Kostentscheidung im Widerspruchsbescheid damit hinfällig. Es kann damit dahingestellt bleiben, ob nach dem Widerspruchsbescheid – anders als noch nach dem Teilabhilfebescheid – insoweit tatsächlich (auch) 1/6 der Kosten "nicht" zu erstatten sein sollten ...
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