L 5 RS 765/15

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 22 RS 1672/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 765/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Arbeitsentgelt - Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie - Zeugenaussage
Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Juli 2015 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 7. Oktober 2011 in der Fassung des Bescheides vom 1. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2012 verurteilt, für die Jahre 1973 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte der Klägerin wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen: Für das Jahr: 1973 158 Mark 1974 430 Mark 1975 469 Mark 1976 292 Mark 1977 405 Mark 1978 515 Mark 1979 548 Mark 1980 601 Mark 1981 598 Mark 1982 612 Mark 1983 683 Mark 1984 667 Mark 1985 674 Mark 1986 697 Mark 1987 703 Mark 1988 784 Mark 1989 738 Mark 1990 916 Mark Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte erstattet der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten für das gesamte Verfahren.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines von der Beklagten bereits eröffneten Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte der Klägerin für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1972 bis 1990 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.

Der 1950 geborenen Klägerin wurde, nach einem Studium in der Fachrichtung Informationsverarbeitung an der Ingenieurschule für Elektronik und Informationsverarbeitung "F E " G in der Zeit von September 1969 bis Juli 1972, mit Urkunde vom 26. Juli 1972 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Sie war vom 21. August 1972 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Anlagenbedienerin, Programmiererin, EDV-Organisatorin, Fachbearbeiterin für Rechentechnik, Fachgebietsverantwortliche für Rechentechnik und Abteilungsleiterin für Rechentechnik im volkseigenen Betrieb (VEB) Gaskombinat S P -Stammbetrieb- beschäftigt. Sie erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Am 8. April 2010 beantragte sie bei der Beklagten erstmals die Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Im Rahmen des Antragsverfahrens holte die Beklagte mit Schreiben vom 29. Juni 2010 Entgeltbescheinigungen der Rhenus Office Systems GmbH am 12. August 2010 ein. Zugleich teilte die Rhenus Office Systems GmbH mit weiterem Schreiben vom 12. August 2010 mit, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb der Klägerin keine Unterlagen für Prämienzahlungen mehr vorhanden sind. Die zusätzlichen Belohnungen im Bergbau für die Auszahlungsjahre 1973 bis 1990 teilte die Rhenus Office Systems GmbH anhand fiktiv ermittelter Werte mit. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2011 stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 21. August 1972 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung der von der Rhenus Office Systems GmbH mitgeteilten Bruttoarbeitsentgelte sowie der fiktiv ermittelten Beträge für zugeflossene zusätzliche Belohnungen im Bergbau, fest.

Mit Schreiben vom 15. Februar 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die rückwirkende Neufeststellung der Zusatzversorgungszeiten unter Einbeziehung zusätzlicher Belohnungen im Bergbau, Jahresendprämien und einer im Jahr 1982 ausgezahlten Neuererprämie in Höhe von 595,00 Mark und legte Lohnquittungsmarkenkarten für die Jahre 1974, 1976 bis 1978, 1980 bis 1982 und 1985, Urkunden über die Verleihung von Ehrentiteln (Kollektiv der sozialistischen Arbeit 1975 und Aktivist der sozialistischen Arbeit 1988), Belobigungsschreiben für die Jahre 1976, 1980 und 1984 sowie einen Prämiennachweis für eine im Jahr 1982 ausgezahlte Neuererprämie in Höhe von 595,00 Mark vor. Mit Bescheid vom 1. März 2012 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 21. August 1972 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest und legte dabei für das Jahr 1982 ein höheres Entgelt, unter Berücksichtigung der Neuererprämie in Höhe von 595,00 Mark, zu Grunde. Weitere Entgelte seien nicht zu berücksichtigen, da diese weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Den bisherigen Bescheid hob sie, soweit er entgegenstehe, auf. Gegen den Bescheid vom 1. März 2012 legte die Klägerin mit Schreiben vom 28. März 2012 Widerspruch mit der Begründung ein, der Bescheid lasse die Berücksichtigung der zusätzlichen Belohnungen im Bergbau nicht erkennen und berücksichtige die Jahresendprämienzahlungen nicht, obwohl der Beklagten bereits mehrfach Nachweise über die 100-prozentige Planerfüllung und Jahresendprämienauszahlung im VEB Gaskombinat S P vorliegen würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da Jahresendprämien weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Die übersandten Lohnmarken, Belobigungen und Urkunden enthielten keine Aussagen zu Jahresendprämienzahlungen. Die zusätzlichen Belohnungen im Bergbau sowie die nachgewiesene Neuererprämie seien bereits berücksichtigt worden.

Mit ihrer hiergegen am 19. September 2012 beim Sozialgericht Dresden erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren nach Feststellung höherer Arbeitsentgelte unter Berücksichtigung von Jahresendprämienzahlungen weiter und reichte (mit Schreiben vom 19. Oktober 2012) eine notariell beglaubigte Erklärung des ehemaligen Generaldirektors Dr. R , des ehemaligen ökonomischen Direktors Dr. T , des ehemaligen stellvertretenden Hauptbuchhalters K und des ehemaligen Direktors für Arbeiterversorgung und Sozialökonomie S des ehemaligen VEB Gaskombinat S P vom 26. Januar 2009 ein, wonach in den Jahren von 1969 bis 1989 in allen Kombinatsbetrieben des VEB Gaskombinat S P Jahresendprämien entsprechend den damaligen Vorschriften gezahlt worden seien. Weiterhin legte sie ihre Arbeitsverträge, Weiterbildungsteilnahmebescheinigungen, ein Arbeitszeugnis vom 13. September 1990 sowie Urkunden und betriebliche Belobigungsschreiben vor. Später reichte sie noch eine schriftliche Erklärung des Zeugen R N vom 2. September 2013 ein. Die Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Urteil vom 16. Juli 2015 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Weitere Arbeitsentgelte in Form der begehrten Jahresendprämienzahlungen seien nicht festzustellen, weil im Fall der Klägerin das AAÜG nicht anwendbar sei. Sie habe keine Versorgungsurkunde zu Zeiten der DDR erhalten. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur fiktiven Einbeziehung in Zusatzversorgungssysteme sei nicht zu folgen.

Gegen das am 21. Juli 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 21. August 2015 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe die Rechtsprechung des BSG missachtet und die neuere Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts (Verweis unter anderem auf das Urteil vom 12. Mai 2015 im Verfahren L 5 RS 382/14) nicht berücksichtigt. Die Jahresendprämienzahlung sei dem Grunde nach durch die notarielle Erklärung vom 26. Januar 2009 glaubhaft gemacht worden. Im Übrigen könne die Höhe der Prämien geschätzt werden.

Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 7. Oktober 2011 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 1. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2012 zu verurteilen, Jahresendprämien für den Zahlungszeitraum von 1972 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend. Auf die neuere Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts könne sich die Klägerin nicht stützen, da diese Rechtsprechung unzutreffend sei. Die Schätzung der Höhe von Jahresendprämien sei nicht zulässig, erfolge willkürlich und verfahrensfehlerhaft. Der Zufluss müsse vielmehr bewiesen werden.

Das Gericht hat eine schriftlich Auskunft des Zeugen R N vom 8. März 2016 eingeholt.

Mit Schriftsätzen vom 16. und 24. März 2016 haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

Die Berufung der Klägerin ist ganz überwiegend begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage – im Tenor ganz überwiegend – zu Unrecht abgewiesen hat. Denn die Klägerin hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihr in den Jahren 1973 bis 1990 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid vom 7. Oktober 2011 in der Fassung des Bescheides vom 1. März 2012 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit sie darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie eine Jahresendprämie auch für das Zahlungsjahr 1990 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war. Deshalb war das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16. Juli 2015 (teilweise) abzuändern und die Beklagte, unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 7. Oktober 2011 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 1. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 2012, zu verurteilen, für die Jahre 1973 bis 1990 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, zu berücksichtigen.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 7. Oktober 2011 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 1. März 2012 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht (teilweise) nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juni 1977 [GBl.-DDR I 1977, Nr. 18, S. 185; nachfolgend: AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 AGB-DDR). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 AGB-DDR bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 AGB-DDR erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.).

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Die Klägerin hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihr ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist.

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat die Klägerin den Zufluss von Jahresendprämien für die Beschäftigungsjahre 1972 bis 1989 dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die in den jeweils nachfolgenden Jahren (1973 bis 1990) für das vorangegangene Beschäftigungsjahr zur Auszahlung an sie gelangten, hat sie weder nachweisen, noch glaubhaft machen können; hinsichtlich der Höhe macht das Gericht jedoch von seiner im Rahmen der konkreten Einzelfallwürdigung von Rechts wegen gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an die Klägerin geflossene Prämienzahlungen konnte sie nicht vorlegen. Sie selbst verfügt über keine Unterlagen, mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie sie selbst mehrfach ausführte.

Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus dem Schreiben der Rhenus Office Systems GmbH vom 12. August 2010 ergibt. Die ehemals die Lohn- und Betriebsunterlagen des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin verwaltende Archivfirma (Rhenus Office Systems GmbH) hatte im Rahmen des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens auf die entsprechende schriftliche Anfrage der Beklagten vom 29. Juni 2010 mitgeteilt, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb der Klägerin keine Unterlagen für Prämienzahlungen (mehr) vorhanden sind.

b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an die Klägerin ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Dies zu Grunde gelegt, hat die Klägerin im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht hat, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 AGB-DDR) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren vorlagen und sie jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat:

aa) Die Klägerin war in den Jahren 1973 bis 1989 jeweils während des gesamten Planjahres Angehörige des VEB Gaskombinat S P -Stammbetrieb- (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 AGB-DDR), wie sich aus den Arbeits- und Änderungsverträgen des VEB Gaskombinat S P vom 28. Juni 1972, 24. Oktober 1972, 24. November 1976, 28. August 1978, 20. November 1978, 4. April 1979, 1. November 1979, 13. August 1980, 4. Oktober 1982, 1. April 1986, 27. Mai 1987, 1. Februar 1988, 14. April 1988, 23. Juni 1988, 1. März 1990 und 17. September 1990 (Bl. 14-33 der Verwaltungsakte sowie Bl. 26-50 der Gerichtsakte) ergibt.

Das Planjahr 1972, in dem die Klägerin zum 21. August in den Betrieb eintrat (bzw. nach dem Studium zurückkehrte), kann zwar mitberücksichtigt werden; jedoch nur im Zeitraum vom 21. August bis 31. Dezember, weil nur für diesen Zeitraum die persönliche Voraussetzung einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft erfüllt ist. Gesetzlich geregelter Ausnahmetatbestand, der eine anteilige Jahresendprämie plausibel rechtfertigt, ist § 117 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe d) AGB-DDR. Nach dieser Norm bestand ein Anspruch auf anteilige Jahresendprämie bei Aufnahme eines Direktstudiums an einer Hoch- oder Fachschule sowie bei Aufnahme einer Tätigkeit nach Abschluss des Studiums. Ihr Studium in der Fachrichtung Informationsverarbeitung an der Ingenieurschule für Elektronik und Informationsverarbeitung "F E " G hatte die Klägerin am 26. Juli 1972 abgeschlossen, wie sich aus dem Abschlusszeugnis und der Ingenieururkunde vom jeweils 26. Juli 1972 (Bl. 8-10 der Verwaltungsakte) ergibt. Bereits am 28. Juni 1972 wurde der Arbeitsvertrag mit Arbeitsbeginn am 21. August 1972 abgeschlossen (Bl. 14 der Verwaltungsakte sowie Bl. 26 der Gerichtsakte). Die tatsächliche Arbeitsaufnahme erfolgte gleichfalls am 21. August 1972, wie sich aus der Lohnbescheinigung der Rhenus Office Systems GmbH vom 12. August 2010 ergibt (Bl. 51 der Verwaltungsakte). Damit steht fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit nach Abschluss des Studiums aufgenommen hatte.

Eine gegebenenfalls auch für das Planjahr 1990 im Jahr 1991 zur Auszahlung gelangte Jahresendprämie kann hingegen nicht berücksichtigt werden, weil sie nicht mehr AAÜG-relevant wäre. Der Zusatzversorgungszeitraum erstreckt sich lediglich bis zum 30. Juni 1990; ab 1. Juli 1990 wurden die Zusatzversorgungssysteme geschlossen, so dass weder tatsächliche noch fiktive Zugehörigkeitszeiten mehr erworben werden konnten und entsprechende Arbeitsentgelte nicht mehr relevant sind.

bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem die Klägerin angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 AGB-DDR). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 AGB-DDR zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 AGB-DDR in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 AGB-DDR die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 12. Januar 1972 (GBl.-DDR II 1972, Nr. 5, S. 49; nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" vom 21. Mai 1973 (GBl.-DDR I 1973, Nr. 30, S. 293; nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973), mit der die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 angeordnet wurde, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34, S. 595; nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können. cc) Ausgehend von der notariell beglaubigten Erklärung des ehemaligen Generaldirektors Dr. R , des ehemaligen ökonomischen Direktors Dr. T , des ehemaligen stellvertretenden Hauptbuchhalters K und des ehemaligen Direktors für Arbeiterversorgung und Sozialökonomie S des ehemaligen VEB Gaskombinat S P vom 26. Januar 2009 (Bl. 21-23 der Gerichtsakte), der schriftlichen Auskünfte des Zeugen R N vom 2. September 2013 (Bl. 108 der Gerichtsakte) und vom 8. März 2016 (Bl. 199-200 der Gerichtsakte) sowie der sonstigen Hinweistatsachen im konkreten Fall ist zudem glaubhaft gemacht, dass die Klägerin und das Arbeitskollektiv, dem sie angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 AGB-DDR).

In der notariell beglaubigten Erklärung des ehemaligen Generaldirektors Dr. R , des ehemaligen ökonomischen Direktors Dr. T , des ehemaligen stellvertretenden Hauptbuchhalters K und des ehemaligen Direktors für Arbeiterversorgung und Sozialökonomie S des ehemaligen VEB Gaskombinat S P vom 26. Januar 2009 wird ausgeführt, dass in den Jahren von 1969 bis 1989 in allen Kombinatsbetrieben des VEB Gaskombinat S P Jahresendprämien an jeden Beschäftigten jährlich zusätzlich zu seinem Jahresbruttogehalt in Höhe eines durchschnittlichen Monatsbruttogehaltes gezahlt wurden. Die Zahlung der Jahresendprämien wurde dabei nur in betrieblichen Listen und nicht in persönlichen Dokumenten der Beschäftigten erfasst. Die Zahlung der Jahresendprämien für alle Werktätigen des ehemaligen VEB Gaskombinat S P wurde auf der Grundlage betrieblicher Vereinbarungen (Rahmenkollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Werktätigen in den sozialistischen Betrieben der Kohleindustrie vom 1./27. Februar 1967 und seiner Nachträge vom 19. April 1967, 15. August 1967, 27. April 1970, 2. Februar 1971 und 17. Mai 1973) getroffen.

Der Zeuge R N , der der direkte Vorgesetzte der Klägerin ab 1986 war, gab konkret in Bezug auf die Klägerin an, dass diese in vollem Umfang die nach dem Betriebskollektivvertrag festgeschriebenen Jahresendprämien in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes des jeweils vorausgegangenen Kalenderjahres jeweils erhalten hatte. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte durch Barzahlung in Tüten auf der Grundlage des Bruttogehaltes. Eine besondere Berechnungsmethode existierte im Betrieb nicht. Die Höhe der Jahresendprämien richtete sich nach dem Bruttoverdienst des Vorjahres. Diesbezüglich wurden in den Diensteinheiten Ökonomie des Betriebes die Höhen der Prämien errechnet und den Betriebseinheiten auf Listen übergeben. Den Empfang der Jahresendprämie musste der jeweilige Empfänger auf der Liste mit Unterschrift quittieren. Alle Beschäftigten des Betriebes erhielten jedes Jahr eine Jahresendprämienzahlung. Die jeweiligen Plankennziffern in der konkreten Betriebsabteilung der Klägerin wurden – im Jahr 1985 und den Folgejahren, wie sich der Zeugen konkret erinnerte – erfüllt. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte jeweils in den ersten Monaten des nachfolgenden Jahres für das vorangegangene Kalenderjahr.

Die Angaben des Zeugen R N sowie die in der notariell beglaubigten Erklärung vom 26. Januar 2009 enthaltenen Angaben sind insgesamt plausibel und nachvollziehbar, weil sie gegenseitig im Einklang stehen. Unterstrichen wird die Glaubhaftigkeit dieser Angaben im konkreten Fall zudem durch die von der Klägerin im Rahmen des Überprüfungsverfahrens bei der Beklagten beispielhaft eingereichten Lohnquittungsmarkenkarten für die Jahre 1974, 1976 bis 1978, 1980 bis 1982 und 1985 (Bl. 69-75 der Verwaltungsakte). In diesen konkret auf die Person der Klägerin ausgestellten Quittungsmarkenkarten ist jeweils auch eine Quittungsmarke für eine Jahresendprämienzahlung für das jeweilige Beschäftigungsjahr standardisiert vorgesehen, was darauf schließen lässt, dass der Betrieb solche Prämienzahlung regelmäßig vorgesehen hat.

Unzulänglichkeiten der Klägerin, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, ließen sich im Rahmen der durchgeführten Ermittlungen nicht bestätigen. Der Zeuge R N tätigte keine dahingehenden Äußerungen. Auch aus dem von der Klägerin vorgelegten Arbeitszeugnis des Betriebes für die Klägerin vom 13. September 1990 (Bl. 59 der Gerichtsakte), das über den gesamten Beschäftigungszeitraum seit dem Jahr 1972 Auskunft gibt, ergibt sich plausibel, dass die Klägerin im Betrieb die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllt hatte. In dem Arbeitszeugnis wird ihr maßgeblicher Anteil am Aufbau der Abteilung Rechentechnik, ihr maßgeblicher Anteil an der organisatorischen und fachlichen Profilierung dieser Abteilung, ihre gute Auffassungsgabe, ihre Fähigkeit anstehende Aufgaben kurzfristig zu durchdringen und Lösungen anzubieten sowie ihre selbständige und zuverlässige Arbeitsweise hervorgehoben. Auch die von der Klägerin zudem vorgelegten Auszeichnungsurkunden und Belobigungsschreiben (Bl. 78-83 der Verwaltungsakte und Bl. 60-67 der Gerichtsakte) unterstreichen, dass ihre Arbeit weder Anlass zu Kritik noch Tadel gab. Mit Urkunde vom 21. Januar 1975 wurde ihr als Mitglied des Kollektivs "L " bescheinigt, dass sie durch hervorragende Leistungen im sozialistischen Wettbewerb den Ehrentitel "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" für das Jahr 1974 erfolgreich verteidigt hat. Mit betrieblichen Schreiben vom 8. März 1976, 7. Oktober 1976, 15. Februar 1980 und 7. Oktober 1984 wurde ihr jeweils in Anerkennung ihrer gezeigten Leistungen eine Belobigung ausgesprochen und ihre sehr gute Leistungs- und Einsatzbereitschaft hervorgehoben. Für vorbildliche sozialistische Arbeit wurde ihr mit Urkunde vom 8. März 1988 der Ehrentitel "Aktivist der sozialistischen Arbeit" verliehen. Zusammenfassend wird der Klägerin damit insgesamt bescheinigt, dass sie im Rahmen ihres seit 1972 währenden Beschäftigungsverhältnisses die ihr übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich keinerlei berechtigte Zweifel an der Erfüllung der festgelegten Leistungskriterien aufdrängen.

2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die in den jeweils nachfolgenden Jahren (1973 bis 1990) für das vorangegangene Beschäftigungs- und Planjahr (1972 bis 1989) zur Auszahlung an die Klägerin gelangten, konnte sie zwar weder nachweisen, noch glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter a). Hinsichtlich der Höhe macht das Gericht jedoch von seiner im Rahmen der konkreten Einzelfallwürdigung von Rechts wegen gegebenen Möglichkeit der Schätzung der Höhe Gebrauch (dazu nachfolgend unter b).

a) Die der Klägerin in den Jahren 1973 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach weder nachgewiesen (dazu nachfolgend unter aa), noch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):

aa) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an die Klägerin konkret geflossene Prämienzahlungen konnte die Klägerin nicht vorlegen. Sie selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie sie selbst im Laufe des Verfahrens ausführte.

Auszahlungslisten der Abteilung des Betriebes konnte auch der danach direkt befragte Zeuge R N nicht vorlegen.

Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus dem Schreiben der Rhenus Office Systems GmbH vom 12. August 2010 ergibt. Die ehemals die Lohn- und Betriebsunterlagen des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin verwaltende Archivfirma (Rhenus Office Systems GmbH) hatte im Rahmen des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens auf die entsprechende schriftliche Anfrage der Beklagten vom 29. Juni 2010 mitgeteilt, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb der Klägerin keine Unterlagen für Prämienzahlungen (mehr) vorhanden sind.

bb) Die konkrete Höhe der an die Klägerin ausgezahlten Jahresendprämienbeträge ist auch nicht glaubhaft gemacht:

Sowohl den Angaben der Klägerin als auch des Zeugen R N sowie der ehemaligen Betriebsverantwortlichen kann zwar entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie durchschnittlich im Bereich eines Bruttomonatslohnes bewegte. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten jedoch nicht getätigt werden. Der Zeuge gab an, dass er sich an die konkreten Summen der an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien nicht erinnern kann.

In der Gesamtbetrachtung sind diese Angaben insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des von der Klägerin und dem Zeugen angegebenen durchschnittlichen Bruttomonatslohns abzugeben geeignet ist.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis an einem geeigneten Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämie beurteilt werden kann (vgl. dazu auch insoweit zutreffend: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. September 2012 - L 22 R 832/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 61 ff.) und der von der Klägerin und dem Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:

Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke "Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des AGB-DDR: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO 1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 24. Mai 1972 [GBl.-DDR II 1972, Nr. 34, S. 379; nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (GBl.-DDR I 1982, Nr. 34 S. 598; nachfolgend 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 3. Februar 1986 (GBl.-DDR I 1986, Nr. 6 S. 50; nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) zu treffen waren. Danach spielten z. B. der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).

Weder zu den individuellen Leistungskennziffern der Klägerin noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe maßgeblichen Faktoren konnten die Klägerin oder der Zeuge nachvollziehbare Angaben tätigen.

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien berücksichtigt worden sind – etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten –, genügen nicht, um den Zufluss von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre – wie ausgeführt – erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des von der Klägerin geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.

b) Da die Klägerin den Bezug (irgend-)einer Jahresendprämie für die konkreten Beschäftigungsjahre jedoch dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat, nur deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann, darf und muss das Gericht (ebenso im Übrigen auch der Versorgungsträger selbst, vgl. dazu bereits: BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17) die Höhe im Rahmen der konkreten Einzelfallwürdigung schätzen (insoweit entwickelt der Senat – im Anschluss an seine Urteile vom 4. Februar 2014 [L 5 RS 462/13], vom 28. April 2015 [L 5 RS 450/14], vom 12. Mai 2015 [L 5 RS 382/14 sowie L 5 RS 424/14], vom 21. Juli 2015 [L 5 RS 668/14], vom 27. Oktober 2015 [L 5 RS 80/15], vom 10. November 2015 [L 5 RS 206/15], vom 8. Dezember 2015 [L 5 RS 152/15 sowie L 5 RS 296/15], vom 5. Januar 2016 [L 5 RS 158/15], vom 16. Februar 2016 [L 5 RS 585/15], vom 1. März 2016 [L 5 RS 578/15] und vom 26. April 2016 [L 5 RS 782/14] – seine bisherige, unter anderem in den Urteilen vom 13. November 2012 [L 5 RS 192/12 sowie L 5 RS 605/11], vom 2. Oktober 2012 [L 5 RS 789/10], vom 18. September 2012 [L 5 RS 716/10 sowie L 5 RS 322/11] und vom 7. August 2012 [L 5 RS 439/10] dargelegte Rechtsprechung, jeweils dokumentiert in JURIS, weiter). Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Schätzung statthaft. Diese Befugnis ergibt sich aus § 202 SGG in Verbindung mit §§ 287 Abs. 2, 287 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Nach § 287 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 ZPO entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, wenn unter den Beteiligten streitig ist, wie hoch sich ein zu ersetzendes Interesse beläuft. Nach § 287 Abs. 2 ZPO ist diese Norm bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Beteiligten die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Diese Voraussetzungen sind in der gegebenen Konstellation der streitigen Höhe der dem Grunde nach zugeflossenen Jahresendprämien erfüllt. Bei der Feststellung weiterer Arbeitsentgelte im Rahmen der festgestellten Zeiten der fingierten Zugehörigkeit der Klägerin zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz handelt es sich zumindest mittelbar und sekundär um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, weil das von der Beklagten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG festzustellende und dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung mitzuteilende (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AAÜG) erzielte Arbeitsentgelt Grundlage der Berechnung der Höhe einer Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist. Dass es sich bei dem Verfahren über die Feststellung von Entgeltdaten nach dem AAÜG in einem dem Vormerkungsverfahren nach § 149 SGB VI ähnlichen Verfahren, das der späteren Rentenfeststellung nur vorgelagert ist, um eine vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 287 Abs. 2 ZPO handelt, hat das BSG bereits in der Vergangenheit implizit bereits bestätigt (vgl. BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17) und aktuell nochmals hervorgehoben (vgl. BSG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 - B 5 RS 11/14 B - amtlicher Umdruck, RdNr. 10). Die vollständige Aufklärung aller für die Berechnung der konkret zugeflossenen Jahresendprämienbeträge maßgebenden Umstände (jährliche Betriebskollektivverträge, individuelle und kollektive Leistungskennziffern, Berechnungsmethoden und Berechnungsgrundlagen ausgehend von den Zielvorgaben der staatlichen Planauflagen, beispielsweise in einer Betriebsprämienordnung) ist auch mit Schwierigkeiten verbunden, die zur Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Die Schätzung gestaltet sich im konkreten Fall wie folgt:

aa) Als jährlichen Basiswert der Jahresendprämienhöhe legt das Gericht jeweils den im Planjahr erzielten durchschnittlichen Bruttomonatslohn zu Grunde, der in der Lohnbescheinigung der RHENUS Office Systems GmbH vom 12. August 2010 (also ohne die bereits erfolgte Erhöhung in Form der zusätzlichen Belohnungen im Bergbau, die im Feststellungsbescheid vom 7. Oktober 2011 zusätzlich bereits berücksichtigt sind), basierend auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle, jeweils ausgewiesen ist. Damit wird zum einen dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin und der Zeuge jeweils bekundeten, bei der Jahresendprämie habe es sich um ein sog. 13. Monatsgehalt gehandelt, das sich zumindest der Höhe nach weitgehend um einen Bruttomonatslohn bewegte. Zum anderen ist an dieser Stelle zu konstatieren, dass ein anderer Ausgangswert nicht vorhanden ist, weil die Grundlagen der konkreten Leistungskennziffern gänzlich unbekannt sind. Gerechtfertigt ist dieses Abstellen auf den Bruttodurchschnittslohn vor allem aber deshalb, weil selbst nach den maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen, die als generelle Anknüpfungstatsachen herangezogen werden können (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise zuletzt: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19), in den Fällen, in denen in den maßgeblichen betrieblichen Dokumenten (Betriebskollektivverträge, Betriebsprämienordnung) die zu erfüllenden Leistungskennziffern nicht präzise vorgegeben waren, bei der Entscheidung über den Anspruch auf Jahresendprämie von den im Betrieb üblichen Bedingungen für die Festsetzung individueller Jahresendprämien auszugehen war. Dabei konnten auch vergleichende Feststellungen der an andere Betriebsangehörige als Jahresendprämie gezahlte Beträge, wie beispielsweise ein als Grundprämie gezahlter bestimmter Anteil eines monatlichen Bruttodurchschnittsverdienstes, als Anhaltspunkte dienen (vgl. dazu ausdrücklich beispielsweise: Oberstes Gericht [der DDR], Urteil vom 16./18. März 1970 - Ua 5/69 - NJ 1970, 270, 274; Kaiser, "Einige Probleme der Jahresendprämie aus der Sicht der Rechtsprechung", NJ 1971, 229, 230). Auch die maßgeblichen staatlichen Prämienverordnungen selbst knüpften in ihren abstrakten Rahmenvorgaben hinsichtlich der Höhe der Jahresendprämie an den durchschnittlichen Monatsverdienst an. So legte beispielsweise § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Satz 3 Prämienfond-VO 1972 fest, dass die Jahresendprämie mindestens die Höhe eines Drittels eines "durchschnittlichen Monatsverdienstes" und maximal, für hervorragende Leistungen des einzelnen Werktätigen, das Zweifache seines "monatlichen Durchschnittsverdienstes" betrug.

bb) Von diesem jährlichen Basiswert trifft das Gericht einen Abschlag in Höhe von 30 Prozent. Mit diesem Abschlag wird den Tatsachen Rechnung getragen, dass die konkrete Höhe der jeweiligen jährlichen Jahresendprämien von einer Vielzahl von individuellen und kollektiven Faktoren abhingen, die rückschauend betrachtet in ihrer Gesamtheit nicht mehr im Einzelnen nachvollzogen werden können. Namentlich wird mit diesem Abschlag unter anderem berücksichtigt, dass - Zeiten der wegen Krankheit vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit während des Planjahres zu einer Minderung der Jahresendprämie führen konnten (§ 117 Abs. 3 AGB-DDR), - die Jahresendprämienhöhe unter Berücksichtigung von Schichtarbeit differenzierend festgelegt wurde (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), - die betriebskollektivvertragsrechtlich festgelegte durchschnittliche Jahresendprämie auch von, von dem Einzelnen nicht beeinflussbaren Faktoren wie dem Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader abhing (§ 6 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982), - die Höhe der Jahresendprämie in den einzelnen Abteilungen und Bereichen, entsprechend den unterschiedlichen Leistungsanforderungen im betrieblichen Reproduktionsprozess, unterschiedlich festgelegt wurde (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972), - bei Nichterfüllung der festgelegten Leistungskriterien die Jahresendprämie entsprechend, also dem Verhältnis der Nichterfüllung entsprechend, niedriger festzulegen war (§ 9 Abs. 3 Satz 6 Prämienfond-VO 1982) und, - bei Fehlschichten die Jahresendprämie der betreffenden Werktätigen gemindert werden konnte (§ 9 Abs. 5 Prämienfond-VO 1982).

cc) Von den somit zugrunde gelegten (geschätzten) 70 Prozent eines monatlichen Bruttodurchschnittsverdientes ist ein weiterer Abzug in Höhe eines Sechstels als sachgerecht zu veranschlagen, sodass im Ergebnis lediglich fünf Sechstel von 70 Prozent zu berücksichtigen sind. Dieser zusätzliche Abschlag ist nach Ansicht des Senats aus zwei Gründen gerechtfertigt: Zum einen wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die Klägerin den Zufluss der Jahresendprämie dem Grunde nach nicht nachgewiesen, sondern lediglich glaubhaft gemacht hat (Rechtsgedanke des § 6 Abs. 6 AAÜG). Zum anderen ist dieser Abschlag auch wegen eines Erst-Recht-Schlusses (argumentum a fortiori; vgl. zur methodologischen Struktur dieses Arguments: Kramer, "Juristische Methodenlehre", 1998, S. 151 f. und Rüthers/Fischer/Birk, "Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre", 8. Aufl. 2015, RdNr. 897 f.) gerechtfertigt: Wenn schon das Gesetz in § 6 Abs. 6 AAÜG eine Berücksichtigung von fünf Sechsteln bei nur glaubhaft gemachter Höhe des weiteren Arbeitsentgelts vorsieht, dann muss dies erst recht gelten, wenn die Höhe nicht einmal glaubhaft gemacht ist, sondern lediglich vom Gericht geschätzt werden kann.

Das vom Senat geschätzte Ergebnis (fünf Sechstel von 70 Prozent = ca. 58,33 Prozent) nähert sich damit stark dem, in der rentenberatenden Literatur vorgeschlagenen (vgl. dazu ausdrücklich: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), unter Bezugnahme auf verschiedene Betriebsprämienordnungen einzelner Betriebe angegebenen Mindestwert von Jahresendprämien (60 Prozent) an, weshalb sich der Senat in seiner Schätzung zusätzlich bestätigt sieht.

dd) Dies zu Grunde gelegt, sind für die Klägerin Jahresendprämienzahlungen für die Jahre 1972 (im Zeitraum vom 21. August bis 31. Dezember) bis 1989 (und damit für die Zuflussjahre 1973 bis 1990) wie folgt zu berücksichtigen:

JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP zu Grunde gelegt (= 70%) davon 5/6 (mathematisch gerundet auf volle Beträge) JEP-Zuflussjahr 21.8. bis 31.12.1972 3.250,47 M 270,87 M 189,61 M 158 M 1973 1973 8.844,22 M 737,02 M 515,91 M 430 M 1974 1974 9.656,23 M 804,69 M 563,28 M 469 M 1975 1975 5.999,93 M 499,99 M 349,99 M 292 M 1976 1976 8.332,87 M 694,41 M 486,09 M 405 M 1977 1977 10.598,31 M 883,19 M 618,23 M 515 M 1978 1978 11.264,76 M 938,73 M 657,11 M 548 M 1979 1979 12.359,25 M 1.029,94 M 720,96 M 601 M 1980 1980 12.305,87 M 1.025,49 M 717,84 M 598 M 1981 1981 12.599,17 M 1.049,93 M 734,95 M 612 M 1982 1982 13.561,98 M 1.130,17 M 791,12 M 683 M 1983 1983 13.725,24 M 1.143,77 M 800,64 M 667 M 1984 1984 13.873,62 M 1.156,14 M 809,30 M 674 M 1985 1985 14.171,31 M 1.180,94 M 836,66 M 697 M 1986 1986 14.455,50 M 1.204,63 M 843,24 M 703 M 1987 1987 16.119,55 M 1.343,30 M 940,31 M 784 M 1988 1988 15.176,31 M 1.264,69 M 885,28 M 738 M 1989 1989 18.834,27 M 1.569,52 M 1.098,66 M 916 M 1990

3. Die Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne der § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Dr. Schnell Dr. Lau
Rechtskraft
Aus
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