L 5 R 241/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 R 307/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 241/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 65/16 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Rente der Klägerin ist nicht unter Berücksichtigung eines Steigerungsbetrages für langjährig beschäftigte Mitarbeiter in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens der Deutschen Demokratischen Republik zu berechnen. Die entsprechenden Regelungen sind kein geltendes Bundesrecht. Die Vorschriften des SGB VI sehen einen solchen Steigerungsbetrag nicht vor. Diese Art der Rentenüberleitung steht mit der Verfassung in Einklang.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Klägerin werden Missbrauchskosten von 337,50 EUR auferlegt, wovon 225 EUR an die Landeskasse und 112,50 EUR an die Beklagte zu zahlen sind.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Berechnung ihrer Rente unter Berücksichtigung eines Steigerungsbetrages von 1,5 % gemäß der Verordnung über die Erhöhung der vor dem 1. Juli 1974 festgesetzten Renten für langjährig beschäftigte Mitarbeiter in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens vom 4. April 1974 (GBl. DDR Teil I S. 231) bzw. nach der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 (GBl. DDR Teil I S. 401).

Die Beklagte gewährte der 1939 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 28. August 2003 Altersrente für Frauen mit Beginn am 1. Dezember 2003. Am 6. Oktober 2009 wandte sie sich an die Beklagte mit dem Begehren, die Regelung in der Verordnung vom 4. April 1974 bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen. Dieses Schreiben legte die Beklagte als Überprüfungsantrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aus, den sie mit Bescheid vom 9. Oktober 2009 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2010 ablehnte. Bei der Berechnung der Rente nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei ein besonderer Steigerungsbetrages von 1,5 % für Beschäftigungszeiten im Gesundheits- und Sozialwesen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht zu berücksichtigen. Zwar habe die erste Rentenverordnung der ehemaligen DDR vom 23. November 1979 in § 47 für Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens unter bestimmten Voraussetzungen einen Steigerungsbetrag von 1,5 % statt des sonst üblichen 1% vorgesehen. Jedoch habe lediglich den am 1. Januar 1992 rentennahen Jahrgängen ein Anspruch darauf zugestanden, ihre Rente mindestens in der Höhe zu erhalten, wie sie ihnen nach DDR-Recht zugestanden hätte. Übergangsweise sei die Regelung bei einem Rentenbeginn in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996 berücksichtigt worden, weil hier eine Günstigerprüfung stattgefunden habe. Für Renten nach dem SGB VI mit Rentenbeginn ab dem 1. Januar 1992 finde sich dagegen keine Regelung, die dem Steigerungsbetrag für Mitarbeiter im Gesundheits- und Sozialwesen entspreche. Dies sei vom Bundessozialgericht sowie vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.

Mit ihrer am 2. März 2010 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Sie wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung der Verordnung aus dem Jahr 1974, obwohl die Fortgeltung des Rechts der DDR im Einigungsvertrag vereinbart worden sei. Es handele sich um eine durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Rechtsposition. Mit Gerichtsbescheid vom 19. Februar 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine Rechtsgrundlage gebe es für die Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsbetrages nach den am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Vorschriften des SGB VI nicht. Mit Ablauf des 31. Dezember 1991 seien die bis dahin nach Maßgabe des Einigungsvertrages (EV) noch weiter anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften der DDR außer Kraft getreten und nach Art. 8 EV durch das SGB VI ersetzt worden. Dies sei vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden.

Gegen den am 27. Februar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26. März 2013 Berufung eingelegt. Sie habe auf die in der DDR getroffene Versorgungszusage vertraut, weshalb das ersatzlose Fallenlassen nach dem Einigungsvertrag dem Vertrauensschutz widerspreche. Im Einigungsvertrag anerkannte Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen würden den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG genießen. Die Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsbetrages sei auch dem SGB VI nicht fremd und daher nicht systemwidrig.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. Februar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2010 sowie unter Änderung des Rentenbescheides vom 28. August 2003 zu verurteilen, bei der Rentenberechnung einen erhöhten Steigerungsbetrages von 1,5 % zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Thematik sei höchstrichterlich geklärt.

Dem Gericht lagen die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Instanzen vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Chemnitz hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Februar 2013 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Beklagte hat den Überprüfungsantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt, weil ihr kein Anspruch auf Änderung des Rentenbescheides vom 28. August 2003 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X dahin zusteht, dass bei der Rentenberechnung ein erhöhter Steigerungsbetrag von 1,5% zu berücksichtigen ist. Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.

Dies ist nicht der Fall. Der Rentenbescheid vom 28. August 2003 ist rechtmäßig. Der von der Klägerin begehrte Steigerungsbetrag von 1,5 % ist bei der Berechnung der Rente nicht zugrunde zu legen.

1. Dahinstehen kann, ob ein solcher Steigerungsbetrag in der von der Klägerin in Bezug genommenen Verordnung über die Erhöhung der vor dem 1. Juli 1974 festgesetzten Renten für langjährig beschäftigte Mitarbeiter in Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens vom 4. April 1974 (GBl. DDR Teil I S. 231) bzw. nach der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung – Rentenverordnung – vom 23. November 1979 (GBl. DDR Teil I S. 401) vorgesehen war. Denn diese Regelungen sind kein geltendes (Bundes-)Recht. Gemäß Art. 8 EV trat mit dem Wirksamwerden des Beitritts im sog. Beitrittsgebiet Bundesrecht in Kraft, soweit es nicht in seinem Geltungsbereich auf bestimmte Länder oder Landesteile der Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist und soweit durch diesen Vertrag, insbesondere dessen Anlage 1, nichts anderes bestimmt wird. Die von der Klägerin in Bezug genommenen Verordnungen galten auch nicht als Recht der DDR nach Maßgabe von Art. 9 Abs. 2 und 4 in Verbindung mit Anlage 2 EV (bis zum Zeitpunkt des Erlasses des in Rede stehenden Rentenbescheides) fort. Zwar bestimmt Anlage 2 Kapitel VIII Sachgebiet F (Sozialversicherung) Abschnitt III Nr. 6 Buchstabe a) EV, dass die Rentenverordnung vom 23. November 1979, zuletzt geändert durch Verordnung über die Änderung oder Aufhebung von Rechtsvorschriften vom 28. Juni 1990 (GBl. DDR Teil I Nr. 38 S. 509), einschließlich der dazu abgeschlossenen Vereinbarungen zur Rentenversorgung zwischen dem Ministerium für Arbeit und Soziales und der Kirchen sowie der Ersten Durchführungsbestimmung zur Rentenverordnung vom 23. November 1979 (GBl. DDR Teil I Nr. 43 S. 413; Ber. GBl. DDR Teil I 1980 Nr. 10 S. 88), zuletzt geändert durch die Verordnung über die Änderung oder Aufhebung von Rechtsvorschriften vom 28. Juni 1990 (GBl. DDR Teil I Nr. 38 S. 509) bis zum 31. Dezember 1991 nach Maßgabe der in Anlage 2 Kapitel VIII Sachgebiet F (Sozialversicherung) Abschnitt III Nr. 6 Buchstabe b) EV enthaltenen Einschränkungen in Kraft bleibt. Anspruch auf Altersrente für Frauen steht der Klägerin jedoch erst ab dem 1. Dezember 2003 zu, weshalb die Übergangsvorschrift nicht auf sie Anwendung findet mit der Folge, dass die Rentenverordnung im Rentenbescheid vom 28. August 2003 weder anzuwenden war noch hätte angewendet werden dürfen. Mit Wirkung zum 1. Januar 1992 wurden die bisherigen Rechte auf eine Altersrente und eine Zusatzaltersrente nach dem Rentenrecht des Beitrittsgebiets vielmehr kraft Gesetzes durch ein Recht auf eine Regelaltersrente nach dem SGB VI ersetzt. Denn mit Ablauf des 31. Dezember 1991 sind die bis dahin nur nach Maßgabe des Einigungsvertrages als sekundäres Bundesrecht noch weiter anzuwendenden rentenrechtlichen Vorschriften der DDR (Art 9 Abs. 2 und 4 EV iVm Anlage 2 Kap VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 6 bis 8) außer Kraft getreten und gemäß Art 8 EV durch die Überleitung der Vorschriften des SGB VI auf das Beitrittsgebiet ersetzt worden. Die Fortschreibung des "Rentenrechts der DDR" in Art. 2 RÜG bis zum 31. Dezember 1996 betrifft nur rentennahe Zugangsrentner (vgl. Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3 RÜG), nicht aber solche, deren Rente, wie die der Klägerin, erst nach dem 31. Dezember 1996 beginnt. Auf § 47 Rentenverordnung der DDR bzw. auf die von ihr geltend gemachte Verordnung vom 4. April 1979 kann die Klägerin ihr Begehren damit nicht stützen.

Die für die Wertfestsetzung des Rechts auf Regelaltersrente allein maßgeblichen Vorschriften des SGB VI sehen den von der Klägerin geltend gemachten Steigerungsbetrag nicht vor, weshalb es für das Begehren der Klägerin schlicht an einer Grundlage im geltenden Bundesrecht fehlt. Nach § 64 SGB VI errechnet sich der Wert der monatlichen SGB VI-Rente aus dem Produkt von Zugangs- und Rentenartfaktor, der Summe der Entgeltpunkte sowie aus dem aktuellen Rentenwert. Im Gegensatz hierzu war der Wert einer Sozialpflichtversicherungsrente in der DDR aus der Summe von Festbetrag und Steigerungsbetrag zu ermitteln, was dem Bundesrecht entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung fremd ist.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht diese Art der Rentenüberleitung mit der Verfassung in Einklang. Dies ergibt sich insbesondere aus dem – auch von der Klägerin in Bezug genommenen – Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 –, BVerfGE 100, 1-59, Rn. 117 ff.) ausgeführt, dass der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz den Rentenansprüchen und -anwartschaften nur in der Form zukommt, die sie aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrages erhalten haben. Denn auch für rentenversicherungsrechtliche Rechtspositionen gilt, dass sich die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ergibt, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist. Ihm kommt bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Rentenansprüche und -anwartschaften weisen zwar einen hohen personalen Bezug auf, stehen jedoch in einem ausgeprägt sozialen Bezug. Deshalb verleiht Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, Leistungen zu kürzen sowie Ansprüche und Anwartschaften umzugestalten, sofern dies einem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Dies hat der Gesetzgeber u.a. mit den Regelungen des SGB VI getan, deren Vereinbarkeit mit der Verfassung das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen festgestellt hat (vgl. u.a. Beschluss vom 11. Mai 2005 - 1 BvR 368/97 u.a. – juris sowie Nichtannahmebeschlüsse vom 21. Juli 2005 - 1 BvR 1490/99 – und vom 15. September 2006 - 1 BvR 799/98 – juris). Dies hat das Bundessozialgericht in seinen Entscheidungen vom 30. Januar und vom 3. März 2003 gerade im Hinblick auf den von der Klägerin geltend gemachten Steigerungsbetrag von 1,5 % für Mitarbeiter des Gesundheits- und Sozialwesens (im Zusammenhang mit der Überleitungsvorschrift des § 307a SGB VI) nochmals ausdrücklich bestätigt (BSG, Urteile vom 30. Januar 2003 – B 4 RA 16/02 R – und vom 6. März 2003 – B 4 RA 13/02 R –, juris). Darin führt das BSG u.a. aus, dem SGB VI und damit auch der Rentenformel des § 64 SGB VI sei die DDR-rechtliche Rentenwertermittlung aus Festbetrag und Steigerungsbetrag (allgemeiner und besonderer) fremd (BSG, Urteil vom 30. Januar 2003, a.a.O. juris Rn. 21). Insbesondere sah auch das BSG keinen – auch von der Klägerin im hiesigen Verfahren gerügten – Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Vielmehr fielen die in der Sozialpflichtversicherung der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften als solche bis zum Beitritt der DDR nicht unter den Schutz des GG, weil es im Gebiet der DDR nicht galt. Sie haben deshalb erst mit Herstellung der deutschen Einheit und nur durch und nach Maßgabe des Einigungsvertrages Eigentumsschutz gemäß Art 14 Abs. 1 GG erlangt (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 28. April 1999, BVerfGE 100, 1, 32, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr. 3). Soweit in der DDR erworbene subjektive Rechte gegen den Staat oder seine Untergliederungen durch den Einigungsvertrag nicht anerkannt worden sind, sind sie mit dem Untergang der DDR erloschen (BSG, Urteil vom 30. Januar 2003, a.a.O. juris Rn. 22). Die gegen diese Entscheidungen erhobenen Verfassungsbeschwerden hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. Nichtannahmebeschluss vom 18. Oktober 2005 – 1 BvR 787/03 und 1 BvR 933/03 – juris).

Der Vortrag der Klägerin enthält schließlich keine neuen Gesichtspunkte, die Anlass zu einer abweichenden Bewertung geben und zu einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG verpflichten könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Der Klägerin waren Verschuldenskosten in Höhe von 337,50 EUR aufzuerlegen. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Die (weitere) Rechtsverfolgung der Klägerin ist missbräuchlich. Ein solcher Missbrauch ist in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 34 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (vgl. Beschlüsse vom 11. Dezember 2001, Az. 1 BvR 1821/01, und vom 18. September 2000, Az. 2 BvR 1407/00) auch für das sozialgerichtliche Verfahren unter anderem dann zu bejahen, wenn eine Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder (wie hier) unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Dass diese offensichtliche Aussichtslosigkeit für den Tatbestand des Missbrauchs genügt, ergibt sich aus dem Willen des Gesetzgebers, wie er bei der Novellierung des Sozialgerichtsgesetzes im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen ist. Nach dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 14/5943, S. 60 zu Nr. 65) rechtfertigen die Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits und ein entsprechender Hinweis des Vorsitzenden auf eine mögliche Kostentragungspflicht die Auferlegung von Kosten. Der Klägervertreter wurde in der mündlichen Verhandlung auf die Sach- und Rechtslage sowie die Aussichtslosigkeit der weiteren Rechtsverfolgung und die mögliche Kostenfolge hingewiesen. Da die Klägerin die offensichtlich unbegründete Berufung dennoch fortführt, ist die Auferlegung von Verschuldenskosten notwendig und angemessen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.

Jacobi Dr. Schnell Dr. Lau
Rechtskraft
Aus
Saved