L 6 U 149/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 8 U 318/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 149/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
zur Anwendbarkeit neu eingeführter Satzungsregelungen
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.04.2012 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Beitragsforderung der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel- und Ostdeutschland (LBG MOD), deren Rechtsnachfolgerin seit 01.01.2013 die Beklagte ist, für das Jahr 2010 im Rahmen der landwirtschaftlichen Unfallversicherung.

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Unternehmens und seit 1991 Mitglied der Beklagten. Im November 2002 teilte er mit, Grünlandflächen von 20,3 Hektar sowie eine Hof- und Gebäudefläche von 1 Hektar zu bewirtschaften, ferner betreibe er ein gewerbliches Nebenunternehmen, und zwar Reitbetrieb und Pferdepension, gehalten würden 16 Pferde.

Für das Geschäftsjahr 2009 zog die Beklagte den Kläger zur Beitragszahlung heran (Bescheid vom 16.02.2010). Der Beitrag wurde unter Berücksichtigung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 20,28 Hektar berechnet, ferner wurde berücksichtigt: "Pferd.Pens 107,00 AT" sowie "Reittierh. 56,00 AT". Der Gesamtbeitrag wurde auf 689,20 EUR beziffert, abzüglich einer Förderung durch Bundesmittel in Höhe von 117,89 EUR wurde der zu zahlende Beitrag auf 571,31 EUR berechnet.

Mit Schreiben vom 29.07.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass voraussichtlich ab dem Umlagejahr 2010 ein neuer Beitragsmaßstab zur Anwendung komme, mithin im Jahr 2011. Um den Vorgaben des Gesetzgebers gerecht zu werden, sei künftig eine stärkere Orientierung an den unterschiedlichen Produktionsverfahren der Unternehmen und deren Unfallrisiko erforderlich. Notwendig seien detaillierte Angaben zum Tierbestand.

Der Kläger meldete am 20.08.2009 seinen Viehbestand für die Jahre 2008 und 2009 (Pferde: 24 bzw. 26; Damwild/sonstige Tiere [z. B ... Strauße, Esel, Lama]: 5).

Mit Bescheid vom 19.05.2011 erfolgte gegenüber dem Kläger die Beitragsberechnung für das Jahr 2010. Der Beitrag wurde festgesetzt auf 1.782,49 EUR. Berücksichtigt wurde bei der Berechnung des Beitrags eine bodenbewirtschaftende Landwirtschaft (Grünland) mit einer Fläche von 20,38 Hektar, bei der Tierhaltung 5 Stück Damwild/Strauße/Lamas/Alpakas, ferner eine Fläche von 20,38 Hektar für allgemeine Arbeiten. Der sich hieraus ergebende Beitrag wurde auf 355,55 EUR beziffert, abzüglich Bundesmitteln in Höhe von 103,23 EUR resultierte ein Beitrag von 252,32 EUR. Hinzu kamen 26 Pferde im Nebenunternehmen, für die ein Beitrag in Höhe von 1.530,17 EUR berechnet wurde.

Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 26.05.2011 an. Eine Preissteigerung in Höhe von 312 % sei für sein Unternehmen nicht vertretbar, zumal er alle anderen Preiswucherungen zwischen Erzeuger und Endverbrauch (u. a. Treibstoff, Futter- und Düngemittel, Energie usw.) zu tragen habe. Diese Auswüchse könne er nicht auf seine Kunden umlagern. Die Erhöhung der Beiträge für die Pferdehaltung sei nicht verständlich.

Mit Schreiben vom 11.07.2011 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass die Beitragsberechnung bis einschließlich für das Geschäftsjahr 2009 auf der Grundlage eines Flächenwertes zuzüglich eines Grundbetrages erfolgt sei. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der landwirtschaftlichen Sozialversicherung habe die Aufgabe bestanden, spätestens ab dem 01.01.2010 die Beiträge stärker am Unfallrisiko zu orientieren, ohne den Solidargedanken zu vernachlässigen. In Umsetzung dieses Gesetzes sei eine Neufassung der Satzung beschlossen worden. Danach erfolge die Berechnung des Beitrages für Unternehmen der Forstwirtschaft ab dem Umlagejahr 2010 auf der Grundlage des Arbeitsbedarfes zuzüglich eines einheitlichen Grundbeitrages. Der Arbeitsbedarfsmaßstab sei ein Abschätzwert und fuße auf gutachterlich festgesetzten Durchschnittswerten unter Berücksichtigung der strukturellen Besonderheiten im Zuständigkeitsbereich der LBG MOD und werde in einer Berechnungseinheit (BER) für das Produktionsverfahren Forst abgebildet. Für Nebenunternehmen der Pferdehaltung sei bis einschließlich für das Geschäftsjahr 2009 die Beitragsberechnung auf der Grundlage eines Arbeitsbedarfswertes verbindlich festgelegt gewesen. Mit Neufassung der Satzung erfolge die Berechnung des Beitrages für Nebenunternehmen der Pferdehaltung ab dem Umlagejahr 2010 auf der Grundlage des Arbeitsbedarfes. Die BER würden mit den Berechnungsgrundlagen, also mit der Anzahl der durchschnittlich jährlich gehaltenen Pferde/Ponys, und einem anhand des Beitragsdeckungsverhältnisses für die betreffende Unternehmensart festgesetzten Unfallfaktor vervielfältigt. Die Summe der BER werde dann mit dem Risikogruppenfaktor der Risikogruppe, der das Unternehmen/der Unternehmensteil angehöre, multipliziert. So ergebe sich die Gesamtsumme der BER nach Risikoanpassung, die mit dem von der Vertreterversammlung festgelegten Hebesatz – einschließlich Lastenausgleich – vervielfältigt werde. Dieser Betrag sei der für das Nebenunternehmen der Pferdehaltung zu zahlende Jahresbeitrag. Darüber hinaus sei ein Lastenausgleich eingeführt worden, um innerlandwirtschaftliche Solidarität bundesweit zu stärken. Eingeführt worden sei eine Härtefallregelung. Allerdings greife die Härtefallregelung nur für Unternehmen, deren Beitrag je Unternehmen und Unternehmensteil 1.200,00 EUR übersteige.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Arbeitsbedarf als alternative Berechnungsgrundlage entspreche § 182 Abs. 2 SGB VII. Die Beitragsvorschriften der Satzung seien vom Bundesversicherungsamt genehmigt worden. Mit der Umstellung auf einen risikoorientierten Beitragsmaßstab sei zwangsläufig eine Umverteilung der Beitragslast verbunden, die den Kläger als Tierhalter beitragsbelastend treffe. Er habe nunmehr mit Beiträgen für sein Unternehmen einzustehen, die die Leistungsausgaben der Beklagten in den jeweiligen Produktionsverfahren, Unternehmensarten und Risikogruppen decken müssten. Wegen des Lastenausgleichs habe der Kläger einen um 407,47 EUR erhöhten Beitrag zu zahlen.

Hiergegen hat der Kläger am 07.11.2011 Klage zum Sozialgericht Chemnitz eingelegt. Der Beitragsbescheid der Beklagten sei rechtswidrig und aufzuheben. Die dem Beitragsbescheid zugrunde liegende Satzung verstoße gegen die gesetzlichen Grundlagen der §§ 182 ff. SGB VII sowie gegen sonstiges höherrangiges Recht. Die von der Beklagten in Bezug genommene Berechnung der Berechnungseinheiten durch das Gutachten von Prof. Dr. C ... sei anzuzweifeln, es handele sich nicht um eine zutreffend ermittelte Berechnungsgrundlage i. S. v. § 182 Abs. 2 SGB VII. Mangels Kenntnis des Gutachtens sei zu bestreiten, dass die Berechnungseinheiten für die Beitragsbemessung anhand von Arbeitsbedarfswerten berücksichtigt worden seien. Auch lägen Verstöße gegen Grundrechte, insbesondere den Gleichbehandlungsgrundsatz, das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit sowie das Rechtsstaatsprinzip vor. Durch die Beitragsforderung komme es zu einer Ungleichbehandlung. Die unterschiedlichen Berechnungseinheiten bei Pferdehaltung in Unternehmen der Bodenbewirtschaftung mit Tierhaltung im Vergleich zu Tierhaltung ohne Bodenbewirtschaftung bzw. im Nebenunternehmen seien nicht erklärbar. Hierdurch komme es zu einer verfassungsrechtlich gemäß Art. 3 Grundgesetz (GG) ausgeschlossenen Ungleichbehandlung. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der sich aus Art. 20 Grundgesetz ergebe, sei verletzt. Neben Eignung und Erforderlichkeit der eingesetzten Mittel im Rahmen einer vorzunehmenden Gesamtabwägung sei auch die Grenze der Zumutbarkeit für den Adressaten der Regelung zu wahren. Der Adressat dürfe nicht übermäßig belastet werden. Auch diese Kriterien seien verletzt. Durch die mehr als dreifache Erhöhung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft sei das klägerische Unternehmen so wie viele andere Unternehmen der Pferdezucht, Tierpension sowie Reitschulbetrieb in der Existenz gefährdet. Darüber hinaus sei auch die Härtefallregelung nach § 42 der Satzung der Beklagten rechtswidrig. Danach wäre lediglich eine fünfzehnprozentige Gebührensteigerung zulässig gewesen, zumal der Beitrag die in § 42 Abs. 3 der Satzung enthaltene Grenze von 1.200,00 EUR übersteige. Auch aufgrund dieser Härtefallregelung sei daher der vom Kläger geforderte Beitrag zu hoch bemessen und somit rechtswidrig. Nach Kenntnisnahme der gutachterlichen Stellungnahme von Prof. Dr. C ... von November 2009 hat der Kläger ausgeführt, dass daraus die Berechnungsgrundlage nicht erkennbar werde. Hinsichtlich der Härtefallregelung hat der Kläger ergänzt, dass nicht allein auf den Unternehmensteil des Nebenunternehmens abzustellen sei, sondern auf das Gesamtunternehmen. Unter Außerachtlassung des Lastenausgleichsverfahrens betrage der Beitrag des Klägers 1.375,02 EUR, die Grenze des in § 42 Abs. 3 der Satzung der Beklagten genannten Betrages von 1.200,00 EUR werde damit überschritten.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass der Beitrag für das Nebenunternehmen ohne Lastenausgleich 1.192,39 EUR betrage und daher die Härtefallregelung nach § 42 der Satzung nicht anwendbar sei; diese setze eine Beitragshöhe von 1.200,00 EUR ohne Lastenausgleich für die einzelnen Unternehmensteile voraus.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 17.04.2012 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: "Der Bescheid vom 19.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die von der Beklagten der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Neuregelungen in ihrer Satzung sind mit dem Gesetz, insbesondere §§ 182 ff. SGB VII, und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar. Auch die Ablehnung einer Beitragsabsenkung im Rahmen einer Härtefallregelung war nicht zu beanstanden.

Bei der Satzung der Beklagten, insbesondere den streitgegenständlichen Regelungen zur Beitragsbemessung, handelt es sich um autonomes Recht gemäß § 34 SGB IV, dass von der Vertreterversammlung der Beklagten beschlossen wird (§ 33 Abs. 1 SGB IV). Grund für die Übertragung dieser Regelungsgegenstände auf die Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften ist deren besondere Sachkunde und Sachnähe. Dementsprechend darf das Gericht die Satzungsbestimmungen nur daraufhin überprüfen, ob sie mit der Ermächtigungsnorm und sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sind (BSG vom 20.01.2001, B 2 U 2/00 R und BSG vom 16.11.2005, B 2 U 15/04 R). Ob die Vertreterversammlung im Rahmen des ihr eingeräumten Gestaltungsspielraumes die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Satzungsregelung beschlossen hat, ist von den Gerichten nicht zu entscheiden.

Die in Rede stehenden Satzungsregelungen der Beklagten bewegen sich in dem von dem Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen. So ist in § 182 Abs. 2 SGB VII ausdrücklich geregelt, dass der Arbeitsbedarf als alternative Berechnungsgrundlage herangezogen werden kann. In § 6 dieser Vorschrift ist geregelt, dass bei der Ermittlung des Arbeitsbedarfes auf das Durchschnittsmaß der für die Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit unter Berücksichtigung der Kulturarten abzustellen ist. In Abs. 6 Satz 2 der Vorschrift ist die Ermittlung des Durchschnittsmaßes in den Spielraum der Berufsgenossenschaft gestellt. Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Kriterien für die Bestimmung des Durchschnittsmaßes willkürlich gewählt hat. Sie hat sich vielmehr eines Gutachtens von Prof. Dr. Enno C ... bedient, der die Arbeitsbedarfswerte in Abhängigkeit von den jeweiligen Produktionsverfahren unter Berücksichtigung der strukturellen Besonderheiten im Zuständigkeitsbereich der Beklagten ermittelt hat.

Die Satzungsneuregelungen sind auch nicht verfassungswidrig. Sie verstoßen weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) noch gegen den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und auch nicht gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz). Mit der in § 42 der Satzungsneuregelung enthaltenen Härtefallregelung hat die Beklagte insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ausreichend Rechnung getragen.

Die Beklagte hat ihre gesetzeskonformen Satzungsneuregelungen bei der Beitragsberechnung auch ordnungsgemäß angewendet. Die Entscheidung der Beklagten, die Härtefallregelung im Falle des Klägers nicht anzuwenden, ist nicht zu beanstanden. In Abs. 1 der Härtefallregelung ist ausdrücklich geregelt, dass Beitragssteigerungen, die sich ausschließlich durch die Änderung des Beitragsmaßstabes und/oder der Risikoanpassung ergeben, auf 15 % des Vergleichsbetrages begrenzt werden sollen. Als Vergleichsbetrag wurde der Bruttobeitrag, der sich ohne Veränderung des Beitragsmaßstabes ergeben hätte, bezeichnet. In § 42 Abs. 3 ist geregelt, dass für Unternehmen und Unternehmensteile, deren Beitrag (brutto) 1.200,00 EUR nicht überschreitet, die Härtefallregelung nicht anwendbar ist. Die vom Kläger geforderte Beitragserhöhung ohne Berücksichtigung des Lastenausgleichsanteils erreicht diesen Betrag nicht. Die Beschränkung der Härtefallregelung auf Beitragserhöhungen von 1.200,00 EUR (brutto) ist auch im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht zu beanstanden. Hintergrund für die Satzungsneuregelungen und die für den Kläger damit verbundene deutliche Beitragserhöhung war das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSVMG),mit dem die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften vor die Aufgabe gestellt wurden, spätestens ab 01.01.2010 die Beiträge stärker am Unfallrisiko zu orientieren, ohne den Solidargedanken zu vernachlässigen. Die mit der Neuregelung der Beitragsberechnung verbundenen teilweise massiven Beitragserhöhungen sind grundsätzlich hinzunehmen, ‚sofern sich die Bemessungsmaßstäbe mit den gesetzlichen Vorgaben decken. Nur im Falle ganz unbilliger Härten kann im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Abmilderung der Beitragserhöhung angezeigt sein. Andernfalls wäre es für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften kaum möglich, der mit dem LSVMG verbundenen Intention des Gesetzgebers zu entsprechen."

Gegen den dem Kläger am 07.05.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich seine am 05.06.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zur Begründung hat er die Argumente aus dem Klageverfahren wiederholt und angezweifelt, dass die von der Beklagten zugrunde gelegten Berechnungseinheiten eine zutreffend ermittelte Berechnungsgrundlage i. S. v. § 182 Abs. 2 SGB VII sei. Das Gutachten von Prof. Dr. C ... sei als Grundlage anzuzweifeln.

Auch hat der Kläger an seiner Auffassung festgehalten, dass Verstöße gegen Grundrechte aus Art. 2 und 3 GG vorlägen, ebenso ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip. Höchstvorsorglich sei die Härtefallregelung anzuwenden. Die von der Beklagten der Berechnung zugrunde gelegten Ermittlungen des Arbeitszeitaufwandes durch Prof. Dr. C ... aus dem Jahr 2008 entbehrten jeglicher Grundlage und würden nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Der der Beitragsberechnung zugrunde gelegte BER sei hinsichtlich der streitgegenständlichen Pferdehaltung im Nebenunternehmen nicht nachvollziehbar. Bis zum Jahr 2009 sei die Beitragsberechnung unter Zugrundelegung der für die Versorgung der Pferde notwendigen Arbeitstage erfolgt, hier seien insgesamt 163 Arbeitstage zugrunde gelegt worden. Unter Annahme eines Arbeitstages mit zehn Stunden ergebe sich bei 26 Pferden ein Zeitaufwand pro Pferd von 62,7 Stunden im Jahr. Demgegenüber gehe Prof. Dr. C ... von einer Grundversorgung von 72 Stunden im Jahr pro Pferd aus bei Pferdehaltung mit Bodenbewirtschaftung, woraus sich ein BER von 7,92 ergebe (mit 10 %igem Aufschlag). Hinzuzurechnen sei ein Arbeitszeitaufwand für besondere Formen der Pferdehaltung, nämlich in Höhe von 245 Stunden im Jahr pro Pferd, so dass insgesamt für Pferdehaltung im Nebenerwerb pro Pferd ein Zeitaufwand von jährlich 317 Stunden angenommen werde, dies entbehre jeglicher Grundlage. Dieser Wert übersteige das Fünffache des Arbeitszeitaufwandes, den die Beklagte im Jahr 2009 der Beitragsberechnung zugrunde gelegt habe. Hinzuweisen sei darauf, dass bei der Pensionstierhaltung das klägerische Unternehmen im streitgegenständlichen Zeitraum nur mit der Grundversorgung, d. h. Fütterung und Misten betraut gewesen sei, zusätzlicher Arbeitsaufwand sei nicht entstanden. Entsprechende Arbeiten seien vom Pferdeeigentümer selbst ausgeführt worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.04.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2011 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat im gerichtlichen Verfahren ausgeführt, dass der Arbeitsbedarf eine zutreffende Berechnungsgrundlage nach § 182 Abs. 2 SGB VII sei. Die den jeweiligen Produktionsverfahren zugrunde gelegten Arbeitsbedarfswerte seien auf wissenschaftlicher Grundlage unter Berücksichtigung der strukturellen Besonderheiten ermittelt worden, das entsprechende Gutachten von Prof. Dr. C ... sei auf der Internetseite der Beklagten veröffentlicht. Die Beklagte hat ferner auf einen Ermessensspielraum der Vertreterversammlung hingewiesen, wonach eine Differenzierung nach unterschiedlichen Kriterien in der Pferdehaltung gerechtfertigt sei. Zu einer weitergehenden Unterteilung mit der Folge von unterschiedlichen Berechnungseinheiten sei die Beklagte nicht verpflichtet. Typisierende und pauschalierende Regelungen seien bei verwaltungsmäßigen Massengeschäften notwendig und zulässig. Auch komme für den Fall des Klägers kein Härtefall in Betracht, da ein solcher erst ab einer Beitragshöhe von 1.200,00 EUR ohne Lastenausgleich pro Unternehmensteil gelte. Das Nebenunternehmen des Klägers sei ein solcher Unternehmensteil, dieser erreiche diese Beitragshöhe nicht. Auch die Einführung einer Härtefallregelung liege im Ermessen der Vertreterversammlung. Die Beklagte habe sich die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. C ... vom November 2009 zu Eigen gemacht und ihren Satzungsregelungen zugrunde gelegt, weitergehende Unterlagen besitze die Beklagte nicht. Zwar habe Prof. Dr. C ... in dieser Stellungnahme nur einen Ansatz für Pferdehaltungen in bodenbewirtschaftenden Unternehmen gemacht, er habe jedoch bereits in einer Stellungnahme von November 2008 für die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein eine gesonderte Schätzung des Arbeitsbedarfs für besondere Formen der Pferdehaltung vorgenommen, aufgrund der strukturellen Ähnlichkeiten habe der Gutachter der Übernahme dieses geschätzten Ansatzes durch die Beklagte für ihren Zuständigkeitsbereich zugestimmt. Zu beachten sei, dass der Beitrag neben dem BER durch den Unfallfaktor bestimmt werde. Der Unfallfaktor sei das Ergebnis des Abgleichs des Beitragsaufkommens mit den Leistungsaufwendungen. Das Unfallrisiko spiegele sich somit einerseits im Beitragsmaßstab Arbeitsbedarf und andererseits im Rahmen der Festlegung der Unfallfaktoren wider. Hierbei würden die Arbeitsbedarfswerte den Ausgangspunkt darstellen, um vom voraussichtlich geleisteten Arbeitsniveau auf das Unfallrisiko zu schließen. Damit sei die Vermutung verbunden, dass mehr Arbeit ein höheres Unfallrisiko bedeute. Der Arbeitsbedarf reflektiere somit annähernd den technischen Maßstab "Unfallhäufigkeit". Der bedeutende monetäre Maßstab der anzuwendenden Leistungen als "Schadenshöhe" werde durch die Unfallfaktoren dargestellt. So habe die Beklagte die durchschnittlichen Unfallkosten der vergangenen fünf Jahre den Produktionsverfahren bzw. Unternehmensarten ganz konkret zugeordnet und im Ergebnis eine "Schadenssumme" ermittelt, die dem voraussichtlichen Beitragseinkommen gegenüber gestellt worden sei. Die festgesetzte BER sei nicht allein bestimmend für die Beitragshöhe je Pferd, dies sei vielmehr auch der Unfallfaktor des Produktionsverfahrens. Bei Festsetzung von niedrigeren BER durch den Gutachter hätten sich durch den Risikoabgleich innerhalb der Produktionsverfahren entsprechend höhere Unfallfaktoren ergeben. Die Beklagte hat die gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. C ... von November 2008 zur Akte gereicht, ferner die Kostenaufstellungen für die Jahre 2005 bis 2009 für die Haltung von Pferden in Unternehmen ohne Bodenbewirtschaftung, die Haltung von Pferden in Unternehmen mit Bodenbewirtschaftung und die Haltung von Pferden in Nebenunternehmen. Die Festlegung dieser Produktionsverfahren/Risikogruppen liege im der Vertreterversammlung eingeräumten Ermessen. Der unterschiedliche Arbeitsaufwand für Pferdehaltungen im bodenbewirtschaftenden Unternehmen und in Unternehmen ohne Bodenbewirtschaftung gegenüber der Pferdehaltung im Nebenunternehmen habe sachbezogene Ursachen. Zu Pferdehaltungen im Nebenunternehmen gehörten besondere Formen der Pferdehaltung mit spezieller Zweckrichtung (Kutschpferde, Ausbildungspferde, Turnierpferde, Reitpferde, Schulpferde). Diese Formen gehörten infolge ihrer gewerbsmäßigen Ausrichtung originär in die Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaft, lediglich aufgrund des innerbetrieblichen Zusammenhangs zum Hauptunternehmen der Bodenbewirtschaftung sei die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft für diese Unternehmensteile zuständig, wenn die Bodennutzung dem Unternehmen das Gepräge gibt. Insbesondere aus der gewerbsmäßigen Ausrichtung sowie der damit verbundenen Tätigkeiten resultiere die gesonderte Schätzung des Arbeitsbedarfs durch den Gutachter für Pferdehaltungen im Nebenunternehmen. Es handele sich um eine unterschiedliche Bewertung aus sachlichen Gründen heraus.

Dem Senat liegen die Gerichtsakte beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- sowie fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Zutreffend hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 17.04.2012 die rechtlichen Grundlagen des Beitragsbescheides dargelegt und auf die Aspekte des Einzelfalls – einschließlich der fehlenden Anwendbarkeit der Härtefallregelung – entsprechend angewandt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf diese Ausführungen und macht sie sich unter Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG zu Eigen.

Der Senat konnte keine Ansatzpunkte dafür erkennen, dass die konkrete Beitragsberechnung nicht den gesetzlichen Regelungen und den Bestimmungen der Satzung entsprechend erfolgte. Auch der Kläger hat diesbezüglich keine Aspekte vorgetragen.

Soweit der Kläger die Rechtmäßigkeit der Satzung rügt, führt dies nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Beitragsbescheide. Zwar ist das Zustandekommen der BER unter Heranziehung der gutachterlichen Stellungnahmen von Prof. C ... von November 2008 und November 2009 nicht in einer Art dargestellt, dass der Senat die Ermittlung der entsprechenden einzelnen Werte nachvollziehen kann. Auch wenn die einzelnen Wertungen in den Stellungnahmen für sich genommen plausibel sind, trifft das aber nicht auf die Zahlenwerte in den angefügten Tabellen zu, diese kommen praktisch aus dem Nichts. Die Hinweise auf die angefügte Literaturliste erscheinen dem Senat in ihrer Pauschalität nicht geeignet, die einzelnen konkreten Tabellenwerte zu rechtfertigen. Andererseits ist zu beachten, dass § 182 Abs. 5 SGB VII keine dezidierte Berechnung der Arbeitsbedarfswerte fordert, vielmehr wird der Arbeitsbedarf nach dem Durchschnittsmaß der für die Unternehmen erforderlichen menschlichen Arbeit unter Berücksichtigung der Kulturarten geschätzt.

Ungeachtet der dargelegten Bedenken erachtet der Senat die Satzung der Beklagten für das Beitragsjahr 2010 als anzuwendende Rechtsgrundlage für den angefochtenen Beitragsbescheid. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 04.12.2007 – B 2 U 36/06 R – juris) kann es aus zwingenden Gründen geboten sein, sogar gesetzes- oder verfassungswidrige Vorschriften einer Satzung ausnahmsweise weiter anzuwenden. Dies gilt insbesondere, wenn die Nichtanwendung der Satzung, insbesondere auf in der Vergangenheit bereits abgeschlossene Sachverhalte, zu untragbaren Ergebnissen führen würde, die von der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt sind als ein Zustand, bei dem es dem Normunterworfenen zugemutet wird, die Anwendung einer rechtswidrigen Norm für eine begrenzte Zeit hinzunehmen. So liegt der Fall hier. Daher ist die Satzung der Beklagten (selbst wenn diese rechtswidrig sein sollte) gleichwohl anzuwenden. Die nach der Entscheidung des BSG besonders relevanten haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen im Beitragsrecht der Sozialversicherung machen praktisch eine Rückabwicklung aller betroffenen Rechtsverhältnisse unmöglich, die Haushaltsrisiken würden unkalkulierbar bis hin zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsträgers, dies müsse vermieden werden (BSG, a.a.O.). Dabei hatte der Senat auch zu beachten, dass nicht ein einzelnes Element der Beitragsgestaltung (z.B. der Grundbeitrag – vgl. insofern BSG, Urteil vom 04.12.2014 – B 2 U 11/13 – juris), sondern der wesentliche Teil der Beiträge (basierend auf den BER) betroffen ist. Für den vorliegenden Fall ist dabei ferner von Bedeutung, dass die für das Beitragsjahr 2010 geltende Satzung der damaligen LBG MOD keine Fortgeltung mehr hat, da die Beklagte nach Antritt der Rechtsnachfolge für das Beitragsjahr 2013 eigene Satzungsregelungen erlassen hat (Satzung vom 09.01.2013 sowie u.a. 2. Nachtrag zur Satzung vom 22.10.2013). Daher ist ein Fortbestehen eines eventuellen rechtswidrigen Zustandes im Hinblick auf die hier in Frage stehende Satzung nicht zu befürchten. Auf der anderen Seite ist nicht hinnehmbar, dass mehr als 5 Jahre nach einem Umlagezeitraum auch bindend abgeschlossene Verfahren nachträglich aufzugreifen sind, die dadurch absehbaren Beitragseinbußen für die zurückliegenden Jahre hätten die heute beitragspflichtigen Unternehmer zu tragen. Derartige Konsequenzen sind mit der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weniger zu vereinbaren als eine übergangsweise Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Bestimmung. Dies wird auch dadurch gerechtfertigt, dass der BER nur ein Faktor der Beitragsberechnung ist. Als weiterer Faktor ist der Durchschnitt der Kosten für Versicherungsfälle in den vorangegangen fünf Jahren zu beachten. Mit anderen Worten wäre eine gleiche Beitragslast erzielt worden, wenn der BER in einer anderen (geringeren) Höhe festgesetzt worden wäre, da sich die gemäß der Satzung geplanten Beitragseinnahmen an den durchschnittlichen Kosten der eingetretenen Versicherungsfälle orientieren (§ 37 Abs. 5 Satz 2 der Satzung 2011: Grundlage für die Ermittlung des Unfallfaktors ist das Verhältnis des Beitragsaufkommens zu den Leistungsaufwendungen). Diese Kosten stehen fest und wurden von der Beklagten entsprechend für die vorhergehenden 5 Jahre (gemäß § 38 Abs. 5 der Satzung 2011) vorgelegt. Letztlich ergibt sich die Beitragshöhe damit aus den durchschnittlichen Kosten der Versicherungsfälle in den vergangenen 5 Jahren, umgelegt auf die Anzahl der in der jeweiligen Produktionsart (hier: Pferdehaltung im Nebenunternehmen) zu veranlagenden Einheiten (hier: Anzahl der Pferde). Die Höhe des von der Beklagten errechneten Unfallfaktors ist damit abhängig vom BER. Bei einem niedrigeren BER wäre daher der Unfallfaktor entsprechend höher, der resultierende Beitrag bliebe aber praktisch gleich.

Sowohl BER als auch Unfallfaktor wurden in der Satzung der Beklagten festgelegt, so dass aus der Satzung heraus für jeden Unternehmer ersichtlich ist, mit welchen Beiträgen er zu rechnen hat (vgl. für den entgegenstehenden Fall des außerhalb der Satzung durch den Vorstand festzulegenden Grundbeitrags: BSG, Urteil vom 04.12.2014 – B 2 U 11/13 – juris Rn. 21).

Auch die Bildung der Produktionsgruppe Pferdehaltung im Nebenunternehmen stößt beim Senat auf keine Bedenken. Ähnlich wie bei der Bildung eines Gefahrtarifs bei gewerblichen Berufsgenossenschaften steht hier dem Satzungsgeber, also der damaligen LBG MOD, ein großer Ermessensspielraum zu. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24.06.2003 – B 2 U 21/02 R – juris) sind Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Unternehmensarten Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben. Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständige Unternehmensart bzw. eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechnen lässt. Ist dies nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einer der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft ausgewiesenen Unternehmensarten zugeordnet werden. Nach der einem solchen Tarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen, eine Zuordnung zu einer Unternehmensart bzw. einem Gewerbezweig unter Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Unternehmensartprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Unternehmensarttarif konterkariert würde. Der Senat erachtet diese Grundsätze auch für anwendbar in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Soweit die Beklagte danach das Produktionsverfahren "Pferdehaltung im Nebenunternehmen" gebildet und darin auch die vom Kläger betriebene Pensionstierhaltung integriert hat, sind für den Senat keine Ansatzpunkte dafür ersichtlich, die diese Gruppierung als ermessensfehlerhaft erscheinen lassen könnten. Dass sich das vom Kläger betriebene Nebenunternehmen nach dessen Vortrag dadurch vom Durchschnitt abhebt, dass die in Pension gehaltenen Tiere keinen besonderen Arbeitsbedarf verursachen, kann nach diesen Grundsätzen nichts an der Zuordnung zu dem Produktionsverfahren mit den daraus resultierenden Beitragspflichten ändern.

Auch verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. § 182 SGB VII ist als Ermächtigungsgrundlage für die Einführung des Arbeitsbedarfs als Grundlage der Beitragsberechnung mit höherrangigem Recht vereinbar. In dem durch § 182 SGB VII eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers liegt kein Verstoß gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) abzuleitende Wesentlichkeitstheorie. Die Satzungsbefugnis der Unfallversicherungsträger besteht nicht unbegrenzt, sondern findet ihre Grenzen im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Dieses erfordert u. a., dass der Gesetzgeber bei Grundrechtseingriffen in Abhängigkeit von deren Intensität die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen muss (vgl. BSG, Urteil vom 11.04.2013 – B 2 U 8/12 R – juris zum vergleichbaren § 157 SGB VII). Die Satzungsregelung der Beklagten ist aber im Hinblick auf die Grundrechte der Unternehmer aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Angesichts der Zwangsmitgliedschaft von Unternehmern in einem öffentlich-rechtlichen Verband, die deren wirtschaftliche Handlungsfreiheit i.S. des Art. 2 Abs. 1 GG einschränkt, liegt in der Anordnung oder Erhöhung von Beitragspflichten zwar grundsätzlich ein Eingriff in das von Art. 2 Abs. 1 GG umfasste Grundrecht auf freie wirtschaftliche Betätigung, Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die unternehmerische Handlungsfreiheit allerdings nur in den Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung. Das Grundrecht kann grundsätzlich durch einfaches Recht einschließlich der untergesetzlichen Normen eingeschränkt werden; eine Eingriffsnorm muss (nur) die Voraussetzungen und den Umfang des Eingriffs hinreichend klar beschreiben und verhältnismäßig sein, d. h. einen legitimen Zweck mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln verfolgen (vgl. für alles BSG, a.a.O. m.w.N.). Die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Sozialversicherungssysteme - hier der gesetzlichen Unfallversicherung - ist in einem Sozialstaat (Art. 20 Abs. 3 GG) ein wichtiges Anliegen, das einen Eingriff in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Unternehmer durch Erhebung von Beiträgen grundsätzlich rechtfertigt. Die Beklagte ist deshalb berechtigt, durch Satzung Arbeitsbedarfswerte festzusetzen und auch die Beitragsgestaltung unter Beachtung der Grundsätze von § 182 SGB VII neu zu regeln. Dabei kann sie auch entscheiden, ob sich für zukünftige Veranlagungszeiträume (grundlegende) Veränderungen ergeben sollen.

Die neuen Satzungsregelungen verletzen auch nicht den rechtsstaatlich gewährleisteten Vertrauensschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG). Insbesondere war die Beklagte nicht gehalten, in der ab dem Beitragsjahr 2010 geltenden neuen Beitragsgestaltung eine Übergangsregelung vorzusehen. Das BSG hat bei Neuregelungen im Beitragsrecht bislang keinen Anlass gesehen, zu Gunsten der von einer Neuregelung von Beitragstarifen negativ Betroffenen aus Vertrauensschutzgesichtspunkten Übergangsregelungen zu fordern (vgl. BSG a.a.O., m.w.N.). Dies folgte für das BSG insbesondere daraus, dass die Regelungen nur "für die Tarifzeit" gelten. Die betroffenen Unternehmer können daher in der Regel nicht erwarten, dass sich für zukünftige Veranlagungszeiträume keine Veränderungen ergeben werden.

Die in Frage stehende Satzung verletzt auch nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. für alles BSG, a.a.O., m.w.N.). Da die Regelungen der Satzung für das Beitragsjahr 2010 nicht an persönliche Eigenschaften der Unternehmer anknüpfen, sondern an der Art des Unternehmensgegenstands bzw. der Art des Produktionsverfahrens, sind die von der Beklagten getroffenen Festlegungen nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 1 GG nur daraufhin überprüfbar, ob der Satzungsgeber sich in den Grenzen einer zulässigen, den Bedürfnissen einer Massenverwaltung genügenden Typisierung gehalten hat. Für die Bildung der einzelnen Produktionsarten sind sachfremde oder willkürliche Erwägungen nicht erkennbar, es werden an Sachkriterien orientierte und nachvollziehbare Gruppen gebildet. Die Beklagte hat mit der Gruppe der Pferdehaltungen im Nebenunternehmen eine gemäß Art. 3 Abs. 1 GG zulässige Typisierung getroffen, indem diese zumindest ähnliche Risiken für den Eintritt von Versicherungsfällen und vergleichbare Präventionserfordernisse haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1, 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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