Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 18 AL 695/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 143/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Abschluss des Vermittlungsvertrages, der Abschluss des Arbeitsvertrages und die Beantragung eines Vermittlungsgutscheins am gleichen Tag sind grundsätzlich möglich.
2. Die Regelungen über die Beantragung von Leistungen in §§ 323 ff. SGB III galten auch für den Vermittlungsgutschein.
3. Es bestand keine Möglichkeit, einen Vermittlungsgutschein nachträglich zu beantragen.
2. Die Regelungen über die Beantragung von Leistungen in §§ 323 ff. SGB III galten auch für den Vermittlungsgutschein.
3. Es bestand keine Möglichkeit, einen Vermittlungsgutschein nachträglich zu beantragen.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 22. September 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins gemäß § 421g des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III).
Der Kläger wurde am 14. April 2010 arbeitslos und bezog in der Zeit vom 14. April 2010 bis zum 13. Juni 2010 Arbeitslosengeld.
Am 26. Mai 2010 schloss er mit der Firma T ... Personal- & Projektmanagement (im Folgenden: Arbeitsvermittler) einen schriftlichen Vermittlungsvertrag über die Vermittlung in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Noch am gleichen Tag benannte der Arbeitsvermittler dem Kläger die Firma W ... GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fa. W ...) als möglichen Arbeitgeber und übermittelte die Bewerbungsunterlagen des Klägers an das Unternehmen.
Am 26. Mai 2010 erkundigte sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten über die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins. Hieraufhin erhielt er die Auskunft, dass er derzeit noch keinen Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins habe. Diese lägen voraussichtlich erst am 14. Juni 2010 vor. Der Kläger erklärte daraufhin, dass er an diesem Tag erneut anrufen werde.
Am 8. Juni 2010 meldet sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten. Wiederum erhielt er die Auskunft, dass ein Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins erst bei einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten bestehe.
Am 9. Juni 2010 um 11.00 Uhr fand auf Einladung der Fa. W ... an deren Firmensitz in C ... (Bayern) ein Vorstellungsgespräch statt. Am 11. Juni 2014 informierte ein Firmenmitarbeiter den Kläger telefonisch darüber, dass er am 14. Juni 2014 um 8.00 Uhr erscheinen solle. Ein verbindlicher Arbeitsvertrag war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschlossen worden.
Der Kläger fuhr daraufhin am Montag, dem 14. Juni 2010, zum Sitz der Fa. W ... Um 8.00 Uhr fand eine Besprechung mit dem zum Abschluss des Arbeitsvertrages befugten Mitarbeiter des Unternehmens statt, welches die Ausgestaltung der einzelnen Arbeitsvertragsbedingungen zum Gegenstand hatte. Nach der Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile wurde der schriftliche Arbeitsvertrag geschlossen. Der Kläger nahm im unmittelbaren Anschluss daran, in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr, seine Arbeit bei der Fa. W ... auf.
Um 9.32 Uhr rief der Kläger bei der Beklagten an und beantragte die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins. Dies wurde abgelehnt, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Der Kläger sei bereits in Arbeit vermittelt. Die verantwortliche Mitarbeiterin fertigte über das Telefonat einen Verbis-Vermerk an und vermerkte, dass es unklar sei, ob der Kläger wirklich in Arbeit sei. Dies müsse noch geklärt werden, da der Kläger am Telefon unterschiedliche Angaben gemacht habe.
Am 16. Juni 2010 erkundigte sich der Arbeitsvermittler bei der Beklagten nach einem Vermittlungsgutschein für den Kläger und teilte zugleich mit, dass dieser zum 14. Juni 2010 bei der Fa. W ... eingestellt worden sei
Mit Bescheid vom 17. Juni 2010 lehnte die Beklagte die Erteilung eines Vermittlungsgutscheins ab. Der Kläger habe keinen Anspruch, da er in den letzten drei Monaten vor Beantragung des Vermittlungsgutscheins keine zwei Monate arbeitslos gewesen und bereits vermittelt worden sei.
Der hiergegen am 27. Juni 2010 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2010 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 20. August 2010 Klage erhoben. Da die Zwei-Monats-Frist am 13. Juni 2010 geendet habe, es sich aber bei diesem Tag um einen Sonntag gehandelt habe, hätte ihm am 14. Juni 2010 ein Vermittlungsgutschein ausgestellt werden müssen. Das Zustandekommen des Arbeitsvertrages am gleichen Tag sei nach den Durchführungsrichtlinien der Bundesagentur für Arbeit unerheblich. Zudem habe er auch am 10. Juni 2010 und am 11. Juni 2010 nochmals über die Hotline die Ausstellung des Vermittlungsgutscheins beantragt und sei auf dem 14. Juni 2010 verwiesen worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22. September 2011 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 421g SGB III nicht vorgelegen hätten. Da er am 14. Juni 2010 eine Beschäftigung aufgenommen habe, sei er nach Ablauf der Frist von zwei Monaten nicht mehr arbeitslos gewesen. Ab diesem Tag habe kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr bestanden. Die Wartefrist für die Erstellung des Vermittlungsgutscheins habe nur bis zum 13. Juni 2010 gedauert.
Gegen den ihm am 27. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Er verbleibt bei seinem erstinstanzlichen Vorbringen, wonach er nach Ablauf der Wartefrist am 13. Juni 2010 am 14. Juni 2010 ein Anspruch auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheins gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2010 zu verurteilen, dem Kläger den beantragten Vermittlungsgutschein zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und verweist darauf, dass ausweislich des Arbeitsvertrages vom 14. Juni 2010 am gleichen Tag der Arbeitsbeginn vereinbart gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Berufungsantrag bedarf der Auslegung (vgl. § 123 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Denn Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nicht nur der vom Kläger angefochtene Bescheid der Beklagten, sondern auch die vom Sozialgericht im erstinstanzlichen Verfahren erlassene Entscheidung, hier der Gerichtsbescheid vom 22. September 2011 (vgl. §§ 143, 105 Abs. 3 Halbsatz 1 SGG). Dieses Rechtsschutzbegehren brachte der Klägerbevollmächtigte auch im Berufungsschriftsatz zum Ausdruck.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins nach § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung von Artikel 2b Nr. 9 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 [BGBl. I. S. 1939]). Die Voraussetzungen hierfür lagen bei Antragstellung nicht vor, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt worden war.
1. Nach § 421g Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB III a. F. hatten Arbeitnehmer Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins, die Anspruch auf Arbeitslosengeld hatten, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Abs. 3 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 2b Nr. 3 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 [BGBl. I. S. 1939]) beruhte, und nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt waren. Ein Anspruch auf Ausstellung des Vermittlungsgutscheins bestand damit erst nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten (Wartezeit). Der Kläger wurde am 14. April 2010 arbeitslos und hatte ab diesem Tag Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Wartefrist von zwei Monaten endete damit am 13. Juni 2010.
Der Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins standen allerdings entgegen der Auffassung des Sozialgerichts allein der Abschluss des Arbeitsvertrages und der Arbeitsaufnahme am 14. Juni 2010 nicht entgegen. Zwar folgt aus dem für die Bemessung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld geltenden Tagesprinzip (vgl. § 154 Satz 1 SGB III; bis zum 31. März 2012: § 134 Satz 1 SGB III), dass aufgrund der Arbeitsaufnahme am 14. Juni 2010 das Arbeitslosengeld nur bis einschließlich 13. Juni 2010 gezahlt wurde. Für den Abschluss des Arbeitsvertrages gelten jedoch die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über Willenserklärungen (vgl. §§ 104 ff. BGB mit den Sonderregelungen für Dienstverträge in §§ 112, 113 BGB) und den Vertragsschluss (vgl. §§ 145 ff. BGB), was zur Folge hat, dass ein Arbeitsvertrag erst vom Zeitpunkt seines Abschlusses an (ex nunc) rechtswirksam ist. Dies bedeutet, dass der Abschluss des Vermittlungsvertrages, der Abschluss des Arbeitsvertrages und die Beantragung eines Vermittlungsgutscheins am gleichen Tag grundsätzlich möglich sind. Dies war so auch in Nummer 421g.13 Abs. 2 der bis Dezember 2010 geltenden Geschäftsanweisung der Beklagten zur "Durchführung des Vermittlungsgutscheinverfahrens (GA VGS) – Stand: 01.08.2009 –" (Geschäftszeichen: SP III 22 – 56421g.4) geregelt.
Dass der Kläger nicht den geltend gemachten Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins hat, ergibt sich jedoch aus dem eindeutigen Wortlaut von § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F ... Danach setzte der Anspruch, soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung, zweierlei voraus: zum einen musste der Arbeitnehmer noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben; zum anderen durfte er noch nicht vermittelt sein. Beide Voraussetzungen lagen aber beim Kläger am 14. Juni 2010, als er telefonisch den Antrag stellte, nicht mehr vor. Denn arbeitslos war ein Arbeitnehmer, der unter anderem nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung, vgl. Artikel 1 Nr. 62 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]). Der Kläger hatte jedoch vor der Antragstellung am selben Tag um 9.32 Uhr bereits eine Beschäftigung bei der Fa. W ... aufgenommen. Auch war der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vermittelt. Wie er selbst vorgetragen hat, schloss er am 14. Juni 2010 zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr bei seinem neuen Arbeitgeber den Arbeitsvertrag ab und nahm im Anschluss daran sogleich die Beschäftigung auf. Mit Abschluss des Arbeitsvertrages war er in eine versicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt worden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist für den Eintritt des Vermittlungserfolgs ist der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses entscheidend. Wenn der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses außerhalb des Geltungszeitraums des Vermittlungsgutscheines liegt, ist erforderlich, dass im Geltungszeitraum ein Arbeitsvertrages mündlich oder schriftlich abgeschlossen oder eine bindenden Einstellungszusage erteilt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 11/10 R – juris Rdnr. 18).
Der Kläger kann sich auch nicht auf die zitierte Geschäftsanweisung der Beklagten berufen. Denn dem oben zitierten Absatz 2 geht der Absatz 1 voraus. Dort ist geregelt, dass der Kunde vermittelt ist, wenn er bereits vor der Beantragung des Vermittlungsgutscheins mit dem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag geschlossen hat oder mit ihm über die wesentlichen Inhalte des Arbeitsvertrages einig geworden ist oder ihm die Einstellung zugesagt worden ist. Dies entspricht der beschriebenen Gesetzeslage und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes.
2. Die Möglichkeit, einen Vermittlungsgutschein nachträglich zu beantragen, bestand nicht. Denn nach § 323 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung auf Antrag erbracht. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden sie nur erbracht, wenn sie – was hier nicht der Fall war – vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Diese Regelungen galten auch für den Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III a. F. (a. A. SG Berlin, Beschluss vom 11. April 2005 – S 77 AL 5946/03 – juris Rdnr. 97, wonach nur das Antragserfordernis nach § 19 SGB IV gelten sollte; Brandts, in: Niesel/Brand, SGB III [5. Aufl., 2010], § 421g Rdnr. 42).
a) Was Leistungen der Arbeitsförderung sind, wird in § 3 SGB III definiert. Vorliegend ist § 3 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung maßgebend. Die Leistungen, die Arbeitnehmer erhielten, waren abschließend (so zu § 3 Abs. 1 SGB III in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung: Deinert, in: Gagel, SGB II/SGB III [59. Erg. Lief, September 2015], § 3 Rdnr. 4; Janda, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2014], § 3 Rdnr. 17; Timme, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], § 3 Rdnr. 5) in § 3 Abs. 1 SGB III a. F. geregelt. Die dort aufgeführten Leistungen schlossen sich weitgehend an den Aufbau des Dritten und Vierten Kapitels des SGB III an (vgl. Leitherer, in: Eicher/Schlegel, SGB III [Stand: 115. Erg.-Lfg., Dezember 2012], § 3 Rdnr. 36).
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. erhielten Arbeitnehmer Berufsberatung sowie Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung und diese unterstützende Leistungen. Die Erteilung eines Vermittlungsgutscheines, die als Leistung an Arbeitnehmer in § 3 Abs. 1 SGB III a. F. nicht ausdrücklich erwähnt war, fiel ersichtlich nicht unter die Berufsberatung (§§ 29 bis 34 SGB III) oder die Vermittlung (§§ 35 bis 39 SGB III). Jedoch handelte es sich um eine "diese unterstützende Leistung" im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. (dies hat das SG Berlin im Beschluss vom 11. April 2005 nicht in Betracht gezogen). Denn bei diesen dritten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. aufgeführten Leistungen handelte es sich nicht um vermittlungsunterstützende Leistungen im Sinne der amtlichen Überschrift zum Ersten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III in der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 21 des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2917]). In diesem Abschnitt waren in dem genannten Zeitraum Regelungen über die Förderung aus dem Vermittlungsbudget (§ 45 SGB III a. F.) und über Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45 SGB III a. F.) enthalten (vgl. Artikel 1 Nr. 22 des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2917]). Beide Leistungen waren in § 3 Abs. 1 SGB III a. F. gesondert erfasst, nämlich unter Nummer 2 und 3.
Dass die Erteilung eines Vermittlungsgutscheines eine "diese unterstützende Leistung" im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. war, ergibt sich aus Sinn und Zweck des Vermittlungsgutscheines. Als Grund für die Einführung des Vermittlungsgutscheines gab der Gesetzgeber zum einen an, dass einem Teil der Arbeitslosen daran gelegen sei, im Rahmen ihrer Eigenbemühungen selbst die Dienste privater Anbieter in Anspruch zu nehmen. Für arbeitslose Leistungsbezieher werde die Möglichkeit eröffnet, auf Kosten des Arbeitsamtes einen Vermittler zu beauftragen. Zum anderen, und dies ist hier entscheidend, waren die Möglichkeiten, Dritte mit der Vermittlung von Arbeitslosen zu beauftragen, erweitert worden. Damit war es für das Arbeitsamt möglich, die im Einzelfall angemessene und geeignete Form der Vermittlung zu wählen (vgl. BT-Drs. 14/8546, S. 10). Damit stand die von der Agentur für Arbeit gegenüber dem Arbeitnehmer zu erbringende Leistung der Erteilung eines Vermittlungsgutscheines in einem sachlichen Zusammenhang mit der Vermittlungsaufgabe.
b) Der Kläger hat den Antrag auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheines nicht vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt.
Als leistungsbegründendes Ereignisses im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III wird regelmäßig das Ereignis angesehen, das als zuletzt eintretendes Ereignis den Leistungsfall auslöst (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – L 3 AL 120/09 – info also 2011, 262 = juris Rdnr. 56; Hassel, in: Brand, SGB III [7. Aufl., 2015], § 324 Rdnr. 56; Radüge, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], § 324 Rdnr. 11). Bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderungen ist dies in der Regel das Ereignis, das erst den unmittelbaren Leistungsfall auslöst und den Anfall der Kosten bewirkt, die die Agentur für Arbeit übernehmen soll (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 26. Mai 2011, a. a. O.; Hassel, a. a. O.). Leistungen der aktiven Arbeitsförderung waren gemäß § 3 Abs. 4 SGB III a. F. alle Leistungen der Arbeitsförderung, das heißt sämtliche der in § 3 Abs. 1 bis 3 SGB III a. F. genannten Leistungen (Brandts, a. a. O., § 3 Rdnr. 5), mit Ausnahme von Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, Teilarbeitslosengeld und Insolvenzgeld, mithin auch die unterstützende Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F ...
Übertragen auf den Fall des Klägers bedeutet dies, dass der Leistungsbedarf in der Verpflichtung der Beklagten gemäß § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III a. F. bestand, den Vergütungsanspruch des vom Kläger eingeschalteten Vermittlers, der den Kläger in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zu erfüllen. Bedarfsauslösendes Ereignis war die erfolgreiche Vermittlung des Klägers am frühen Vormittag des 14. Juni 2010. Da der Kläger den Antrag auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheines am 14. Juni 2010 erst nach seiner Beschäftigungsaufnahme und damit nach dem Eintritt des Vermittlungserfolges stellte, stellte er ihn nicht vor dem Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III:
c) Die verspätete Antragstellung war auch nicht gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III von der Beklagten zur Vermeidung unbilliger Härten zuzulassen, weil vom anwaltlich vertretenen Kläger bereits kein das Ermessen eröffnender Härtefall dargelegt worden ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger am Montag, dem 14. Juni 2010, nicht möglich gewesen wäre, vor der Einigung mit seinem künftigen Arbeitgeber und der anschließenden Beschäftigungsaufnahme die Agentur für Arbeit zu kontaktieren, sondern dass er erst danach die Gelegenheit hatte.
3. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er bereits zu ein früheren Zeitpunkten die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins beantragt hat.
Ausweislich der vorliegenden Verbis-Vermerke der Beklagten wurden die telefonischen Anträge vom 26. Mai 2010 und 8. Juni 2010 mündlich abgelehnt. Soweit der Kläger vorträgt, auch am 10. Juni 2010 und am 11. Juni 2010 über die Hotline der Beklagten die Ausstellung des Vermittlungsgutscheins beantragt zu haben, fehlt von Seiten der Beklagten eine Dokumentation hierzu. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die beiden Kontaktaufnahmen tatsächlich stattgefunden haben, weil nach dem Vortrag des Klägers auch diese mündlichen Anträge mündlich abgelehnt worden seien. Die mündliche Entscheidung über die Anträge des Klägers ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) möglich. Die mündlichen Ablehnungsentscheidungen waren nicht schriftlich zu bestätigen, weil der Kläger dies nicht verlangte (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Da der Kläger die mündlichen Ablehnungsentscheidungen nicht angefochten hat, sind sie bestandskräftig geworden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 1 SGG) sind nicht gegeben.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins gemäß § 421g des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III).
Der Kläger wurde am 14. April 2010 arbeitslos und bezog in der Zeit vom 14. April 2010 bis zum 13. Juni 2010 Arbeitslosengeld.
Am 26. Mai 2010 schloss er mit der Firma T ... Personal- & Projektmanagement (im Folgenden: Arbeitsvermittler) einen schriftlichen Vermittlungsvertrag über die Vermittlung in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Noch am gleichen Tag benannte der Arbeitsvermittler dem Kläger die Firma W ... GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fa. W ...) als möglichen Arbeitgeber und übermittelte die Bewerbungsunterlagen des Klägers an das Unternehmen.
Am 26. Mai 2010 erkundigte sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten über die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins. Hieraufhin erhielt er die Auskunft, dass er derzeit noch keinen Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins habe. Diese lägen voraussichtlich erst am 14. Juni 2010 vor. Der Kläger erklärte daraufhin, dass er an diesem Tag erneut anrufen werde.
Am 8. Juni 2010 meldet sich der Kläger telefonisch bei der Beklagten. Wiederum erhielt er die Auskunft, dass ein Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins erst bei einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten bestehe.
Am 9. Juni 2010 um 11.00 Uhr fand auf Einladung der Fa. W ... an deren Firmensitz in C ... (Bayern) ein Vorstellungsgespräch statt. Am 11. Juni 2014 informierte ein Firmenmitarbeiter den Kläger telefonisch darüber, dass er am 14. Juni 2014 um 8.00 Uhr erscheinen solle. Ein verbindlicher Arbeitsvertrag war zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschlossen worden.
Der Kläger fuhr daraufhin am Montag, dem 14. Juni 2010, zum Sitz der Fa. W ... Um 8.00 Uhr fand eine Besprechung mit dem zum Abschluss des Arbeitsvertrages befugten Mitarbeiter des Unternehmens statt, welches die Ausgestaltung der einzelnen Arbeitsvertragsbedingungen zum Gegenstand hatte. Nach der Einigung über die wesentlichen Vertragsbestandteile wurde der schriftliche Arbeitsvertrag geschlossen. Der Kläger nahm im unmittelbaren Anschluss daran, in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr, seine Arbeit bei der Fa. W ... auf.
Um 9.32 Uhr rief der Kläger bei der Beklagten an und beantragte die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins. Dies wurde abgelehnt, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen. Der Kläger sei bereits in Arbeit vermittelt. Die verantwortliche Mitarbeiterin fertigte über das Telefonat einen Verbis-Vermerk an und vermerkte, dass es unklar sei, ob der Kläger wirklich in Arbeit sei. Dies müsse noch geklärt werden, da der Kläger am Telefon unterschiedliche Angaben gemacht habe.
Am 16. Juni 2010 erkundigte sich der Arbeitsvermittler bei der Beklagten nach einem Vermittlungsgutschein für den Kläger und teilte zugleich mit, dass dieser zum 14. Juni 2010 bei der Fa. W ... eingestellt worden sei
Mit Bescheid vom 17. Juni 2010 lehnte die Beklagte die Erteilung eines Vermittlungsgutscheins ab. Der Kläger habe keinen Anspruch, da er in den letzten drei Monaten vor Beantragung des Vermittlungsgutscheins keine zwei Monate arbeitslos gewesen und bereits vermittelt worden sei.
Der hiergegen am 27. Juni 2010 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2010 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 20. August 2010 Klage erhoben. Da die Zwei-Monats-Frist am 13. Juni 2010 geendet habe, es sich aber bei diesem Tag um einen Sonntag gehandelt habe, hätte ihm am 14. Juni 2010 ein Vermittlungsgutschein ausgestellt werden müssen. Das Zustandekommen des Arbeitsvertrages am gleichen Tag sei nach den Durchführungsrichtlinien der Bundesagentur für Arbeit unerheblich. Zudem habe er auch am 10. Juni 2010 und am 11. Juni 2010 nochmals über die Hotline die Ausstellung des Vermittlungsgutscheins beantragt und sei auf dem 14. Juni 2010 verwiesen worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22. September 2011 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 421g SGB III nicht vorgelegen hätten. Da er am 14. Juni 2010 eine Beschäftigung aufgenommen habe, sei er nach Ablauf der Frist von zwei Monaten nicht mehr arbeitslos gewesen. Ab diesem Tag habe kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr bestanden. Die Wartefrist für die Erstellung des Vermittlungsgutscheins habe nur bis zum 13. Juni 2010 gedauert.
Gegen den ihm am 27. September 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Er verbleibt bei seinem erstinstanzlichen Vorbringen, wonach er nach Ablauf der Wartefrist am 13. Juni 2010 am 14. Juni 2010 ein Anspruch auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheins gehabt habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2010 zu verurteilen, dem Kläger den beantragten Vermittlungsgutschein zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und verweist darauf, dass ausweislich des Arbeitsvertrages vom 14. Juni 2010 am gleichen Tag der Arbeitsbeginn vereinbart gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Berufungsantrag bedarf der Auslegung (vgl. § 123 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Denn Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nicht nur der vom Kläger angefochtene Bescheid der Beklagten, sondern auch die vom Sozialgericht im erstinstanzlichen Verfahren erlassene Entscheidung, hier der Gerichtsbescheid vom 22. September 2011 (vgl. §§ 143, 105 Abs. 3 Halbsatz 1 SGG). Dieses Rechtsschutzbegehren brachte der Klägerbevollmächtigte auch im Berufungsschriftsatz zum Ausdruck.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juli 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins nach § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. August 2009 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung von Artikel 2b Nr. 9 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 [BGBl. I. S. 1939]). Die Voraussetzungen hierfür lagen bei Antragstellung nicht vor, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits in ein Beschäftigungsverhältnis vermittelt worden war.
1. Nach § 421g Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB III a. F. hatten Arbeitnehmer Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins, die Anspruch auf Arbeitslosengeld hatten, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Abs. 3 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. August 2009 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 2b Nr. 3 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 [BGBl. I. S. 1939]) beruhte, und nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt waren. Ein Anspruch auf Ausstellung des Vermittlungsgutscheins bestand damit erst nach einer Arbeitslosigkeit von zwei Monaten (Wartezeit). Der Kläger wurde am 14. April 2010 arbeitslos und hatte ab diesem Tag Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Wartefrist von zwei Monaten endete damit am 13. Juni 2010.
Der Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins standen allerdings entgegen der Auffassung des Sozialgerichts allein der Abschluss des Arbeitsvertrages und der Arbeitsaufnahme am 14. Juni 2010 nicht entgegen. Zwar folgt aus dem für die Bemessung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld geltenden Tagesprinzip (vgl. § 154 Satz 1 SGB III; bis zum 31. März 2012: § 134 Satz 1 SGB III), dass aufgrund der Arbeitsaufnahme am 14. Juni 2010 das Arbeitslosengeld nur bis einschließlich 13. Juni 2010 gezahlt wurde. Für den Abschluss des Arbeitsvertrages gelten jedoch die Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über Willenserklärungen (vgl. §§ 104 ff. BGB mit den Sonderregelungen für Dienstverträge in §§ 112, 113 BGB) und den Vertragsschluss (vgl. §§ 145 ff. BGB), was zur Folge hat, dass ein Arbeitsvertrag erst vom Zeitpunkt seines Abschlusses an (ex nunc) rechtswirksam ist. Dies bedeutet, dass der Abschluss des Vermittlungsvertrages, der Abschluss des Arbeitsvertrages und die Beantragung eines Vermittlungsgutscheins am gleichen Tag grundsätzlich möglich sind. Dies war so auch in Nummer 421g.13 Abs. 2 der bis Dezember 2010 geltenden Geschäftsanweisung der Beklagten zur "Durchführung des Vermittlungsgutscheinverfahrens (GA VGS) – Stand: 01.08.2009 –" (Geschäftszeichen: SP III 22 – 56421g.4) geregelt.
Dass der Kläger nicht den geltend gemachten Anspruch auf Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins hat, ergibt sich jedoch aus dem eindeutigen Wortlaut von § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F ... Danach setzte der Anspruch, soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung, zweierlei voraus: zum einen musste der Arbeitnehmer noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben; zum anderen durfte er noch nicht vermittelt sein. Beide Voraussetzungen lagen aber beim Kläger am 14. Juni 2010, als er telefonisch den Antrag stellte, nicht mehr vor. Denn arbeitslos war ein Arbeitnehmer, der unter anderem nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung, vgl. Artikel 1 Nr. 62 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]). Der Kläger hatte jedoch vor der Antragstellung am selben Tag um 9.32 Uhr bereits eine Beschäftigung bei der Fa. W ... aufgenommen. Auch war der Kläger zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits vermittelt. Wie er selbst vorgetragen hat, schloss er am 14. Juni 2010 zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr bei seinem neuen Arbeitgeber den Arbeitsvertrag ab und nahm im Anschluss daran sogleich die Beschäftigung auf. Mit Abschluss des Arbeitsvertrages war er in eine versicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt worden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist für den Eintritt des Vermittlungserfolgs ist der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses entscheidend. Wenn der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses außerhalb des Geltungszeitraums des Vermittlungsgutscheines liegt, ist erforderlich, dass im Geltungszeitraum ein Arbeitsvertrages mündlich oder schriftlich abgeschlossen oder eine bindenden Einstellungszusage erteilt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 11/10 R – juris Rdnr. 18).
Der Kläger kann sich auch nicht auf die zitierte Geschäftsanweisung der Beklagten berufen. Denn dem oben zitierten Absatz 2 geht der Absatz 1 voraus. Dort ist geregelt, dass der Kunde vermittelt ist, wenn er bereits vor der Beantragung des Vermittlungsgutscheins mit dem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag geschlossen hat oder mit ihm über die wesentlichen Inhalte des Arbeitsvertrages einig geworden ist oder ihm die Einstellung zugesagt worden ist. Dies entspricht der beschriebenen Gesetzeslage und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes.
2. Die Möglichkeit, einen Vermittlungsgutschein nachträglich zu beantragen, bestand nicht. Denn nach § 323 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung auf Antrag erbracht. Nach § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III werden sie nur erbracht, wenn sie – was hier nicht der Fall war – vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Diese Regelungen galten auch für den Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III a. F. (a. A. SG Berlin, Beschluss vom 11. April 2005 – S 77 AL 5946/03 – juris Rdnr. 97, wonach nur das Antragserfordernis nach § 19 SGB IV gelten sollte; Brandts, in: Niesel/Brand, SGB III [5. Aufl., 2010], § 421g Rdnr. 42).
a) Was Leistungen der Arbeitsförderung sind, wird in § 3 SGB III definiert. Vorliegend ist § 3 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung maßgebend. Die Leistungen, die Arbeitnehmer erhielten, waren abschließend (so zu § 3 Abs. 1 SGB III in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung: Deinert, in: Gagel, SGB II/SGB III [59. Erg. Lief, September 2015], § 3 Rdnr. 4; Janda, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2014], § 3 Rdnr. 17; Timme, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], § 3 Rdnr. 5) in § 3 Abs. 1 SGB III a. F. geregelt. Die dort aufgeführten Leistungen schlossen sich weitgehend an den Aufbau des Dritten und Vierten Kapitels des SGB III an (vgl. Leitherer, in: Eicher/Schlegel, SGB III [Stand: 115. Erg.-Lfg., Dezember 2012], § 3 Rdnr. 36).
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. erhielten Arbeitnehmer Berufsberatung sowie Ausbildungs- und Arbeitsvermittlung und diese unterstützende Leistungen. Die Erteilung eines Vermittlungsgutscheines, die als Leistung an Arbeitnehmer in § 3 Abs. 1 SGB III a. F. nicht ausdrücklich erwähnt war, fiel ersichtlich nicht unter die Berufsberatung (§§ 29 bis 34 SGB III) oder die Vermittlung (§§ 35 bis 39 SGB III). Jedoch handelte es sich um eine "diese unterstützende Leistung" im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. (dies hat das SG Berlin im Beschluss vom 11. April 2005 nicht in Betracht gezogen). Denn bei diesen dritten in § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. aufgeführten Leistungen handelte es sich nicht um vermittlungsunterstützende Leistungen im Sinne der amtlichen Überschrift zum Ersten Abschnitt des Vierten Kapitels des SGB III in der vom 1. Januar 2009 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 21 des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2917]). In diesem Abschnitt waren in dem genannten Zeitraum Regelungen über die Förderung aus dem Vermittlungsbudget (§ 45 SGB III a. F.) und über Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45 SGB III a. F.) enthalten (vgl. Artikel 1 Nr. 22 des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 [BGBl. I S. 2917]). Beide Leistungen waren in § 3 Abs. 1 SGB III a. F. gesondert erfasst, nämlich unter Nummer 2 und 3.
Dass die Erteilung eines Vermittlungsgutscheines eine "diese unterstützende Leistung" im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. war, ergibt sich aus Sinn und Zweck des Vermittlungsgutscheines. Als Grund für die Einführung des Vermittlungsgutscheines gab der Gesetzgeber zum einen an, dass einem Teil der Arbeitslosen daran gelegen sei, im Rahmen ihrer Eigenbemühungen selbst die Dienste privater Anbieter in Anspruch zu nehmen. Für arbeitslose Leistungsbezieher werde die Möglichkeit eröffnet, auf Kosten des Arbeitsamtes einen Vermittler zu beauftragen. Zum anderen, und dies ist hier entscheidend, waren die Möglichkeiten, Dritte mit der Vermittlung von Arbeitslosen zu beauftragen, erweitert worden. Damit war es für das Arbeitsamt möglich, die im Einzelfall angemessene und geeignete Form der Vermittlung zu wählen (vgl. BT-Drs. 14/8546, S. 10). Damit stand die von der Agentur für Arbeit gegenüber dem Arbeitnehmer zu erbringende Leistung der Erteilung eines Vermittlungsgutscheines in einem sachlichen Zusammenhang mit der Vermittlungsaufgabe.
b) Der Kläger hat den Antrag auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheines nicht vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses gestellt.
Als leistungsbegründendes Ereignisses im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III wird regelmäßig das Ereignis angesehen, das als zuletzt eintretendes Ereignis den Leistungsfall auslöst (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – L 3 AL 120/09 – info also 2011, 262 = juris Rdnr. 56; Hassel, in: Brand, SGB III [7. Aufl., 2015], § 324 Rdnr. 56; Radüge, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: Erg.-Lfg. Stand 4/15, Mai 2015], § 324 Rdnr. 11). Bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderungen ist dies in der Regel das Ereignis, das erst den unmittelbaren Leistungsfall auslöst und den Anfall der Kosten bewirkt, die die Agentur für Arbeit übernehmen soll (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 26. Mai 2011, a. a. O.; Hassel, a. a. O.). Leistungen der aktiven Arbeitsförderung waren gemäß § 3 Abs. 4 SGB III a. F. alle Leistungen der Arbeitsförderung, das heißt sämtliche der in § 3 Abs. 1 bis 3 SGB III a. F. genannten Leistungen (Brandts, a. a. O., § 3 Rdnr. 5), mit Ausnahme von Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, Teilarbeitslosengeld und Insolvenzgeld, mithin auch die unterstützende Leistungen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F ...
Übertragen auf den Fall des Klägers bedeutet dies, dass der Leistungsbedarf in der Verpflichtung der Beklagten gemäß § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III a. F. bestand, den Vergütungsanspruch des vom Kläger eingeschalteten Vermittlers, der den Kläger in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hat, nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen zu erfüllen. Bedarfsauslösendes Ereignis war die erfolgreiche Vermittlung des Klägers am frühen Vormittag des 14. Juni 2010. Da der Kläger den Antrag auf Erteilung eines Vermittlungsgutscheines am 14. Juni 2010 erst nach seiner Beschäftigungsaufnahme und damit nach dem Eintritt des Vermittlungserfolges stellte, stellte er ihn nicht vor dem Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses im Sinne von § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III:
c) Die verspätete Antragstellung war auch nicht gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III von der Beklagten zur Vermeidung unbilliger Härten zuzulassen, weil vom anwaltlich vertretenen Kläger bereits kein das Ermessen eröffnender Härtefall dargelegt worden ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger am Montag, dem 14. Juni 2010, nicht möglich gewesen wäre, vor der Einigung mit seinem künftigen Arbeitgeber und der anschließenden Beschäftigungsaufnahme die Agentur für Arbeit zu kontaktieren, sondern dass er erst danach die Gelegenheit hatte.
3. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er bereits zu ein früheren Zeitpunkten die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins beantragt hat.
Ausweislich der vorliegenden Verbis-Vermerke der Beklagten wurden die telefonischen Anträge vom 26. Mai 2010 und 8. Juni 2010 mündlich abgelehnt. Soweit der Kläger vorträgt, auch am 10. Juni 2010 und am 11. Juni 2010 über die Hotline der Beklagten die Ausstellung des Vermittlungsgutscheins beantragt zu haben, fehlt von Seiten der Beklagten eine Dokumentation hierzu. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die beiden Kontaktaufnahmen tatsächlich stattgefunden haben, weil nach dem Vortrag des Klägers auch diese mündlichen Anträge mündlich abgelehnt worden seien. Die mündliche Entscheidung über die Anträge des Klägers ist gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) möglich. Die mündlichen Ablehnungsentscheidungen waren nicht schriftlich zu bestätigen, weil der Kläger dies nicht verlangte (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Da der Kläger die mündlichen Ablehnungsentscheidungen nicht angefochten hat, sind sie bestandskräftig geworden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 1 SGG) sind nicht gegeben.
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