L 6 U 241/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 39 U 176/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 241/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der nicht durch eine Dienstreise begründete Aufenthalt eines Arbeitnehmers in einer Pension vor einer Familienheimfahrt ist nicht versichert. Weder die wegen der arbeitsbedingten Verschmutzung notwendige Körperreinigung noch die Fortbewegung innerhalb der Pension begründen Versicherungsschutz.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 16.10.2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Ereignisses vom 20.05.2011 als Arbeitsunfall.

Der 1962 geborene Kläger ist wohnhaft in A ..., er pendelt wöchentlich zu seiner Arbeitsstelle. Seine Arbeitgeberin hat ihren Sitz in D ... (ca. 20 km nördlich von I ...), der Kläger bezieht an den Arbeitstagen regelmäßig ein Zimmer in der Pension C ... in Z ... (ca. 20 km nordöstlich von D ...). Nach eigenen Angaben pendelt er sonntags von A ... zum Arbeitsort und freitags wieder zurück zu seiner Familie nach A ..., er sei seit 1998 Dauerpendler.

Am 20.05.2011 arbeitete der Kläger für seine Arbeitgeberin als Baufacharbeiter auf einer Baustelle in I ... Ausweislich der Unfallschilderung des Klägers vom 14.06.2011 fuhr er an diesem Tag nach Arbeitsschluss zuerst in die Pension zum Duschen und Umkleiden, da es nicht zumutbar sei, mit der üblicherweise stark verschmutzten Arbeits- und Schutzkleidung drei bis dreieinhalb Stunden nach Hause zu fahren. Auf der Baustelle bzw. am Sitz der Firma gebe es keine Umkleide- und Reinigungsmöglichkeit. Sein Zimmer in der Pension befinde sich im zweiten Obergeschoss. Als alles zur Abfahrt vorbereitet gewesen sei, sei er die Treppe hinabgestiegen um zu seinem Auto zu gehen. Dabei sei er an der ersten Treppenkante abgerutscht, habe in der Folge das Gleichgewicht verloren und sei gestürzt. Noch am Unfalltag stellte sich der Kläger bei Dr. U ... in Z ... und am 21.05.2011 bei Prof. Dr. Y ... in X ... vor. Diagnostiziert wurde eine Fersenbeinfraktur.

Die Arbeitgeberin des Klägers teilte unter dem 29.06.2011 mit, dass eine Unfallanzeige nicht erstellt worden sei, da es sich um einen Wegeunfall gehandelt habe, der Unfall habe sich in der Pension ereignet, in der der Arbeitnehmer untergebracht sei.

Mit Bescheid vom 15.12.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Der Kläger sei am 20.05.2011 innerhalb der Unterbringung gestürzt, in der er seit 1998 regelmäßig untergebracht sei. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stünden nur die Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Unfälle innerhalb des Wohngebäudes seien unversichert. Der Versicherungsschutz beginne und ende mit dem Durchschreiten der Außenhaustür.

Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 21.12.2011 an. Es bestünden weiterhin Probleme und Schmerzen infolge des Unfalls. Zu beachten sei, dass die Beklagte zunächst alles genehmigt habe, seit dem 21.11.2011 habe er aber keine medizinischen Maßnahmen mehr erhalten. Als Pendler müsse er die Möglichkeit haben, nach der Arbeit in einem entsprechenden Zeitrahmen zu Duschen und sich Umzuziehen. Es sei für ihn diskriminierend, dass er sich auf der Straße waschen und umziehen müsse, um nicht die gesetzliche Unfallversicherung zu verlieren wenn er nach Hause fahre. Durch die Arbeit auf dem Bau sei das Aussehen der Arbeitskleidung entsprechend. Es sei unmenschlich, so am Wochenende drei bis vier Stunden nach Hause fahren zu müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.04.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend zum Bescheid vom 15.12.2011 aus, dass zwar die körperliche Reinigung während der Arbeit oder nach Betriebsschluss auf der Betriebsstätte oder in unmittelbarer Nähe im Einzelfall versichert sein könne, im Fall des Klägers habe er den Unfall jedoch nicht beim Duschen oder Umziehen erlitten, sondern auf dem Weg vom Zimmer zum Parkplatz auf der Treppe im Gebäude. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII seien nur Wege von und nach dem Ort der Tätigkeit versichert, Unfälle innerhalb von Wohngebäuden seien unversichert. Der Versicherungsschutz beginne und ende mit der Außentür des Gebäudes, in dem sich die Wohnung bzw. das Zimmer befinde. Da er bereits seit 1998 in der gleichen Pension wohne, könne von einer gewissen Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes und einem gewissen häuslichen privaten Wirkungsbereich ausgegangen werden. Besondere räumliche Verhältnisse, die den Unfall wesentlich bedingt hätten, seien nicht vorhanden.

Hiergegen hat der Kläger am 25.05.2012 Klage zum Sozialgericht X ... (SG) eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass er am Unfalltag Betonarbeiten durchgeführt habe, dadurch seien er selbst und seine Arbeitskleidung stark verschmutzt gewesen. Er habe sich in der Pension gewaschen und seine verschmutzte Arbeitskleidung zum Waschen in einer Reisetasche mitgenommen. Er sei gleichzustellen mit einer Person, die sich in der Firma wasche und umziehe, um anschließend den Heimweg anzutreten. Im Betrieb bestehe keine Reinigungsmöglichkeit, weshalb er auf die Nutzung der Pension angewiesen sei. Er sei gestürzt auf dem Weg von der Betriebsstätte zur Familienwohnung. Auch sei zu beachten, dass beim Bewohnen eines Zimmers in der Pension die Zimmertür maßgebend sei. Er habe seit 2006 immer dasselbe Zimmer genutzt zu einem monatlichen Festpreis von 140 Euro. Am Unfalltag habe er die Pension nur als Waschraum benutzt. Der Unfallbereich sei nicht einem häuslichen Bereich gleichzustellen. Er sei zielgerichtet von der Arbeit in die Pension und dann nach Hause unterwegs gewesen.

Die Beklagte hat ausgeführt, dass die Pension keine Betriebsstätte sei, es bestehe Versicherungsschutz allenfalls nach dem Durchschreiten der Haustür.

Mit Urteil vom 16.10.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: "1. Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist § 8 SGB VII. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urteil vom 30.1.2007, Az. B 2 U 23/05 R, und Urteil vom 17.2.2009, Az. B 2 U 18/07 R, zitiert jeweils nach juris.de m. w. N.). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Arbeitsunfall und die Gesundheitserstschädigung im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die bloße Möglichkeit – ausreicht (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 2.5.2001, Az. B 2 U 16/00, zitiert nach juris.de). Diese Voraussetzungen für die Feststellung eines Arbeitsunfalls sind vorliegend nicht gegeben.

2. Unter Beachtung dieser Vorgaben hat der Kläger am 20.5.2011 keinen Arbeitsunfall erlitten, weil er sich bei dem streitigen Ereignis nicht auf einem versicherten Weg befand. Der versicherte Weg zur Arbeit oder von der Arbeit im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB VII beginnt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit dem Durchschreiten der Außentür des Hauses (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.6.2003, Az. B 2 U 24/02 R, Urteil vom 12.12.2006, Az. B 2 U 1/06 R, und Urteil vom 7.11.2000, Az. B 2 U 39/99 R, zitiert jeweils nach juris.de). Nach der herrschenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung ist es für einen versicherten Wegeunfall deswegen ganz entscheidend, an welchem konkreten Ort das schädigende Ereignis geschieht. Hierbei kommt es, wie dargestellt, ganz maßgeblich auf das Durchschreiten der Außentür eines Hauses an. Anders als der Kläger meint, ist hiermit auch nicht die Zimmertür innerhalb einer Pension gemeint, sondern die Außentür des Hauses, in der sich die Zimmer der Pension befinden. Für diese Rechtsansicht und die Auslegung des Begriffes innerhalb des Wegeunfalls, ist es auch unerheblich, dass vorliegend ein Fall des § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII (erweiterter Schutz bei Zurücklegen eines Weges zur Familienwohnung) gegeben ist, da sich die Rechtsprechung zum "Durchschreiten der Außentür" auf die gesamte Vorschrift des § 8 Abs. 2 SGB VII bezieht. Der Kläger unterfiel daher bei seinem Sturz innerhalb der Pension nicht dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Anders als der Kläger meint, muss ihm wegen Artikel 3 Abs. 1, 11, 12 und 19 Abs. 4 Grundgesetz auch nicht der gleiche Versicherungsschutz zukommen, wie einem Arbeitnehmer, der nach dem Waschen am Arbeitsort zu seinem Fahrzeug geht, um nach Hause zu fahren und dann auf einer Treppe stürzt. Denn hier liegt bereits keine vergleichbare Situation vor, weil zwischen dem vom Kläger gebildeten Fall der von einem Arbeitgeber eingeräumten Duschmöglichkeit und der Duschmöglichkeit in privaten Räumen ein sachlicher Unterschied besteht. Dieser sachliche Unterschied liegt in der klaren Trennung der Risikosphären zwischen einem betrieblichen Risiko, für welches der Arbeitgeber und damit die gesetzliche Unfallversicherung einzustehen hat, und dem rein privaten Risiko des Betroffenen in dessen Risiko- und Einflussbereich. Ansonsten wäre eine Abgrenzung zwischen der Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos und dem Risiko, welches die gesetzliche Unfallversicherung abzudecken hat, nicht mehr zu gewährleisten. Es wäre somit z. B. für die Fälle keine Abgrenzung mehr möglich, bei dem sich ein Arbeitnehmer vor der Arbeit duscht, sich dann auf den Weg zur Arbeit begibt und sich beim Heruntergehen auf der privaten Treppe verletzt. Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer einen Verstoß der von der Beklagten in ihren Bescheiden bemühten Vorschriften gegen die Artikel 3 Abs. 1, 11, 12 und 19 Abs. 4 Grundgesetz nicht zu erblicken.

Zur Ergänzung der Begründung wird auf die sachlich und rechtlich richtigen Ausführungen der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 26.4.2012 verwiesen, § 136 Abs. 3 SGG."

Gegen das dem Kläger am 27.10.2014 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 27.11.2014 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zu beachten sei, dass die vom Kläger genutzte Pension nicht dessen Privathaus sei, so dass es nicht auf das Durchschreiten der Haustür ankomme. Jedenfalls handele es sich um eine Fortbewegung im Sinne von Vor- oder Nachbereitungshandlungen. Die Nutzung der Treppe sei nicht dem Privatbereich oder der Privatsphäre zuzuordnen, sie habe nicht mehr der Körperhygiene gedient, sondern diese Bewegung sei der Zurücklegung des versicherten Weges, nämlich der Heimreise, geschuldet gewesen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30.11.2016 hat der Kläger ergänzt, dass er für den Weg von der Baustelle in I ... zu seiner Pension ein Fahrzeug seiner Arbeitgeberin genutzt und dabei auch noch andere Mitarbeiter zu den entsprechenden Unterkünften gefahren habe. Die Heimreise sei dann mit dem privaten PKW geplant gewesen, dieser PKW sollte nicht durch die Arbeitskleidung verschmutzt werden. Die Pension habe er sich selbst gesucht, nachdem er sich anfänglich in einer Gemeinschaftsunterkunft ein Zimmer mit anderen Männern habe teilen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts X ... vom 16.10.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2012 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 20.05.2011 ein Arbeitsunfall ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Bei der vom Kläger bewohnten Pension sei von einer Unterkunft mit einer gewissen Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes und einem gewissen häuslichen, privaten Wirkungsbereich in vertrauter, nicht mehr fremder Umgebung auszugehen. Der streitgegenständliche Unfall habe sich im Treppenhaus der Pension ereignet, bevor der Berufungskläger den öffentlichen Verkehrsraum erreicht habe. Versicherungsschutz beginne erst mit dem Durchschreiten der Haustür des vom Versicherten bewohnten Gebäudes. Das Treppenhaus in der vom Versicherten seit Jahren bewohnten Pension sei wie auch das Treppenhaus in einem Mehrfamilienhaus nicht als öffentlicher Raum zu werten. Die Grenze "Außentür des Gebäudes" trenne klar den öffentlichen Verkehrsraum von dem unversicherten Bereich ab. Aus den weiteren Ausführungen des Klägers könne keine andere Bewertung resultieren.

Dem Senat liegen die Gerichtsakte beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- sowie fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 16.10.2014 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 15.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.04.2012 abgewiesen. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG - vgl. Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R - juris) ist das klägerische, auf Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfalls gerichtete Begehren als Feststellungsklage i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG auszulegen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen darstellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzelne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.).

Zutreffend hat das SG im angefochtenen Urteil die rechtlichen Grundlagen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls und die Grundsätze von mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Wegen dargelegt, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf verwiesen wird, § 153 Abs. 2 SGG. Weder die wegen der arbeitsbedingten Verschmutzung notwendige Körperreinigung noch die Fortbewegung innerhalb der Pension begründen Versicherungsschutz.

Die Ausführungen des SG sind dahingehend zu ergänzen, dass der vom Kläger geltend gemachte Versicherungsschutz auch nicht aus § 8 Abs. 1 SGB VII folgen kann, da die zum Unfall führende Verrichtung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einer unmittelbar nach § 2 SGB VII versicherten Verrichtung aus dem Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen ist und damit kein Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB VII vorliegt. Der Weg vom Pensionszimmer zum Parkplatz an der Pension steht in keinem Zusammenhang mit der versicherten Verrichtung als Baufacharbeiter, vielmehr ist der Aufenthalt in einer Pension vor einer Familienheimfahrt unversichert. Die versicherte Tätigkeit als Baufacharbeiter war nach den Angaben des Klägers gegen 14.00 Uhr beendet. Er hat sich nach Ende dieser Arbeit zu seiner Pension begeben um dort zu duschen. Selbst unter Berücksichtigung des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30.11.2016 war spätestens bei der Ankunft mit dem Fahrzeug der Arbeitgeberin an der Pension die versicherte Tätigkeit beendet. Der Gesichtspunkt der Körperhygiene rechtfertigt keine andere Bewertung. Der in engen Grenzen angenommene Versicherungsschutz für Körperhygiene in der Betriebsstätte ist auf den Fall des Klägers nicht anzuwenden. Die vom Kläger nachvollziehbar als notwendig erachtete Körperreinigung nach Beendigung seiner Tätigkeit als Bauchfacharbeiter ist – wie auch die Körperreinigung sonst nach der Arbeit zu Hause – eigenwirtschaftlich. Das Bundessozialgericht verneint für das Duschen als Körperreinigung und höchstpersönliche Verrichtung normalerweise den sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung. Ausnahmen für die Fallgestaltungen "Verschmutzung" und "Erfrischung" (vgl. für alles BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 31/07 R – juris Rn. 16 ff., m.w.N.) sind vorliegend nicht zu begründen. Unter dem Gesichtspunkt "Verschmutzung" wurde Versicherungsschutz bejaht, wenn durch die Art der Arbeit ein begründetes Bedürfnis für die Körperreinigung entstanden war und diese auf der Arbeitsstätte oder in deren Nähe und während der Arbeitszeit oder zumindest vor dem Heimweg erfolgte. Bezogen auf den Fall des Klägers fehlen der örtliche und der zeitliche Bezug zur Arbeitsstätte, da er bereits zu seiner Pension gefahren war, um dort zu duschen. Die Tatsache, dass der Kläger im Anschluss die Familienheimfahrt antreten wollte, rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung. Der Aufenthalt in der Pension zum Duschen ist wie an jedem anderen Wochentag nach der Arbeit oder wie die Körperreinigung nach der Arbeit zu Hause höchstpersönlich und damit eigenwirtschaftlich. Dass der Kläger die Reinigung nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch durchgeführt hat, um den privaten PKW nicht zu verschmutzen, ist zwar nachvollziehbar, kann aber an der vorgenommenen Beurteilung nichts ändern. Die entgegengesetzte Auffassung des Klägers überzeugt den Senat nicht. Die Tatsache, dass der Betrieb des Klägers eine Reinigungsmöglichkeit in der Betriebsstätte bzw. auf den entsprechenden Baustellen nicht zur Verfügung stellt, führt nicht dazu, dass eine "nachträglich" durchgeführte Körperreinigung außerhalb der Sphäre des Arbeitsgebers (im privaten Bereich) noch dem Versicherungsschutz unterfällt. Insofern ist der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII für die Körperreinigung eine erweiternde Auslegung zur Einbeziehung betriebseigentümlicher Umstände. Eine Einbeziehung der Körperreinigung im privaten Bereich ist mit dem Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung nicht zu rechtfertigen. Auch Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt der "Erfrischung" ist nicht zu rechtfertigen, da es sich um eine Erfrischung während der Arbeitsschicht handeln muss, eine nach der Tätigkeit durchgeführte Erfrischung – wie vorliegend – wird nicht umfasst (BSG, Urteil vom 04.06.2002, B 2 U 21/01 R – juris).

Von der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 SGB VII wird der Unfall des Klägers ebenfalls nicht erfasst. Für die Fahrt von der Arbeitsstätte zur Pension bestand (wenn es kein betrieblich veranlasster Weg war) Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Versicherte Tätigkeit ist danach das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Geschützt ist die gezielte Fortbewegung durch Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder als Benutzer eines Verkehrsmittels (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Oktober 2016, § 8 Rn. 12.1). Dieser Versicherungsschutz endet jedoch mit dem Durchschreiten der Haustür als Außentür des Wohngebäudes (ständige Rechtsprechung, vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 8 Rn. 12.17 m.w.N.). Es bestehen keine Ansatzpunkte dafür, die vom Kläger bewohnte Pension nicht als Wohngebäude anzusehen oder den Bereich innerhalb des Pensionsgebäudes dem öffentlichen Verkehrsraum zuzurechnen. Anders als im vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall (vgl. Urteil vom 19.08.2003, B 2 U 43/02 – juris) wurde der Kläger nicht von seinem Arbeitgeber zu einer Baustelle entsandt (Dienstreise) und wohnte dort notwendigerweise in einer Pension. Vielmehr suchte sich der Kläger mit Heimatort A ... eine Arbeitgeberin in D ... und bezog nachfolgend in der Nähe der Arbeitgeberin eine selbst gesuchte Pension. Es handelt sich demnach nicht um eine Dienstreise mit dadurch veranlasstem Aufenthalt in einer Pension, sondern um eine Tätigkeit im Bereich des originären Arbeitgebersitzes kombiniert mit einer eigenverantwortlich organisierten Unterkunft für die Zeit von Sonntag bis Freitag. Die Baustelle am Unfalltag war vom Sitz der Arbeitgeberin auch problemlos im sogenannten Tagespendelbereich erreichbar, so dass die vom BSG im angeführten Urteil für Dienstreisen herausgearbeiteten Aspekte keine Relevanz haben. Eine Dienstreise im Sinne eines Entfernens von der Betriebsstätte mit der gleichzeitigen Notwendigkeit des Bezugs einer anderen Unterkunft lag nicht vor, so dass eventuell vorhandene Eigentümlichkeiten der Unterkunft unbeachtlich sind.

Der Aufenthalt in der Pension unterfällt auch nicht dem Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII. Versichert ist danach das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben. Unabhängig davon, ob die gesamte Fahrt des Klägers von der Baustelle in I ... nach A ... oder erst die Fahrt von der Pension in Z ... nach A ... als Familienheimfahrt zu werten ist, bestand zum Unfallzeitpunkt kein Versicherungsschutz. Ebenso wie nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII die gezielte Fortbewegung durch Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder als Benutzer eines Verkehrsmittels geschützt, wobei auch hier entsprechend der zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII herausgearbeiteten Grundsätze der Versicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten der Haustür beginnt (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 8 Rn. 16.2, 12.1), da vorher der öffentliche Verkehrsraum noch nicht erreicht war. Wenn also Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII für den Fall angenommen wird, dass die Fahrt erst ab der Pension begann, so war der Sturz auf der Treppe innerhalb des Pensionsgebäudes vor dem Durchschreiten der Außentür nicht versichert.

Zur Vervollständigung der in Frage kommenden Varianten ist auszuführen, dass auch bei Bewertung der gesamten Fahrt von der Baustelle in I ... nach A ... als Familienheimfahrt Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII zum Unfallzeitpunkt nicht bestand, da diese Fahrt durch den Aufenthalt in der Pension unterbrochen war. Unterbrechung ist die räumliche oder zeitliche Abweichung vom versicherten Weg (Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O., § 8 Rn. 16.2, 12.30). Die Unterbrechung dauert so lange, bis sich der Versicherte wieder in Richtung seines ursprünglichen Ziels bewegen will und er den öffentlichen Straßenraum wieder erreicht hat (BSG, Urteil vom 02. 12.2008, B 2 U 17/07 R – juris Rn. 22). Eine Wegeunterbrechung führt zum Verlust des Versicherungsschutzes, da der versicherte Weg nicht mehr zurückgelegt wird. Wird der Weg zum oder vom Ort der Tätigkeit aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen, entfällt der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz (BSG, a.a.O., Rn. 19). Der Aufenthalt des Klägers in der Pension diente nicht der Fortbewegung, sondern einerseits der körperlichen Reinigung und Erfrischung, andererseits hatte der Kläger seine Sachen in einer Reisetasche bei sich, um diese mit nach A ... zu nehmen. Alle genannten Verrichtungen sind eigenwirtschaftlich und werden nicht vom Schutz der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 SGB VII erfasst. Die daraus resultierende Unterbrechung des Weges endet nicht, bevor die gezielte Fortbewegung durch Teilnahme am öffentlichen Verkehr bzw. Wiedererreichen des öffentlichen Verkehrsraums wieder aufgenommen wird. Da der Kläger zum Unfallzeitpunkt den öffentlichen Verkehrsraum noch nicht wieder erreicht hatte, bestand die Unterbrechung des versicherten Weges fort. Insofern geht der Kläger auch fehl mit der Auffassung, dass ihm das Duschen erlaubt sein müsse, bzw. mit der von ihm behaupteten Notwendigkeit, dass er sich auf der Straße waschen und umziehen müsse, um den Unfallversicherungsschutz nicht zu verlieren. Allein der Aufenthalt auf der Straße ohne zielgerichtete Fortbewegung würde ebenso wenig der Wegeunfallversicherung unterfallen wie das Duschen in der Pension. Der mit der zielgerichteten Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsraum beginnende Wegeunfallversicherungsschutz umfasst zwar nicht den vorherigen oder eingeschobenen Aufenthalt in der Pension zum Duschen und Sachen holen, jedoch folgt durch den Aufenthalt in der Pension kein Wegfall des nachfolgenden Unfallversicherungsschutzes für den zurückzulegenden Weg im öffentlichen Verkehrsraum zur Familienwohnung.

Die Kostentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved