Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 26 R 144/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 952/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Prüfung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II oder dem SGB XII für die Vergangenheit im Rahmen einer Verrechnung erübrigt sich im gerichtlichen Verfahren, wenn die Verrechnung in der Vergangenheit tatsächlich nicht vorgenommen wurde, weil eine rückwirkende Einbehaltung ausgezahlter laufender Geldleistungen nicht mehr möglich ist. Die Verrechnung für die Vergangenheit hat sich insoweit durch Zeitablauf erledigt.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verrechnung einer Forderung der Beigeladenen aus einer Bürgschaft in Höhe von 144.876,46 Euro mit einem Teilanspruch der Klägerin auf die von der Beklagten gezahlte Altersrente in Höhe von 200,00 Euro monatlich ab 1. Januar 2014.
Die 1941 geborene Klägerin war, neben zwei weiteren Personen (W ... und K ...), Geschäftsführerin der Z ... Bau GmbH. Aus der Zeit der Geschäftstätigkeit der Z ... Bau GmbH vom 1. August 1992 bis 31. Januar 1993 resultierten Forderungen der beigeladenen Krankenkasse in Form von Beiträgen, Umlagebeiträgen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz, Säumniszuschlägen, Kosten, Gebühren und Zinsen in Höhe von 477.374,51 DM. Über diesen Betrag schloss die beigeladene Krankenkasse am 10. März 1993 mit der Z ... Bau GmbH, unter anderem vertreten durch die Klägerin, einen Schuldanerkenntnis- und Ratenzahlungsvertrag. Zugleich übernahm die Klägerin am 10. März 1993 (ebenso die weiteren Geschäftsführer) für den anerkannten Anspruch zu Gunsten der beigeladenen Krankenkasse eine selbstschuldnerische Bürgschaft, beschränkt auf einen Betrag in Höhe von 400.000,00 DM. Über das Vermögen der Z ... Bau GmbH wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren am 15. Juni 1993 eröffnet und am 21. Mai 2013 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Vermögensmasse eingestellt (Verfahren des Amtsgerichts Dresden -Insolvenzgericht- zum Aktenzeichen: 542 IN 201/93). Die beigeladene Krankenkasse ließ sich die Forderungen gegenüber der Klägerin (sowie den weiteren Geschäftsführern) in mehreren Zivilrechtsstreiten titulieren. Gegenüber der Klägerin resultiert daraus ein Gesamtbetrag in Höhe von 144.876,46 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus: 1. der Forderung aus dem rechtskräftigen Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 6. Mai 1998 (im Verfahren 13 U 3077/97) in Höhe von 132.471,52 DM und 158.127,17 DM (jeweils nebst vier Prozent Zinsen seit 1. September 1995) = 148.580,75 Euro, 2. der Forderung aus dem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts G ... vom 15. Oktober 1998 (im Verfahren 4 O 517/96) in Höhe von 7.092,61 DM und 10.547,06 DM (jeweils nebst vier Prozent Zinsen ab 30. Juni 1998) = 9.019,02 Euro, 3. abzüglich der Quotenzahlung aus dem Gesamtvollstreckungsverfahren in Höhe von 12.673,31 Euro sowie 4. abzüglich einer einmaligen Ratenzahlung der Klägerin am 30. Oktober 2013 über einen Betrag in Höhe von 50,00 Euro.
Die Klägerin bezog von der Beklagten vom 24. August 1995 bis 30. Juni 2006, zunächst befristet, ab Dezember 1999 unbefristet, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Seit 1. Juli 2006 bezieht sie von der Beklagten Regelaltersrente (in Höhe eines damaligen Zahlbetrags von 925,33 Euro monatlich). Seit 1. Juni 2012 bezieht sie von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland zusätzlich eine große Witwenrente (in Höhe eines damaligen Zahlbetrages von 566,42 Euro monatlich).
Mit Verrechnungsersuchen vom 9. Oktober 2000 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte zur Verrechnung der Forderungen aus der Bürgschaft. Mit Schreiben vom 16. Januar 2001 stellte die Beigeladene das Verrechnungsersuchen bis zum Abschluss des Gesamtvollstreckungsverfahrens ruhend und erneuerte es mit Verrechnungsersuchen vom 27. März 2013 (nach Einstellung des Gesamtvollstreckungsverfahrens). Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 27. Juni 2013 um Konkretisierung des Verrechnungsersuchens gebeten hatte, nahm die Beigeladene diese Konkretisierung mit Schreiben vom 16. August 2013 in Höhe von 144.926,46 Euro vor und verzichtete bei der Verrechnung auf die Zinsen.
Nach Einholung von Auskünften zu den aktuellen Rentenzahlbeträgen (Regelaltersrente ab 1. Juli 2013 in Höhe von 1.028,32 Euro monatlich und große Witwenrente ab 1. Juli 2013 in Höhe von 584,40 Euro monatlich), Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 23. August 2013 und Vorlage einer Sozialhilfebedarfsbescheinigung der Klägerin vom Landkreis G ... vom 24. Oktober 2013 (Bedarf: 593,24 Euro; anrechenbares Nettoeinkommen: 1.591,19 Euro; übersteigendes Einkommen: 997,95 Euro), setzte die Beklagte die Verrechnung mit Bescheid vom 30. Oktober 2013 gegenüber der Klägerin fest: Die Altersrente der Klägerin werde ab 1. Januar 2014 in Höhe von 395,47 Euro monatlich, dem derzeit bei einem Nettoeinkommen in Höhe von 1.612,72 Euro pfändbaren Betrag, zugunsten der Forderung der Beigeladenen verrechnet. Nachdem die Beigeladene, nach einem Gespräch mit der Klägerin am 2. November 2013, gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 12. November 2013 ankündigte, voraussichtlich auf einen Teil der Forderung zu verzichten und um Verrechnung in Höhe eines Betrages von lediglich 200,00 Euro monatlich bat, hob die Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2013 den Bescheid vom 30. Oktober 2013 hinsichtlich der Höhe des zu verrechnenden Betrages von 395,47 Euro monatlich auf und setzte die Verrechnung gegenüber der Klägerin neu fest: Die Altersrente der Klägerin werde ab 1. Januar 2014 in Höhe von 200,00 Euro monatlich, den Betrag auf den sich die Klägerin mit der Beigeladenen geeinigt habe, zugunsten der Forderung der Beigeladenen verrechnet.
Die gegen die Verrechnungsbescheide mit Schreiben der Klägerin vom 13. November 2013 und 7. Dezember 2013 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Verrechnung sei rechtmäßig und zulässig, da ein wirksames Verrechnungsersuchen der Beigeladenen vorliege, die Pfändungsfreigrenzen beachtet worden seien und Sozialhilfebedürftigkeit durch die Verrechnung nicht eintrete. Die Verrechnung sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und unter Durchführung einer Interessensabwägung bereits gemäß der Mitteilung der Beigeladenen vom 12. November 2013 mit Bescheid vom 15. November 2013 auf den Betrag in Höhe von 200,00 Euro monatlich reduziert worden.
Mit der am 24. Januar 2014 erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, sie könne keine 200,00 Euro monatlich bezahlen, da sie ihre Töchter, die wegen vier Kindern bzw. wegen einer Epilepsieerkrankung nicht arbeiten könnten, unterstützen müsse, ein nicht akzeptabel veräußerbares Grundstück am Tagebaurand in N ... unterhalten müsse, wegen multipler eigener Erkrankungen (chronische Pankreatitis mit exogener Pankreasinsuffizienz und Morbus Chron) einen erheblichen finanziellen Aufwand für entsprechende Ernährung habe, an Vergesslichkeit leide und Handwerker- und Dienstleistungsrechnungen bezahlen müsse.
Nach Beiladung der verrechnenden Krankenkasse mit Beschluss vom 3. Juli 2014 hat das Sozialgericht Dresden die Klage mit Urteil vom 9. September 2015 abgewiesen. Die Verrechnung sei zulässig, hinreichend bestimmt, ermessensfehlerfrei und führe nicht zur Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin, wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt habe. Die behaupteten Zahlungen der Klägerin an ihre Töchter würden keine gesetzlichen Unterhaltspflichtzahlungen darstellen und seien daher nicht beachtlich. Die Beklagte habe von der Bedarfsbescheinigung des Landkreises G ... vom 24. Oktober 2013 ausgehen dürfen. Selbst wenn man den doppelten Mietanteil in Höhe von 422,28 Euro anstatt des in der Bedarfsbescheinigung ausgewiesenen Mietanteils in Höhe von 211,14 Euro in Abzug bringe, verbleibe für die Klägerin ein den Bedarf überschreitender Betrag in Höhe von 786,71 Euro monatlich. Die Verrechnung von 200,00 Euro monatlich sei insgesamt angemessen. Einen krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarf habe sie nicht nachgewiesen.
Gegen das am 21. September 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. Oktober 2015 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Nach Aussage ihrer Rechtsanwältin sei sie die Betrogene. Sie mache weiterhin einen krankheitsbedingten Mehrbedarf für Ernährung und Therapie wegen einer Hirnatrophie mit nachlassender Merkfähigkeit, leichter Demenz und chronisch zunehmenden Kopfschmerzen geltend.
Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. September 2015 sowie den Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Verrechnungsabänderungsbescheides vom 15. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Das Gericht hat von der Klägerin, der Beklagten und der Beigeladenen Unterlagen angefordert und Auskünfte eingeholt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2014 in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, weil sie in der Terminsmitteilung vom 10. Januar 2017 auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage mit Urteil vom 9. September 2015 zu Recht abgewiesen hat. Der Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Verrechnungsabänderungsbescheides vom 15. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte ist wegen der in den Verrechnungsersuchen der Beigeladenen vom 9. Oktober 2000, 27. März 2013, 16. August 2013 und 12. November 2013 enthaltenen Ermächtigungen berechtigt, die offenen Forderungen der Beigeladenen gegen die Klägerin mit der bezogenen Regelaltersrente in Höhe von 200,00 Euro monatlich ab 1. Januar 2014 zu verrechnen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die zutreffenden Gründe im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Übrigen sind lediglich folgende Ergänzungen veranlasst:
Nach § 52 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger (hier die Beklagte) mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers (hier der Beigeladenen), dessen Ansprüche gegen den Berechtigten (hier die offenen und titulierten Forderungen aus der Bürgschaftsübernahmeerklärung vom 10. März 1993) mit der ihm obliegenden Geldleistung (hier der Regelaltersrente) verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger (hier die Beklagte) Ansprüche auf Geldleistungen (hier die Regelaltersrente) des Berechtigten (hier der Klägerin) gegen Ansprüche aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Nach § 54 Abs. 2 SGB I können Ansprüche auf einmalige Geldleistungen nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht. Im Übrigen können Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.
Die Voraussetzungen der §§ 52, 51 Abs. 2, 54 Abs. 4 SGB I liegen vor:
1. Die Beigeladene hat die Beklagte mit den Verrechnungsersuchen vom 9. Oktober 2000, 27. März 2013, 16. August 2013 und 12. November 2013 wirksam zur Verrechnung ermächtigt. Diese Ermächtigungserklärung ist auch hinreichend substantiiert, nämlich nach Art und Umfang der Forderung hinsichtlich Rechtsgrund, Entstehungszeitpunkt, Fälligkeit und Durchsetzbarkeit genau bezeichnet (vgl. zu diesem Erfordernis: BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 60/02 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26 und 27), so dass die Beklagte eine substantiierte Verrechnungserklärung abgeben konnte. Im Einzelnen sind in der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen folgende Einzelforderungen konkret ausgewiesen:
Forderung Höhe Fälligkeit Rechtsgrund aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 6. Mai 1998 (im Verfahren 13 U 3077/97) 132.471,52 DM + 158.127,17 DM = 148.580,75 Euro spätestens seit 1. Januar 1999 rechtskräftiger Beschluss
aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts G ... vom 15. Oktober 1998 (im Verfahren 4 O 517/96) 7.092,61 DM + 10.547,06 DM = 9.019,02 Euro spätestens seit 1. Januar 1999 rechtskräftiger Beschluss = 157.599,77 Euro abzüglich: Quotenzahlung aus dem Gesamtvollstreckungsverfahren 12.673,31 Euro Ratenzahlung der Klägerin am 30. Oktober 2013 50,00 Euro = 144.876,46 Euro
Die Ermächtigung bezieht sich auf die rechtskräftig festgestellten Forderungen der Beigeladenen aus der Bürgschaftsübernahmeerklärung der Klägerin. Soweit die Klägerin im anhängigen Verrechnungsverfahren wiederholt Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Forderungen der Beigeladenen vorbringt, etwa in der Form, ihre Rechtsanwältin habe ihr gesagt, sie sei die Betrogene, oder in der Form, sie sei im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme keine Geschäftsführerin mehr bzw. wegen eines Nervenzusammenbruchs nicht zurechnungsfähig gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass sie mit diesen Einwendungen wegen der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidungen nicht mehr gehört werden kann.
2. Die Beklagte hat bei der durch Bescheid vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Bescheides vom 15. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 vorgenommenen Verrechnung mit dem Verwaltungsakt im Sinne von § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die zutreffende Handlungsform für die Verrechnung gewählt. Es handelt sich um die Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber dem Leistungsberechtigten, gebunden an die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Aus der Regelung in § 24 Abs. 2 Nr. 7 SGB X, nach der von einer Anhörung abgesehen werden kann, wenn gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70,00 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll, folgt, dass auch der Gesetzgeber von der Verwaltungsaktqualität der Verrechnung ausgegangen ist (BSG, Vorlagebeschluss vom 25. Februar 2010 - B 13 R 76/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19 und 20). Inzwischen hat auch der Große Senat des Bundessozialgerichts (BSG) mit Beschluss vom 31. August 2011 (GS 2/10) verbindlich entschieden, dass der Leistungsträger die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten durchgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln darf.
3. Die Verrechnung wahrt auch die einzuhaltenden Pfändungsgrenzen. Da die Beklagte gegen eine laufenden Geldleistung, nämlich die monatlich wiederkehrend ausgezahlte Regelaltersrente, verrechnet, waren lediglich die für Arbeitseinkommen geltenden Pfändungsgrenzen einzuhalten (§§ 51 Abs. 1, 54 Abs. 4 SGB I). Die Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen nach § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO) belaufen sich, ausgehend von dem Nettoeinkommen der Klägerin und unter Berücksichtigung dessen, dass der Klägerin keine gesetzlichen Unterhaltspflichten (etwa für minderjährige Kinder) obliegen, auf folgende Beträge:
Zeitraum Nettoeinkommen pfändbarer Betrag 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2015 1.612,72 Euro (= Regelaltersrente: 1.028,32 Euro + große Witwenrente: 584,40 Euro) 395,47 Euro seit 1. Juli 2015 1.720,68 Euro (= Regelaltersrente: 1.125,44 Euro + große Witwenrente: 595,24 Euro) 452,28 Euro
4. Die Beklagte hat die Verrechnung auch ermessensfehlerfrei vorgenommen.
Sie hat in den Verrechnungsbescheiden vom 30. Oktober 2013 und 15. November 2013 sowie im Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2014 das Interesse der Klägerin am Erhalt der gesamten Rentenleistung gegen das öffentliche Interesse an der sachgerechten Verwendung der Mittel der Versichertengemeinschaft abgewogen und dabei Letzterem den Vorrang eingeräumt. Dies ist mit Blick auf die vom Gericht nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vorzunehmende Prüfung lediglich auf Ermessensfehler nicht zu beanstanden. Im Übrigen hat die Beklagte die von der Klägerin während des Verfahrens vorgetragenen Umstände abgewogen und die sowohl auf Grund der Anhörung als auch im Rahmen des Widerspruchs von der Klägerin vorgebrachten Gründe in ihre Entscheidung eingestellt, was sich auch im Übrigen aus den im Widerspruchsbescheid ausgeführten Gründen ergibt.
Insbesondere hat die Beklagte den pfändbaren Betrag in Höhe von 395,47 Euro monatlich zu Gunsten der Klägerin bereits auf eine geringere Summe, entsprechend der Mitteilung der Beigeladenen vom 12. November 2013, in Höhe von 200,00 Euro monatlich beschränkt.
Eine noch weitergehende Einschränkung des Betrages im Rahmen des auszuübenden Ermessens der §§ 52, 51 Abs. 1 SGB I etwa im Hinblick darauf, dass bei Anwendung der Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) oder des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) nicht gedeckt ist, kann im vorliegenden Fall nicht konstatiert werden.
Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgelegte sog. hypothetische Bedarfsbescheinigung des Sozialamtes des Landkreises G ... vom 24. Oktober 2013 berücksichtigt. Aus dieser geht hervorgeht, dass das Nettoeinkommen der Klägerin in Höhe von 1.591,19 Euro (ausgehend von den Nettorentenzahlbeträgen in Höhe von 1.028,32 Euro monatlich und 584,40 Euro monatlich abzüglich anteiliger Beträge für Hausrat-, Haftpflicht- und Unfallversicherung in Höhe von 4,46 Euro, 4,08 Euro und 12,99 Euro jeweils monatlich) den sozialhilferechtlichen Bedarf der Klägerin in Höhe von 593,24 Euro (der sich aus einem Regelsatz für Alleinstehende in Höhe von 382,00 Euro monatlich und den nachgewiesenen Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 211,24 Euro monatlich zusammensetzt) um 997,95 Euro monatlich überschreitet. In Anbetracht dieser Berechnung führt die Verrechnung in Höhe von 200,00 Euro monatlich unter keinen in Betracht zu ziehenden Umständen zur Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin.
Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Bedarfslagen sowie der Einwendungen der Klägerin, ist ein anderes Ergebnis nicht im Ansatz zu erzielen:
Für die von der Beklagten in der Vergangenheit (seit 1. Januar 2014) tatsächlich nicht vorgenommenen Verrechnungen ist dabei zunächst darauf hinzuweisen, dass sich diese (monatlichen) Verrechnungen durch Zeitablauf erledigt haben, weil eine rückwirkende Einbehaltung ausgezahlter laufender Geldleistungen nicht mehr möglich ist (vgl. dazu dezidiert: Hessisches LSG, Urteil vom 8. April 2014 - L 2 R 526/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 34). Vor diesem Hintergrund ist eine Prüfung der Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin (durch eine nicht vorgenommene Verrechnung) im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz überflüssig. Hilfebedürftigkeit in der Vergangenheit kann nicht mehr eintreten.
Hinsichtlich des in der Zukunft liegenden Verrechnungszeitraums (nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz am 14. Februar 2017) ist eine Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin gleichfalls nicht ersichtlich:
Der Regelbedarf (§§ 27a, 28 SGB XII) für die alleinstehende Klägerin beträgt ab Januar 2017 monatlich 409 Euro.
Ein von der Klägerin geltend gemachter Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter Mehraufwendungen für Ernährung (§ 30 Abs. 5 SGB XII) kommt zwar nicht wegen der von ihr im Berufungsverfahren vorgetragenen Hirnatrophie mit nachlassender Merkfähigkeit, leichter Demenz und chronisch zunehmenden Kopfschmerzen in Betracht, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit diese Erkrankung die Nährstoffaufnahme und Nährstoffzufuhr zu beeinflussen geeignet sein soll. Hinsichtlich der mit ärztlichem Attest vom 14. März 2015 nachgewiesenen Erkrankungen in Form der chronischen Pankreatitis mit exokriner Pankreasinsuffizienz, Morbus Chron, chronischer Pyelonephritis und Hyperlipidämie ist jedoch zumindest in Bezug auf den Morbus Chron, einer konsumierenden / verzehrenden Erkrankung des Magen-Darmtraktes mit Neigung zur Bildung von Fisteln und Verengungen, nach den Ernährungsempfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge neben der Aufteilung der Nahrung auf fünf bis sieben kleinere Mahlzeiten pro Tag, Meidung fettiger Nahrung und Ernährung mit gesunder Vollkost, ein ernährungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von bis zu zehn Prozent des Eckregelsatzes als krankheitsbedingt zu veranschlagen (vgl. dazu auch: Bayerisches LSG, Urteil vom 10. August 2011 - L 16 AS 403/09 - JURIS-Dokument, RdNr. 32-39). Im Fall der Klägerin ist dabei zu berücksichtigen, dass nach dem ärztlichen Attest von Dipl.-Med. Lüthke vom 14. März 2015 die Erkrankung der Klägerin zu einem Defizit an Verdauungssäften führt und sie lediglich bestimmte Speisen und Getränke zu sich nehmen sowie nur besondere Zubereitungsvarianten anwenden darf. Insoweit ist daher ein ernährungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von 40,90 Euro monatlich angemessen und ausreichend. Von der Klägerin zusätzlich geltend gemachte Kosten für Therapien und Krankenbehandlungen begründen hingegen keinen weiteren Mehrbedarf, weil diese Aufwendungen Kosten der allgemeinen Lebensführung darstellen, die im Regelbedarf enthalten und daher aus diesem zu bestreiten sind (§ 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Als Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 35 SGB XII) hat die Klägerin unter Berücksichtigung der vom Gericht angeforderten und von ihr vorgelegten Unterlagen einen Betrag in Höhe von 297,70 Euro monatlich plausibel dargelegt. Dieser Betrag setzt sich aus folgenden Kosten zusammen: - Wartung des Heizkessels in Höhe von 7,87 Euro monatlich (vgl. Rechnung über die Wartung des Gasbrennwertheizkessels vom 8. Dezember 2015 über 95,45 Euro einmalig), - Heizkosten in Höhe von 159,00 Euro monatlich (vgl. Verbrauchsabrechnung über Erdgas vom 19. Oktober 2016 über monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 159,00 Euro ab November 2016), - Wohngebäudeversicherungsbeitrag in Höhe von 23,06 Euro monatlich (vgl. Beitragsrechnung über Wohngebäudeversicherung vom 17. Dezember 2014 über 276,78 Euro jährlich), - Grundsteuern in Höhe von 24,75 Euro monatlich (vgl. Grundsteuerabgabenbescheid vom 1. August 2016 über 296,99 Euro jährlich), - Abfallgebühren in Höhe von 15,44 Euro monatlich (vgl. Abfallgebührenbescheid vom 29. Januar 2016 über vierteljährliche Abschlagszahlungen in Höhe von 46,32 Euro ab Mai 2016), - Abwassergebühren in Höhe von 24,00 Euro monatlich (vgl. Abwassergebührenbescheid vom 29. Februar 2016 über vierteljährliche Abschlagszahlungen in Höhe von 72,00 Euro ab Mai 2016), - Trinkwasserentgelt in Höhe von 37,00 Euro monatlich (vgl. Trinkwassergebührenbescheid vom 26. August 2016 über monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 37,00 Euro ab Oktober 2016) und - Schornsteinreinigung in Höhe von 6,58 Euro monatlich (vgl. Schornsteinfegerrechnung vom 25. Oktober 2011 über 78,93 Euro einmalig). Die von der Klägerin nachgewiesenen Kosten für die Haushaltsenergie (Stromkostenrechnung vom 31. Mai 2016) in Form von monatlichen Abschlagszahlungen in Höhe von 53,00 Euro seit Juli 2016 können nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei nicht um Unterkunftskosten, sondern um Kosten der allgemeinen Lebensführung handelt, die im Regelbedarf enthalten und daher aus diesem zu bestreiten sind (§ 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Der sozialhilferechtliche Bedarf der Klägerin beläuft sich daher ab Januar 2017 auf einen Betrag in Höhe von 747,60 Euro monatlich.
Als bedarfsminderndes Einkommen (§ 43 SGB XII) sind zu Grunde zu legen die Nettorenten der Klägerin, weil die Bruttorenten einkommensmindernd ohnehin um die Pflichtbei-träge zur Sozialversicherung (also die Beiträge zur Krankenversicherung und der Pflegeversicherung) zu bereinigen sind (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII). Die Nettorenten (= monatliche Rentenzahlbeträge) der Klägerin belaufen sich ab Januar 2017 auf folgende Beträge:
- Regelaltersrente: 1.187,10 Euro monatlich und - große Witwenrente: 627,85 Euro monatlich. Dies ergibt ein monatliches Nettogesamteinkommen in Höhe von 1.814,95 Euro.
Von diesem monatlichen Nettoeinkommen sind weitere Absetzungen vorzunehmen, und zwar für Beträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII). Diesbezüglich hat die Klägerin unter Berücksichtigung der vom Gericht angeforderten und von ihr vorgelegten Unterlagen angemessene monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 49,06 Euro plausibel nachgewiesen. Dieser Betrag setzt sich aus folgenden Versicherungsbeiträgen zusammen: - Versicherungsbeitrag für eine Hausratversicherung in Höhe von 4,69 Euro monatlich (vgl. Versicherungsbeitragsrechnung der Y ... vom 14. Juni 2016 über einen jährlichen Hausratversicherungsbeitrag in Höhe von 56,26 Euro ab August 2016), - Versicherungsbeitrag für eine allgemeine Haftpflichtversicherung in Höhe von 4,08 Euro monatlich (vgl. Versicherungspolice der L ... vom 4. Juni 2012 über einen jährlichen Haftpflichtversicherungsbeitrag in Höhe von 49,00 Euro ab Dezember 2012), - Versicherungsbeitrag für eine Unfallversicherung in Höhe von 10,24 Euro monatlich (vgl. Versicherungsbeitragsrechnung der Y ... vom 16. Februar 2016 über einen monatlichen Unfallversicherungsbeitrag in Höhe von 10,24 Euro ab März 2016), - Versicherungsbeitrag für eine Sterbegeldversicherung in Höhe von 30,05 Euro monatlich (vgl. Versicherungsschreiben der LV 1871 von November 2016 über einen monatlichen Sterbegeldversicherungsbeitrag in Höhe von 30,05 Euro monatlich ab November 2016). Nicht als einkommensmindernde Absetzungen anerkannt werden können die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für die Kraftfahrzeughaftpflicht- und Kaskoversicherung in Höhe von 16,97 Euro monatlich (vgl. Versicherungsbeitragsrechnung der Y ... vom 30. November 2015 über einen jährlichen Kraftfahrzeughaftpflicht- und Kaskoversicherungsbeitrag in Höhe von 203,65 Euro ab Januar 2016). Denn im SGB XII fehlt der den Abzug rechtfertigende Zusammenhang zwischen der Vermögensprivilegierung eines angemessenen Kraftfahrzeuges und dem dadurch ausgelösten Kostendruck, der gegebenenfalls zur Aufgabe des als typisierend für die Arbeitssuche und -aufnahme als sinnvoll erachteten Kraftfahrzeuges führen könnte. Anders als nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II) stellt ein Kraftfahrzeug in der Sozialhilfe keinen besonders bestandsgeschützten Vermögensgegenstand dar, so dass es allenfalls unter Härtefallgesichtspunkten (§ 90 Abs. 3 SGB XII) von einer Verwertung zur Selbsthilfe ausgeschlossen sein kann. Dieses Ergebnis kann auch nicht dadurch konterkariert werden, dass die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung generell als sonstige angemessene private Versicherung oder als notwendige Ausgabe im Sinne des § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII gesehen wird (so zutreffend: Schmidt in: Schlegel/Voelzke, JURIS-Praxiskommentar zum SGB XII, 2. Auflage 2014, § 82, RdNr. 73). Ist die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung demnach grundsätzlich keine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung im Sinne des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII, kommt eine Berücksichtigung der Beiträge über die Öffnungsklausel des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII nur noch in Betracht, wenn mit der Zahlung sozialhilferechtlich anerkannte Zwecke verfolgt werden, etwa weil die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Fall von Krankheit oder Behinderung eines Mitglieds der Einstandsgemeinschaft nicht möglich oder unzumutbar ist (BSG, Urteil vom 18. März 2008 - B 8/9b SO 11/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19-23). Derartige außergewöhnliche Umstände sind von der Klägerin weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich. Im Übrigen würde sich auch kein anderes Resultat im streitgegenständlichen Zusammenhang ergeben, wenn der Kfz-Haftpflichtbeitrag einkommensmindernd berücksichtigt werden würde.
Das bereinigte sozialhilferechtlich relevante und einsatzbereite Nettoeinkommen der Klägerin ab Januar 2017 beträgt demnach 1.765,89 Euro monatlich.
Die Gegenüberstellung des monatlichen Bedarfs (747,60 Euro) und des einsatzbereiten Einkommens (1.765,89 Euro) belegt damit, dass der Klägerin auch aktuell ein die Sozialhilfebedürftigkeit übersteigendes Einkommen in Höhe von 1.018,29 Euro zur Verfügung steht. Aus diesem Grund ist die monatliche Verrechnung von 200,00 Euro unter keinem relevanten Aspekt zu beanstanden.
Tatsächliche Einkommens- oder Bedarfsveränderungen kann die Klägerin im Übrigen jederzeit sowohl mit einer sog. hypothetischen Bedarfsbescheinigung des Sozialamtes oder mit den konkrete Einnahmen- und Ausgabenunterlagen nachweisen. Die Beklagte wird diese nachgewiesenen Veränderungen bei einer tatsächlich durchgeführten Verrechnung, die bislang nicht vollzogen wird, berücksichtigen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verrechnung einer Forderung der Beigeladenen aus einer Bürgschaft in Höhe von 144.876,46 Euro mit einem Teilanspruch der Klägerin auf die von der Beklagten gezahlte Altersrente in Höhe von 200,00 Euro monatlich ab 1. Januar 2014.
Die 1941 geborene Klägerin war, neben zwei weiteren Personen (W ... und K ...), Geschäftsführerin der Z ... Bau GmbH. Aus der Zeit der Geschäftstätigkeit der Z ... Bau GmbH vom 1. August 1992 bis 31. Januar 1993 resultierten Forderungen der beigeladenen Krankenkasse in Form von Beiträgen, Umlagebeiträgen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz, Säumniszuschlägen, Kosten, Gebühren und Zinsen in Höhe von 477.374,51 DM. Über diesen Betrag schloss die beigeladene Krankenkasse am 10. März 1993 mit der Z ... Bau GmbH, unter anderem vertreten durch die Klägerin, einen Schuldanerkenntnis- und Ratenzahlungsvertrag. Zugleich übernahm die Klägerin am 10. März 1993 (ebenso die weiteren Geschäftsführer) für den anerkannten Anspruch zu Gunsten der beigeladenen Krankenkasse eine selbstschuldnerische Bürgschaft, beschränkt auf einen Betrag in Höhe von 400.000,00 DM. Über das Vermögen der Z ... Bau GmbH wurde das Gesamtvollstreckungsverfahren am 15. Juni 1993 eröffnet und am 21. Mai 2013 mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Vermögensmasse eingestellt (Verfahren des Amtsgerichts Dresden -Insolvenzgericht- zum Aktenzeichen: 542 IN 201/93). Die beigeladene Krankenkasse ließ sich die Forderungen gegenüber der Klägerin (sowie den weiteren Geschäftsführern) in mehreren Zivilrechtsstreiten titulieren. Gegenüber der Klägerin resultiert daraus ein Gesamtbetrag in Höhe von 144.876,46 Euro. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus: 1. der Forderung aus dem rechtskräftigen Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 6. Mai 1998 (im Verfahren 13 U 3077/97) in Höhe von 132.471,52 DM und 158.127,17 DM (jeweils nebst vier Prozent Zinsen seit 1. September 1995) = 148.580,75 Euro, 2. der Forderung aus dem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts G ... vom 15. Oktober 1998 (im Verfahren 4 O 517/96) in Höhe von 7.092,61 DM und 10.547,06 DM (jeweils nebst vier Prozent Zinsen ab 30. Juni 1998) = 9.019,02 Euro, 3. abzüglich der Quotenzahlung aus dem Gesamtvollstreckungsverfahren in Höhe von 12.673,31 Euro sowie 4. abzüglich einer einmaligen Ratenzahlung der Klägerin am 30. Oktober 2013 über einen Betrag in Höhe von 50,00 Euro.
Die Klägerin bezog von der Beklagten vom 24. August 1995 bis 30. Juni 2006, zunächst befristet, ab Dezember 1999 unbefristet, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Seit 1. Juli 2006 bezieht sie von der Beklagten Regelaltersrente (in Höhe eines damaligen Zahlbetrags von 925,33 Euro monatlich). Seit 1. Juni 2012 bezieht sie von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland zusätzlich eine große Witwenrente (in Höhe eines damaligen Zahlbetrages von 566,42 Euro monatlich).
Mit Verrechnungsersuchen vom 9. Oktober 2000 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte zur Verrechnung der Forderungen aus der Bürgschaft. Mit Schreiben vom 16. Januar 2001 stellte die Beigeladene das Verrechnungsersuchen bis zum Abschluss des Gesamtvollstreckungsverfahrens ruhend und erneuerte es mit Verrechnungsersuchen vom 27. März 2013 (nach Einstellung des Gesamtvollstreckungsverfahrens). Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 27. Juni 2013 um Konkretisierung des Verrechnungsersuchens gebeten hatte, nahm die Beigeladene diese Konkretisierung mit Schreiben vom 16. August 2013 in Höhe von 144.926,46 Euro vor und verzichtete bei der Verrechnung auf die Zinsen.
Nach Einholung von Auskünften zu den aktuellen Rentenzahlbeträgen (Regelaltersrente ab 1. Juli 2013 in Höhe von 1.028,32 Euro monatlich und große Witwenrente ab 1. Juli 2013 in Höhe von 584,40 Euro monatlich), Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 23. August 2013 und Vorlage einer Sozialhilfebedarfsbescheinigung der Klägerin vom Landkreis G ... vom 24. Oktober 2013 (Bedarf: 593,24 Euro; anrechenbares Nettoeinkommen: 1.591,19 Euro; übersteigendes Einkommen: 997,95 Euro), setzte die Beklagte die Verrechnung mit Bescheid vom 30. Oktober 2013 gegenüber der Klägerin fest: Die Altersrente der Klägerin werde ab 1. Januar 2014 in Höhe von 395,47 Euro monatlich, dem derzeit bei einem Nettoeinkommen in Höhe von 1.612,72 Euro pfändbaren Betrag, zugunsten der Forderung der Beigeladenen verrechnet. Nachdem die Beigeladene, nach einem Gespräch mit der Klägerin am 2. November 2013, gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 12. November 2013 ankündigte, voraussichtlich auf einen Teil der Forderung zu verzichten und um Verrechnung in Höhe eines Betrages von lediglich 200,00 Euro monatlich bat, hob die Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2013 den Bescheid vom 30. Oktober 2013 hinsichtlich der Höhe des zu verrechnenden Betrages von 395,47 Euro monatlich auf und setzte die Verrechnung gegenüber der Klägerin neu fest: Die Altersrente der Klägerin werde ab 1. Januar 2014 in Höhe von 200,00 Euro monatlich, den Betrag auf den sich die Klägerin mit der Beigeladenen geeinigt habe, zugunsten der Forderung der Beigeladenen verrechnet.
Die gegen die Verrechnungsbescheide mit Schreiben der Klägerin vom 13. November 2013 und 7. Dezember 2013 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Verrechnung sei rechtmäßig und zulässig, da ein wirksames Verrechnungsersuchen der Beigeladenen vorliege, die Pfändungsfreigrenzen beachtet worden seien und Sozialhilfebedürftigkeit durch die Verrechnung nicht eintrete. Die Verrechnung sei in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und unter Durchführung einer Interessensabwägung bereits gemäß der Mitteilung der Beigeladenen vom 12. November 2013 mit Bescheid vom 15. November 2013 auf den Betrag in Höhe von 200,00 Euro monatlich reduziert worden.
Mit der am 24. Januar 2014 erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, sie könne keine 200,00 Euro monatlich bezahlen, da sie ihre Töchter, die wegen vier Kindern bzw. wegen einer Epilepsieerkrankung nicht arbeiten könnten, unterstützen müsse, ein nicht akzeptabel veräußerbares Grundstück am Tagebaurand in N ... unterhalten müsse, wegen multipler eigener Erkrankungen (chronische Pankreatitis mit exogener Pankreasinsuffizienz und Morbus Chron) einen erheblichen finanziellen Aufwand für entsprechende Ernährung habe, an Vergesslichkeit leide und Handwerker- und Dienstleistungsrechnungen bezahlen müsse.
Nach Beiladung der verrechnenden Krankenkasse mit Beschluss vom 3. Juli 2014 hat das Sozialgericht Dresden die Klage mit Urteil vom 9. September 2015 abgewiesen. Die Verrechnung sei zulässig, hinreichend bestimmt, ermessensfehlerfrei und führe nicht zur Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin, wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ausgeführt habe. Die behaupteten Zahlungen der Klägerin an ihre Töchter würden keine gesetzlichen Unterhaltspflichtzahlungen darstellen und seien daher nicht beachtlich. Die Beklagte habe von der Bedarfsbescheinigung des Landkreises G ... vom 24. Oktober 2013 ausgehen dürfen. Selbst wenn man den doppelten Mietanteil in Höhe von 422,28 Euro anstatt des in der Bedarfsbescheinigung ausgewiesenen Mietanteils in Höhe von 211,14 Euro in Abzug bringe, verbleibe für die Klägerin ein den Bedarf überschreitender Betrag in Höhe von 786,71 Euro monatlich. Die Verrechnung von 200,00 Euro monatlich sei insgesamt angemessen. Einen krankheitsbedingten Ernährungsmehrbedarf habe sie nicht nachgewiesen.
Gegen das am 21. September 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. Oktober 2015 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Nach Aussage ihrer Rechtsanwältin sei sie die Betrogene. Sie mache weiterhin einen krankheitsbedingten Mehrbedarf für Ernährung und Therapie wegen einer Hirnatrophie mit nachlassender Merkfähigkeit, leichter Demenz und chronisch zunehmenden Kopfschmerzen geltend.
Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. September 2015 sowie den Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Verrechnungsabänderungsbescheides vom 15. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Das Gericht hat von der Klägerin, der Beklagten und der Beigeladenen Unterlagen angefordert und Auskünfte eingeholt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Mai 2014 in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, weil sie in der Terminsmitteilung vom 10. Januar 2017 auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage mit Urteil vom 9. September 2015 zu Recht abgewiesen hat. Der Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Verrechnungsabänderungsbescheides vom 15. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte ist wegen der in den Verrechnungsersuchen der Beigeladenen vom 9. Oktober 2000, 27. März 2013, 16. August 2013 und 12. November 2013 enthaltenen Ermächtigungen berechtigt, die offenen Forderungen der Beigeladenen gegen die Klägerin mit der bezogenen Regelaltersrente in Höhe von 200,00 Euro monatlich ab 1. Januar 2014 zu verrechnen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die zutreffenden Gründe im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Übrigen sind lediglich folgende Ergänzungen veranlasst:
Nach § 52 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger (hier die Beklagte) mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers (hier der Beigeladenen), dessen Ansprüche gegen den Berechtigten (hier die offenen und titulierten Forderungen aus der Bürgschaftsübernahmeerklärung vom 10. März 1993) mit der ihm obliegenden Geldleistung (hier der Regelaltersrente) verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger (hier die Beklagte) Ansprüche auf Geldleistungen (hier die Regelaltersrente) des Berechtigten (hier der Klägerin) gegen Ansprüche aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Nach § 54 Abs. 2 SGB I können Ansprüche auf einmalige Geldleistungen nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht. Im Übrigen können Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden.
Die Voraussetzungen der §§ 52, 51 Abs. 2, 54 Abs. 4 SGB I liegen vor:
1. Die Beigeladene hat die Beklagte mit den Verrechnungsersuchen vom 9. Oktober 2000, 27. März 2013, 16. August 2013 und 12. November 2013 wirksam zur Verrechnung ermächtigt. Diese Ermächtigungserklärung ist auch hinreichend substantiiert, nämlich nach Art und Umfang der Forderung hinsichtlich Rechtsgrund, Entstehungszeitpunkt, Fälligkeit und Durchsetzbarkeit genau bezeichnet (vgl. zu diesem Erfordernis: BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 60/02 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26 und 27), so dass die Beklagte eine substantiierte Verrechnungserklärung abgeben konnte. Im Einzelnen sind in der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen folgende Einzelforderungen konkret ausgewiesen:
Forderung Höhe Fälligkeit Rechtsgrund aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 6. Mai 1998 (im Verfahren 13 U 3077/97) 132.471,52 DM + 158.127,17 DM = 148.580,75 Euro spätestens seit 1. Januar 1999 rechtskräftiger Beschluss
aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts G ... vom 15. Oktober 1998 (im Verfahren 4 O 517/96) 7.092,61 DM + 10.547,06 DM = 9.019,02 Euro spätestens seit 1. Januar 1999 rechtskräftiger Beschluss = 157.599,77 Euro abzüglich: Quotenzahlung aus dem Gesamtvollstreckungsverfahren 12.673,31 Euro Ratenzahlung der Klägerin am 30. Oktober 2013 50,00 Euro = 144.876,46 Euro
Die Ermächtigung bezieht sich auf die rechtskräftig festgestellten Forderungen der Beigeladenen aus der Bürgschaftsübernahmeerklärung der Klägerin. Soweit die Klägerin im anhängigen Verrechnungsverfahren wiederholt Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Forderungen der Beigeladenen vorbringt, etwa in der Form, ihre Rechtsanwältin habe ihr gesagt, sie sei die Betrogene, oder in der Form, sie sei im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme keine Geschäftsführerin mehr bzw. wegen eines Nervenzusammenbruchs nicht zurechnungsfähig gewesen, ist darauf hinzuweisen, dass sie mit diesen Einwendungen wegen der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidungen nicht mehr gehört werden kann.
2. Die Beklagte hat bei der durch Bescheid vom 30. Oktober 2013 in der Fassung des Bescheides vom 15. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2014 vorgenommenen Verrechnung mit dem Verwaltungsakt im Sinne von § 31 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die zutreffende Handlungsform für die Verrechnung gewählt. Es handelt sich um die Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber dem Leistungsberechtigten, gebunden an die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens. Aus der Regelung in § 24 Abs. 2 Nr. 7 SGB X, nach der von einer Anhörung abgesehen werden kann, wenn gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70,00 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll, folgt, dass auch der Gesetzgeber von der Verwaltungsaktqualität der Verrechnung ausgegangen ist (BSG, Vorlagebeschluss vom 25. Februar 2010 - B 13 R 76/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19 und 20). Inzwischen hat auch der Große Senat des Bundessozialgerichts (BSG) mit Beschluss vom 31. August 2011 (GS 2/10) verbindlich entschieden, dass der Leistungsträger die Rechtsfolgen einer einseitig gegenüber dem originär Sozialleistungsberechtigten durchgeführten Verrechnung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen mit ihm obliegenden Geldleistungen nach § 52 SGB I durch Verwaltungsakt regeln darf.
3. Die Verrechnung wahrt auch die einzuhaltenden Pfändungsgrenzen. Da die Beklagte gegen eine laufenden Geldleistung, nämlich die monatlich wiederkehrend ausgezahlte Regelaltersrente, verrechnet, waren lediglich die für Arbeitseinkommen geltenden Pfändungsgrenzen einzuhalten (§§ 51 Abs. 1, 54 Abs. 4 SGB I). Die Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen nach § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO) belaufen sich, ausgehend von dem Nettoeinkommen der Klägerin und unter Berücksichtigung dessen, dass der Klägerin keine gesetzlichen Unterhaltspflichten (etwa für minderjährige Kinder) obliegen, auf folgende Beträge:
Zeitraum Nettoeinkommen pfändbarer Betrag 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2015 1.612,72 Euro (= Regelaltersrente: 1.028,32 Euro + große Witwenrente: 584,40 Euro) 395,47 Euro seit 1. Juli 2015 1.720,68 Euro (= Regelaltersrente: 1.125,44 Euro + große Witwenrente: 595,24 Euro) 452,28 Euro
4. Die Beklagte hat die Verrechnung auch ermessensfehlerfrei vorgenommen.
Sie hat in den Verrechnungsbescheiden vom 30. Oktober 2013 und 15. November 2013 sowie im Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2014 das Interesse der Klägerin am Erhalt der gesamten Rentenleistung gegen das öffentliche Interesse an der sachgerechten Verwendung der Mittel der Versichertengemeinschaft abgewogen und dabei Letzterem den Vorrang eingeräumt. Dies ist mit Blick auf die vom Gericht nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vorzunehmende Prüfung lediglich auf Ermessensfehler nicht zu beanstanden. Im Übrigen hat die Beklagte die von der Klägerin während des Verfahrens vorgetragenen Umstände abgewogen und die sowohl auf Grund der Anhörung als auch im Rahmen des Widerspruchs von der Klägerin vorgebrachten Gründe in ihre Entscheidung eingestellt, was sich auch im Übrigen aus den im Widerspruchsbescheid ausgeführten Gründen ergibt.
Insbesondere hat die Beklagte den pfändbaren Betrag in Höhe von 395,47 Euro monatlich zu Gunsten der Klägerin bereits auf eine geringere Summe, entsprechend der Mitteilung der Beigeladenen vom 12. November 2013, in Höhe von 200,00 Euro monatlich beschränkt.
Eine noch weitergehende Einschränkung des Betrages im Rahmen des auszuübenden Ermessens der §§ 52, 51 Abs. 1 SGB I etwa im Hinblick darauf, dass bei Anwendung der Pfändungsgrenzen nach § 850c ZPO der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) oder des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II) nicht gedeckt ist, kann im vorliegenden Fall nicht konstatiert werden.
Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgelegte sog. hypothetische Bedarfsbescheinigung des Sozialamtes des Landkreises G ... vom 24. Oktober 2013 berücksichtigt. Aus dieser geht hervorgeht, dass das Nettoeinkommen der Klägerin in Höhe von 1.591,19 Euro (ausgehend von den Nettorentenzahlbeträgen in Höhe von 1.028,32 Euro monatlich und 584,40 Euro monatlich abzüglich anteiliger Beträge für Hausrat-, Haftpflicht- und Unfallversicherung in Höhe von 4,46 Euro, 4,08 Euro und 12,99 Euro jeweils monatlich) den sozialhilferechtlichen Bedarf der Klägerin in Höhe von 593,24 Euro (der sich aus einem Regelsatz für Alleinstehende in Höhe von 382,00 Euro monatlich und den nachgewiesenen Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 211,24 Euro monatlich zusammensetzt) um 997,95 Euro monatlich überschreitet. In Anbetracht dieser Berechnung führt die Verrechnung in Höhe von 200,00 Euro monatlich unter keinen in Betracht zu ziehenden Umständen zur Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin.
Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Bedarfslagen sowie der Einwendungen der Klägerin, ist ein anderes Ergebnis nicht im Ansatz zu erzielen:
Für die von der Beklagten in der Vergangenheit (seit 1. Januar 2014) tatsächlich nicht vorgenommenen Verrechnungen ist dabei zunächst darauf hinzuweisen, dass sich diese (monatlichen) Verrechnungen durch Zeitablauf erledigt haben, weil eine rückwirkende Einbehaltung ausgezahlter laufender Geldleistungen nicht mehr möglich ist (vgl. dazu dezidiert: Hessisches LSG, Urteil vom 8. April 2014 - L 2 R 526/11 - JURIS-Dokument, RdNr. 34). Vor diesem Hintergrund ist eine Prüfung der Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin (durch eine nicht vorgenommene Verrechnung) im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz überflüssig. Hilfebedürftigkeit in der Vergangenheit kann nicht mehr eintreten.
Hinsichtlich des in der Zukunft liegenden Verrechnungszeitraums (nach dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz am 14. Februar 2017) ist eine Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin gleichfalls nicht ersichtlich:
Der Regelbedarf (§§ 27a, 28 SGB XII) für die alleinstehende Klägerin beträgt ab Januar 2017 monatlich 409 Euro.
Ein von der Klägerin geltend gemachter Mehrbedarf wegen krankheitsbedingter Mehraufwendungen für Ernährung (§ 30 Abs. 5 SGB XII) kommt zwar nicht wegen der von ihr im Berufungsverfahren vorgetragenen Hirnatrophie mit nachlassender Merkfähigkeit, leichter Demenz und chronisch zunehmenden Kopfschmerzen in Betracht, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit diese Erkrankung die Nährstoffaufnahme und Nährstoffzufuhr zu beeinflussen geeignet sein soll. Hinsichtlich der mit ärztlichem Attest vom 14. März 2015 nachgewiesenen Erkrankungen in Form der chronischen Pankreatitis mit exokriner Pankreasinsuffizienz, Morbus Chron, chronischer Pyelonephritis und Hyperlipidämie ist jedoch zumindest in Bezug auf den Morbus Chron, einer konsumierenden / verzehrenden Erkrankung des Magen-Darmtraktes mit Neigung zur Bildung von Fisteln und Verengungen, nach den Ernährungsempfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge neben der Aufteilung der Nahrung auf fünf bis sieben kleinere Mahlzeiten pro Tag, Meidung fettiger Nahrung und Ernährung mit gesunder Vollkost, ein ernährungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von bis zu zehn Prozent des Eckregelsatzes als krankheitsbedingt zu veranschlagen (vgl. dazu auch: Bayerisches LSG, Urteil vom 10. August 2011 - L 16 AS 403/09 - JURIS-Dokument, RdNr. 32-39). Im Fall der Klägerin ist dabei zu berücksichtigen, dass nach dem ärztlichen Attest von Dipl.-Med. Lüthke vom 14. März 2015 die Erkrankung der Klägerin zu einem Defizit an Verdauungssäften führt und sie lediglich bestimmte Speisen und Getränke zu sich nehmen sowie nur besondere Zubereitungsvarianten anwenden darf. Insoweit ist daher ein ernährungsbedingter Mehrbedarf in Höhe von 40,90 Euro monatlich angemessen und ausreichend. Von der Klägerin zusätzlich geltend gemachte Kosten für Therapien und Krankenbehandlungen begründen hingegen keinen weiteren Mehrbedarf, weil diese Aufwendungen Kosten der allgemeinen Lebensführung darstellen, die im Regelbedarf enthalten und daher aus diesem zu bestreiten sind (§ 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Als Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 35 SGB XII) hat die Klägerin unter Berücksichtigung der vom Gericht angeforderten und von ihr vorgelegten Unterlagen einen Betrag in Höhe von 297,70 Euro monatlich plausibel dargelegt. Dieser Betrag setzt sich aus folgenden Kosten zusammen: - Wartung des Heizkessels in Höhe von 7,87 Euro monatlich (vgl. Rechnung über die Wartung des Gasbrennwertheizkessels vom 8. Dezember 2015 über 95,45 Euro einmalig), - Heizkosten in Höhe von 159,00 Euro monatlich (vgl. Verbrauchsabrechnung über Erdgas vom 19. Oktober 2016 über monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 159,00 Euro ab November 2016), - Wohngebäudeversicherungsbeitrag in Höhe von 23,06 Euro monatlich (vgl. Beitragsrechnung über Wohngebäudeversicherung vom 17. Dezember 2014 über 276,78 Euro jährlich), - Grundsteuern in Höhe von 24,75 Euro monatlich (vgl. Grundsteuerabgabenbescheid vom 1. August 2016 über 296,99 Euro jährlich), - Abfallgebühren in Höhe von 15,44 Euro monatlich (vgl. Abfallgebührenbescheid vom 29. Januar 2016 über vierteljährliche Abschlagszahlungen in Höhe von 46,32 Euro ab Mai 2016), - Abwassergebühren in Höhe von 24,00 Euro monatlich (vgl. Abwassergebührenbescheid vom 29. Februar 2016 über vierteljährliche Abschlagszahlungen in Höhe von 72,00 Euro ab Mai 2016), - Trinkwasserentgelt in Höhe von 37,00 Euro monatlich (vgl. Trinkwassergebührenbescheid vom 26. August 2016 über monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 37,00 Euro ab Oktober 2016) und - Schornsteinreinigung in Höhe von 6,58 Euro monatlich (vgl. Schornsteinfegerrechnung vom 25. Oktober 2011 über 78,93 Euro einmalig). Die von der Klägerin nachgewiesenen Kosten für die Haushaltsenergie (Stromkostenrechnung vom 31. Mai 2016) in Form von monatlichen Abschlagszahlungen in Höhe von 53,00 Euro seit Juli 2016 können nicht berücksichtigt werden, da es sich hierbei nicht um Unterkunftskosten, sondern um Kosten der allgemeinen Lebensführung handelt, die im Regelbedarf enthalten und daher aus diesem zu bestreiten sind (§ 27a Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Der sozialhilferechtliche Bedarf der Klägerin beläuft sich daher ab Januar 2017 auf einen Betrag in Höhe von 747,60 Euro monatlich.
Als bedarfsminderndes Einkommen (§ 43 SGB XII) sind zu Grunde zu legen die Nettorenten der Klägerin, weil die Bruttorenten einkommensmindernd ohnehin um die Pflichtbei-träge zur Sozialversicherung (also die Beiträge zur Krankenversicherung und der Pflegeversicherung) zu bereinigen sind (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII). Die Nettorenten (= monatliche Rentenzahlbeträge) der Klägerin belaufen sich ab Januar 2017 auf folgende Beträge:
- Regelaltersrente: 1.187,10 Euro monatlich und - große Witwenrente: 627,85 Euro monatlich. Dies ergibt ein monatliches Nettogesamteinkommen in Höhe von 1.814,95 Euro.
Von diesem monatlichen Nettoeinkommen sind weitere Absetzungen vorzunehmen, und zwar für Beträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII). Diesbezüglich hat die Klägerin unter Berücksichtigung der vom Gericht angeforderten und von ihr vorgelegten Unterlagen angemessene monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 49,06 Euro plausibel nachgewiesen. Dieser Betrag setzt sich aus folgenden Versicherungsbeiträgen zusammen: - Versicherungsbeitrag für eine Hausratversicherung in Höhe von 4,69 Euro monatlich (vgl. Versicherungsbeitragsrechnung der Y ... vom 14. Juni 2016 über einen jährlichen Hausratversicherungsbeitrag in Höhe von 56,26 Euro ab August 2016), - Versicherungsbeitrag für eine allgemeine Haftpflichtversicherung in Höhe von 4,08 Euro monatlich (vgl. Versicherungspolice der L ... vom 4. Juni 2012 über einen jährlichen Haftpflichtversicherungsbeitrag in Höhe von 49,00 Euro ab Dezember 2012), - Versicherungsbeitrag für eine Unfallversicherung in Höhe von 10,24 Euro monatlich (vgl. Versicherungsbeitragsrechnung der Y ... vom 16. Februar 2016 über einen monatlichen Unfallversicherungsbeitrag in Höhe von 10,24 Euro ab März 2016), - Versicherungsbeitrag für eine Sterbegeldversicherung in Höhe von 30,05 Euro monatlich (vgl. Versicherungsschreiben der LV 1871 von November 2016 über einen monatlichen Sterbegeldversicherungsbeitrag in Höhe von 30,05 Euro monatlich ab November 2016). Nicht als einkommensmindernde Absetzungen anerkannt werden können die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für die Kraftfahrzeughaftpflicht- und Kaskoversicherung in Höhe von 16,97 Euro monatlich (vgl. Versicherungsbeitragsrechnung der Y ... vom 30. November 2015 über einen jährlichen Kraftfahrzeughaftpflicht- und Kaskoversicherungsbeitrag in Höhe von 203,65 Euro ab Januar 2016). Denn im SGB XII fehlt der den Abzug rechtfertigende Zusammenhang zwischen der Vermögensprivilegierung eines angemessenen Kraftfahrzeuges und dem dadurch ausgelösten Kostendruck, der gegebenenfalls zur Aufgabe des als typisierend für die Arbeitssuche und -aufnahme als sinnvoll erachteten Kraftfahrzeuges führen könnte. Anders als nach dem Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II) stellt ein Kraftfahrzeug in der Sozialhilfe keinen besonders bestandsgeschützten Vermögensgegenstand dar, so dass es allenfalls unter Härtefallgesichtspunkten (§ 90 Abs. 3 SGB XII) von einer Verwertung zur Selbsthilfe ausgeschlossen sein kann. Dieses Ergebnis kann auch nicht dadurch konterkariert werden, dass die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung generell als sonstige angemessene private Versicherung oder als notwendige Ausgabe im Sinne des § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII gesehen wird (so zutreffend: Schmidt in: Schlegel/Voelzke, JURIS-Praxiskommentar zum SGB XII, 2. Auflage 2014, § 82, RdNr. 73). Ist die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung demnach grundsätzlich keine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung im Sinne des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII, kommt eine Berücksichtigung der Beiträge über die Öffnungsklausel des § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XII nur noch in Betracht, wenn mit der Zahlung sozialhilferechtlich anerkannte Zwecke verfolgt werden, etwa weil die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Fall von Krankheit oder Behinderung eines Mitglieds der Einstandsgemeinschaft nicht möglich oder unzumutbar ist (BSG, Urteil vom 18. März 2008 - B 8/9b SO 11/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19-23). Derartige außergewöhnliche Umstände sind von der Klägerin weder vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich. Im Übrigen würde sich auch kein anderes Resultat im streitgegenständlichen Zusammenhang ergeben, wenn der Kfz-Haftpflichtbeitrag einkommensmindernd berücksichtigt werden würde.
Das bereinigte sozialhilferechtlich relevante und einsatzbereite Nettoeinkommen der Klägerin ab Januar 2017 beträgt demnach 1.765,89 Euro monatlich.
Die Gegenüberstellung des monatlichen Bedarfs (747,60 Euro) und des einsatzbereiten Einkommens (1.765,89 Euro) belegt damit, dass der Klägerin auch aktuell ein die Sozialhilfebedürftigkeit übersteigendes Einkommen in Höhe von 1.018,29 Euro zur Verfügung steht. Aus diesem Grund ist die monatliche Verrechnung von 200,00 Euro unter keinem relevanten Aspekt zu beanstanden.
Tatsächliche Einkommens- oder Bedarfsveränderungen kann die Klägerin im Übrigen jederzeit sowohl mit einer sog. hypothetischen Bedarfsbescheinigung des Sozialamtes oder mit den konkrete Einnahmen- und Ausgabenunterlagen nachweisen. Die Beklagte wird diese nachgewiesenen Veränderungen bei einer tatsächlich durchgeführten Verrechnung, die bislang nicht vollzogen wird, berücksichtigen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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