Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 7 KR 550/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 185/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Krankenversicherung - Kostenerstattung für Hyperthermie-Therapien bzw. eine "intensiv-biologische Krebstherapie" - Alternativbehandlung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung nach dem Beschluss des BVerfG vom 6. November 2005 - Versicherter in Palliativsituation
1. Bietet die Schulmedizin bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung nur noch eine palliative Therapie an, weil sie jede Möglichkeit kurativer Behandlung als aussichtslos erachtet, kommt eine aus Verfassungsgründen aufgrund einer notstandsähnlichen Situation zu erbringende Alternativbehandlung nur dann in Betracht, wenn die auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinaus reichenden Erfolg im Sinne einer Heilung oder wenigstens einer positiven Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 1 BvR 2045/12 – juris Rn. 15, und BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 32).
2. Ob Indizien in diesem Sinne vorliegen, richtet sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft. Für die Kosten experimenteller Behandlungen aufgrund - ggf. auch wissenschaftlicher -
Hypothesen müssen die Krankenkassen nicht aufkommen.
3. Auch bei einer Alternativbehandlung in einer notstandsähnlichen Situation muss der Arzt konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen der Therapie nach dem voraussichtlich erreichbaren Behandlungsziel ermitteln, d.h. eine gewissenhafte Chancen-/Risikoabwägung durchführen.
1. Bietet die Schulmedizin bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung nur noch eine palliative Therapie an, weil sie jede Möglichkeit kurativer Behandlung als aussichtslos erachtet, kommt eine aus Verfassungsgründen aufgrund einer notstandsähnlichen Situation zu erbringende Alternativbehandlung nur dann in Betracht, wenn die auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinaus reichenden Erfolg im Sinne einer Heilung oder wenigstens einer positiven Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst besteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 1 BvR 2045/12 – juris Rn. 15, und BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 32).
2. Ob Indizien in diesem Sinne vorliegen, richtet sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft. Für die Kosten experimenteller Behandlungen aufgrund - ggf. auch wissenschaftlicher -
Hypothesen müssen die Krankenkassen nicht aufkommen.
3. Auch bei einer Alternativbehandlung in einer notstandsähnlichen Situation muss der Arzt konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen der Therapie nach dem voraussichtlich erreichbaren Behandlungsziel ermitteln, d.h. eine gewissenhafte Chancen-/Risikoabwägung durchführen.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 9. August 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt als Rechtsnachfolgerin ihrer am 6. November 2011 verstorbenen Großmutter die Übernahme der Kosten einer "intensiv-biolo-gischen Krebstherapie" nach Prof. Dr. C ..., die u.a. Ganzkörper- und Tiefen-Hyperthermie-Therapien umfasste.
Die 1939 geborene K ... A ... (nachfolgend: Versicherte) wurde im Zeitraum vom 12. Oktober 2010 bis 26. Oktober 2010 wegen eines zunehmenden Ikterus und Oberbauchbeschwerden im H ... Klinikum X ... vollstationär behandelt. Gemäß Arztbrief des Klinikums vom 26. Oktober 2010 ergab sich nach Durchführung diagnostischer Maßnahmen ein Verdacht auf ein cholangiozelluläres Karzinom mit Lebermetastasen, wobei die entnommenen Gewebeproben zunächst keinen pathologischen Befund zeigten. Die Versicherte wurde mit einem DHC-Stent versorgt, der im Rahmen eines erneuten stationären Aufenthalts vom 26. Ja¬nuar 2011 bis 28. Januar 2011 gewechselt wurde. Gemäß Arztbrief des Klinikums vom 23. Mai 2011 erfolgte schließlich ein vollstationärer Aufenthalt der Versicherten vom 14. Mai 2011 bis 20. Mai 2011 aus Anlass einer Arrosionsblutung, bei dem nach weiteren diagnostischen Maßnahmen ein bildgebend gesichertes cholangiozelluläres Karzinom mit Tumoreinbruch ins Duodenum festgestellt wurde; daneben waren eine Hepatitis-B-induzierte Leberzirrhose sowie ein insulinbedürftiger Diabetes mellitus Typ II diagnostiziert worden; der Verdacht auf Lebermetastasen bestätigte sich dagegen nicht. Therapeutisch erfolgte wiederum ein Wechsel des DHC-Stents. Aufgrund der Lage des Tumors, der Leberzirrhose und des schlechten Allgemeinzustands der Versicherten unterblieb eine Operation ebenso wie eine Chemotherapie. Die Versicherte wurde mit der Empfehlung eines erneuten Stentwechsels nach drei Monaten entlassen.
Nachdem die Versicherte aufgrund eigener Recherchen auf die (Privat-) Tagesklinik des Facharztes für Urologie Prof. Dr. C ... in C ... gestoßen war, führte ihre Tochter, die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dort am 16. Juni 2011 ein Vorgespräch durch. Prof. Dr. C ... nahm von ihr eine Kopie des Arztbriefs des H ... Klinikums X ... vom 26. Oktober 2010 entgegen sowie eine Kurzauskunft zu den Personalien der Versicherten, den Krankheiten ("Gallengangskarzinom, Tumor an der Bauchspeicheldrüse, Leberzirrhose, Diabetes Typ 2") und dem Grund des Kommens ("Suche nach alternativen Heilmethoden"). Ferner notierte er handschriftlich:
Pat. ist selbst nicht hier. Tochter möchte einen Rat haben. Unterlagen vorhanden. Erstgespräch: 16.6.2011 14 30: Diabetes mellitus! Test gemacht! Eingestellt! Icterus! endoskopiert. Gallengang zu! Stent eingelegt. Leberzirrhose; Stentwechsel ) TU-Bauchspeicheldrüse! Bluttransfusion! Gelbsucht weg. &61638; schulmedizinische Maßnahme! &61638; Schmerzen. Essen normal; Fettstuhl; Creon Einnahme
Unter dem 23. Juni 2011 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer "intensiv-biologischen Krebstherapie" bei Prof. Dr. C ... – d.h. einer Ganzkörper- und Tiefen-Hyper¬thermie-Therapie kombiniert mit einer Colon-Hydro-Therapie und einer Arzneimitteltherapie (intravenös und oral, u.a. Mistelinfusionen, Peptide, Enzyme und Thymusextrakt) – in Höhe von ca. 12.000,00 EUR zuzüglich Fahrt- und Übernachtungskosten im Rahmen einer Einzelfallprüfung. Sie sei nicht bereit, die Erkrankung unaufhaltsam fortschreiten zu lassen, sondern wolle alle zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen ausschöpfen. Sie habe daher, weil es ihr zunehmend schlechter gehe, mit der Tagesklinik von Prof. Dr. C ... einen Termin vereinbart, um die Behandlung ab dem 27. Juni 2011 zu beginnen; die dort angebotene Therapie sei ihre "letzte Möglichkeit".
Mit Schreiben vom 23. Juni 2011 wies die Beklagte die Versicherte darauf hin, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Übernahme der Kosten der beabsichtigten Therapie in der Tagesklinik von Prof. Dr. C ... nicht erfolgen könne, da es sich um eine "reine Privatklinik" handele. Zur Prüfung, ob nach dem allgemein anerkannten medizinischen Stand Behandlungen der Erkrankung in einem zugelassenen Krankenhaus noch möglich seien, seien die Befunde an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen (MDK) weitergeleitet worden. Über das Ergebnis der Prüfung werde sie umgehend informieren. Das Schreiben sei als "Zwischenbescheid" anzusehen.
Am 27. Juni 2011 unterzeichnete die Versicherte in der Tagesklinik von Prof. Dr. C ... nach ihrer Anreise einen Behandlungsvertrag und begann am 28. Juni 2011 mit der Behandlung, die im ersten Abschnitt bis zum 8. Juli 2011 andauerte. In den Behandlungsunterlagen von Prof. Dr. C ... wurden mit Datumsangabe die Ganzkörper-Hyper¬thermien und Tiefen-Hyper¬thermien jeweils mit einer Grad-Zahl, die Colon-Hydro-Therapien und die Infusionen mit Mengenangaben vermerkt. Ferner findet sich ein ärztlicher Eintrag: "27.6. Pat. berichtet über dunklen Stuhlgang. Beobachten!" Für diese im ersten Abschnitt erbrachten Leistungen rechnete Prof. Dr. C ... gegenüber der Versicherten am 3. Juli 2011 4.463,46 EUR und am 10. Juli 2011 weitere 4.577,28 EUR ab.
Unter dem 22. Juli 2011 reichte die Versicherte bei der Beklagten die beiden vorgenannten Rechnungen über 9.040,74 EUR sowie weitere Rechnungen über die von Prof. Dr. C ... rezeptierten Produkte in Höhe von 1.768,70 EUR ein (Helixor, Pascorbin, Pentaglobin, Gelum-Tropfen, Orthomol Immun, Selenase, Circulo Injeel, Cralonin, Frajosein, Wobe Mucos, Gluthathionkapseln, Thymo Glanduretten sowie Infusionsbesteck inklusive Trägerlösung). Dabei forderte sie die Erstattung dieser in Rechnung gestellten Kosten sowie der Übernachtungskosten in C ... in Höhe von 660,00 EUR gemäß § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Ferner teilte sie der Beklagten mit, dass sie am 25. Juli 2011 den zweiten Behandlungsabschnitt bei Prof. Dr. C ... beginnen werde.
Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme unter Verweis auf eine Stellungnahme des MDK ab. Dieser hatte unter dem 18. Juli 2011 erklärt, dass die von der Versicherten begehrten Therapien keine vertragsärztlichen Behandlungen seien und insbesondere die Hyperthermie-Therapie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) negativ beurteilt worden sei. Es handele sich um eine experimentelle Therapie, die nur in einem entsprechenden Studienzentrum durchgeführt werden sollte; dabei müsse zunächst durch ein onkologisches Konsil geklärt werden, ob eine positive Einflussnahme auf die bereits fortgeschrittene Tumorerkrankung überhaupt noch möglich sei und ob die Versicherte in eine laufende Studie aufgenommen werden könne. Es werde die Vorstellung in einer Klinik für Onkologie angeregt, die nach Prüfung des Falles einige der von Prof. Dr. C ... angebotenen Leistungen unter stationären Bedingungen im Rahmen einer geförderten Studie erbringen könne. Im Übrigen sei nur eine palliative Therapie durchführbar.
Am 26. August 2011 erhob die Versicherte Widerspruch. Es bestehe durchaus ein Anspruch auf Erstattung der durch die Behandlungen entstandenen Kosten. Deren Übernahme habe die Beklagte unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98) zu Unrecht abgelehnt. Es liege eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor und die allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Auch bestehe eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung durch die Behandlungen bei Prof. Dr. C ... oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Zum einen habe sich nach den Behandlungen ihr Wohlbefinden gebessert. Zum anderen sei ein Sonografie-Befund des Hausarztes vom 16. August 2011 dahingehend zu interpretieren, dass kein Verdacht auf Metastasen in der Leber mehr bestehe habe und sich der "Tumor an der Bauchspeicheldrüse" nicht vergrößert habe. Die von der Beklagten angeregte Teilnahme an einer Studie umfasse keine Ganzkörper-Hyperthermie und sei kein adäquater Ersatz für die notwendige Behandlung.
Unter dem 1. September 2011 forderte die Versicherte die Erstattung der Kosten für die Durchführung des zweiten Behandlungsabschnitts vom 25. Juli 2011 bis 5. August 2011, zu dem Prof. Dr. C ... ihr unter dem 31. Juli 2011 6.029,52 EUR und unter dem 7. August 2011 6.146,52 EUR in Rechnung gestellt hatte, sowie der weiteren Kosten für rezeptierte Produkte in Höhe von 665,09 EUR und für Übernachtungen in C ... in Höhe von 885,00 EUR. In den Behandlungsunterlagen von Prof. Dr. C ... finden sich hierzu wiederum Angaben, an welchen Tagen welche Leistungen erbracht wurden sowie nachfolgender handschriftlicher Vermerk zu einem Abschlussgespräch vom 5. August 2011:
1. Opti-Immun Kps. 1x1 2. ein paar Worte Gästebuch 3. Stentwechsel noch nicht 4. Diff. BB (+Bilirubin) beim HA zufaxen 5. MRT Leber Anfang September zufaxen 6. Intervall Therapie für 10 Tage? im Nov.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 21. September 2011 zurück. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sei schon deshalb abzulehnen, weil die Versicherte eine Privatbehandlung begonnen habe, ohne die Entscheidung der Beklagten zur Kostenübernahme und zu "möglichen Alternativbehandlungen" abzuwarten. Darüber hinaus sei eine Kostenerstattung abzulehnen, da die durchgeführten Therapien vom GBA nach Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (RL-Methoden) ausgeschlossen gewesen seien. Schließlich seien die Behandlungen in einer Privatklinik durchgeführt worden, die nicht Vertragspartnerin der Beklagten sei.
Am 20. Oktober 2011 hat die Versicherte Klage zum SG erhoben, mit der sie ihr Ziel der Erstattung der Kosten der Behandlungen bei Prof. Dr. C ... einschließlich der Kosten für rezeptierte Produkte und Übernachtungen weiterverfolgt. Zunächst sei sie der Auffassung, dass die Beklagte ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, weshalb der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung schon aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch resultiere. Die Beklagte habe keine vom Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) umfasste Therapie empfohlen, obwohl sie mit ihrem kurzfristigen Ableben habe rechnen müssen und sich daher in einer Notlage befunden habe. Sie sei auch nicht über die Regelungen in § 13 Abs. 3 SGB V bzw. die Notwendigkeit der Einhaltung des Beschaffungswegs über die GKV aufgeklärt worden. Im Übrigen seien die Kosten der Therapien von Prof. Dr. C ... von der Beklagten zu übernehmen, weil – wie bereits im Widerspruch erläutert – ein Anspruch darauf aus verfassungsrechtlichen Gründen bestanden habe. Eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf habe sich auch deshalb gezeigt, weil die Versicherte nach den Behandlungen in C ... wieder Spaziergänge habe durchführen können, nachdem sie zuvor überwiegend bettlägerig gewesen sei. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten der durchgeführten Behandlungen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass eine auf Indizien gestützte positive Wirkung nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung genüge; dies sei vorliegend schon deshalb zu bejahen, weil Hyperthermien zur Behandlung von Krebserkrankungen trotz der negativen Entscheidung des GBA "weit verbreitet" seien. Soweit der GBA die Hyperthermie nach Nr. 42 Anlage II RL-Methoden als Behandlungsmethode ausgeschlossen habe, fehle ihm außerdem die hinreichende demokratische Legitimation zu einer derartigen Normsetzung, weshalb der Ausschluss unbeachtlich sei.
Am 6. November 2011 ist die Versicherte verstorben. Die Klage ist von ihrem Ehemann, Herrn J ... A ..., aufgenommen und fortgeführt worden. Dieser ist durch Erbschein des Amtsgerichts X ... vom 20. März 2012 ausgewiesener Alleinerbe der Versicherten gewesen und hat mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 9. August 2012 abgewiesen und zur Begründung auf einen vorangegangenen Beschluss vom 27. Oktober 2011 in einem Eilverfahren hingewiesen (S 7 KR 544/11 ER). Darin ist ausgeführt worden, dass die Versicherte keinen Anspruch auf die betreffende Krankenbehandlung gehabt habe. Die Therapien seien nach Anlage II RL-Methoden ausgeschlossen und dürften daher nicht zu Lasten der GKV erbracht werden. Entgegen der Auffassung der Versicherten hätten auch nicht die im Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – aufgeführten Voraussetzungen vorgelegen. Es habe keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Dies folge schon daraus, dass der GBA zu einer negativen Bewertung gelangt sei. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich die Kammer anschließe, sei für eine Anspruchsbegründung aufgrund einer grundrechtsorientierten Auslegung kein Raum mehr, wenn – wie hier – eine negative Bewertung des GBA vorliege.
Der Ehemann der Versicherten hat gegen den am 21. August 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 18. September 2012 Berufung eingelegt. Es bleibe dabei, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V oder nach den Grund¬sätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aufgrund eines Beratungsversagens bestehe. Die Beklagte habe trotz Kenntnis des geplanten Behandlungsbeginns keinen Hinweis auf das Erfordernis des Beschaffungswegs erteilt. Sie habe ferner keine Prüfung angeboten, ob die gewählte Behandlungsmethode auch als GKV-Leistung erbracht werden könne und habe die Bearbeitung des Antrags trotz dringenden Handlungsbedarfs unter Überschreitung der zu beachtenden Fristen verschleppt. Aufgrund dieser Umstände sei es zum Abschluss des Behandlungsvertrags am 27. Juni 2011 mit Prof. Dr. C ... gekommen. Im Übrigen sei nochmals zu betonen, dass die Versicherte im Sinne der zitierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten habe, schulmedizinischen Behandlungsmethoden nach Einlage des DHC-Stents ausgeschöpft gewesen seien und ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz fernliegenden Behandlungserfolg bestanden hätten. Die Hyperthermie zerstöre Krebszellen und erhöhe die Sensibilität des betroffenen Gewebes für die Aufnahme von Strahlen oder Medikamenten. Ferner sei der Umstand, dass Krebstherapien mittels Hyperthermie in geförderten Studienzentren durchgeführt werden, ein Indiz dafür, dass die Behandlungen bei Prof. Dr. C ... erfolgversprechend gewesen seien. Berücksichtigt werden müsse auch, dass nicht nur Hyperthermie-Therapien durchgeführt worden seien, sondern zudem eine Colon-Hydro-Therapie und verschiedene rezeptierte Produkte verabreicht worden seien. Schließlich ergebe sich aus den im Gästebuch von Prof. Dr. C ... auf seiner Internetseite veröffentlichten Befunden anderer Ärzte, dass die betreffenden Therapien Aussicht auf Erfolg gehabt hätten.
Am 15. November 2014 ist auch der Ehemann der Versicherten verstorben. Das Verfahren ist daraufhin von der Klägerin, der durch Erbschein des Amtsgerichts X ... vom 13. Januar 2015 ausgewiesenen Gesamtrechtsnachfolgerin des Ehemanns der Versicherten, aufgenommen und fortgeführt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 9. August 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Versicherten K ... A ... Behandlungs- und Übernachtungskosten in Höhe von 25.195,57 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Oktober 2011 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Prof. Dr. C ... hat auf Aufforderung des Senats die vollständigen Behandlungsunterlagen übersandt und unter dem 21. Oktober 2016 ergänzend Folgendes mitgeteilt:
"Die medizinische Einschätzung von Hyperthermien beruht auf wissenschaftlichen Studien sowie Fachliteratur, welche im Wesentlichen eine Stärkung des Immunsystems als auch eine Tumorzellabtötung bewirken."
Der MDK hat zu dem Fall nochmals ein Gutachten vom 9. November 2016 durch Dr. O ... erstellt. Demnach werde in der wissenschaftlichen Fachwelt lediglich angenommen, dass Hyperthermie die Wirkung von Chemo- und/oder Radiotherapien unter im Einzelnen noch nicht geklärten Umständen verstärken könne. Hyperthermie diene also nicht dazu, Krebszellen direkt durch Wärme abzutöten. Sie sollte daher – wenn überhaupt – nicht als einzige Therapie, sondern nur in Kombination mit einer Radio- oder Chemotherapie sowie unter kontrollierten wissenschaftlichen Bedingungen durchgeführt werden. Gerade die Ganzkörper-Hyperthermie stelle für den Körper eine große Belastung dar und erfordere unter Umständen sogar eine intensivmedizinische Überwachung. Zu den allgemeinen Risiken einer Hyperthermie-Therapie zähle auch die unter Medizinern noch diskutierte Frage, ob hierdurch die Bildung von Metastasen sogar beschleunigt werde. Aus Sicht wissenschaftlich arbeitender Hyperthermie-Experten sei die Wirksamkeit einer unterstützenden Hyperthermie bislang nur in bestimmten Fällen des malignen Melanoms nachgewiesen. Belege für einen relevanten Nutzen einer polypragmatisch eingesetzten biologischen Therapie mittels Hyperthermie und/oder einer Colon-Hydro-Therapie beim cholangiozellulären Karzinom, wie sie die Versicherte bei Prof. Dr. C ... durchgeführt habe, seien im wissenschaftlichen Schrifttum nicht identifizierbar und fänden sich auch nicht in den Veröffentlichungen des Arztes oder in den Behandlungsunterlagen. Der Arzt habe im Übrigen gemäß § 4 des Behandlungsvertrags einen Heilungserfolg nicht zugesagt.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, die Behandlungsunterlagen von Prof. Dr. C ... sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Versicherten hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten der ärztlichen Behandlungen von Prof. Dr. C ... vom 27. Juni 2011 bis 5. August 2011 sowie der von ihm rezeptierten (Arznei-) Produkte und der Übernachtungen in C ...
1. Hinsichtlich der von Prof. Dr. C ... abgerechneten Behandlungskosten liegen die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht vor.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB V) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB V) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Hinsichtlich eines Erstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB V fehlt es bereits an dem Ursachenzusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung (dazu BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 5/09 R – juris Rn. 15).
Ein Ursachenzusammenhang liegt nicht vor, wenn die Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre, oder wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat bzw. fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2017 – L 5 KR 1653/15 – juris Rn. 39).
Letzteres war vorliegend der Fall. Die Versicherte hatte bereits in ihrem Schreiben vom 23. Juni 2011 an die Beklagte ihren gefassten Entschluss mitgeteilt, eine "intensiv-bio-logische Krebstherapie" bei Prof. Dr. C ... am 27. Juni 2011 zu beginnen. Überdies erfolgte die maßgebliche Ablehnung der Kostenübernahme erst mit Bescheid vom 29. Juli 2011 – also nach Beginn des zweiten Behandlungsabschnitts bei Prof. Dr. C ... Zwar hatte die Beklagte schon mit Schreiben vom 23. Juni 2011 eine Kostenübernahme abgelehnt. Dabei hatte sie jedoch hinreichend deutlich gemacht, dass es sich nur um einen vorläufigen "Zwischenbescheid" handele, d.h. die endgültige Entscheidung erst nach Einholung einer Stellungnahme des MDK erfolgen sollte. Da dieses Schreiben noch am Tag der Antragstellung erstellt wurde, konnte die Versicherte keinesfalls davon ausgehen, dass es sich um die abschließende Entscheidung der Beklagten über den Antrag handeln sollte.
Eine Unaufschiebbarkeit im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB V könnte vorliegend zwar in Betracht gezogen werden. Ob dies der Fall war, kann jedoch dahinstehen.
Unaufschiebbarkeit im Sinne dieser Bestimmung verlangt, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, z.B. weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen (vgl. zu vorstehenden Grundsätzen BSG, Urteil vom 8. September 2015 – B 1 KR 14/14 R – juris Rn. 15).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben könnte für eine Unaufschiebbarkeit sprechen, dass die Versicherte – wie sich die Klägerin ausdrückt – als "austherapiert" galt und mit ihrem krankheitsbedingten Ableben binnen weniger Wochen rechnen musste. Immerhin war die Erkrankung bereits im Oktober 2010 – wenn auch zunächst nur als Verdachtsdiagnose – erkannt worden und die mediane Überlebenszeit von Patienten mit einem nicht resektablen cholangiozellulären Karzinom beträgt nach Angaben des Abschlussberichts des GBA zur Hyperthermie vom 15. Juni 2005 (nachfolgend GBA-Abschlussbericht; Seite 62) nur sechs Monate. Diese Zeit war im Fall der Versicherten schon abgelaufen.
Die medizinische Unaufschiebbarkeit bzw. Dringlichkeit einer Behandlung ist indessen nicht allein ausschlaggebend. Denn der unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 und 2 SGB V in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch (§ 2 Abs. 2 SGB V) und setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 8. September 2015 – B 1 KR 14/14 R – juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 26. September 2009 – B 1 KR 3/06 R – juris Rn. 13). Diese Voraussetzungen waren hinsichtlich der im vorliegenden Fall von Prof. Dr. C ... durchgeführten ärztlichen Behandlungen nicht erfüllt.
a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst insbesondere die ambulante ärztliche Behandlung, die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe, Krankenhausbehandlung und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Da die Versicherte nicht stationär in einem Krankenhaus behandelt wurde, sondern ambulant in einer Tagesklinik, setzt der geltend gemachte Anspruch voraus, dass die Versicherte einen Sachleistungsanspruch auf die fraglichen Therapien im Rahmen einer ambulanten ärztlichen Behandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V gehabt hätte.
Die Krankenkassen haben nicht für jegliche Art ärztlicher Behandlung aufzukommen. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V müssen Leistungen der GKV vielmehr ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen der Krankenkassen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Ausnahmsweise können nach dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen § 2 Abs. 1a SGB V Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber der von den Beteiligten erörterten Rechtsprechung des BVerfG Rechnung tragen wollen (zur Erweiterung um die Fälle der wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris Rn. 18). Demnach verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, dass eine neue ärztliche Behandlungsmethode im Rahmen der GKV ausgeschlossen sei, weil der GBA sie nicht anerkannt habe oder sie sich in der Praxis und medizinischen Fachdiskussion nicht durchgesetzt habe, gegen Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sowie gegen die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 64):
- Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. - Bezüglich dieser Krankheit steht eine schulmedizinische bzw. allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. - Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten Behandlungsmethode besteht eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Nach Maßgabe dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung konnte Versicherten mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen im Einzelfall auch schon vor Inkrafttreten des § 2 Abs. 1a SGB V ein Anspruch auf Leistungen zustehen, deren Qualität und Wirksamkeit nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprachen bzw. nicht nach dem Maßstab der evidenzbasierten Medizin nachweisbar waren.
Für neue ärztliche Behandlungsmethoden – d.h. Methoden, die nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten sind – gilt nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass von einer Wahrung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich nur dann ausgegangen werden kann, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 – B 1 KR 15/08 R – juris Rn. 11). Wenn die Überprüfung des GBA ergibt, dass eine Methode die Kriterien nicht erfüllt, dürfen entsprechende Leistungen gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht zu Lasten der GKV im Rahmen der vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Versorgung erbracht werden. Da der Erstattungsanspruch – wie aufgezeigt – nicht weiter als der Sachleistungsanspruch reicht, können in diesem Fall im Allgemeinen keine Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bei Erbringung der Leistung durch einen Arzt außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung entstehen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 – B 1 KR 15/08 R – juris Rn. 8 und 11).
Der Ausschluss des § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V kommt allerdings nicht zum Tragen, wenn ein sog. Seltenheitsfall vorliegt, d.h. wenn eine bestimmte Krankheit so selten auftritt, dass die systematische Erforschung von Behandlungsmöglichkeiten und der Nachweis der Wirksamkeit einer Behandlungsmethode nach den hohen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V praktisch ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 27/02 R – juris Rn. 29), wenn ein sog. Systemversagen vorliegt, d.h. wenn die Einleitung oder Durchführung eines Verfahrens zur Bewertung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode verzögert wird (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 18), oder wenn ein Fall des § 2 Abs. 1a SGB V vorliegt bzw. ein Fall im Sinne der vorstehend dargestellten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Zwar hat das BSG geäußert, dass für eine Anspruchsbegründung aufgrund einer grundrechtsorientierten Auslegung "regelmäßig kein Raum mehr" sei, wenn der GBA für die in Rede stehende neue Behandlungsmethode eine negative Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V abgegeben habe (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 24). Dies kann aber letztlich nur dann gelten, wenn die gerichtlich voll überprüfbare negative Bewertung inhaltlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen standhält (vgl. auch BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 24 und 11 ff.), sodass es in den betreffenden Fällen auf die negative Bewertung des GBA und auf die von der Klägerin problematisierte Frage der demokratischen Legitimation des GBA nicht entscheidend ankommt. Soweit eine regelmäßig lebensbedrohliche und nach dem allgemein anerkannten medizinischen Standard nicht mehr behandelbare Erkrankung vorliegt, kann ferner offenbleiben, ob ein Seltenheitsfall oder ein Systemversagen gegeben ist; denn in diesen Fällen dürfte eine Behandlung ebenfalls nicht zulasten der GKV erbracht werden, wenn nicht zumindest eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.
b) Diesen Maßgaben zufolge hatte die Versicherte keinen Anspruch auf eine Ganzkörper- und/oder Tiefen-Hyperthermie-Therapie sowie eine Colon-Hydro-Therapie.
Unstreitig handelte es sich um neue Behandlungsmethoden im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, für die der GBA nach Anlage II RL-Methoden in der hier maßgeblichen, seit 9. April 2011 geltenden Fassung ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen") ausdrücklich negative Bewertungen nach § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V abgegeben hatte (Nr. 22: "Colon-Hydro-Therapie und ihre Modifikationen"; Nr. 42: "Hyperthermie [u.a. Ganzkörperhyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie]"; zur Colon-Hydro-The¬rapie BSG, Urteil vom 19. Februar 2002 – B 1 KR 16/00 R). Darauf käme es indes nicht an, wenn – wie die Klägerin meint – die Voraussetzungen der dargestellten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgelegen hätten. Dies war aber nicht Fall:
(1) Dass das cholangiozelluläre Karzinom mit Tumoreinbruch ins Duodenum für die Versicherte eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit war, steht – auch unter Berücksichtigung der Angaben im GBA-Abschlussbericht zur medianen Überlebenszeit betroffener Patienten (sechs Monate, Seite 62) – außer Frage.
(2) Soweit des Weiteren zu klären ist, ob bezüglich der Erkrankung der Versicherten eine schulmedizinische bzw. allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stand, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V des behandelnden Arztes – hier von Prof. Dr. C ... – festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 31).
Insoweit ist insbesondere zwischen kurativen Krankenbehandlungen ("um eine Krankheit [ ] zu heilen") und sonstigen, vor allem palliativen Krankenbehandlungen ("um [ ] ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern") zu unterscheiden. Bietet die Schulmedizin nur noch eine palliative Therapie an, weil sie jede Möglichkeit kurativer Behandlung als aussichtslos erachtet, kommt eine aus Verfassungsgründen aufgrund einer notstandsähnlichen Situation zu erbringende Alternativbehandlung nur dann in Betracht, wenn die auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinaus reichenden Erfolg besteht (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 1 BvR 2045/12 – juris Rn. 15). Soweit das Behandlungsziel keine Heilung ist, muss wenigstens eine positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst beabsichtigt sein (vgl. BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 32). Deshalb bleiben Behandlungen, die "nur" auf die Verbesserung der Lebensqualität abzielen (mag dies auch ein legitimes Behandlungsziel im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V sein) – also z.B. auf eine Verbesserung des Allgemeinbefindens, der Mobilität oder der Nahrungsaufnahme – außer Betracht (BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 33; Landessozialgericht [LSG] Saarland, Urteil vom 21. Oktober 2015 – L 2 KR 189/14 – juris Rn. 42). Nur die Erfüllung der Hoffnung des Versicherten auf eine rettende Behandlung in einer aussichtslosen gesundheitlichen Situation bzw. wenigstens auf eine positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst – etwa im Sinne eines spürbaren Aufhaltens oder Verlangsamens des Tumorwachstums und einer dadurch bewirkten Verlängerung der Lebenszeit – indiziert die vom BVerfG beschriebene notstandsähnliche Lage, in der nahezu jeder Behandlungsansatz auf Kosten der GKV möglich sein soll (vgl. BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 35; klarstellend zu palliativen Behandlungsfällen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2017 – L 5 KR 1653/15 – juris Rn. 49).
Vorliegend ist unstreitig, dass bei der Versicherten eine kurative Therapie (z.B. Tumorresektion, Lebertransplantation) aus schulmedizinischer Sicht nicht mehr zur Verfügung stand. Die Versicherte wurde nur noch palliativ behandelt. Insoweit war auch eine palliative Chemotherapie aufgrund der Leberzirrhose der Versicherten ausgeschlossen. Zur palliativen Behandlung wurden nur regelmäßige Wechsel des DHC-Stents durchgeführt.
Ob Prof. Dr. C ... bei der Behandlung der Versicherten überhaupt ein konkretes Behandlungsziel im vorstehend erläuterten Sinne vor Augen hatte, ist weder den vorgelegten Behandlungsunterlagen noch dem Vortrag der Klägerin zu entnehmen. Eine Heilung der Versicherten war möglicherweise von ihr selbst aufgrund des Werbematerials von Prof. Dr. C ... erhofft worden (Q ...). Es ist aber nicht ersichtlich, dass Prof. Dr. C ... im konkreten Fall der Versicherten eine Heilung ernsthaft erwartete; vielmehr war gemäß § 4 des Behandlungsvertrags klargestellt, dass Prof. Dr. C ... "ausdrücklich keinen Heilungserfolg" versprochen hatte. Auch ein hinreichend gewichtiges palliatives Behandlungsziel ist nicht erkennbar. Ausweislich des Aufnahmegesprächs litt die Versicherte nicht an erheblichen Schmerzen, die mittels der Hyperthermie bekämpft werden sollten, und konnte normal Nahrung zu sich nehmen; das Behandlungsziel, eine signifikante Lebenszeitverlängerung zu erzielen, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar, zumal die Versicherte knapp drei Monate nach der Behandlung bei Prof. Dr. C ... verstarb. Soweit lediglich Verbesserungen des Allgemeinbefindens und der Mobilität der an einem fortgeschrittenen Tumor leidenden Versicherten ärztlicherseits angestrebt wurden, handelte es sich um im vorliegenden Zusammenhang nicht relevante Verbesserungen der Lebensqualität.
(3) Hinsichtlich der Frage, ob eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlaufs bestand, ist also schon nicht ersichtlich, im Hinblick auf welches konkrete Behandlungsziel diese Prüfung überhaupt erfolgen sollte. Darüber hinaus sind aber auch keine Indizien erkennbar, aus denen sich ergibt, dass die von Prof. Dr. C ... durchgeführten Therapien erfolgversprechend hinsichtlich eines Behandlungsziels gewesen sein könnten, das hinreichend bzw. spürbar über die Ziele der palliativen Standardtherapie hinausreichte.
Indizien im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind "ernsthafte Hinweise" auf eine Erreichbarkeit des Behandlungsziels durch die Alternativbehandlung (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 66). Rein experimentelle Behandlungen – d.h. Behandlungen, mit denen ein bestimmtes Behandlungsziel (ggf. eine Heilung) ohne hinreichende Indizien auf eine Wirksamkeit im Wege des Experiments beabsichtigt ist – reichen hierfür nicht (nochmals BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 1 BvR 2045/12 – juris Rn. 15). Indizien im vorstehenden Sinne erfordern, wie das BSG zu Recht ausgeführt hat, objektivierbare wissenschaftliche Erkenntnisse (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 23 f.). Denn die grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, aus der ein Anspruch auf eine Behandlung mit einer neuen Behandlungsmethode bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet wird, soll nicht nur verhindern, dass die gesetzlichen Vorschriften zu den Leistungsansprüchen, die den Versicherten im Rahmen der GKV zustehen, in einer dem Zweck des Grundrechts zuwiderlaufenden Weise zu eng gefasst oder ausgelegt werden, weil den Staat mit der Schaffung des Systems der GKV eine besondere Verantwortung trifft (vgl. nochmals BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 65). Die gleiche Schutzpflicht verlangt vom Staat, generell für einen Schutz vor Gesundheitsgefahren zu sorgen (z.B. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011 – 1 BvR 1502/08 – juris Rn. 37); zutreffend hat das BSG daher ausgeführt, dass diese Schutzpflicht im System der GKV ebenso Sicherungsmechanismen zum Schutz der Versicherten vor zweifelhaften oder nicht ordnungsgemäß durchgeführten Therapien zur Krankenbehandlung gebietet (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 22). Dem dient vor allem der Arztvorbehalt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB V (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 57), sodass auch die vorstehend dargestellten, vom BVerfG konzipierten Voraussetzungen nach den Regeln der ärztlichen Kunst und damit nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft zu beurteilen sind (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 23 f.).
Müssen Indizien für eine Erfolgsaussicht der Behandlung im Sinne wissenschaftlicher Erkenntnisse vorliegen, bedeutet dies indes nicht, dass eine bestimmte Evidenz-Klassifi-zierung im Sinne von Kapitel 2 § 11 der Verfahrensordnung des GBA erreicht werden muss. Ausreichen können auch z.B. kleinere Verlaufs- bzw. Vergleichsstudien (BSG, Urteil vom 2. September 2014 – B 1 KR 4/13 R – juris Rn. 18). Die Krankenbehandlung aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse ist jedoch – wie aufgezeigt – abzugrenzen von der experimentellen Behandlung aufgrund wissenschaftlicher Hypothesen. In diesem Sinne ist auch bei Hyperthermie-Therapien zu differenzieren: Die Annahme, dass Hyperthermie eine Behandlungsmöglichkeit bei Tumorerkrankungen sein könne, insbesondere weil für möglich erachtet wird, dass das Absterben von Tumorzellen generell oder in Kombination mit anderen Behandlungsmaßnahmen begünstigt wird, stellt allenfalls eine wissenschaftliche Hypothese dar. Eine wissenschaftliche Erkenntnis liegt demgegenüber erst dann vor, wenn z.B. der Nachweis geführt werden kann oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei bestimmten Erkrankungen und einem bestimmten Behandlungssetting unter Einschluss einer Hyperthermie-Therapie ein Behandlungserfolg erreicht werden kann.
Erkenntnisse dieser Art liegen für die Behandlung des cholangiozellulären Karzinoms mittels einer Hyperthermie-Therapie (Ganzkörper-Hyperthermie und/oder Tiefen-Hyper-ther¬mie) – als alleinige Therapie oder auch in Kombination mit weiteren "biologischen" Komponenten – nicht vor. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus den drei im GBA-Abschlussbericht (Seite 64 f.) aufgeführten Studien. In einer ersten Studie mit sechs Patienten (Nagata et al.) haben die Autoren nach eigener Einschätzung keine Aussage zu einem therapeutischen Effekt treffen können. In einer zweiten Studie (Okamoto et al.) wurde u.a. eine Gruppe operierter Patienten mit einer Patientengruppe verglichen, bei der eine Radiochemotherapie mit Hyperthermie (HCRT) durchgeführt wurde, ohne dass ein signifikanter Einfluss auf die Überlebensrate nachweisbar war. In einer dritten Studie mit fünf Patienten (Tanaka), die mittels einer Kombination aus Radio- und Hyperthermie-Therapie behandelt wurden, zeigte die Überlebenskurve ebenfalls keinen signifikanten Vorteil. Insoweit ist vorliegend durchaus der vom BSG unterstellte Regelfall (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 24) gegeben, dass bei einer negativen Entscheidung des GBA gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V auch keine Indizien für eine Wirksamkeit der Behandlungsmethode im Sinne hinreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse bestehen. An diesem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse hat sich nach den Ausführungen des MDK im Gutachten vom 9. November 2016 bis zum Abschluss der Behandlungen am 5. August 2011 nichts geändert (zur Maßgeblichkeit der Betrachtung ex ante BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 5/09 R – juris Rn. 31; siehe schon BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 33). Es waren bzw. sind keine wissenschaftlichen Erkenntnisse identifizierbar, aus denen sich Anhaltspunkte für einen relevanten Nutzen der Hyperthermie-Therapie ggf. in Kombination mit weiteren "biologischen" Komponenten zur Behandlung des cholangiozellulären Karzinoms ergeben. Auch Prof. Dr. C ... hat in seiner Stellungnahme vom 21. Oktober 2016 keine entsprechenden Studien angegeben, sondern nur allgemein auf "Einschätzungen zu Hyperthermien" hingewiesen. Ebenso wenig ergeben sich aus den von der Klägerin vorgelegten Auszügen aus dem "Gästebuch" von Prof. Dr. C ... sowie dem in der mündlichen Verhandlung nachgereichten Internet-Werbematerial von Prof. Dr. C ... und des Hyperthermie-Zentrums Hannover keine aus wissenschaftlicher Sicht nachvollziehbaren Erkenntnisse. Abgesehen davon gehen wissenschaftlich arbeitende Ärzte, wie der MDK ausgeführt hat, derzeit nur davon aus, dass die Hyperthermie die Wirksamkeit einer Radio- und/oder Chemotherapie bei bestimmten Tumorarten verstärken könnte, weil sie die Tumorzellen für diese Behandlungen besonders sensibilisiert. Um eine solche Therapie ging es hier jedoch nicht. Für die Wirksamkeit der Hyperthermie-Therapie ohne Radio- und/oder Chemotherapie bzw. der "intensiv-biolo¬gischen Krebstherapie" nach Prof. Dr. C ... sind unabhängig von der Art des Tumors keine objektiven wissenschaftlichen Erkenntnisse ersichtlich.
Entsprechendes gilt für die Colon-Hydro-Therapie. Auch insoweit liegt – wie der MDK erläutert hat – seit der negativen Einschätzung des GBA keine anderslautende wissenschaftliche Studie vor, aus der sich Indizien dafür ergeben, dass mittels dieser Behandlung bei einem cholangiozellulären Karzinom oder anderen Tumorerkrankungen eine Heilung oder positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst erwartet werden kann. Aus den von der Klägerin vorgelegten Einschätzungen eines Arztes, der die Colon-Hydro-Therapie befürwortet, sind ebenfalls keine klaren Aussagen ersichtlich, außer dass die Therapie erfahrungsgemäß das Wohlbefinden des Patienten steigern könne.
Die Klägerin kann schließlich nicht einwenden, dass die Versicherte an einer so seltenen Erkrankung litt, dass die Gewinnung von Indizien zur Wirksamkeit von Behandlungsmöglichkeiten unter Wahrung wissenschaftlicher Anforderungen nicht möglich war. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Indizien im Sinne der vorstehend dargestellten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur wissenschaftliche Studien sind, die bestimmten Evidenzkriterien genügen müssen. Dass das cholangiozelluläre Karzinom nicht eine derart geringe Inzidenz aufweist, dass Betrachtungen zu einem Behandlungssetting nach wissenschaftlichen Standards schlechthin ausgeschlossen sind, zeigen bereits die im GBA-Abschlussbericht zur Hyperthermie-Therapie diskutierten Studien und darüber hinaus eine Vielzahl weiterer veröffentlichter Studien zu anderen Behandlungsmethoden.
Soweit die Klägerin meint, dass die durchgeführten Behandlungen im Ergebnis erfolgreich gewesen seien, ist dies zum einen nach vorstehenden Maßgaben nicht entscheidungserheblich (siehe bereits BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 33). Es versteht sich von selbst, dass eine experimentelle Krankenbehandlung aufgrund wissenschaftlich begründeter Hypothesen theoretisch auch erfolgreich sein kann; dies würde aber nichts daran ändern, dass es sich um eine experimentelle und damit auch in notstandsähnlichen Situationen nicht im Rahmen der GKV zu erbringende Behandlung handelte. Zum anderen ist bereits darauf hingewiesen worden, dass allein die Verbesserungen der Lebensqualität der Versicherten im Hinblick auf ihr Allgemeinbefinden und ihre Mobilität keine im Rahmen der hier erörterten Rechtsprechung zu berücksichtigenden Behandlungsziele wären. Soweit die Klägerin schließlich wiederholt auf den Sonografiebefund von Dr. G ... vom 16. August 2011 verwiesen hat, ist klarzustellen, dass sich der zunächst geäußerte Verdacht auf Lebermetastasen am Ende nicht bestätigt hatte bzw. gemäß Arztbrief des H ... Klinikums X ... vom 23. Mai 2011 sogar ausdrücklich fallengelassen wurde (es handele sich eher um durch die Leberzirrhose bedingte Fettverteilungsstörungen) und auch die Verkleinerung des Pankreaskopfes nicht auf eine Heilung hindeutete. Das cholangiozelluläre Karzinom hatte sich nach den Behandlungsunterlagen nicht auf das Pankreas (Bauchspeicheldrüse), sondern auf das Duodenum (Zwölffingerdarm) ausgebreitet; insoweit unterliegt die Klägerin womöglich einem Missverständnis.
(4) Aus der Pflicht, die Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten, (vgl. nochmals § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB V und BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 25) folgt nicht nur, dass die Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf aufgrund von Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft bestehen muss. Außerdem muss der Arzt aus diesem Grunde insbesondere bei neuen, noch nicht erforschten Behandlungsmethoden konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen der Therapie nach dem voraussichtlich erreichbaren Behandlungsziel ermitteln, d.h. eine sorgfältige Chancen-/Risikoabwägung durchführen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 25 f.; siehe ferner zur Aufklärungspflicht bei Arzneimitteltherapien BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris Rn. 28 und 54). Das BVerfG hat ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass eine "gewissenhafte fachliche Einschätzung" des behandelnden Arztes unverzichtbar ist (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 66).
Daran fehlte es vorliegend jedoch. Ein vom Arzt beabsichtigter konkreter und hinreichend gewichtiger Nutzen der Therapie ist – wie bereits ausgeführt (siehe oben [2]) – nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass Prof. Dr. C ... nicht nur eine Verbesserung des Allgemeinbefindens und ggf. der Mobilität der Versicherten anstrebte, sondern ein nach gewissenhafter eigener Einschätzung trotz der bereits fortgeschrittenen Tumorerkrankung erreichbares darüber hinausgehendes Behandlungsziel. Dem stehen – worauf der MDK zu Recht hingewiesen hat – erhebliche Risiken der Therapie gegenüber; so wird u.a. diskutiert, ob Hyperthermie die Aussaat von Metastasen begünstigen kann (GBA-Abschluss¬bericht, Seite 38). Risiken bestanden insbesondere bei der Ganzkörper-Hyperthermie, die – fachgerecht ausgeführt – eine hohe Belastung für den Körper darstellt, unter Umständen eine intensivmedizinische Versorgung erfordert und von wissenschaftlich arbeitenden Ärzten nur unter vollstationären Bedingungen verantwortet wird; nach dem GBA-Abschluss¬bericht (Seite 39) sind sogar Todesfälle dokumentiert, die infolge der Belastungen durch Hyperthermie-Therapien eintraten. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Versicherte nach Angaben der Klägerin bereits so geschwächt war, dass schon ein Überleben der Anreise nach C ... zweifelhaft erschien. Es fehlt an jeglicher Dokumentation einer Chancen-/Risikoabwägung und einer Aufklärung der Versicherten hierzu (zur Dokumentation BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 27). Spärlich dokumentiert sind allein ein Vorgespräch mit der Tochter und ein Abschlussgespräch.
Es ist nicht einmal ersichtlich, dass Prof. Dr. C ... die Erkenntnisse der behandelnden Ärzte über die Tumorerkrankung der Versicherten vorlagen. In seinen Behandlungsunterlagen findet sich nur der Arztbrief des H ... Klinikums X ... vom 26. Oktober 2010, in dem es heißt, dass der Nachweis eines tumorösen Geschehens noch nicht gelungen sei. Nach den Angaben der Tochter der Versicherten im Vorgespräch ging Prof. Dr. C ... – wohl unzutreffend – von einem Pankreaskarzinom ("TU-Bauchspeicheldrüse") aus. Nur im Patientenfragebogen zu den Personalien und Vorerkrankungen ist u.a. auch das "Gallengangskarzinom" aufgeführt. Der Arztbrief des H ... Klinikums X ... vom 23. Mai 2011, in dem der Tumor erstmals beschrieben wurde, lag Prof. Dr. C ... nicht vor. Die Behandlung eines Tumorleidens ohne Heranziehen der bekannten ärztlichen Erkenntnisse über Art und Lage des Tumors stellt aber keine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst dar, auf die auch bei der Anwendung neuer Behandlungsmethoden im Falle einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung nicht verzichtet werden kann.
Darüber hinaus muss die Behandlung in den Fällen der vorliegenden Art durch einen Facharzt oder einen in gleicher Weise einschlägig qualifizierten Arzt durchgeführt werden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 27; BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris Rn. 50). Prof. Dr. C ... ist jedoch Facharzt für Urologie. Die Behandlung eines cholangiozellulären Karzinoms durch einen solchen Facharzt ist zwar nicht verboten, überschreitet jedoch die geltenden Fachgebietsgrenzen (Abschnitt B Nr. 33 Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein und der Musterweiterbildungsordnung: "Das Gebiet Urologie umfasst die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Erkrankungen, Funktionsstörungen, Fehlbildungen und Verletzungen des männlichen Urogenitalsystems und der weiblichen Harnorgane.").
c) Des Weiteren hatte die Versicherte keinen Anspruch auf die von Prof. Dr. C ... veranlassten Infusionen. Diese erfolgten therapiebegleitend neben den Hyperthermie- und Colon-Hydro-Therapien im Rahmen des Konzepts der "intensiv-biolo¬gischen Krebstherapie". Wenn – wie aufgezeigt – kein Anspruch der Versicherten auf die Hyperthermie- und Colon-Hydro-Therapien bestand, kann nichts anderes für die Infusionen gelten. Im Übrigen bestanden auch keine Indizien im vorstehend erläuterten Sinne, aus denen sich die Aussicht auf eine Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst durch die Verabreichung der von Prof. Dr. C ... rezeptieren (Arznei-) Produkte ergaben (zur Misteltherapie BSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – B 1 KR 30/15 R [Leitsatz], zur Thymustherapie sowie zu Vitamin C- und Seleninfusionen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2016 – L 5 KR 4217/14 – juris Rn. 62 ff.).
2. Ebenso wenig kann die Klägerin einen Anspruch aus § 13 Abs. 3a SGB V aufgrund der Versäumung von Entscheidungsfristen herleiten. Diese Regelung trat erst am 26. Februar 2013 und damit nach den fraglichen Behandlungen von Prof. Dr. C ... in Kraft.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die von Prof. Dr. C ... abgerechneten Behandlungen aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Die gesetzlichen Regelungen zur Eingrenzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V dürfen nicht dadurch unterlaufen werden, dass weitergehende Rechte aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch abgeleitet werden. Deshalb hat das BSG zu Recht klargestellt, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch als Anspruchsgrundlage neben dem Naturalleistungen der GKV betreffenden Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V keine Anwendung findet (BSG, Urteil vom 2. November 2007 – B 1 KR 14/07 R – juris Rn. 19 m.w.N.; durch diese Entscheidung wurde das von der Klägerin zitierte Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 21. Februar 2007 – L 4 KR 78/05 – aufgehoben). Hinzu kommt, dass die Rechtsfolge des Herstellungsanspruchs für weitergehende Zahlungsansprüche – selbst wenn die von der Klägerin behaupteten Verstöße gegen die Auskunfts- und Beratungspflicht zu bejahen wären – nichts hergibt. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grund¬sätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre. Als rechtmäßige Amtshandlung käme aber jeweils allenfalls die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht (BSG, Urteil vom 2. November 2007 – B 1 KR 14/07 R – juris Rn. 20 m.w.N.). Im Übrigen führte die Versicherte nicht infolge eines Verstoßes der Beklagten gegen Auskunfts- und Beratungspflichten Behandlungen privatärztlich durch, obwohl sie eben diese Behandlungen als Leistungen der GKV hätte erlangen können; wie vorstehend aufgezeigt hätte die Versicherte keinen Sachleistungsanspruch auf die durchgeführten Behandlungen gehabt.
4. Die Klägerin kann schließlich nicht die Erstattung der Kosten für die von Prof. Dr. C ... rezeptierten (Arznei-) Produkte sowie die Erstattung der Kosten der Übernachtungen in C ... verlangen. Hinsichtlich dieser Kosten gilt das Vorstehende entsprechend, da sie ohne die von Prof. Dr. C ... durchgeführten ärztlichen Behandlungen, auf die die Versicherte aus den genannten Gründen keinen Anspruch hatte, nicht angefallen wären.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es handelt sich noch um ein kostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG. Der Ehemann der Versicherten hat das Verfahren in erster Instanz als Sonderrechtsnachfolger im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch übernommen (zur Anwendbarkeit auf Erstattungsansprüche vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 26. August 2016 – L 1 KR 137/11 – juris Rn. 31; BSG, Beschluss vom 8. November 2011 – B 1 KR 6/11 R – juris Rn. 11). Für die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des Ehemanns der Versicherten ist das Verfahren gemäß § 183 Abs. 1 Satz 2 SGG im Rechtszug der Verfahrensübernahme – d.h. hier im Berufungsverfahren – ebenfalls kostenprivilegiert.
III.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt als Rechtsnachfolgerin ihrer am 6. November 2011 verstorbenen Großmutter die Übernahme der Kosten einer "intensiv-biolo-gischen Krebstherapie" nach Prof. Dr. C ..., die u.a. Ganzkörper- und Tiefen-Hyperthermie-Therapien umfasste.
Die 1939 geborene K ... A ... (nachfolgend: Versicherte) wurde im Zeitraum vom 12. Oktober 2010 bis 26. Oktober 2010 wegen eines zunehmenden Ikterus und Oberbauchbeschwerden im H ... Klinikum X ... vollstationär behandelt. Gemäß Arztbrief des Klinikums vom 26. Oktober 2010 ergab sich nach Durchführung diagnostischer Maßnahmen ein Verdacht auf ein cholangiozelluläres Karzinom mit Lebermetastasen, wobei die entnommenen Gewebeproben zunächst keinen pathologischen Befund zeigten. Die Versicherte wurde mit einem DHC-Stent versorgt, der im Rahmen eines erneuten stationären Aufenthalts vom 26. Ja¬nuar 2011 bis 28. Januar 2011 gewechselt wurde. Gemäß Arztbrief des Klinikums vom 23. Mai 2011 erfolgte schließlich ein vollstationärer Aufenthalt der Versicherten vom 14. Mai 2011 bis 20. Mai 2011 aus Anlass einer Arrosionsblutung, bei dem nach weiteren diagnostischen Maßnahmen ein bildgebend gesichertes cholangiozelluläres Karzinom mit Tumoreinbruch ins Duodenum festgestellt wurde; daneben waren eine Hepatitis-B-induzierte Leberzirrhose sowie ein insulinbedürftiger Diabetes mellitus Typ II diagnostiziert worden; der Verdacht auf Lebermetastasen bestätigte sich dagegen nicht. Therapeutisch erfolgte wiederum ein Wechsel des DHC-Stents. Aufgrund der Lage des Tumors, der Leberzirrhose und des schlechten Allgemeinzustands der Versicherten unterblieb eine Operation ebenso wie eine Chemotherapie. Die Versicherte wurde mit der Empfehlung eines erneuten Stentwechsels nach drei Monaten entlassen.
Nachdem die Versicherte aufgrund eigener Recherchen auf die (Privat-) Tagesklinik des Facharztes für Urologie Prof. Dr. C ... in C ... gestoßen war, führte ihre Tochter, die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dort am 16. Juni 2011 ein Vorgespräch durch. Prof. Dr. C ... nahm von ihr eine Kopie des Arztbriefs des H ... Klinikums X ... vom 26. Oktober 2010 entgegen sowie eine Kurzauskunft zu den Personalien der Versicherten, den Krankheiten ("Gallengangskarzinom, Tumor an der Bauchspeicheldrüse, Leberzirrhose, Diabetes Typ 2") und dem Grund des Kommens ("Suche nach alternativen Heilmethoden"). Ferner notierte er handschriftlich:
Pat. ist selbst nicht hier. Tochter möchte einen Rat haben. Unterlagen vorhanden. Erstgespräch: 16.6.2011 14 30: Diabetes mellitus! Test gemacht! Eingestellt! Icterus! endoskopiert. Gallengang zu! Stent eingelegt. Leberzirrhose; Stentwechsel ) TU-Bauchspeicheldrüse! Bluttransfusion! Gelbsucht weg. &61638; schulmedizinische Maßnahme! &61638; Schmerzen. Essen normal; Fettstuhl; Creon Einnahme
Unter dem 23. Juni 2011 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer "intensiv-biologischen Krebstherapie" bei Prof. Dr. C ... – d.h. einer Ganzkörper- und Tiefen-Hyper¬thermie-Therapie kombiniert mit einer Colon-Hydro-Therapie und einer Arzneimitteltherapie (intravenös und oral, u.a. Mistelinfusionen, Peptide, Enzyme und Thymusextrakt) – in Höhe von ca. 12.000,00 EUR zuzüglich Fahrt- und Übernachtungskosten im Rahmen einer Einzelfallprüfung. Sie sei nicht bereit, die Erkrankung unaufhaltsam fortschreiten zu lassen, sondern wolle alle zur Verfügung stehenden Behandlungsoptionen ausschöpfen. Sie habe daher, weil es ihr zunehmend schlechter gehe, mit der Tagesklinik von Prof. Dr. C ... einen Termin vereinbart, um die Behandlung ab dem 27. Juni 2011 zu beginnen; die dort angebotene Therapie sei ihre "letzte Möglichkeit".
Mit Schreiben vom 23. Juni 2011 wies die Beklagte die Versicherte darauf hin, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Übernahme der Kosten der beabsichtigten Therapie in der Tagesklinik von Prof. Dr. C ... nicht erfolgen könne, da es sich um eine "reine Privatklinik" handele. Zur Prüfung, ob nach dem allgemein anerkannten medizinischen Stand Behandlungen der Erkrankung in einem zugelassenen Krankenhaus noch möglich seien, seien die Befunde an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung im Freistaat Sachsen (MDK) weitergeleitet worden. Über das Ergebnis der Prüfung werde sie umgehend informieren. Das Schreiben sei als "Zwischenbescheid" anzusehen.
Am 27. Juni 2011 unterzeichnete die Versicherte in der Tagesklinik von Prof. Dr. C ... nach ihrer Anreise einen Behandlungsvertrag und begann am 28. Juni 2011 mit der Behandlung, die im ersten Abschnitt bis zum 8. Juli 2011 andauerte. In den Behandlungsunterlagen von Prof. Dr. C ... wurden mit Datumsangabe die Ganzkörper-Hyper¬thermien und Tiefen-Hyper¬thermien jeweils mit einer Grad-Zahl, die Colon-Hydro-Therapien und die Infusionen mit Mengenangaben vermerkt. Ferner findet sich ein ärztlicher Eintrag: "27.6. Pat. berichtet über dunklen Stuhlgang. Beobachten!" Für diese im ersten Abschnitt erbrachten Leistungen rechnete Prof. Dr. C ... gegenüber der Versicherten am 3. Juli 2011 4.463,46 EUR und am 10. Juli 2011 weitere 4.577,28 EUR ab.
Unter dem 22. Juli 2011 reichte die Versicherte bei der Beklagten die beiden vorgenannten Rechnungen über 9.040,74 EUR sowie weitere Rechnungen über die von Prof. Dr. C ... rezeptierten Produkte in Höhe von 1.768,70 EUR ein (Helixor, Pascorbin, Pentaglobin, Gelum-Tropfen, Orthomol Immun, Selenase, Circulo Injeel, Cralonin, Frajosein, Wobe Mucos, Gluthathionkapseln, Thymo Glanduretten sowie Infusionsbesteck inklusive Trägerlösung). Dabei forderte sie die Erstattung dieser in Rechnung gestellten Kosten sowie der Übernachtungskosten in C ... in Höhe von 660,00 EUR gemäß § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Ferner teilte sie der Beklagten mit, dass sie am 25. Juli 2011 den zweiten Behandlungsabschnitt bei Prof. Dr. C ... beginnen werde.
Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme unter Verweis auf eine Stellungnahme des MDK ab. Dieser hatte unter dem 18. Juli 2011 erklärt, dass die von der Versicherten begehrten Therapien keine vertragsärztlichen Behandlungen seien und insbesondere die Hyperthermie-Therapie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) negativ beurteilt worden sei. Es handele sich um eine experimentelle Therapie, die nur in einem entsprechenden Studienzentrum durchgeführt werden sollte; dabei müsse zunächst durch ein onkologisches Konsil geklärt werden, ob eine positive Einflussnahme auf die bereits fortgeschrittene Tumorerkrankung überhaupt noch möglich sei und ob die Versicherte in eine laufende Studie aufgenommen werden könne. Es werde die Vorstellung in einer Klinik für Onkologie angeregt, die nach Prüfung des Falles einige der von Prof. Dr. C ... angebotenen Leistungen unter stationären Bedingungen im Rahmen einer geförderten Studie erbringen könne. Im Übrigen sei nur eine palliative Therapie durchführbar.
Am 26. August 2011 erhob die Versicherte Widerspruch. Es bestehe durchaus ein Anspruch auf Erstattung der durch die Behandlungen entstandenen Kosten. Deren Übernahme habe die Beklagte unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98) zu Unrecht abgelehnt. Es liege eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor und die allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Behandlungsmethoden seien ausgeschöpft. Auch bestehe eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung durch die Behandlungen bei Prof. Dr. C ... oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Zum einen habe sich nach den Behandlungen ihr Wohlbefinden gebessert. Zum anderen sei ein Sonografie-Befund des Hausarztes vom 16. August 2011 dahingehend zu interpretieren, dass kein Verdacht auf Metastasen in der Leber mehr bestehe habe und sich der "Tumor an der Bauchspeicheldrüse" nicht vergrößert habe. Die von der Beklagten angeregte Teilnahme an einer Studie umfasse keine Ganzkörper-Hyperthermie und sei kein adäquater Ersatz für die notwendige Behandlung.
Unter dem 1. September 2011 forderte die Versicherte die Erstattung der Kosten für die Durchführung des zweiten Behandlungsabschnitts vom 25. Juli 2011 bis 5. August 2011, zu dem Prof. Dr. C ... ihr unter dem 31. Juli 2011 6.029,52 EUR und unter dem 7. August 2011 6.146,52 EUR in Rechnung gestellt hatte, sowie der weiteren Kosten für rezeptierte Produkte in Höhe von 665,09 EUR und für Übernachtungen in C ... in Höhe von 885,00 EUR. In den Behandlungsunterlagen von Prof. Dr. C ... finden sich hierzu wiederum Angaben, an welchen Tagen welche Leistungen erbracht wurden sowie nachfolgender handschriftlicher Vermerk zu einem Abschlussgespräch vom 5. August 2011:
1. Opti-Immun Kps. 1x1 2. ein paar Worte Gästebuch 3. Stentwechsel noch nicht 4. Diff. BB (+Bilirubin) beim HA zufaxen 5. MRT Leber Anfang September zufaxen 6. Intervall Therapie für 10 Tage? im Nov.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 21. September 2011 zurück. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sei schon deshalb abzulehnen, weil die Versicherte eine Privatbehandlung begonnen habe, ohne die Entscheidung der Beklagten zur Kostenübernahme und zu "möglichen Alternativbehandlungen" abzuwarten. Darüber hinaus sei eine Kostenerstattung abzulehnen, da die durchgeführten Therapien vom GBA nach Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (RL-Methoden) ausgeschlossen gewesen seien. Schließlich seien die Behandlungen in einer Privatklinik durchgeführt worden, die nicht Vertragspartnerin der Beklagten sei.
Am 20. Oktober 2011 hat die Versicherte Klage zum SG erhoben, mit der sie ihr Ziel der Erstattung der Kosten der Behandlungen bei Prof. Dr. C ... einschließlich der Kosten für rezeptierte Produkte und Übernachtungen weiterverfolgt. Zunächst sei sie der Auffassung, dass die Beklagte ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei, weshalb der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung schon aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch resultiere. Die Beklagte habe keine vom Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) umfasste Therapie empfohlen, obwohl sie mit ihrem kurzfristigen Ableben habe rechnen müssen und sich daher in einer Notlage befunden habe. Sie sei auch nicht über die Regelungen in § 13 Abs. 3 SGB V bzw. die Notwendigkeit der Einhaltung des Beschaffungswegs über die GKV aufgeklärt worden. Im Übrigen seien die Kosten der Therapien von Prof. Dr. C ... von der Beklagten zu übernehmen, weil – wie bereits im Widerspruch erläutert – ein Anspruch darauf aus verfassungsrechtlichen Gründen bestanden habe. Eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf habe sich auch deshalb gezeigt, weil die Versicherte nach den Behandlungen in C ... wieder Spaziergänge habe durchführen können, nachdem sie zuvor überwiegend bettlägerig gewesen sei. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten der durchgeführten Behandlungen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass eine auf Indizien gestützte positive Wirkung nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung genüge; dies sei vorliegend schon deshalb zu bejahen, weil Hyperthermien zur Behandlung von Krebserkrankungen trotz der negativen Entscheidung des GBA "weit verbreitet" seien. Soweit der GBA die Hyperthermie nach Nr. 42 Anlage II RL-Methoden als Behandlungsmethode ausgeschlossen habe, fehle ihm außerdem die hinreichende demokratische Legitimation zu einer derartigen Normsetzung, weshalb der Ausschluss unbeachtlich sei.
Am 6. November 2011 ist die Versicherte verstorben. Die Klage ist von ihrem Ehemann, Herrn J ... A ..., aufgenommen und fortgeführt worden. Dieser ist durch Erbschein des Amtsgerichts X ... vom 20. März 2012 ausgewiesener Alleinerbe der Versicherten gewesen und hat mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat.
Das SG hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 9. August 2012 abgewiesen und zur Begründung auf einen vorangegangenen Beschluss vom 27. Oktober 2011 in einem Eilverfahren hingewiesen (S 7 KR 544/11 ER). Darin ist ausgeführt worden, dass die Versicherte keinen Anspruch auf die betreffende Krankenbehandlung gehabt habe. Die Therapien seien nach Anlage II RL-Methoden ausgeschlossen und dürften daher nicht zu Lasten der GKV erbracht werden. Entgegen der Auffassung der Versicherten hätten auch nicht die im Beschluss des BVerfG vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – aufgeführten Voraussetzungen vorgelegen. Es habe keine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Dies folge schon daraus, dass der GBA zu einer negativen Bewertung gelangt sei. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich die Kammer anschließe, sei für eine Anspruchsbegründung aufgrund einer grundrechtsorientierten Auslegung kein Raum mehr, wenn – wie hier – eine negative Bewertung des GBA vorliege.
Der Ehemann der Versicherten hat gegen den am 21. August 2012 zugestellten Gerichtsbescheid am 18. September 2012 Berufung eingelegt. Es bleibe dabei, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V oder nach den Grund¬sätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aufgrund eines Beratungsversagens bestehe. Die Beklagte habe trotz Kenntnis des geplanten Behandlungsbeginns keinen Hinweis auf das Erfordernis des Beschaffungswegs erteilt. Sie habe ferner keine Prüfung angeboten, ob die gewählte Behandlungsmethode auch als GKV-Leistung erbracht werden könne und habe die Bearbeitung des Antrags trotz dringenden Handlungsbedarfs unter Überschreitung der zu beachtenden Fristen verschleppt. Aufgrund dieser Umstände sei es zum Abschluss des Behandlungsvertrags am 27. Juni 2011 mit Prof. Dr. C ... gekommen. Im Übrigen sei nochmals zu betonen, dass die Versicherte im Sinne der zitierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten habe, schulmedizinischen Behandlungsmethoden nach Einlage des DHC-Stents ausgeschöpft gewesen seien und ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz fernliegenden Behandlungserfolg bestanden hätten. Die Hyperthermie zerstöre Krebszellen und erhöhe die Sensibilität des betroffenen Gewebes für die Aufnahme von Strahlen oder Medikamenten. Ferner sei der Umstand, dass Krebstherapien mittels Hyperthermie in geförderten Studienzentren durchgeführt werden, ein Indiz dafür, dass die Behandlungen bei Prof. Dr. C ... erfolgversprechend gewesen seien. Berücksichtigt werden müsse auch, dass nicht nur Hyperthermie-Therapien durchgeführt worden seien, sondern zudem eine Colon-Hydro-Therapie und verschiedene rezeptierte Produkte verabreicht worden seien. Schließlich ergebe sich aus den im Gästebuch von Prof. Dr. C ... auf seiner Internetseite veröffentlichten Befunden anderer Ärzte, dass die betreffenden Therapien Aussicht auf Erfolg gehabt hätten.
Am 15. November 2014 ist auch der Ehemann der Versicherten verstorben. Das Verfahren ist daraufhin von der Klägerin, der durch Erbschein des Amtsgerichts X ... vom 13. Januar 2015 ausgewiesenen Gesamtrechtsnachfolgerin des Ehemanns der Versicherten, aufgenommen und fortgeführt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 9. August 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Versicherten K ... A ... Behandlungs- und Übernachtungskosten in Höhe von 25.195,57 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Oktober 2011 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.
Prof. Dr. C ... hat auf Aufforderung des Senats die vollständigen Behandlungsunterlagen übersandt und unter dem 21. Oktober 2016 ergänzend Folgendes mitgeteilt:
"Die medizinische Einschätzung von Hyperthermien beruht auf wissenschaftlichen Studien sowie Fachliteratur, welche im Wesentlichen eine Stärkung des Immunsystems als auch eine Tumorzellabtötung bewirken."
Der MDK hat zu dem Fall nochmals ein Gutachten vom 9. November 2016 durch Dr. O ... erstellt. Demnach werde in der wissenschaftlichen Fachwelt lediglich angenommen, dass Hyperthermie die Wirkung von Chemo- und/oder Radiotherapien unter im Einzelnen noch nicht geklärten Umständen verstärken könne. Hyperthermie diene also nicht dazu, Krebszellen direkt durch Wärme abzutöten. Sie sollte daher – wenn überhaupt – nicht als einzige Therapie, sondern nur in Kombination mit einer Radio- oder Chemotherapie sowie unter kontrollierten wissenschaftlichen Bedingungen durchgeführt werden. Gerade die Ganzkörper-Hyperthermie stelle für den Körper eine große Belastung dar und erfordere unter Umständen sogar eine intensivmedizinische Überwachung. Zu den allgemeinen Risiken einer Hyperthermie-Therapie zähle auch die unter Medizinern noch diskutierte Frage, ob hierdurch die Bildung von Metastasen sogar beschleunigt werde. Aus Sicht wissenschaftlich arbeitender Hyperthermie-Experten sei die Wirksamkeit einer unterstützenden Hyperthermie bislang nur in bestimmten Fällen des malignen Melanoms nachgewiesen. Belege für einen relevanten Nutzen einer polypragmatisch eingesetzten biologischen Therapie mittels Hyperthermie und/oder einer Colon-Hydro-Therapie beim cholangiozellulären Karzinom, wie sie die Versicherte bei Prof. Dr. C ... durchgeführt habe, seien im wissenschaftlichen Schrifttum nicht identifizierbar und fänden sich auch nicht in den Veröffentlichungen des Arztes oder in den Behandlungsunterlagen. Der Arzt habe im Übrigen gemäß § 4 des Behandlungsvertrags einen Heilungserfolg nicht zugesagt.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen, die Behandlungsunterlagen von Prof. Dr. C ... sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Versicherten hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der Kosten der ärztlichen Behandlungen von Prof. Dr. C ... vom 27. Juni 2011 bis 5. August 2011 sowie der von ihm rezeptierten (Arznei-) Produkte und der Übernachtungen in C ...
1. Hinsichtlich der von Prof. Dr. C ... abgerechneten Behandlungskosten liegen die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht vor.
Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind, sofern die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB V) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB V) und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Hinsichtlich eines Erstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB V fehlt es bereits an dem Ursachenzusammenhang zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung (dazu BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 5/09 R – juris Rn. 15).
Ein Ursachenzusammenhang liegt nicht vor, wenn die Krankenkasse vor der Selbstbeschaffung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre, oder wenn der Versicherte sich unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Krankenbehandlung durch einen bestimmten Leistungserbringer festgelegt hat bzw. fest entschlossen ist, sich die Leistung selbst dann zu beschaffen, wenn die Krankenkasse den Antrag ablehnen sollte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2017 – L 5 KR 1653/15 – juris Rn. 39).
Letzteres war vorliegend der Fall. Die Versicherte hatte bereits in ihrem Schreiben vom 23. Juni 2011 an die Beklagte ihren gefassten Entschluss mitgeteilt, eine "intensiv-bio-logische Krebstherapie" bei Prof. Dr. C ... am 27. Juni 2011 zu beginnen. Überdies erfolgte die maßgebliche Ablehnung der Kostenübernahme erst mit Bescheid vom 29. Juli 2011 – also nach Beginn des zweiten Behandlungsabschnitts bei Prof. Dr. C ... Zwar hatte die Beklagte schon mit Schreiben vom 23. Juni 2011 eine Kostenübernahme abgelehnt. Dabei hatte sie jedoch hinreichend deutlich gemacht, dass es sich nur um einen vorläufigen "Zwischenbescheid" handele, d.h. die endgültige Entscheidung erst nach Einholung einer Stellungnahme des MDK erfolgen sollte. Da dieses Schreiben noch am Tag der Antragstellung erstellt wurde, konnte die Versicherte keinesfalls davon ausgehen, dass es sich um die abschließende Entscheidung der Beklagten über den Antrag handeln sollte.
Eine Unaufschiebbarkeit im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB V könnte vorliegend zwar in Betracht gezogen werden. Ob dies der Fall war, kann jedoch dahinstehen.
Unaufschiebbarkeit im Sinne dieser Bestimmung verlangt, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, z.B. weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann. Unaufschiebbar kann auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen (vgl. zu vorstehenden Grundsätzen BSG, Urteil vom 8. September 2015 – B 1 KR 14/14 R – juris Rn. 15).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben könnte für eine Unaufschiebbarkeit sprechen, dass die Versicherte – wie sich die Klägerin ausdrückt – als "austherapiert" galt und mit ihrem krankheitsbedingten Ableben binnen weniger Wochen rechnen musste. Immerhin war die Erkrankung bereits im Oktober 2010 – wenn auch zunächst nur als Verdachtsdiagnose – erkannt worden und die mediane Überlebenszeit von Patienten mit einem nicht resektablen cholangiozellulären Karzinom beträgt nach Angaben des Abschlussberichts des GBA zur Hyperthermie vom 15. Juni 2005 (nachfolgend GBA-Abschlussbericht; Seite 62) nur sechs Monate. Diese Zeit war im Fall der Versicherten schon abgelaufen.
Die medizinische Unaufschiebbarkeit bzw. Dringlichkeit einer Behandlung ist indessen nicht allein ausschlaggebend. Denn der unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 und 2 SGB V in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch (§ 2 Abs. 2 SGB V) und setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 8. September 2015 – B 1 KR 14/14 R – juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 26. September 2009 – B 1 KR 3/06 R – juris Rn. 13). Diese Voraussetzungen waren hinsichtlich der im vorliegenden Fall von Prof. Dr. C ... durchgeführten ärztlichen Behandlungen nicht erfüllt.
a) Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst insbesondere die ambulante ärztliche Behandlung, die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe, Krankenhausbehandlung und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Da die Versicherte nicht stationär in einem Krankenhaus behandelt wurde, sondern ambulant in einer Tagesklinik, setzt der geltend gemachte Anspruch voraus, dass die Versicherte einen Sachleistungsanspruch auf die fraglichen Therapien im Rahmen einer ambulanten ärztlichen Behandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V gehabt hätte.
Die Krankenkassen haben nicht für jegliche Art ärztlicher Behandlung aufzukommen. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V müssen Leistungen der GKV vielmehr ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen der Krankenkassen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Ausnahmsweise können nach dem am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen § 2 Abs. 1a SGB V Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber der von den Beteiligten erörterten Rechtsprechung des BVerfG Rechnung tragen wollen (zur Erweiterung um die Fälle der wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankungen vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris Rn. 18). Demnach verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, dass eine neue ärztliche Behandlungsmethode im Rahmen der GKV ausgeschlossen sei, weil der GBA sie nicht anerkannt habe oder sie sich in der Praxis und medizinischen Fachdiskussion nicht durchgesetzt habe, gegen Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip sowie gegen die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 64):
- Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. - Bezüglich dieser Krankheit steht eine schulmedizinische bzw. allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. - Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten Behandlungsmethode besteht eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Nach Maßgabe dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung konnte Versicherten mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen im Einzelfall auch schon vor Inkrafttreten des § 2 Abs. 1a SGB V ein Anspruch auf Leistungen zustehen, deren Qualität und Wirksamkeit nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprachen bzw. nicht nach dem Maßstab der evidenzbasierten Medizin nachweisbar waren.
Für neue ärztliche Behandlungsmethoden – d.h. Methoden, die nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM) enthalten sind – gilt nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass von einer Wahrung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V grundsätzlich nur dann ausgegangen werden kann, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung zum diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 – B 1 KR 15/08 R – juris Rn. 11). Wenn die Überprüfung des GBA ergibt, dass eine Methode die Kriterien nicht erfüllt, dürfen entsprechende Leistungen gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V nicht zu Lasten der GKV im Rahmen der vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Versorgung erbracht werden. Da der Erstattungsanspruch – wie aufgezeigt – nicht weiter als der Sachleistungsanspruch reicht, können in diesem Fall im Allgemeinen keine Ansprüche nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bei Erbringung der Leistung durch einen Arzt außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung entstehen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 5. Mai 2009 – B 1 KR 15/08 R – juris Rn. 8 und 11).
Der Ausschluss des § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V kommt allerdings nicht zum Tragen, wenn ein sog. Seltenheitsfall vorliegt, d.h. wenn eine bestimmte Krankheit so selten auftritt, dass die systematische Erforschung von Behandlungsmöglichkeiten und der Nachweis der Wirksamkeit einer Behandlungsmethode nach den hohen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V praktisch ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 – B 1 KR 27/02 R – juris Rn. 29), wenn ein sog. Systemversagen vorliegt, d.h. wenn die Einleitung oder Durchführung eines Verfahrens zur Bewertung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode verzögert wird (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 18), oder wenn ein Fall des § 2 Abs. 1a SGB V vorliegt bzw. ein Fall im Sinne der vorstehend dargestellten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Zwar hat das BSG geäußert, dass für eine Anspruchsbegründung aufgrund einer grundrechtsorientierten Auslegung "regelmäßig kein Raum mehr" sei, wenn der GBA für die in Rede stehende neue Behandlungsmethode eine negative Bewertung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V abgegeben habe (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 24). Dies kann aber letztlich nur dann gelten, wenn die gerichtlich voll überprüfbare negative Bewertung inhaltlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen standhält (vgl. auch BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 24 und 11 ff.), sodass es in den betreffenden Fällen auf die negative Bewertung des GBA und auf die von der Klägerin problematisierte Frage der demokratischen Legitimation des GBA nicht entscheidend ankommt. Soweit eine regelmäßig lebensbedrohliche und nach dem allgemein anerkannten medizinischen Standard nicht mehr behandelbare Erkrankung vorliegt, kann ferner offenbleiben, ob ein Seltenheitsfall oder ein Systemversagen gegeben ist; denn in diesen Fällen dürfte eine Behandlung ebenfalls nicht zulasten der GKV erbracht werden, wenn nicht zumindest eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht.
b) Diesen Maßgaben zufolge hatte die Versicherte keinen Anspruch auf eine Ganzkörper- und/oder Tiefen-Hyperthermie-Therapie sowie eine Colon-Hydro-Therapie.
Unstreitig handelte es sich um neue Behandlungsmethoden im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V, für die der GBA nach Anlage II RL-Methoden in der hier maßgeblichen, seit 9. April 2011 geltenden Fassung ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen") ausdrücklich negative Bewertungen nach § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V abgegeben hatte (Nr. 22: "Colon-Hydro-Therapie und ihre Modifikationen"; Nr. 42: "Hyperthermie [u.a. Ganzkörperhyperthermie, Regionale Tiefenhyperthermie, Oberflächenhyperthermie, Hyperthermie in Kombination mit Radiatio und/oder Chemotherapie]"; zur Colon-Hydro-The¬rapie BSG, Urteil vom 19. Februar 2002 – B 1 KR 16/00 R). Darauf käme es indes nicht an, wenn – wie die Klägerin meint – die Voraussetzungen der dargestellten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung vorgelegen hätten. Dies war aber nicht Fall:
(1) Dass das cholangiozelluläre Karzinom mit Tumoreinbruch ins Duodenum für die Versicherte eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Krankheit war, steht – auch unter Berücksichtigung der Angaben im GBA-Abschlussbericht zur medianen Überlebenszeit betroffener Patienten (sechs Monate, Seite 62) – außer Frage.
(2) Soweit des Weiteren zu klären ist, ob bezüglich der Erkrankung der Versicherten eine schulmedizinische bzw. allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stand, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V des behandelnden Arztes – hier von Prof. Dr. C ... – festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 31).
Insoweit ist insbesondere zwischen kurativen Krankenbehandlungen ("um eine Krankheit [ ] zu heilen") und sonstigen, vor allem palliativen Krankenbehandlungen ("um [ ] ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern") zu unterscheiden. Bietet die Schulmedizin nur noch eine palliative Therapie an, weil sie jede Möglichkeit kurativer Behandlung als aussichtslos erachtet, kommt eine aus Verfassungsgründen aufgrund einer notstandsähnlichen Situation zu erbringende Alternativbehandlung nur dann in Betracht, wenn die auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinaus reichenden Erfolg besteht (BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 1 BvR 2045/12 – juris Rn. 15). Soweit das Behandlungsziel keine Heilung ist, muss wenigstens eine positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst beabsichtigt sein (vgl. BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 32). Deshalb bleiben Behandlungen, die "nur" auf die Verbesserung der Lebensqualität abzielen (mag dies auch ein legitimes Behandlungsziel im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V sein) – also z.B. auf eine Verbesserung des Allgemeinbefindens, der Mobilität oder der Nahrungsaufnahme – außer Betracht (BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 33; Landessozialgericht [LSG] Saarland, Urteil vom 21. Oktober 2015 – L 2 KR 189/14 – juris Rn. 42). Nur die Erfüllung der Hoffnung des Versicherten auf eine rettende Behandlung in einer aussichtslosen gesundheitlichen Situation bzw. wenigstens auf eine positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst – etwa im Sinne eines spürbaren Aufhaltens oder Verlangsamens des Tumorwachstums und einer dadurch bewirkten Verlängerung der Lebenszeit – indiziert die vom BVerfG beschriebene notstandsähnliche Lage, in der nahezu jeder Behandlungsansatz auf Kosten der GKV möglich sein soll (vgl. BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010 – B 6 KA 48/09 R – juris Rn. 35; klarstellend zu palliativen Behandlungsfällen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2017 – L 5 KR 1653/15 – juris Rn. 49).
Vorliegend ist unstreitig, dass bei der Versicherten eine kurative Therapie (z.B. Tumorresektion, Lebertransplantation) aus schulmedizinischer Sicht nicht mehr zur Verfügung stand. Die Versicherte wurde nur noch palliativ behandelt. Insoweit war auch eine palliative Chemotherapie aufgrund der Leberzirrhose der Versicherten ausgeschlossen. Zur palliativen Behandlung wurden nur regelmäßige Wechsel des DHC-Stents durchgeführt.
Ob Prof. Dr. C ... bei der Behandlung der Versicherten überhaupt ein konkretes Behandlungsziel im vorstehend erläuterten Sinne vor Augen hatte, ist weder den vorgelegten Behandlungsunterlagen noch dem Vortrag der Klägerin zu entnehmen. Eine Heilung der Versicherten war möglicherweise von ihr selbst aufgrund des Werbematerials von Prof. Dr. C ... erhofft worden (Q ...). Es ist aber nicht ersichtlich, dass Prof. Dr. C ... im konkreten Fall der Versicherten eine Heilung ernsthaft erwartete; vielmehr war gemäß § 4 des Behandlungsvertrags klargestellt, dass Prof. Dr. C ... "ausdrücklich keinen Heilungserfolg" versprochen hatte. Auch ein hinreichend gewichtiges palliatives Behandlungsziel ist nicht erkennbar. Ausweislich des Aufnahmegesprächs litt die Versicherte nicht an erheblichen Schmerzen, die mittels der Hyperthermie bekämpft werden sollten, und konnte normal Nahrung zu sich nehmen; das Behandlungsziel, eine signifikante Lebenszeitverlängerung zu erzielen, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar, zumal die Versicherte knapp drei Monate nach der Behandlung bei Prof. Dr. C ... verstarb. Soweit lediglich Verbesserungen des Allgemeinbefindens und der Mobilität der an einem fortgeschrittenen Tumor leidenden Versicherten ärztlicherseits angestrebt wurden, handelte es sich um im vorliegenden Zusammenhang nicht relevante Verbesserungen der Lebensqualität.
(3) Hinsichtlich der Frage, ob eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlaufs bestand, ist also schon nicht ersichtlich, im Hinblick auf welches konkrete Behandlungsziel diese Prüfung überhaupt erfolgen sollte. Darüber hinaus sind aber auch keine Indizien erkennbar, aus denen sich ergibt, dass die von Prof. Dr. C ... durchgeführten Therapien erfolgversprechend hinsichtlich eines Behandlungsziels gewesen sein könnten, das hinreichend bzw. spürbar über die Ziele der palliativen Standardtherapie hinausreichte.
Indizien im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind "ernsthafte Hinweise" auf eine Erreichbarkeit des Behandlungsziels durch die Alternativbehandlung (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 66). Rein experimentelle Behandlungen – d.h. Behandlungen, mit denen ein bestimmtes Behandlungsziel (ggf. eine Heilung) ohne hinreichende Indizien auf eine Wirksamkeit im Wege des Experiments beabsichtigt ist – reichen hierfür nicht (nochmals BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2013 – 1 BvR 2045/12 – juris Rn. 15). Indizien im vorstehenden Sinne erfordern, wie das BSG zu Recht ausgeführt hat, objektivierbare wissenschaftliche Erkenntnisse (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 23 f.). Denn die grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, aus der ein Anspruch auf eine Behandlung mit einer neuen Behandlungsmethode bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung hergeleitet wird, soll nicht nur verhindern, dass die gesetzlichen Vorschriften zu den Leistungsansprüchen, die den Versicherten im Rahmen der GKV zustehen, in einer dem Zweck des Grundrechts zuwiderlaufenden Weise zu eng gefasst oder ausgelegt werden, weil den Staat mit der Schaffung des Systems der GKV eine besondere Verantwortung trifft (vgl. nochmals BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 65). Die gleiche Schutzpflicht verlangt vom Staat, generell für einen Schutz vor Gesundheitsgefahren zu sorgen (z.B. BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011 – 1 BvR 1502/08 – juris Rn. 37); zutreffend hat das BSG daher ausgeführt, dass diese Schutzpflicht im System der GKV ebenso Sicherungsmechanismen zum Schutz der Versicherten vor zweifelhaften oder nicht ordnungsgemäß durchgeführten Therapien zur Krankenbehandlung gebietet (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 22). Dem dient vor allem der Arztvorbehalt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB V (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 57), sodass auch die vorstehend dargestellten, vom BVerfG konzipierten Voraussetzungen nach den Regeln der ärztlichen Kunst und damit nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft zu beurteilen sind (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 23 f.).
Müssen Indizien für eine Erfolgsaussicht der Behandlung im Sinne wissenschaftlicher Erkenntnisse vorliegen, bedeutet dies indes nicht, dass eine bestimmte Evidenz-Klassifi-zierung im Sinne von Kapitel 2 § 11 der Verfahrensordnung des GBA erreicht werden muss. Ausreichen können auch z.B. kleinere Verlaufs- bzw. Vergleichsstudien (BSG, Urteil vom 2. September 2014 – B 1 KR 4/13 R – juris Rn. 18). Die Krankenbehandlung aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse ist jedoch – wie aufgezeigt – abzugrenzen von der experimentellen Behandlung aufgrund wissenschaftlicher Hypothesen. In diesem Sinne ist auch bei Hyperthermie-Therapien zu differenzieren: Die Annahme, dass Hyperthermie eine Behandlungsmöglichkeit bei Tumorerkrankungen sein könne, insbesondere weil für möglich erachtet wird, dass das Absterben von Tumorzellen generell oder in Kombination mit anderen Behandlungsmaßnahmen begünstigt wird, stellt allenfalls eine wissenschaftliche Hypothese dar. Eine wissenschaftliche Erkenntnis liegt demgegenüber erst dann vor, wenn z.B. der Nachweis geführt werden kann oder konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei bestimmten Erkrankungen und einem bestimmten Behandlungssetting unter Einschluss einer Hyperthermie-Therapie ein Behandlungserfolg erreicht werden kann.
Erkenntnisse dieser Art liegen für die Behandlung des cholangiozellulären Karzinoms mittels einer Hyperthermie-Therapie (Ganzkörper-Hyperthermie und/oder Tiefen-Hyper-ther¬mie) – als alleinige Therapie oder auch in Kombination mit weiteren "biologischen" Komponenten – nicht vor. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus den drei im GBA-Abschlussbericht (Seite 64 f.) aufgeführten Studien. In einer ersten Studie mit sechs Patienten (Nagata et al.) haben die Autoren nach eigener Einschätzung keine Aussage zu einem therapeutischen Effekt treffen können. In einer zweiten Studie (Okamoto et al.) wurde u.a. eine Gruppe operierter Patienten mit einer Patientengruppe verglichen, bei der eine Radiochemotherapie mit Hyperthermie (HCRT) durchgeführt wurde, ohne dass ein signifikanter Einfluss auf die Überlebensrate nachweisbar war. In einer dritten Studie mit fünf Patienten (Tanaka), die mittels einer Kombination aus Radio- und Hyperthermie-Therapie behandelt wurden, zeigte die Überlebenskurve ebenfalls keinen signifikanten Vorteil. Insoweit ist vorliegend durchaus der vom BSG unterstellte Regelfall (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 24) gegeben, dass bei einer negativen Entscheidung des GBA gemäß § 135 Abs. 1 Satz 3 SGB V auch keine Indizien für eine Wirksamkeit der Behandlungsmethode im Sinne hinreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse bestehen. An diesem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse hat sich nach den Ausführungen des MDK im Gutachten vom 9. November 2016 bis zum Abschluss der Behandlungen am 5. August 2011 nichts geändert (zur Maßgeblichkeit der Betrachtung ex ante BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 – B 1 KR 5/09 R – juris Rn. 31; siehe schon BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 33). Es waren bzw. sind keine wissenschaftlichen Erkenntnisse identifizierbar, aus denen sich Anhaltspunkte für einen relevanten Nutzen der Hyperthermie-Therapie ggf. in Kombination mit weiteren "biologischen" Komponenten zur Behandlung des cholangiozellulären Karzinoms ergeben. Auch Prof. Dr. C ... hat in seiner Stellungnahme vom 21. Oktober 2016 keine entsprechenden Studien angegeben, sondern nur allgemein auf "Einschätzungen zu Hyperthermien" hingewiesen. Ebenso wenig ergeben sich aus den von der Klägerin vorgelegten Auszügen aus dem "Gästebuch" von Prof. Dr. C ... sowie dem in der mündlichen Verhandlung nachgereichten Internet-Werbematerial von Prof. Dr. C ... und des Hyperthermie-Zentrums Hannover keine aus wissenschaftlicher Sicht nachvollziehbaren Erkenntnisse. Abgesehen davon gehen wissenschaftlich arbeitende Ärzte, wie der MDK ausgeführt hat, derzeit nur davon aus, dass die Hyperthermie die Wirksamkeit einer Radio- und/oder Chemotherapie bei bestimmten Tumorarten verstärken könnte, weil sie die Tumorzellen für diese Behandlungen besonders sensibilisiert. Um eine solche Therapie ging es hier jedoch nicht. Für die Wirksamkeit der Hyperthermie-Therapie ohne Radio- und/oder Chemotherapie bzw. der "intensiv-biolo¬gischen Krebstherapie" nach Prof. Dr. C ... sind unabhängig von der Art des Tumors keine objektiven wissenschaftlichen Erkenntnisse ersichtlich.
Entsprechendes gilt für die Colon-Hydro-Therapie. Auch insoweit liegt – wie der MDK erläutert hat – seit der negativen Einschätzung des GBA keine anderslautende wissenschaftliche Studie vor, aus der sich Indizien dafür ergeben, dass mittels dieser Behandlung bei einem cholangiozellulären Karzinom oder anderen Tumorerkrankungen eine Heilung oder positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst erwartet werden kann. Aus den von der Klägerin vorgelegten Einschätzungen eines Arztes, der die Colon-Hydro-Therapie befürwortet, sind ebenfalls keine klaren Aussagen ersichtlich, außer dass die Therapie erfahrungsgemäß das Wohlbefinden des Patienten steigern könne.
Die Klägerin kann schließlich nicht einwenden, dass die Versicherte an einer so seltenen Erkrankung litt, dass die Gewinnung von Indizien zur Wirksamkeit von Behandlungsmöglichkeiten unter Wahrung wissenschaftlicher Anforderungen nicht möglich war. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass Indizien im Sinne der vorstehend dargestellten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur wissenschaftliche Studien sind, die bestimmten Evidenzkriterien genügen müssen. Dass das cholangiozelluläre Karzinom nicht eine derart geringe Inzidenz aufweist, dass Betrachtungen zu einem Behandlungssetting nach wissenschaftlichen Standards schlechthin ausgeschlossen sind, zeigen bereits die im GBA-Abschlussbericht zur Hyperthermie-Therapie diskutierten Studien und darüber hinaus eine Vielzahl weiterer veröffentlichter Studien zu anderen Behandlungsmethoden.
Soweit die Klägerin meint, dass die durchgeführten Behandlungen im Ergebnis erfolgreich gewesen seien, ist dies zum einen nach vorstehenden Maßgaben nicht entscheidungserheblich (siehe bereits BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 33). Es versteht sich von selbst, dass eine experimentelle Krankenbehandlung aufgrund wissenschaftlich begründeter Hypothesen theoretisch auch erfolgreich sein kann; dies würde aber nichts daran ändern, dass es sich um eine experimentelle und damit auch in notstandsähnlichen Situationen nicht im Rahmen der GKV zu erbringende Behandlung handelte. Zum anderen ist bereits darauf hingewiesen worden, dass allein die Verbesserungen der Lebensqualität der Versicherten im Hinblick auf ihr Allgemeinbefinden und ihre Mobilität keine im Rahmen der hier erörterten Rechtsprechung zu berücksichtigenden Behandlungsziele wären. Soweit die Klägerin schließlich wiederholt auf den Sonografiebefund von Dr. G ... vom 16. August 2011 verwiesen hat, ist klarzustellen, dass sich der zunächst geäußerte Verdacht auf Lebermetastasen am Ende nicht bestätigt hatte bzw. gemäß Arztbrief des H ... Klinikums X ... vom 23. Mai 2011 sogar ausdrücklich fallengelassen wurde (es handele sich eher um durch die Leberzirrhose bedingte Fettverteilungsstörungen) und auch die Verkleinerung des Pankreaskopfes nicht auf eine Heilung hindeutete. Das cholangiozelluläre Karzinom hatte sich nach den Behandlungsunterlagen nicht auf das Pankreas (Bauchspeicheldrüse), sondern auf das Duodenum (Zwölffingerdarm) ausgebreitet; insoweit unterliegt die Klägerin womöglich einem Missverständnis.
(4) Aus der Pflicht, die Regeln der ärztlichen Kunst zu beachten, (vgl. nochmals § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB V und BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 25) folgt nicht nur, dass die Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf aufgrund von Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft bestehen muss. Außerdem muss der Arzt aus diesem Grunde insbesondere bei neuen, noch nicht erforschten Behandlungsmethoden konkret bezogen auf den Einzelfall Risiken und Nutzen der Therapie nach dem voraussichtlich erreichbaren Behandlungsziel ermitteln, d.h. eine sorgfältige Chancen-/Risikoabwägung durchführen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 25 f.; siehe ferner zur Aufklärungspflicht bei Arzneimitteltherapien BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris Rn. 28 und 54). Das BVerfG hat ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass eine "gewissenhafte fachliche Einschätzung" des behandelnden Arztes unverzichtbar ist (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris Rn. 66).
Daran fehlte es vorliegend jedoch. Ein vom Arzt beabsichtigter konkreter und hinreichend gewichtiger Nutzen der Therapie ist – wie bereits ausgeführt (siehe oben [2]) – nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass Prof. Dr. C ... nicht nur eine Verbesserung des Allgemeinbefindens und ggf. der Mobilität der Versicherten anstrebte, sondern ein nach gewissenhafter eigener Einschätzung trotz der bereits fortgeschrittenen Tumorerkrankung erreichbares darüber hinausgehendes Behandlungsziel. Dem stehen – worauf der MDK zu Recht hingewiesen hat – erhebliche Risiken der Therapie gegenüber; so wird u.a. diskutiert, ob Hyperthermie die Aussaat von Metastasen begünstigen kann (GBA-Abschluss¬bericht, Seite 38). Risiken bestanden insbesondere bei der Ganzkörper-Hyperthermie, die – fachgerecht ausgeführt – eine hohe Belastung für den Körper darstellt, unter Umständen eine intensivmedizinische Versorgung erfordert und von wissenschaftlich arbeitenden Ärzten nur unter vollstationären Bedingungen verantwortet wird; nach dem GBA-Abschluss¬bericht (Seite 39) sind sogar Todesfälle dokumentiert, die infolge der Belastungen durch Hyperthermie-Therapien eintraten. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Versicherte nach Angaben der Klägerin bereits so geschwächt war, dass schon ein Überleben der Anreise nach C ... zweifelhaft erschien. Es fehlt an jeglicher Dokumentation einer Chancen-/Risikoabwägung und einer Aufklärung der Versicherten hierzu (zur Dokumentation BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 27). Spärlich dokumentiert sind allein ein Vorgespräch mit der Tochter und ein Abschlussgespräch.
Es ist nicht einmal ersichtlich, dass Prof. Dr. C ... die Erkenntnisse der behandelnden Ärzte über die Tumorerkrankung der Versicherten vorlagen. In seinen Behandlungsunterlagen findet sich nur der Arztbrief des H ... Klinikums X ... vom 26. Oktober 2010, in dem es heißt, dass der Nachweis eines tumorösen Geschehens noch nicht gelungen sei. Nach den Angaben der Tochter der Versicherten im Vorgespräch ging Prof. Dr. C ... – wohl unzutreffend – von einem Pankreaskarzinom ("TU-Bauchspeicheldrüse") aus. Nur im Patientenfragebogen zu den Personalien und Vorerkrankungen ist u.a. auch das "Gallengangskarzinom" aufgeführt. Der Arztbrief des H ... Klinikums X ... vom 23. Mai 2011, in dem der Tumor erstmals beschrieben wurde, lag Prof. Dr. C ... nicht vor. Die Behandlung eines Tumorleidens ohne Heranziehen der bekannten ärztlichen Erkenntnisse über Art und Lage des Tumors stellt aber keine Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst dar, auf die auch bei der Anwendung neuer Behandlungsmethoden im Falle einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung nicht verzichtet werden kann.
Darüber hinaus muss die Behandlung in den Fällen der vorliegenden Art durch einen Facharzt oder einen in gleicher Weise einschlägig qualifizierten Arzt durchgeführt werden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 1 KR 24/06 R – juris Rn. 27; BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris Rn. 50). Prof. Dr. C ... ist jedoch Facharzt für Urologie. Die Behandlung eines cholangiozellulären Karzinoms durch einen solchen Facharzt ist zwar nicht verboten, überschreitet jedoch die geltenden Fachgebietsgrenzen (Abschnitt B Nr. 33 Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Nordrhein und der Musterweiterbildungsordnung: "Das Gebiet Urologie umfasst die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von Erkrankungen, Funktionsstörungen, Fehlbildungen und Verletzungen des männlichen Urogenitalsystems und der weiblichen Harnorgane.").
c) Des Weiteren hatte die Versicherte keinen Anspruch auf die von Prof. Dr. C ... veranlassten Infusionen. Diese erfolgten therapiebegleitend neben den Hyperthermie- und Colon-Hydro-Therapien im Rahmen des Konzepts der "intensiv-biolo¬gischen Krebstherapie". Wenn – wie aufgezeigt – kein Anspruch der Versicherten auf die Hyperthermie- und Colon-Hydro-Therapien bestand, kann nichts anderes für die Infusionen gelten. Im Übrigen bestanden auch keine Indizien im vorstehend erläuterten Sinne, aus denen sich die Aussicht auf eine Heilung oder eine spürbare positive Einwirkung auf den Verlauf der Grunderkrankung selbst durch die Verabreichung der von Prof. Dr. C ... rezeptieren (Arznei-) Produkte ergaben (zur Misteltherapie BSG, Urteil vom 15. Dezember 2015 – B 1 KR 30/15 R [Leitsatz], zur Thymustherapie sowie zu Vitamin C- und Seleninfusionen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2016 – L 5 KR 4217/14 – juris Rn. 62 ff.).
2. Ebenso wenig kann die Klägerin einen Anspruch aus § 13 Abs. 3a SGB V aufgrund der Versäumung von Entscheidungsfristen herleiten. Diese Regelung trat erst am 26. Februar 2013 und damit nach den fraglichen Behandlungen von Prof. Dr. C ... in Kraft.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die von Prof. Dr. C ... abgerechneten Behandlungen aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
Die gesetzlichen Regelungen zur Eingrenzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V dürfen nicht dadurch unterlaufen werden, dass weitergehende Rechte aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch abgeleitet werden. Deshalb hat das BSG zu Recht klargestellt, dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch als Anspruchsgrundlage neben dem Naturalleistungen der GKV betreffenden Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V keine Anwendung findet (BSG, Urteil vom 2. November 2007 – B 1 KR 14/07 R – juris Rn. 19 m.w.N.; durch diese Entscheidung wurde das von der Klägerin zitierte Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 21. Februar 2007 – L 4 KR 78/05 – aufgehoben). Hinzu kommt, dass die Rechtsfolge des Herstellungsanspruchs für weitergehende Zahlungsansprüche – selbst wenn die von der Klägerin behaupteten Verstöße gegen die Auskunfts- und Beratungspflicht zu bejahen wären – nichts hergibt. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grund¬sätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre. Als rechtmäßige Amtshandlung käme aber jeweils allenfalls die Erfüllung des Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht (BSG, Urteil vom 2. November 2007 – B 1 KR 14/07 R – juris Rn. 20 m.w.N.). Im Übrigen führte die Versicherte nicht infolge eines Verstoßes der Beklagten gegen Auskunfts- und Beratungspflichten Behandlungen privatärztlich durch, obwohl sie eben diese Behandlungen als Leistungen der GKV hätte erlangen können; wie vorstehend aufgezeigt hätte die Versicherte keinen Sachleistungsanspruch auf die durchgeführten Behandlungen gehabt.
4. Die Klägerin kann schließlich nicht die Erstattung der Kosten für die von Prof. Dr. C ... rezeptierten (Arznei-) Produkte sowie die Erstattung der Kosten der Übernachtungen in C ... verlangen. Hinsichtlich dieser Kosten gilt das Vorstehende entsprechend, da sie ohne die von Prof. Dr. C ... durchgeführten ärztlichen Behandlungen, auf die die Versicherte aus den genannten Gründen keinen Anspruch hatte, nicht angefallen wären.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es handelt sich noch um ein kostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG. Der Ehemann der Versicherten hat das Verfahren in erster Instanz als Sonderrechtsnachfolger im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch übernommen (zur Anwendbarkeit auf Erstattungsansprüche vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 26. August 2016 – L 1 KR 137/11 – juris Rn. 31; BSG, Beschluss vom 8. November 2011 – B 1 KR 6/11 R – juris Rn. 11). Für die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin des Ehemanns der Versicherten ist das Verfahren gemäß § 183 Abs. 1 Satz 2 SGG im Rechtszug der Verfahrensübernahme – d.h. hier im Berufungsverfahren – ebenfalls kostenprivilegiert.
III.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved