L 3 AL 124/14

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 24 AL 512/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 124/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 11/17 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu dem bis zum 31. März 2012 geltenden § 421g SGB III gilt auch nach der Gesetzesänderung mit der Übernahme der Regelungen über den Vermittlungsgutschein einschließlich der Vermittlungsvergütung in § 45 SGB III fort (Bestätigung der Senatsrechtsprechung: Sächs. LSG, Urteil vom 19. November 2015 – L 3 AL 192/13 – juris Rdnr. 20).
2. Es fehlt eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines den Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers konkrtisierenden Verwaltungsaktes in einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein.
3. Die Bundesagentur für Arbeit hat im Zusammenhang mit einem erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein gegenüber dem privaten Arbeitsvermittler erst im Verfahren über die Abrechnung des Vergütungsanspruches die Befugnis, einen Verwaltungsakt zu erlassen.
4. Dass ein Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers nur besteht, wenn im Geltungszeitraum des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines auch die Beschäftigungsaufnahme liegt, ergibt sich aus der Regelungsintention der die Arbeitsvermittlung betreffenden Regelungen im SGB III.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichtes Chemnitz vom 26. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Beklagte zur Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR zu verurteilen.

Die Beklagte stellte der Beigeladenen, die das Sozialgericht mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 beigeladen hat, am 17. September 2012 einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein aus. Die Geltungsdauer wurde auf die Zeit vom 19. September 2012 bis zum 6. Oktober 2012 festgelegt. Der Gutschein berechtigte zur Auswahl "eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung)". Der Gutschein enthält auf Seite 1 unter der Überschrift "Nebenbestimmungen:" unter anderem folgende Passage: "Zeitliche Befristung der Zusicherung (Gültigkeitsdauer) Der festgelegte Zeitraum ist maßgeblich für folgende Aktivitäten: • Auswahl eines zugelassenen Trägers • Arbeitsvermittlung durch den ausgewählten Träger • Aufnahme dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung"

Auf Seite 2 enthält er folgende Passage: "Vermittlungsvergütung Die Vermittlungsvergütung wird unter Einhaltung der regionalen Beschränkungen und unter folgenden Voraussetzungen an den Träger (private Arbeitsvermittlung) gezahlt: • Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. in eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins • Aufnahme der vermittelten Beschäftigung innerhalb der Gültigkeitsdauer • mindestens sechswöchige Dauer der vermittelten Beschäftigung • Nachweis durch die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung • Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines mit dem erforderlichen Nachweis innerhalb der Ausschlussfrist"

Die Klägerin, eine gewerbliche Personalvermittlerin, beantragte am 15. Februar 2013 die Zahlung von 1.000,00 EUR für die Vermittlung der Beigeladenen. Sie legte ihre Gewerbeummeldung, den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein sowie die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung der Arbeitsgeberin der Beigeladenen vom 12./15 Februar 2013 vor. Danach wurde der Arbeitsvertrag am 4. Oktober 2012 für die Dauer vom 29. Oktober 2012 bis zum 29. April 2013 mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich geschlossen. Die Arbeitsgeberin bestätigte weiter, dass das Beschäftigungsverhältnis ununterbrochen vom 29. Oktober 2012 bis zum 10. Januar 2013 bestand, und dass die Beigeladene durch die Klägerin vermittelt worden war.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 2. Mai 2013 ab, weil die Beigeladene die Beschäftigung nicht innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines aufgenommen habe.

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 21. Mai 2013 Widerspruch ein. Sie verwies auf Nummer 45.15 Abs. 4 [gemeint ist wohl Abs. 5] der Geschäftsanweisung [HEGA vom 20. November 2012, "Maßnahmen bei einem Träger [private Arbeitsvermittler – MPAV] nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III". Dort werde dem privaten Arbeitsvermittler eine Vermittlung zum Tag des Abschlusses des Arbeitsvertrages zugestanden und "dieser Tag [wird] auch als Vermittlung definiert, sofern sie in der Gültigkeit des AGVS liegt." Auch in § 45 SGB III sei von einer "Vermittlung" in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung die Rede. Im Übrigen könne von einem Arbeitgeber nicht verlangt werden, dass er seine Einstellung hundertprozentig am Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein ausrichte. Es müsse deshalb ausreichend sein, dass die eigentliche Vermittlung in die Gültigkeit des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines falle.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2013 als unbegründet zurück. Nachdem sie über 2½ Seiten den Gesetzeswortlaut von § 45 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) wiedergegeben hatte, stellte die knapp fest, dass zwar die Vermittlung innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines gelegen habe, nicht jedoch die Beschäftigungsaufnahme. Im Gutschein sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Vergütung nur gezahlt werde, wenn die Arbeitsaufnahme tatsächlich innerhalb des Gültigkeitszeitraums erfolge.

Die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin hat am 11. Juli 2016 Klage erhoben. Im Ansatz sei vom gleichen Vermittlungsbegriff wie im Rahmen des § 652 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszugehen. Der Klägerbevollmächtigte hat zunächst die Urteile des Bundessozialgerichtes vom 6. Mai 2008 (Az. B 7/7a AL 8/07 R) und vom 23. Februar 2011 (Az. B 11 AL 11/10 R) zitiert, bevor er sich für seine Rechtsauffassung, dass allein der Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages maßgebend sei, auf das Urteil des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 19. Februar 2007 (Az. L 1 AL 5/07) gestützt hat.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Juni 2014 abgewiesen. Die Beklagte sei nur dann zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet, wenn der Arbeitsvertrag infolge der Vermittlung des Vermittlers innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines zustande gekommen sei. Zum Zeitpunkt, als die Beigeladene die Arbeit aufgenommen habe, habe der Vermittlungsgutschein keine Gültigkeit mehr besessen. Die Klägerin habe deshalb nicht auf den Bestand und die Wirksamkeit des Gutscheines vertrauen dürfen. Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein sei mit einer Nebenbestimmung versehen gewesen. Die Beklagte habe zweimal darauf hingewiesen, dass der Zahlungsanspruch mit Ablauf der Gültigkeitsdauer erlösche, und dass Voraussetzung für den Zahlungsanspruch eine Arbeitsaufnahme innerhalb der Gültigkeitsdauer sei. Die Gültigkeitsdauer sei auch nicht willkürlich gesetzt. Mit Ablauf des 6. Oktober 2012 habe die Beigeladene keinen Anspruch mehr auf Leistungen des Beklagten mehr gehabt, weil mit diesem Tag der Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld geendet habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 21. August 2014 zugestellte Urteil am selben Tag Berufung eingelegt. Der Klägerbevollmächtigte vertritt unter Verweis auf verschiedene sozialgerichtliche Entscheidungen die Auffassung, dass für den Anspruch auf Auszahlung aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein der Abschluss des Arbeitsvertrages maßgebend sei. Im Berufungsverfahren ist die Vermittlungsvereinbarung vom 24. Oktober 2012 vorgelegt worden.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Urteil des Sozialgerichtes Chemnitz vom 28. Juli 2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 verurteilt, an die Klägerin die Vergütung für die Vermittlung der Beigeladenen in Höhe von 1.000,00 EUR zu zahlen. Hilfsweise II. Die Revision wird zugelassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichtes für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Vermittlungsvergütung.

1. Die Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch findet sich in dem seit 1. April 2012 geltenden § 45 SGB III (vgl. Artikel 2 Nr. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]).

Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III können Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung, unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB III kann die Agentur für Arbeit der oder dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Absatz 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III). Der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein berechtigt nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III zur Auswahl eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet.

Der ausgewählte Träger nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III hat der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 4 SGB III). Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III beträgt die Vergütung 2.000 EUR (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB III). Die Vergütung unter anderem nach den § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB III wird in Höhe von 1.000 EUR nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt (vgl. § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III). Nach § 45 Abs. 6 Satz 6 SGB III ist eine erfolgsbezogene Vergütung für die Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeschlossen, wenn das Beschäftigungsverhältnis 1. von vornherein auf eine Dauer von weniger als drei Monaten begrenzt ist oder 2. bei einem früheren Arbeitgeber begründet wird, bei dem die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Aufnahme der Beschäftigung mehr als drei Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um die befristete Beschäftigung besonders betroffener schwerbehinderter Menschen handelt.

2. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der bis zum 31. März 2012 geltenden Vorgängerregelung in § 421g SGB III (im Folgenden: § 421g SGB III a. F.) war der private Arbeitsvermittler selbst Inhaber eines Zahlungsanspruchs, der zunächst einen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitnehmer voraussetzte, der sich seinerseits aus einem zivilrechtlichen Vertrag ergab, dessen Wirksamkeit und nähere Ausgestaltung sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) richtete, die von den öffentlich-rechtlichen Normen überlagert waren (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 RBSGE 96, 190 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1 = NJW 2007, 1902 ff. = juris Rdnr. 13 ff., m. w. N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 10/10 R – juris Rdnr. 15, m. w. N.; BSG, Urteil vom 11. März 2014 – B 11 AL 19/12 RBSGE 115, 185 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 5 = juris, jeweils Rdnr. 15, m. w. N.).

Da sich durch die Übernahme der Regelungen über den Vermittlungsgutschein einschließlich der Vermittlungsvergütung von § 421g SGB III a. F. in § 45 SGB III in der Sache nichts geändert hat, gilt nach Auffassung des Senats die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur vorhergehenden Rechtslage auch nach der Gesetzesänderung fort (so bereits Sächs. LSG, Urteil vom 19. November 2015 – L 3 AL 192/13 – juris Rdnr. 20; Sächs. LSG, Urteil vom 10. März 2016 – L 3 AL 58/14 – juris Rdnr. 27; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Juni 2015 – L 25 AS 1835/14 – juris Rdnr. 34).

Der Zahlungsanspruch des Vermittlers hatte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts regelmäßig folgende Voraussetzungen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011, a. a. O., m. w. N.; BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., m. w. N.): 1. Ausstellung eines Vermittlungsgutscheines, 2. wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer, 3. Vermittlungstätigkeit mit erfolgreicher Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden und 4. eine sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses für die Auszahlung der ersten Rate.

3. Vorliegend sind lediglich drei dieser vier Voraussetzungen erfüllt. Der Beigeladenen war am 17. September 2012 ein Vermittlungsgutschein ausgestellt worden. Die Beigeladene wurde ausweislich der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung der Arbeitsgeberin vom 12. Februar 2013 von der Klägerin in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden vermittelt. Schließlich dauerte das am 4. Oktober 2012 geschlossene Beschäftigungsverhältnis ausweislich der Bestätigung der Arbeitsgeberin vom 29. Oktober 2012 bis 10. Januar 2013, das heißt knapp 12 Wochen.

Hingegen steht dem von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruch entgegen, dass der von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegte schriftliche Vermittlungsvertrag auf den 24. Oktober 2012 datiert, der Arbeitsvertrag zwischen der Beigeladenen und ihrer damaligen Arbeitgeberin aber bereits am 4. Oktober 2012 geschlossen wurde. Auf Grund dieses zeitlichen Ablaufes kann das am 24. Oktober 2012 begründete Vermittlungsverhältnis nicht kausal sein für den 20 Tage zuvor erfolgten Abschluss des Arbeitsvertrages. Ob die Beigeladene möglicherweise die Klägerin schon früher aufgesucht und ihr einen mündlichen Vermittlungsauftrag erteilt hat, kann dahingestellt bleiben, weil nach der insoweit eindeutigen Regelung in § 296 Abs. 1 Satz 1 SGB III ein Vertrag, nach dem sich ein Vermittler verpflichtet, einer oder einem Arbeitsuchenden eine Arbeitsstelle zu vermitteln, der schriftlichen Form bedarf (vgl. hierzu auch Sächs. LSG, Beschluss vom 4. Mai 2016 – L 3 AL 123/14 – juris Rdnr. 26). An einem schriftlichen Vermittlungsvertrag fehlte es aber am 4. Oktober 2012.

Daran, dass der Arbeitsvertrag am 4. Oktober 2012, also vor dem schriftlichen Abschluss des Vermittlungsvertrages, geschlossen wurde, bestehen keine Zweifel. Zum einen entspricht dies den Angaben der damaligen Arbeitgeberin der Beigeladenen in der Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung. Zum anderen hat sich auch die Klägerin im Widerspruchsschreiben auf den Abschluss des Arbeitsvertrages an diesem Tag berufen.

4. Ferner steht dem Vergütungsanspruch entgegen, dass im Geltungszeitraum des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines nur der Arbeitsvertrag geschlossen wurde, nicht aber die Beschäftigungsaufnahme lag.

a) Diesbezüglich können der Klägerin allerdings keine Regelungen aus dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein entgegengehalten werden.

Dort findet sich zwar unter der Hauptüberschrift "Nebenbestimmungen" die Unterüberschrift "Vermittlungsvergütung". Darin heißt es, dass die Vermittlungsvergütung unter Einhaltung der regionalen Beschränkungen und unter folgenden Voraussetzungen an den Träger (private Arbeitsvermittlung) gezahlt werde, unter anderem wenn die vermittelte Beschäftigung innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines aufgenommen worden sei. Diese wie auch die weiteren formulierten Voraussetzungen wie zum Beispiel ein Nachweis durch die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung oder das Einlösen des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines mit dem erforderlichen Nachweis innerhalb der Ausschlussfrist richten sich, wenn es sich bei ihnen um Regelungen und nicht nur um informatorische Hinweise handeln sollte, nach der Systematik des § 45 SGB III an den privaten Arbeitsvermittler. Denn Regelungen, die den Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers betreffen, sind in § 45 SGB III nicht, auch nicht mittelbar, an den Arbeitsuchenden adressiert. Insoweit war die Regelung in § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III a. F. noch deutlicher. Danach verpflichtete sich die Agentur für Arbeit mit dem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hatte, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Daraus leitete das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung zu § 421g SGB III a. F. ab, dass der privaten Arbeitsvermittlers über einen öffentlich-rechtlichen gesetzlichen Zahlungsanspruch verfügte (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 56/05 RBSGE 96, 190 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 1 = juris Rdnr. 15). Anspruchsgrundlage war zunächst § 421g Abs. 1 Satz 2 SGB III, später § 421g Abs. 1 Satz 4 SGB III. Nunmehr ist die Anspruchsgrundlage in § 45 Abs. 6 Satz 3 und 5 SGB III, gegebenenfalls in Verbindung mit § 83 Abs. 2 SGB III, enthalten.

Wenn aber ein Anspruch, hier der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch, seine Grundlage unmittelbar in einem Gesetz findet, bleibt für den Erlass eines den Anspruch konkretisierenden Verwaltungsaktes nur Raum, wenn es hierfür eine gesetzliche Ermächtigung gibt. An einer solchen Ermächtigungsgrundlage fehlt es aber. Die Bundesagentur für Arbeit hat im Zusammenhang mit einem erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein gegenüber dem privaten Arbeitsvermittler erst im Verfahren über die Abrechnung des Vergütungsanspruches die Befugnis, einen Verwaltungsakt zu erlassen (zur Verwaltungsaktsqualität einer Ablehnungsentscheidung: Sächs. LSG, Urteil vom 19. November 2015 – L 3 AL 192/13 – juris Rdnr. 20, m. w. N ...). Wenn es aber im Zusammenhang mit der Erteilung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins an einem Verwaltungsakt gegenüber dem privaten Arbeitsvermittler fehlt, kann ihm gegenüber auch keine Nebenbestimmung erlassen werden. Denn nach den Regelungen in den drei Absätzen des § 32 des Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) kann nur einem Verwaltungsakt eine Nebenbestimmung beigefügt werden.

Selbst wenn – entgegen den vorstehenden Ausführungen – in den zitierten Passagen des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines ein an einen privaten Arbeitsvermittler gerichteter Verwaltungsakt zu sehen sein sollte, wäre er gegenüber der Klägerin nicht wirksam. Denn nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Eine Bekanntgabe des der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines an die Klägerin ist aber nicht erfolgt. Die Klägerin erlangte vielmehr nur zufällig Kenntnis von dem Gutschein, als die Beigeladene sie wegen eines Vermittlungsauftrages aufsuchte und ihr hierbei den Gutschein vorlegte. Die zufällige Kenntniserlangung ist aber nicht ausreichend, weil eine Bekanntgabe im Sinne von § 37 SGB X immer auch einen Bekanntgabewillen erfordert (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 2/13 R – SozR 4-4200 § 38 Nr. 3 = juris, jeweils Rdnr. 22; Littmann, in: Hauck/Noftz, SGB X [Stand: Erg.-Lfg. 2/2016, August 2016], § 37 Rdnr. 8 ff.). Ein solcher, die Bekanntgabe des der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines an die Klägerin betreffenden Bekanntgabewillen der Beklagten lässt sich nicht feststellen.

b) Dass ein Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers nur besteht, wenn im Geltungszeitraum des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines auch die Beschäftigungsaufnahme liegt (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. April 2016 – L 32 AS 846/15NZS 2016, 633 ff. = juris Rdnr. 73 ff.), ergibt aber aus der Regelungsintention der die Arbeitsvermittlung betreffenden Regelungen im SGB III.

Zur Auslegung des Rechtsbegriffs der Vermittlung in § 421g SGB III a. F. und der Konkretisierung der Vermittlungstätigkeit war nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes im Ansatz vom gleichen Vermittlungsbegriff wie im Rahmen des § 652 BGB auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/7a AL 8/07 R – BSGE 100, 238 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 3 = juris Rdnr. 12, m. w. N.). Danach war erforderlich, dass der Vermittler als Dritter in Kontakt sowohl mit dem Arbeitsuchenden als auch dem Arbeitgeber trat und durch seine Tätigkeit aktiv die Abschlussbereitschaft beider derart gefördert hatte (Kausalität), dass ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008, a. a. O., m. w. N.; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2014 – B 11 AL 1/14 RNZS 2015, 270 ff. = juris Rdnr. 13, m. w. N.). Ziel der Vermittlungstätigkeit ist es mithin, die beiden potentiellen Arbeitsvertragsparteien zu Abschluss eines Arbeitsvertrages zu bewegen. Wenn dies der Fall ist, ist ausgehend vom Vermittlungsbegriff in § 652 BGB der Erfolg eingetreten. Die tatsächliche Beschäftigungsaufnahme ist dann nur noch die Umsetzung des vertraglich vereinbarten, ähnlich wie bei einem von einem Makler vermittelte Mietvertrag der tatsächliche Bezug der Wohnung.

Allerdings hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 6. Mai 2008 ausgehend von den einschlägigen Regelungen in § 421g SGB III a. F. entschieden, dass der private Arbeitsvermittler den Anspruch gegen die Beklagte erst mit dem Beginn des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses erwirbt, also nicht bereits mit Abschluss eines Arbeitsvertrages vor Aufnahme der Beschäftigung. Dies mache § 421g Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. deutlich, wonach die Vermittlung in eine Beschäftigung münde. Hierbei gelte der leistungsrechtliche Begriff des Beschäftigungsverhältnisses, sodass es entscheidend auf die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb ankomme (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/7a AL 8/07 R – BSGE 100, 238 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 3 = juris Rdnr. 17).

Diese Entscheidung hat das Bundessozialgericht unter anderem im Urteil vom 23. Februar 2011 bestätigt. Dort hat es ausgeführt, dass entscheidend für den Eintritt des Vermittlungserfolgs der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 11/10 R – juris Rdnr. 21).

Zwar lässt sich diese Rechtsauffassung nicht zwingend aus den vom Bundessozialgericht zitierten Regelungen herleiten. Nach § 421g Abs. 2 Satz 3 SGB III a. F. wurde die Vergütung in Höhe von 1.000 EUR bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses, der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Daraus ergibt sich lediglich, dass neben den sonstigen Anspruchsvoraussetzungen ein Beschäftigungsverhältnis mit einer bestimmten Mindestdauer bestanden haben muss, damit der private Arbeitsvermittler einen Vergütungsanspruch hat. Eine Aussage dazu, ob das Beschäftigungsverhältnis innerhalb des Geltungszeitraumes des Vermittlungsgutscheines begonnen haben muss oder ob der Beginn auch außerhalb dieses Zeitraumes liegen kann, ergibt sich hieraus nicht. Entsprechende gilt für die Regelung in § 421g Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F. Danach verpflichtete sich die Agentur für Arbeit mit dem Vermittlungsgutschein, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich vermittelt hatte, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu erfüllen. Dort wurde ebenfalls keine Aussage zum maßgebenden Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme getroffen.

Jedoch lässt sich dafür, dass der Beschäftigungsbeginn im Geltungszeitraum des Vermittlungsgutscheines liegen soll, anführen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine zeitnahe Eingliederung des Arbeitsuchenden in den Arbeitsmarkt erfolgen soll. Dies ergibt sich unter anderem aus der Reihenfolge, in der in § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB III die Ziele der Arbeitsförderung aufgelistet sind. An erster Stelle soll die Arbeitsförderung dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken. Wenn dies nicht möglich ist, ist das zweite Ziel der Arbeitsförderung, die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen. Die Bedeutung dieses zweitgenannten Zieles wird durch § 1 Abs. 2 Nr. 1 SGB III bekräftigt, wonach die Leistungen der Arbeitsförderung insbesondere unter anderem die zügige Besetzung offener Stellen ermöglichen sollen.

Das Anliegen des Gesetzgebers, einen Arbeitslosen zügig in den Arbeitsmarkt einzugliedern, kommt auch in § 45 Abs. 7 Satz 1 SGB III zum Ausdruck. Danach haben Arbeitslose, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, dessen Dauer nicht allein auf § 147 Abs. 3 SGB III beruht, und nach einer Arbeitslosigkeit von sechs Wochen innerhalb einer Frist von drei Monaten noch nicht vermittelt sind, Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III. Eine im Wesentlichen entsprechende Regelung fand sich auch bereits in § 421g Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. In dieser Regelung kommt nicht nur zum Ausdruck, dass der Agentur für Arbeit eine gewisse Zeit verbleiben soll, in der sie Vermittlungsbemühungen entfalten können soll. Vielmehr macht der Gesetzgeber mit dieser Regelung auch deutlich, dass er nach Ablauf der genannten Fristen die Vermittlungsbemühungen oder -möglichkeiten der Agentur für Arbeit allein nicht mehr als ausreichend erachtet, um eine Eingliederung des Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit erwarten zu können. Wenn die in § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III genannten Voraussetzungen gegeben sind, hat der Arbeitslose gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, um die Leistungen eines privaten Arbeitsvermittlers in Anspruch nehmen zu können.

Das Vertrauen des Gesetzgebers, dass Vermittlungsaktivitäten eines privaten Arbeitsvermittlers erfolgreich sein können, ist allerdings nicht unbegrenzt. Denn er hatte in § 421g Abs. 1 Satz 6 SGB III a. F. die Geltungsdauer eines Vermittlungsgutscheins auf einen Zeitraum von jeweils drei Monaten begrenzt. Diese starre gesetzliche Frist (vgl. hierzu: BSG, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – B 11 AL 34/12 B – juris Rdnr. 4; BSG, Beschluss vom 26. November 2012 – B 11 AL 65/12 B – juris Rdnr. 4; vgl. auch BSG, Beschluss vom 6. März 2013 – B 11 AL 93/12 B – juris Rdnr. 9 ff.; beachte aber auch BSG, Beschluss vom 18. September 2014 – B 11 AL 54/14 B – juris Rdnr. 11) wurde nunmehr in § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III durch die Befugnis der Agentur für Arbeit, eine auf den Einzelfall zugeschnittene Frist festzulegen, ersetzt. Damit wird der Agentur für Arbeit nicht nur ermöglicht zu prüfen, ob sie noch für die Betreuung des Arbeitslosen zuständig ist oder ob die Zuständigkeit auf das Jobcenter übergegangen ist. Ihr wird auch ermöglicht zu prüfen, ob auf Grund der Erfahrungen der bislang erfolglosen Vermittlungsbemühungen eine weitere Arbeitsvermittlung – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines privaten Arbeitsvermittlers – die im Einzelfall geeignete Maßnahme ist oder ob anderen in § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB III aufgeführten Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung der Vorzug zu geben ist (ähnlich LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 – L 1 AL 5/07 – juris Rdnr. 28).

Ein Nebeneffekt der vom Bundessozialgericht vertretenen Rechtsauffassung ist zudem, dass durch die Forderung nach dem Beschäftigungsbeginn innerhalb des Geltungszeitraumes des Vermittlungsgutscheines einem möglichen Missbrauch von Sozialleistungen, der durch die Vermittlung eines Arbeitsvertrages mit einem in fernerer Zukunft liegenden Beschäftigungsbeginns liegen kann, entgegengewirkt werden kann.

Gegen die Übertragung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu § 421g SGB III a. F., wonach der Beschäftigungsbeginn innerhalb der Geltungsdauer des Vermittlungsgutscheines liegen muss, auf den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein im Sinne von § 45 SGB III könnte eingewandt werden, dass es wegen der beschriebenen unterschiedlichen Befristungsregelungen eine entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage gab, die eine andere Beantwortung der Rechtsfrage gebiete. Denn während unter Geltung des § 421g Abs. 1 Satz 6 SGB III a. F. dem Arbeitsvermittler günstigstenfalls – bei unmittelbarer Kontaktierung durch den Arbeitslosen nach Erteilung des Vermittlungsgutscheines – ein Zeitraum von drei Monaten verblieb, in denen er den Vermittlungserfolg herbeiführen konnte, kann dieser Zeitraum unter Geltung von § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III signifikant verkürzt sein. So hatte der vorliegend der Beigeladenen erteilte Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein eine Geltungsdauer von 18 Kalendertagen, nämlich vom 19. September 2012 bis zum 6. Oktober 2012. In diesen Zeitraum fielen 13 Arbeitstage (d. h. Monat bis Freitag). Noch kürzer ist der Zeitraum nach dem im anhängigen Verfahren Az. L 3 AL 32/15 maßgebenden Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Dessen Geltungsdauer umfasste den Zeitraum vom 3. Mai 2012 bis zum 14. Mai 2012, das heißt 12 Kalendertage oder 8 Arbeitstage. Wenn in solchen Fällen der Arbeitslose nicht umgehend einen privaten Arbeitsvermittler aufsucht, dieser ihm nicht umgehend einen Vermittlungsvorschlag unterbreitet und schließlich der Arbeitslosen und der Arbeitgeber sich nicht umgehend auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages und die sofortige Arbeitsaufnahme verständigen, bleibt der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein für den Arbeitslosen ein Gutschein mit nur einem theoretischen Wert. Allerdings ist davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber bei einer beabsichtigten Gesetzesänderung grundsätzlich die bislang ergangene einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung bekannt ist. Von dieser Prämisse ausgehend ist festzustellen, dass der Gesetzgeber beim Übergang von § 421g SGB III a. F. zu § 45 SGB III weder im Gesetzestext noch in der Begründung (vgl. BT-Drs. 17/6277, insbes. S. 92 ff.) hat erkennen lassen, dass er eine Abkehr von der oben zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes wünscht.

Soweit sich der Klägerbevollmächtigte für seine Rechtsauffassung auf das Urteil des Landessozialgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 2007 bezieht, ist es zwar zutreffend, das das Gericht unter Verweis auf eine Kommentarstelle die Auffassung vertreten hat, dass das Entstehen des Vergütungsanspruchs des Vermittlers nicht von der Aufnahme der Tätigkeit des Arbeitsuchenden, sondern vom Abschluss eines Arbeitsvertrages abhänge (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. Dezember 2007 – L 1 AL 5/07 – juris Rdnr. 28). Auf Grund des Zeitpunktes dieser Entscheidung konnte sich das Landessozialgericht aber nicht mit der späteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, insbesondere der in den zitierten Urteilen vom 6. Mai 2008 und 23. Februar 2011, auseinandersetzen. Im ebenfalls vom Klägerbevollmächtigten zitierten Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Hildesheim vom 16. März 2009 wird die einschlägige Passage aus dem Urteil des Landessozialgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 2007 zitiert (vgl. SG Hildesheim, Gerichtsbescheid vom 16. März 2009 – S 16 AL 4/09 – juris Rdnr. 41). Eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Entscheidung des Landessozialgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vor dem Hintergrund des inzwischen ergangenen Urteils des Bundessozialgerichtes vom 6. Mai 2008 zu bewerten ist, findet sich aber in dem Gerichtsbescheid nicht.

Auch in einigen weiteren älteren Entscheidungen ist in Bezug auf den Vermittlungserfolg auf den Abschluss des Arbeitsvertrages und nicht auf die Beschäftigungsaufnahme abgestellt worden (vgl. z. B. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Februar 2006 – L 28 AL 166/03 – juris Rdnr. 40; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. April 2006 – L 1 AL 215/05 – juris Rdnr. 22). Diese Rechtsauffassung wird allerdings, soweit ersichtlich, inzwischen nicht mehr vertreten (vgl. z. B. für das LSG Berlin-Brandenburg: Urteil vom 12. Juni 2006 – L 25 AS 1835/14 – juris Rdnr. 39).

Soweit das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Urteil vom 21. Januar 2016 den Abschluss des Arbeitsvertrages innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines als ausreichend für den Eintritt des Vermittlungserfolg angesehen hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Januar 2016 – L 31 AS 1974/15 – juris Rdnr. 31), beruht dies auf der Auslegung des dortigen Gutscheines und der sich daraus ergebenden Vertrauensposition des privaten Arbeitsvermittlers (vgl. hierzu nachgehend unter c).

c) Die Klägerin kann schließlich den geltend gemachten Vergütungsanspruch auch nicht aus dem vom Bundessozialgericht im Urteil vom 23. Februar 2011 angedeuteten Ausnahmefall herleiten.

Das Bundessozialgericht hat es in dieser Entscheidung im Einzelfall als nicht ausgeschlossen erachtet, entsprechend den Angaben im Vermittlungsgutschein auf den Zeitpunkt des Arbeitsvertrags oder einer Einstellungszusage abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 11/10 R – juris Rdnr. 21). Die erwähnten "Angaben" beziehen sich auf einen Hinweis im dortigen Vermittlungsgutschein, nach dem die Vermittlung innerhalb der Gültigkeitsdauer erfolgen müsse; maßgebend sei der Tag, an dem der Arbeitsvertrag geschlossen werde, bei vorheriger mündlicher Einigung oder im Falle einer Einstellungszusage jedoch der Tag der Einigung oder Zusage (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2011, a. a. O., Rdnr. 3).

Eine vergleichbare Sachverhaltslage ist vorliegend aber nicht gegeben (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. April 2016 – L 32 AS 846/15NZS 2016, 633 ff. = juris Rdnr. 76). Denn in dem der Beigeladenen erteilten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein ist unter der Überschrift "Zeitliche Befristung der Zusicherung (Gültigkeitsdauer)" festgehalten, dass der festgelegte Zeitraum maßgebend unter anderem für die Aufnahme der vermittelten versicherungspflichtigen Beschäftigung sei. Hierbei handelt es sich zwar nicht um eine Nebenbestimmung im Sinne von § 32 SGB X, die geeignet wäre, die Befristung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein einzuschränken. Es handelt sich lediglich um eine in Form eines Hinweises geäußerte Rechtsauffassung der Beklagten. Jedoch wurde dadurch für die Klägerin im Gegensatz zu dem vom Bundessozialgericht im Urteil vom 23. Februar 2011entschiedenen Fall gerade keine Vertrauensposition geschaffen (vgl. zum Verlassen dürfen des privaten Arbeitsvermittlers auf den im Gutschein selbst vorgesehenen Geltungszeitraum: BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 – B 7/7a AL 8/07 R – BSGE 100, 238 ff. = SozR 4-4300 § 421g Nr. 3 = juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 11/10 R – juris Rdnr. 21; BSG, Beschluss vom 18. September 2014 – B 11 AL 54/14 B – juris Rdnr. 11), die bei ihr die Annahme hätte rechtfertigen können, die Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein sei für den Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme unerheblich. Das Gegenteil war der Fall.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Klägerin ist kein Beteiligter im Sinne des § 183 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7 AL 56/05 R – BSGE 96, 119 ff. [Rdnr. 21] = SozR 4/4300 § 421g Nr. 1 Rdnr. 21 = juris Rdnr. 21; Sächs. LSG, Urteil vom 26. April 2012 – L 3 AL 255/10 – juris Rdnr. 28).

Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit nicht das Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO), entspricht es auch nicht der Billigkeit (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO) ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin als unterlegene Beteiligte oder der Staatskasse aufzuerlegen.

III. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen. So ist unter anderem die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zum Vermittlungsgutschein nach § 421g SGB III a. F. auf den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach § 45 SGB III, soweit ein Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers betroffen ist, übertragen werden kann, unter anderem die Rechtsprechung zum Begriff des Vermittlungserfolges, bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden. Auch zur Frage, ob in einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, der einem Arbeitslosen erteilt wird, Regelungen über einen Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers enthalten sein können, gibt es keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Diese Rechtsfragen sind auf Grund der von den Agenturen für Arbeit erteilten, formularhaft ausgestalteten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein für eine Vielzahl von Verfahren von Bedeutung.

IV. Die Festsetzung des Streitwertes für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 47, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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