L 5 RS 160/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RS 1135/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 160/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS - Arbeitsentgelt - Glaubhaftmachung des Zuflusses von Jahresendprämien dem Grunde und der Höhe nach - Zeugenaussagen - Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes
Nach Ausschöpfung aller im konkreten Einzelfall gebotenen Ermittlungen kommt in Konstellationen der Glaubhaftmachung des Zuflusses von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien die Glaubhaftmachung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes des einzelnen Beschäftigten in Betracht. Dies gilt nur für die Zeit von Juli 1968 bis Dezember 1982 und damit für die Planjahre von 1968 bis 1982.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 4. Februar 2016 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 5. Juni 2000 in der Fassung der Bescheide vom 31. Januar 2014, vom 15. April 2014 und vom 22. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1970, 1979, 1980 und 1983 weitere Arbeitsentgelte der Klägerin wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS wie folgt festzustellen sind: Für das Jahr: 1970 107,47 Mark 1979 103,40 Mark 1980 247,50 Mark 1983 30,26 Mark Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte erstattet der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu einem Drittel.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines von der Beklagten bereits eröffneten Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte der Klägerin für Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS für die Jahre 1970, 1979, 1980, 1983, 1984, 1985, 1986 und 1987 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Die am 1948 geborene Klägerin war vom 18. März 1968 bis 31. August 1970 als Sachbearbeiterin beim Verlag "Zeit im Bild" beschäftigt, studierte in der Zeit vom 1. September 1970 bis 15. August 1973 an der Fachschule für Buchhändler in Z ... und war vom 1. September 1973 bis 31. Oktober 1990 als Exportkauffrau und Vertriebsleiterin beim Verlag "Zeit im Bild" beschäftigt. Vom 1. Juli 1977 bis 31. März 1990 war sie Mitglied der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und zahlte entsprechende Beiträge. Sie war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein anderes Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Mit Bescheid der Partei des demokratischen Sozialismus‘ (PDS) vom 5. Juni 2000 stellte diese verschiedene Beschäftigungszeiten der Klägerin zwischen dem 14. Juli 1978 und dem 31. März 1990 als Zeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.

Mit Überprüfungsantrag vom 25. Juli 2013 beantragte die Klägerin bei der – inzwischen zuständig gewordenen – Beklagten die rückwirkende Neufeststellung der Zusatzversorgungszeiten unter Einbeziehung von Jahresendprämien und Sonderzahlungen. Die Klägerin legte unter anderem arbeitsvertragliche Lohnunterlagen, eine Entgeltbescheinigung der Sächsischen Verlags- und Vertriebs-GmbH vom 23. Oktober 1993, Jahresendprämiennachweise von Februar 1969 (230,- Mark für 1968), von Februar 1974 (370,- Mark für 1973), von Februar 1975 (700,- Mark für 1974), von Februar 1976 (750,- Mark für 1975) und von Februar 1977 (850,- Mark für 1976), einen Vergütungsnachweis hinsichtlich einer Neuerervereinbarung vom 25. Januar 1988 (1.280,- Mark), ein Schreiben der Dresdner Verlagshaus GmbH vom 30. Juli 2013, in dem ein Jahresendprämienbezug jeweils im März der Jahre 1988 bis 1990 in Höhe von jeweils 900,- Mark bestätigt wird, sowie eine schriftliche Erklärung der Zeuginnen Y ... und X ... vom 6. August 2013 vor. Die Zeuginnen gaben darin an, der Verlag "Zeit im Bild" habe seit 1968 jedes Jahr Jahresendprämien an alle Mitarbeiter im jeweiligen Folgejahr ausgezahlt, auch an die Klägerin, etwa in Höhe von 80 bis 90 Prozent eines Monatsgehaltes.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2014 stellte die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, verschiedene Beschäftigungszeiten der Klägerin zwischen dem 18. März 1968 und dem 30. Juni 1990 als "nachgewiesene" Zeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Dabei stellte sie höhere Entgelte für die Jahre 1969, 1974 bis 1977 und 1988 bis 1990 unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Jahresendprämien und der Vergütung für die Neuerervereinbarung in den nachgewiesenen Höhen fest. Die Feststellung weiterer Entgelte für Jahresendprämien in anderen Jahren sowie für Aufwandsentschädigungen, die bereits berücksichtigt worden seien, lehnte sie hingegen ab. Den bisherigen Bescheid hob sie, soweit er entgegenstand, auf.

Hiergegen legte die Klägerin am 13. Februar 2014 Widerspruch ein und begehrte die Berücksichtigung von Jahresendprämien auch für die anderen Jahre sowie die Berücksichtigung weiterer Sonderzahlungen. Sie legte unter anderem arbeitsvertragliche Unterlagen, ein Schreiben der Partei "Die Linke" vom 10. März 2014, einen Nachweis über eine einmalige Leistungsprämie in Höhe von 200,- Mark vom 10. Juli 1970, einen Nachweis über eine Geldprämie anlässlich der Verleihung des Ehrentitels "Aktivist der sozialistischen Arbeit" in Höhe von 250,- Mark vom 1. Mai 1976, Nachweise über Vergütungen für Neuerervorschläge vom 18. Dezember 1974 (20,- Mark) und vom 9. Dezember 1975 (145,- Mark), einen Nachweis über eine Einsatzbereitschaftsprämie vom 17. Oktober 1973 (100,- Mark), einen Nachweis über eine Studienabschlussprämie vom 20. August 1973 (100,- Mark), Urkunden über die Verleihung des Ehrentitels "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" vom 1. März 1971, vom 25. Februar 1974, von Februar 1975 und von Februar 1976 sowie eine Betriebsjubiläumsurkunde vom 18. März 1988 vor.

Mit Bescheid vom 15. April 2014 stellte die Beklagte erneut das Vorliegen der Voraussetzungen von § 1 AAÜG, verschiedene Beschäftigungszeiten der Klägerin zwischen dem 18. März 1968 und dem 30. Juni 1990 als "nachgewiesene" Zeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Dabei stellte sie höhere Entgelte für die Jahre 1970, 1973, 1974, 1975 und 1976 unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Leistungsprämien, Einsatzbereitschaftsprämien und Neuerervergütungen in den nachgewiesenen Höhen fest. Die Feststellung weiterer Entgelte für Jahresendprämien in anderen Jahren sowie für nicht betragsmäßig nachgewiesene Auszeichnungen lehnte sie hingegen ab. Den Bescheid vom 31. Januar 2014 hob sie, soweit er entgegenstand, auf.

Den Widerspruch im Übrigen wies die Beklagte, soweit ihm nicht durch den Bescheid vom 15. April 2014 abgeholfen wurde, mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Zeuginnen hätte keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien tätigen können. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen. Alle sonstigen zuordenbaren Prämien und Sonderzahlungen, die konkret mit Zahlen belegt gewesen seien, seien berücksichtigt worden. Urkunden ohne Zahlungsnachweise seien nicht ausreichend.

Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Juli 2014 Klage zum Sozialgericht Dresden und begehrte weiterhin die Berücksichtigung von fehlenden Jahresendprämien sowie von Aufwandsentschädigungen. Sie legte eine erneute Entgeltbescheinigung der Partei "Die Linke" vom 15. Juli 2014 vor, in der Treueprämien für die Jahre 1984 bis 1989, die bislang nicht im Bruttolohn enthalten waren, bescheinigt wurden. Mit Teilanerkenntnis vom 23. September 2014 erkannte die Beklagte diese Treueprämien als weitere Arbeitsentgelte an und setzte das Teilanerkenntnis mit Bescheid vom 22. September 2014 um. Das Sozialgericht hat in einem Beweisaufnahmetermin am 9. Juli 2015 die Zeuginnen Y ... und X ... vernommen und schriftliche Zeugenauskünfte von W ... vom 22. September 2015, von V ... vom 25. September 2015, von U ... vom 4. Oktober 2015, von T ... vom 14. Oktober 2015 und von S ... vom 21. Oktober 2015 eingeholt. Mit Urteil vom 4. Februar 2016 hat das Sozialgericht die Beklagte, unter Abänderung des Feststellungsbescheides vom 31. Januar 2014 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 15. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 in der Fassung des Feststellungsbescheides vom 22. September 2014 verurteilt, für die Jahre 1970, 1979 bis 1980 sowie 1983 bis 1987 (Zuflussjahre) weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter der SED/PDS jeweils zu fünf Sechsteln wie folgt zu berücksichtigen: Für das Jahr 1970: 244,45 Mark, für das Jahr 1979: 235,12 Mark, für das Jahr 1980: 527,01 Mark, für das Jahr 1983: 84,17 Mark, für das Jahr 1984: 505,92 Mark, für das Jahr 1985: 575,56 Mark, für das Jahr 1986: 553,93 Mark und für das Jahr 1987: 599,91 Mark. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe den Zufluss (in den Jahren 1970, 1979 bis 1980 und 1983 bis 1987) der begehrten Jahresendprämien für die Beschäftigungsjahre 1969, 1978 bis 1979 und 1982 bis 1986 dem Grunde nach glaubhaft gemacht, wie sich aus den eingereichten Unterlagen und den Zeugenauskünften ergebe. Deren Höhe könne geschätzt werden. Zur Begründung hat es sich umfänglich und wortwörtlich auf die Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts vom 4. Februar 2014 (im Verfahren L 5 RS 462/13) gestützt. Aufwandsentschädigungen seien hingegen kein Arbeitsentgelt und seien daher nicht zu berücksichtigen.

Gegen das am 16. Februar 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Februar 2016 Berufung eingelegt, mit der sie die vollständige Klageabweisung weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe sich lediglich auf die neuere Rechtsprechung des 5. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts gestützt, die nicht zutreffend sei. Die Schätzung der Höhe von Jahresendprämien sei nicht zulässig, erfolge willkürlich und verfahrensfehlerhaft. Der Zufluss müsse vielmehr bewiesen werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 4. Februar 2016 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet. Teilweise zu Unrecht hat das Sozialgericht Dresden dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, in den Jahren 1969, 1978 bis 1979 sowie 1982 bis 1986 "erwirtschafteter" und in den Jahren 1970, 1979 bis 1980 sowie 1983 bis 1987 zugeflossener weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen (teilweise) stattgegeben; teilweise hat es solche hingegen zu Recht zugesprochen. Denn die Klägerin hat lediglich in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihr in den Jahren 1970, 1979, 1980 und 1983 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheiden vom 5. Juni 2000 in der Fassung der Bescheide vom 31. Januar 2014, vom 15. April 2014 und vom 22. September 2014 festgestellten Zeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtlichen Mitarbeiter der SED/PDS. Soweit sie darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie solche für die Zuflussjahre 1984 bis 1987 begehrt, ist die Klage unbegründet und die Berufung der Beklagten begründet. Der Feststellungsbescheid der PDS vom 5. Juni 2000 in der Fassung der Feststellungsbescheide der Beklagten vom 31. Januar 2014, vom 15. April 2014 und vom 22. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2014 ist teilweise rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), weil mit ihm das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb war das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 4. Februar 2016 (teilweise) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 5. Juni 2000 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 31. Januar 2014, vom 15. April 2014 und vom 22. September 2014 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1970, 1979, 1980 und 1983 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtlichen Mitarbeiter der SED/PDS, wie tenoriert, festzustellen sind. Insoweit war die Berufung zurückzuweisen; im Übrigen hat die Berufung der Beklagten Erfolg.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 5. Juni 2000 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 31. Januar 2014, vom 15. April 2014 und vom 22. September 2014 ist teilweise rechtswidrig.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die – inzwischen zuständig gewordene – Beklagte mit den Feststellungsbescheiden vom 31. Januar 2014, vom 15. April 2014 und vom 22. September 2014 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 27 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit, betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Die Klägerin hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihr ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt, worden ist.

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat die Klägerin den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an sie gelangten, hat sie zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Planjahre 1969, 1978, 1979 und 1982, und damit für die Zuflussjahre 1970, 1979, 1980 und 1983, in einer Mindesthöhe glaubhaft machen können; eine Schätzung hingegen, wie sie das Sozialgericht Dresden im angefochtenen Urteil vom 4. Februar 2016 vorgenommen hat, ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an die Klägerin geflossene Prämienzahlungen konnte sie lediglich für die – nicht (mehr) streitgegenständlichen – Zuflussjahre 1969, 1974 bis 1977 und 1988 bis 1990 vorlegen. Für die streitgegenständlichen Zuflussjahre 1970, 1979, 1980 und 1983 bis 1987 verfügt sie selbst über keine Unterlagen, mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie sie selbst wiederholt ausführte.

Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat. Im Übrigen bekundeten die Klägerin und die Zeugen, dass Lohn- und andere Prämiennachweise, die im Keller des Hochhauses R ... in Dresden (Verlagshaus) archiviert waren, durch das Hochwasser im Jahr 2002 vollständig vernichtet wurden.

b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an die Klägerin ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Dies zu Grunde gelegt, hat die Klägerin im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren vorlagen und sie jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat:

aa) Die Klägerin war in den – streitgegenständlichen – Jahren 1969, 1978, 1979 und 1982 bis 1986 während des gesamten Planjahres Angehörige des Verlages "Zeit im Bild" (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten Arbeitsvertragsunterlagen, aus den Entgeltbescheinigungen sowie aus ihren Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung ergibt.

bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem die Klägerin angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S. 810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.

cc) Ausgehend von den Auskünften der Zeugen Y ..., X ..., W ..., V ..., U ..., T ... und S ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht, dass die Klägerin und das Arbeitskollektiv, dem sie angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).

Die Zeuginnen Y ... und X ... gaben in ihrer schriftlichen Zeugenerklärung vom 6. August 2013 (Bl. 29 der Verwaltungsakte) an, dass sie seit 1968 im Verlag arbeiteten und der Betrieb jährlich Jahresendprämien an jeden Kollegen im Folgejahr des Planjahres zahlte, die bis zum Auszahlungsjahr 1987 in bar ausgezahlt wurden und deren Empfang auf einer Liste der Gewerkschaftsleitung quittiert werden musste. Erst ab dem Jahr 1988 wurden die Beträge auf die jeweiligen Konten der Mitarbeiter überwiesen. Dies erklärt im Übrigen plausibel, weshalb der Rechtsnachfolger des Verlages (die Dresdner Verlagshaus kaufmännische Dienste GmbH) mit Schreiben vom 30. Juli 2013 (Bl. 30 der Veraltungsakte) die Zahlung von Jahresendprämien an die Klägerin für die Jahre 1988 bis 1990 (jeweils im März und jeweils in Höhe von 900,00 Mark) bestätigen konnte. Denn die überwiesenen Zahlungen waren bereits im System verbucht bzw. die Abrechnungen der Papier-Unterlagen waren bereits maschinell eingebucht.

Konkretisierend gab die Zeugin Y ... in ihrer Einvernahme anlässlich des vom Sozialgericht Dresden am 9. Juli 2015 durchgeführten Beweisaufnahmetermins (Bl. 78-81 der Gerichtsakte) an, dass sie mit der Klägerin in der gleichen Abteilung des Verlags arbeitete und jeder Mitarbeiter der Abteilung jährlich eine Jahresendprämie erhielt. Die Auszahlung erfolgte jeweils im Folgejahr zwischen Februar und April in bar in Umschlägen. Nach Empfang des Umschlages wurde der Betrag auf einer Liste vom jeweiligen Empfänger quittiert. Die Übergabe der Umschläge mit den Jahresendprämien erfolgte in einem festlichen Rahmen. Auf den zu quittierenden Listen standen alle Mitarbeiter der Abteilung. In den Anfangsjahren sei dabei noch ein Begleitschreiben ausgehändigt wurden, was später aus Einsparungsgründen entfiel. Diese Aussage der Zeugin wiederum erklärt plausibel, weshalb die Klägerin beispielsweise für die Jahre 1969 und 1974 bis 1977 derartige Begleitschreiben (Bl. 23-27 der Verwaltungsakte), die den jeweiligen Jahresendprämienbetrag des einzelnen Werktätigen enthielten, vorlegen konnte und weshalb diese für spätere Jahre nicht mehr existierten.

Die Zeugin X ... bestätige in der persönlichen Zeugeneinvernahme am 9. Juli 2015 ihre Angaben und führte aus, dass im Verlag jeder Jahresendprämien erhielt. Diese wurden in einem Umschlag in bar übergeben.

Die Zeugin W ... gab in ihrer schriftlichen Zeugenauskunft vom 22. September 2015 (Bl. 109-110 der Gerichtsakte) an, dass die Jahresendprämien in einer sog. Brigadeversammlung vom Sektorenleiter ausgeteilt wurden. Dabei wurden alle positiven und negativen Punkte des Geschäftsjahres ausgewertet und die Summe auf die Personen nach Leistung verteilt. Die Zeugin V ... konnte in ihrer schriftlichen Zeugenauskunft vom 25. September 2015 (Bl. 111 der Gerichtsakte) lediglich angeben, dass der Verlag Jahresendprämien gezahlt hat; Details waren ihr nicht mehr erinnerlich. Der Zeuge U ... gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 4. Oktober 2015 (Bl. 113-114 der Gerichtsakte) an, dass die Jahresendprämien als Leistungsprämien in der Regel jährlich an die Mitarbeiter des Verlages, und damit auch an die Klägerin, auf der Grundlage einer Leistungseinschätzung des Mitarbeiters gezahlt wurden. Deren Höhe wurde vom zuständigen Leiter des jeweiligen Mitarbeiters vorgeschlagen und von ihm in seiner Eigenschaft als kaufmännischer Direktor bzw. stellvertretender Verlagsdirektor bestätigt. Aus seiner Sicht begründete Korrekturen nach oben und unten wurden zuvor mit dem zuständigen Leiter besprochen. Die Prämienhöhe des Einzelnen richtete sich nach dem, dem jeweiligen Direktionsbereich zugewiesenen Gesamtprämienvolumen. Die Zeugin T ... bekundete in ihrer schriftlichen Zeugenauskunft vom 14. Oktober 2015 (Bl. 117 der Gerichtsakte) gleichfalls, dass der Verlag jedes Jahr Jahresendprämien an seine Mitarbeiter auszahlte. Über die jeweilige konkrete Höhe entschied der jeweilige Vorgesetzte. Auch die Zeugin S ... gab in ihrer schriftlichen Zeugenauskunft vom 21. Oktober 2015 an, dass der Verlag jährlich Jahresendprämien an seine Mitarbeiter auszahlte; weitere Details waren ihr nicht mehr erinnerlich.

Unzulänglichkeiten der Klägerin, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, ergeben sich weder aus den Zeugenaussagen noch aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugen sind vor dem Hintergrund der beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen des Verlages über die Klägerin plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass die Klägerin die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte. Im Prämienschreiben vom 10. Juli 1970 (Bl. 57 der Verwaltungsakte) wird auf die von der Klägerin zu verrichtenden vielfältigen und oft recht komplizierten Aufgaben abgestellt, denen sie durch ständige Weiterqualifizierung nach besten Kräften gerecht wurde. Im Prämienschreiben vom 1. Mai 1976 (Bl. 63 der Verwaltungsakte) werden die Leistungsbereitschaft, das Verantwortungsbewusstsein, der Fleiß und die Einsatzbereitschaft der Klägerin besonders lobend hervorgehoben. Im Gehaltserhöhungsschreiben vom 3. August 1976 (Bl. 62 der Verwaltungsakte) werden die guten Ergebnisse der Klägerin bei der Einarbeitung in die verantwortungsvolle Funktion als Vertriebsleiterin hervorgehoben und auf ihre guten Initiativen und ihre vorbildliche Einsatzbereitschaft hingewiesen. Im Betriebsjubiläumsschreiben vom 18. März 1978 (Bl. 58 der Verwaltungsakte) wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin zu den bewährten Mitarbeitern gehörte, auf deren Einsatzbereitschaft und Pflichterfüllung jederzeit Verlass war. Im Betriebsjubiläumsschreiben vom 18. März 1983 (Bl. 61 der Verwaltungsakte) wird ausgeführt, dass die Klägerin einen großen Anteil an der Entwicklung des Verlags hatte und sich wegen ihrer ständigen Einsatzbereitschaft und wegen ihrer Leistungen als eine der bewährtesten Mitarbeiterinnen auszeichnete. Hervorgehoben wird ihr hohes Verantwortungsbewusstsein und ihre Aufgabenerfüllung. Im Gehaltserhöhungsschreiben vom 10. April 1985 (Bl. 19 der Verwaltungsakte) werden die gut verrichtete Arbeit und die Einsatzbereitschaft der Klägerin lobend hervorgehoben. Im Gehaltserhöhungsantrag vom 16. April 1987 (Bl. 11 und 102 der Gerichtsakte) werden der Klägerin eine engagierte Arbeitsweise, die Erfüllung von Leistungsarbeit sowie ein wesentlicher persönlicher Einsatz attestiert. Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise der Klägerin durch die ihr verliehenen Auszeichnungen als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit" in den Jahren 1971, 1974, 1975 und 1976 (Bl. 69-72 der Verwaltungsakte) und als "Aktivist der sozialistischen Arbeit" im Jahr 1976 (Bl. 63 der Verwaltungsakte). Mit diesen Auszeichnungen wurden unter anderem beispielsgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch der Klägerin, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).

2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die geltend gemachten Planjahre (1969, 1978, 1979 und 1982 bis 1986) zu Beginn der darauffolgenden Zuflussjahre (1970, 1979, 1980 und 1983 bis 1987) zur Auszahlung an die Klägerin gelangten, konnte sie zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1970, 1979, 1980 und 1983 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats des Sächsischen Landessozialgerichts, auf die sich das Sozialgericht im angefochtenen Urteil vom 4. Februar 2016 gestützt hat – allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).

a) Die der Klägerin für die Planjahre 1969, 1978, 1979 und 1982 bis 1986 zu Beginn des darauffolgenden Jahres (1970, 1979, 1980 und 1983 bis 1987) zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:

Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an die Klägerin geflossene Prämienzahlungen konnte sie lediglich für die – nicht (mehr) streitgegenständlichen – Zuflussjahre 1969, 1974 bis 1977 und 1988 bis 1990 vorlegen. Für die streitgegenständlichen Zuflussjahre 1970, 1979, 1980 und 1983 bis 1987 verfügt sie selbst über keine Unterlagen, mit denen sie die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie sie selbst wiederholt ausführte.

Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnten auch die Zeugen nicht vorlegen.

Nachweise zu an die Klägerin gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat. Im Übrigen bekundeten die Klägerin und die Zeugen, dass Lohn- und andere Prämiennachweise, die im Keller des Hochhauses R ... in Dresden (Verlagshaus) archiviert waren, durch das Hochwasser im Jahr 2002 vollständig vernichtet wurden. Von einer Anfrage im Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort – wie aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde – lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an die Klägerin in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.

b) Die konkrete Höhe der an die Klägerin für die Planjahre 1969, 1978, 1979 und 1982 bis 1986 in den Zuflussjahren 1970, 1979, 1980 und 1983 bis 1987 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die Planjahre 1969, 1978, 1979 und 1982 in den Zuflussjahren 1970, 1979, 1980 und 1983 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):

aa) Den Angaben der Klägerin und der Zeugen kann kein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestimmbarer Prozentsatz der Jahresendprämienbeträge entnommen werden. Die Zeugen gaben völlig unterschiedliche Erinnerungen ohne relevantes Detailwissen wieder bzw. hatten keinerlei konkrete Kenntnis mehr zu den Prämienhöhen:

Die Zeuginnen Y ... und X ... gaben in ihrer schriftlichen Zeugenauskunft vom 6. August 2013 (Bl. 29 der Verwaltungsakte) an, die Jahresendprämienbeträge hätten in der Regel zwischen 80 bis 90 Prozent eines Gehaltes gelegen. In ihrer persönlichen Zeugeneinvernahme im Beweisaufnahmetermin am 9. Juli 2015 vor dem Sozialgericht Dresden (Bl. 78-81 der Gerichtsakte) gab die Zeugin Y ... an, die Höhe der Jahresendprämien sei jährlich unterschiedlich und leistungsabhängig gewesen, habe in einer Spanne von etwa 75 bis 90 Prozent eines Monatsgehalts gelegen und Zahlungen unter 50 Prozent seien nicht vorgekommen. Die Zeugin X ... gab im Beweisaufnahmetermin am 9. Juli 2015 an, die leistungsabhängige Jahresendprämie sei in einer Spanne zwischen etwa 70 bis 90 Prozent eines Monatsgehalts gezahlt worden. Beide Zeuginnen differierten damit bereits nicht nur untereinander, sondern distanzierten sich damit auch im Juli 2015 von ihrer im August 2013 schriftlich bekundeten Untergrenze von 80 Prozent eines Monatsgehaltes.

Noch unübersichtlicher und noch weniger Plausibilität vermitteln die übrigen Angaben der anderen Zeugen: Die Zeuginnen W ... und V ... konnten keinerlei Angaben zu den Prämienhöhen tätigen. Die Zeuginnen T ... und S ... gaben, insoweit den Angaben der Zeuginnen Y ... und X ... wiedersprechend, an, die Jahresendprämien hätten sich in der Regel um einen vollen Monatsverdienst als sog. 13. Monatsgehalt, bewegt. Der selbst mit der Prämienhöhenfestlegung befasste Zeuge U ... hingegen, gab an, dass sich die Prämienhöhe je nach Leistungseinschätzung lediglich im Bereich zwischen 20 bis 70 Prozent eines monatlichen Bruttogehalts bewegte.

Bei den untereinander widersprüchlichen und nicht deckungsgleichen Angaben der Zeugen hinsichtlich der Höhe der an die Klägerin gezahlten Jahresendprämienbeträge handelt es sich im Übrigen insoweit lediglich um Mutmaßungen, die im Ergebnis auf eine – vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) – Schätzung hinauslaufen und damit nicht zu Grunde gelegt werden können. Es fehlen jegliche nachvollziehbaren Grundlagen und Hinweistatsachen, die ausgerechnet die – im Übrigen ohnehin einer erheblichen Schwankungsbreite von 20 bis 100 Prozent eines Monatsverdienstes unterliegenden – angegebene Höhe überwiegend wahrscheinlich werden lassen. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder von den Zeugen noch von der Klägerin getätigt werden.

In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben der Klägerin und der Zeugen zu den an die Klägerin geflossenen Jahresendprämienbeträge insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des von der Klägerin und den Zeugen angegebenen Prozentsatzes eines Bruttomonatslohns abzugeben geeignet ist.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis an einem geeigneten Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämie beurteilt werden kann und der von der Klägerin und den Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Brutto- oder Nettomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:

Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke "Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO 1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24. Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34 S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986, Nr. 6 S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).

Weder zu den individuellen Leistungskennziffern der Klägerin noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe maßgeblichen Faktoren konnten die Klägerin oder die Zeugen nachvollziehbare Angaben tätigen.

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien berücksichtigt worden sind – etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten –, genügen nicht, um den Zufluss von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an die Klägerin glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre – wie ausgeführt – erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des von der Klägerin geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.

Eine kontinuierliche Relation der konkreten Jahresendprämien der Klägerin lässt sich im Übrigen auch nicht mit nachvollziehbarer Wahrscheinlichkeit aus den nachgewiesenen Jahresendprämienbeträgen der Zuflussjahre 1969, 1974 bis 1977 und 1988 bis 1990 ableiten, die Grundlage für die streitgegenständlichen Zuflussjahre sein könnte. Denn insoweit ergibt sich ebenfalls ein gänzlich ambivalentes und damit keine hinreichende Bestimmbarkeit vermittelndes Bild, wie nachfolgende Übersicht zeigt:

JEP-Zu-flussjahr nachgewiesener JEP-Betrag Vorjahresverdienst durchschnittlicher Monatsverdienst im Vorjahr Relation der JEP zum Monatsverdienst 1969 230,00 M 3.666,80 M 349,22 M 65,86 % 1974 370,00 M 4.679,80 M 389,98 M 94,88 % 1975 700,00 M 8.327,30 M 693,94 M 100,87 % 1976 750,00 M 9.846,40 M 820,53 M 91,40 % 1977 850,00 M 10.345,00 M 862,08 M 98,60 % 1988 900,00 M 10.262,73 M 855,23 M 105,23 % 1989 900,00 M 11.479,23 M 956,60 M 94,08 % 1990 900,00 M 11.428,64 M 952,38 M 94,50 %

bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl. II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl. II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und - der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember 1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.

Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5 Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung, dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes" nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen – im Zeitraum ihrer Geltung – zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung meinte, bei dem in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt habe, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO 1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des, also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend ist zwar, wie auch die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung vortrug, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte weiterhin vortrug, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie" dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte. Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin in den betroffenen Jahresendprämienjahren diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil die Klägerin sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob die Klägerin dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss (sog. petitio principii). Soweit die Beklagte im Übrigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführte, die benannten Prämienfond-Verordnungen seien im Fall der Klägerin nicht anwendbar, weil sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb, sondern in einem staats- bzw. parteieigenen Verlagsbetrieb gearbeitet habe, ist darauf hinzuweisen, dass zum einen nicht ersichtlich ist, weshalb für staats- bzw. parteieigene Verlagsbetriebe andere Vorschriften gegolten haben sollen, zumal die DDR für ihre Parteibeschäftigten keine "schlechteren" arbeitsrechtlichen Regelungen statuiert hat. Zum anderen ist deutlich darauf hinzuweisen, dass es im vorliegenden Zusammenhang der Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämienzahlungen nicht um eine direkte, unmittelbare oder wie auch immer geartete ausdrückliche Anwendung von DDR-rechtlichen Vorschriften, sondern um die Prüfung geht, welche DDR-rechtlichen Vorschriften als abstrakt-generelle Regelungen zur Beantwortung der inmitten stehenden Frage dienen können und daher als "generelle Anknüpfungstatsachen" (vgl. zu diesem Aspekt nochmals: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) geeignet sind, Auskunft zu tatsächlich in der DDR praktizierten Gegebenheit zu liefern.

Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein derartiges oder ähnliches Ergebnis nicht mehr festgestellt werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen (bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren, die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr 1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.

Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die geltend gemachten Planjahre 1969, 1978, 1979 und 1982 in den Zuflussjahren 1970, 1979, 1980 und 1983 Bedeutung, weil die Klägerin in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien, und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst der Klägerin, ausgehend von den im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 31. Januar 2014 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigung der Sächsischen Verlags- und Vertriebs-GmbH vom 23. Oktober 1993) basierenden Entgelten, hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich nach - § 9 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1968) vom 15. August 1968 (DDR-GBl. II 1968, Nr. 96, S. 775), - § 6 Abs. 3 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1971) vom 15. Juni 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 52, S. 440) und - § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 jeweils nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschlägen, zusätzlichen Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 6. März 2002 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle basierenden Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.

Dies zu Grunde gelegt, sind für die Klägerin Jahresendprämienzahlungen für die Planjahre 1969, 1978, 1979 und 1982 in den Zuflussjahren 1970, 1979, 1980 und 1983 wie folgt zu berücksichtigen: JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP-Mindest-betrag (= 1/3) davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1969 4.642,70 M 386,89 M 128,96 M 107,47 M 1970 1978 4.467,04 M 372,25 M 124,08 M 103,40 M 1979 1979 10.691,86 M 890,99 M 297,00 M 247,50 M 1980 1982 1.307,22 M 108,94 M 36,31 M 30,26 M 1983

c) Weil die Klägerin den Bezug (irgend-) einer Jahresendprämie für die Planjahre 1983 bis 1986, mit Zufluss in den Jahren 1984 bis 1987, dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte, durfte das Sozialgericht die Höhe nicht schätzen (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit § 256b Abs. 1 und § 256c Abs. 1 und 3 Satz 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 ZPO, die nach § 202 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).

3. Die (in der Mindesthöhe für die Zuflussjahre 1970, 1979, 1980 und 1983 glaubhaft gemachten) Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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