L 6 SF 960/05

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 4 KR 330/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 960/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wird eine KG nach Erlass eines gegen sie ergangenen sozialgerichtlichen Urteils im Handelsregister gelöscht und legt deren Prozessbevollmächtigter anschließend Berufung ein, ist Berufungskläger bis zur Vollbeendigung der Tätigkeit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die durch den ehemaligen Komplementär vertreten wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1971 – Az.: II ZR 177/68).
Die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen die Kostenrechnung vom 21. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Im Hauptsacheverfahren ist streitig, ob die Seniorenresidenz K. KG zur Zahlung von weiteren Gesamtsozialversicherungsbeiträgen an die beklagte Kaufmännische Krankenkasse, Hannover, verpflichtet ist.

Die Gesellschaft wurde im Spätjahr 1997 gegründet und war unter der Nr. HR A 1619 im Handelsregister des Amtsgerichts Gera eingetragen. Gesellschafter waren der Komplementär H. W. (Erinnerungsführer) und der Kommanditist T. L. Am 22. Juni 2000 erfolgte die Gewerbeabmeldung.

Unter dem 15. Oktober 1998 forderte die Beklagte des Hauptsacheverfahrens ausstehende Sozialversicherungsbeiträge von der Kommanditgesellschaft (KG). Deren Widerspruch war erfolglos. Im Klageverfahren hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorgetragen, die KG habe ihre Geschäftstätigkeit zum 31. August 1998 eingestellt. Mit Urteil vom 14. Dezember 2004 (Az.: S 4 KR 330/03) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Am 6. Mai 2005 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim Thüringer Landessozialgericht Berufung eingelegt (Az.: L 6 KR 292/05) und vorgetragen, die am 31. März 2005 im Handelsregister des Amtsgerichts Gera gelöschte KG könne nicht mehr für eventuelle Rückstände in Anspruch genommen werden.

Unter dem 26. Mai 2005 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle von dem Prozessbevollmächtigten einen Kostenvorschuss in Höhe von 484,00 Euro gemäß § 197a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) angefordert. Am 26. August 2005 hat dieser auf die Löschung der KG im Handelsregister hingewiesen. Er gehe davon aus, dass sich damit die Anforderung des Kostenvorschusses erledigt habe.

Unter dem 21. Oktober 2005 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle von dem Erinnerungsführer einen Kostenvorschuss in Höhe von 484,00 Euro gemäß § 197a SGG angefordert.

Am 2. Dezember 2005 hat dieser Erinnerung eingelegt und vorgetragen, er gehe angesichts der Löschung im Handelsregister davon aus, dass damit seine persönliche Kostenhaftung entfalle.

Mit Beschluss vom 1. Februar 2006 hat der Vorsitzende das Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen.

II.

Die Erinnerung ist zulässig aber unbegründet.

Nach § 66 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) entscheidet das Gericht über Erinnerungen des Kostenschuldners gegen den Kostenansatz, bei dem die Kosten angesetzt sind. Zuständig ist wegen der Übertragung durch den Einzelrichter mit Beschluss vom 1. Februar 2006 der Senat (§ 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).

Es sind Kosten nach § 197a SGG zu zahlen. Gehört nach dieser Vorschrift – wie hier - weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Fällig sind diese nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 GKG mit der Einreichung der Rechtsmittelschrift.

Schuldner der Kosten ist derjenige, der das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GKG). Dies ist im vorliegenden Fall der Erinnerungsführer; er hat die Berufung eingelegt.

Berufungskläger ist nicht die KG, denn diese verlor mit der Löschung im Handelsregister die Qualität als Handelsgesellschaft und konnte- mangels Existenz - kein Rechtsmittel mehr einlegen. Ihr automatischer Rechtsnachfolger ist bis zur Vollbeendigung der Tätigkeit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. Sprau in Palandt, BGB, 65. Auflage 2006, § 705 Anm. 6; Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002, S. 1555 f.). Vertreten wird sie durch den Erinnerungsführer als ehemaligen Komplementär, denn die Geschäftsführungs- und Vertretungsverhältnisse der KG blieben - mangels entgegenstehender Vereinbarung - bei der Umwandlung erhalten (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10. Mai 1971 – Az.: II ZR 177/68, nach juris; Sprau in Palandt, a.a.O., Vorbem. Vor § 709 Rdnr. 5).

Grundsätzlich haften die Gesellschafter einer GbR persönlich für die im Namen der Gesellschaft begründeten Verpflichtungen (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2004 – Az.: XII ZR 113/01, nach juris). Insofern konnte der Erinnerungsführer von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur Zahlung der Kosten in Anspruch genommen werden. Eine entgegenstehende individualrechtliche Vereinbarung (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 1999 – Az.: II ZR 371/98, nach juris) existiert nicht.

Gleiches wäre im Übrigen möglich gewesen, wenn die KG noch existiert hätte: Auch dann besteht nach § 29 Nr. 3 GKG originär und gleichrangig eine Haftung des Komplementärs einer KG (anstelle der KG) für die Kostenschuld (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 4. Oktober 1995 – Az.: 4 Ta 225/95 in: AnwBl. 1996, 416).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 6 Satz 4 GKG).
Rechtskraft
Aus
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