Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 10 RA 63/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 625/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das Urteil eines Sozialgerichts ist bezüglich der verhängten Verschuldenskosten eine gerichtliche Entscheidung i.S.v. § 199 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28. Mai 2003 - Az.: L 1 RA 36/03 ER).
2. Die Aussetzung nach § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Senatsvorsitzenden (vgl. BSG, Beschlüsse vom 26. November 1991 - Az.: 1 RR 10/91, 6. Mai 1960 - Az.: 11 RV 92/60, 5. September 2001 - Az.: B 3 KR 47/01; Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 15. August 2006 - Az.: L 6 R 472/06 ER, 2. Juli 2004 - Az.: L 6 KR 526/04 ER, 12. November 2003 - Az.: L 6 RJ 553/03 ER, 15. Oktober 2003 - Az.: L 6 RJ 800/03 ER) und ist z.B. dann gerechtfertigt, wenn die Berufung offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat oder bei erheblichen Verfahrensfehlern.
3. Missbräuchlichkeit i.S.v. § 192 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegt immer dann vor, wenn das Verfahren fortgesetzt wird, obwohl für jedermann, vor allem Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege, erkennbar ist, dass dies aussichtslos ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2006 - Az.: 2 BvR 719/06).
4. Werkdirektor i.S.v. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt kann nur sein, wer berechtigt war, diese Berufsbezeichnung zu führen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - Az.: B 4 RA 52/03 R).
2. Die Aussetzung nach § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Senatsvorsitzenden (vgl. BSG, Beschlüsse vom 26. November 1991 - Az.: 1 RR 10/91, 6. Mai 1960 - Az.: 11 RV 92/60, 5. September 2001 - Az.: B 3 KR 47/01; Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 15. August 2006 - Az.: L 6 R 472/06 ER, 2. Juli 2004 - Az.: L 6 KR 526/04 ER, 12. November 2003 - Az.: L 6 RJ 553/03 ER, 15. Oktober 2003 - Az.: L 6 RJ 800/03 ER) und ist z.B. dann gerechtfertigt, wenn die Berufung offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat oder bei erheblichen Verfahrensfehlern.
3. Missbräuchlichkeit i.S.v. § 192 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGG liegt immer dann vor, wenn das Verfahren fortgesetzt wird, obwohl für jedermann, vor allem Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege, erkennbar ist, dass dies aussichtslos ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2006 - Az.: 2 BvR 719/06).
4. Werkdirektor i.S.v. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt kann nur sein, wer berechtigt war, diese Berufsbezeichnung zu führen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - Az.: B 4 RA 52/03 R).
Der Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollstreckung der Verschuldenskosten aus dem Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 6. Juli 2006 (Az.: S 10 R 63/05) wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In der Hauptsache streiten die Beteiligten, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1964 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der Antragsteller ist Diplom-Chemiker und war bei mehreren Volkseigenen Betrieben (VEB) tätig, zuletzt bei dem VEB Chemieanlagenbaukombinat L. als Gruppenleiter Anfahrtechnik. Seinen Antrag vom Juni 1999 auf Feststellung der Zeiten seiner Beschäftigung als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2000 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2001 zurück. Die Klage lehnte das Sozialgericht Leipzig mit Urteil vom 30. Oktober 2002 (Az.: S 13 RA 119/01) ab; die Berufung wies das Sächsische Landessozialgericht mit Urteil vom 9. Juli 2003 (Az.: L 4 RA 322/02) zurück ... Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 29. April 2004 (Az.: B 4 RA 207/03 B) als unzulässig.
Am 29. August 2004 wiederholte der Kläger den Antrag auf Feststellung seiner Zeiten mit der Begründung, er habe die Tätigkeit eines Werksdirektors ausgeübt. Die Beklagte lehnte eine Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch mit Bescheid vom 31. August 2004 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2004 zurück.
Auf die Klageerhebung hat der Kammervorsitzende des Sozialgerichts den Kläger mit Verfügung vom 14. Januar 2005 darauf hingewiesen, dass er als Diplom-Chemiker nicht dem Anwendungsbereich der zusätzlichen Altersversorgung unterliege und die Klage angesichts der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts keine Erfolgsaussicht habe. Es werde dringend angeraten, die Klage zurückzunehmen. Falls dies nicht erfolge, werde das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen. Es sei dann beabsichtigt, ihm Verschuldenskosten nach § 192 SGG in Höhe bis zu 500,00 Euro aufzuerlegen.
Mit seiner anschließenden Klagebegründung hat der Kläger vorgetragen, er habe in seiner Position als Anfahrleiter wie ein Werks- oder Betriebsdirektor selbständig neu errichtete Werke bis zu deren Übergabe geleitet; er sei daher diesem in seiner Verantwortung und in seiner Tätigkeit gleichzustellen.
Ausweislich der Niederschrift der Sitzung.des Sozialgerichts vom 6. Juli 2006 erschienen nach Aufruf der Sache der Kläger und sein bevollmächtigter Rechtsanwalt. Es findet sich dort folgender Vermerk: "Der Vorsitzende weist auf die objektive Aussichtslosigkeit der Klage hin und erteilt den Hinweis auf § 192 SGG". Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und den Kläger dazu verpflichtet, an die Staatskasse Verschuldenskosten in Höhe von 300,00 Euro zu zahlen. Dieser erfülle als Diplom-Chemiker nicht die persönliche Voraussetzung für die fiktive Einbeziehung in die Zusatzversorgung entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Er habe zu den Betrieben, bei denen er die Funktion des Werksdirektors ausgeübt habe, keine arbeitsvertraglichen Beziehungen gehabt. Ob er wie ein Werksdirektor eingesetzt worden sei, könne dahingestellt bleiben, weil die Aufzählung in der Versorgungsordnung abschließend sei. Bei der Höhe der verhängten Verschuldenskosten habe die Kammer eine Auskunft des Präsidenten des Thüringer Landessozialgerichts berücksichtigt, wonach die durchschnittlichen Verfahrenskosten bei 728,02 Euro lägen. Auf das Urteil entfalle nach Schätzung der Kammer etwa die Hälfte für den Aufwand der Abfassung und Ausfertigung des Urteils.
Dagegen hat der Kläger am 25. Juli 2006 Berufung eingelegt (Az.: L 6 R 624/06) und die Aussetzung der Vollziehung der Verschuldenskosten beantragt. Nach seiner Ansicht liegt mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Frage, ob der Anfahrleiter mit einem Werksdirektor gleichzustellen sei, keine mißbräuchliche Rechtsverfolgung vor. Im Übrigen sei die Höhe der Kosten nicht nachvollziehbar, denn es sei davon auszugehen, dass das Gericht für die Abfassung des Urteils nicht einmal eine Stunde benötigt habe.
II.
Der Antrag ist statthaft, denn das Urteil des Sozialgerichts ist bezüglich der Verschuldenskosten eine gerichtliche Entscheidung i.S.v. § 199 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit vollstreckungsfähigem Inhalt (vgl. LSG Sachen-Anhalt, Beschluss vom 28. Mai 2003 – Az.: L 1 RA 36/03 ER, nach juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 199 Rdnr. 7). Er ist auch zulässig, denn Voraussetzung der Vollstreckung ist nicht die Unanfechtbarkeit des Urteils, sondern die – hier gegebene - Fälligkeit des beizutreibenden Anspruchs (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO)).
Der Antrag ist unbegründet. Hat nach § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Er kann er die Aussetzung und Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen; die §§ 108, 109, 113 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (Satz 2). Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden.
Die Aussetzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden (so Bundessozialgericht (BSG) vom 26. November 1991 – Az.: 1 RR 10/91 in: USK 91155; BSG vom 6. Mai 1960 – Az.: 11 RV 92/60 in: BSGE 12, 138; wohl auch BSG vom 5. September 2001 – Az.: B 3 KR 47/01 R, nach juris; st. Rspr. des erkennenden Senats, vgl. u.a. Beschlüsse vom 15. August 2006 - L 6 R 472/06 ER, 2. Juli 2004 – Az.: L 6 KR 526/04 ER, 12. November 2003 – Az.: L 6 RJ 553/03 ER und 15. Oktober 2003 – Az.: L 6 RJ 800/03 ER; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 199 Rdnr. 8 m.w.N.; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit , § 199 Rdnr. 16a und 17; Zeihe "Zum Ermessen des Vorsitzenden nach § 199 Abs. 2 SGG" in: SGb 1994, 505 ff; a.A. BSG vom 6. August 1999 – Az.: B 4 RA 25/98 B, nach juris: (reines "Kompetenz-Kann"). Es ist eine Interessenabwägung erforderlich, wobei das Interesse des Gläubigers (Staatskasse) an der Vollziehung des angefochtenen Urteils und das Interesse des Schuldners (Kläger), dass die Leistung nicht vor endgültiger Klarstellung der Rechtslage erbracht wird, zu berücksichtigen sind.
Relevant sind bei der Abwägung insbesondere die Erfolgsaussichten der Berufung. Es müssen grundsätzlich besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, von der Regel, dass die Berufung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG), abzuweichen. Dies ist z.B. dann gerechtfertigt, wenn die Berufung offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat oder bei erheblichen Verfahrensfehlern; insofern existiert keine feste Regel (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 30. Januar 2006 – Az.: L 6 R 940/05 ER und vom 29. Juli 2004 – Az.: L 6 RJ 483/04 ER; Zeihe "Zum Ermessen des Vorsitzenden nach § 199 Abs. 2 SGG" in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1994, S. 505, 506).
Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Senat die Entscheidung der Vorinstanz in der Hauptsache und bezüglich der Verschuldenskosten nicht bestätigen wird.
Eine Rücknahme der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aus dem Jahre 2000 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) kommt nicht in Betracht, weil das Recht nicht unrichtig angewendet worden ist. Das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ist auf den Kläger nicht anwendbar. Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt beide Voraussetzungen nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte keine positive Statusentscheidung der Beklagten und oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Er war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte; vielmehr muss der Betroffene nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG) vom 29. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 62 S. 487) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels vorheriger Einbeziehung konnte er daher nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden.
Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend ZAVO-techInt, GBl. Nr. 93 S. 844) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönlichen Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteile vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002, a.a.O., alle nach juris).
Der Kläger erfüllt als Diplom-Chemiker offensichtlich nicht die persönliche Voraussetzung, wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat (vgl. Beschluss vom 29. April 2004 – Az.: B 4 RA 207/03 B, Urteile vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 18/01 R und vom 12. Juni 2001 – Az.: B 4 RA 32/01 R, nach juris). Er war auch kein Werkdirektor im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt. Erforderlich wäre dafür, dass er damals berechtigt war, diese Berufsbezeichnung zu führen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 – Az.: B 4 RA 52/03 R, nach juris). Dies war nicht der Fall; in keinem der vorgelegten Unterlagen wird der Kläger als solcher bezeichnet. Zu Recht weist die Vorinstanz darauf hin, dass auch keine arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und den von ihm aufzubauenden Betrieben bestanden. Schon diese Tatsache schließt es offensichtlich aus, dass er dort Werksdirektor war oder als solcher behandelt werden müsste.
Auf die Einzelheiten der beruflichen Tätigkeit des Klägers und die vermeindliche Gleichstellung kommt es überdies nicht an, weil für eine beitragsunabhängige Gleichstellung entgeltlicher Beschäftigungen in der DDR mit Pflichtbeitragszeiten nach Bundesrecht entscheidend nicht auf individuelle Umstände der jeweiligen beruflichen Entwicklung des Versicherten abzustellen ist, sondern allein darauf, ob eine Beschäftigung ausgeübt worden ist, die in abstrakt-genereller Betrachtung von einem Zusatzversorgungssystem ihrer Art nach erfasst war (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 25/02 R). Dies traf auf den Kläger am 30. Juni 1990 nicht zu.
Es musste angesichts dieser Sachlage und der zitierten Rechtsprechung des BSG für den von einem rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Kläger offensichtlich sein, dass die Klage aussichtslos war. Die Verhängung der Kosten erfordert nicht, dass bereits eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer aufgeworfenen speziellen Rechtsfrage vorliegt. Missbräuchlichkeit wird vielmehr immer dann angenommen, wenn das Verfahren fortgeführt wird, obwohl es für jedermann, vor allem für Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege, erkennbar ist, dass dies aussichtslos ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2006 – Az.: 2 BvR 719/06, nach juris). Dies ist hier der Fall.
Formelle Bedenken gegen die verhängten Kosten bestehen im vorliegenden Fall nicht. Zwar ist es zweifelhaft, ob der kurze Hinweis in der Niederschrift für sich allein ausreichend gewesen wäre, um seiner "Warnfunktion" (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 192 Rdnr. 10) zu genügen. Er wird jedoch zusätzlich durch die Verfügung des Kammervorsitzenden vom 14. Januar 2005 ergänzt, in der dieser ausführlich auf die objektive Aussichtlosigkeit und die Sanktionsmöglichkeit hingewiesen hat. Es ist unerheblich, dass dort nicht auf die Argumentation zum Werkdirektor eingegangen worden ist.
Bedenken bestehen auch nicht gegen die Höhe der Verschuldenskosten. Zwar können wegen dem Schadensersatzcharakters grundsätzlich nur die verursachten Kosten auferlegt werden. Grundsätzlich zulässig ist aber die Verhängung von Pauschalkosten und eine Kostenschätzung anhand von entsprechenden Unterlagen (hier: die zitierte Auskunft des Präsidenten des Landessozialgerichts). Das Sozialgericht hat mit seiner Schätzung auch nicht sein Ermessen überschritten. Die Argumentation, dass die Hälfte der errechneten Kosten durch die Absetzung des Urteils einschließlich der Kosten der Ausfertigung (u.a. Kosten der Urkundsbeamtin, Zustellkosten etc.) entsteht, ist nachvollziehbar. Die Schätzung des Klägers, die Absetzung des Urteils könne nur eine Stunde in Anspruch genommen haben und dies ergebe einen Stundensatz von 300,00 Euro ist völlig fiktiv, verkennt zusätzlich die angefallenen Kosten der Ausfertigung und Zustellung und kann in dieser Allgemeinheit nicht überzeugen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Über die Kosten des im Verhältnis zum anhängigen Berufungsverfahren selbstständigen Verfahrens war gesondert zu entscheiden (vgl. BSG vom 6. August 1999, a.a.O.; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 199 Rdnr. 7c).
Der Beschluss ist unanfechtbar; er kann jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In der Hauptsache streiten die Beteiligten, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1964 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.
Der Antragsteller ist Diplom-Chemiker und war bei mehreren Volkseigenen Betrieben (VEB) tätig, zuletzt bei dem VEB Chemieanlagenbaukombinat L. als Gruppenleiter Anfahrtechnik. Seinen Antrag vom Juni 1999 auf Feststellung der Zeiten seiner Beschäftigung als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2000 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2001 zurück. Die Klage lehnte das Sozialgericht Leipzig mit Urteil vom 30. Oktober 2002 (Az.: S 13 RA 119/01) ab; die Berufung wies das Sächsische Landessozialgericht mit Urteil vom 9. Juli 2003 (Az.: L 4 RA 322/02) zurück ... Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 29. April 2004 (Az.: B 4 RA 207/03 B) als unzulässig.
Am 29. August 2004 wiederholte der Kläger den Antrag auf Feststellung seiner Zeiten mit der Begründung, er habe die Tätigkeit eines Werksdirektors ausgeübt. Die Beklagte lehnte eine Überprüfung nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch mit Bescheid vom 31. August 2004 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 2004 zurück.
Auf die Klageerhebung hat der Kammervorsitzende des Sozialgerichts den Kläger mit Verfügung vom 14. Januar 2005 darauf hingewiesen, dass er als Diplom-Chemiker nicht dem Anwendungsbereich der zusätzlichen Altersversorgung unterliege und die Klage angesichts der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts keine Erfolgsaussicht habe. Es werde dringend angeraten, die Klage zurückzunehmen. Falls dies nicht erfolge, werde das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen. Es sei dann beabsichtigt, ihm Verschuldenskosten nach § 192 SGG in Höhe bis zu 500,00 Euro aufzuerlegen.
Mit seiner anschließenden Klagebegründung hat der Kläger vorgetragen, er habe in seiner Position als Anfahrleiter wie ein Werks- oder Betriebsdirektor selbständig neu errichtete Werke bis zu deren Übergabe geleitet; er sei daher diesem in seiner Verantwortung und in seiner Tätigkeit gleichzustellen.
Ausweislich der Niederschrift der Sitzung.des Sozialgerichts vom 6. Juli 2006 erschienen nach Aufruf der Sache der Kläger und sein bevollmächtigter Rechtsanwalt. Es findet sich dort folgender Vermerk: "Der Vorsitzende weist auf die objektive Aussichtslosigkeit der Klage hin und erteilt den Hinweis auf § 192 SGG". Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und den Kläger dazu verpflichtet, an die Staatskasse Verschuldenskosten in Höhe von 300,00 Euro zu zahlen. Dieser erfülle als Diplom-Chemiker nicht die persönliche Voraussetzung für die fiktive Einbeziehung in die Zusatzversorgung entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Er habe zu den Betrieben, bei denen er die Funktion des Werksdirektors ausgeübt habe, keine arbeitsvertraglichen Beziehungen gehabt. Ob er wie ein Werksdirektor eingesetzt worden sei, könne dahingestellt bleiben, weil die Aufzählung in der Versorgungsordnung abschließend sei. Bei der Höhe der verhängten Verschuldenskosten habe die Kammer eine Auskunft des Präsidenten des Thüringer Landessozialgerichts berücksichtigt, wonach die durchschnittlichen Verfahrenskosten bei 728,02 Euro lägen. Auf das Urteil entfalle nach Schätzung der Kammer etwa die Hälfte für den Aufwand der Abfassung und Ausfertigung des Urteils.
Dagegen hat der Kläger am 25. Juli 2006 Berufung eingelegt (Az.: L 6 R 624/06) und die Aussetzung der Vollziehung der Verschuldenskosten beantragt. Nach seiner Ansicht liegt mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Frage, ob der Anfahrleiter mit einem Werksdirektor gleichzustellen sei, keine mißbräuchliche Rechtsverfolgung vor. Im Übrigen sei die Höhe der Kosten nicht nachvollziehbar, denn es sei davon auszugehen, dass das Gericht für die Abfassung des Urteils nicht einmal eine Stunde benötigt habe.
II.
Der Antrag ist statthaft, denn das Urteil des Sozialgerichts ist bezüglich der Verschuldenskosten eine gerichtliche Entscheidung i.S.v. § 199 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit vollstreckungsfähigem Inhalt (vgl. LSG Sachen-Anhalt, Beschluss vom 28. Mai 2003 – Az.: L 1 RA 36/03 ER, nach juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 199 Rdnr. 7). Er ist auch zulässig, denn Voraussetzung der Vollstreckung ist nicht die Unanfechtbarkeit des Urteils, sondern die – hier gegebene - Fälligkeit des beizutreibenden Anspruchs (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO)).
Der Antrag ist unbegründet. Hat nach § 199 Abs. 2 Satz 1 SGG ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Er kann er die Aussetzung und Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen; die §§ 108, 109, 113 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (Satz 2). Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden.
Die Aussetzung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden (so Bundessozialgericht (BSG) vom 26. November 1991 – Az.: 1 RR 10/91 in: USK 91155; BSG vom 6. Mai 1960 – Az.: 11 RV 92/60 in: BSGE 12, 138; wohl auch BSG vom 5. September 2001 – Az.: B 3 KR 47/01 R, nach juris; st. Rspr. des erkennenden Senats, vgl. u.a. Beschlüsse vom 15. August 2006 - L 6 R 472/06 ER, 2. Juli 2004 – Az.: L 6 KR 526/04 ER, 12. November 2003 – Az.: L 6 RJ 553/03 ER und 15. Oktober 2003 – Az.: L 6 RJ 800/03 ER; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 199 Rdnr. 8 m.w.N.; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit , § 199 Rdnr. 16a und 17; Zeihe "Zum Ermessen des Vorsitzenden nach § 199 Abs. 2 SGG" in: SGb 1994, 505 ff; a.A. BSG vom 6. August 1999 – Az.: B 4 RA 25/98 B, nach juris: (reines "Kompetenz-Kann"). Es ist eine Interessenabwägung erforderlich, wobei das Interesse des Gläubigers (Staatskasse) an der Vollziehung des angefochtenen Urteils und das Interesse des Schuldners (Kläger), dass die Leistung nicht vor endgültiger Klarstellung der Rechtslage erbracht wird, zu berücksichtigen sind.
Relevant sind bei der Abwägung insbesondere die Erfolgsaussichten der Berufung. Es müssen grundsätzlich besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigen, von der Regel, dass die Berufung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG), abzuweichen. Dies ist z.B. dann gerechtfertigt, wenn die Berufung offensichtlich Aussicht auf Erfolg hat oder bei erheblichen Verfahrensfehlern; insofern existiert keine feste Regel (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 30. Januar 2006 – Az.: L 6 R 940/05 ER und vom 29. Juli 2004 – Az.: L 6 RJ 483/04 ER; Zeihe "Zum Ermessen des Vorsitzenden nach § 199 Abs. 2 SGG" in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1994, S. 505, 506).
Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Senat die Entscheidung der Vorinstanz in der Hauptsache und bezüglich der Verschuldenskosten nicht bestätigen wird.
Eine Rücknahme der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen aus dem Jahre 2000 nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) kommt nicht in Betracht, weil das Recht nicht unrichtig angewendet worden ist. Das Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ist auf den Kläger nicht anwendbar. Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.
Der Kläger erfüllt beide Voraussetzungen nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte keine positive Statusentscheidung der Beklagten und oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Er war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte; vielmehr muss der Betroffene nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG) vom 29. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. Nr. 62 S. 487) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels vorheriger Einbeziehung konnte er daher nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden.
Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).
Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend ZAVO-techInt, GBl. Nr. 93 S. 844) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönlichen Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG, Urteile vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002, a.a.O., alle nach juris).
Der Kläger erfüllt als Diplom-Chemiker offensichtlich nicht die persönliche Voraussetzung, wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat (vgl. Beschluss vom 29. April 2004 – Az.: B 4 RA 207/03 B, Urteile vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 18/01 R und vom 12. Juni 2001 – Az.: B 4 RA 32/01 R, nach juris). Er war auch kein Werkdirektor im Sinne des § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt. Erforderlich wäre dafür, dass er damals berechtigt war, diese Berufsbezeichnung zu führen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 – Az.: B 4 RA 52/03 R, nach juris). Dies war nicht der Fall; in keinem der vorgelegten Unterlagen wird der Kläger als solcher bezeichnet. Zu Recht weist die Vorinstanz darauf hin, dass auch keine arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und den von ihm aufzubauenden Betrieben bestanden. Schon diese Tatsache schließt es offensichtlich aus, dass er dort Werksdirektor war oder als solcher behandelt werden müsste.
Auf die Einzelheiten der beruflichen Tätigkeit des Klägers und die vermeindliche Gleichstellung kommt es überdies nicht an, weil für eine beitragsunabhängige Gleichstellung entgeltlicher Beschäftigungen in der DDR mit Pflichtbeitragszeiten nach Bundesrecht entscheidend nicht auf individuelle Umstände der jeweiligen beruflichen Entwicklung des Versicherten abzustellen ist, sondern allein darauf, ob eine Beschäftigung ausgeübt worden ist, die in abstrakt-genereller Betrachtung von einem Zusatzversorgungssystem ihrer Art nach erfasst war (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 25/02 R). Dies traf auf den Kläger am 30. Juni 1990 nicht zu.
Es musste angesichts dieser Sachlage und der zitierten Rechtsprechung des BSG für den von einem rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Kläger offensichtlich sein, dass die Klage aussichtslos war. Die Verhängung der Kosten erfordert nicht, dass bereits eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zu einer aufgeworfenen speziellen Rechtsfrage vorliegt. Missbräuchlichkeit wird vielmehr immer dann angenommen, wenn das Verfahren fortgeführt wird, obwohl es für jedermann, vor allem für Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege, erkennbar ist, dass dies aussichtslos ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2006 – Az.: 2 BvR 719/06, nach juris). Dies ist hier der Fall.
Formelle Bedenken gegen die verhängten Kosten bestehen im vorliegenden Fall nicht. Zwar ist es zweifelhaft, ob der kurze Hinweis in der Niederschrift für sich allein ausreichend gewesen wäre, um seiner "Warnfunktion" (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 192 Rdnr. 10) zu genügen. Er wird jedoch zusätzlich durch die Verfügung des Kammervorsitzenden vom 14. Januar 2005 ergänzt, in der dieser ausführlich auf die objektive Aussichtlosigkeit und die Sanktionsmöglichkeit hingewiesen hat. Es ist unerheblich, dass dort nicht auf die Argumentation zum Werkdirektor eingegangen worden ist.
Bedenken bestehen auch nicht gegen die Höhe der Verschuldenskosten. Zwar können wegen dem Schadensersatzcharakters grundsätzlich nur die verursachten Kosten auferlegt werden. Grundsätzlich zulässig ist aber die Verhängung von Pauschalkosten und eine Kostenschätzung anhand von entsprechenden Unterlagen (hier: die zitierte Auskunft des Präsidenten des Landessozialgerichts). Das Sozialgericht hat mit seiner Schätzung auch nicht sein Ermessen überschritten. Die Argumentation, dass die Hälfte der errechneten Kosten durch die Absetzung des Urteils einschließlich der Kosten der Ausfertigung (u.a. Kosten der Urkundsbeamtin, Zustellkosten etc.) entsteht, ist nachvollziehbar. Die Schätzung des Klägers, die Absetzung des Urteils könne nur eine Stunde in Anspruch genommen haben und dies ergebe einen Stundensatz von 300,00 Euro ist völlig fiktiv, verkennt zusätzlich die angefallenen Kosten der Ausfertigung und Zustellung und kann in dieser Allgemeinheit nicht überzeugen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Über die Kosten des im Verhältnis zum anhängigen Berufungsverfahren selbstständigen Verfahrens war gesondert zu entscheiden (vgl. BSG vom 6. August 1999, a.a.O.; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 199 Rdnr. 7c).
Der Beschluss ist unanfechtbar; er kann jederzeit aufgehoben werden (§ 199 Abs. 2 Satz 3 SGG).
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