Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 17 AS 589/07 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 394/07 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichtes Meiningen vom 29. März 2007 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage der Bedürftigkeit der Antragsteller infolge einer hohen Zinsbelastung für ihr Einfamilienhaus.
Die Antragstellerin zu 1), ihr Ehemann, der Antragsteller zu 2), und die 1999 geborene Tochter, die Antragstellerin zu 3), bewohnen ein ca. 120 qm großes Einfamilienhaus in S.
Die Antragstellerin zu 1) schied im Frühjahr 1996 mit einer Abfindung von 54.706,00 DM aus ihrem Arbeitsverhältnis aus. Sie übte von 1997 bis 1999 eine Nebentätigkeit aus und war im übrigen arbeitslos. Der Antragsteller zu 2) wechselte ab September 1996 aus einem Arbeitsverhältnis in ein Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter. Der Vertrag mit einer Verlagsgruppe lief über eine Mindestdauer von fünf Jahren. Die Vergütung richtete sich nach einer jährlich neu abzuschließenden Vereinbarung zwischen der Verlagsgruppe und dem Servicebereich Sonderthemenredaktion, dem auch der Antragsteller zu 2) angehört. Seine Provisionseinnahmen beliefen sich auf monatlich 5.180,00 DM (2.648,00 EUR).
Die Antragsteller zu 1) und 2) erwarben im Oktober 1996 ihr Eigenheim zu einem Gesamtpreis von 402.000,00 DM (205.539,00 EUR) und finanzierten es mit einem Darlehen über 385.000,00 DM (196.846,00 EUR). Die vereinbarte Rate für Zins und Tilgung betrug 2.600,00 DM (1.329,00 EUR).
Die Antragsteller zu 1) und 2) schlossen im November 2006 einen neuen Kreditvertrag über ein Darlehen in Höhe von 180.350,95 EUR ab. Die vereinbarte laufende Rate beträgt 1.330,00 EUR. Der Zinsanteil an der Rate sinkt von 830,98 EUR für März 2007 auf 816,10 EUR für September 2007.
Die Antragstellerin zu 1) gibt an, über keine Einkünfte zu verfügen.
Der Antragsteller zu 2) geht in einem Arbeitszimmer in seinem Einfamilienhaus einer Tätigkeit als freier Grafiker nach. Nach der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erzielte er im Jahre 2006 einen steuerlichen Gewinn von 28.203,84 EUR. In diesem Gewinn ist der Erlös aus dem Verkauf eines Kraftfahrzeugs in Höhe von 3.800,00 EUR enthalten. Außerdem sind Kosten für Miete und Pacht für das Arbeitszimmer in Höhe von 1.737,16 EUR berücksichtigt. Der Antragsteller zu 2) betreibt weiterhin einen Handel mit Kindermode im Esszimmer und in einem Kellerraum seines Eigenheims. Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG weist für das Jahr 2006 einen steuerlichen Verlust in Höhe von 2.354,47 EUR aus. Die Kosten für Miete und Pacht für die diesbezüglich geschäftlich genutzten Räume im Eigenheim sind mit 2.830,90 EUR angegeben.
Der Antragsteller zu 2) zahlt für seine private Krankenversicherung 372,76 EUR pro Monat, wobei 31,30 EUR auf eine Krankenzusatzversicherung entfallen. Die Kosten für seine private Rentenversicherung belaufen sich auf monatlich 174,90 EUR.
Für die Antragstellerin zu 3) wird Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR gezahlt.
Die Antragsgegnerin zahlte bis zum 31. Dezember 2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von 893,43 EUR. Den Fortzahlungsantrag der Antragsteller vom 9. Januar 2007 lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. Februar 2007 ab. Sie begründete dies damit, dass das Einkommen des Antragstellers zu 2) unter Berücksichtigung von angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 475,25 EUR ausreiche, um eine Bedürftigkeit auszuschließen.
Dagegen legten die Antragsteller mit Schreiben vom 16. März 2007 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom gleichen Tag beantragten sie beim Sozialgericht Meiningen eine einstweilige Anordnung.
Das Sozialgericht Meiningen hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 29. März 2007 verpflichtet, den Antragstellern ab April 2007 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 440,96 EUR zu zahlen. Der Antragsteller zu 2) habe unter Berücksichtigung des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2005 ein anrechenbares Einkommen von monatlich 1.214,75 EUR erzielt. Bei den Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 990,81 EUR seien neben den üblichen Nebenkosten die Schuldzinsen in Höhe von ca. 825,00 EUR zu berücksichtigen. Die vom Antragsteller zu 2) in der Gewinnermittlung als Geschäftskosten abgesetzten Hauskosten in Höhe von 87,29 EUR bzw. 129,90 EUR seien abzuziehen.
Die Antragsgegnerin legte gegen diesen Beschluss mit Schreiben vom 3. April 2007 Beschwerde ein. Eine Besserstellung von Wohneigentümern gegenüber Mietern sei hinsichtlich der Unterkunftskosten nicht möglich. Sie müsse daher nur Kosten in Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung für eine Mietwohnung übernehmen. Bei einem Dreipersonenhaushalt wären nach ihren Unterkunftsrichtlinien für eine Mietwohnung insgesamt 475,25 EUR angemessen. Nachdem Sie bereits im Bescheid vom 22. Dezember 2004 auf die Unangemessenheit der Kosten hingewiesen und eine Frist von sechs Monaten für die Senkung der Unterkunftskosten gesetzt habe, sei es ihr nicht zuzumuten, auf Dauer die zu hohen Unterkunftskosten zu tragen.
Die Antragsteller hätten für die Anschaffung ihres Eigenheimes Belastungen in Kauf genommen, die wirtschaftlich nicht vernünftig seien, da allein die Finanzierungslasten die angemessenen Kosten der Unterkunft deutlich überstiegen. Ihre Verpflichtung zur Zahlung von unverhältnismäßig hohen Unterkunftskosten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren komme einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich, da aufgrund des geringen Einkommens der Antragsteller ein Rückforderungsanspruch praktisch nicht durchsetzbar wäre.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichtes Meiningen vom 29. März 2007 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 29. März 2007 zurückzuweisen.
Die Antragsteller vertreten die Auffassung, ihnen könne keine wirtschaftlich unvernünftige Handlungsweise beim Erwerb des Eigenheimes 1996 vorgeworfen werden. Die Antragstellerin zu 1) habe aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung gehofft, im Jahr 1996 kurzfristig eine Neuanstellung zu finden. Von 1997 bis 1999 habe sie auch eine Nebenbeschäftigung aufgenommen. Aufgrund der unterschiedlichen Wohnflächenhöchstgrenzen für Eigenheimbesitzer von einerseits 130 qm für drei Personen und für Mietwohnungen von 75 qm für drei Personen sei eine Gleichstellung nicht nachvollziehbar.
Es würde für die Antragsteller eine unzumutbare Härte bedeuten, wenn der Verlust aus dem Kindermodenhandel nicht mit dem Gewinn aus der Grafikertätigkeit verrechnet werden könnte. Sollte ein Verlustausgleich nicht in Betracht kommen, müssten die beim Kindermodenhandel berücksichtigten Raumkosten für das Eigenheim bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden. Weiterhin seien Zuschüsse nach § 26 SGB II zu den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 127,50 EUR und für die Rentenversicherung in Höhe von 40,80 EUR zu zahlen.
Bei einer Verrechnung der Verluste aus dem Kindermodenhandel mit dem Einkommen aus der Tätigkeit als Grafiker ergebe sich ein Gesamtanspruch von monatlich 237,39 EUR. Bei einem fehlenden Verlustausgleich aber bei Berücksichtigung der auf den Kindermodenhandel entfallenden Raumkosten bei den Kosten der Unterkunft ergebe sich ein Anspruch von monatlich 277,09 EUR.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 9. August 2007 verwiesen.
Die Antragsgegnerin zahlte für die Monate April bis Juni 2007 monatlich 440,96 EUR.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Verwaltungs - und der Prozessakte, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG – wie hier – nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 86 b Abs 4 SGG).
Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht aufgrund einer hinreichenden Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch bejahen kann. Ein solcher Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Februar 2007, Az.: L 7 AS 924/06 ER). Darüber hinaus muss in Abwägung der für die Verwirklichung des Rechts bestehenden Gefahr einerseits und der Notwendigkeit an der Regelung eines vorläufigen Zustands andererseits ein Anordnungsgrund zu bejahen sein (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung 1996, § 123 Randnummer 62 f.)
Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens bestehen, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären.
Die Gerichte müssen in derartigen Fällen, in denen sie sich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, juris). Bei einer Entscheidung auf Grundlage der Erfolgsaussichten der Hauptsache dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller des Eilverfahrens nicht überspannt werden. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinem Begehren verfolgt.
Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG a. a. O.).
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen (Berechtigte), die das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Der Streit über die von den Antragstellern geforderten Leistungen in Höhe von 237,39 EUR bzw. 277,09 EUR ergibt sich im Wesentlichen aus den unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten über die Höhe der zu übernehmenden angemessenen Kosten der Unterkunft.
Der Senat ist nicht in der Lage, im anhängigen Eilverfahren die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft in der Unterkunftsrichtlinie der Antragsgegnerin umfassend zu überprüfen. Es kann daher nicht festgestellt werden, inwieweit die von der Antragsgegnerin zu Grunde gelegten Unterkunftskosten in Höhe von 475,25 EUR angemessen sind.
Entscheidend ist, dass ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) nicht ersichtlich ist.
Eine Eilbedürftigkeit liegt nur vor, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären.
Derartige Beeinträchtigungen sind hier nicht erkennbar.
Im Hauptsacheverfahren können die durch die geringere Gewährung von Leistungen nach dem SGB II entstehenden Beeinträchtigungen mit Erfolg wieder rückgängig gemacht werden, weil Geldleistungen nachholbar sind und den Antragstellern kein Verlust des Hauses droht. Die Antragsteller haben weder die Kündigung und sofortige Fälligkeit ihres Darlehens noch eine angedrohte oder bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahme behauptet. Der drohende Verlust des Hauses ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Antragsteller haben im Erörterungstermin am 2. August 2007 angegeben, dass sie ihr Darlehen in voller Höhe von monatlich 1.330,00 EUR bedienen können. Sie sind daher in der Lage, neben den Schuldzinsen noch mehr als 450,00 EUR an Tilgung aufzubringen. Eine Reduzierung der Tilgungsleistung, um die von den Antragstellern begehrten Leistungen, würde lediglich die Laufzeit des Darlehens verlängern, ohne das Eigentum an dem Einfamilienhaus in Gefahr zu bringen.
Bei einer Folgenabwägung wäre zu berücksichtigen, inwieweit die Antragsteller ein Grundeigentum bewohnen, das wegen hoher Zins- und Tilgungsbelastung nicht den Wechselfällen des Lebens entsprechend ausreichend finanziell abgesichert und damit ihren Lebensverhältnissen entsprechend unangemessen sein könnte. Dies kann der Fall sein, wenn die Immobilie ohne ausreichendes Eigenkapital erworben worden ist, mit der Folge, dass die Antragsteller noch für lange Zeit sehr hohen Zinsverbindlichkeiten ausgesetzt sind (vgl. LSG Baden Württemberg, Beschluss vom 26. Juli 2006, Az.: L 13 AS 1620/06 ER B, juris; LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 8. Juni 2006, L 7 AS 443/05 ER, juris).
Die Antragsteller haben ihr Eigenheim zu über 95 v. H. fremd finanziert. Sie haben hierfür eine monatliche Belastung von etwa 50 v. H. der Bruttoeinkünfte des Antragstellers zu 2) in Kauf genommen. Eine derartig hohe Finanzierung ist im Hinblick auf die Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung, die private Altersvorsorge, die Nebenkosten für das Eigenheim und die erforderlichen Aufwendungen für ein Kraftfahrzeug schwer nachzuvollziehen.
Die Hoffnung der Antragsteller auf eine neue Beschäftigung der Antragstellerin zu 1) war angesichts der Frauenarbeitslosigkeit im Bereich des Wohnortes der Antragsteller zum damaligen Zeitpunkt unrealistisch.
Die Antragsgegnerin hat die hohen Zinsbelastungen der Antragsteller vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006 getragen. Die Antragsteller machen unter Berücksichtigung einer Zinsbelastung von monatlich 825,00 EUR einen Anspruch von 237,39 bzw. 277,09 EUR monatlich geltend. Sofern sich die übrigen Verhältnisse nicht ändern, hätten die Antragsteller Anspruch auf Leistungen, bis die Zinsbelastung um 237,39 EUR auf 587,61 EUR bzw. um 277,09 EUR auf 547,91 EUR gefallen ist. Nach dem vorgelegten Tilgungsplan wäre dies Ende 2013 bzw. Ende 2014 der Fall. Die Antragsteller hätten daher allein aufgrund der hohen Zinsbelastung für 9 bis 10 Jahre Anspruch auf Leistungen nach den SGB II. Auch dieser Vergleich zeigt die fehlende Absicherung der Finanzierung des Eigenheimes gegen die Wechselfälle des Lebens.
Im übrigen ist der vom Antragsteller zu 2) in seinem Handel mit Kindermode ausgewiesene steuerliche Verlust nach § 4 Abs. 3 EStG höher als der Umsatz, so dass in absehbarer Zeit kein Gewinn erwartet werden kann. Zur Vermeidung weiterer Verluste würde es daher nahe liegen, den Handel mit Kindermode aufzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Die Entscheidung kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage der Bedürftigkeit der Antragsteller infolge einer hohen Zinsbelastung für ihr Einfamilienhaus.
Die Antragstellerin zu 1), ihr Ehemann, der Antragsteller zu 2), und die 1999 geborene Tochter, die Antragstellerin zu 3), bewohnen ein ca. 120 qm großes Einfamilienhaus in S.
Die Antragstellerin zu 1) schied im Frühjahr 1996 mit einer Abfindung von 54.706,00 DM aus ihrem Arbeitsverhältnis aus. Sie übte von 1997 bis 1999 eine Nebentätigkeit aus und war im übrigen arbeitslos. Der Antragsteller zu 2) wechselte ab September 1996 aus einem Arbeitsverhältnis in ein Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter. Der Vertrag mit einer Verlagsgruppe lief über eine Mindestdauer von fünf Jahren. Die Vergütung richtete sich nach einer jährlich neu abzuschließenden Vereinbarung zwischen der Verlagsgruppe und dem Servicebereich Sonderthemenredaktion, dem auch der Antragsteller zu 2) angehört. Seine Provisionseinnahmen beliefen sich auf monatlich 5.180,00 DM (2.648,00 EUR).
Die Antragsteller zu 1) und 2) erwarben im Oktober 1996 ihr Eigenheim zu einem Gesamtpreis von 402.000,00 DM (205.539,00 EUR) und finanzierten es mit einem Darlehen über 385.000,00 DM (196.846,00 EUR). Die vereinbarte Rate für Zins und Tilgung betrug 2.600,00 DM (1.329,00 EUR).
Die Antragsteller zu 1) und 2) schlossen im November 2006 einen neuen Kreditvertrag über ein Darlehen in Höhe von 180.350,95 EUR ab. Die vereinbarte laufende Rate beträgt 1.330,00 EUR. Der Zinsanteil an der Rate sinkt von 830,98 EUR für März 2007 auf 816,10 EUR für September 2007.
Die Antragstellerin zu 1) gibt an, über keine Einkünfte zu verfügen.
Der Antragsteller zu 2) geht in einem Arbeitszimmer in seinem Einfamilienhaus einer Tätigkeit als freier Grafiker nach. Nach der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erzielte er im Jahre 2006 einen steuerlichen Gewinn von 28.203,84 EUR. In diesem Gewinn ist der Erlös aus dem Verkauf eines Kraftfahrzeugs in Höhe von 3.800,00 EUR enthalten. Außerdem sind Kosten für Miete und Pacht für das Arbeitszimmer in Höhe von 1.737,16 EUR berücksichtigt. Der Antragsteller zu 2) betreibt weiterhin einen Handel mit Kindermode im Esszimmer und in einem Kellerraum seines Eigenheims. Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG weist für das Jahr 2006 einen steuerlichen Verlust in Höhe von 2.354,47 EUR aus. Die Kosten für Miete und Pacht für die diesbezüglich geschäftlich genutzten Räume im Eigenheim sind mit 2.830,90 EUR angegeben.
Der Antragsteller zu 2) zahlt für seine private Krankenversicherung 372,76 EUR pro Monat, wobei 31,30 EUR auf eine Krankenzusatzversicherung entfallen. Die Kosten für seine private Rentenversicherung belaufen sich auf monatlich 174,90 EUR.
Für die Antragstellerin zu 3) wird Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR gezahlt.
Die Antragsgegnerin zahlte bis zum 31. Dezember 2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von 893,43 EUR. Den Fortzahlungsantrag der Antragsteller vom 9. Januar 2007 lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. Februar 2007 ab. Sie begründete dies damit, dass das Einkommen des Antragstellers zu 2) unter Berücksichtigung von angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 475,25 EUR ausreiche, um eine Bedürftigkeit auszuschließen.
Dagegen legten die Antragsteller mit Schreiben vom 16. März 2007 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom gleichen Tag beantragten sie beim Sozialgericht Meiningen eine einstweilige Anordnung.
Das Sozialgericht Meiningen hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 29. März 2007 verpflichtet, den Antragstellern ab April 2007 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 440,96 EUR zu zahlen. Der Antragsteller zu 2) habe unter Berücksichtigung des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2005 ein anrechenbares Einkommen von monatlich 1.214,75 EUR erzielt. Bei den Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 990,81 EUR seien neben den üblichen Nebenkosten die Schuldzinsen in Höhe von ca. 825,00 EUR zu berücksichtigen. Die vom Antragsteller zu 2) in der Gewinnermittlung als Geschäftskosten abgesetzten Hauskosten in Höhe von 87,29 EUR bzw. 129,90 EUR seien abzuziehen.
Die Antragsgegnerin legte gegen diesen Beschluss mit Schreiben vom 3. April 2007 Beschwerde ein. Eine Besserstellung von Wohneigentümern gegenüber Mietern sei hinsichtlich der Unterkunftskosten nicht möglich. Sie müsse daher nur Kosten in Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung für eine Mietwohnung übernehmen. Bei einem Dreipersonenhaushalt wären nach ihren Unterkunftsrichtlinien für eine Mietwohnung insgesamt 475,25 EUR angemessen. Nachdem Sie bereits im Bescheid vom 22. Dezember 2004 auf die Unangemessenheit der Kosten hingewiesen und eine Frist von sechs Monaten für die Senkung der Unterkunftskosten gesetzt habe, sei es ihr nicht zuzumuten, auf Dauer die zu hohen Unterkunftskosten zu tragen.
Die Antragsteller hätten für die Anschaffung ihres Eigenheimes Belastungen in Kauf genommen, die wirtschaftlich nicht vernünftig seien, da allein die Finanzierungslasten die angemessenen Kosten der Unterkunft deutlich überstiegen. Ihre Verpflichtung zur Zahlung von unverhältnismäßig hohen Unterkunftskosten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren komme einer Vorwegnahme der Hauptsache gleich, da aufgrund des geringen Einkommens der Antragsteller ein Rückforderungsanspruch praktisch nicht durchsetzbar wäre.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichtes Meiningen vom 29. März 2007 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 29. März 2007 zurückzuweisen.
Die Antragsteller vertreten die Auffassung, ihnen könne keine wirtschaftlich unvernünftige Handlungsweise beim Erwerb des Eigenheimes 1996 vorgeworfen werden. Die Antragstellerin zu 1) habe aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung gehofft, im Jahr 1996 kurzfristig eine Neuanstellung zu finden. Von 1997 bis 1999 habe sie auch eine Nebenbeschäftigung aufgenommen. Aufgrund der unterschiedlichen Wohnflächenhöchstgrenzen für Eigenheimbesitzer von einerseits 130 qm für drei Personen und für Mietwohnungen von 75 qm für drei Personen sei eine Gleichstellung nicht nachvollziehbar.
Es würde für die Antragsteller eine unzumutbare Härte bedeuten, wenn der Verlust aus dem Kindermodenhandel nicht mit dem Gewinn aus der Grafikertätigkeit verrechnet werden könnte. Sollte ein Verlustausgleich nicht in Betracht kommen, müssten die beim Kindermodenhandel berücksichtigten Raumkosten für das Eigenheim bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden. Weiterhin seien Zuschüsse nach § 26 SGB II zu den Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 127,50 EUR und für die Rentenversicherung in Höhe von 40,80 EUR zu zahlen.
Bei einer Verrechnung der Verluste aus dem Kindermodenhandel mit dem Einkommen aus der Tätigkeit als Grafiker ergebe sich ein Gesamtanspruch von monatlich 237,39 EUR. Bei einem fehlenden Verlustausgleich aber bei Berücksichtigung der auf den Kindermodenhandel entfallenden Raumkosten bei den Kosten der Unterkunft ergebe sich ein Anspruch von monatlich 277,09 EUR.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller vom 9. August 2007 verwiesen.
Die Antragsgegnerin zahlte für die Monate April bis Juni 2007 monatlich 440,96 EUR.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der Verwaltungs - und der Prozessakte, der Gegenstand der Beratung gewesen ist, verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG – wie hier – nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung im Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Nach § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Das Gericht entscheidet durch Beschluss (§ 86 b Abs 4 SGG).
Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht aufgrund einer hinreichenden Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch bejahen kann. Ein solcher Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren fragliche materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Februar 2007, Az.: L 7 AS 924/06 ER). Darüber hinaus muss in Abwägung der für die Verwirklichung des Rechts bestehenden Gefahr einerseits und der Notwendigkeit an der Regelung eines vorläufigen Zustands andererseits ein Anordnungsgrund zu bejahen sein (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung 1996, § 123 Randnummer 62 f.)
Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens bestehen, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären.
Die Gerichte müssen in derartigen Fällen, in denen sie sich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, juris). Bei einer Entscheidung auf Grundlage der Erfolgsaussichten der Hauptsache dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller des Eilverfahrens nicht überspannt werden. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinem Begehren verfolgt.
Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG a. a. O.).
Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen (Berechtigte), die das 15. Lebensjahr vollendet, das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige).
Hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Der Streit über die von den Antragstellern geforderten Leistungen in Höhe von 237,39 EUR bzw. 277,09 EUR ergibt sich im Wesentlichen aus den unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten über die Höhe der zu übernehmenden angemessenen Kosten der Unterkunft.
Der Senat ist nicht in der Lage, im anhängigen Eilverfahren die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft in der Unterkunftsrichtlinie der Antragsgegnerin umfassend zu überprüfen. Es kann daher nicht festgestellt werden, inwieweit die von der Antragsgegnerin zu Grunde gelegten Unterkunftskosten in Höhe von 475,25 EUR angemessen sind.
Entscheidend ist, dass ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) nicht ersichtlich ist.
Eine Eilbedürftigkeit liegt nur vor, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären.
Derartige Beeinträchtigungen sind hier nicht erkennbar.
Im Hauptsacheverfahren können die durch die geringere Gewährung von Leistungen nach dem SGB II entstehenden Beeinträchtigungen mit Erfolg wieder rückgängig gemacht werden, weil Geldleistungen nachholbar sind und den Antragstellern kein Verlust des Hauses droht. Die Antragsteller haben weder die Kündigung und sofortige Fälligkeit ihres Darlehens noch eine angedrohte oder bevorstehende Zwangsvollstreckungsmaßnahme behauptet. Der drohende Verlust des Hauses ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Antragsteller haben im Erörterungstermin am 2. August 2007 angegeben, dass sie ihr Darlehen in voller Höhe von monatlich 1.330,00 EUR bedienen können. Sie sind daher in der Lage, neben den Schuldzinsen noch mehr als 450,00 EUR an Tilgung aufzubringen. Eine Reduzierung der Tilgungsleistung, um die von den Antragstellern begehrten Leistungen, würde lediglich die Laufzeit des Darlehens verlängern, ohne das Eigentum an dem Einfamilienhaus in Gefahr zu bringen.
Bei einer Folgenabwägung wäre zu berücksichtigen, inwieweit die Antragsteller ein Grundeigentum bewohnen, das wegen hoher Zins- und Tilgungsbelastung nicht den Wechselfällen des Lebens entsprechend ausreichend finanziell abgesichert und damit ihren Lebensverhältnissen entsprechend unangemessen sein könnte. Dies kann der Fall sein, wenn die Immobilie ohne ausreichendes Eigenkapital erworben worden ist, mit der Folge, dass die Antragsteller noch für lange Zeit sehr hohen Zinsverbindlichkeiten ausgesetzt sind (vgl. LSG Baden Württemberg, Beschluss vom 26. Juli 2006, Az.: L 13 AS 1620/06 ER B, juris; LSG Niedersachsen Bremen, Beschluss vom 8. Juni 2006, L 7 AS 443/05 ER, juris).
Die Antragsteller haben ihr Eigenheim zu über 95 v. H. fremd finanziert. Sie haben hierfür eine monatliche Belastung von etwa 50 v. H. der Bruttoeinkünfte des Antragstellers zu 2) in Kauf genommen. Eine derartig hohe Finanzierung ist im Hinblick auf die Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung, die private Altersvorsorge, die Nebenkosten für das Eigenheim und die erforderlichen Aufwendungen für ein Kraftfahrzeug schwer nachzuvollziehen.
Die Hoffnung der Antragsteller auf eine neue Beschäftigung der Antragstellerin zu 1) war angesichts der Frauenarbeitslosigkeit im Bereich des Wohnortes der Antragsteller zum damaligen Zeitpunkt unrealistisch.
Die Antragsgegnerin hat die hohen Zinsbelastungen der Antragsteller vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006 getragen. Die Antragsteller machen unter Berücksichtigung einer Zinsbelastung von monatlich 825,00 EUR einen Anspruch von 237,39 bzw. 277,09 EUR monatlich geltend. Sofern sich die übrigen Verhältnisse nicht ändern, hätten die Antragsteller Anspruch auf Leistungen, bis die Zinsbelastung um 237,39 EUR auf 587,61 EUR bzw. um 277,09 EUR auf 547,91 EUR gefallen ist. Nach dem vorgelegten Tilgungsplan wäre dies Ende 2013 bzw. Ende 2014 der Fall. Die Antragsteller hätten daher allein aufgrund der hohen Zinsbelastung für 9 bis 10 Jahre Anspruch auf Leistungen nach den SGB II. Auch dieser Vergleich zeigt die fehlende Absicherung der Finanzierung des Eigenheimes gegen die Wechselfälle des Lebens.
Im übrigen ist der vom Antragsteller zu 2) in seinem Handel mit Kindermode ausgewiesene steuerliche Verlust nach § 4 Abs. 3 EStG höher als der Umsatz, so dass in absehbarer Zeit kein Gewinn erwartet werden kann. Zur Vermeidung weiterer Verluste würde es daher nahe liegen, den Handel mit Kindermode aufzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Die Entscheidung kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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