Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 17 KR 383/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.269,28 EUR nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.11.2010 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 1.269,28 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Rückzahlung von Kosten vollstationärer Krankenhausbehandlung in Höhe von 1.269,28 EUR.
Das am 00.00.00 geborene und bei der Klägerin familienversicherte Kind B Z wurde am 28.07.2006 mit der Diagnose P39.9 (Infektion, die für die Perinatalperiode spezifisch ist, nicht näher bezeichnet) in der Kinderklinik der Beklagten aufgenommen und bis zum 04.08.2006 behandelt. Hierüber erstellte die Beklagte unter Zugrundelegung der DRG P67B der Klägerin einen Betrag von 3.747,41 EUR in Rechnung, der von der Klägerin zunächst vollumfänglich ausgeglichen wurde.
Im Rahmen einer Kassenprüfung durch das Bundesversicherungsamt wurde die Klägerin auf die Klärung unplausibler Abrechnungsfälle hingewiesen. In diesem Zusammenhang hat sie den streitigen Behandlungsfall durch den medizinischen Dienst des Bundeseisenbahnvermögens (MD BEV) mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragt. Im Ergebnis der Prüfung hat der MD BEV festgestellt, dass im streitgegenständlichen Fall die Nebendiagnose B37.2 (Kandidose der Haut und Nägel) nicht zu codieren gewesen sei. Im ICD – 10 – GM – Version 2006, werde im Kapitel I (bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten, AOO – B 99) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kandidose bei Neugeborenen mit der P37.5 zu verschlüsseln sei. Daraus resultiere, dass statt der von der Beklagten abgerechneten DRG P67B die DRG P 67C abzurechnen sei und es ergebe sich aus dem geringeren Schweregrad der DRG ein Differenzbetrag in Höhe von 1.269,28 EUR. Eine entsprechende Aufforderung an die Beklagte, die Rechnung zu korrigieren und die Forderung auszugleichen, hat diese abgelehnt und sich auf die fehlende Zeitnähe der Prüfung berufen.
Mit der am 29.12.2010 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Erstattungsanspruch weiter.
Der in Nordrhein-Westfalen geltende Landesvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V beinhalte keine Ausschlussfristen, so dass die Regelungen des Sozialrechts anzuwenden seien. Das bedeute, dass hier die 4-jährige Verjährungsfrist gelte. In seinem Urteil vom 16.12.2008 (B 1 KN 1/07 KR R) habe das BSG im Übrigen festgestellt, dass in der Vergangenheit für die Krankenkassen ein Beschleunigungsgebot nicht bestanden habe. § 275 Abs. 1 c SGB V, der mit Wirkung vom 01.04.2007 Einzelheiten und besondere Pflichten sowie eine 6-wöchige Ausschlussfrist für die Einleitung einer Einzelfallprüfung normiere, gelte erst ab diesem Zeitpunkt. Es spreche nichts für eine Rückwirkung der Regelung.
In seinen Entscheidungen vom 08.09.2009 (B 1 KR 11/09) und 17.12.2009 (B 3 KR 12/08) habe das BSG durchaus nicht unberücksichtigt gelassen, dass Krankenhaus und Krankenkasse bei der Erbringung und Abrechnung stationärer Leistungen unterschiedliche Rollen einnähmen. Dem Krankenhaus sei eine korrekte zeitnahe Abrechnung zumutbar und möglich, da es aufgrund der Dokumentation des Behandlungsverlaufs in der Lage sei, die selbst erbrachte Leistung problemlos exakt zu codieren und in der Folge punktgenau abzurechnen. Das Krankenhaus setze also mit der Schluss- bzw. Endrechnung den Schein der Endgültigkeit, aus dem sich das Vertrauen der Krankenkasse ergeben könne. Die Krankenkassen wiederum erfüllten ihren gesetzlichen Prüfauftrag auf der Basis der vom Krankenhaus zur Verfügung gestellten Informationen. Aus der vertraglichen kurzen Zahlungsfrist der Kassen könne durch die vorläufige Zahlung nicht der Schein der Endgültigkeit gesetzt werden und folglich kein Vertrauen für die Krankenhäuser entstehen, dass eine Rechnungsbeanstandung nicht mehr erfolgen werde. Die nachträgliche Rechnungsoptimierung der Krankenhäuser sei demzufolge keinesfalls vergleichbar mit der Rechnungsprüfung der Kassen und sich ggfs. daraus ergebenden Forderungen.
Im Übrigen irre die Beklagte weiterhin, wenn sie meine, die Codierung der Nebendiagnose Kandidose müsse mit dem ICD-Schlüssel B37.2 erfolgen. Die Klägerin verbleibe dabei, dass diese bei Neugeborenen mit der P37.5 zu codieren sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 1.269,28 EUR nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab 01.11.2010 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das BSG habe in seinem Urteil vom 13.12.2001 (B 3 KR 11/01 R) entschieden, dass die Krankenkasse sofort nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung dem Krankenhaus Zweifel einer Behandlungsbedürftigkeit mitteilen und das Überprüfungsverfahren vor dem MDK zeitnah einleiten müsse. Dies sei vorliegend nicht erfolgt. Bei einem Behandlungszeitraum aus dem Jahre 2006 und einer Prüfung im Jahre 2010 liege keine zeitnahe Überprüfung vor, so dass von einer Verwirkung der Ansprüche der Klägerin ausgegangen werde. Auch in dem BSG-Urteil vom 08.09.2009 (B 1 KR 11/09 R) werde klargestellt, dass die Zulässigkeit von Nachforderungen sich nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB richte. In diesem Urteil werde sogar die Zeitnähe der geltend gemachten Nachforderungen innerhalb des laufenden Haushaltsjahres gefordert. Eine Prüfung der Sachverhalte außerhalb des laufenden Haushaltsjahres aber innerhalb der Verjährungsfristen müsse nicht hingenommen werden.
Auch inhaltlich könne der Auffassung der Klägerin nicht gefolgt werden. Aus dem systematischen Verzeichnis des ICD – 10 – Kataloges sei zu erkennen, dass die Nebendiagnose P37.5 (Kandidose beim Neugeborenen) nur dann verschlüsselt werden könne, falls es sich um eine angeborene Kandidose handele. Anhand der Krankenblattunterlagen sei zu erkennen, dass sich das Krankheitsbild der Kandidose nicht als angeboren gezeigt habe, sondern erst am 31.07.2006 neu aufgetreten sei. Somit scheide eine Schlüsselung der angeborenen Kandidose mit der Nebendiagnose P37.5 aus. Es bleibe nur die Verschlüsselung der Kandidose mittels B37.2 (Kandidose der Haut und der Nägel). Aufgrund dessen verbleibe es bei der Abrechnung der DRG P67B. Die Klägerin sei weiterhin zur vollständigen Bezahlung der Rechnung verpflichtet.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 18.08.2011 haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie die Verwaltungsakte der Klägerin und die Krankenakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Erörterung mit den Beteiligten und der Beratung der Kammer waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage der Klägerin ist begründet. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin dem Grunde und der Höhe nach zu.
Soweit die Beteiligten um die Frage streiten, ob der Anspruch der Klägerin verwirkt sei, bzw. die Rechtsprechung des BSG zur zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen auch vor Ablauf der 4-jährigen Verjährungsfrist gleichermaßen für Rückforderungsansprüche der Krankenkassen Geltung beanspruche, folgt die Kammer den Darlegungen der Klägerin. Eine Verwirkung des Anspruchs ist nicht ersichtlich. Auch die Kammer vermag weder dem Urteil des BSG vom 08.09.2009 (B 1 KR 11/09 R) noch der sich insoweit anschließenden Entscheidung vom 17.12.2009 (B 3 KR 12/08 R) zu entnehmen, dass die Krankenkassen nach Falschabrechnung durch das Krankenhaus bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist nach Treu und Glauben gehindert seien, ihnen zustehende Ansprüche geltend zu machen. Vor späterer Rechnungsprüfung und Geltendmachung eines derartigen Anspruchs waren die Krankenhäuser für Behandlungsfälle vor dem 01.04.2007 ausschließlich durch die Verjährung geschützt, die vorliegend durch den Eingang der Klageschrift noch vor Ablauf des Jahres 2010 jedoch nicht eingetreten ist. Die Kammer verweist insoweit auch auf ihre gleichlautenden Entscheidungen vom 11.03.2010, S 17 KR 81/09 (Berufung LSG NRW, L 1 KR 214/10) und vom 06.05.2010, S 17 KR 83/09 (Berufung LSG NRW, L 16 KR 322/10, zurückgenommen am 12.05.2011).
Auch sachlich folgt die Kammer der Auffassung der Beklagten dahingehend, dass die Beklagte den abgerechneten Behandlungsfall falsch codiert hat. Die von der Klägerin und ihrem medizinischen Dienst als zutreffend angesehene Nebendiagnose P37.5 (Kandidose beim Neugeborenen) erweist sich nach dem Definitionstext als einzig zutreffend. Sie findet sich unter dem ICD – 10 – Kapitel XVI, bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben. Insoweit sollen Infektionen erfasst und abgerechnet werden, die für die Perinatalperiode spezifisch sind, d.h. in utero oder unter der Geburt erworben wurden. Die von der Beklagten verschlüsselte Kandidose findet sich hingegen unter der allgemeinen Überschrift "bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten". Das am 00.00.00 geborene Kind wurde bei der Beklagten am 28.07.2006 mit der Diagnose P 39.9 (Infektion, die für die perinatale Periode spezifisch ist, nicht näher bezeichnet) aufgenommen. Hieraus erschließt sich auch für den medizinischen Laien, dass nur die speziellere Verschlüsselung mit der Nebendiagnose P37.5 in Betracht kommen musste, da sowohl vom Beschreibungstext als auch von der Wahrscheinlichkeit des Krankheitserwerbs nur eine Infektion, die in utero oder unter der Geburt erworben worden ist, in Betracht kommt. Nur bei einem wesentlich größeren Abstand zur Geburt wäre die Verschlüsselung der Beklagten mit der B37.2 nachvollziehbar und begründbar gewesen.
Nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten hat die Kammer davon abgesehen, diesen hier eindeutig erscheinenden Sachverhalt nochmals durch ein medizinisches Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Gegenstandswert war nach dem mit der Klage geltend gemachten Rückforderungsbetrag festzusetzen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Rückzahlung von Kosten vollstationärer Krankenhausbehandlung in Höhe von 1.269,28 EUR.
Das am 00.00.00 geborene und bei der Klägerin familienversicherte Kind B Z wurde am 28.07.2006 mit der Diagnose P39.9 (Infektion, die für die Perinatalperiode spezifisch ist, nicht näher bezeichnet) in der Kinderklinik der Beklagten aufgenommen und bis zum 04.08.2006 behandelt. Hierüber erstellte die Beklagte unter Zugrundelegung der DRG P67B der Klägerin einen Betrag von 3.747,41 EUR in Rechnung, der von der Klägerin zunächst vollumfänglich ausgeglichen wurde.
Im Rahmen einer Kassenprüfung durch das Bundesversicherungsamt wurde die Klägerin auf die Klärung unplausibler Abrechnungsfälle hingewiesen. In diesem Zusammenhang hat sie den streitigen Behandlungsfall durch den medizinischen Dienst des Bundeseisenbahnvermögens (MD BEV) mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragt. Im Ergebnis der Prüfung hat der MD BEV festgestellt, dass im streitgegenständlichen Fall die Nebendiagnose B37.2 (Kandidose der Haut und Nägel) nicht zu codieren gewesen sei. Im ICD – 10 – GM – Version 2006, werde im Kapitel I (bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten, AOO – B 99) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kandidose bei Neugeborenen mit der P37.5 zu verschlüsseln sei. Daraus resultiere, dass statt der von der Beklagten abgerechneten DRG P67B die DRG P 67C abzurechnen sei und es ergebe sich aus dem geringeren Schweregrad der DRG ein Differenzbetrag in Höhe von 1.269,28 EUR. Eine entsprechende Aufforderung an die Beklagte, die Rechnung zu korrigieren und die Forderung auszugleichen, hat diese abgelehnt und sich auf die fehlende Zeitnähe der Prüfung berufen.
Mit der am 29.12.2010 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Erstattungsanspruch weiter.
Der in Nordrhein-Westfalen geltende Landesvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V beinhalte keine Ausschlussfristen, so dass die Regelungen des Sozialrechts anzuwenden seien. Das bedeute, dass hier die 4-jährige Verjährungsfrist gelte. In seinem Urteil vom 16.12.2008 (B 1 KN 1/07 KR R) habe das BSG im Übrigen festgestellt, dass in der Vergangenheit für die Krankenkassen ein Beschleunigungsgebot nicht bestanden habe. § 275 Abs. 1 c SGB V, der mit Wirkung vom 01.04.2007 Einzelheiten und besondere Pflichten sowie eine 6-wöchige Ausschlussfrist für die Einleitung einer Einzelfallprüfung normiere, gelte erst ab diesem Zeitpunkt. Es spreche nichts für eine Rückwirkung der Regelung.
In seinen Entscheidungen vom 08.09.2009 (B 1 KR 11/09) und 17.12.2009 (B 3 KR 12/08) habe das BSG durchaus nicht unberücksichtigt gelassen, dass Krankenhaus und Krankenkasse bei der Erbringung und Abrechnung stationärer Leistungen unterschiedliche Rollen einnähmen. Dem Krankenhaus sei eine korrekte zeitnahe Abrechnung zumutbar und möglich, da es aufgrund der Dokumentation des Behandlungsverlaufs in der Lage sei, die selbst erbrachte Leistung problemlos exakt zu codieren und in der Folge punktgenau abzurechnen. Das Krankenhaus setze also mit der Schluss- bzw. Endrechnung den Schein der Endgültigkeit, aus dem sich das Vertrauen der Krankenkasse ergeben könne. Die Krankenkassen wiederum erfüllten ihren gesetzlichen Prüfauftrag auf der Basis der vom Krankenhaus zur Verfügung gestellten Informationen. Aus der vertraglichen kurzen Zahlungsfrist der Kassen könne durch die vorläufige Zahlung nicht der Schein der Endgültigkeit gesetzt werden und folglich kein Vertrauen für die Krankenhäuser entstehen, dass eine Rechnungsbeanstandung nicht mehr erfolgen werde. Die nachträgliche Rechnungsoptimierung der Krankenhäuser sei demzufolge keinesfalls vergleichbar mit der Rechnungsprüfung der Kassen und sich ggfs. daraus ergebenden Forderungen.
Im Übrigen irre die Beklagte weiterhin, wenn sie meine, die Codierung der Nebendiagnose Kandidose müsse mit dem ICD-Schlüssel B37.2 erfolgen. Die Klägerin verbleibe dabei, dass diese bei Neugeborenen mit der P37.5 zu codieren sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, 1.269,28 EUR nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz ab 01.11.2010 an die Klägerin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das BSG habe in seinem Urteil vom 13.12.2001 (B 3 KR 11/01 R) entschieden, dass die Krankenkasse sofort nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung dem Krankenhaus Zweifel einer Behandlungsbedürftigkeit mitteilen und das Überprüfungsverfahren vor dem MDK zeitnah einleiten müsse. Dies sei vorliegend nicht erfolgt. Bei einem Behandlungszeitraum aus dem Jahre 2006 und einer Prüfung im Jahre 2010 liege keine zeitnahe Überprüfung vor, so dass von einer Verwirkung der Ansprüche der Klägerin ausgegangen werde. Auch in dem BSG-Urteil vom 08.09.2009 (B 1 KR 11/09 R) werde klargestellt, dass die Zulässigkeit von Nachforderungen sich nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB richte. In diesem Urteil werde sogar die Zeitnähe der geltend gemachten Nachforderungen innerhalb des laufenden Haushaltsjahres gefordert. Eine Prüfung der Sachverhalte außerhalb des laufenden Haushaltsjahres aber innerhalb der Verjährungsfristen müsse nicht hingenommen werden.
Auch inhaltlich könne der Auffassung der Klägerin nicht gefolgt werden. Aus dem systematischen Verzeichnis des ICD – 10 – Kataloges sei zu erkennen, dass die Nebendiagnose P37.5 (Kandidose beim Neugeborenen) nur dann verschlüsselt werden könne, falls es sich um eine angeborene Kandidose handele. Anhand der Krankenblattunterlagen sei zu erkennen, dass sich das Krankheitsbild der Kandidose nicht als angeboren gezeigt habe, sondern erst am 31.07.2006 neu aufgetreten sei. Somit scheide eine Schlüsselung der angeborenen Kandidose mit der Nebendiagnose P37.5 aus. Es bleibe nur die Verschlüsselung der Kandidose mittels B37.2 (Kandidose der Haut und der Nägel). Aufgrund dessen verbleibe es bei der Abrechnung der DRG P67B. Die Klägerin sei weiterhin zur vollständigen Bezahlung der Rechnung verpflichtet.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 18.08.2011 haben sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie die Verwaltungsakte der Klägerin und die Krankenakte der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Erörterung mit den Beteiligten und der Beratung der Kammer waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage der Klägerin ist begründet. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin dem Grunde und der Höhe nach zu.
Soweit die Beteiligten um die Frage streiten, ob der Anspruch der Klägerin verwirkt sei, bzw. die Rechtsprechung des BSG zur zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen auch vor Ablauf der 4-jährigen Verjährungsfrist gleichermaßen für Rückforderungsansprüche der Krankenkassen Geltung beanspruche, folgt die Kammer den Darlegungen der Klägerin. Eine Verwirkung des Anspruchs ist nicht ersichtlich. Auch die Kammer vermag weder dem Urteil des BSG vom 08.09.2009 (B 1 KR 11/09 R) noch der sich insoweit anschließenden Entscheidung vom 17.12.2009 (B 3 KR 12/08 R) zu entnehmen, dass die Krankenkassen nach Falschabrechnung durch das Krankenhaus bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist nach Treu und Glauben gehindert seien, ihnen zustehende Ansprüche geltend zu machen. Vor späterer Rechnungsprüfung und Geltendmachung eines derartigen Anspruchs waren die Krankenhäuser für Behandlungsfälle vor dem 01.04.2007 ausschließlich durch die Verjährung geschützt, die vorliegend durch den Eingang der Klageschrift noch vor Ablauf des Jahres 2010 jedoch nicht eingetreten ist. Die Kammer verweist insoweit auch auf ihre gleichlautenden Entscheidungen vom 11.03.2010, S 17 KR 81/09 (Berufung LSG NRW, L 1 KR 214/10) und vom 06.05.2010, S 17 KR 83/09 (Berufung LSG NRW, L 16 KR 322/10, zurückgenommen am 12.05.2011).
Auch sachlich folgt die Kammer der Auffassung der Beklagten dahingehend, dass die Beklagte den abgerechneten Behandlungsfall falsch codiert hat. Die von der Klägerin und ihrem medizinischen Dienst als zutreffend angesehene Nebendiagnose P37.5 (Kandidose beim Neugeborenen) erweist sich nach dem Definitionstext als einzig zutreffend. Sie findet sich unter dem ICD – 10 – Kapitel XVI, bestimmte Zustände, die ihren Ursprung in der Perinatalperiode haben. Insoweit sollen Infektionen erfasst und abgerechnet werden, die für die Perinatalperiode spezifisch sind, d.h. in utero oder unter der Geburt erworben wurden. Die von der Beklagten verschlüsselte Kandidose findet sich hingegen unter der allgemeinen Überschrift "bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten". Das am 00.00.00 geborene Kind wurde bei der Beklagten am 28.07.2006 mit der Diagnose P 39.9 (Infektion, die für die perinatale Periode spezifisch ist, nicht näher bezeichnet) aufgenommen. Hieraus erschließt sich auch für den medizinischen Laien, dass nur die speziellere Verschlüsselung mit der Nebendiagnose P37.5 in Betracht kommen musste, da sowohl vom Beschreibungstext als auch von der Wahrscheinlichkeit des Krankheitserwerbs nur eine Infektion, die in utero oder unter der Geburt erworben worden ist, in Betracht kommt. Nur bei einem wesentlich größeren Abstand zur Geburt wäre die Verschlüsselung der Beklagten mit der B37.2 nachvollziehbar und begründbar gewesen.
Nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten hat die Kammer davon abgesehen, diesen hier eindeutig erscheinenden Sachverhalt nochmals durch ein medizinisches Sachverständigengutachten überprüfen zu lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Gegenstandswert war nach dem mit der Klage geltend gemachten Rückforderungsbetrag festzusetzen.
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