S 16 KA 2/16 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
16
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 16 KA 2/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selber zu tragen hat.

Gründe:

I. Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung an dem Praxisstandort X. Straße in D ...

Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie. Antragstellerin zu 3) ist die zwischen dem Antragsteller zu 1) und dem Antragsteller zu 2) zum 18.08.2010 gegründete Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Dieser BAG liegt der Gesellschaftsvertrag vom 28.07.2010 zugrunde.

Die Beigeladene ist die Rechtsnachfolgerin der Firma W ... Der Antragsteller zu 1) schloss mit Datum vom 28.04.2003 mit der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen einen Kooperationsvertrag, welcher zum Gegenstand den Betrieb von ausgelagerten Praxisstätten in Form von Dialysezentren in der C. in D. sowie im W.-Krankenhaus in der S. in E. hatte.

Der Antragsteller zu 1) war seit Mitte 1992 zur vertragsärztlichen Versorgung in der C. in D. zugelassen. Den Versorgungsauftrag übte er teilweise in Einzelpraxis, teilweise in Gemeinschaftspraxis aus. Es wurden zur Erbringung von Dialyseleistungen ausgelagerte Praxisräume/Zweigpraxen insbesondere in der S. beziehungsweise in der W. Str. in Datteln erbracht.

Mit Wirkung zum 18.8.2010 erteilte der Zulassungsausschuss dem Antragsteller zu 2) eine gemäß § 25 Abs. 2 der Bedarfsplanungs-Richtlinie auf den definierten Versorgungsauftrag (Nephrologie/Dialyse) sowie auf die Dauer der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit mit dem Antragsteller zu 1) beschränkte Sonderbedarfszulassung und genehmigte den Antragstellern zu 1) und 2) die Ausübung ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit als Berufsausübungsgemeinschaft in D., C.straße. Auch die dem Antragsteller zu 2) daraufhin von der Antragsgegnerin erteilte Dialysegenehmigung wurde entsprechend eingeschränkt, allerdings nicht nur für den Praxissitz in der C.straße., sondern darüber hinaus (wie zuvor bereits für den Antragsteller zu 1)) auch auf eine Dialysetätigkeit in der Zweigpraxis Sstraße. in E. erstreckt.

Der Antragsteller zu 2) wurde im Rahmen der Gründung der BAG nicht Vertragspartner der Beigeladenen.

Bis zum 31.12.2013 betrieben die Antragsteller zu 1) und 2) die Dialyse in den ausgelagerten Praxisräumen am F. in E. sowie am W. Krankenhaus in der S. in E ... Die Praxisstätte F. befindet sich in unmittelbarer Umgebung der C ... Insbesondere befinden sich die Räumlichkeiten F. und die C. in gleichen Gebäudeteilen.

Seit dem 01.01.2014 wurde die ausgelagerte Praxisstätte F. von den Antragstellern nicht mehr genutzt. Diese Räumlichkeiten werden seitdem von der Beigeladenen mit anderen Ärzten betrieben.

Am 24.6.2014 genehmigte der Zulassungsausschuss mit Wirkung zum 1.7.2014 die Verlegung des Vertragsarztsitzes C ... in die X. Str. in D ... Auch insoweit wurden den Antragstellern zu 1) und 2) von dem Antragsgegner entsprechende Dialysegenehmigungen erteilt. Eine zuvor mit Beschluss vom 27.8.2013 genehmigte und für den 1.1.2014 angekündigte Verlegung des Praxissitzes in die E. Str. 32 in D. war nicht zustande gekommen.

Nachdem der Antragsteller zu 1) den mit der Beigeladenen bestehenden Kooperationsvertrag zum 31.03.2013 gekündigt hatte folgten diesbezüglich gerichtliche Auseinandersetzungen. Das Oberlandesgericht Hamm stellte sodann in einem Urteil am 04.02.2016 (Aktenzeichen I-17 U 64/14) unter anderem fest, dass der Antragsteller zu 1) verpflichtet sei, den mit der Beigeladenen abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte in Form eines Dialysezentrums in der C. in E. zu erfüllen und fortzuführen. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller zu 1) Nichtzulassungsbeschwerde bei dem Bundesgerichtshof (BGH) (Aktenzeichen II ZR 51/16) ein. Eine Entscheidung hierüber ist noch nicht ergangen.

Zudem erging zwischen dem Antragsteller zu 1) und der Beigeladenen am 04.02.2016 in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm ein weiteres Urteil (Az.: I-17 U 84/14). Hierbei wurde der Antragssteller zu 1) zur Abgabe der folgenden Erklärung verurteilt:

"An den Zulassungsausschuss für den Regierungsbezirk Münster, Robert-Schimrigk-Str. 4-6, 44141 Dortmund Betrifft: Verlegung des Vertragsarztsitzes

Hiermit beantrage ich, X. I., meinen Vertragsarztsitz vom Standort X. in D. an den Standort D., C. zu verlegen.

Begründung:

Mit Wirkung zum 01.01.2014 hat der Zulassungsausschuss gestattet, den Vertragsarztsitz von dem Standort C. an den Standort X. in D. zu verlegen. Mit Urteil vom 25.02.2014 hat das Landgericht Dortmund unter dem Az: 25 O 347/13 entschieden, dass ich, X. I., verpflichtet bin, den mit der Verfügungsklägerin (W. GmbH) abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte in Form eines Dialysezentrums in der C. , D. zu erfüllen und fortzuführen.

Um der Entscheidung des Landgerichts Dortmund nachzukommen, ist es erforderlich, den Vertragsarztsitz an den alten Standort C. zu verlegen. Nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV hat der Zulassungsausschuss die Verlegung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Derartige Gründe sind nicht ersichtlich, da ich meine Praxis bis zum 31.12.2013 an dem Verlegungsstandort geführt habe und dort alle sachlichen und personellen Einrichtungen zur Sicherstellung der Versorgung vorhanden sind.

X. I."

Zwecks Umsetzung des mit Zustellung rechtskräftigen Urteils des OLG Hamm mit dem Aktenzeichen I-17 U 84/14 fasste der Antragsgegner am 15.03.2016 unter dem Aktenzeichen 248/2016 folgenden Beschluss:

Der Antrag auf Verlegung des Vertragsarztsitzes des Herrn X. I. als Arzt (fachärztlich) von D., X, nach D., C., mit Wirkung vom 16.03.2016, wird genehmigt.

Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass das Urteil des Oberlandesgerichtes Hamm vom 04.02.2016 mit dem Aktenzeichen I-17 U 84/14 dem Antragsgegner am 02.03.2016 förmlich zugestellt worden und somit rechtskräftig sei. Mit der Verpflichtung aus dem Urteil liege ein Antrag des Antragstellers zu 1) auf Sitzverlegung im Sinne des § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-Zulassungsverordnung vor. Mit dem Urteil werde nach § 894 Zivilprozessordnung (ZPO) eine eigene Willenserklärung des Verurteilten fingiert. Sei der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gelte die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft erlange. Gründe der vertragsärztlichen Versorgung stünden der Verlegung nicht entgegen. Insbesondere befänden sich der bisherige Standort und der zukünftige Standort innerhalb der Gemeinde bei einer Entfernung von 2,6 Kilometern. Entgegenstehende planerische Gesichtspunkte seien nicht ersichtlich. Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang der Rechtsstreit über die Wirksamkeit des Kooperationsvertrages zwischen dem Antragsteller zu 1) und der Beigeladenen. Der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung insbesondere nicht die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Nutzungsvertrages zu beurteilen.

Zusammen mit diesem Beschluss über die Verlegung des Praxissitzes des Antragstellers zu 1) erließ der Zulassungsausschuss unter dem 15.3.2016 einen "Feststellungsbeschluss", mit dem er die den Antragstellern erteilte Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in der X. widerrief und feststellte, dass die Sonderbedarfszulassung des Antragstellers zu 2) mit Ablauf des 15.3.2016 ende. Zur Begründung führte er aus, dass die Zulassung des Antragstellers zu 2) an die Genehmigung gemeinsamer Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit dem Antragsteller zu 1) gebunden gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen seit der Verlegung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers zu 1) nicht mehr vor, da der Antragsteller zu 2) selbst keinen Verlegungsantrag gestellt habe. Eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft komme nicht in Betracht, weil im Bereich des Versorgungsauftrags für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten eine Sonderbedarfszulassung für einen "weiteren Arzt" zugunsten einer Praxis nur "ortsgleich" am Vertragsarztsitz des Praxisinhabers erteilt werden könne.

Mit Datum vom 17.03.2016 haben die Antragsteller zunächst bei dem Sozialgericht Dortmund unter dem Aktenzeichen S 52 KA 30/16 ER einen Antrag auf vorläufigen Rechtschutz gestellt. Sie begehren, den Antragsgegner zu verpflichten, den Beschluss des Antragsgegners vom 16.03.2016 aufzuheben und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit eines Kooperationsvertrages zwischen der Beigeladenen und dem Antragsteller zu 1) den bis zum 15.03.2016 bestehenden Rechtszustand bezüglich der Zulassung der Antragsteller zur vertragsärztlichen Versorgung am Standort X. in D. widerherzustellen. Mit Beschluss vom 29.03.2016 hat das Sozialgericht Dortmund sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtstreit an das hiesige Gericht verwiesen.

Insbesondere mit Schreiben vom 30.03.2016 legten die Antragsteller jeweils gegen die ergangenen Beschlüsse des Antragsgegners Widerspruch ein. Sie gingen von der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches aus. Entsprechend dürfe insbesondere der Antragsteller zu 1) nachwievor an der X. in D. tätig sein.

Die Widersprüche gegen die Beschlüsse des Antragsgegners hat der Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe jeweils mit Beschlüssen vom 18.05.2016 zurückgewiesen: Unter dem Aktenzeichen BA-Nr. 18/2016 hat der Berufungsausschuss den Widerspruch des Antragstellers gegen den Beschluss des Antragsgegners mit dem Aktenzeichen 249/2016 zurückgewiesen und die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet. Der Widerspruch des Antragstellers zu 1) gegen den Verlegungsbeschluss sei unzulässig. Denn dieser Beschluss sei antragsgemäß erlassen worden: Das im einstweiligen Verfügungsverfahren des OLG ergangene Urteil sei rechtskräftig mit der Folge, dass die im Tenor enthaltene Erklärung gemäß § 894 Satz 1 ZPO als Antrag des Antragstellers zu 1) gelte. Dass die Entscheidung im Hauptsacheverfahren noch keine Rechtskraft erlangt habe, sei unerheblich. Sollte sich die einstweilige Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweisen, könnte der Antragsteller zu 1) gemäß § 945 ZPO Schadensersatz beanspruchen. Im Übrigen sei der Widerspruch aber auch unbegründet. Hierfür sei allein entscheidend, dass planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Gründe, nicht entgegenständen. Ob der Antragsteller zu 1) am neuen Vertragsarztsitz eine Dialysepraxis betreiben könne, falle nicht ins Gewicht, weil er im Rahmen seines Versorgungsauftrags hierzu nicht verpflichtet sei. Obwohl auch die Klage gegen seinen Beschluss keine aufschiebende Wirkung habe, ordne der Berufungsausschuss aus Gründen der Rechtsklarheit die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung an.

Der Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe wies zudem den Widerspruch gegen den Beschluss des Antragsgegners mit dem Aktenzeichen zurück (BA-Nr.). Der Widerspruch gegen den weiteren Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15.3.2016 sei zwar zulässig, aber unbegründet. Nachdem feststehe, dass der Vertragsarztsitz des Antragstellers zu 1) in die C. verlegt sei, habe die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit der Antragsteller zu 1) und 2) widerrufen werden müssen, weil der Antragsteller zu 2) selbst keinen Verlegungsantrag gestellt habe. Damit seien auch die Voraussetzungen für die Sonderbedarfszulassung des Antragstellers zu 2) entfallen.

Unter dem 20.06.2016 hat der Antragsteller zu 1) Klage gegen den Beschluss des Berufungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe vom 18.05.2016 erhoben. Diese Klage wird bei dem hiesigen Gericht unter dem Aktenzeichen S 16 KA 7/16 geführt. Am 22.06.2016 haben die Antragsteller zu 1) bis 3) Klage gegen den Beschluss des Berufungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe vom 18.05.2016 (Aktenzeichen) erhoben. Die Klage wird bei dem hiesigen Gericht unter dem Aktenzeichen S 16 KA 8/16 geführt.

Die Antragsteller führen in dem hiesigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes insbesondere aus, dass es nach dem Ergehen der Beschlüsse des Berufungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-Lippe vom 18.05.2016 in dem hiesigen Verfahren (lediglich) noch um den Zeitraum zwischen den Entscheidungen des Antragsgegners vom 15.03.2016 und den Entscheidungen des Berufungsausschusses gehe, da dieser Zeitraum ungeklärt sei und mithin ein Rechtschutzbedürfnis für diesen Zeitraum bestehe. Es werde nicht verkannt, dass der streitgegenständliche Bescheid des Antragsgegners rechtlich grundsätzlich nicht mehr existent sei. Da jedoch der Bescheid des Berufungsausschusses nicht rückwirkend gelte entstehe eine zeitliche Lücke, die wesentlich für Frage des ärztlichen Honoraranspruches sei. Gleichzeitig weisen die Antragsteller wiederholt darauf hin, dass die fraglichen Räumlichkeiten nicht genutzt werden könnten. In der C. in D. sei die frühere Dialysepraxis der Antragsteller gewesen. Nach Beendigung der Dialyse-Tätigkeit würde sich in den Räumlichkeiten unter anderem eine Zahnarztpraxis befinden. Zum Teil ständen die Räumlichkeiten leer; sie müssten folglich aufwändig hergerichtet werden. Zum Betrieb der Dialyse seien sie nicht geeignet. Es bestehe entsprechend die Unmöglichkeit, die durch Urteil des OLG Hamm fingierte Willenserklärung zu realisieren. Sowohl ein Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sei gegeben. Ein Anordnungsanspruch ergebe sich schon daraus, dass das Urteil des OLG Hamm vom 04.02.2016 mit dem Aktenzeichen I-17 U 64/14 nicht rechtskräftigt sei. Ein Anordnungsgrund ergebe sich bereits darauf, dass die mindestens 44 Dialyse-Patienten der Antragsteller versorgt werden müssten. Diese Möglichkeit böten die Räumlichkeiten in der C. nicht.

Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich sinngemäß,

den Antragsgegner zu verpflichten, seinen Beschluss vom 15.03.2016 aufzuheben und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit eines Kooperationsvertrages vom 28.04.2003 zwischen der Firma W. GmbH und dem Antragsteller zu 1) den bis zum 15.03.2016 bestehenden Rechtszustand bezüglich der Zulassung der Antragsteller zur vertragsärztlichen Versorgung am Standort X., D. widerherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Antrag abzuweisen.

Insbesondere könne der Widerspruch des Antragstellers zu 1) keine aufschiebende Wirkung entfalten, da er offensichtlich unzulässig sei. Das OLG Hamm habe in dem einstweiligen Verfügungsverfahren den Antragsteller zu 1) rechtskräftig zur Abgabe einer Willenserklärung betreffend der (Rück)Verlegung in die bisherigen Räumlichkeiten verurteilt. Die eigene Willenserklärung des Verurteilten wird somit fingiert. Die Erklärung gelte als abgegeben, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt. Der Widerspruch sei bereits nicht zulässig, da die formelle Beschwer nicht gegeben sei. Aufgrund der eigens abgegebenen Willenserklärung fehle es bezüglich des Beschlusses des Antragsgegners an einer formellen Beschwer des Antragstellers zu 1). Der Antragsgegner sei mit diesem Beschluss dem "eigenen" Verlegungsantrag des Antragstellers zu 1) nachgekommen.

Nachdem das hiesige Gericht zunächst die beantragte Beiladung der Beigeladenen mit Beschluss vom 14.04.2016 abgelehnt hatte, hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) nach eingelegter Beschwerde die Beigeladene mit Beschluss vom 13.06.2016 zu dem hiesigen Verfahren beigeladen. Die Beigeladene bestreitet insbesondere, dass ein Praxisbetrieb für die Antragsteller am Standort C. in D. nicht möglich sei. Die Antragsteller könnten in den alten Praxisräumen weiterhin ihren Praxisbetrieb aufnehmen und in dem damit verbundenen Nachbargebäude die Dialyse durchführen. Insbesondere sei die Verlegung des Sitzes schon deshalb notwendig und zwangsläufig, als hierdurch die notwendige räumliche Nähe zu den Dialyseräumlichkeiten hergestellt werde, da auch die Praxis und die Dialyse – rein baurechtlich mit unterschiedlicher Anschrift – im selben Gebäude angesiedelt seien. In den Räumlichkeiten am F. würden zurzeit unstreitig Dialyse Leistungen, wenn auch im Kostenerstattungsverfahren, erbracht. Entsprechend sei eine Durchführung von Dialyse möglich. Ein Beschwer der Antragsteller zu den Entscheidungen des Zulassungsausschusses könne nicht erkannt werden. Der Rechtsbehelf dürfte entsprechend unzulässig sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die vorbereitenden Schriftsätze aller Beteiligten nebst Anlagen und dem sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte des Antragsgegners, welche das Gericht beigezogen hat.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 Abs. 2 Satz 1 SGG hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, jedoch unbegründet.

Entgegen der teilweise im hiesigen Verfahren geäußerten Fassungen der Beteiligten begehren die Antragsteller nach Auslegung des Antrages unter Beachtung der Ausführungen in der Antragsbegründung nicht die Feststellung/Wiederherstellung einer aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche:

Das erkennende Gericht lehnt bei nur deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten ein Rechtschutzbedürfnis für die gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung dieser Rechtsbehelfe ab, weil damit das im Eilverfahren verfolgte Ziel einer Verbesserung der Rechtstellung von vornherein nicht erreichbar ist (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.11.2007, Az.: L 7 B 153/07 KA ER). Dieses Ziel ist bei nur deklaratorisch-feststellenden Verwaltungsakten nicht zu erreichen, weil die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage allein zu bewirken vermag, dass die durch einen belastenden Verwaltungsakt geregelten Rechtsfolgen zunächst nicht eintreten und die vor seiner Bekanntgabe geltende Rechtslage vorläufig fort gilt. Dies setzt voraus, dass erstmals und konstitutiv durch den mit Widerspruch oder Anfechtungsklage angegriffenen Verwaltungsakt Rechtsfolgen geregelt worden sind und nun vollzogen werden sollen und dass dieser Vollzug durch die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen gehemmt werden kann. Beschränkt sich die Regelungswirkung eines feststellenden Verwaltungsaktes dagegen darauf, schon zuvor eingetretene Rechtsfolgen nur noch deklaratorisch festzustellen, vermag mit der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen eine solche Feststellung auch nicht nur vorläufig ein Zustand wiederhergestellt zu werden, der schon zuvor nicht mehr bestanden hat. So verhält es sich vorliegend. Durch die mit Zustellung eingetretene Rechtskraft des Urteils des OLG Hamm vom 04.02.2016 (Az.: I-17 U84/14) hat der Antragsteller zu 1) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes beantragt. Der Antragsgegner hat also nicht mit seinem Beschluss vom 15.03.2016 eine zuvor bestehen, für die Antragsteller günstige Rechtslage zu deren Nachteil geändert und konstitutiv festgestellt, dass der Antragsteller zu 1) seinen Vertragsarztsitz zu verlegen hat, sondern er hat nur deklaratorisch festgestellt, dass die eigens als abgegeben geltende Willenserklärung des Antragstellers zu 1) umgesetzt wird. Die Willenserklärung des Antragstellers zu 1) ist gemäß § 894 ZPO fingiert worden. § 894 ZPO regelt die zwangsweise Durchsetzung des Anspruchs auf Abgabe einer Willenserklärung: ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Die Erklärung muss einen fest bestimmten Inhalt haben, der dem Titel jeweils durch Auslegung zu entnehmen sein muss. Dieser ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln, die auch unter Zuhilfenahme des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe erfolgen kann (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 19.05.2011, Az.: I ZB 57/10). Diese Voraussetzungen sind vorliegend durch das rechtskräftige Urteil des OLG Hamm erfüllt.

Das von den Antragstellern im Verfahren des gerichtlichen Eilrechtschutzes verfolgte Ziel ihrer Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung am Standort X. in D. über den 15.03.2016 hinaus ist zulässig und nach Auffassung des Gerichtes nur im Wege einer einstweiligen Anordnung in Form der Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erreichbar.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweiligen Anordnung nach Maßgabe der in Absatz 1 beziehungsweise Absatz 2 genannten Voraussetzungen treffen. Danach ist zwischen Sicherungs- (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG) und Regelungsanordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG) zu unterscheiden. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)). Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinaus gehende Verletzung in seinen Rechten, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des in dem Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 04.09.2006, Az.: L 10 B 2/06 KA ER), es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegen stehen. Andererseits müssen die Gerichte unter Umständen wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit Rechtsfragen nicht vertiefend behandeln und ihre Entscheidung maßgeblich auf der Grundlage einer Interessenabwägung treffen können (LSG NRW, Beschluss vom 15.11.2006, Az.: L 10 B 14/06 KA ER). Ferner darf oder muss das Gericht gegebenenfalls auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung von vorläufigem Rechtschutz bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.04.2007, Az.: L 5 KR 518/07 ER-B).

Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung sind bereits deshalb nicht gegeben, weil es an einer ausreichenden Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes fehlt:

Der Anordnungsgrund ist für die Sicherungsanordnung einerseits und die Regelungsanordnung andererseits in § 86b Abs. 2 SGG unterschiedlich definiert. Die Sicherungsanordnung setzt die Gefahr voraus, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Für die Regelungsanordnung ist erforderlich, dass sie für die Anwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Unter einer Regelungsanordnung fallen die praktisch häufigen Fälle eines Verpflichtungs- oder Leistungsbegehrens, in denen es um die vorläufige Begründung oder Erweiterung einer Rechtsposition geht (LSG NRW, Beschluss vom 09.07.2004, Az.: L 10 B 6/04 KA ER). Die Abgrenzung der Sicherungs- von der Regelungsanordnung ist unsicher. Sie ist letztlich unerheblich; denn beide Fälle unterliegen derselben Behandlung. Ein striktes "Entweder/Oder" zwischen Regelungs- und Sicherungsanordnung besteht dem gemäß nicht (LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2008, Az.: L 11 B 6/08 KR ER; LSG NRW, Beschluss vom 12.08.2013, Az.: L 11 KA 92/12 B).

Vorliegend geht es den Antragstellern darum, an der vertragsärztlichen Versorgung an einem bestimmten Praxisstandort (weiterhin) teilnehmen zu können. Dies deutet auf eine Regelungsanordnung hin.

Der unbestimmte Rechtsbegriff "zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint" in § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erfordert eine Interessenabwägung nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls. Ein Anordnungsgrund ist danach anzunehmen, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist (LSG Hamburg, Beschluss vom 08.03.2011, Az.: L 1 KA 22/11 B ER); dabei sind die öffentlichen Interessen jenen der Verfahrensbeteiligten gegenüber zu stellen. Insbesondere sind die Folgen abzuwägen, die mit dem Erlass beziehungsweise dem Nicht-Erlass einer einstweiligen Anordnung verbunden sind. Einzubeziehen sind unter anderem die wirtschaftlichen Verhältnisse, die Intensität einer drohenden (Grund-)Rechtsverletzung und sonstige unbillige Härten der Beteiligten. Die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile reichen für den Erlass einer Regelungsanordnung nicht aus (LSG NRW, a. a. O.).

Entsprechend der obigen Ausführungen ist ein Anordnungsgrund nicht dargelegt.

Der (nunmehr noch) nach ergangenen Beschlüssen des Berufungsausschusses am 18.05.2016 vorliegende Regelungszeitraum liegt in der Vergangenheit. So haben die Antragsteller richtigerweise in dem Verfahren ausgeführt, dass in dem hier streitgegenständlichen Verfahren der Zeitraum zwischen den Entscheidungen des Antragsgegners und den Entscheidungen des Berufungsausschusses ungeklärt ist. Denn die Bescheide des Antragsgegners vom 15.03.2016 sind grundsätzlich nach der Entscheidung des Berufungsausschusses nicht mehr existent. Sie haben ausschließlich nur noch Wirkung für den Zeitraum zwischen den Bescheiden des Antragsgegners und den Bescheiden des Berufungsausschusses. Dies spricht erheblich gegen die Eilbedürftigkeit des Anliegens der Antragsteller.

Nach Überzeugung des Gerichtes besteht kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr), weil den Antragstellern durch die Beschlüsse des Antragsgegners für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile entstehen können, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichtete einstweilige Anordnung noch abwenden ließe. Die Antragsteller haben in der Zeit, für die sie hier (noch) im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung begehren, bereits überbrückt. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellen lediglich die Fälle dar, in denen ein sogenannter Nachholbedarf besteht. Nachholbedarf ist aber nur gegeben, wenn bei nicht rückwirkender Leistungsgewährung, also bei "nicht Nachholung" der in der Vergangenheit liegenden Leistungen, erhebliche Rechtsverletzungen für die Zukunft drohen (LSG NRW, Beschluss vom 09.11.2011, Aktenzeichen L 11 KR 465/11 B ER). Derartige erhebliche Rechtsverletzungen für die Zukunft lassen sich für das Gericht nach Aktenlage nicht erkennen und haben die Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht. Die Fortführung des hiesigen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes begründet sich nach Auffassung der Antragsteller deshalb, weil sie hierin die Grundlage für die Frage des ärztlichen Honoraranspruches für den Zeitraum zwischen der Entscheidung des Antragsgegners und der Entscheidung des Berufungsausschusses sehen. Diese Auffassung begründet eine Eilbedürftigkeit jedoch nicht. Von einem Rechtsverlust ist nicht auszugehen, da die Antragsteller ihr Begehren in dem Hauptsacheverfahren weiter verfolgen (können).

Für den Anordnungsanspruch gilt, dass dieser nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht offenkundig vorliegt.

Nach Überzeugung des Gerichtes hat insbesondere der Beschluss des Antragsgegners mit dem Aktenzeichen, mit dem der Antrag auf Verlegung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers zu 1) genehmigt wird ausschließlich deklaratorisch-feststellende Wirkung. Er ist zwingende Rechtsfolge des zwischen dem Antragsteller zu 1) und Beigeladenen ergangenen Urteils in dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem OLG Hamm mit dem Aktenzeichen I-17 U 84/14. Dieses Urteil ist rechtskräftig, sodass die Verurteilung zu der gegebenen Erklärung rechtskräftig ist. Ausschließlich hieran hatte sich der Antragsgegner zu orientieren. Ob gegebenenfalls der BGH im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde die Wirksamkeit der Kooperationsvertrages verneint, kann auf die Entscheidung des Antragsgegners keine Auswirkung haben. Denn bei dieser Entscheidung geht es ausschließlich um den Vertragsarztsitz und nicht um die Kooperation mit der Beigeladenen.

Da der Antragsteller zu 2) sich der Beschluss vom 15.03.2016 vollzogenen Verlegung des Vertragsarztsitzes des Antragstellers zu 1) in die C. in D. nicht angeschlossen hat, konnte seine Sonderbedarfszulassung keinen Bestand mehr haben. Auch hier handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt deklaratorischer Natur, da der Antragsgegner seinerzeit mit Beschluss vom 17.08.2010 den Antragsteller zu 2) nur unter der Maßgabe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen hat, dass er gemeinsam mit dem Antragsteller zu 1) einen Versorgungsauftrag wahrnimmt. Diesen gemeinsamen Sitz der Berufsausübungsgemeinschaft gibt es nach dem Beschluss des Antragsgegners nicht mehr.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Abs. 1, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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