Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 9 U 1809/14
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 1241/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gesetzliche Unfallversicherung - Arbeitsunfall - sachlicher Zusammenhang - betriebliches oder privates Interesse - Dienstreise - Fortbildung - Tagungsprogramm - Begleitprogramm - betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung - Teilnahmemöglichkeit - Workshop Vertriebsmitarbeiter - Megakickerspiel- Erwartungshaltung Arbeitgeber - Kontaktpflege
1. Zur Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall ist auch im Rahmen einer Dienstreise erforderlich, dass der Versicherte im Zeitpunkt des Unfallereignisses eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird.
2. Für eine Aktivität, die im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung einem abgrenzbaren Freizeitprogrammteil zuzuordnen ist und die in keinem Sachzusammenhang zu dem eigentlichen Fortbildungsthema steht, besteht kein Versicherungsschutz.
3. Eine Erwartungshaltung des Arbeitgebers, dass seine Arbeitnehmer an bestimmten Freizeitveranstaltungen teilnehmen, vermag ebenso wenig wie der gelegentlich dieser Veranstaltungen erfolgte Austausch über berufliche Angelegenheiten den im Vordergrund stehenden Aspekt der eigenwirtschaftlichen Betätigung in den Hintergrund zu drängen.
1. Zur Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall ist auch im Rahmen einer Dienstreise erforderlich, dass der Versicherte im Zeitpunkt des Unfallereignisses eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände bestätigt wird.
2. Für eine Aktivität, die im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung einem abgrenzbaren Freizeitprogrammteil zuzuordnen ist und die in keinem Sachzusammenhang zu dem eigentlichen Fortbildungsthema steht, besteht kein Versicherungsschutz.
3. Eine Erwartungshaltung des Arbeitgebers, dass seine Arbeitnehmer an bestimmten Freizeitveranstaltungen teilnehmen, vermag ebenso wenig wie der gelegentlich dieser Veranstaltungen erfolgte Austausch über berufliche Angelegenheiten den im Vordergrund stehenden Aspekt der eigenwirtschaftlichen Betätigung in den Hintergrund zu drängen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 31. August 2015 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 16. September 2013 als Arbeitsunfall.
Der 1967 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Vertriebsmitarbeiter bei der Firma ... GmbH beschäftigt. Die Firma ist Vertriebspartner der Firma , welche Abrechnungssoftware für Arztpraxen anbietet. Die Firma veranstaltete vom 16. bis 17. September 2013 in H. einen Vertriebsworkshop, an dem ungefähr 40 Angestellte ihrer Vertriebspartner teilnahmen, u.a. der Kläger zusammen mit einem Kollegen und dem Geschäftsführer seines Arbeitgebers. Ausweislich des Tagungsprogramms begann der Workshop am 16. September 2013 um 12:00 Uhr mit einem Mittagessen im Restaurant. Ab 13:00 Uhr folgte nach der Begrüßung die Abhandlung bestimmter fachlicher Themen wie zum Beispiel "Onkologiemodul" und "Team Projektbetreuung". Ab 18:00 Uhr war eine gemeinsame Abendveranstaltung vorgesehen. Für diese waren bequeme Kleidung und Turnschuhe erwünscht. Durchgeführt wurde ein Megakickerspiel. Für das Spiel waren im Vorfeld T-Shirts ausgegeben worden. Aus allen Teilnehmern des Workshops wurden gemischte Teams gebildet. Bei der Durchführung dieses Spiels verdrehte der Kläger sich das rechte Knie. Der sofort aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte eine Kniedistorsion rechts. Ausweislich eines Befundberichtes vom 8. Januar 2014 diagnostizierte die Praxisklinik beim Kläger eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes und eine Meniskusläsion rechts.
Daraufhin stellte die Beklagte Ermittlungen zum Unfallhergang an. Sie befragte den Arbeitgeber des Klägers zu der gemeinsam Abendveranstaltung. Dieser äußerte am 20. Januar 2014 in einem Telefonat, dass zur Teilnahme an dem Abendprogramm keiner verpflichtet gewesen sei. In einer E-Mail vom 21. Januar 2014 schilderte der Arbeitgeber den Ablauf des 16. September 2013. Gegen ca. 18:00 Uhr hätten sich alle Teilnehmer des Workshops in die Sporthalle der Hotelanlage begeben, wo bereits ein Megakickerspielfeld aufgebaut gewesen sei.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Es gehöre nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Vertriebsmitarbeiters an Megakickerspielen teilzunehmen. Auch die Aufnahme in das Programm des Workshops begründe keinen sachlichen Zusammenhang zwischen der eigentlichen beruflichen Tätigkeit und der sportlichen Betätigung am Abend. Laut Auskunft des Arbeitgebers habe kein Zwang zur Teilnahme am Megakickerspiel bestanden. Eine gewisse Erwartungshaltung des Arbeitgebers hinsichtlich der Teilnahme reiche nicht aus, um Versicherungsschutz zu gewähren. Ein hiergegen durch den Kläger eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2014 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 20. August 2014 beim Sozialgericht Meiningen Klage erhoben. Ausweislich des Programms des Workshops sei die gemeinsame Abendveranstaltung als dessen Bestandteil anzusehen. Die Teilnahme an der Abendveranstaltung sei für alle Teilnehmer des Workshops Pflicht gewesen. Die Mannschaftsaufteilung sei durch die Veranstaltungsleitung erfolgt.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft der Firma vom 6. Januar 2015 eingeholt. Darin hat diese ausgeführt, dass die Veranstaltung fester Bestandteil des Vertriebsworkshops gewesen sei. Ziel sei es gewesen, den Kontakt der Geschäftspartner einschließlich ihrer Angestellten auf geschäftlicher Ebene zu intensivieren und zu fördern und den geschäftlichen Erfahrungs-austausch voranzutreiben. Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 31. August 2015 den Geschäftsführer des Arbeitgebers des Klägers als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift in der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Urteil vom 31. August 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses habe der Kläger eine eigenwirtschaftliche Verrichtung vorgenommen. Ein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiter habe nicht bestanden. Das Megakickerspiel sei nicht unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Gemein-schaftsveranstaltung versichert gewesen. Die Tagung sei nur für einen bestimmten Teil der Belegschaft der Firma des Klägers bestimmt gewesen. Ziel der Veranstaltung sei ein Erfah-rungsaustausch der Vertriebspartner der Firma gewesen. Die Abendveranstaltung sei zudem von einer externen Firma organisiert worden. Aufgrund dessen sei die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung des Unternehmens ausgeschlossen. Die bloße Erwartungshaltung des Geschäftsführers hinsichtlich einer Teilnahme seiner Mitarbeiter an der Abendveranstaltung reiche nicht aus, um Versicherungsschutz zu begründen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das Sozialgericht habe nicht geprüft, ob das Megakickerspiel eine im Rahmen einer Dienstreise versicherte Tätigkeit gewesen sei. Die Teilnahme an der Abendveranstaltung sei ausschließlich von betrieblichen Belangen geprägt gewesen. Das Thüringer Landessozialgericht habe bereits in einer Entscheidung vom 7. Mai 2008 die Teilnahme an einem Fußballspiel im Rahmen einer Dienstreise als versicherte Tätigkeit angesehen. Das Megakickerspiel habe ohne Zäsur direkt nach dem Workshop stattgefunden und sei Teil desselben gewesen. Das Sozialgericht habe ferner den ausdrücklichen Hinweis auf die sportliche Abendveranstaltung in der Einladung nicht gewürdigt. Für die Teilnahme an der Veranstaltung über das gesamte Wochenende habe der Arbeitgeber des Klägers die Kosten getragen. Unzutreffend sei die Einschätzung des Sozialgerichts, dass die Abendveranstaltung der Organisation einer externen Firma unterstellt gewesen sei. Eine externe Firma habe ausschließlich den Aufbau des Megakickerspiels vorgenommen. Der Geschäftsführer des Arbeitgebers des Klägers habe als Zeuge ausdrücklich eine dienstliche Verpflichtung zur Teilnahme bestätigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 31. August 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2014 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 16. September 2013 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berufungsbegründung ließen sich keine neuen Gesichtspunkte entnehmen. Die Bezugnahme auf die angesprochene Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts gehe fehl, da es sich bei dem dort streitgegenständlichen Sachverhalt nicht um eine Betriebsgemeinschaftsveranstaltung gehandelt habe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143,151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Meiningen hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 SGG). Die Verdrehung des rechten Knies während der Abendveranstaltung am 16. September 2013 stellt keinen Arbeitsunfall dar, denn der Kläger stand zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach § 8 Abs. 1 S 1SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeits-unfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Un-fallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versi-cherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, Az.: B 2 U 4/13 R, zitiert nach Juris).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat zum Zeitpunkt der Verdrehung des rechten Knies am 16. September 2013 schon keinen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt. Der Kläger war zwar Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, verrichtete aber bei der Teilnahme am Megakickerspiel am Abend des 16. September 2013 keine versicherte Tätigkeit.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses als Beschäftigter, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, einer eigenen Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck nachgeht, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil gereichen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, Az.: B 2 U 7/13 R - zitiert nach Juris). Ein derartiger betriebsbezogener Zweck ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf die Erbringung der Hauptleistung beschränkt, die Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses ist. Vielmehr kann er - jeweils unter besonderen im Einzelfall zu prüfenden Voraussetzungen - auch für eine Anzahl sonstiger Tätigkeiten angenommen werden, die dem Unternehmensinteresse dienen. Hierzu können z.B. Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel gehören, eine Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit im erlernten und ausgeübten Beruf zu erreichen. Eine dem Versicherungsschutz unterliegende Tätigkeit kann ferner die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sein, mit der das Unternehmensinteresse unterstützt wird, die betriebliche Verbundenheit zu fördern (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 7/13 R - zitiert nach Juris). Solche Tätigkeiten werden regelmäßig am Ort der Betriebsstätte verrichtet; die Verrichtungen können jedoch auch außerhalb hiervon erfolgen, etwa im Rahmen von Dienst- oder Geschäftsreisen.
Anders als das Sozialgericht geht der Senat davon aus, dass sich der Kläger am 16./17. Sep-tember 2013 nicht auf einer ganztägigen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, sondern auf einer Dienstreise zum Zwecke der Fortbildung befunden hat. Denn der Aufenthalt in dem Hotel in H. diente nicht nur einem geselligen Zusammensein, wie er für betriebliche Gemein-schaftsveranstaltungen typisch ist (zum Beispiel Weihnachtsfeiern, Betriebsfeste, Betriebs-ausflüge), sondern diente der Vermittlung von Kenntnissen, die die berufliche Leistungsfähigkeit der Vertriebsmitarbeiter verbessern sollten. Dies ergibt sich u.a. aus dem Tagungsprogramm für den 16. September 2013. Hiernach sollten in der Zeit ab 13:00 Uhr zum Beispiel Kenntnisse im Hinblick auf den elektronischen Mutterpass, den grafischen Patientenstatus und ein Onkologiemodul vermittelt werden. Dies verleiht dem Aufenthalt in H. einen Charakter, wie er für betrieblich veranlasste Tagungen, Seminare oder Workshops verbunden mit einer Dienstreise typisch ist.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Rahmen einer Dienstreise bzw. Fortbildungsreise ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat. Denn auch während einer Dienstreise oder einer Fortbildung besteht nach der Rechtsprechung kein Versicherungsschutz "rund um die Uhr". Es ist vielmehr wie bei Tätigkeiten am Arbeitsplatz zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen, und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Reisenden zuzurechnen sind. Allerdings ist bei nicht unmittelbar zur versicherten Tätigkeit gehörenden Verrichtungen ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis am Ort der auswärtigen Tätigkeit in der Regel eher anzunehmen als am Wohn- oder Betriebsort. Die besonderen Umstände bei einer dienstlich veranlassten Reise können bei einer Reihe von Tätigkeiten anders als am Wohn- oder Betriebsort einen inneren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit begründen (BSG, Urteil vom 27. Mai 1997, Az.: 2 RU 29/96 –, zitiert nach Juris). Andererseits ist der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf einer Dienstreise bzw. Fortbildung nicht schon deshalb ohne weiteres gegeben, weil sich der Versicherte im betrieblichen Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- und Wohnorts aufhalten und bewegen muss. Hier kommt es ebenfalls darauf an, ob die unfallbringende Betätigung jeweils mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt. Gerade bei längeren Dienstreisen lassen sich im Ablauf der einzelnen Tage in der Regel Verrichtungen unterscheiden, die mit der Tätigkeit für das Unternehmen wesentlich im Zusammenhang stehen, und solche, bei denen dieser Zusammenhang in den Hintergrund tritt. Entscheidend ist der Gesamteindruck der jeweiligen Betätigung unter Berücksichtigung von Planung, Ankündigung und Durchführung.
Die Teilnahme an dem Megakickerspiel könnte daher nur zum versicherten Bereich der Fort-bildungsveranstaltung gehören, wenn es als Bestandteil des Tagungsprogramms wesentlich der betrieblichen Sphäre zuzurechnen gewesen wäre. Dies ist zu verneinen.
Aus dem Programm des Workshops und bestätigt durch die Aussage des Geschäftsführers der Firma , des Zeugen H., wird deutlich, dass die Abendveranstaltung als Begleitprogramm zu einer Fortbildungsveranstaltung zu werten ist und selbst keinen Bezug zu den betrieblichen Angelegenheiten des Klägers aufweist. Sie diente allein der sportlichen Betätigung. Dies wird bereits durch die äußere Gestaltung des Programms des Workshops deutlich. Während bei den betrieblich veranlassten Fortbildungsteilen immer ein Verantwortlicher namentlich und das jeweilige Fachthema konkret (zum Beispiel "Neue Backup Strategie") benannt wird, wird hinsichtlich der gemeinsamen Abendveranstaltung nur der Zeitpunkt mitgeteilt. Ausschließlich aus dem Zusatz "Bequeme Kleidung + Turnschuhe werden benötigt", ist zu schließen, dass eine sportliche Betätigung gemeint ist.
Aus dem Vorliegen eines Programms lassen sich keine Schlüsse auf den erforderlichen be-trieblichen Bezug ziehen bzw. eine Verpflichtung des Klägers zur Teilnahme an der Abend-veranstaltung herleiten. Dieses Kriterium ist nicht geeignet, den im Vordergrund stehenden eigenwirtschaftlichen Aspekt von Freizeit, Unterhaltung und Erholung in den Hintergrund zu drängen. Allein die Tatsache, dass das Megakickerspiel bereits im Vorfeld im Rahmen der Einladung als eigener Programmpunkt aufgenommen worden war, ist nicht geeignet, einen inneren und sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und der beim Spiel tatsächlich ausgeübten Betätigung zu begründen. Anderenfalls würde man es bereits durch ein rein formales Kriterium uneingeschränkt in die Hand des Unternehmers legen, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tätigkeiten und Aktivitäten auszuweiten. Das Tagungsprogramm beinhaltet vielmehr eine klare Zäsur zwischen den betrieblich bedingten Programmpunkten und Gesprächen und einem an diesem Tagungstag eindeutigen und nachhaltigen Hinwenden zu den abgrenzbaren eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten des Megakickerspielens und Abendessens.
Dass die Firma die Kosten für die Durchführung des Megakickerspiels übernommen und eine externe Firma mit dem Aufbau beauftragt hat, vermag einen Versicherungsschutz nicht zu begründen. Bei der Firma handelt es sich nicht um den Arbeitgeber des Klägers - dies ist die Firma -, sondern um den Hersteller/Entwickler der Produkte, deren Vertrieb durch den Arbeitgeber des Klägers erfolgt. Daher kann nur ein allgemeines Interesse des Arbeitgebers an der Inanspruchnahme des Angebotes der Firma angenommen werden. Ein solches reicht nicht aus, für eine solche Betätigung den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen. Denn es steht weder zur Disposition des Arbeitgebers noch sonstiger Personen, den gesetzlichen Versicherungsschutz auf beliebige Sachverhalte mit eigenwirtschaftlichem Charakter auszudehnen. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist der Disposition der Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich entzogen (BSG, Urteil vom 13.12.2005, Az.: B 2 U 29/04 R, zitiert nach Juris). Daher ist es ebenso unerheblich, dass den Teilnehmern für das Spiel extra gefertigte T-Shirts ausgehändigt worden waren und sie für die Teilnahme eine extra hierfür angefertigte Medaille erhielten.
Die aktive Teilnahme des Klägers an dem Spiel kann auch nicht der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit des Klägers zugerechnet werden, denn sie hatte keinen Bezug zu betrieblichen Be-langen. Auch wenn die Teilnahme an diesem Spiel geeignet war, den Teamgeist der Ver-triebsmitarbeiter der verschiedenen Vertriebspartner untereinander zu fördern, reicht das nicht aus, einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers herzustellen. Nicht alle Aktivitäten, die einem Unternehmen nützlich sind oder sein können, stehen deshalb unter Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 25. August 1994, Az.: 2 RU 23/93). Der Inhalt der versicherten Tätigkeit eines Beschäftigten ergibt sich aus dem, dem Beschäftigungsverhältnis typischerweise zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis, nach dem der Arbeitnehmer (= Beschäftigter = Versicherter) zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet ist (§ 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Nur im Rahmen des arbeitsvertraglich Geschuldeten kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Direktionsrechts Arbeiten und Dienste zuweisen, die versicherte Tätigkeiten sind (vgl. hierzu BSG, Ur-teil vom 7. Dezember 2004, Az.: B 2 U 47/03 R). Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Vertriebsmitarbeiter beschäftigt; die aktive Teilnahme an sportlichen Aktivitäten gehörte dabei nicht zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten, weshalb diese auch außerhalb des Betriebssports oder einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung allein wegen der zeitlichen Verknüpfung mit einer Dienstreise und der Beteiligung der Tagungsteilnehmer nicht der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeit des Klägers zuzuordnen war.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aus seinem Arbeitsverhältnis heraus verpflichtet gewesen wäre, an der Veranstaltung teilzunehmen. Die Aussage des Zeugen H.t lässt ebenso wie die eigenen Angaben des Klägers allenfalls auf eine Erwartungshaltung seitens des Arbeitgebers sowie der an der Veranstaltung beteiligten Firma und möglicherweise auch der Kollegen untereinander schließen. Dass die Teilnehmer aber von einer dienstlichen Verpflichtung zur Teilnahme an dem Megakickerspiel ausgegangen sind, kann nicht festgestellt werden. Der Zeuge H. hat ausweislich eines Telefonvermerks von 20. Januar 2014 gegenüber einer Mitarbeiterin der Beklagten ausgeführt, dass zur Teilnahme an dem Abendprogramm des Workshops keiner verpflichtet gewesen sei. Aus seiner Aussage vor dem Sozialgericht Meiningen in der mündlichen Verhandlung vom 31. August 2015 lässt sich nur entnehmen, dass die Teilnahme des Klägers an der Abendveranstaltung sowohl von den anderen Teilnehmern der Fortbildungsveranstaltung der Firma als auch dem Geschäftsführer seines Arbeitgebers erwartet wurde. In diesem Zusammenhang kommt es ausschließlich auf die Abendveranstaltung an. Für die Teilnahme an den Fachveranstaltungen des Workshops ist der erforderliche betriebliche Bezug ohne weiteres zu bejahen, so dass es nicht mehr erheblich ist, inwieweit eine arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an dem Workshop bestand oder nicht. Hinsichtlich der Teilnahme an dem Megakickerspiel hat der Zeuge H. ausgeführt, dass er niemanden zwingen könne, an einem einzelnen Spiel teilzunehmen. Arbeitsrechtliche Konsequenzen im Falle einer Nichtteilnahme hat er im Ergebnis ausgeschlossen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ergibt sich aus seiner Zeugenaussage, dass die Teilnahme des Klägers zwar unter dem Gesichtspunkt kollegialer Gefälligkeit erwartet wurde, der Kläger aber nicht einem solchen Druck ausgesetzt war, dem er sich nicht hätte entziehen können.
Dass sowohl der Zeuge H. als auch die Firma (vergleiche ihr Schreiben vom 6. Januar 2015) als Ziel der Abendveranstaltung eine Intensivierung der Kontakte der verschiedenen Vertriebsmitarbeiter untereinander ansahen, vermag den erforderlichen betrieblichen Bezug ebenfalls nicht herzustellen. Dass die Teilnahme am Megakickerspiel auch zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Vertriebsmitarbeitern der verschiedenen Unternehmen beitragen und damit letztlich auch dem Arbeitgeber des Klägers zu Gute kommen konnte, begründet den Versicherungsschutz ebensowenig wie das Führen von Gesprächen über betriebliche Belange anlässlich privater Zusammenkünfte am Wohnort oder auf Fortbildungsveranstaltungen (vergleiche zu diesem Gesichtspunkt BSG, Urteil vom 27. Mai 1997, Az.: 2 RU 29/96). Wenn es außerhalb der unmittelbaren betrieblichen Sphäre um eine Erwartungshaltung des Arbeitgebers hinsichtlich der Teilnahme an reinen Freizeitbetätigungen - wie hier die Teilnahme am Megakickerspiel - geht, ist dieses Kriterium nicht geeignet, den im Vordergrund stehenden eigenwirtschaftlichen Aspekt von Freizeit, Unterhaltung und Erholung in den Hintergrund zu drängen. Im Arbeitsleben gibt es sehr unterschiedliche gesellschaftliche Erwartungshaltungen, die für den Betroffenen oft einen nicht unerheblichen Druck bedeuten, sich an bestimmten Veranstaltungen, Zusammenkünften sowie Besuchen und Gegenbesuchen zu beteiligen, ohne dass allein deshalb bei einer Teilnahme Versicherungsschutz zuzusprechen ist. Aber auch, ob die Teilnahme aufgrund einer Erwartungshaltung, auf Wunsch oder gar auf Weisung des Arbeitgebers erfolgt, kann für die Frage des Versicherungsschutzes nicht maßgeblich sein. Denn ebenso wie bei dem Aspekt der formalen Aufnahme einer sportlichen Aktivität in ein Tagungsprogramm hat der Unternehmer es auch nicht allein durch sein Verhalten in der Hand, den durch Gesetz begründeten Unfallversicherungsschutz bei Freizeitveranstaltungen im Rahmen von Tagungsprogrammen zu erweitern (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Juli 2015, Az.: L 9 U 69/14).
Die Einbeziehung des Megakickerspiels in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung kann nicht ausnahmsweise damit begründet werden, dass die Veranstaltung vornehmlich integrativen Zwecken und insbesondere der Förderung des Gemeinschaftssinnes dienen sollte (vgl. dazu Keller in Hauck-Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Juli 2015, § 8 Rn. 80). Denn aus dem Programm des Vertriebsworkshops ergibt sich ein Dominieren der fachlichen Inhalte. Im Vordergrund stand die Information über neue Produkte wie zum Beispiel das "Onkologiemodul". Aus dem Tagungsprogramm wird auch der Unterschied zwischen dem Workshop "Best Practice" unter anderem im Rahmen von Gruppenarbeit unter Einbeziehung von Spielregeln und der Abendveranstaltung deutlich. Der Workshop "Best Practice" dient ersichtlich der Stärkung der Vertriebskompetenz und des Vertriebserfolgs. Die Abendveranstaltung ist hingegen als Rahmenprogramm ausgestaltet. Auch aus der Stellungnahme der Firma vom 6. Januar 2015 ergibt sich nur, dass diese der Kontaktpflege der verschiedenen Vertriebsmitarbeiter dienen soll. Ein besonderer integrativer Zweck ergibt sich daraus nicht.
In der Gesamtbetrachtung des Programmablaufes des Workshops präsentiert sich das Mega-kickerspiel damit nur als Rahmen- oder Begleitprogramm des Workshops ohne prägenden, wesentlichen Bezug zu irgendwelchen wie auch immer gearteten betrieblichen Angelegenheiten oder Tätigkeiten. Es diente primär der sportlichen Betätigung der Teilnehmer, dabei ggf. auch dem geselligen Miteinander und der Unterhaltung.
Soweit der Kläger sich auf das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. Mai 2008, Az.: L 3 U 1062/06 beruft, werden dort keine anderen rechtlichen Grundsätze aufgestellt. Lediglich die Würdigung im Einzelfall ist zu Gunsten des dortigen Klägers ausgefallen.
Der Kläger war während des Megakickerspiels auch nicht unter dem Gesichtspunkt der be-trieblichen Gemeinschaftsveranstaltung versichert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist Voraussetzung hierfür, dass die Zusammenkunft der Pflege der Ver-bundenheit und des Vertrauensverhältnisses zwischen der Unternehmensleitung und Belegschaft sowie unter den Belegschaftsmitgliedern dient und an der deshalb grundsätzlich alle Betriebsangehörigen teilnehmen können und sollen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, Az.: B 2 U 7/13 R zitiert nach Juris). Es reicht nicht aus, wenn - wie hier - allein einer ausgewählten Gruppe von Betriebsangehörigen - den Vertriebsmitarbeitern - die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Betriebsangehörigen ausgerichteten Veranstaltung offen steht.
Versicherungsschutz lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Betriebssports be-gründen. Insoweit fehlt es bereits an der zu fordernden gewissen Regelmäßigkeit der sportlichen Aktivitäten und der unternehmensbezogenen Organisation (vgl. dazu BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, Az.: B 2 U 29/04 R). Der Vertriebsworkshop fand etwa zweimal im Jahr statt, wurde von der Firma organisiert und stand zudem nur den Vertriebsmitarbeitern der Firma offen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 16. September 2013 als Arbeitsunfall.
Der 1967 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Vertriebsmitarbeiter bei der Firma ... GmbH beschäftigt. Die Firma ist Vertriebspartner der Firma , welche Abrechnungssoftware für Arztpraxen anbietet. Die Firma veranstaltete vom 16. bis 17. September 2013 in H. einen Vertriebsworkshop, an dem ungefähr 40 Angestellte ihrer Vertriebspartner teilnahmen, u.a. der Kläger zusammen mit einem Kollegen und dem Geschäftsführer seines Arbeitgebers. Ausweislich des Tagungsprogramms begann der Workshop am 16. September 2013 um 12:00 Uhr mit einem Mittagessen im Restaurant. Ab 13:00 Uhr folgte nach der Begrüßung die Abhandlung bestimmter fachlicher Themen wie zum Beispiel "Onkologiemodul" und "Team Projektbetreuung". Ab 18:00 Uhr war eine gemeinsame Abendveranstaltung vorgesehen. Für diese waren bequeme Kleidung und Turnschuhe erwünscht. Durchgeführt wurde ein Megakickerspiel. Für das Spiel waren im Vorfeld T-Shirts ausgegeben worden. Aus allen Teilnehmern des Workshops wurden gemischte Teams gebildet. Bei der Durchführung dieses Spiels verdrehte der Kläger sich das rechte Knie. Der sofort aufgesuchte Durchgangsarzt diagnostizierte eine Kniedistorsion rechts. Ausweislich eines Befundberichtes vom 8. Januar 2014 diagnostizierte die Praxisklinik beim Kläger eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes und eine Meniskusläsion rechts.
Daraufhin stellte die Beklagte Ermittlungen zum Unfallhergang an. Sie befragte den Arbeitgeber des Klägers zu der gemeinsam Abendveranstaltung. Dieser äußerte am 20. Januar 2014 in einem Telefonat, dass zur Teilnahme an dem Abendprogramm keiner verpflichtet gewesen sei. In einer E-Mail vom 21. Januar 2014 schilderte der Arbeitgeber den Ablauf des 16. September 2013. Gegen ca. 18:00 Uhr hätten sich alle Teilnehmer des Workshops in die Sporthalle der Hotelanlage begeben, wo bereits ein Megakickerspielfeld aufgebaut gewesen sei.
Mit Bescheid vom 27. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Es gehöre nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten eines Vertriebsmitarbeiters an Megakickerspielen teilzunehmen. Auch die Aufnahme in das Programm des Workshops begründe keinen sachlichen Zusammenhang zwischen der eigentlichen beruflichen Tätigkeit und der sportlichen Betätigung am Abend. Laut Auskunft des Arbeitgebers habe kein Zwang zur Teilnahme am Megakickerspiel bestanden. Eine gewisse Erwartungshaltung des Arbeitgebers hinsichtlich der Teilnahme reiche nicht aus, um Versicherungsschutz zu gewähren. Ein hiergegen durch den Kläger eingelegter Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2014 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 20. August 2014 beim Sozialgericht Meiningen Klage erhoben. Ausweislich des Programms des Workshops sei die gemeinsame Abendveranstaltung als dessen Bestandteil anzusehen. Die Teilnahme an der Abendveranstaltung sei für alle Teilnehmer des Workshops Pflicht gewesen. Die Mannschaftsaufteilung sei durch die Veranstaltungsleitung erfolgt.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft der Firma vom 6. Januar 2015 eingeholt. Darin hat diese ausgeführt, dass die Veranstaltung fester Bestandteil des Vertriebsworkshops gewesen sei. Ziel sei es gewesen, den Kontakt der Geschäftspartner einschließlich ihrer Angestellten auf geschäftlicher Ebene zu intensivieren und zu fördern und den geschäftlichen Erfahrungs-austausch voranzutreiben. Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 31. August 2015 den Geschäftsführer des Arbeitgebers des Klägers als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift in der Gerichtsakte verwiesen.
Mit Urteil vom 31. August 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zum Zeitpunkt des Unfallereignisses habe der Kläger eine eigenwirtschaftliche Verrichtung vorgenommen. Ein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit als Vertriebsmitarbeiter habe nicht bestanden. Das Megakickerspiel sei nicht unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Gemein-schaftsveranstaltung versichert gewesen. Die Tagung sei nur für einen bestimmten Teil der Belegschaft der Firma des Klägers bestimmt gewesen. Ziel der Veranstaltung sei ein Erfah-rungsaustausch der Vertriebspartner der Firma gewesen. Die Abendveranstaltung sei zudem von einer externen Firma organisiert worden. Aufgrund dessen sei die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung des Unternehmens ausgeschlossen. Die bloße Erwartungshaltung des Geschäftsführers hinsichtlich einer Teilnahme seiner Mitarbeiter an der Abendveranstaltung reiche nicht aus, um Versicherungsschutz zu begründen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das Sozialgericht habe nicht geprüft, ob das Megakickerspiel eine im Rahmen einer Dienstreise versicherte Tätigkeit gewesen sei. Die Teilnahme an der Abendveranstaltung sei ausschließlich von betrieblichen Belangen geprägt gewesen. Das Thüringer Landessozialgericht habe bereits in einer Entscheidung vom 7. Mai 2008 die Teilnahme an einem Fußballspiel im Rahmen einer Dienstreise als versicherte Tätigkeit angesehen. Das Megakickerspiel habe ohne Zäsur direkt nach dem Workshop stattgefunden und sei Teil desselben gewesen. Das Sozialgericht habe ferner den ausdrücklichen Hinweis auf die sportliche Abendveranstaltung in der Einladung nicht gewürdigt. Für die Teilnahme an der Veranstaltung über das gesamte Wochenende habe der Arbeitgeber des Klägers die Kosten getragen. Unzutreffend sei die Einschätzung des Sozialgerichts, dass die Abendveranstaltung der Organisation einer externen Firma unterstellt gewesen sei. Eine externe Firma habe ausschließlich den Aufbau des Megakickerspiels vorgenommen. Der Geschäftsführer des Arbeitgebers des Klägers habe als Zeuge ausdrücklich eine dienstliche Verpflichtung zur Teilnahme bestätigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 31. August 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2014 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 16. September 2013 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Berufungsbegründung ließen sich keine neuen Gesichtspunkte entnehmen. Die Bezugnahme auf die angesprochene Entscheidung des Thüringer Landessozialgerichts gehe fehl, da es sich bei dem dort streitgegenständlichen Sachverhalt nicht um eine Betriebsgemeinschaftsveranstaltung gehandelt habe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143,151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht Meiningen hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 SGG). Die Verdrehung des rechten Knies während der Abendveranstaltung am 16. September 2013 stellt keinen Arbeitsunfall dar, denn der Kläger stand zum Zeitpunkt des Ereignisses nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach § 8 Abs. 1 S 1SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 S 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeits-unfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Un-fallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versi-cherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, Az.: B 2 U 4/13 R, zitiert nach Juris).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat zum Zeitpunkt der Verdrehung des rechten Knies am 16. September 2013 schon keinen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt. Der Kläger war zwar Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, verrichtete aber bei der Teilnahme am Megakickerspiel am Abend des 16. September 2013 keine versicherte Tätigkeit.
Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter wird verrichtet, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses als Beschäftigter, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, einer eigenen Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dem Zweck nachgeht, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil gereichen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, Az.: B 2 U 7/13 R - zitiert nach Juris). Ein derartiger betriebsbezogener Zweck ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf die Erbringung der Hauptleistung beschränkt, die Gegenstand des Beschäftigungsverhältnisses ist. Vielmehr kann er - jeweils unter besonderen im Einzelfall zu prüfenden Voraussetzungen - auch für eine Anzahl sonstiger Tätigkeiten angenommen werden, die dem Unternehmensinteresse dienen. Hierzu können z.B. Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel gehören, eine Verbesserung der beruflichen Leistungsfähigkeit im erlernten und ausgeübten Beruf zu erreichen. Eine dem Versicherungsschutz unterliegende Tätigkeit kann ferner die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sein, mit der das Unternehmensinteresse unterstützt wird, die betriebliche Verbundenheit zu fördern (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 7/13 R - zitiert nach Juris). Solche Tätigkeiten werden regelmäßig am Ort der Betriebsstätte verrichtet; die Verrichtungen können jedoch auch außerhalb hiervon erfolgen, etwa im Rahmen von Dienst- oder Geschäftsreisen.
Anders als das Sozialgericht geht der Senat davon aus, dass sich der Kläger am 16./17. Sep-tember 2013 nicht auf einer ganztägigen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung, sondern auf einer Dienstreise zum Zwecke der Fortbildung befunden hat. Denn der Aufenthalt in dem Hotel in H. diente nicht nur einem geselligen Zusammensein, wie er für betriebliche Gemein-schaftsveranstaltungen typisch ist (zum Beispiel Weihnachtsfeiern, Betriebsfeste, Betriebs-ausflüge), sondern diente der Vermittlung von Kenntnissen, die die berufliche Leistungsfähigkeit der Vertriebsmitarbeiter verbessern sollten. Dies ergibt sich u.a. aus dem Tagungsprogramm für den 16. September 2013. Hiernach sollten in der Zeit ab 13:00 Uhr zum Beispiel Kenntnisse im Hinblick auf den elektronischen Mutterpass, den grafischen Patientenstatus und ein Onkologiemodul vermittelt werden. Dies verleiht dem Aufenthalt in H. einen Charakter, wie er für betrieblich veranlasste Tagungen, Seminare oder Workshops verbunden mit einer Dienstreise typisch ist.
Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls im Rahmen einer Dienstreise bzw. Fortbildungsreise ist in der Regel erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat. Denn auch während einer Dienstreise oder einer Fortbildung besteht nach der Rechtsprechung kein Versicherungsschutz "rund um die Uhr". Es ist vielmehr wie bei Tätigkeiten am Arbeitsplatz zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängen, und solchen Verrichtungen, die der privaten Sphäre des Reisenden zuzurechnen sind. Allerdings ist bei nicht unmittelbar zur versicherten Tätigkeit gehörenden Verrichtungen ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis am Ort der auswärtigen Tätigkeit in der Regel eher anzunehmen als am Wohn- oder Betriebsort. Die besonderen Umstände bei einer dienstlich veranlassten Reise können bei einer Reihe von Tätigkeiten anders als am Wohn- oder Betriebsort einen inneren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit begründen (BSG, Urteil vom 27. Mai 1997, Az.: 2 RU 29/96 –, zitiert nach Juris). Andererseits ist der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf einer Dienstreise bzw. Fortbildung nicht schon deshalb ohne weiteres gegeben, weil sich der Versicherte im betrieblichen Interesse außerhalb seines Beschäftigungs- und Wohnorts aufhalten und bewegen muss. Hier kommt es ebenfalls darauf an, ob die unfallbringende Betätigung jeweils mit dem Beschäftigungsverhältnis rechtlich wesentlich zusammenhängt. Gerade bei längeren Dienstreisen lassen sich im Ablauf der einzelnen Tage in der Regel Verrichtungen unterscheiden, die mit der Tätigkeit für das Unternehmen wesentlich im Zusammenhang stehen, und solche, bei denen dieser Zusammenhang in den Hintergrund tritt. Entscheidend ist der Gesamteindruck der jeweiligen Betätigung unter Berücksichtigung von Planung, Ankündigung und Durchführung.
Die Teilnahme an dem Megakickerspiel könnte daher nur zum versicherten Bereich der Fort-bildungsveranstaltung gehören, wenn es als Bestandteil des Tagungsprogramms wesentlich der betrieblichen Sphäre zuzurechnen gewesen wäre. Dies ist zu verneinen.
Aus dem Programm des Workshops und bestätigt durch die Aussage des Geschäftsführers der Firma , des Zeugen H., wird deutlich, dass die Abendveranstaltung als Begleitprogramm zu einer Fortbildungsveranstaltung zu werten ist und selbst keinen Bezug zu den betrieblichen Angelegenheiten des Klägers aufweist. Sie diente allein der sportlichen Betätigung. Dies wird bereits durch die äußere Gestaltung des Programms des Workshops deutlich. Während bei den betrieblich veranlassten Fortbildungsteilen immer ein Verantwortlicher namentlich und das jeweilige Fachthema konkret (zum Beispiel "Neue Backup Strategie") benannt wird, wird hinsichtlich der gemeinsamen Abendveranstaltung nur der Zeitpunkt mitgeteilt. Ausschließlich aus dem Zusatz "Bequeme Kleidung + Turnschuhe werden benötigt", ist zu schließen, dass eine sportliche Betätigung gemeint ist.
Aus dem Vorliegen eines Programms lassen sich keine Schlüsse auf den erforderlichen be-trieblichen Bezug ziehen bzw. eine Verpflichtung des Klägers zur Teilnahme an der Abend-veranstaltung herleiten. Dieses Kriterium ist nicht geeignet, den im Vordergrund stehenden eigenwirtschaftlichen Aspekt von Freizeit, Unterhaltung und Erholung in den Hintergrund zu drängen. Allein die Tatsache, dass das Megakickerspiel bereits im Vorfeld im Rahmen der Einladung als eigener Programmpunkt aufgenommen worden war, ist nicht geeignet, einen inneren und sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und der beim Spiel tatsächlich ausgeübten Betätigung zu begründen. Anderenfalls würde man es bereits durch ein rein formales Kriterium uneingeschränkt in die Hand des Unternehmers legen, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf sonst unversicherte Tätigkeiten und Aktivitäten auszuweiten. Das Tagungsprogramm beinhaltet vielmehr eine klare Zäsur zwischen den betrieblich bedingten Programmpunkten und Gesprächen und einem an diesem Tagungstag eindeutigen und nachhaltigen Hinwenden zu den abgrenzbaren eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten des Megakickerspielens und Abendessens.
Dass die Firma die Kosten für die Durchführung des Megakickerspiels übernommen und eine externe Firma mit dem Aufbau beauftragt hat, vermag einen Versicherungsschutz nicht zu begründen. Bei der Firma handelt es sich nicht um den Arbeitgeber des Klägers - dies ist die Firma -, sondern um den Hersteller/Entwickler der Produkte, deren Vertrieb durch den Arbeitgeber des Klägers erfolgt. Daher kann nur ein allgemeines Interesse des Arbeitgebers an der Inanspruchnahme des Angebotes der Firma angenommen werden. Ein solches reicht nicht aus, für eine solche Betätigung den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit herzustellen. Denn es steht weder zur Disposition des Arbeitgebers noch sonstiger Personen, den gesetzlichen Versicherungsschutz auf beliebige Sachverhalte mit eigenwirtschaftlichem Charakter auszudehnen. Der gesetzliche Unfallversicherungsschutz ist der Disposition der Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich entzogen (BSG, Urteil vom 13.12.2005, Az.: B 2 U 29/04 R, zitiert nach Juris). Daher ist es ebenso unerheblich, dass den Teilnehmern für das Spiel extra gefertigte T-Shirts ausgehändigt worden waren und sie für die Teilnahme eine extra hierfür angefertigte Medaille erhielten.
Die aktive Teilnahme des Klägers an dem Spiel kann auch nicht der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit des Klägers zugerechnet werden, denn sie hatte keinen Bezug zu betrieblichen Be-langen. Auch wenn die Teilnahme an diesem Spiel geeignet war, den Teamgeist der Ver-triebsmitarbeiter der verschiedenen Vertriebspartner untereinander zu fördern, reicht das nicht aus, einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Klägers herzustellen. Nicht alle Aktivitäten, die einem Unternehmen nützlich sind oder sein können, stehen deshalb unter Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 25. August 1994, Az.: 2 RU 23/93). Der Inhalt der versicherten Tätigkeit eines Beschäftigten ergibt sich aus dem, dem Beschäftigungsverhältnis typischerweise zugrundeliegenden Arbeitsverhältnis, nach dem der Arbeitnehmer (= Beschäftigter = Versicherter) zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet ist (§ 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Nur im Rahmen des arbeitsvertraglich Geschuldeten kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Direktionsrechts Arbeiten und Dienste zuweisen, die versicherte Tätigkeiten sind (vgl. hierzu BSG, Ur-teil vom 7. Dezember 2004, Az.: B 2 U 47/03 R). Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Vertriebsmitarbeiter beschäftigt; die aktive Teilnahme an sportlichen Aktivitäten gehörte dabei nicht zu seinen arbeitsvertraglichen Pflichten, weshalb diese auch außerhalb des Betriebssports oder einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung allein wegen der zeitlichen Verknüpfung mit einer Dienstreise und der Beteiligung der Tagungsteilnehmer nicht der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Tätigkeit des Klägers zuzuordnen war.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aus seinem Arbeitsverhältnis heraus verpflichtet gewesen wäre, an der Veranstaltung teilzunehmen. Die Aussage des Zeugen H.t lässt ebenso wie die eigenen Angaben des Klägers allenfalls auf eine Erwartungshaltung seitens des Arbeitgebers sowie der an der Veranstaltung beteiligten Firma und möglicherweise auch der Kollegen untereinander schließen. Dass die Teilnehmer aber von einer dienstlichen Verpflichtung zur Teilnahme an dem Megakickerspiel ausgegangen sind, kann nicht festgestellt werden. Der Zeuge H. hat ausweislich eines Telefonvermerks von 20. Januar 2014 gegenüber einer Mitarbeiterin der Beklagten ausgeführt, dass zur Teilnahme an dem Abendprogramm des Workshops keiner verpflichtet gewesen sei. Aus seiner Aussage vor dem Sozialgericht Meiningen in der mündlichen Verhandlung vom 31. August 2015 lässt sich nur entnehmen, dass die Teilnahme des Klägers an der Abendveranstaltung sowohl von den anderen Teilnehmern der Fortbildungsveranstaltung der Firma als auch dem Geschäftsführer seines Arbeitgebers erwartet wurde. In diesem Zusammenhang kommt es ausschließlich auf die Abendveranstaltung an. Für die Teilnahme an den Fachveranstaltungen des Workshops ist der erforderliche betriebliche Bezug ohne weiteres zu bejahen, so dass es nicht mehr erheblich ist, inwieweit eine arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an dem Workshop bestand oder nicht. Hinsichtlich der Teilnahme an dem Megakickerspiel hat der Zeuge H. ausgeführt, dass er niemanden zwingen könne, an einem einzelnen Spiel teilzunehmen. Arbeitsrechtliche Konsequenzen im Falle einer Nichtteilnahme hat er im Ergebnis ausgeschlossen. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ergibt sich aus seiner Zeugenaussage, dass die Teilnahme des Klägers zwar unter dem Gesichtspunkt kollegialer Gefälligkeit erwartet wurde, der Kläger aber nicht einem solchen Druck ausgesetzt war, dem er sich nicht hätte entziehen können.
Dass sowohl der Zeuge H. als auch die Firma (vergleiche ihr Schreiben vom 6. Januar 2015) als Ziel der Abendveranstaltung eine Intensivierung der Kontakte der verschiedenen Vertriebsmitarbeiter untereinander ansahen, vermag den erforderlichen betrieblichen Bezug ebenfalls nicht herzustellen. Dass die Teilnahme am Megakickerspiel auch zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Vertriebsmitarbeitern der verschiedenen Unternehmen beitragen und damit letztlich auch dem Arbeitgeber des Klägers zu Gute kommen konnte, begründet den Versicherungsschutz ebensowenig wie das Führen von Gesprächen über betriebliche Belange anlässlich privater Zusammenkünfte am Wohnort oder auf Fortbildungsveranstaltungen (vergleiche zu diesem Gesichtspunkt BSG, Urteil vom 27. Mai 1997, Az.: 2 RU 29/96). Wenn es außerhalb der unmittelbaren betrieblichen Sphäre um eine Erwartungshaltung des Arbeitgebers hinsichtlich der Teilnahme an reinen Freizeitbetätigungen - wie hier die Teilnahme am Megakickerspiel - geht, ist dieses Kriterium nicht geeignet, den im Vordergrund stehenden eigenwirtschaftlichen Aspekt von Freizeit, Unterhaltung und Erholung in den Hintergrund zu drängen. Im Arbeitsleben gibt es sehr unterschiedliche gesellschaftliche Erwartungshaltungen, die für den Betroffenen oft einen nicht unerheblichen Druck bedeuten, sich an bestimmten Veranstaltungen, Zusammenkünften sowie Besuchen und Gegenbesuchen zu beteiligen, ohne dass allein deshalb bei einer Teilnahme Versicherungsschutz zuzusprechen ist. Aber auch, ob die Teilnahme aufgrund einer Erwartungshaltung, auf Wunsch oder gar auf Weisung des Arbeitgebers erfolgt, kann für die Frage des Versicherungsschutzes nicht maßgeblich sein. Denn ebenso wie bei dem Aspekt der formalen Aufnahme einer sportlichen Aktivität in ein Tagungsprogramm hat der Unternehmer es auch nicht allein durch sein Verhalten in der Hand, den durch Gesetz begründeten Unfallversicherungsschutz bei Freizeitveranstaltungen im Rahmen von Tagungsprogrammen zu erweitern (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20. Juli 2015, Az.: L 9 U 69/14).
Die Einbeziehung des Megakickerspiels in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung kann nicht ausnahmsweise damit begründet werden, dass die Veranstaltung vornehmlich integrativen Zwecken und insbesondere der Förderung des Gemeinschaftssinnes dienen sollte (vgl. dazu Keller in Hauck-Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand: Juli 2015, § 8 Rn. 80). Denn aus dem Programm des Vertriebsworkshops ergibt sich ein Dominieren der fachlichen Inhalte. Im Vordergrund stand die Information über neue Produkte wie zum Beispiel das "Onkologiemodul". Aus dem Tagungsprogramm wird auch der Unterschied zwischen dem Workshop "Best Practice" unter anderem im Rahmen von Gruppenarbeit unter Einbeziehung von Spielregeln und der Abendveranstaltung deutlich. Der Workshop "Best Practice" dient ersichtlich der Stärkung der Vertriebskompetenz und des Vertriebserfolgs. Die Abendveranstaltung ist hingegen als Rahmenprogramm ausgestaltet. Auch aus der Stellungnahme der Firma vom 6. Januar 2015 ergibt sich nur, dass diese der Kontaktpflege der verschiedenen Vertriebsmitarbeiter dienen soll. Ein besonderer integrativer Zweck ergibt sich daraus nicht.
In der Gesamtbetrachtung des Programmablaufes des Workshops präsentiert sich das Mega-kickerspiel damit nur als Rahmen- oder Begleitprogramm des Workshops ohne prägenden, wesentlichen Bezug zu irgendwelchen wie auch immer gearteten betrieblichen Angelegenheiten oder Tätigkeiten. Es diente primär der sportlichen Betätigung der Teilnehmer, dabei ggf. auch dem geselligen Miteinander und der Unterhaltung.
Soweit der Kläger sich auf das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 7. Mai 2008, Az.: L 3 U 1062/06 beruft, werden dort keine anderen rechtlichen Grundsätze aufgestellt. Lediglich die Würdigung im Einzelfall ist zu Gunsten des dortigen Klägers ausgefallen.
Der Kläger war während des Megakickerspiels auch nicht unter dem Gesichtspunkt der be-trieblichen Gemeinschaftsveranstaltung versichert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist Voraussetzung hierfür, dass die Zusammenkunft der Pflege der Ver-bundenheit und des Vertrauensverhältnisses zwischen der Unternehmensleitung und Belegschaft sowie unter den Belegschaftsmitgliedern dient und an der deshalb grundsätzlich alle Betriebsangehörigen teilnehmen können und sollen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014, Az.: B 2 U 7/13 R zitiert nach Juris). Es reicht nicht aus, wenn - wie hier - allein einer ausgewählten Gruppe von Betriebsangehörigen - den Vertriebsmitarbeitern - die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Betriebsangehörigen ausgerichteten Veranstaltung offen steht.
Versicherungsschutz lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Betriebssports be-gründen. Insoweit fehlt es bereits an der zu fordernden gewissen Regelmäßigkeit der sportlichen Aktivitäten und der unternehmensbezogenen Organisation (vgl. dazu BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005, Az.: B 2 U 29/04 R). Der Vertriebsworkshop fand etwa zweimal im Jahr statt, wurde von der Firma organisiert und stand zudem nur den Vertriebsmitarbeitern der Firma offen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG sind nicht ersichtlich.
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