Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 15 P 1407/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 P 229/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 3. Januar 2013 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Gewährung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2009.
Die 1928 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert und leidet u. a. an einer hypertonen Herzkrankheit, an absoluter Arythmie bei Vorhofflimmern, chronischem Schmerz-syndrom, degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenveränderungen, depressiven Störungen, Diabetes mellitus sowie Morbus Parkinson bzw. Morbus Parkinson-ähnlichen Symptomen. Sie erhielt von der Beklagten seit März 2007 Leistungen nach der Pflegestufe I.
Am 19. November 2008 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Höherstufungsantrag. In seinem aufgrund eines am 6. Januar 2009 durchgeführten Hausbesuchs erstellten Gutachten vom 7. Januar 2009 schätzte der Thüringen ... (MDK) ein, dass die Klägerin einen Grund-pflegebedarf in Höhe von 79 Minuten täglich hat. Daraufhin lehnte die Beklagte den Höherstufungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 12. Januar 2009 ab.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens veranlasste die Beklagte eine Pflegeberatung, bei der ein etwas höherer Pflegebedarf festgestellt wurde, der sich jedoch nicht pflegestufenerhöhend auswirkte. Die Beklagte wies den Widerspruch sodann mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2009 zurück.
Die Klägerin hat am 22. April 2009 vor dem Sozialgericht Altenburg (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, es bestehe ein wesentlich höherer Pflegebedarf, der die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfülle.
Das SG hat diverse Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte beigezogen und die Pflegesachverständige N. mit der Erstellung eines Gutachtens über den Umfang der Pflegebe-dürftigkeit der Klägerin beauftragt. In dem nach einem Hausbesuch am 29. Oktober 2009 erstellten Gutachten vom 16. Dezember 2009 hat die Sachverständige ausgeführt, die Klägerin habe bei der Körperpflege einen Pflegebedarf von 57 Minuten täglich, bei der Ernährung von 11 Minuten täglich und bei der Mobilität von 30 Minuten täglich. Der tägliche Umfang des Grundpflegebedarfs belaufe sich somit auf 98 Minuten und rechtfertige auch ab November 2008 lediglich die Pflegestufe I. Hiergegen hat die Klägerin Einwände erhoben und u.a. ausgeführt, die angesetzten Minutenwerte entsprächen nicht den tatsächlichen Pflegezeiten und die Sachverständige habe in ihrem Gutachten falsche Tatsachenfeststellungen getroffen. In den ergänzenden Stellungnahmen vom 27. Februar 2010 sowie vom 1. Mai 2011 hat die Sachverständige N. die im Gutachten angesetzten Werte erläutert und an den dortigen Ausführungen festgehalten.
Nach einem erneuten Höherstufungsantrag der Klägerin vom 9. November 2009 hat ihr die Beklagte mit Bescheid vom 5. Oktober 2010 Leistungen der Pflegestufe II rückwirkend ab 1. November 2009 bewilligt und sich dabei auf das Gutachten des MDK vom 29. September 2010, beruhend auf dem Hausbesuch am 28. September 2010 (Grundpflegebedarf: 126 Minuten/Tag; Voraussetzungen der Pflegestufe II seit Juli 2010 erfüllt), gestützt, nachdem das MDK-Gutachten vom 3. Juni 2010 aufgrund des Hausbesuchs am 27. Mai 2010 noch einem täglichen Grundpflegebedarf von 98 Minuten festgestellt hat.
Das SG hat die auf die Gewährung der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2009 beschränkte Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. Januar 2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin ausweislich des Sachverständigengutachtens der Pflegesachverständigen N. mindestens bis 31. Oktober 2009 einen Pflegebedarf in der Grundpflege von 98 Minuten täglich gehabt habe. Warum die Beklagte trotz der Feststellung des MDK, dass erst seit Juli 2010 die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorlägen, bereits ab dem Zeitpunkt des Höherstufungsantrags, nämlich ab November 2009 Leistungen der Pflegestufe II bewilligt habe, sei nicht erkennbar. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach dem Hausbesuch der gerichtlichen Sachverständigen am 29. Oktober 2009 allmählich verschlechtert habe und erst im Laufe des Jahres 2010 die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorgelegen hätten. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Pflegebedarf der Klägerin in dem Sachverständigengutachten zutreffend dargestellt worden sei.
Gegen den ihrem Vertreter am 5. Januar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 1. Februar 2013 Berufung eingelegt und im Wesentlichen ihr umfängliches erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 3. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 12. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2009 und des Bescheids vom 5. Oktober 2010 zu verurteilen, ihr Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die zeitnah erstellten Gutachten des MDK vom 7. Januar 2009 und der gerichtlichen Sachverständigen vom 16. Dezember 2009 schlüssig und nachvollziehbar lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegstufe I belegen.
Der Senat hat im Berufungsverfahren durch seinen Berichterstatter am 27. Januar 2014 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Auf den Inhalt der in der Gerichtsakten befindlichen Sitzungsniederschrift (Bl. 279f.) wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn ihre Klage ist, soweit sie noch Gegenstand der Berufung ist, unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuordnung zur Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) bereits für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2009.
Für diesen Zeitraum, also ab der ersten Antragstellung auf Höherstufung am 19. November 2008 bis zur rückwirkenden Höherstufung zum 1. November 2009 und der hieraus resultierenden Einschränkung des Klagebegehrens seitens der Klägerin, konnte sich der Senat nicht die erforderliche Gewissheit davon verschaffen, dass die Voraussetzungen für die Zuordnung zur Pflegestufe II bereits vorgelegen haben. Die Klage war diesbezüglich unbegründet und die Berufung dementsprechend zurückzuweisen.
Für die Gewährung von Leistungen des SGB XI sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI pfle-gebedürftige Personen, die nach § 14 Abs. 1 SGB XI wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, einer von drei Pflegestufen zuzuordnen.
Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI sind nach § 14 Abs. 4 SGB XI: 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Aus-kleiden, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Pflegebedürftige der Stufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegepersonen für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). In der Pflegestufe II sind es mindestens drei Stunden, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden (= 120 Minuten) entfallen müssen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Leistungen nach der Pflegestufe III erhalten Personen, welche die pflegerischen und zeitlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sowie Abs. 3 Nr. 3 SGB XI erfüllen (§§ 36 Abs. 3 Nr. 3, 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI). Schwerstpflegebedürftige sind demnach Personen, die Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung und/oder der Mobilität (§ 14 Abs 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI - sog Grundpflege) täglich rund um die Uhr, auch nachts, und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI) benötigen; der gesamte Pflegebedarf muss mindestens fünf Stunden (= 300 Minuten), die Grundpflege davon mindestens vier Stunden (= 240 Minuten) betragen.
Der zeitliche Umfang der notwendigen Hilfe ist, weil naturwissenschaftliche Erkenntnismög-lichkeiten, die eine exakte Bemessung des Zeitbedarfes für einzelne Verrichtungen ermöglichen könnten, in der Regel nicht existieren und standardisierte Zeiten oder Erfahrungswerte im Hinblick auf die jeweiligen individuellen Verhältnisse allenfalls einen Anhaltspunkt zur Ermittlung des Zeitaufwandes geben können, durch Schätzung entsprechend § 287 der Zivilprozessordnung (ZPO) an Hand der zur Verfügung stehenden medizinischen Feststellungen (z.B. Begutachtungsergebnisse medizinisch-pflegerischer Sachverständiger) zu bestimmen (vgl. Bundessozialgericht &61500;BSG&61502; in SozR 3 – 2500 § 53 Nr. 7; Senatsurteile vom 28. Februar 2001 – Az.: L 6 P 249/99, 24. Januar 2001 – Az.: L 6 P 348/00 und 20. Dezember 2000 – Az.: L 6 P 552/99). Dabei orientiert sich der Senat an den Zeitvorgaben der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches – BRi (Begutachtungsrichtlinien – BRi) vom 21. März 1997 in der Fassung der Ergänzung vom 11. Mai 2006 sowie der BRi vom 8. Juni 2009, hier jeweils Abschnitt F "Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung für die in § 14 SGB X genannten Verrichtungen der Grundpflege", ohne letztlich daran gebunden zu sein (vgl. BSG in Breithaupt 2001, S. 120 ff.).
Unter Beachtung dieser Vorgaben verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die zutreffenden Entscheidungs-gründe im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG vom 3. Januar 2013, denen er uneinge-schränkt folgt. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zur Überzeugung des Gerichts lediglich die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllt waren. Der Vortrag der Klägerin, den sie mit ihrer Berufung im Wesentlichen wiederholt hat, beschränkt sich darauf, dem durch die Gutachten des MDK vom 7. Januar 2009 und der Pflegsachverständigen N. vom 16. Dezember 2009 festgestellten Umfang ihres Pflegebedarfs eine eigene Bemessung der für die einzelnen Verrichtungen benötigten Zeit gegenüberzustellen. Warum dem, jedenfalls für den hier noch streitbefangenen Zeitraum, nicht zu folgen ist, haben sowohl die Pflegesachverständige Nebel in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 27. Februar 2010 sowie vom 1. Mai 2011, als auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid detailliert und für den Senat nachvollziehbar begründet. Insbesondere hat auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass die bei der Klägerin erforderlichen behandlungspflegerischen Maßnahmen (Eincremen zur Behandlung der Pilzerkrankung an den Beinen der Klägerin, Einmassieren des Medikaments für die Kopfhaut, Messen des Insulinwertes und Spritzen von Insulin, sonstige Medikamentengaben), soweit diese nicht nur einem jeweils vorübergehenden Zustand (z.B. die Erkrankung der Kopfhaut der Klägerin) betreffen, nicht bei der Grundpflege zu berücksichtigen sind, da sie mit dieser nicht in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. zuletzt Urteil vom 8. Oktober 2014 - Az.: B 3 P 4/13, nach juris), ist von einem untrennbaren Zusammenhang mit einer Verrichtung der Grundpflege (nur) dann mit der Folge der Berücksichtigung auszugehen, wenn diese durch eine Maßnahme der Behandlungspflege ersetzt wird. Davon kann aber bei den hier streitigen behandlungspflegerischen Maßnahmen nicht die Rede sein.
Im Hinblick auf die wiederholt vom Vertreter der Klägerin - zuletzt auch mit der Berufungs-begründung - vorgetragenen Vorwürfe gegen die erstinstanzliche Pflegesachverständige N., sie habe ihn "als Pflegeperson persönlich angegriffen" und ihr Gutachten sowie ihre ergänzenden Stellungnahmen litten ebenso wie die MDK-Gutachten unter falschen Darstellungen und Unstimmigkeiten, weist der Senat letztlich ergänzend auf Folgendes hin: Die Vorwürfe betreffen zum einen Aspekte der Begutachtung, die keinen erkennbaren Zusammenhang mit dem festgestellten und hier allein maßgeblichen Umfang des Pflegebedarfs haben (persönlicher Angriff und falsche Darstellungen), und gründen sich zum anderen auf eine abweichende Bewertung seitens des Vertreters der Klägerin (falsche Darstellungen im Übrigen sowie Unstimmigkeiten). Ungeachtet dessen, dass diesen abweichenden Bewertungen, wie oben ausgeführt, nicht zu folgen ist, sind sie - wenn man ihnen folgen wollte - auch nicht geeignet, dem Senat die Überzeugung davon zu verschaffen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum der Umfang des Pflegebedarfs - wie vom Vertreter der Klägerin behauptet - bestand. Dem steht neben den Gutachten der Pflegesachverständigen N. vom 16. Dezember 2009 sowie des MDK vom 7. Januar 2009 letztlich auch das MDK-Gutachten vom 3. Juni 2010 entgegen. Auch dort wurde aufgrund des Hausbesuchs am 27. Mai 2010 noch ein täglicher Grundpflegebedarf von (lediglich) 98 Minuten festgestellt.
Im Hinblick darauf, dass es sich hier um einen abgeschlossenen, in der Vergangenheit liegen-den Zeitraum handelt, scheiden weitere Ermittlungsmöglichkeiten zur Feststellung der damaligen Pflegesituation bei der Klägerin aus. Somit sind die Voraussetzungen der Pflegestufe II aufgrund der weiteren Begutachtungen durch den MDK vom 3. Juni und vom 29. September 2010, beruhend auf Hausbesuchen am 27. Mai und 28. September 2010, nachweislich erst im Zeitraum zwischen den beiden, den Begutachtungen zugrunde liegenden Untersuchungen, also zwischen Mai und September 2010 erfüllt. Der MDK geht diesbezüglich in seinem Gutachten vom 29. September 2010 davon aus, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin im Vergleich zum MDK-Gutachten vom 3. Juni 2010 kontinuierlich verschlechtert und der Hilfebedarf bei verschiedenen Verrichtungen vergrößert hat und deshalb ab Juli 2010 die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorgelegen haben. Weshalb dann die Beklagte der Klägerin die Pflegestufe II bereits ab Beginn des Monats, in dem der erneute Höherstufungsantrag gestellt wurde, zuerkannt hat, erschließt sich dem Senat nicht. Eine nachvollziehbare Begründung, wieso der Pflegebedarf bereits zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt haben soll, hat die Beklagte nicht gegeben. Es kann letztlich aber dahinstehen, ob der Höherstufungsbescheid vom 5. Oktober 2010 insoweit rechtswidrig ist, da sich die Rechtswidrigkeit lediglich zugunsten der Klägerin auswirkt. Jedenfalls kann hieraus nicht, wie der Vertreter der Klägerin meint, der Schluss gezogen werden, dass das erstinstanzliche Pflegegutachten, das aufgrund des Hausbesuchs der Pflegesachverständigen N. Ende Oktober 2009 im Dezember 2009 erstellt wurde, dadurch widerlegt wird. Nicht nachvollziehbar ist für den Senat im Übrigen der hiermit verbundene Vorwurf des Vertreters der Klägerin, die Zeit für die Erstellung des Gutachtens sei mit eineinhalb Monaten zu lang, so dass das Gutachten "unhaltbar" sei. Ohne besondere Anhaltspunkte, für deren Vorliegen hier jedoch nichts spricht, kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zeitraum von sechs Wochen zwischen Untersuchung und Abfassung des Gutachtens gegen dessen Verwertbarkeit spricht.
Die Nichterweislichkeit der erforderlichen Veränderung des Pflegebedarfs bereits im streitge-genständlichen Zeitraum geht zu Lasten dessen, der sich auf die Erhöhung des Hilfebedarfs beruft, mithin hier zu Lasten der Klägerin. Somit musste ihrer Klage insoweit der Erfolg versagt bleiben, die Berufung war wie geschehen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Gewährung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2009.
Die 1928 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert und leidet u. a. an einer hypertonen Herzkrankheit, an absoluter Arythmie bei Vorhofflimmern, chronischem Schmerz-syndrom, degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenveränderungen, depressiven Störungen, Diabetes mellitus sowie Morbus Parkinson bzw. Morbus Parkinson-ähnlichen Symptomen. Sie erhielt von der Beklagten seit März 2007 Leistungen nach der Pflegestufe I.
Am 19. November 2008 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Höherstufungsantrag. In seinem aufgrund eines am 6. Januar 2009 durchgeführten Hausbesuchs erstellten Gutachten vom 7. Januar 2009 schätzte der Thüringen ... (MDK) ein, dass die Klägerin einen Grund-pflegebedarf in Höhe von 79 Minuten täglich hat. Daraufhin lehnte die Beklagte den Höherstufungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 12. Januar 2009 ab.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens veranlasste die Beklagte eine Pflegeberatung, bei der ein etwas höherer Pflegebedarf festgestellt wurde, der sich jedoch nicht pflegestufenerhöhend auswirkte. Die Beklagte wies den Widerspruch sodann mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2009 zurück.
Die Klägerin hat am 22. April 2009 vor dem Sozialgericht Altenburg (SG) Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, es bestehe ein wesentlich höherer Pflegebedarf, der die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfülle.
Das SG hat diverse Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte beigezogen und die Pflegesachverständige N. mit der Erstellung eines Gutachtens über den Umfang der Pflegebe-dürftigkeit der Klägerin beauftragt. In dem nach einem Hausbesuch am 29. Oktober 2009 erstellten Gutachten vom 16. Dezember 2009 hat die Sachverständige ausgeführt, die Klägerin habe bei der Körperpflege einen Pflegebedarf von 57 Minuten täglich, bei der Ernährung von 11 Minuten täglich und bei der Mobilität von 30 Minuten täglich. Der tägliche Umfang des Grundpflegebedarfs belaufe sich somit auf 98 Minuten und rechtfertige auch ab November 2008 lediglich die Pflegestufe I. Hiergegen hat die Klägerin Einwände erhoben und u.a. ausgeführt, die angesetzten Minutenwerte entsprächen nicht den tatsächlichen Pflegezeiten und die Sachverständige habe in ihrem Gutachten falsche Tatsachenfeststellungen getroffen. In den ergänzenden Stellungnahmen vom 27. Februar 2010 sowie vom 1. Mai 2011 hat die Sachverständige N. die im Gutachten angesetzten Werte erläutert und an den dortigen Ausführungen festgehalten.
Nach einem erneuten Höherstufungsantrag der Klägerin vom 9. November 2009 hat ihr die Beklagte mit Bescheid vom 5. Oktober 2010 Leistungen der Pflegestufe II rückwirkend ab 1. November 2009 bewilligt und sich dabei auf das Gutachten des MDK vom 29. September 2010, beruhend auf dem Hausbesuch am 28. September 2010 (Grundpflegebedarf: 126 Minuten/Tag; Voraussetzungen der Pflegestufe II seit Juli 2010 erfüllt), gestützt, nachdem das MDK-Gutachten vom 3. Juni 2010 aufgrund des Hausbesuchs am 27. Mai 2010 noch einem täglichen Grundpflegebedarf von 98 Minuten festgestellt hat.
Das SG hat die auf die Gewährung der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2009 beschränkte Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. Januar 2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin ausweislich des Sachverständigengutachtens der Pflegesachverständigen N. mindestens bis 31. Oktober 2009 einen Pflegebedarf in der Grundpflege von 98 Minuten täglich gehabt habe. Warum die Beklagte trotz der Feststellung des MDK, dass erst seit Juli 2010 die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorlägen, bereits ab dem Zeitpunkt des Höherstufungsantrags, nämlich ab November 2009 Leistungen der Pflegestufe II bewilligt habe, sei nicht erkennbar. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach dem Hausbesuch der gerichtlichen Sachverständigen am 29. Oktober 2009 allmählich verschlechtert habe und erst im Laufe des Jahres 2010 die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorgelegen hätten. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Pflegebedarf der Klägerin in dem Sachverständigengutachten zutreffend dargestellt worden sei.
Gegen den ihrem Vertreter am 5. Januar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 1. Februar 2013 Berufung eingelegt und im Wesentlichen ihr umfängliches erstinstanzliches Vorbringen wiederholt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 3. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 12. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2009 und des Bescheids vom 5. Oktober 2010 zu verurteilen, ihr Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die zeitnah erstellten Gutachten des MDK vom 7. Januar 2009 und der gerichtlichen Sachverständigen vom 16. Dezember 2009 schlüssig und nachvollziehbar lediglich das Vorliegen der Voraussetzungen der Pflegstufe I belegen.
Der Senat hat im Berufungsverfahren durch seinen Berichterstatter am 27. Januar 2014 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. Auf den Inhalt der in der Gerichtsakten befindlichen Sitzungsniederschrift (Bl. 279f.) wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn ihre Klage ist, soweit sie noch Gegenstand der Berufung ist, unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuordnung zur Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) bereits für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis zum 31. Oktober 2009.
Für diesen Zeitraum, also ab der ersten Antragstellung auf Höherstufung am 19. November 2008 bis zur rückwirkenden Höherstufung zum 1. November 2009 und der hieraus resultierenden Einschränkung des Klagebegehrens seitens der Klägerin, konnte sich der Senat nicht die erforderliche Gewissheit davon verschaffen, dass die Voraussetzungen für die Zuordnung zur Pflegestufe II bereits vorgelegen haben. Die Klage war diesbezüglich unbegründet und die Berufung dementsprechend zurückzuweisen.
Für die Gewährung von Leistungen des SGB XI sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI pfle-gebedürftige Personen, die nach § 14 Abs. 1 SGB XI wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, einer von drei Pflegestufen zuzuordnen.
Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI sind nach § 14 Abs. 4 SGB XI: 1. im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, 2. im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, 3. im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Aus-kleiden, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). 4. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen.
Pflegebedürftige der Stufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegepersonen für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). In der Pflegestufe II sind es mindestens drei Stunden, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden (= 120 Minuten) entfallen müssen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI). Leistungen nach der Pflegestufe III erhalten Personen, welche die pflegerischen und zeitlichen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 sowie Abs. 3 Nr. 3 SGB XI erfüllen (§§ 36 Abs. 3 Nr. 3, 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI). Schwerstpflegebedürftige sind demnach Personen, die Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung und/oder der Mobilität (§ 14 Abs 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI - sog Grundpflege) täglich rund um die Uhr, auch nachts, und zusätzlich mehrfach in der Woche bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI) benötigen; der gesamte Pflegebedarf muss mindestens fünf Stunden (= 300 Minuten), die Grundpflege davon mindestens vier Stunden (= 240 Minuten) betragen.
Der zeitliche Umfang der notwendigen Hilfe ist, weil naturwissenschaftliche Erkenntnismög-lichkeiten, die eine exakte Bemessung des Zeitbedarfes für einzelne Verrichtungen ermöglichen könnten, in der Regel nicht existieren und standardisierte Zeiten oder Erfahrungswerte im Hinblick auf die jeweiligen individuellen Verhältnisse allenfalls einen Anhaltspunkt zur Ermittlung des Zeitaufwandes geben können, durch Schätzung entsprechend § 287 der Zivilprozessordnung (ZPO) an Hand der zur Verfügung stehenden medizinischen Feststellungen (z.B. Begutachtungsergebnisse medizinisch-pflegerischer Sachverständiger) zu bestimmen (vgl. Bundessozialgericht &61500;BSG&61502; in SozR 3 – 2500 § 53 Nr. 7; Senatsurteile vom 28. Februar 2001 – Az.: L 6 P 249/99, 24. Januar 2001 – Az.: L 6 P 348/00 und 20. Dezember 2000 – Az.: L 6 P 552/99). Dabei orientiert sich der Senat an den Zeitvorgaben der Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches – BRi (Begutachtungsrichtlinien – BRi) vom 21. März 1997 in der Fassung der Ergänzung vom 11. Mai 2006 sowie der BRi vom 8. Juni 2009, hier jeweils Abschnitt F "Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung für die in § 14 SGB X genannten Verrichtungen der Grundpflege", ohne letztlich daran gebunden zu sein (vgl. BSG in Breithaupt 2001, S. 120 ff.).
Unter Beachtung dieser Vorgaben verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die zutreffenden Entscheidungs-gründe im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG vom 3. Januar 2013, denen er uneinge-schränkt folgt. Das SG hat zutreffend festgestellt, dass bei der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zur Überzeugung des Gerichts lediglich die Voraussetzungen der Pflegestufe I erfüllt waren. Der Vortrag der Klägerin, den sie mit ihrer Berufung im Wesentlichen wiederholt hat, beschränkt sich darauf, dem durch die Gutachten des MDK vom 7. Januar 2009 und der Pflegsachverständigen N. vom 16. Dezember 2009 festgestellten Umfang ihres Pflegebedarfs eine eigene Bemessung der für die einzelnen Verrichtungen benötigten Zeit gegenüberzustellen. Warum dem, jedenfalls für den hier noch streitbefangenen Zeitraum, nicht zu folgen ist, haben sowohl die Pflegesachverständige Nebel in ihren ergänzenden Stellungnahmen vom 27. Februar 2010 sowie vom 1. Mai 2011, als auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid detailliert und für den Senat nachvollziehbar begründet. Insbesondere hat auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, dass die bei der Klägerin erforderlichen behandlungspflegerischen Maßnahmen (Eincremen zur Behandlung der Pilzerkrankung an den Beinen der Klägerin, Einmassieren des Medikaments für die Kopfhaut, Messen des Insulinwertes und Spritzen von Insulin, sonstige Medikamentengaben), soweit diese nicht nur einem jeweils vorübergehenden Zustand (z.B. die Erkrankung der Kopfhaut der Klägerin) betreffen, nicht bei der Grundpflege zu berücksichtigen sind, da sie mit dieser nicht in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. zuletzt Urteil vom 8. Oktober 2014 - Az.: B 3 P 4/13, nach juris), ist von einem untrennbaren Zusammenhang mit einer Verrichtung der Grundpflege (nur) dann mit der Folge der Berücksichtigung auszugehen, wenn diese durch eine Maßnahme der Behandlungspflege ersetzt wird. Davon kann aber bei den hier streitigen behandlungspflegerischen Maßnahmen nicht die Rede sein.
Im Hinblick auf die wiederholt vom Vertreter der Klägerin - zuletzt auch mit der Berufungs-begründung - vorgetragenen Vorwürfe gegen die erstinstanzliche Pflegesachverständige N., sie habe ihn "als Pflegeperson persönlich angegriffen" und ihr Gutachten sowie ihre ergänzenden Stellungnahmen litten ebenso wie die MDK-Gutachten unter falschen Darstellungen und Unstimmigkeiten, weist der Senat letztlich ergänzend auf Folgendes hin: Die Vorwürfe betreffen zum einen Aspekte der Begutachtung, die keinen erkennbaren Zusammenhang mit dem festgestellten und hier allein maßgeblichen Umfang des Pflegebedarfs haben (persönlicher Angriff und falsche Darstellungen), und gründen sich zum anderen auf eine abweichende Bewertung seitens des Vertreters der Klägerin (falsche Darstellungen im Übrigen sowie Unstimmigkeiten). Ungeachtet dessen, dass diesen abweichenden Bewertungen, wie oben ausgeführt, nicht zu folgen ist, sind sie - wenn man ihnen folgen wollte - auch nicht geeignet, dem Senat die Überzeugung davon zu verschaffen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum der Umfang des Pflegebedarfs - wie vom Vertreter der Klägerin behauptet - bestand. Dem steht neben den Gutachten der Pflegesachverständigen N. vom 16. Dezember 2009 sowie des MDK vom 7. Januar 2009 letztlich auch das MDK-Gutachten vom 3. Juni 2010 entgegen. Auch dort wurde aufgrund des Hausbesuchs am 27. Mai 2010 noch ein täglicher Grundpflegebedarf von (lediglich) 98 Minuten festgestellt.
Im Hinblick darauf, dass es sich hier um einen abgeschlossenen, in der Vergangenheit liegen-den Zeitraum handelt, scheiden weitere Ermittlungsmöglichkeiten zur Feststellung der damaligen Pflegesituation bei der Klägerin aus. Somit sind die Voraussetzungen der Pflegestufe II aufgrund der weiteren Begutachtungen durch den MDK vom 3. Juni und vom 29. September 2010, beruhend auf Hausbesuchen am 27. Mai und 28. September 2010, nachweislich erst im Zeitraum zwischen den beiden, den Begutachtungen zugrunde liegenden Untersuchungen, also zwischen Mai und September 2010 erfüllt. Der MDK geht diesbezüglich in seinem Gutachten vom 29. September 2010 davon aus, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin im Vergleich zum MDK-Gutachten vom 3. Juni 2010 kontinuierlich verschlechtert und der Hilfebedarf bei verschiedenen Verrichtungen vergrößert hat und deshalb ab Juli 2010 die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorgelegen haben. Weshalb dann die Beklagte der Klägerin die Pflegestufe II bereits ab Beginn des Monats, in dem der erneute Höherstufungsantrag gestellt wurde, zuerkannt hat, erschließt sich dem Senat nicht. Eine nachvollziehbare Begründung, wieso der Pflegebedarf bereits zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt haben soll, hat die Beklagte nicht gegeben. Es kann letztlich aber dahinstehen, ob der Höherstufungsbescheid vom 5. Oktober 2010 insoweit rechtswidrig ist, da sich die Rechtswidrigkeit lediglich zugunsten der Klägerin auswirkt. Jedenfalls kann hieraus nicht, wie der Vertreter der Klägerin meint, der Schluss gezogen werden, dass das erstinstanzliche Pflegegutachten, das aufgrund des Hausbesuchs der Pflegesachverständigen N. Ende Oktober 2009 im Dezember 2009 erstellt wurde, dadurch widerlegt wird. Nicht nachvollziehbar ist für den Senat im Übrigen der hiermit verbundene Vorwurf des Vertreters der Klägerin, die Zeit für die Erstellung des Gutachtens sei mit eineinhalb Monaten zu lang, so dass das Gutachten "unhaltbar" sei. Ohne besondere Anhaltspunkte, für deren Vorliegen hier jedoch nichts spricht, kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass ein Zeitraum von sechs Wochen zwischen Untersuchung und Abfassung des Gutachtens gegen dessen Verwertbarkeit spricht.
Die Nichterweislichkeit der erforderlichen Veränderung des Pflegebedarfs bereits im streitge-genständlichen Zeitraum geht zu Lasten dessen, der sich auf die Erhöhung des Hilfebedarfs beruft, mithin hier zu Lasten der Klägerin. Somit musste ihrer Klage insoweit der Erfolg versagt bleiben, die Berufung war wie geschehen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
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