Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 38 KR 7526/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 93/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 22. November 2012 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.604,72 EUR nebst Zinsen in Höhe des jeweiligen Basiszinssatzes seit dem 23. September 2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Krankenhausvergütung.
Der 1956 geborene ledige H. L. (im Folgenden: H.L.) war bei der Beklagten ab dem 9. Juli 2008 versichert. Am 17. Januar 2011 erfolgte eine rückwirkende Abmeldung des H.L. bei der Beklagten zum 31. Dezember 2010.
In der Zeit vom 12. bis 17. Januar 2011 wurde H.L. bei der Klägerin, die ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus betreibt, stationär be-handelt. Er gab gegenüber der Klägerin an, bei der Beklagten versichert zu sein. Aufgrund einer Aufnahmeanzeige vom 12. Januar 2011 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin am 14. Januar 2011 per Datenträgeraustausch (DTA) eine nicht befristete Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des H.L. Die Krankenversicherungskarte sei gültig bis Juni 2013. Die Zahlung der zunächst am 20. Januar 2011 per DTA übermittelten Rechnung lehnte die Beklagte am 2. Februar 2011 ab; H.L. sei nicht bei ihr versichert. Die Inanspruchnahme des H.L. durch die Klägerin scheiterte daran, dass dieser ihr mitteilte, er sei bei der Beklagten versichert. Daraufhin wandte sich die Klägerin am 6. September 2011 an die Beklagte und übermittelte ihr erneut die Endabrechnung über 7.604,72 EUR. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Rechnung mit der Begründung ab, H.L. sei während seines stationären Aufenthalts im Krankenhaus der Klägerin nicht mehr bei ihr versichert gewesen. Die nachfolgende Feststellung eines nicht bestehenden Versicherungsschutzes befreie sie von der Zahlungspflicht nach § 6 Abs. 5 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (im Folgenden: KHBV), gültig seit dem 1. Januar 2004.
Am 8. November 2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Klage auf Zahlung von 7.604,72 EUR nebst Zinsen erhoben und vorgetragen, die Beklagte habe ihre Zahlungspflicht mit der vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung dem Grunde nach anerkannt. Sie könne deshalb nun nicht nachträglich einwenden, der Versicherte sei im Laufe der stationären Behandlung nachträglich mit der Wirkung abgemeldet worden, dass von Beginn an kein Versiche-rungsverhältnis bestanden habe. Der Zweck der deklaratorischen Kostenübernahmeerklärung liege gerade darin, das Vorliegen bestimmter, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründender Voraussetzungen, nämlich insbesondere die Versicherteneigenschaft, zu klären. § 6 Abs. 5 KHBV betreffe ausschließlich fingierte Kostenübernahmeerklärungen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat weiter auf § 6 Abs. 7 KHBV Bezug genommen, wonach sie nicht leistungspflichtig sei, sofern kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz bestehe.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. November 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Be-gründung ausgeführt, ein Anspruch des H.L. gegenüber der Beklagten auf Krankenhausbe-handlung habe nicht bestanden. Die Weigerung des H.L. zur Zahlung der Krankenhausbe-handlungskosten führe jedenfalls nicht zur Zahlungspflicht der Beklagten. Ein schuldbegrün-dendes Schuldanerkenntnis liege nicht vor.
Im Berufungsverfahren wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Es sei weder unstreitig, noch wegen der nach § 19 SGB V bestehenden Nachversicherungspflicht von einem Monat wahrscheinlich, dass das Versicherungsverhältnis des H.L. zum 31. Dezember 2010 geendet habe. Schließlich habe die Kostenübernahmeerklärung der Beklagten die Wirkung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Sie verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha 22. November 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.604,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23. September 2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie trägt vor, ihr sei nicht bekannt, wo H.L. seit dem 1. Januar 2011 versichert sei. Ein ent-sprechendes Anschreiben habe er nicht beantwortet. Daher greife auch der Hinweis der Klägerin auf § 19 Abs. 2 SGB V nicht, denn ein nachgehender Leistungsanspruch komme allenfalls dann in Betracht, wenn anderweitig keine Mitgliedschaft bestehe. Bei Abgabe der Kos-tenübernahmeerklärung sei ihr nicht bekannt gewesen, dass H.L. nicht mehr bei ihr versichert sei. Bezüglich des geltend gemachten Zinsanspruchs verweist sie auf die "Vorläufige Entgelt-vereinbarung für Krankenhäuser im Freistaat Thüringen für das Jahr 2011 nach § 12 KHEntgG" vom 23. April 2012 (im Folgenden: Vorläufige Entgeltvereinbarung), nach dessen § 8 (Rechnungslegung und Zahlungsweise) Verzugszinsen unter den Voraussetzungen des § 286 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Höhe des Basiszinssatzes gemäß § 247 BGB berechnet werden können.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist bezüglich der Vergütungsforderung begründet, bezüglich der Zinsen teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 7.604,72 EUR nebst Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes.
Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Vergütung für die vollstationäre Behandlung des H.L. in Höhe von 7.604,72 EUR. Diesen Anspruch macht sie zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers - wie hier der Klägerin - auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 KR R m.w.N., nach juris).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten und der Höhe nach unstreitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem KHBV. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes (§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 57/12 R m.w.N., nach juris). Die Zahlungsverpflichtung setzt aber voraus, dass der Patient während der stationären Behandlung versichert war; dabei dürfen gesetzliche Krankenkassen Leistungen grundsätzlich nur an ihre Mitglieder und deren mitversicherte Familienangehörige erbringen (vgl. §§ 5, 9, 10 SGB V; Ausnahme: § 19 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V). H.L. war bis zum 31. Dezember 2010 bei der Beklagten versichert. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob er ab dem 1. Januar 2011 mangels anderweitigen Versicherungsschutzes einen nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V hatte, der die streitige Krankenhausbehandlung umfassen würde.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich jedenfalls aus der Kostenübernahmeerklärung der Beklagten vom 14. Januar 2011.
Hierzu führt das BSG in seinem Urteil vom 12. November 2003 - Az.: B 3 KR 1/03 R aus: "Mit der vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung erkennt die KK ihre Zahlungspflicht dem Grunde nach an. Die Erklärung ist allerdings, wie dargelegt, für die Entstehung der Zahlungspflicht nicht konstitutiv; diese entsteht bereits mit der Inanspruchnahme der Leistungen des Krankenhauses durch den Versicherten. Aus der Tatsache, dass die Partner des SVtr eine besondere Kostenübernahmeerklärung für erforderlich hielten, wird aber deutlich, daß sie ihr eine eigenständige Bedeutung beigemessen haben. Das Krankenhaus soll im Interesse einer zügigen Durchführung der Krankenhausbehandlung davon ausgehen können, daß die bei Abgabe der Kos-tenzusage feststellbaren Voraussetzungen der Eintrittspflicht der KK vorliegen, zu denen insbesondere die Versicherteneigenschaft des Patienten zählt. Mit der Kosten-übernahmeerklärung wird das Vorliegen bestimmter, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründender Tatbestandsvoraussetzungen vorab festgestellt. Die Kostenübernahmeerklärung hat damit die Wirkungen eines sog deklaratorischen Schuldanerkenntnisses im Zivilrecht. Angesichts der Tatsache, daß die KK nur eine gesetzlich begründete und vertraglich näher ausgeformte Pflicht erfüllen will, kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie mit der Kostenübernahmeerklärung zusätzlich einen eigenständigen Verpflichtungsgrund begründet (anders Eicher/Estelmann, DOK 1992, 134, 141, die von einem abstrakten Schuldanerkenntnis ausgehen). Folge des Schuldanerkenntnisses ist im Verhältnis Krankenhaus - Krankenkasse vor allem, daß die Krankenkasse als Schuldnerin des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses mit solchen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie bei Abgabe kannte oder mit denen sie zumindest rechnen mußte (Palandt-Sprau, BGB, 59. Aufl 2000, § 781 RdNr 4). Die Kostenübernahmeerklärung schließt damit, wie auch den hierzu im SVtr getroffenen Vereinbarungen zu entnehmen ist, nicht auch solche Einwendungen aus, die im Zeitpunkt der Abgabe noch nicht bekannt sein konnten."
Auf diese Entscheidung verweist das BSG in seinen Urteilen vom 12. November 2003 - Az.: B 3 KR 1/03 R und 20. November 2008 - Az.: B 3 KN 4/08 KR R. In dem erstgenannten Urteil führt das BSG weiter aus, die Kostenübernahmeerklärung schließe damit in der Regel auch die spätere Einwendung aus, ein Versicherungsverhältnis habe tatsächlich nicht bestanden, weil gerade dies außer Zweifel gestellt werden soll und von der Krankenkasse vor der Abgabe einer Kostenzusage zu klären ist. Insoweit ist sogar von einer ersetzenden Wirkung der Kostenzusage auszugehen, weil sie eine Zahlungsverpflichtung auch für Nichtversicherte begründet. In dem Urteil vom 20. November 2008 weist das BSG darauf hin, dass es dabei entscheidend auf den Inhalt einer Kostenzusage ankommt, die ihrerseits durch den jeweiligen Kostenübernahmeantrag eines Krankenhauses mitbestimmt wird.
Hier hat die Klägerin Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des H.L. ab dem 12. Januar 2011 beantragt; die Beklagte hat diese vorbehaltslos erklärt. Die Klärung des Versichertenstatus vor Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung obliegt der Beklagten und kann auch letztendlich nur durch sie erfolgen. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BSG an, dass der Kostenübernahmeerklärung insoweit eine ersetzende Wirkung zukommt und eine Zahlungsverpflichtung auch für Nichtversicherte begründet.
Dem steht auch der KHBV nicht entgegen. Nach § 6 Abs. 1 KHBV hat, erteilt eine Krankenkasse eine Kostenübernahmeerklärung, diese die Wirkung eines deklaratorischen Schuldaner-kenntnisses. Nach § 6 Abs. 5 KHBV gilt, sofern dem Krankenhaus keine Mitteilung über die Kostenübernahme vorliegt, diese spätestens nach Ablauf von sieben Arbeitstagen nach Auf-nahme- oder Verlängerungsanzeige als erteilt. Die nachfolgende Feststellung eines nicht be-stehenden Versicherungsschutzes befreit die Krankenkasse von der Zahlungsverpflichtung. § 6 Abs. 7 KHBV regelt für den Fall, dass kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz besteht oder Wahlleistungen in Anspruch genommen werden, die vom gesetzlichen Kranken-versicherungsschutz nicht umfasst sind, dass nach Maßgabe der jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften keine Leistungspflicht eines öffentlich-rechtlichen Kostenträgers (z. B. Krankenkasse) besteht und der Patient dem Krankenhaus gegenüber Selbstzahler ist.
§ 6 Abs. 7 KHBV ist nicht einschlägig, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass für H.L. am 1. Januar 2011 überhaupt kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz bestand. Er selbst hat gegenüber der Klägerin angegeben, bei der Beklagten versichert zu sein. Endete seine Pflichtversicherung am 31. Dezember 2010 und hatte er keinen Anspruch auf Familien-versicherung nach § 10 Abs. 1 SGB V oder sonstigen gesetzlichen Versicherungsschutz - was nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eigentlich nicht möglich ist -, bestand gegenüber der Beklagten jedenfalls ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V. Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 KHBV ist ebenfalls nicht einschlägig, weil sie, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, lediglich die fingierte Kostenübernahmeerklärung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 KHBV betrifft. Aus welchem Grund eine Kostenübernahme fingiert wird, wenn die Wirkung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses bezüglich des Versichertenstatus ausgeschlossen wird, erschließt sich dem Senat nicht. Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 KHBV steht in unmittelbarem Zusammenhang mit § 6 Abs. 5 Satz 1 KHBV; dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut wonach die "nachfolgende" Feststellung eines nicht bestehenden Versicherungsschutzes die Krankenkasse von der Zahlungsverpflichtung befreit.
Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist entsprechend der Vorläufigen Entgeltvereinbarung in Höhe des Basiszinssatzes seit dem 23. September 2011 zu verzinsen (vgl. auch BSG, Urteil vom 19. April 2007 - Az.: B 3 KR 10/06 R, nach juris).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Krankenhausvergütung.
Der 1956 geborene ledige H. L. (im Folgenden: H.L.) war bei der Beklagten ab dem 9. Juli 2008 versichert. Am 17. Januar 2011 erfolgte eine rückwirkende Abmeldung des H.L. bei der Beklagten zum 31. Dezember 2010.
In der Zeit vom 12. bis 17. Januar 2011 wurde H.L. bei der Klägerin, die ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus betreibt, stationär be-handelt. Er gab gegenüber der Klägerin an, bei der Beklagten versichert zu sein. Aufgrund einer Aufnahmeanzeige vom 12. Januar 2011 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin am 14. Januar 2011 per Datenträgeraustausch (DTA) eine nicht befristete Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des H.L. Die Krankenversicherungskarte sei gültig bis Juni 2013. Die Zahlung der zunächst am 20. Januar 2011 per DTA übermittelten Rechnung lehnte die Beklagte am 2. Februar 2011 ab; H.L. sei nicht bei ihr versichert. Die Inanspruchnahme des H.L. durch die Klägerin scheiterte daran, dass dieser ihr mitteilte, er sei bei der Beklagten versichert. Daraufhin wandte sich die Klägerin am 6. September 2011 an die Beklagte und übermittelte ihr erneut die Endabrechnung über 7.604,72 EUR. Die Beklagte lehnte die Zahlung der Rechnung mit der Begründung ab, H.L. sei während seines stationären Aufenthalts im Krankenhaus der Klägerin nicht mehr bei ihr versichert gewesen. Die nachfolgende Feststellung eines nicht bestehenden Versicherungsschutzes befreie sie von der Zahlungspflicht nach § 6 Abs. 5 des Vertrages nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (im Folgenden: KHBV), gültig seit dem 1. Januar 2004.
Am 8. November 2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Klage auf Zahlung von 7.604,72 EUR nebst Zinsen erhoben und vorgetragen, die Beklagte habe ihre Zahlungspflicht mit der vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung dem Grunde nach anerkannt. Sie könne deshalb nun nicht nachträglich einwenden, der Versicherte sei im Laufe der stationären Behandlung nachträglich mit der Wirkung abgemeldet worden, dass von Beginn an kein Versiche-rungsverhältnis bestanden habe. Der Zweck der deklaratorischen Kostenübernahmeerklärung liege gerade darin, das Vorliegen bestimmter, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründender Voraussetzungen, nämlich insbesondere die Versicherteneigenschaft, zu klären. § 6 Abs. 5 KHBV betreffe ausschließlich fingierte Kostenübernahmeerklärungen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat weiter auf § 6 Abs. 7 KHBV Bezug genommen, wonach sie nicht leistungspflichtig sei, sofern kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz bestehe.
Mit Gerichtsbescheid vom 22. November 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Be-gründung ausgeführt, ein Anspruch des H.L. gegenüber der Beklagten auf Krankenhausbe-handlung habe nicht bestanden. Die Weigerung des H.L. zur Zahlung der Krankenhausbe-handlungskosten führe jedenfalls nicht zur Zahlungspflicht der Beklagten. Ein schuldbegrün-dendes Schuldanerkenntnis liege nicht vor.
Im Berufungsverfahren wiederholt und vertieft die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen. Es sei weder unstreitig, noch wegen der nach § 19 SGB V bestehenden Nachversicherungspflicht von einem Monat wahrscheinlich, dass das Versicherungsverhältnis des H.L. zum 31. Dezember 2010 geendet habe. Schließlich habe die Kostenübernahmeerklärung der Beklagten die Wirkung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses. Sie verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha 22. November 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.604,72 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 23. September 2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
Sie trägt vor, ihr sei nicht bekannt, wo H.L. seit dem 1. Januar 2011 versichert sei. Ein ent-sprechendes Anschreiben habe er nicht beantwortet. Daher greife auch der Hinweis der Klägerin auf § 19 Abs. 2 SGB V nicht, denn ein nachgehender Leistungsanspruch komme allenfalls dann in Betracht, wenn anderweitig keine Mitgliedschaft bestehe. Bei Abgabe der Kos-tenübernahmeerklärung sei ihr nicht bekannt gewesen, dass H.L. nicht mehr bei ihr versichert sei. Bezüglich des geltend gemachten Zinsanspruchs verweist sie auf die "Vorläufige Entgelt-vereinbarung für Krankenhäuser im Freistaat Thüringen für das Jahr 2011 nach § 12 KHEntgG" vom 23. April 2012 (im Folgenden: Vorläufige Entgeltvereinbarung), nach dessen § 8 (Rechnungslegung und Zahlungsweise) Verzugszinsen unter den Voraussetzungen des § 286 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Höhe des Basiszinssatzes gemäß § 247 BGB berechnet werden können.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist bezüglich der Vergütungsforderung begründet, bezüglich der Zinsen teilweise begründet.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 7.604,72 EUR nebst Zinsen in Höhe des Basiszinssatzes.
Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der Vergütung für die vollstationäre Behandlung des H.L. in Höhe von 7.604,72 EUR. Diesen Anspruch macht sie zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers - wie hier der Klägerin - auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 KR R m.w.N., nach juris).
Rechtsgrundlage des geltend gemachten und der Höhe nach unstreitigen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. dem KHBV. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes (§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 57/12 R m.w.N., nach juris). Die Zahlungsverpflichtung setzt aber voraus, dass der Patient während der stationären Behandlung versichert war; dabei dürfen gesetzliche Krankenkassen Leistungen grundsätzlich nur an ihre Mitglieder und deren mitversicherte Familienangehörige erbringen (vgl. §§ 5, 9, 10 SGB V; Ausnahme: § 19 Abs. 2 und Abs. 3 SGB V). H.L. war bis zum 31. Dezember 2010 bei der Beklagten versichert. Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob er ab dem 1. Januar 2011 mangels anderweitigen Versicherungsschutzes einen nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V hatte, der die streitige Krankenhausbehandlung umfassen würde.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich jedenfalls aus der Kostenübernahmeerklärung der Beklagten vom 14. Januar 2011.
Hierzu führt das BSG in seinem Urteil vom 12. November 2003 - Az.: B 3 KR 1/03 R aus: "Mit der vorbehaltlosen Kostenübernahmeerklärung erkennt die KK ihre Zahlungspflicht dem Grunde nach an. Die Erklärung ist allerdings, wie dargelegt, für die Entstehung der Zahlungspflicht nicht konstitutiv; diese entsteht bereits mit der Inanspruchnahme der Leistungen des Krankenhauses durch den Versicherten. Aus der Tatsache, dass die Partner des SVtr eine besondere Kostenübernahmeerklärung für erforderlich hielten, wird aber deutlich, daß sie ihr eine eigenständige Bedeutung beigemessen haben. Das Krankenhaus soll im Interesse einer zügigen Durchführung der Krankenhausbehandlung davon ausgehen können, daß die bei Abgabe der Kos-tenzusage feststellbaren Voraussetzungen der Eintrittspflicht der KK vorliegen, zu denen insbesondere die Versicherteneigenschaft des Patienten zählt. Mit der Kosten-übernahmeerklärung wird das Vorliegen bestimmter, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses begründender Tatbestandsvoraussetzungen vorab festgestellt. Die Kostenübernahmeerklärung hat damit die Wirkungen eines sog deklaratorischen Schuldanerkenntnisses im Zivilrecht. Angesichts der Tatsache, daß die KK nur eine gesetzlich begründete und vertraglich näher ausgeformte Pflicht erfüllen will, kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie mit der Kostenübernahmeerklärung zusätzlich einen eigenständigen Verpflichtungsgrund begründet (anders Eicher/Estelmann, DOK 1992, 134, 141, die von einem abstrakten Schuldanerkenntnis ausgehen). Folge des Schuldanerkenntnisses ist im Verhältnis Krankenhaus - Krankenkasse vor allem, daß die Krankenkasse als Schuldnerin des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses mit solchen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie bei Abgabe kannte oder mit denen sie zumindest rechnen mußte (Palandt-Sprau, BGB, 59. Aufl 2000, § 781 RdNr 4). Die Kostenübernahmeerklärung schließt damit, wie auch den hierzu im SVtr getroffenen Vereinbarungen zu entnehmen ist, nicht auch solche Einwendungen aus, die im Zeitpunkt der Abgabe noch nicht bekannt sein konnten."
Auf diese Entscheidung verweist das BSG in seinen Urteilen vom 12. November 2003 - Az.: B 3 KR 1/03 R und 20. November 2008 - Az.: B 3 KN 4/08 KR R. In dem erstgenannten Urteil führt das BSG weiter aus, die Kostenübernahmeerklärung schließe damit in der Regel auch die spätere Einwendung aus, ein Versicherungsverhältnis habe tatsächlich nicht bestanden, weil gerade dies außer Zweifel gestellt werden soll und von der Krankenkasse vor der Abgabe einer Kostenzusage zu klären ist. Insoweit ist sogar von einer ersetzenden Wirkung der Kostenzusage auszugehen, weil sie eine Zahlungsverpflichtung auch für Nichtversicherte begründet. In dem Urteil vom 20. November 2008 weist das BSG darauf hin, dass es dabei entscheidend auf den Inhalt einer Kostenzusage ankommt, die ihrerseits durch den jeweiligen Kostenübernahmeantrag eines Krankenhauses mitbestimmt wird.
Hier hat die Klägerin Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des H.L. ab dem 12. Januar 2011 beantragt; die Beklagte hat diese vorbehaltslos erklärt. Die Klärung des Versichertenstatus vor Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung obliegt der Beklagten und kann auch letztendlich nur durch sie erfolgen. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BSG an, dass der Kostenübernahmeerklärung insoweit eine ersetzende Wirkung zukommt und eine Zahlungsverpflichtung auch für Nichtversicherte begründet.
Dem steht auch der KHBV nicht entgegen. Nach § 6 Abs. 1 KHBV hat, erteilt eine Krankenkasse eine Kostenübernahmeerklärung, diese die Wirkung eines deklaratorischen Schuldaner-kenntnisses. Nach § 6 Abs. 5 KHBV gilt, sofern dem Krankenhaus keine Mitteilung über die Kostenübernahme vorliegt, diese spätestens nach Ablauf von sieben Arbeitstagen nach Auf-nahme- oder Verlängerungsanzeige als erteilt. Die nachfolgende Feststellung eines nicht be-stehenden Versicherungsschutzes befreit die Krankenkasse von der Zahlungsverpflichtung. § 6 Abs. 7 KHBV regelt für den Fall, dass kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz besteht oder Wahlleistungen in Anspruch genommen werden, die vom gesetzlichen Kranken-versicherungsschutz nicht umfasst sind, dass nach Maßgabe der jeweils geltenden gesetzlichen Vorschriften keine Leistungspflicht eines öffentlich-rechtlichen Kostenträgers (z. B. Krankenkasse) besteht und der Patient dem Krankenhaus gegenüber Selbstzahler ist.
§ 6 Abs. 7 KHBV ist nicht einschlägig, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass für H.L. am 1. Januar 2011 überhaupt kein gesetzlicher Krankenversicherungsschutz bestand. Er selbst hat gegenüber der Klägerin angegeben, bei der Beklagten versichert zu sein. Endete seine Pflichtversicherung am 31. Dezember 2010 und hatte er keinen Anspruch auf Familien-versicherung nach § 10 Abs. 1 SGB V oder sonstigen gesetzlichen Versicherungsschutz - was nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eigentlich nicht möglich ist -, bestand gegenüber der Beklagten jedenfalls ein nachgehender Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V. Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 KHBV ist ebenfalls nicht einschlägig, weil sie, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, lediglich die fingierte Kostenübernahmeerklärung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 KHBV betrifft. Aus welchem Grund eine Kostenübernahme fingiert wird, wenn die Wirkung eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses bezüglich des Versichertenstatus ausgeschlossen wird, erschließt sich dem Senat nicht. Die Regelung des § 6 Abs. 5 Satz 2 KHBV steht in unmittelbarem Zusammenhang mit § 6 Abs. 5 Satz 1 KHBV; dies ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut wonach die "nachfolgende" Feststellung eines nicht bestehenden Versicherungsschutzes die Krankenkasse von der Zahlungsverpflichtung befreit.
Der Zahlungsanspruch der Klägerin ist entsprechend der Vorläufigen Entgeltvereinbarung in Höhe des Basiszinssatzes seit dem 23. September 2011 zu verzinsen (vgl. auch BSG, Urteil vom 19. April 2007 - Az.: B 3 KR 10/06 R, nach juris).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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