L 6 KR 671/15

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 41 KR 3483/13
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 671/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 11. Mai 2015 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld vom 4. April bis 31. Dezember 2013 streitig.

Der 1957 geborene Kläger war bei der Beklagten als Beschäftigter pflichtversichert. Seit 7. Januar 2013 war er arbeitsunfähig erkrankt. Zum 17. Februar 2013 endete sein Beschäftigungsverhältnis und er bezog seit 18. Februar 2013 Krankengeld von der Beklagten. Vom 13. März bis 3. April 2013 nahm er eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme wahr, aus der er arbeitsunfähig entlassen wurde. Er bezieht eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Laut "Auszahlungsschein für Krankengeld" stellte er sich am 13. März 2013 in der Gemein-schaftspraxis Dr. S. L. M. L., Fachärzte für Allgemeinmedizin (im Folgenden: Gemein-schaftspraxis) vor. Dort bescheinigte Dr. S. L. Arbeitsunfähigkeit bis 3. April 2013. Die nächste persönliche Vorstellung ist von M. L. am 9. April 2013 unterzeichnet (Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich einschließlich 19. April 2013). Auf dem Auszahlungsschein ist u.a. ("wichtig") vermerkt, dass für die Krankengeldauszahlung eine regelmäßige und lückenlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vom behandelnden Arzt erforderlich ist. M. L. bescheinigte dann in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (im Folgenden: AU-Bescheinigung) vom 25. April 2013 Arbeitsunfähigkeit bis zum 3. Mai 2013 und in der AU-Bescheinigung vom 6. Mai 2013 Arbeitsunfähigkeit bis 20. Mai 2013.

Mit Bescheid vom 15. April 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, für die Krankengeldzahlung sei das Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit maßgebend. Die Voraussetzungen zur Zahlung von Krankengeld würden bei jeder Krankengeldzahlung erneut geprüft. Er habe sich spätestens am letzten Tag seiner bescheinigten Arbeitsunfähigkeit beim Arzt vorstellen müssen, unabhängig davon, ob dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag falle. Hierauf habe sie ihn mit Schreiben vom 18. Februar 2013 hingewiesen. Die Arbeitsunfähigkeit sei nach dem 3. April 2013 erst wieder am 9. April 2013 festgestellt worden; zu diesem Zeitpunkt sei seine Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld bereits beendet gewesen. Hiergegen erhob der Kläger am 26. April 2013 Widerspruch mit der Begründung, er habe sich unmittelbar nach Beendigung seiner Rehabilitationsmaßnahme am 3. April 2013 an den zuständigen Hausarzt zwecks weiterer Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit gemeldet. Da ihm bis zum 3. April 2013 kein Auszahlschein vorgelegen habe - diesen habe er erst am 8. April 2013 erhalten - habe er sich "demzufolge erst am 9.4.2013" bei seinem Arzt persönlich vorstellen können. Zwischenzeitlich sei der Krankenschein für die Zeit vom 4. bis 9. April 2013 der Beklagten zugesandt worden. Am 26. April 2013 ging dort die AU-Bescheinigung des M. L. vom 4. April 2013 für die Zeit vom 7. Januar bis 9. April 2013 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen, er sei durchgängig arbeitsunfähig gewesen. Unter dem 13. Januar 2014 hat er ausgeführt, er habe sich nach Beendigung der Rehamaß-nahme "telefonisch bei meinem Hausarzt, Dr. L. am 4.04.2013 telefonisch zurückgemeldet". Da er noch keinen Auszahlschein der Beklagten hatte, habe er "am 09.04.2013" einen Arzttermin erhalten. Dr. L. habe die AU-Bescheinigung ausgestellt, aber nicht auf den 4. April 2013 zurückdatiert. Hierdurch sei die Lücke entstanden und das Krankengeld sei gestrichen worden. Daraufhin habe er Rücksprache mit der Krankenkasse gehalten und die Sachlage geschildert. Deren Mitarbeiter K. in P. habe geäußert, zur Lückenschließung müsse die Zeit im Krankenschein nachgereicht werden. Dr. L. habe eine erneute AU-Bescheinigung eingereicht. Trotz beidseitiger Absprache sei ihm kein Krankengeld gezahlt worden. Der Kläger hat weitere AU-Bescheinigungen (u.a. vom 27. Juni 2013) bis zum 31. Dezember 2013 eingereicht. Die Beklagte hat erwidert, die vorgelegte AU-Bescheinigung vom 4. April 2013 sei offensichtlich nachträglich ausgestellt worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Mai 2015 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einer lückenlosen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger selbst habe vorgetragen, seinen behandelnden Hausarzt erst am 9. April 2013 aufgesucht zu haben. Er habe damit verspätet die weitere Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verursacht, obwohl ihm dieses Erfordernis bekannt gewesen sei. Die Folgen der unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit seien grundsätzlich vom Versicherten zu tragen.

Mit der Berufung macht der Kläger erstmals geltend, er habe am 4. April 2013 telefonisch einen Vorstellungstermin vereinbart und dann am gleichen Tag persönlich Dr. L. in der Praxis aufgesucht. Dies beweise die AU-Bescheinigung vom 4. April 2013. Er habe keinen Auszah-lungsschein dabei gehabt. Daraufhin habe ihm Dr. L. gesagt, er solle wiederkommen, wenn der Schein eingegangen sei. Am 9. April 2013 habe er seinen Hausarzt nochmals aufgesucht. Aus der "Ärztlichen Bestätigung" vom 2. Juni 2015 ergebe sich, dass er sich am 4. April 2013 fachärztlich vorgestellt habe und arbeitsunfähig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 11. Mai 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 4. April bis 31. Dezember 2013 Krankengeld in Höhe von 35,92 EUR brutto 31,62 EUR netto täglich zu gewähren und dies gegebenenfalls entsprechend anzupassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Gerichtsbe-scheids. Arbeitsunfähigkeit sei am 4. April 2013 nicht bescheinigt worden. Hierzu hätte es keines Auszahlscheines bedurft. Diese würden in der Regel immer dann an die Versicherten übersandt, wenn erkennbar sei, dass der/die Versicherte länger als 42 Tage arbeitsunfähig sei oder wenn sie direkt von der/dem Versicherten angefordert würden.

Die Berichterstatterin des Senats hat mit den Beteiligten am 27. November 2015 einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt.

Unter dem 8. Februar 2016 hat die Gemeinschaftspraxis (Unterzeichner M. L.) auf Anfrage des Senats mitgeteilt, der Kläger habe sich am 4. April 2013 in der Praxis vorgestellt. Auf weitere Nachfrage ist ausgeführt worden, bei der Vorstellung habe der Patient glaubwürdig versichert, dass eine weitere Arbeitsunfähigkeit vorliege. Diese habe aber nicht ausgewiesen werden können, da er keinen Auszahlschein von der Krankenkasse erhalten hätte. Am 9. April 2013 habe er sich mit dem Auszahlschein der Krankenkasse wieder vorgestellt und dieser sei als Folgebescheinigung ausgeschrieben worden, "da mit der Entlassungsmitteilung der Rehabilitation vom 03.04.2013 weiterhin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde". Bei der Wiedervorstellung am 18. April 2013 sei wegen "angeblicher Unregelmäßigkeiten von Seiten der Knappschaft" noch einmal eine AU-Bescheinigung vom 7. Januar bis 9. April 2013 ausgestellt worden, um den zeitlichen Zusammenhang der Erkrankungen gegenüber der Beklagten zu fixieren.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung am 25. April 2017 Dr. S. L. als Zeugen vernommen. Bezüglich seiner Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat ab 4. April bis 31. Dezember 2013 keinen Anspruch auf Krankengeld in Höhe von täglich 31,62 EUR netto. Die den Krankengeldanspruch vermittelnde, auf einem Leistungsbezug beruhende Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten endete mit Ablauf des 3. April 2013 (dazu unter a). Er kann einen Anspruch auf Krankengeld für die Zeit ab 4. April 2013 auch nicht ganz oder teilweise auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch oder § 19 Abs. 2 SGB V stützen (dazu unter b).

a) Nach § 44 Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 1990 ff), gültig ab 1. August 2009 bis 22. Juli 2015, haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4 SGB V, §§ 24, 40 Abs. 2 SGB V und § 41 SGB V) behandelt werden. Ob und in welchem Umfang sie Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R m.w.N., nach juris).

Nach § 46 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 17. Juli 2009, gültig bis zum 22. Juli 2015, der hier Anwendung findet, entsteht der Anspruch auf Krankengeld (1) bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4 SGB, § 24 SGB V, § 40 Abs. 2 SGB V und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, (2) im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Das Gesetz bietet weder einen Anhalt für ein Verständnis des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V als bloße Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch nach § 44 SGB V schon bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entsteht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 Az.: B 1 KR 25/14 R, nach juris). Die durch das Beschäftigungsverhältnis begründete Mitgliedschaft des Klägers endete nicht mit dem Ablauf des Tages an dem das Beschäftigungsverhältnis endete (§ 190 Abs. 2 SGB V), sondern bestand über den 17. Februar 2013 unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V u.a. erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht und nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, solange von einem Rehabilitationsträger während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verweist wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Die Mitgliedschaft des Klägers blieb aufgrund des Bezuges von Krankengeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bzw. des Bezuges von Übergangsgeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB V bis zum 3. April 2013 erhalten. Der Anspruch auf Kranken-geld/Übergangsgeld aufgrund der stationären Rehabilitationsmaßnahme endete am 3. April 2013.

Findet eine solche Maßnahme nicht statt, entsteht der Krankengeldanspruch nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nur aufgrund ärztlicher Feststellung (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005 - Az.: B 1 KR 30/04 R, nach juris). Für den Umfang des Versicherungsschutzes ist demgemäß auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Es reicht allerdings aus, dass Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld - hier des Versicherungsverhältnisses aufgrund der aufrecht erhaltenen Mitgliedschaft - alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung des Ablaufs dieses Tages und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R und 10. Mai 2012 - Az.: B 1 KR 19/11 R m.w.N., beide nach juris). Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt gesondert zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs aus der Beschäftigtenversicherung ist es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - Az.: B 1 KR 25/14 R, nach juris). Dies war hier nicht der Fall.

Der Kläger wurde am 3. April 2013 aus der Rehabilitationsmaßnahme arbeitsunfähig entlassen. Es kann dahinstehen, ob es für den Anspruch auf Krankengeld ausreichen würde, wenn er die Gemeinschaftspraxis tatsächlich erst am Tag danach (am 4. April 2013) besucht hätte (so sein Vortrag). Jedenfalls hat der Kläger selbst hierfür nicht den Vollbeweis geführt. Er hat dies erstmals im Verlauf des Berufungsverfahrens vorgetragen. Dieser Behauptung stehen seine entgegengesetzten zeitnäheren Ausführungen in den Schreiben vom 23. April 2013 und 13. Januar 2014 entgegen. Die erheblichen Bedenken des Senats gegen die Richtigkeit des klägerischen Vortrags im Berufungsverfahren werden nicht durch die schriftlichen Ausführungen der Gemeinschaftspraxis und die Bestätigung des Dr. L. bei seiner persönlichen Befragung ausgeräumt. M. L. hat den Kläger nach dessen Angaben am 4. April 2013 nicht getroffen. Die Angaben des Zeugen Dr. L. sind wiederum ungenau, in sich widersprüchlich und inhaltlich schwer nachvollziehbar. Er hat angegeben, "nach seiner Erinnerung und Angaben seiner Mitarbeiter" sei der Kläger am 4. April 2013 am Tresen in der Arztpraxis gewesen. Hinsichtlich der Angaben der Mitarbeiter kann er allenfalls Zeuge vom Hörensagen sein. Seine eigene Erinnerung hat sich bei der Befragung als sehr ungenau erwiesen. So hat er dort zuerst angegeben, den Auszahlungsschein am 9. April 2013 ausgefüllt zu haben, dies aber später auf dessen Vorhalt berichtigt und eine Unterzeichnung durch seinen Sohn bestätigt. Seine Rechtsansicht, er könne Arbeitsunfähigkeit nur mit einem Auszahlungsschein bestätigen, ist unrichtig. Überdies hält er es erstaunlicher Weise für unproblematisch, dass die AU-Bescheinigung (hier vom 4. April 2013) von seinem Sohn ohne eigene Untersuchung bestätigt und zurückdatiert wurde.

Zudem erfolgte auch nach den Angaben des Zeugen Dr. L. am 4. April 2013 keine ärztliche Untersuchung des Klägers, aufgrund deren eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden konnte. Hierfür ist eine persönliche ärztliche Untersuchung erforderlich (vgl. Brandts in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Oktober 2011, § 46 SGB V Rdnr. 10). Der Zeuge Dr. L. hat diese aber ausdrücklich verneint und angegeben, er habe den Kläger nur am Tresen gesehen und dieser habe die Bescheinigung der Rehaklinik gezeigt. Dies kann als Untersuchung ebenso wenig ausreichen wie der Vortrag der Gemeinschaftspraxis vom 30. März 2017, der Kläger habe "glaubwürdig" eine weitere Arbeitsunfähigkeit versichert. Eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund eigener Angaben des Betroffenen kommt nicht in Betracht.

Die dokumentierte AU-Bescheinigung hatte im Übrigen der Zeuge nicht selbst ausgestellt, sondern sein Sohn M. L. am 9. April 2013. Dieser hatte den Kläger am 4. April 2013 unzweifelhaft nicht untersucht. Aufgrund welcher Feststellungen er sich dann in der Lage sah, die Bescheinigung ausstellen, erschließt sich dem Senat nicht. Auf die offensichtlich rückdatierte AU-Bescheinigung des M. L. vom 4. April 2013 kommt es damit ebenfalls nicht an.

Danach lagen mit Ablauf des 3. April 2013 die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft wegen des Bezuges von Krankengeld/Übergangsgeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB V nicht mehr vor. Ab dem 4. April 2013 - und damit auch bei der persönlichen Vorstellung bei dem Arzt M. L. am 9. April 2013 - war er nach § 5 Nr. 11 SGB V als Bezieher einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit - ohne Anspruch auf Krankengeld - versichert.

Folgen der unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind grundsätzlich vom Versicherten zu tragen. Die Ausschlussregelung des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V ist strikt zu handhaben.

Ein Ausnahmefall, in dem die unterbliebene ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise - rückwirkend - nachgeholt werden kann, liegt hier nicht vor. Ausnahmen kommen nur in engen Grenzen in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2005 - Az.: B 1 KR 30/04 R, Rn. 18 ff., nach juris). Hat ein Versicherter (1.) alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan um seine Ansprüche zu wahren, wurde er (2.) daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert (z.B. durch die Fehlbeurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Vertragsarztes und des MDK) und macht er (3.) seine Rechte bei der Kasse unverzüglich (spätestens innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V) nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend, kann er sich auf den Mangel auch zu einem späteren Zeitpunkt berufen. Der Kläger war gerade nicht durch eine von der beklagten Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung daran gehindert, seine Ansprüche zu wahren. Sofern Dr. L. den Kläger unzutreffend beraten hatte, ist dies nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen. Nach dem Urteil des BSG vom 26. Juni 2007 - Az.: B 1 KR 37/06 R führt der Umstand, dass ein hinzugezogener Vertragsarzt keine Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit vorgenommen hat, nicht schon dazu, dass von der Fehlerhaftigkeit dieser Behandlung ausgegangen und der Beklagten ein Fehlverhalten des Vertragsarztes zugerechnet werden muss.

b) Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen wäre, als hätte er seine Obliegenheiten erfüllt, liegen nicht vor. Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist nicht ersichtlich. Sofern deren Mitarbeiter K. - wie vom Kläger vorgetragen - tatsächlich vorgeschlagen haben sollte, rückwirkend (und damit fehlerhaft) eine AU-Bescheinigung auszustellen, wäre dieser nicht nachvollziehbare Vorschlag zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld bereits beendet war. Sie kann damit nicht ursächlich dafür sein, dass der Anspruch des Klägers auf Krankengeld entfallen ist.

Der Kläger hat auch keinen Krankengeldanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V. Er war ab dem 4. April 2013 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V versichert. Dieser neue Status ist gegenüber der Auffangregelung des § 19 Abs. 2 SGB V vorrangig und schließt in Bezug auf das Krankengeld weitere Ansprüche aus (vgl. BSG, Urteil vom 6. November 2008 - Az.: B 1 KR 37/07 R, nach juris). Als Versicherter nach § 5 Nr. 11 SGB V hat der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld nach § 44 SGB V. Für Versicherte, die eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beziehen, ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Bezug von Krankengeld nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, das vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wurde, das der Beitragsberechnung unterliegt. Der Kläger bezog bis zum 3. April 2013 Krankengeld bzw. Übergangsgeld und kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen. Er bezog vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit auch keine Leistungen im Sinne des § 47b SGB V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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