L 6 KR 1772/12

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 38 KR 246/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1772/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 24. September 2012 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.745,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2008 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) die Rückzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen i.H.v. 18.745,66 EUR, die die GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) bzw. deren Geschäftsführer von Januar bis September 2007 im Zusammenhang mit Beitragsrückständen bei der Beklagten geleistet hat, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Juli 2008.

Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag der vom 27. November 2007 mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) E. (Az.: 172 IN 761/07) am 1. Juli 2008 eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Davor hatten am 29. September 2005 die , am 18. Oktober 2005 die Steuerberatungsgesellschaft mbH, am 18. Juli 2006 der Freistaat Thüringen, am 19. Juni 2007 die Beklagte, danach am 7. Februar 2008 die und am 6. März 2008 der Freistaat Thüringen Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gestellt.

Die Beklagte hatte bereits im Jahr 2006 die Gerichtsvollzieherin G. mit der Vollstreckung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge beauftragt. Durch Vollstreckungen vom 4. April bis 18. August 2006 konnten Beiträge in Höhe von 3.121,10 EUR vereinnahmt werden. Die Ge-richtsvollzieherin sandte der Beklagten mit Schreiben vom 6. September 2006 die Vollstre-ckungsunterlagen zurück, weil aufgrund des Beschlusses des AG E. vom 21. August 2006 (Az.: 172 IN 600/06) eine weitere Vollstreckung untersagt sei. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 wandte sich die Beklagte an das Thüringer Landesverwaltungsamt mit dem Begehren, der Schuldnerin das Gewerbe nach § 35 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) zu untersagen. Beitragsforderungen seien vergeblich angemahnt worden, eine Beitreibung durch Voll-streckungsmaßnahmen nicht möglich gewesen. Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2006 erteilte sie dem AG E. einen Auftrag zur Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Sozialversiche-rungsbeiträge von Februar bis September 2006 zuzüglich Säumniszuschlägen, Kosten und Gebühren in Höhe von insgesamt 9.838,32 EUR. Hierauf erfolgten - laut Vollstreckungsprotokoll der Gerichtsvollzieherin G. vom 19. Dezember 2006 - Zahlungen in Höhe von 3.918,40 EUR. In dem Zeitraum von Januar bis Juni 2007 leistete die Schuldnerin weitere Teilzahlungen an die Gerichtsvollzieherin in Höhe von insgesamt 5.583,55 EUR, zweckgebunden auf die Arbeitnehmerbeiträge.

Am 19. Juni 2007 beantragte die Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beim AG E. (Az.: 173 IN 428/07) wegen rückständiger Gesamtso-zialversicherungsbeiträge in Höhe von 11.911,19 EUR. Der Pfändungsversuch der Gerichtsvoll-zieherin G. sei am 19. Dezember 2006 erfolglos verlaufen. Die Schuldnerin sei hiermit als zahlungsunfähig im Sinne des § 17 der Insolvenzordnung (InsO) anzusehen. Am 6. Juli 2007 leistete der Geschäftsführer der Schuldnerin an die Gerichtsvollzieherin Barzahlungen in Höhe von 4.335,22 EUR (3.413,22 EUR und 922,00 EUR - Vollstreckungsauftrag vom 19. Oktober 2006) zweckgebunden auf die Arbeitnehmeranteile, die diese nach Abzug ihrer Kosten an die Beklagte weiterleitete.

Mit Beschluss des AG E. (Az.: 173 IN 428/07) vom 20. Juli 2007 wurde Dipl.-Ing. K. mit der Erstellung eines Gutachtens dazu beauftragt, ob Tatsachen vorliegen, die dem Gericht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Schuldnerin ermöglichten. Mit Beschluss vom 2. August 2007, zugestellt am 3. August 2007, wurde die vorläufige Verwaltung des Vermögens der Schuldnerin angeordnet und Dipl.-Ing. K. zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Es wurde u.a. angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 InsO). Am 8. August 2007 ging auf dem Konto der Beklagten eine Zahlung in Höhe von 5.289,19 EUR ein. Sie wandte sich mit Schriftsatz vom 9. August 2007 an Dipl.-Ing. K. und teilte diesem mit, sie sei nicht bereit, den Betrag dem Arbeitgeberkonto der Schuldnerin gutzuschreiben, da nicht auszuschließen sei, dass er aus dem Vermögen der Schuldnerin stamme. Verfügungen der Schuldnerin seien nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam. Der damalige Geschäftsführer der Schuldnerin erklärte gegenüber Dipl.-Ing. K., er habe insgesamt 6.000 EUR an die Beklagte von seinem Privatkonto gezahlt; er fügte Nachweise über Barabhebungen von seinem Konto bei. Die Beklagte erklärte daraufhin, sie wolle den Insolvenzantrag nicht für erledigt erklären, weil sie noch die Zahlung des Beitrages für den Monat August 2007 abwarten wolle. Am 20. August 2007 wandte sie sich an das AG E. und bat um Prüfung, ob es sich hierbei um Vermögen der GmbH handle, da die Zahlung in diesem Fall anfechtbar wäre. Die Schuldnerin teilte dem AG E. mit, es habe sich nicht um eine Zahlung der GmbH gehandelt, der Geschäftsführer habe infolge einer Zahlungsstockung der GmbH das Geld aus eigenen Mitteln als Darlehen kurzfristig zur Verfügung gestellt. Das AG E. wies die Beklagte darauf hin, dass aufgrund des Wegfalls der Forderung der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig sei. Mit Schriftsatz vom 30. August 2007 wandte sich die Beklagte an das AG E. und bat um Mitteilung, ob es sich bei der geleisteten Zahlung auch tatsächlich nicht um Vermögen der Schuldnerin handle. Sie benötige diese Mit-teilung unbedingt. Zudem seien weitere Forderungen in Höhe von 931,96 EUR entstanden. Am 4. September 2007 leistete der Geschäftsführer der Schuldnerin eine Bareinzahlung i.H.v. von 950 EUR auf das Konto der Beklagten. Mit Schriftsatz vom 5. September 2007 erklärte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens für erledigt.

Mit Urteil des AG E. vom 3. Juni 2008 (Az.: 362 Js 34298/06 48 Cs) wurde der ehemalige Geschäftsführer der Schuldnerin wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 39 tatmehrheitlichen Fällen nach §§ 266 a Abs. 1, 53 des Strafgesetzbuches (StGB), § 84 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften beschränkter Haftung (GmbHG) verurteilt. Von einer Zahlungsunfähigkeit sei seit September 2006 auszugehen.

In dem am 1. Juli 2008 beim AG eröffneten Insolvenzverfahren (Az.: 172 IN 761/07) erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 4. Februar 2010 gegenüber der Beklagten die Anfechtung der im Zeitraum vom 2. Juli 2007 bis 5. September 2007 erfolgten Zahlungen der Schuldnerin in Höhe von 13.162,11 EUR auf die rückständigen Beiträge nach §§ 132, 133 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 der Insolvenzordnung (InsO). Bei den Zahlungen handele es sich aufgrund des Vollstreckungsdrucks nach Stellung des Insolvenzantrages um inkongruente Deckungen. Mithin werde die Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung der Gemeinschuldnerin vermutet. Den Eingang von Zahlungen in dieser Höhe hatte die Beklagte durch Buchungsauszug gegenüber dem Kläger angegeben. Mit weiterem Schriftsatz vom 22. Februar 2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, an sie einen Betrag in Höhe von 14.533,62 EUR bis zum 10. März 2010 auszukehren. Mit Schriftsatz vom 10. März 2010 bat der Kläger um abschließende Stellungnahme bis spätestens zum 30. März 2010. Am 29. April 2010 hat er beim Landgericht (LG) D. (Az.: 8 O 155/10) Klage gegen die Beklagte auf Zahlung von 18.745,66 EUR nebst Zinsen sowie Zahlung außergerichtlicher Rechts-verfolgungskosten in Höhe von 807,80 EUR als Verzugsschaden nebst Zinsen erhoben. Mit Be-schluss vom 11. Januar 2011 hat das LG D. nach § 17a des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig erklärt. Auf die Beschwerde der Beklagten, der das LG mit Beschluss vom 4. März 2011 nicht abgeholfen hat, hat das Oberlandesgericht F. (Az.: 13 W 15/11) den Beschluss des LG D. vom 11. Januar 2011 auf-gehoben und den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Sozialgericht (SG) F. verwiesen. Die Beschwerde des Klägers hiergegen hat der Bundesgerichtshof ((BGH), Az.: IX ZB 124/11) mit Beschluss vom 4. Oktober 2011 als unzulässig verworfen. Sie sei auch nicht als außerordentliche Beschwerde statthaft, auch wenn der erkennende Senat die Rechtswegfrage zwischenzeitlich anders entschieden habe. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 (Az.: S 25 KR 757/11) hat sich das Sozialgericht F. für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG G. verwiesen.

Der Kläger hat im Klageverfahren u.a. ausgeführt, allen Insolvenzanträgen hätten Rückstände und Forderungen teilweise seit dem Jahr 2004 zu Grunde gelegen. Weder die Pfändungen in die Konten der Schuldnerin, noch die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen hätten irgendeinen Erfolg erzielt. Die ersten vier Insolvenzanträge hätten noch durch Vergleiche, Schuldanerkenntnisse oder Teilzahlungen zur Erledigung gebracht werden können. Im Gegenzug hätten sich die Verbindlichkeiten gegenüber den anderen Gläubigern erhöht. Die Schuldnerin sei spätestens Ende des Geschäftsjahres 2006 nicht mehr in der Lage gewesen, durch ihre Geschäftstätigkeit die Kosten des Unternehmens zu tragen. Das Insolvenzgericht habe im Prüfungstermin vom 11. September 2008 (Az.: 172 IN 761/07) Forderungen in Höhe von 170.192,33 EUR rechtskräftig festgestellt. Bereits zum Zeitpunkt der Zahlungen an die Beklagte seien Forderungen in Höhe von mindestens 20,6 v.H. fällig gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit werde erst beseitigt, wenn die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen wurden. Dies habe die Beklagte zu beweisen. Diese habe nach ihrer Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 19. Juni 2007 weitere Zahlungen durch Teilzahlungen in bar an die Gerichtsvollzieherin bzw. Bareinzahlungen des Geschäftsführers der Schuldnerin in Höhe von 13.162,11 EUR erhalten. Der regelmäßige Beitragseinzug durch die Gerichtsvollzieherin - in glatten Beträgen und zweckgebunden auf die Arbeitnehmeranteile - ließe auf eine Ratenzahlungsvereinbarung schließen. Folglich lägen "freiwillige" Leistungen der Schuldnerin zur Abwendung der weiteren Zwangsvollstreckung vor. Bei einer reinen Duldung der Zwangsvollstreckung wäre keine Vereinbarung einer Zweckverwendung - wie aus den vorgelegten Quittungen ersichtlich - erfolgt. Die Zahlungen der Schuldnerin hätten auch zu einer Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO geführt. Auch die Zahlungen des Geschäftsführers von seinem Privatkonto seien gläubigerbenachteiligend, weil dieser das Geld der Schuldnerin darlehensweise zur Verfügung gestellt habe. Die Beklagte verkenne in diesem Zusammenhang, dass mit der Darlehensgewährung die entsprechenden Zahlungen auch einen Vermögensabfluss bei der Schuldnerin zur Folge haben. Diese habe sich konkludent mit den Direktzahlungen des Geschäftsführers einverstanden erklärt und auf eine an sie gerichtete Darlehensauszahlung verzichtet. Am 13. September 2010 habe die Schuldnerin die Darlehen in Höhe von insgesamt 6.250 EUR (5.300 EUR am 3. August 2007 und 950 EUR am 4. September 2007) an den Geschäftsführer zu-rückgezahlt. Mittelbare Rechtshandlungen, durch welche die unmittelbare Leistung des Schuldners an den Gläubiger durch Einschaltung eines Dritten umgangen würden, seien als anfechtbare Rechtshandlungen zu bewerten, sofern der Gläubiger erkennen konnte, dass eine mittelbare Zuwendung des Schuldners vorliege. Die Schuldnerin habe dem Insolvenzgericht jeweils mit Schreiben vom 23. August und 4. September 2007 offen gelegt, dass es sich bei den Zahlungen des Geschäftsführers um der Schuldnerin gewährte Darlehen zur Überbrückung von Liquiditätsproblemen gehandelt habe. Damit handele es sich um nach § 133 InsO anfechtbare Rechtshandlungen. Die Schuldnerin habe bei den Zahlungen in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt. Sie sei seit dem Jahr 2005 regelmäßigen Vollstreckungen sowie Fremdanträgen auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesetzt gewesen. Da die geleisteten Teilzahlungen auf die Arbeitnehmeranteile erfolgt seien, sei auch für die Beklagte deutlich sichtbar gewesen, dass die letzten zur Verfügung stehenden Mittel der Schuldnerin genutzt wurden, um deren Geschäftsführer straffrei zu halten. Die Kenntnis der Beklagten von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin werde nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn sie Kenntnis von den tatsächlichen Umständen besessen habe, die zur Annahme der drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin führten. Diese werde vermutet, wenn mindestens ein halbes Jahr Beiträge zur Sozialversicherung nicht abgeführt worden seien. Dies sei hier der Fall gewesen.

Die Beklagte hat hiergegen u.a. eingewandt, die Schuldnerin habe mit den zweckgebundenen Zahlungen auf die Arbeitnehmeranteile materiell-rechtlich den Bruttolohnanspruch der bei ihr sozialversicherungspflichtig beschäftigten Mitglieder der Beklagten erfüllt. Es werde bestritten, dass Vermögenswerte der Schuldnerin zur Zahlung verwendet worden seien. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Geschäftsführer, der Schuldnerin ein Darlehen gewährt habe. Der Zahlungsverkehr der Schuldnerin sei spätestens ab November 2006 über ein Bankkonto der Einzelunternehmung des Geschäftsführers abgewickelt worden. Dies führe der Kläger selbst in seinem Sachverständigengutachten im gerichtlichen Insolvenzantragsverfahren (Az.: 172 IN 761/07) aus. Entsprechendes gelte für die Zahlungen von Januar 2007 bis Ende 2007 in Höhe von insgesamt 5.583,55 EUR sowie für die Zahlungen in Höhe von zusammen 13.162,11 EUR. Zahlungen, die an die anwesende Vollzugsperson gezahlt würden, wenn lediglich nur noch eine Alternative bestehe, stellten keine selbstbestimmte Rechtshandlungen dar. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Gerichtsvollzieherin mit der Schuldnerin eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen habe. Sollten Überweisungen vom Privatkonto des Geschäftsführers der Schuldnerin erfolgt sein, stellten diese Zahlungen keine Rechtshandlungen der Schuldnerin dar. Eine Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Schuldnerin könne nur erfolgen, wenn die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit betrachtet werde. Die Schuldnerin habe sowohl in den Jahren 2006 als auch 2007 Gewinn erwirtschaftet. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass durch die Zahlungen an die Beklagte eine Quotenverringerung eingetreten sei. Insbesondere für das angebliche Darlehen des Gesellschafters und Geschäftsführers an die Schuldnerin könne eine entsprechende Verringerung der Insolvenzquote nicht angenommen werden. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin es auch nur in Erwägung gezogen habe, dass durch einzelne Zahlungen an die Beklagte die übrigen Gläubiger eventuell endgültig leer ausgingen, und sich trotz dieser Erkenntnis nicht von der Durchführung der einzelnen Zahlungen habe abhalten lassen. Es sei davon auszugehen, dass er gewusst habe, dass sein Unternehmen Gewinn abwerfe, und er auch deswegen nicht über den erforderlichen Vorsatz verfügt habe. Sie habe einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkennen können. Sie habe davon ausgehen müssen, dass diese nicht in einer wirtschaftlichen Krise stecke, da sie andernfalls, ohne hierzu die notwendigen Informationen und Befugnisse zu haben, der Geschäftsführung der Schuldnerin strafrechtlich relevantes Verhalten hätte unterstellen müssen. Im Hinblick auf die Zahlungen, die der Geschäftsführer unmittelbar an sie geleistet habe (5.289,19 EUR), habe sie erst nach dem für § 140 InsO maßgeblichen Zeitpunkt von der behaupteten Darlehensgewährung Kenntnis erlangt. Schließlich habe die Schuldnerin die einbehaltenen Arbeitnehmeranteile überhaupt nicht an andere Gläubiger weggeben dürfen. Somit könne die Absicht, andere Gläubiger zu benachteiligen nicht bestanden haben, weil ihnen nichts vorenthalten worden sei. Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung dürften vom Arbeitgeber nicht zur allgemeinen Tilgung von Schulden verwendet werden. Diese Zahlungsmittel dürften aus-schließlich zur Befriedigung der Beitragsverbindlichkeiten verwendet werden. Wenn aber der Arbeitgeber nach diesem Regime handle, fehle jede Möglichkeit sich vorzustellen, er habe dennoch mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, soweit Arbeitnehmeranteile abgeführt wurden. Außerhalb des Zeitfensters der letzten drei Monate vor Antragstellung müsse der Arbeitgeber ebenso wenig den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nach § 1 InsO beachten, wie der Gläubiger.

In der mündlichen Verhandlung am 24. September 2012 hat das SG die Gerichtsvollzieherin G. als Zeugin vernommen. Bezüglich deren Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Mit Urteil vom 24. September 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits hinsichtlich der Höhe der Klageforderung nicht schlüssig. Des Weiteren fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung. Der Kläger habe nicht schlüssig dargetan, dass die Zahlungen an die Beklagte überhaupt aus dem Vermögen der Schuldnerin stammten und die spätere Insolvenzmasse schmälerten. Es sprächen keine belastbaren tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Darlehensvertrages zwischen dem Beigeladenen und der Schuldnerin. Eine Schmälerung der Insolvenzmasse hätte auch nicht eintreten können. Nach § 28e des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gelte die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Beitrages als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Eine Zahlung aus schuldnerfremdem Vermögen habe die Insolvenzmasse nicht schmälern und die Gläubiger nicht benachteiligen können. Soweit der BGH gleichwohl der Auffassung sei, dass die Zahlung der Arbeitnehmeranteile auf Sozialversicherungsbeiträge sogar ungeachtet der Neuregelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstelle angefochten werden könne, so sei diese Rechtsprechung des BGH unhaltbar.

Hiergegen hat der Kläger am 12. November 2012 Berufung eingelegt. Das SG habe den Kla-geantrag zu Unrecht abgewiesen. Dieses habe seinen Vortrag zur Darlehensgewährung der Schuldnerin an den Geschäftsführer nicht ausreichend zur Kenntnis genommen. Der BGH habe entschieden, dass die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zu den Gesamtsozialversiche-rungsbeiträgen als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über das Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstelle anfechtbar sei. Die gegenteilige Auffassung des SG hierzu sei nicht überzeugend.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 24. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 18.745,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Juli 2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertrete insoweit die Interessen der Gemeinschaft der Versicherten und der Beitragszahler und halte an der Auffassung fest, dass Zahlungen auf den Pflichtbeitrag zur gesetzlichen So-zialversicherung insgesamt nicht dem Anspruch auf Erstattung unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung unterfielen. Dies gelte jedenfalls und mindestens für den Arbeitnehmeranteil, der im Gesamtsozialversicherungsbeitrag "stecke". Insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 (Az.: 1 BvL 21/12) zur Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaftssteuer und die dortigen Ausführungen zur grundrechtlich geschützten Steuergerechtigkeit seien zu berücksichtigen. Zum Zeitpunkt der Zahlungen sei es nicht möglich gewesen, Gesichtspunkte für eine rechtliche Beanstandung dieser Zahlungen zu finden. Bezüglich der Höhe der geltend gemachten Zahlungen an sie und der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erhebe sie keine Einwendungen mehr.

Die Berichterstatterin des Senats hat mit den Beteiligten am 27. Februar 2015 einen Erörte-rungstermin durchgeführt. Der Geschäftsführer der Schuldnerin hat dort erklärt, er habe die aus seinem Vermögen geleisteten Zahlungen an die Beklagte von der Schuldnerin nicht zu-rückerhalten. Er habe sich bemüht, die Gläubiger gleichmäßig zu bedienen. Bezüglich des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Ver-handlung war.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist begründet.

Der Senat ist nach § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG an den Verweisungsbeschluss des OLG F. vom 7. Juli 2010 gebunden. Das Verfahren richtet sich nach dem SGG, auch wenn die Verweisung fehlerhaft war.

Den Antrag auf die Übernahme vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 807,80 EUR nebst Zinsen hat der Kläger im Berufungsverfahren ausdrücklich nicht mehr gestellt. Insoweit geht der Senat davon aus, dass das erstinstanzliche Urteil im Berufungsverfahren nur insoweit angefochten wird, als die Klage auf Erstattung gezahlter Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 18.745,66 EUR abgewiesen wurde. In diesem Umfang war das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.

Der Kläger ist als Insolvenzverwalter berechtigt, den Anspruch der Schuldnerin auf Erstattung von geleisteten Sozialversicherungsbeiträgen i.H.v. 18.745, 66 EUR nebst Zinsen geltend zu machen. Nach § 80 Abs. 1 InsO geht das Recht der Schuldnerin, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. Hieraus ergeben sich die eigenverantwortliche Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Im Rechtsstreit tritt der Insolvenzverwalter im eigenen Namen für die Masse auf. Er ist - in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter - selbst Beteiligter (vgl. BSG, Urteil vom 31. Mai 2016 - Az.: B 1 KR 38/15 R Rn. 8, nach juris).

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Mit ihr kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Dies ist immer dann der Fall, wenn dem durch den Rechtsanspruch Verpflichteten keine Verwaltungsaktkompetenz im Verhältnis zu dem Anspruchsberechtigten zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2015 - Az.: B 1 KR 36/14 R, nach juris). Die Beklagte durfte über den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Sozialversicherungsbeiträge nicht durch Verwaltungsakt entscheiden und hat dies auch nicht getan. Der Durchführung eines Vorverfahrens im Hinblick auf die Schreiben des Klägers vom 4. Februar, 22. Februar und 10. März 2010 bedurfte es nicht. Anfechtungen bestimmter Rechtshandlungen durch den Insolvenzverwalter und die Frage eines Rückgewähranspruchs richten sich insoweit nach der Insolvenzordnung. Hierbei handelt es sich um einen bürgerlich-rechtlichen Anspruch, der die materiellen Ordnungsvorstellungen des Insolvenzrechts gegenüber sämtlichen Gläubigern nach Maßgabe der §§ 129 InsO durchsetzt. Bei dem Rückgewähranspruch handelt es sich um einen originären gesetzlichen Anspruch, der mit Insolvenzeröffnung entsteht und der dem Insolvenzverwalter vorbehalten ist, mit dessen Amt er untrennbar verbunden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - Az.: IX ZB 36/09, nach juris). Eine Befugnis der Beklagten durch Verwaltungsakt gegenüber dem Insolvenzverwalter auf dem Gebiet des privaten Rechts zu handeln, ist nicht ersichtlich.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Zahlungsanspruchs auf Rückgewähr gezahlter Sozi-alversicherungsbeiträge einschließlich Säumniszuschlägen und sonstiger Kosten in Höhe von 18.745,66 EUR sind § 129 Abs. 1 InsO, § 133 Abs. 1 InsO und § 143 Abs. 1 InsO.

Nach § 129 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechten. Nach § 133 Abs. 1 InsO ist anfechtbar (1) eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Nach § 143 Abs. 1 InsO muss, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend.

Bei den vom 17. Januar bis zum 5. September 2007 erfolgten Zahlungen in Höhe von geltend gemachten 18.745,66 EUR handelt es sich um anfechtbare gläubigerbenachteiligende Rechts-handlungen nach § 133 Abs. 1 InsO. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 4. Februar 2009 gegenüber der Beklagten nur die Anfechtung der im Zeitraum vom 2. Juli bis 5. September 2007 erfolgten Zahlungen in Höhe von 13.162,11 EUR erklärt hat. Die Begründetheit eines Anfechtungsanspruchs hängt nicht davon ab, dass der Verwalter (hier: der Kläger) die Anfechtung "erklärt" oder sich ausdrücklich auf einen Anfechtungsgrund berufen hat. Die Insolvenzanfechtung verfolgt das Ziel, dass der Anfechtungsgegner den erworbenen Gegenstand wieder der Masse zuführen muss. Erstrebt der Verwalter im wirtschaftlichen Ergebnis eine solche Rechtsfolge und stützt er sein Begehren auf einen Sachverhalt, der geeignet sein kann, die Voraussetzungen einer Anfechtungsnorm zu erfüllen, so hat das Gericht ohne weiteres zu prüfen, ob der geltend gemachte Anspruch unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt ist (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 11. Dezember 2003 - Az.: IX ZR 336/01, Rn. 11, m.w.N., nach juris).

Hier sind zunächst die an die Gerichtsvollzieherin erfolgten unstreitigen Teilzahlungen in bar vom 30. Januar 2007 bis 22. Juni 2007 in Höhe von insgesamt 5.583,55 EUR einer Prüfung zu unterziehen. Grundsätzlich fehlt es an einer Schuldnerhandlung, wenn ein Gläubiger eine Be-friedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt. Anfechtbar ist eine im Rahmen oder aus Anlass einer Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung aber dann, wenn dazu zumindest auch eine Rechtshandlung des Schuldners beigetragen hat, mag diese auch unter dem Druck oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sein. Hat der Schuldner allerdings nur noch die Wahl, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende, vollstreckungsbereite Vollziehungsperson zu dulden, ist jede Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschlossen. Dann fehlt es an einer willensgeleiteten Rechtshandlung des Schuldners. So war es hier aber nicht. Die Schuldnerin hat über die konkrete Art und Weise der Befriedigung der Beklagten durch das Angebot der Ratenzahlung und der tatsächlichen Aufnahme einer Ratenzahlung mit entschieden. Laut Vollstreckungsprotokoll der Gerichtsvollzieherin vom 19. Dezember 2006 hat sie den Geschäftsführer der Schuldnerin angetroffen, der erklärte, nicht zahlen zu können. Einer Durchsuchung widersprach er mit der Begründung, die Forderung in Raten begleichen zu wollen. Die Gerichtsvollzieherin hat die Beklagte darüber informiert, dass für die Durchsuchung ein richterlicher Beschluss benötigt werde. Dazu kam es nicht, weil die Schuldnerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, nach dem tatsächlichen Geschehensablauf die Ratenzahlung im Januar aufgenommen hat. Sie hat, vertreten durch ihren Geschäftsführer, der Gerichtsvollzieherin am 30. Januar, am 15. Februar, am 23. Mai und 31. Mai sowie am 8. Juni und 22. Juni 2007 jeweils Barbeträge zwischen 400,00 EUR und 900,00 EUR übergeben. Sie hat sich damit an dem Einzugsverfahren aktiv beteiligt und dieses nicht nur passiv geduldet.

Auch die nach dem Antrag der Beklagten auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin vom 4. Juni 2007 an die Schuldnerin geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 13.162,11 EUR unterliegen als inkongruente Zahlungen gemäß § 133 Abs. 1 InsO der Anfechtung, weil sie die Rücknahme des von der Beklagten gegen die Schuldnerin gestellten Insolvenzantrages bezweckten. Hierbei handelt es sich um Zahlungen des Geschäftsführers der Schuldnerin am 3. Juli 2007 in Höhe von insgesamt 4.335,22 EUR (3.413,22 EUR und 922,00 EUR), die Überweisung am 3. August 2007 in Höhe von 5.289,19 EUR und am 4. September 2007 in Höhe von 954,95 EUR. Die aufgrund eines Insolvenzantrages erzielte Deckung ist auch außerhalb der gesetzlichen Krise stets inkongruent. Der Insolvenzantrag ist niemals ein geeignetes Mittel, um Ansprüche außerhalb eines Insolvenzverfahrens durchzusetzen. Die dadurch bewirkten Leistungen sind inkongruent, weil sie weder dem Inhalt des Schuldverhältnisses entsprechen noch mit Zwangsmitteln erlangt worden sind, die dem einzelnen Gläubiger zur Durchsetzung seiner Ansprüche vom Gesetz zur Verfügung gestellt werden. Dem Schuldner, der einen Gläubiger nach gestelltem Insolvenzantrag befriedigt, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten an, sondern er will diesen Gläubiger zur Rücknahme des Insolvenzantrages bewegen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 2012 - Az.: IX ZR 117/11, Rn. 10 und 10. Dezember 2009 - Az.: IX ZR 128/08, Rn. 13, nach juris). Die Schuldnerin, vertreten durch den Geschäftsführer hat sich auch hier aktiv am Einzugsverfahren beteiligt. Die Überweisungen auf das Konto der Beklagten erfolgten durch den Geschäftsführer im Namen der Schuldnerin.

Die Anfechtung der am 3. August und 4. September 2007 durch den Geschäftsführer der Schuldnerin getätigten Überweisungen scheitert auch nicht daran, dass der vorläufige Insol-venzverwalter Dipl.-Ing K. diesen nach § 22 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 InsO zugestimmt und dadurch einen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2003 - Az.: IX ZR 64/02, Rn. 21, m.w.N., nach juris). Der vorläufige Insolvenzverwalter ist, wie sich aus seinem Schriftsatz vom 22. August 2007 an das AG E. (Az.: 173 IN 428/07) ergibt, erkennbar davon ausgegangen, dass es sich nicht um Zahlungen der Schuldnerin handelte, während die Beklagte aus den Schriftsätzen der Schuldnerin vom 23. August 2007 und 4. September 2007 entnehmen konnte, dass es sich, wie auch aus den Überweisungsbelegen erkennbar, um Zahlungen der Schuldnerin handelte. Erst danach hat sie den Insolvenzantrag für erledigt erklärt.

Die Zahlungen waren auch gläubigerbenachteiligend i.S.d. § 129 InsO. Diese liegt vor, wenn die Befriedigung der Insolvenzgläubiger verkürzt, vereitelt, erschwert, gefährdet oder verzögert wird (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - Az.: IX ZR 59/07, m.w.N., nach juris). Aufgrund einer Insolvenzanfechtung soll vornehmlich dasjenige, was aus dem Vermögen des Schuldners unter Benachteiligung der Insolvenzmasse veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden (§ 129 Abs. 1 InsO, § 143 Abs. 1 InsO). Das ist nicht ausschließlich der Fall, wenn der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände dem Gläubigerzugriff entzieht, denn die Insolvenzgläubiger werden auch benachteiligt, wenn durch die angefochtene Rechtshandlung die Schuldenmasse vermehrt wird. Der Begriff der Gläubigerbenachteiligung darf demnach nicht zu sehr verengt und nicht allein auf seine praktischen Hauptfallgestaltungen beschränkt werden, sondern er muss auch in seinen Rand-bereichen dem Zweck des Anfechtungsrechts Rechnung tragen. Insoweit hat der BGH auch für die Gläubigerbefriedigung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen (Dispositions-)Kredits in einzelner Betrachtung von Kreditschöpfung und Mittelverwendung die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Deckungshandlung bejaht. Für den Dritten muss hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat. (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, Rn. 13 ff. nach juris). Eine Gläubigerbenachteiligung ist zwischen den Beteiligten zum einen bezüglich der am 3. August 2007 durch den Geschäftsführer der Schuldnerin, allerdings im Namen der Schuldnerin, getätigten Überweisung an die Beklagte in Höhe von 5.289,19 EUR und 954,95 EUR streitig. Unstreitig ist, dass er das Geld zuvor von einem eigenen Konto in bar abgehoben und durch Bareinzahlung auf das Konto der Beklagten überwiesen hat. Nach dem Vortrag des Klägers handelt es sich hierbei um ein Darlehen des Geschäftsführers an die Schuldnerin und nicht um Geld, das der Geschäftsführer aus eigenen Mitteln zur Befriedigung der Beklagten eingesetzt hat. Die Hingabe eines Darlehens ist durch die vom Kläger vorgelegten Unterlagen hinreichend nachgewiesen. Im Auszug aus dem Kassenbuch der Schuldnerin ist am 3. August 2007 ein Darlehen des Geschäftsführers in Höhe von 5.300 EUR als Einnahme sowie die Überweisung eines Betrages in Höhe von 5.293,79 EUR an die Beklagte als Ausgabe ausgewiesen. Am 4. September 2007 ist ein Darlehen des Geschäftsführers in Höhe von 950,00 EUR als Einnahme und die Überweisung eines Betrages in Höhe von 954,95 EUR an die Beklagte ausgewiesen. Am 13. September 2007 ist wiederum die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 6.250,00 EUR ausgewiesen. Dies entspricht dem Betrag, den der Geschäftsführer der Schuldnerin zur Verfügung gestellt hat. Hinweise dafür, dass eine andere Person der Schuldnerin in dieser Höhe ein Darlehen zur Verfügung gestellt hat, liegen nicht vor. Insoweit ist der Vortrag des ehemaligen Geschäftsführers der Schuldnerin im Erörterungstermin am 27. Februar 2015, er habe das Geld von der Schuldnerin nicht zurückerhalten, nicht nachvollziehbar und widerspricht den vorliegenden Unterlagen. Einer Anmeldung zur Tabelle - wie erstinstanzlich beanstandet - bedurfte es daher nicht. Die Zahlung hat auch das Aktivvermögen der Schuldnerin verringert. Wird die Forderung eines (späteren) Insolvenzgläubigers ganz oder teilweise aus haftendem Vermögen der Schuldnerin getilgt, so benachteiligt dies die Insolvenzgläubiger im Allgemeinen regelmäßig wenigstens mittelbar. Die Schuldnerin hat das Darlehen des Geschäftsführers in Anspruch genommen und das Geld ist daher zu eigenem haftendem Vermögen geworden. Schließlich hat sie das Darlehen auch an den Geschäftsführer zurückgezahlt und dadurch ihr Aktivvermögen vermindert. Die Anfechtbarkeit wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Schuldnerin eine Verfügung in der Form der Zahlung des Geldes an die Beklagte möglicherweise nicht getroffen hätte, wenn sie mit einer Anfechtbarkeit gerechnet hätte. Ob das Darlehen nach interner Vereinbarung einem bestimmten Zweck dienen soll, ist anfechtungsrechtlich grundsätzlich unerheblich; durch die Auszahlung eines solchen Kredits an einen einzelnen Gläubiger kann die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligt werden (vgl. BGH, Ur-teil vom 7. Februar 2002 - Az.: IX ZR 115/99, Rn. 9 ff, nach juris). Der Beklagten war die Darlehensgewährung durch die Schriftsätze der Schuldnerin vom 23. August und 4. September 2007 an das AG Erfurt (Az.: Az.: 172 IN 761/07) auch bekannt.

Zum anderen beruft sich die Beklagte darauf, dass sich die Zahlungen der Schuldnerin, soweit diese zweckgebunden auf die Arbeitnehmeranteile erfolgt sind, nicht gläubigerbenachteiligend auswirken, weil sie letztendlich aus dem Vermögen des Arbeitnehmers resultieren. Nach der Rechtsprechung des BGH ist dieser Ansicht allerdings nicht zu folgen. Auch soweit die Schuldnerin zweckgebunden auf die Beitragsanteile der Arbeitnehmer gezahlt hat, handelt es sich um Zahlungen aus dem Vermögen der Schuldnerin. Die Zahlung der Arbeitnehmeranteile auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge kann ungeachtet der Regelung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV als Rechtshandlung des Arbeitgebers - hier der Schuldnerin - im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstelle angefochten werden. § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV steht der Annahme einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2011 - Az.: IX ZR 137/10, m.w.N., nach juris). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Ebenso steht der Anfechtung der Zahlungen, soweit sie in bar an die Gerichtsvollzieherin erfolgt sind, nicht entgegen, dass es sich um Bargeschäfte im Sinne von § 142 Abs. 1 InsO handelte. Die Abführung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge beruht weder auf einer für die Annahme eines Bargeschäfts erforderlichen Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten noch hat die Schuldnerin eine relevante Gegenleistung von der Beklagten erhalten (vgl. Landgericht Hamburg, Urteil vom 19. November 2014 - Az.: 303 O 335/13, Rn. 55, m.w.N., m.w.N., nach juris).

§ 26 SGB IV steht der Rückgewähr von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen nach Insolvenzrecht nicht entgegen. Die Erstattung zu Recht entrichteter Beiträge regelt § 26 SGB IV nicht (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar Stand: März 2016, § 26 SGB IV, Rn. 4). Zu Unrecht entrichtet sind insoweit Beiträge, wenn es an einer Rechtsgrundlage fehlt oder die einschlägige Rechtsgrundlage unrichtig angewandt worden ist. Dies war hier nicht der Fall.

Auch die subjektiven Voraussetzungen nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO liegen nach der Über-zeugung des Senats vor. Die Schuldnerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, wusste, dass sie mit den Zahlungen ab Januar 2007 ihre anderen Gläubiger benachteiligt, denn ihr war aufgrund zahlreicher Indizien bekannt, dass sie vor der Zahlungsunfähigkeit steht. Ein Benach-teiligungsvorsatz liegt vor, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. Dessen Vorliegen ist auch schon dann zu vermuten, wenn er seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Vorsatz des Schuldners selbst keine strengeren Anforderungen gelten (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2015 - Az.: IX ZR 203/12, Rn. 12, m.w.N., nach juris).

Die Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht nach § 17 InsO. Zur Fest-stellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten. Im Insolvenzanfechtungsprozess ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz oftmals nicht erforderlich, weil im eröffneten Verfahren auch auf andere Weise festgestellt werden kann, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet auch dies gemäß § 17 Abs. 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit. Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außer Stande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Eröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von einer Zahlungseinstellung auszugehen. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es einer darüber hinausgehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder einer Unterdeckung von mindestens 10 v.H. nicht (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2015, Rn. 13 ff, m.w.N., a.a.O.).

Nach diesen Maßstäben rechtfertigen die vom Kläger vorgetragenen Beweisanzeichen und die vorliegenden Unterlagen die Annahme einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Im Januar 2007 lagen bereits mehrere Anträge auf Eröffnung des Insolvenz-verfahrens vor, die nach dem Vortrag des Klägers allerdings noch durch Vergleiche, Schuld-anerkenntnis oder Teilzahlungen zur Erledigung gebracht werden konnten. Gleichwohl bestanden weiterhin Forderungen der wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge vom 1. Juni 2002 bis 31. Dezember 2004 in Höhe von 4.936,22 EUR, Forderungen der AG über 4.228,662 EUR und Forderungen der Steuerberatungsgesellschaft mbH seit dem 20. Juli 2002 in Höhe von 9.179,63 EUR. Zudem ist aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts E. gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin (Az.: Cs 362 Js 34289/06) ersichtlich, dass die Schuldnerin die Beitragsforderungen der , der , der , der Beklagten und auch der - hier bezüglich der Arbeitnehmeranteile - in den Jahren 2005 bis 2007 nicht beglichen hat, obwohl damit die Strafbarkeit nach § 266a StGB drohte und diese Forderungen deshalb in der Regel bis zuletzt bedient werden. Auch die Forderung der Beklagten in Höhe von 9.838,32 (Stand: 19. Oktober 2006) bezüglich Sozialversicherungsbeiträgen von Februar bis September 2006 beglich die Schuldnerin bereits vor der ersten Rechtshandlung nur unter Vollstreckungsdruck (vgl. sechs Zahlungen an die Gerichtsvollzieherin in Höhe von 3.980,40 EUR - Vollstreckungsprotokoll vom 19. Dezember 2006). Der Geschäftsführer der Schuldnerin erklärte selbst gegenüber der Gerichtsvollzieherin am 19. Dezember 2006, keine Zahlungen erbringen zu können. Die Beklagte hatte sich bereits mit Schreiben vom 17. Oktober 2006 an das Thüringer Landesverwaltungsamt gewandt, mit dem Anliegen, der Schuldnerin nach § 39 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) das Gewerbe wegen Unzuverlässigkeit zu versagen. Ebenso hat sie bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Beitragsvorenthaltung nach den §§ 266a, 14 und 52 StGB gestellt. Laut Gutachten des Klägers in dem Verfahren beim AG E. (Az.: 172 IN 761/07) wurden im Rahmen eines Gewerbeuntersagungsverfahrens bereits zum 15. Dezember 2005 erhebliche Verbindlichkeiten der Schuldnerin sowohl gegenüber dem Finanzamt als auch bei den Sozialversicherungsträgern bekannt.

Diese Indizien zusammenfassend ergibt sich ein Gesamtbild, nach dem die Schuldnerin einen Forderungsrückstand vor sich her geschoben und ständig am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. Januar 2015, Rn. 23, a.a.O.). Soweit die Schuldnerin im Januar 2007, die Zahlungen an die Beklagte - wie oben ausgeführt - wieder aufgenommen hat, steht dies der Zahlungseinstellung nicht entgegen; maßgeblich ist nicht, dass vereinzelt Forderungen, selbst in beachtlicher Höhe bedient werden, sondern dass es der Schuldnerin nicht gelingt, einen erheblichen Teil ihrer Verbindlichkeiten zu erfüllen. Der Vortrag des Geschäftsführers der Klägerin, er habe sich bemüht, die Gläubiger gleichmäßig zu bedienen, ist daher Teil des auf die Zahlungsunfähigkeit deutenden Gesamtbildes und kein Gegenindiz. Dass die Schuldnerin im Jahre 2007 die Zahlungen nach eingetretener Zahlungseinstellung wieder umfassend aufgenommen hat und Schulden ausgeglichen hat, ist hier nicht ersichtlich und hat der Geschäftsführer so auch nicht behauptet. Im Gegenteil zeigt das Gutachten des Klägers in dem Verfahren (Az.: 172 IN 761/07) beim AG E., dass bis zur Einstellung des Betriebes am 31. Januar 2008 Insolvenzforderungen in Höhe von 197.416,78 EUR entstanden sind.

Diesen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin hat die Beklagte nach der Überzeugung des Senats auch erkannt. Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die jeweilige Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, Rn. 9, m.w.N., nach juris). Die inkongruente Deckung bildet ein Beweisanzeichen für die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - Az.: IX ZR 117/11, Rn. 13, nach juris).

Hier lagen ausreichend Beweisanzeichen für die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vor, die der Beklagten bekannt waren und sie auch zum Handeln veranlasst haben. Sie hat sich, wie oben ausgeführt, bereits mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2006 an das Landesverwaltungsamt gewandt und darauf hingewiesen, dass die Schuldnerin die Beiträge für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 2006 in Höhe von 9.180,50 EUR nicht gezahlt hat. Sie hat Strafanzeige gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin erstattet. Die beauftragte Gerichtsvollzieherin hatte der Beklagten am 6. September 2006 mitgeteilt, dass aufgrund eines Insolvenzantrages des Finanzamtes I. beim AG E. (Az.: 172 IN 600/06) eine weitere Vollstreckung untersagt ist. Die Einzelzwangsvollstreckung durch die Gerichtsvollzieherin war nur teilweise erfolgreich. Der Geschäftsführer der Schuldnerin hatte laut Vollstreckungsprotokoll vom 19. Dezember 2006 erklärt, nicht zahlen zu können, und lediglich eine Ratenzahlung in Aussicht gestellt. Mit Schriftsatz vom 2. April 2007 hat sich die Beklagte nach dem Sachstand bezüglich des Gewerbeuntersagungsverfahrens beim Landesverwaltungsamt erkundigt und darauf hingewiesen, dass derzeit Beitragsrückstände in Höhe von 11.456,48 EUR für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 31. März 2007 bestehen. Am 4. Juni 2007 hat sie schließlich selbst einen Insolvenzantrag beim AG E. gestellt und ihn mit der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nach § 17 InsO begründet. Der Pfändungsversuch der Gerichtsvollzieherin am 19. Dezember 2006 sei erfolglos gewesen, die Schuldnerin habe in letzter Zeit keine ausreichenden Zahlungen geleistet. Bezüglich der dann noch durch die Schuldnerin erfolgten Bareinzahlungen auf das Konto der Beklagten am 8. August und 4. September 2007 war ihr bewusst, dass es sich hierbei um anfechtbare Rechtshandlungen der Schuldnerin handeln könnte. Dies ergibt sich bereits aus Schriftsätzen an Dipl.-Ing. K. vom 9. August 2007 und an das AG E. vom 20. August 2007.

Die einmal nach außen hin in Erscheinung getretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort. Sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden. Hierfür liegen keine Anhaltspunkte vor (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012, Rn. 18, a.a.O.).

Soweit sich die Beklagte auf verfassungsrechtliche Aspekte beruft, ist für den Senat die Relevanz der Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2014 (Az.: 1 BvL 21/12 (Erbschaftssteuer)) und vom 9. Dezember 2008 (Az.: 2 BvL 1/07 u.a. (Pendlerpauschal)) nicht ersichtlich. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die nicht Trägerin von Grundrechten ist (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 7. Juni 1977 - Az.: 1 BvR 108/73, 1 BvR 424/73, 1 BvR 226/74, m.w.N., nach juris). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Rechtsprechung des BGH zu § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2011 - Az.: IX ZR 137/10, nach juris) verfassungs-rechtliche Rechte der Beklagten verletzt.

Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Zinsen auf den Betrag von 18.745, 66 EUR in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 29. April 2010 beruht auf § § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - Az.: IX ZR 96/04). Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BSG im Bereich des Sozialrechts keine allgemeine Pflicht zur Verzinsung von (rückständigen) Geldleistungen besteht, und soweit das Gesetz eine Zinszahlung nicht ausdrücklich anordnet, deshalb kein Raum für Verzugs- und Prozesszinsen nach bürgerlich-rechtlichen Vorschriften besteht (vgl. BSG, Urteil vom 31. Mai 2016 - Az.: B 1 KR 38/15 R, m.w.N., nach juris). Es handelt sich hier nicht um eine Streitigkeit auf dem Rechtsgebiet des Sozialrechts, sondern um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, über die der Senat aufgrund der Rechtswegverweisung durch Beschluss des OLG F. vom 21. März 2011 zu entscheiden hat.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i. V.m. § 155 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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