Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 16 KR 816/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 424/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 28. Januar 2014 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht in mehreren Fällen bereits gezahlte Vergütungen für die an ihren Versicherten abgegebenen Oxybutynin Instillationssets 0,1 % (Hersteller: G.us-Apotheke) in Höhe von 7.368,79 EUR beanstandet und gegen unstreitige Vergütungsforderungen des Klägers aus späteren Arzneimittelabgaben aufgerechnet hat (Retaxierung).
Der Kläger ist Inhaber der "Apotheke ..." in H. und Mitglied des Th. A. e.V ... Das bei der Beklagten versicherte Kind D. T. (im Folgenden: Versicherter) löste in den Jahren 2008 bis 2011 vertragsärztliche Rezepte, ausgestellt von Dr. H., tätig in der Klinik und Poliklinik der Universität E.-N. - Sozialpädiatrisches Zentrum -, in der Apotheke des Klägers ein. Diese lauteten jeweils: "Oxybutynin 0,1 % Grachtenhaus Instillationsset Set 10 ml (10 mg), PZN 1915747."
Oxybutynin gehört laut Fachinformation zur sogenannten Lauer-Taxe (Stand: 8. Oktober 2012, Blatt 180 der Gerichtsakte) zur Gruppe der Anticholinergika, die als Antagonisten an dem System des Parasympathikus angreifen und die Wirkung von Acetylcholin hemmen (Pa-rasympatholytikum). Intravesikale Anwendung von Oxybutynin führt zu einer Reduktion der Detrusoraktivität, einer Erhöhung der cystomerischen Harnblasen-Kapazität, einer Abnahme des Harnblasendruckes und damit zu einer Verringerung der Frequenz der CIC (Clean Internmittent Catherization, Selbstkatheterisierung). Hersteller ist die G.-Apotheke in H.
Der Kläger gab von November 2008 bis Dezember 2009 die vertragsärztlich verordneten Oxybutynin Instillationssets an den Versicherten ab. Die Beklagte zahlte zunächst die vom Kläger berechneten Beträge, beanstandete diese später und verrechnete ihre Forderungen gegen ihn mit unstreitigen Forderungen. Zur Begründung führte sie aus, das Arzneimittel sei in Deutschland nicht zugelassen, die Angaben der Lauer-Taxe seien nicht verbindlich. Maßgebend sei allein der objektive arzneimittelrechtliche Zulassungsstatus. Die bloße Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels, die keineswegs mit einer Zulassung gleichzusetzen sei, begründe im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 27. September 2009 - Az.: B 1 KR 6/04 R) keinen Versorgungsanspruch. Vorschriften des Arzneilieferungsvertrages (ALV) führten insoweit nicht zu einer Änderung. Hiergegen wandte der Kläger ein, der Versicherte leide an einer neurogenen Blasenentleerungsstörung und werde in der Spina-bifida-Ambulanz des Universitätsklinikums E. betreut. Zu der Behandlung mit Oxybutynin 0,1 % G.-Installationsset gebe es nach dem schriftlichen Ausführungen der Dr. H. vom 9. Dezember 2009 keine Alternative.
Am 4. April 2011 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Klage auf Zahlung von 6.443,36 EUR nebst Zinsen erhoben und am 2. Mai 2011 die Klage auf Zahlung von insgesamt 7.368,79 EUR erweitert. Eine unzureichende Therapie der Blasenentleerungsstörung des Versicherten könne zu einem akuten oder chronischen Nierenversagen und in der Folge möglicherweise zum Tode führen oder wenigstens die Notwendigkeit einer Nierentransplantation und Dialysebehandlung bedingen. Primäre Behandlungsmethode sei die orale Verabreichung von Oxybutynin, sekundäre Behandlungsmethode die intravesikale Oxybutynin-Behandlung. Diese Behandlung werde ebenfalls in den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF-Leitlinien) - hier: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie Nr. 006/007 Stand: 04/2008 - empfohlen. Trotz des medizinischen Bedarfs existierten derzeit keine Anticholinergika, insbesondere keine für die Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Arzneimittel mit den Wirkstoffen Oxybutynin, Propiverin, Trospiumchlorid oder Tolterodin in der Darreichungsform einer Instillationslösung zur intravesikalen Anwendung. Seit 1999 habe die G.-Apotheke im Hinblick auf die Versorgungslücke bei Anticholinergika sogenannte "Instillationssets" mit dem Wirkstoff Oxybutynin u.a. zur intravesikalen Behandlung der neurogenen Blasenentleerungsstörung hergestellt. Urspünglich sei die Herstellung und die Abgabe der Installationssets jeweils auf individuelle Verordnung als Rezepturarzneimittel erfolgt. Seit April 2001 sei der Inhaber der G.-Apotheke K. St. zusammen mit T. M. Inhaber eines europäischen Patents zur Herstellung des Oxybutynin-Instillationssets. Im Jahr 1997 sei die Herstellung von Oxybutyninhydrochlorid-Instillationslösungen durch Apotheken in den Deutschen Arzneimittel-Codex/Neues-Rezeptur-Formularium aufgenommen und als Rezepturarzneimittel auch regelmäßig durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattet worden. Die von ihm abgegebenen, anwendungsfertigen Instillationsets der G.-Apotheke seien eine Weiterentwicklung der einfachen Rezeptur-Instillationslösung. Die G.-Apotheke verfüge seit dem 20. April 2005 über eine Herstellererlaubnis im Sinne des § 13 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln-Arzneimittelgesetz (AMG) für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Oxybutynin. Seitdem würden die Instillationssets in der heutigen Form angefertigt. Sie sei aufgrund dieser Herstellererlaubnis und der besonderen Umstände des Einzelfalls von der zuständigen Behörde als industrieller Hersteller i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG qualifiziert und im Zuge der Erweiterung des Fer-tigarzneimittelbegriffs durch das 14. Gesetz zur Änderung des AMG vom 29. August 2005 (BGBl. I Seite 2570, sog. AMG-Novelle) darauf hingewiesen worden, dass die Oxybutynin Instillationssets 0,1 % als von einem industriellen Hersteller hergestellte Arzneimittel nunmehr als Fertigarzneimittel einzuordnen seien (Blatt 179 der Gerichtsakte). Die G.-Apotheke habe auch die Oxybutynin Instillationssets 0,1 % tatsächlich in einem Umfang von mehr als hundert Packungen pro Tag industriell hergestellt. Sie habe daher am 26. August 2008 die Zulassung der Oxybutynin Instillationssets 0,1 % als Fertigarzneimittel beim Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) beantragt. Darüber hinaus seien die Oxybutynin Instillationssets 0,1 % in der Lauer-Taxe als verkehrsfähig gelistet und würden in unterschiedlichen Packungsgrößen unter dem von der GmbH vorgegebenen Pharmazentralnummern (PZN) in den Verkehr gebracht. Eine Listung sei allerdings erst erfolgt, als die G.-Apotheke die Oxybutynin Instillationssets auch an andere Apotheken abgegeben habe. Auf die Verordnungsfähigkeit komme es nicht an, weil der Apotheker nur gehalten sei, die ordnungsgemäße und gültige Verordnung des Arztes zu prüfen. Dementsprechend sehe auch der Arzneilieferungsvertrag (ALV) in der Fassung vom 21. August 2008 vor, dass die Apotheken nicht zur Überprüfung der Verordnungsfähigkeit des verordneten Mittels verpflichtet sind. Nach Vorlage der ärztlichen Verordnung habe er das Arzneimittel beschafft und an den Versicherten abgegeben. Hierzu sei er nach § 17 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verpflichtet. Der Vergütungsanspruch entstehe dann, wenn die - hier in Normativverträgen nach § 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) - gesetzlich normierten Anspruchsvoraussetzungen gegeben seien. Für darüber hinausgehende Voraussetzungen für die Entstehung des Vergütungsanspruchs sei nach der neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 - Az.: B 3 KR 13/08 R, nach juris) kein Raum. Das Risiko der Erstattungsfähigkeit könne ihm als Leistungserbringer nicht auferlegt werden. Vielmehr sei es Sache der Beklagten, sich an den verordnenden Arzt oder an den Versicherten zu wenden, wenn ein ärztlich verordnetes und daher von dem Apotheker abzugebendes Arzneimittel im Einzelfall nicht vom Versorgungsanspruch des Versicherten umfasst sein sollte. Ergänzend weise er vorsorglich darauf hin, dass die Präparate auch vom Versorgungsanspruch des Versicherten umfasst und damit erstattungsfähig seien. Die Beklagte hat ausgeführt, die ursprüngliche Zahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt, weil das verordnete und abgegebene Fertigspritzenset nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 AMG verfüge. Ein Sachleistungsanspruch des Versicherten habe daher nach § 31 SGB V nicht bestanden. Aus der Übergangsvorschrift des § 141 Abs. 4 AMG ergebe sich keine andere Beurteilung. Danach dürften Fertigarzneimittel, die sich am 5. September 2005 im Verkehr befanden und nach dem 6. September 2005 nach § 4 Abs. 1 AMG erstmalig der Zulassungspflicht nach § 21 AMG unterliegen, weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn für sie bis zum 1. September 2008 ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Die Instillationssets hätten sich jedoch in der Form, in der sie vom Kläger abgegeben wurden, nicht bereits am 5. September 2005 im Verkehr befunden. Vielmehr sei das Fertigspritzenset mit eigener PZN erst ab 15. März 2007 im Han-del gewesen, was sich aus der Lauer-Taxe ergebe. Das BfArM teile diese Ansicht in seinem Schreiben vom 8. Juni 2010. Selbst wenn Verkehrsfähigkeit bestehe, bestünde nach der Rechtsprechung des BSG dennoch kein Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit diesem Arzneimittel. Auch die Listung der Fertigspritzensets in der Lauer-Taxe vermöge nichts an der fehlenden Zulassung zu ändern. Eine Leistungspflicht der GKV resultiere daraus nicht. Die Prüfpflicht des Apothekers im Hinblick darauf, ob ein Arzneimittel im Sinne des § 21 AMG zugelassen sei, werde im ALV als selbstverständlich vorausgesetzt. Da der Kläger § 21 AMG verletzt habe, habe er keinen - auch keinen teilweisen - Vergütungsanspruch. Sie sei nicht verpflichtet, vorrangig im Wege eines Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens nach § 106 SGB V den verordnenden Arzt durch die Prüfungsstellen in Regress nehmen zu lassen. Es stehe ihr frei, entweder nach § 17 Abs. 1 ALV zu retaxieren oder einen Antrag nach § 106 SGB V zu stellen.
Mit Urteil vom 28. Januar 2014 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.368,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 4. April 2011 zu zahlen. Ein Verstoß des Klägers gegen den ALV durch die Abgabe der Arzneimittel liege aufgrund der ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnungen nicht vor. Die Überprüfung der Verordnungsfähigkeit obliege nicht dem Apotheker, sondern dem Arzt. Hiervon zu trennen sei die Frage, ob der Versicherte gegen seine Krankenkasse einen Leistungsanspruch habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, weil der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V mehr voraussetze, als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht. Eine Pflicht des Apothekers die Verordnungsfähigkeit zu überprüfen, bestehe aber nicht, wenn ein Arzneimittel verkehrsfähig sei.
Im Berufungsverfahren hält die Beklagte an der Ansicht fest, der Kläger habe gegen sein spe-zifisches Berufsrecht verstoßen. § 4 Abs. 5 Satz 2 ALV sei dagegen nicht verletzt, weil der Fall einer fehlenden Zulassung dort nicht geregelt sei. Das SG habe übersehen, dass die vom Apotheker zu beachtenden Abgabebestimmungen und Prüfpflichten nicht abschließend im ALV oder im Rahmenvertrag geregelt seien. Darüber hinaus sei der Apotheker verpflichtet, sein spezifisches Berufsrecht zu beachten, wozu insbesondere die Vorschriften des AMG und die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gehörten. Zwischenzeitlich sei die Zulassung mit Bescheid vom 25. Juli 2013 wegen nicht ausreichender Qualität und Prüfung sowie fehlender therapeutischer Wirksamkeit des Arzneimittels versagt worden. Mittlerweile würden die Oxybutynin-Instillationssets nicht mehr als Fertig-, sondern als Rezepturarzneimittel abgegeben und abgerechnet. Da sie zu keinem Zeitpunkt zugelassen und allenfalls nach § 141 Abs. 4 AMG verkehrsfähig waren, scheide nach der Rechtsprechung eine Leistungspflicht der Beklagten aus. Wenn der Versicherte keinen Sachleistungsanspruch habe, scheide wegen eines sonst bestehenden unüberbrückbaren Widerspruchs ein Vergütungsanspruch des Apothekers aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 28. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und hält an der Ansicht fest, dass sein Vergütungsanspruch nicht vom Sachleistungsanspruch des Versicherten abhänge. Dass Apothekern im Falle einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung auch dann ein Vergütungsanspruch zustehe, wenn der Versicherte keinen Anspruch auf Versorgung habe, werde beispielsweise durch die Fälle des nicht vom Leistungsanspruch des Versicherten umfassten und in diesem Sinne unberechtigten Off-Label-Use bestätigt. Die Krankenkassen könnten sich in diesen Fällen nach der Rechtsprechung des BSG nach § 106 SGB V beim Vertragsarzt schadlos halten. Ebenso bestehe ein Vergütungsanspruch bei gefälschten Rezepten. Aus dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot lasse sich keine Pflicht des Apothekers herleiten, die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer ärztlichen Arzneimittelverordnung zu überprüfen. Die grundsätzliche Therapieentscheidung des Arztes dürfe der Apotheker nach den Normverträgen nur im Falle eines Abgabeverbotes in Frage stellen.
Mit Beschluss vom 9. Oktober 2012 hat das SG den Antrag des Klägers vom 5. April 2012 auf Beiladung des Versicherten abgelehnt; die Streitverkündung sei unzulässig. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 17. April 2013 zurück-gewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger 7.368,79 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Der zwischen den Beteiligten nicht umstrittene, zulässig mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) geltend gemachte Zahlungsanspruch des Klägers für die Belieferungen eines Versicherten der Beklagten ist nicht durch Aufrechnung mit der Beklagten zustehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen gegen den Kläger in Höhe von 7.368,79 EUR erloschen. Nach den im Verhältnis zwischen den Beteiligten geltenden Regelungen des Leistungserbringungsrechts hatte der Kläger gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die von November 2008 bis Dezember 2009 erfolgten Belieferungen des Versicherten mit Oxybutynin 0,1 % Grachtenhaus Instillationsset 10 ml (10 mg).
Die Zahlungsansprüche des Klägers für die Belieferung des Versicherten ergeben sich aus § 129 SGB V in der jeweils gültigen Fassung in Verbindung mit den zwischen den Beteiligten geltenden vertraglichen Regelungen des Leistungserbringungsrechts.
Nach § 129 SGB V i.V.m. den ergänzenden Verträgen nach § 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Az.: B 3 KR 13/08 R, nach juris) geben die Apotheken vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab. § 129 SGB V regelt den Abschluss von Rahmenverträgen über die Arzneimittelversorgung, und zwar in Absatz 2 bis Absatz 4 auf Bundesebene und in Absatz 5 auf Landesebene. Nach § 129 Abs. 2 SGB V regeln die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere für die Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte. Nach § 129 Abs. 5 SGB V können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahr-nehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Lan-desebene ergänzende Verträge schließen. Der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V hat nach Absatz 3 Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie einem Mitgliedsverband der Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, dass von der Spitzenorganisation abgeschlossene Verträge für die dem Verband angehörenden Apotheken Geltung haben, oder wenn sie dem Rahmenvertrag beitreten. Das gilt nach § 129 Abs. 5 Satz 2 SGB V für die Verträge auf Landesebene entsprechend. Die nach § 129 SGB V geschlossenen Verträge regeln vorrangig nicht die Beziehungen zwischen den vertragsschließenden Verbänden, sondern zwischen den einzelnen Krankenkassen und den Apothekern. Sie wirken insoweit normativ. Sie sind wie Rechtsnormen allein nach dem "objektivierten Willen des Gesetzes" auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 - Az.: 3 RK 26/94, nach juris). Maßgebend sind also § 129 SGB V sowie die ergänzenden Vereinbarungen, der Rahmenvertrag auf Bundesebene nach § 129 Abs. 2 SGB V und der ALV auf Landesebene. Mit der Abgabe vertragsärztlich verordneter Arzneimittel erfüllt die Krankenkasse ihre im Verhältnis zum Versicherten bestehende Pflicht zur Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V und § 31 SGB V, wie auch durch die allgemeinen vertraglichen Regelungen nach § 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V nochmals betont wird. Die vertragsärztliche Verordnung dokumentiert, dass das Arzneimittel als Sachleistung der GKV (§ 2 Abs. 2 SGB V) auf Kosten der Krankenkasse an den Versicherten abgegeben wird. Als Pendant zur Lieferberechtigung und -verpflichtung besteht ein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse dem Grunde nach; er wird durch das Vertragsarztrezept als dem für das Abrechnungsverhältnis zwischen Apotheker und Krankenkasse maßgeblichen Dokument konkretisiert (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., Rn. 17, m.w.N.).
Die in Verbindung mit § 129 SGB V für das Bestehen eines Vergütungsanspruchs des Kläger einschlägigen ergänzenden Vereinbarungen sind auf Bundesebene der "Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V" vom 23. März 2007 (RahmenV) sowie der den RahmenV ergänzende ALV, geschlossen zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) und dem AEV - Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. und dem Deutschen Apothekerverband e.V. (in der ab 1. Oktober 2008 gültigen Fassung). § 4 ALV enthält insoweit nähere Abgabebestimmungen. Der Kläger ist als Mitglied des Thüringer Apothekerverbandes e.V. nach § 2 Abs. 2 ALV, die Beklagte als Mitgliedskasse des vertragsschließenden VdAK nach § 2 Abs. 1 ALV an diesen Landesvertrag gebunden.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger durch die Abgabe der Oxybutynin Instillationssets nicht gegen Abgabebestimmungen nach § 4 Abs. 2 ALV oder sonstige Vor-schriften des ALV verstoßen hat. Mangels hierfür bestehender Anhaltspunkte bedarf dies daher keiner weiteren Prüfung.
Des Weiteren setzt ein Vergütungsanspruch des Klägers voraus, dass er sein spezifisches Be-rufsrecht beachtet, insbesondere auch die Regelungen des AMG. Es ist nicht Ziel des ALV, Apotheken von ihren spezifischen beruflichen Pflichten zu dispensieren, etwa nicht zugelassene Arzneimittel auf Kosten der GKV an Versicherte abzugeben. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Argumenten im Urteil des BSG vom 13. September 2011 - Az.: B 1 KR 23/10 R (dort: Leistungserbringung durch einen Heilmittelerbringer), bezüglich der Verpflichtung des Leistungserbringers (hier: Apotheke), eine vertragsärztliche Verordnung nach höherrangigem Recht zu überprüfen, an. Dem steht auch § 4 Abs. 4 Satz 2 ALV nicht entgegen, nach der die Apotheker grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Verordnungsfähigkeit eines verordneten Arzneimittels verpflichtet sind. Dieser bezieht sich weder vom Wortlaut noch vom Regelungszweck her auf die Zulassung des Arzneimittels nach § 21 AMG. Diese Prüfungen gehören zum originären Aufgabengebiet der Apotheken (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2005 - Az.: B 3 KR 2/05 R, Rn. 29, nach juris).
Die betroffene Abgabe des Arzneimittels verstieß hier allerdings nicht gegen europäisches Arzneimittelrecht oder das AMG oder untergesetzliches Arzneimittelrecht.
Die ärztlich verordneten Oxybutynin Instillationssets waren zum Zeitpunkt der Belieferung des Versicherten nicht nach § 21 AMG zugelassen. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Kommission der Euro-päischen Gemeinschaften oder der Rat der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europä-ischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsver-fahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. EU Nr. L 136 S. 1) erteilt hat. Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind und aufgrund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu 100 abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind. Nach dem Schreiben der F. und H. H. vom 17. November 2009 - der für die Überwachung nach dem AMG zuständigen Landesbehörde - handelt es sich bei den Oxybutynin Instillationsets um Fertigarzneimittel, die seit der Änderung des AMG mit Wirkung vom 6. September 2005 erstmals der Zulassung nach § 21 AMG bedürfen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben nicht die Befugnis, arzneimittelrechtliche Entscheidungen der nach dem AMG zuständigen Behörden - wie hier - (oder der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit) zu überprüfen (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R, nach juris). Eine Zulassung nach § 21 AMG war weder vom Bundesgesundheitsamt, noch von der zuständigen europäischen Behörde erteilt worden. Eine fehlende Zulassung hat grundsätzlich zur Folge, dass das betroffene Fertigarzneimittel nicht in den Verkehr gebracht werden darf. Hier bestand entgegen diesem Grundsatz nach der Übergangsvorschrift des § 141 Abs. 4 AMG Verkehrsfähigkeit, worüber die F. und H. H. den Hersteller, den Inhaber der G.-Apotheke, mit Schreiben vom 17. November 2009 informierte, weil er beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bis zum 1. September 2008 einen Antrag auf Zulassung des Fertigarzneimittel gestellt hatte. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass das Fertigarznei-mittel in der Lauer-Taxe (auch bezeichnet als "Große Deutsche Spezialitätentaxe" und "AB-DA-Artikelstamm") als verkehrsfähig gelistet war. Die Lauer-Taxe stellt entgegen den Ausführungen der Beklagten keine unverbindliche Informationsquelle dar. Sie enthält alle in Deutschland verkehrsfähigen und damit grundsätzlich zugelassenen Fertigarzneimittel sowie weitere Informationen insbesondere für Apotheker und Ärzte. Dazu gehören nicht nur Preisinformationen, sondern auch Artikelgrunddaten, Rechtsinformationen, Vertriebsinformationen, Name und Anschrift des Anbieters sowie ergänzende Produktinformationen. So ist sie Grundlage der Vergütung der Apotheker für die von ihnen an Versicherte der Krankenkassen abgegebenen Arzneimittel. Ebenso ist sie maßgeblich für den Apotheker- und sogenannten Herstellerrabatt und im Rahmen des Herstellerrabatts für den Tatbestand einer Preiserhöhung. Sie stellt für Patienten, Vertragsarzt und Apotheker eine grundsätzlich verlässliche Informationsquelle dar. Die Einführung eines Fertigarzneimittels in den Markt erfolgt dadurch, dass der pharmazeutische Unternehmer dafür sorgt, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur Abgabe des Fertigarzneimittels an Versicherte erfüllt sind. Die Markteinführung ist abgeschlossen, wenn das arzneimittelrechtlich verkehrsfähige Fertigarzneimittel mit PZN und Herstellerabgabepreis in der Lauer-Taxe gelistet ist (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 - Az.: B 1 KR 18/12 R, nach juris). Diese Voraussetzungen lagen hier für die Oxybutynin-Instillationssets 0,1 der G.-Apotheke im streitigen Zeitraum vor.
Entgegen den Ausführungen der Beklagten wirken sich dagegen die zwischen der Beklagten und Dritten - hier des Versicherten - ergebenden Rechtsbeziehungen auf den Vergütungsanspruch des Klägers nicht unmittelbar aus, weil der Kläger im Verhältnis zur Beklagten eigenen Pflichten und Obliegenheiten ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2010, a.a.O., Rn. 27). Es kommt also hier nicht darauf an, dass die lediglich aufgrund übergangsrechtlicher Vorschriften beruhende Verkehrsfähigkeit des Fertigarzneimittels, das in dem hier maßgeblichen Zeitraum keine Prüfung nach den Maßstäben des AMG durchlaufen hat, nicht ohne Weiteres zur Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV führt (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2013 - B 6 KA 27/13 B, m.w.N., nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht in mehreren Fällen bereits gezahlte Vergütungen für die an ihren Versicherten abgegebenen Oxybutynin Instillationssets 0,1 % (Hersteller: G.us-Apotheke) in Höhe von 7.368,79 EUR beanstandet und gegen unstreitige Vergütungsforderungen des Klägers aus späteren Arzneimittelabgaben aufgerechnet hat (Retaxierung).
Der Kläger ist Inhaber der "Apotheke ..." in H. und Mitglied des Th. A. e.V ... Das bei der Beklagten versicherte Kind D. T. (im Folgenden: Versicherter) löste in den Jahren 2008 bis 2011 vertragsärztliche Rezepte, ausgestellt von Dr. H., tätig in der Klinik und Poliklinik der Universität E.-N. - Sozialpädiatrisches Zentrum -, in der Apotheke des Klägers ein. Diese lauteten jeweils: "Oxybutynin 0,1 % Grachtenhaus Instillationsset Set 10 ml (10 mg), PZN 1915747."
Oxybutynin gehört laut Fachinformation zur sogenannten Lauer-Taxe (Stand: 8. Oktober 2012, Blatt 180 der Gerichtsakte) zur Gruppe der Anticholinergika, die als Antagonisten an dem System des Parasympathikus angreifen und die Wirkung von Acetylcholin hemmen (Pa-rasympatholytikum). Intravesikale Anwendung von Oxybutynin führt zu einer Reduktion der Detrusoraktivität, einer Erhöhung der cystomerischen Harnblasen-Kapazität, einer Abnahme des Harnblasendruckes und damit zu einer Verringerung der Frequenz der CIC (Clean Internmittent Catherization, Selbstkatheterisierung). Hersteller ist die G.-Apotheke in H.
Der Kläger gab von November 2008 bis Dezember 2009 die vertragsärztlich verordneten Oxybutynin Instillationssets an den Versicherten ab. Die Beklagte zahlte zunächst die vom Kläger berechneten Beträge, beanstandete diese später und verrechnete ihre Forderungen gegen ihn mit unstreitigen Forderungen. Zur Begründung führte sie aus, das Arzneimittel sei in Deutschland nicht zugelassen, die Angaben der Lauer-Taxe seien nicht verbindlich. Maßgebend sei allein der objektive arzneimittelrechtliche Zulassungsstatus. Die bloße Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels, die keineswegs mit einer Zulassung gleichzusetzen sei, begründe im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. Urteil vom 27. September 2009 - Az.: B 1 KR 6/04 R) keinen Versorgungsanspruch. Vorschriften des Arzneilieferungsvertrages (ALV) führten insoweit nicht zu einer Änderung. Hiergegen wandte der Kläger ein, der Versicherte leide an einer neurogenen Blasenentleerungsstörung und werde in der Spina-bifida-Ambulanz des Universitätsklinikums E. betreut. Zu der Behandlung mit Oxybutynin 0,1 % G.-Installationsset gebe es nach dem schriftlichen Ausführungen der Dr. H. vom 9. Dezember 2009 keine Alternative.
Am 4. April 2011 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Klage auf Zahlung von 6.443,36 EUR nebst Zinsen erhoben und am 2. Mai 2011 die Klage auf Zahlung von insgesamt 7.368,79 EUR erweitert. Eine unzureichende Therapie der Blasenentleerungsstörung des Versicherten könne zu einem akuten oder chronischen Nierenversagen und in der Folge möglicherweise zum Tode führen oder wenigstens die Notwendigkeit einer Nierentransplantation und Dialysebehandlung bedingen. Primäre Behandlungsmethode sei die orale Verabreichung von Oxybutynin, sekundäre Behandlungsmethode die intravesikale Oxybutynin-Behandlung. Diese Behandlung werde ebenfalls in den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF-Leitlinien) - hier: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie Nr. 006/007 Stand: 04/2008 - empfohlen. Trotz des medizinischen Bedarfs existierten derzeit keine Anticholinergika, insbesondere keine für die Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Arzneimittel mit den Wirkstoffen Oxybutynin, Propiverin, Trospiumchlorid oder Tolterodin in der Darreichungsform einer Instillationslösung zur intravesikalen Anwendung. Seit 1999 habe die G.-Apotheke im Hinblick auf die Versorgungslücke bei Anticholinergika sogenannte "Instillationssets" mit dem Wirkstoff Oxybutynin u.a. zur intravesikalen Behandlung der neurogenen Blasenentleerungsstörung hergestellt. Urspünglich sei die Herstellung und die Abgabe der Installationssets jeweils auf individuelle Verordnung als Rezepturarzneimittel erfolgt. Seit April 2001 sei der Inhaber der G.-Apotheke K. St. zusammen mit T. M. Inhaber eines europäischen Patents zur Herstellung des Oxybutynin-Instillationssets. Im Jahr 1997 sei die Herstellung von Oxybutyninhydrochlorid-Instillationslösungen durch Apotheken in den Deutschen Arzneimittel-Codex/Neues-Rezeptur-Formularium aufgenommen und als Rezepturarzneimittel auch regelmäßig durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattet worden. Die von ihm abgegebenen, anwendungsfertigen Instillationsets der G.-Apotheke seien eine Weiterentwicklung der einfachen Rezeptur-Instillationslösung. Die G.-Apotheke verfüge seit dem 20. April 2005 über eine Herstellererlaubnis im Sinne des § 13 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln-Arzneimittelgesetz (AMG) für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Oxybutynin. Seitdem würden die Instillationssets in der heutigen Form angefertigt. Sie sei aufgrund dieser Herstellererlaubnis und der besonderen Umstände des Einzelfalls von der zuständigen Behörde als industrieller Hersteller i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 AMG qualifiziert und im Zuge der Erweiterung des Fer-tigarzneimittelbegriffs durch das 14. Gesetz zur Änderung des AMG vom 29. August 2005 (BGBl. I Seite 2570, sog. AMG-Novelle) darauf hingewiesen worden, dass die Oxybutynin Instillationssets 0,1 % als von einem industriellen Hersteller hergestellte Arzneimittel nunmehr als Fertigarzneimittel einzuordnen seien (Blatt 179 der Gerichtsakte). Die G.-Apotheke habe auch die Oxybutynin Instillationssets 0,1 % tatsächlich in einem Umfang von mehr als hundert Packungen pro Tag industriell hergestellt. Sie habe daher am 26. August 2008 die Zulassung der Oxybutynin Instillationssets 0,1 % als Fertigarzneimittel beim Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) beantragt. Darüber hinaus seien die Oxybutynin Instillationssets 0,1 % in der Lauer-Taxe als verkehrsfähig gelistet und würden in unterschiedlichen Packungsgrößen unter dem von der GmbH vorgegebenen Pharmazentralnummern (PZN) in den Verkehr gebracht. Eine Listung sei allerdings erst erfolgt, als die G.-Apotheke die Oxybutynin Instillationssets auch an andere Apotheken abgegeben habe. Auf die Verordnungsfähigkeit komme es nicht an, weil der Apotheker nur gehalten sei, die ordnungsgemäße und gültige Verordnung des Arztes zu prüfen. Dementsprechend sehe auch der Arzneilieferungsvertrag (ALV) in der Fassung vom 21. August 2008 vor, dass die Apotheken nicht zur Überprüfung der Verordnungsfähigkeit des verordneten Mittels verpflichtet sind. Nach Vorlage der ärztlichen Verordnung habe er das Arzneimittel beschafft und an den Versicherten abgegeben. Hierzu sei er nach § 17 Abs. 4 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verpflichtet. Der Vergütungsanspruch entstehe dann, wenn die - hier in Normativverträgen nach § 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) - gesetzlich normierten Anspruchsvoraussetzungen gegeben seien. Für darüber hinausgehende Voraussetzungen für die Entstehung des Vergütungsanspruchs sei nach der neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 - Az.: B 3 KR 13/08 R, nach juris) kein Raum. Das Risiko der Erstattungsfähigkeit könne ihm als Leistungserbringer nicht auferlegt werden. Vielmehr sei es Sache der Beklagten, sich an den verordnenden Arzt oder an den Versicherten zu wenden, wenn ein ärztlich verordnetes und daher von dem Apotheker abzugebendes Arzneimittel im Einzelfall nicht vom Versorgungsanspruch des Versicherten umfasst sein sollte. Ergänzend weise er vorsorglich darauf hin, dass die Präparate auch vom Versorgungsanspruch des Versicherten umfasst und damit erstattungsfähig seien. Die Beklagte hat ausgeführt, die ursprüngliche Zahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt, weil das verordnete und abgegebene Fertigspritzenset nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 AMG verfüge. Ein Sachleistungsanspruch des Versicherten habe daher nach § 31 SGB V nicht bestanden. Aus der Übergangsvorschrift des § 141 Abs. 4 AMG ergebe sich keine andere Beurteilung. Danach dürften Fertigarzneimittel, die sich am 5. September 2005 im Verkehr befanden und nach dem 6. September 2005 nach § 4 Abs. 1 AMG erstmalig der Zulassungspflicht nach § 21 AMG unterliegen, weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn für sie bis zum 1. September 2008 ein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Die Instillationssets hätten sich jedoch in der Form, in der sie vom Kläger abgegeben wurden, nicht bereits am 5. September 2005 im Verkehr befunden. Vielmehr sei das Fertigspritzenset mit eigener PZN erst ab 15. März 2007 im Han-del gewesen, was sich aus der Lauer-Taxe ergebe. Das BfArM teile diese Ansicht in seinem Schreiben vom 8. Juni 2010. Selbst wenn Verkehrsfähigkeit bestehe, bestünde nach der Rechtsprechung des BSG dennoch kein Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit diesem Arzneimittel. Auch die Listung der Fertigspritzensets in der Lauer-Taxe vermöge nichts an der fehlenden Zulassung zu ändern. Eine Leistungspflicht der GKV resultiere daraus nicht. Die Prüfpflicht des Apothekers im Hinblick darauf, ob ein Arzneimittel im Sinne des § 21 AMG zugelassen sei, werde im ALV als selbstverständlich vorausgesetzt. Da der Kläger § 21 AMG verletzt habe, habe er keinen - auch keinen teilweisen - Vergütungsanspruch. Sie sei nicht verpflichtet, vorrangig im Wege eines Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahrens nach § 106 SGB V den verordnenden Arzt durch die Prüfungsstellen in Regress nehmen zu lassen. Es stehe ihr frei, entweder nach § 17 Abs. 1 ALV zu retaxieren oder einen Antrag nach § 106 SGB V zu stellen.
Mit Urteil vom 28. Januar 2014 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte verurteilt, an den Kläger 7.368,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 4. April 2011 zu zahlen. Ein Verstoß des Klägers gegen den ALV durch die Abgabe der Arzneimittel liege aufgrund der ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnungen nicht vor. Die Überprüfung der Verordnungsfähigkeit obliege nicht dem Apotheker, sondern dem Arzt. Hiervon zu trennen sei die Frage, ob der Versicherte gegen seine Krankenkasse einen Leistungsanspruch habe. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, weil der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach dem SGB V mehr voraussetze, als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht. Eine Pflicht des Apothekers die Verordnungsfähigkeit zu überprüfen, bestehe aber nicht, wenn ein Arzneimittel verkehrsfähig sei.
Im Berufungsverfahren hält die Beklagte an der Ansicht fest, der Kläger habe gegen sein spe-zifisches Berufsrecht verstoßen. § 4 Abs. 5 Satz 2 ALV sei dagegen nicht verletzt, weil der Fall einer fehlenden Zulassung dort nicht geregelt sei. Das SG habe übersehen, dass die vom Apotheker zu beachtenden Abgabebestimmungen und Prüfpflichten nicht abschließend im ALV oder im Rahmenvertrag geregelt seien. Darüber hinaus sei der Apotheker verpflichtet, sein spezifisches Berufsrecht zu beachten, wozu insbesondere die Vorschriften des AMG und die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gehörten. Zwischenzeitlich sei die Zulassung mit Bescheid vom 25. Juli 2013 wegen nicht ausreichender Qualität und Prüfung sowie fehlender therapeutischer Wirksamkeit des Arzneimittels versagt worden. Mittlerweile würden die Oxybutynin-Instillationssets nicht mehr als Fertig-, sondern als Rezepturarzneimittel abgegeben und abgerechnet. Da sie zu keinem Zeitpunkt zugelassen und allenfalls nach § 141 Abs. 4 AMG verkehrsfähig waren, scheide nach der Rechtsprechung eine Leistungspflicht der Beklagten aus. Wenn der Versicherte keinen Sachleistungsanspruch habe, scheide wegen eines sonst bestehenden unüberbrückbaren Widerspruchs ein Vergütungsanspruch des Apothekers aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 28. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und hält an der Ansicht fest, dass sein Vergütungsanspruch nicht vom Sachleistungsanspruch des Versicherten abhänge. Dass Apothekern im Falle einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung auch dann ein Vergütungsanspruch zustehe, wenn der Versicherte keinen Anspruch auf Versorgung habe, werde beispielsweise durch die Fälle des nicht vom Leistungsanspruch des Versicherten umfassten und in diesem Sinne unberechtigten Off-Label-Use bestätigt. Die Krankenkassen könnten sich in diesen Fällen nach der Rechtsprechung des BSG nach § 106 SGB V beim Vertragsarzt schadlos halten. Ebenso bestehe ein Vergütungsanspruch bei gefälschten Rezepten. Aus dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot lasse sich keine Pflicht des Apothekers herleiten, die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer ärztlichen Arzneimittelverordnung zu überprüfen. Die grundsätzliche Therapieentscheidung des Arztes dürfe der Apotheker nach den Normverträgen nur im Falle eines Abgabeverbotes in Frage stellen.
Mit Beschluss vom 9. Oktober 2012 hat das SG den Antrag des Klägers vom 5. April 2012 auf Beiladung des Versicherten abgelehnt; die Streitverkündung sei unzulässig. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 17. April 2013 zurück-gewiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger 7.368,79 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Der zwischen den Beteiligten nicht umstrittene, zulässig mittels einer allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) geltend gemachte Zahlungsanspruch des Klägers für die Belieferungen eines Versicherten der Beklagten ist nicht durch Aufrechnung mit der Beklagten zustehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen gegen den Kläger in Höhe von 7.368,79 EUR erloschen. Nach den im Verhältnis zwischen den Beteiligten geltenden Regelungen des Leistungserbringungsrechts hatte der Kläger gegen die Beklagte einen Vergütungsanspruch für die von November 2008 bis Dezember 2009 erfolgten Belieferungen des Versicherten mit Oxybutynin 0,1 % Grachtenhaus Instillationsset 10 ml (10 mg).
Die Zahlungsansprüche des Klägers für die Belieferung des Versicherten ergeben sich aus § 129 SGB V in der jeweils gültigen Fassung in Verbindung mit den zwischen den Beteiligten geltenden vertraglichen Regelungen des Leistungserbringungsrechts.
Nach § 129 SGB V i.V.m. den ergänzenden Verträgen nach § 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - Az.: B 3 KR 13/08 R, nach juris) geben die Apotheken vertragsärztlich verordnete Arzneimittel an Versicherte der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ab. § 129 SGB V regelt den Abschluss von Rahmenverträgen über die Arzneimittelversorgung, und zwar in Absatz 2 bis Absatz 4 auf Bundesebene und in Absatz 5 auf Landesebene. Nach § 129 Abs. 2 SGB V regeln die Spitzenverbände der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildete maßgebliche Spitzenorganisation der Apotheker in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere für die Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte. Nach § 129 Abs. 5 SGB V können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen mit der für die Wahr-nehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisation der Apotheker auf Lan-desebene ergänzende Verträge schließen. Der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 SGB V hat nach Absatz 3 Rechtswirkung für Apotheken, wenn sie einem Mitgliedsverband der Spitzenorganisation angehören und die Satzung des Verbandes vorsieht, dass von der Spitzenorganisation abgeschlossene Verträge für die dem Verband angehörenden Apotheken Geltung haben, oder wenn sie dem Rahmenvertrag beitreten. Das gilt nach § 129 Abs. 5 Satz 2 SGB V für die Verträge auf Landesebene entsprechend. Die nach § 129 SGB V geschlossenen Verträge regeln vorrangig nicht die Beziehungen zwischen den vertragsschließenden Verbänden, sondern zwischen den einzelnen Krankenkassen und den Apothekern. Sie wirken insoweit normativ. Sie sind wie Rechtsnormen allein nach dem "objektivierten Willen des Gesetzes" auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Januar 1996 - Az.: 3 RK 26/94, nach juris). Maßgebend sind also § 129 SGB V sowie die ergänzenden Vereinbarungen, der Rahmenvertrag auf Bundesebene nach § 129 Abs. 2 SGB V und der ALV auf Landesebene. Mit der Abgabe vertragsärztlich verordneter Arzneimittel erfüllt die Krankenkasse ihre im Verhältnis zum Versicherten bestehende Pflicht zur Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V und § 31 SGB V, wie auch durch die allgemeinen vertraglichen Regelungen nach § 129 Abs. 2 und Abs. 5 Satz 1 SGB V nochmals betont wird. Die vertragsärztliche Verordnung dokumentiert, dass das Arzneimittel als Sachleistung der GKV (§ 2 Abs. 2 SGB V) auf Kosten der Krankenkasse an den Versicherten abgegeben wird. Als Pendant zur Lieferberechtigung und -verpflichtung besteht ein Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse dem Grunde nach; er wird durch das Vertragsarztrezept als dem für das Abrechnungsverhältnis zwischen Apotheker und Krankenkasse maßgeblichen Dokument konkretisiert (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 a.a.O., Rn. 17, m.w.N.).
Die in Verbindung mit § 129 SGB V für das Bestehen eines Vergütungsanspruchs des Kläger einschlägigen ergänzenden Vereinbarungen sind auf Bundesebene der "Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V" vom 23. März 2007 (RahmenV) sowie der den RahmenV ergänzende ALV, geschlossen zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) und dem AEV - Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. und dem Deutschen Apothekerverband e.V. (in der ab 1. Oktober 2008 gültigen Fassung). § 4 ALV enthält insoweit nähere Abgabebestimmungen. Der Kläger ist als Mitglied des Thüringer Apothekerverbandes e.V. nach § 2 Abs. 2 ALV, die Beklagte als Mitgliedskasse des vertragsschließenden VdAK nach § 2 Abs. 1 ALV an diesen Landesvertrag gebunden.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger durch die Abgabe der Oxybutynin Instillationssets nicht gegen Abgabebestimmungen nach § 4 Abs. 2 ALV oder sonstige Vor-schriften des ALV verstoßen hat. Mangels hierfür bestehender Anhaltspunkte bedarf dies daher keiner weiteren Prüfung.
Des Weiteren setzt ein Vergütungsanspruch des Klägers voraus, dass er sein spezifisches Be-rufsrecht beachtet, insbesondere auch die Regelungen des AMG. Es ist nicht Ziel des ALV, Apotheken von ihren spezifischen beruflichen Pflichten zu dispensieren, etwa nicht zugelassene Arzneimittel auf Kosten der GKV an Versicherte abzugeben. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Argumenten im Urteil des BSG vom 13. September 2011 - Az.: B 1 KR 23/10 R (dort: Leistungserbringung durch einen Heilmittelerbringer), bezüglich der Verpflichtung des Leistungserbringers (hier: Apotheke), eine vertragsärztliche Verordnung nach höherrangigem Recht zu überprüfen, an. Dem steht auch § 4 Abs. 4 Satz 2 ALV nicht entgegen, nach der die Apotheker grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Verordnungsfähigkeit eines verordneten Arzneimittels verpflichtet sind. Dieser bezieht sich weder vom Wortlaut noch vom Regelungszweck her auf die Zulassung des Arzneimittels nach § 21 AMG. Diese Prüfungen gehören zum originären Aufgabengebiet der Apotheken (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2005 - Az.: B 3 KR 2/05 R, Rn. 29, nach juris).
Die betroffene Abgabe des Arzneimittels verstieß hier allerdings nicht gegen europäisches Arzneimittelrecht oder das AMG oder untergesetzliches Arzneimittelrecht.
Die ärztlich verordneten Oxybutynin Instillationssets waren zum Zeitpunkt der Belieferung des Versicherten nicht nach § 21 AMG zugelassen. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Kommission der Euro-päischen Gemeinschaften oder der Rat der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Art. 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europä-ischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsver-fahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. EU Nr. L 136 S. 1) erteilt hat. Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind und aufgrund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu 100 abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind. Nach dem Schreiben der F. und H. H. vom 17. November 2009 - der für die Überwachung nach dem AMG zuständigen Landesbehörde - handelt es sich bei den Oxybutynin Instillationsets um Fertigarzneimittel, die seit der Änderung des AMG mit Wirkung vom 6. September 2005 erstmals der Zulassung nach § 21 AMG bedürfen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben nicht die Befugnis, arzneimittelrechtliche Entscheidungen der nach dem AMG zuständigen Behörden - wie hier - (oder der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit) zu überprüfen (vgl. BSG, Urteil vom 27. September 2005 - B 1 KR 6/04 R, nach juris). Eine Zulassung nach § 21 AMG war weder vom Bundesgesundheitsamt, noch von der zuständigen europäischen Behörde erteilt worden. Eine fehlende Zulassung hat grundsätzlich zur Folge, dass das betroffene Fertigarzneimittel nicht in den Verkehr gebracht werden darf. Hier bestand entgegen diesem Grundsatz nach der Übergangsvorschrift des § 141 Abs. 4 AMG Verkehrsfähigkeit, worüber die F. und H. H. den Hersteller, den Inhaber der G.-Apotheke, mit Schreiben vom 17. November 2009 informierte, weil er beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bis zum 1. September 2008 einen Antrag auf Zulassung des Fertigarzneimittel gestellt hatte. Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass das Fertigarznei-mittel in der Lauer-Taxe (auch bezeichnet als "Große Deutsche Spezialitätentaxe" und "AB-DA-Artikelstamm") als verkehrsfähig gelistet war. Die Lauer-Taxe stellt entgegen den Ausführungen der Beklagten keine unverbindliche Informationsquelle dar. Sie enthält alle in Deutschland verkehrsfähigen und damit grundsätzlich zugelassenen Fertigarzneimittel sowie weitere Informationen insbesondere für Apotheker und Ärzte. Dazu gehören nicht nur Preisinformationen, sondern auch Artikelgrunddaten, Rechtsinformationen, Vertriebsinformationen, Name und Anschrift des Anbieters sowie ergänzende Produktinformationen. So ist sie Grundlage der Vergütung der Apotheker für die von ihnen an Versicherte der Krankenkassen abgegebenen Arzneimittel. Ebenso ist sie maßgeblich für den Apotheker- und sogenannten Herstellerrabatt und im Rahmen des Herstellerrabatts für den Tatbestand einer Preiserhöhung. Sie stellt für Patienten, Vertragsarzt und Apotheker eine grundsätzlich verlässliche Informationsquelle dar. Die Einführung eines Fertigarzneimittels in den Markt erfolgt dadurch, dass der pharmazeutische Unternehmer dafür sorgt, dass die rechtlichen Voraussetzungen zur Abgabe des Fertigarzneimittels an Versicherte erfüllt sind. Die Markteinführung ist abgeschlossen, wenn das arzneimittelrechtlich verkehrsfähige Fertigarzneimittel mit PZN und Herstellerabgabepreis in der Lauer-Taxe gelistet ist (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2013 - Az.: B 1 KR 18/12 R, nach juris). Diese Voraussetzungen lagen hier für die Oxybutynin-Instillationssets 0,1 der G.-Apotheke im streitigen Zeitraum vor.
Entgegen den Ausführungen der Beklagten wirken sich dagegen die zwischen der Beklagten und Dritten - hier des Versicherten - ergebenden Rechtsbeziehungen auf den Vergütungsanspruch des Klägers nicht unmittelbar aus, weil der Kläger im Verhältnis zur Beklagten eigenen Pflichten und Obliegenheiten ausgesetzt ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2010, a.a.O., Rn. 27). Es kommt also hier nicht darauf an, dass die lediglich aufgrund übergangsrechtlicher Vorschriften beruhende Verkehrsfähigkeit des Fertigarzneimittels, das in dem hier maßgeblichen Zeitraum keine Prüfung nach den Maßstäben des AMG durchlaufen hat, nicht ohne Weiteres zur Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV führt (vgl. BSG, Urteil vom 28. August 2013 - B 6 KA 27/13 B, m.w.N., nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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