Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 19 KR 1411/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1002/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 6. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Krankenhausvergütung.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelas-senes Krankenhaus, in dem die bei der Beklagten versicherte 1922 geborene M. G. (im Fol-genden: Versicherte) vom 25. Februar bis 12. April 2010 aufgrund vertragsärztlicher Verordnung der Dipl.-Med. B. (Diagnosen: Diabetisches Fußsyndrom, insulinpflichtiger Diabetes, Nephropathie, Hypertonus, Zustand nach Herzinfarkt) stationär behandelt wurde. In der Entlassungsanzeige vom 15. November 2011 nannte die Klägerin als Hauptdiagnose I70.24 (Artherosklerose Extremitätenarterien Becken-Bein-Typ mit Gangrän) und weitere Nebendiagnosen u.a. ICD-10 E11.73 (Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus (Typ-2-Diabetes) mit sonstigen multiplen Komplikationen, als entgleist bezeichnet) und Prozeduren. Im Entlassungsbrief vom 12. April 2010 gab sie folgende Diagnosen an: Chronisch kritische Extremitätenischämie beidseits infolge peripherer arterieller Verschlusserkrankung vom Ober- und Unterschenkeltyp beidseits, rechts im Stadium IV mit feuchter Gangrän des 5. Strahls, Osteolyse und Luxation im Grundgelenk des 5. Strahls, links im Stadium IV nach Fontaine mit Fersennekrose, entgleiste Niereninsuffizienz Stadium IV, entgleister Diabetes mellitus mit multiplen Komplikationen, MRSA-Screening negativ, transfusionspflichtige Anämie, Hypourikämie, Verlust des rechten Unterschenkels, Hyponatriämie und als Nebendiagnosen u.a.: Sekundär insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit diabetischer Angio-, Polyneuro-, Retino- und Nephropathie. Danach erfolgte die stationäre Aufnahme mit einer feuchten Gangrän im Bereich des rechten Fußes. Die Klägerin berechnete der Beklagten (Rechnung vom 12. April 2010) für die Behandlung 14.526,65 EUR (Fallpauschale - German Diagnosis Related Group Version 2010 (G-DRG) F28A (Amputation mit zusätzlichem Gefäßeingriff oder mit Hauttransplantation mit äußerst schweren oder schweren CC)). Diese zahlte zunächst den in Rechnung gestellten Betrag und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Thüringen e.V. mit der Überprüfung des Behandlungsfalles.
In der Stellungnahme vom 13. August 2010 führte der MDK aus, Anlass für den Kranken-hausaufenthalt sei die chronisch kritische Extremitätenischämie beider Beine bei bekannter peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) vom Ober- und Unterschenkeltyp beidseits Stadium IV nach Fontaine und sekundär insulinpflichtigem, nunmehr akut entgleistem Diabetes mellitus mit diabetischer Angio-, Polyneuro-, Retino- und Nephropathie gewesen. Gemäß der Kodierempfehlung Nr. 56 (Diabetes, pAVK, Diabetisches Fußsyndrom) der SEG 4 der MDK-Gemeinschaft werde bei Vorliegen eines kausalen Zusammenhangs zwischen der pAVK und dem Diabetes mellitus sowie der Angaben der Diagnosen von vaskulären und/oder polyneuropathischen Diabetes-Komplikationen der Diabetes mellitus als Hauptdiagnose kodiert. Als Nebendiagnosen würden z. B. I79.2 (Periphere Angiopathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten) und I70.23 (Atherosklerose der Extremitätenarterien Becken-Bein-Typ, mit Ulzeration, hier: I70.24) angegeben. Im vorliegenden Fall könne ein direkter Zusammenhang zwischen dem (nunmehr auch schon insulinpflichtigen) Diabetes und der fortgeschrittenen pAVK Stadium IV beidseits nicht negiert werden. Zudem werde im Entlassungsbericht ausdrücklich auf das Vorliegen entsprechender Diabetes-Komplikationen verwiesen. Somit sei gutachterlich der ICD-Kode E11.75 (Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus (Typ-2-Diabetes) mit multiplen Komplikationen mit diabetischer Fußsyndrom als entgleist bezeichnet) als Hauptdiagnose zu empfehlen. Als zutreffend werde die DRG K01C (Verschiedene Eingriffe bei Diabetes mellitus mit Komplikationen, ohne geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung, ohne Gefäßeingriff, mit äußerst schweren CC oder komplexer Arthrodese des Fußes) angesehen.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit, auf der Grundlage des MDK-Gutachtens habe sie den überzahlten Betrag in Höhe von 6.102,10 Euro verrechnet. Hiergegen wandte die Klägerin ein, bei der Versicherten habe eindeutig als Hauptdiagnose eine pAVK vorgelegen. Nach der Stellungnahme des MDK vom 12. April 2011 ist nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) Spezielle Kodierrichtlinien 0401h der Diabetes mellitus als Hauptdiagnose zu ver-schlüsseln. Zu klären sei jedoch, ob ICD-10 E11.50 (pAVK bei Diabetes mellitus) oder ICD-10 E11.74 (Diabetisches Fußsyndrom) die Hauptdiagnose sei. Diesbezüglich sei die D002f (Konkurrierende Hauptdiagnosen) bindend. Der höhere Ressourcenverbrauch sei durch das Fußsyndrom entstanden.
Am 12. April 2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und ausgeführt, bei der Versicherten hätten sich an beiden Füßen massive Wundsituationen gezeigt. Im Bereich des rechten Fußes sei ein feuchtes Gangrän festgestellt. Das Köpfchen des Mittelfußknochens habe aus der Wunde herausgeragt und sei osteolytisch verändert gewesen. Im Bereich des Fußes habe eine ausgedehnte Entzündungsreaktion bestanden. Zunächst sei die Lokalsituation dokumentiert, sodann eine angepasste Antibiotikatherapie durchgeführt worden. Der Gefäßstatus sei im Rahmen einer MR-Angiographie erhoben worden. Im Bereich der linken Ferse hätten sich Nekrosen gezeigt, die unter Lagerungsmaßnahmen weiter fortschreitend waren und zur durchblutungsverbessernden Therapie gezwungen hätten. Eine beidseitig durchgeführte Dopplerdruckmessung habe den ärztlicherseits bei der Aufnahme erhobenen Verdacht auf das Bestehen einer arteriellen Verschlusserkrankung beider Beine bestätigt. Den Gutachten des MDK sei nicht zu folgen, weil nicht die Diabeteserkrankung Hauptursache für den Krankenhausaufenthalt gewesen sei, sondern vielmehr die arterielle Verschlusssituation an beiden Beinen bis in die Oberschenkel. Die Aufnahme der Versicherten sei mit den nekrotischen Wundzeichen an beiden Füßen erfolgt, die nur Symptome einer dahinterstehenden Erkrankung seien. Im Rahmen der weitergehenden Untersuchungen seien die manifesten Ver-schlusssituationen beider Ober- und Unterschenkel festgestellt worden. Eine mehretagige ar-terielle Verschlusserkrankung, die bereits ab den Oberschenkelarterien beginne, sei für den Diabetes mellitus untypisch. Der Verschluss von Oberschenkel- und Kniegelenksarterien führe allerdings zu der beschriebenen Minderversorgung der Unterschenkel- und Fußgefäße, was wiederum bei den beschriebenen Läsions- und Druckverhältnissen sofort zu dem Auftreten der Wundsituation führen könne. Für den Diabetes mellitus sei wiederum die Minderversorgung der Kleinstgefäße in der Peripherie typisch, die allerdings ein ähnliches Erscheinungsbild, nämlich das sogenannte diabetische Fußsyndrom erzeugen könne. Deswegen sei es auch nicht untypisch, dass im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung das diabetische Fußsyndrom erwähnt sei. Entscheidend sei jedoch die Aufklärung der Ursache. Ursächlich seien eindeutig die Verschlusssituationen an Oberschenkel-, Kniegelenks- und Unterschenkelarterien, in der vorbeschriebenen Reihenfolge. Damit sei die pAVK Ursache der symptomatisch bei der Auf-nahme festgestellten Wundsituation beider Füße. Sie werde durch verschiedene Faktoren - Lebensalter, Rauchen, Adipositas, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Bluthochdruck - begünstigt. Bei der Versicherten hätten neben dem Diabetes mellitus als weitere Risikofaktoren arterielle Hypertonie und ein hohes Lebensalter vorgelegen. Weiterhin spreche gegen eine Ursächlichkeit des Diabetes mellitus für die pAVK, dass dieser regelmäßig nur zum Verschluss peripherer Kleingefäße und nicht zum Verschluss von großen Arterien führe. Die pAVK, eine eigenständige Erkrankung, sei alleiniger Anlass für die stationäre Aufnahme der Versicherten gewesen und somit als Hauptdiagnose zu verschlüsseln. Insoweit verweise sie auf die Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der pAVK. Die geringen Schmerzen der Versicherten und das feuchte Gangrän sprächen für das klinische Bild des diabetischen Fußes. Darüber hinaus seien jedoch fehlende Fußpulse, ein bestehender Hypertonus und Mehretagenverschlüsse festgestellt worden. Es sei ein angioplastischer Eingriff und im weiteren Verlauf auch eine Majoraamputation im Bereich des rechten Unterschenkels erfolgt. Diese Fakten sprächen für das Vorliegen des klinischen Bildes der pAVK. Wenn Mischbilder beider Krankheiten vorlägen, müsse geprüft werden, ob zwei oder mehrere Diagnosen als Hauptdiagnose in Frage kämen. In diesem Fall sei vom behandelnden Arzt die Diagnose auszuwählen, die den höchsten Ressourcenverbrauch habe. Das bedeute, dass selbst im Zweifelsfall die pAVK als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei. Die Behandlung eines diabetischen Fußes erfolge im Übrigen nicht durch Majoraamputation. Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme des MDK vom 15. Juni 2012 vorgelegt, wonach eindeutig die Veränderungen des Fußbereiches zur stationären Aufnahme geführt haben. Die beschriebenen Veränderungen wären aufgetreten, obwohl kein Trauma erinnerlich war. Es sei außerdem keine Heilungstendenz beschrieben. Das sei ein typisches Beispiel für ein diabetisches Fußsyndrom mit Ulzerationen. Im Rahmen der Polyneuropathie könnten Traumata nicht bemerkt werden, ebenso würden Wunden sehr spät bemerkt. Durch die diabetesbedingte Mikrozirkulationsstörungen komme es zu einer verzögerten Wundheilung. Insbesondere das Muster mit Beteiligung aller Unter-schenkelarterien beider Beine spreche für das Vorliegen einer diabetischen Makroangiopathie. Hinzu komme die diabetische Mikroangiopathie. So seien die Prostavasininfusionen Mittel zur Behandlung der diabetischen Mikroangiopatie, die PTA Mittel zur Behandlung der Mak-roangiopathie. Die Beklagte hat ein weiteres Gutachten des MDK vom 29. November 2012 vorgelegt. In der für das Jahr 2010 gültigen Fassung 0401h der Speziellen Kodierrichtlinien sei klar ausgeführt, dass bei Vorliegen eines Diabetes mellitus, wenn er oder eine seiner Komplikation oder aber mehrere Komplikationen zur Aufnahme führten, diese als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei. Dass die pAVK bei verschiedenen Erkrankungen auftreten könne und dass sie keine explizit typische allein diabetisch bedingte Veränderung sei, sei unstrittig, aber im vorliegenden Fall für die Wahl der Hauptdiagnose nebenrangig. Aufgrund des Befallmusters, der langen Erkrankungszeit und dem Vorliegen eines diabetischen Fußsyndroms mit praktischen und kardiologischen Erkrankungen, sei ein Zusammenhang zwischen dem Diabetes mellitus und der Gefäßerkrankung offensichtlich. Das Verteilmuster sei in diesem Fall sehr wohl sehr typisch für den Diabetes mellitus, wie auch in der von der Klägerin zitierten Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der pAVK ausgeführt.
Das SG hat ein Gutachten des Prof. Dr. T. vom 2. April 2013 eingeholt, nach dem bei der Versicherten sowohl die Diagnose ICD-10 I70.24 (Atherosklerose der Extremitätenarterien: Becken-Bein-Typ mit Gangrän) als auch ICD-10 E11.75 (nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus: mit multiplen Komplikationen: mit diabetischen Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet) vorlagen. Sie erfüllten zunächst beide gleichermaßen die Kriterien für eine Hauptdiagnose. Jedoch gäben die ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien, die sich auf das Jahr 2010 beziehen, in diesem Fall Verschlüsselungsanweisungen vor, sodass E11.75 als Hauptdiagnose auszuwählen sei. Zusammenfassend überwögen hier die Charakteristika der Diagnose ICD-10 E11.75. Zur Aufnahme hätten primär die Befunde an den Füßen der Versicherten geführt. Auch hier sei mit der Unterschenkelamputation und der Wundrevisionen und Debridements der höhere Aufwand betrieben worden, was sich in einem höheren Verbrauch an Ressourcen niedergeschlagen habe. Die Angiographie und Interventionen andererseits hätten Verengungen an den Oberschenkelschlagadern betroffen, was für die Hauptdiagnose Atherosklerose sprechen könnte und so auch von der Klägerin vorgetragen werde. Die Verschlüsse in allen Unterschenkelarterien wiederum seien eine ganz typische Manifestation des Diabetes mellitus. Zwischenzeitlich sei die Diskrepanz in der Höhe der Vergütung durch eine neue Eingruppierung der ICD-10 E11.75 aufgehoben worden.
Hiergegen hat die Klägerin eingewandt, eine wie von dem Sachverständigen und vom MDK vorgenommene Zuweisung der pAVK als Manifestation des Diabetes mellitus komme schon deshalb nicht in Betracht, weil medizinisch und wissenschaftlich der Diabetes mellitus nicht als Ursache der pAVK klassifiziert werden könne. Die festgestellten Hautverletzungen im Sinne des feuchten Gangrän und der Nekrosen seien ein typisches Symptom der pAVK, die aber nicht als Symptom des Diabetes mellitus gelten könne. Bezüglich der ICD-10 E11.75 sei zunächst zu betonen, dass der Diabetes mellitus der Versicherten nicht behandelt worden sei. Dagegen messe der Sachverständige dem in der Krankenakte nicht dokumentierten diabetischen Fußsyndrom, d.h. den Verletzungen am Fuß und deren Zuweisung zur Diabetes als diabetesassoziiert eine wesentliche Bedeutung bei. Dabei stützte er sich ausschließlich darauf, dass die Verschlüsse an den Unterschenkelarterien eine typische Manifestation beim Diabetes mellitus seien. Dies ändere allerdings nichts daran, dass nach der Leitlinienlage der Diabetes mellitus zwar ein Risikofaktor der Atherosklerose, diese wiederum aber nicht diabetesspezifisch sei. Selbst wenn man annehmen würde, dass beide Diagnosen geeignet seien, die Hauptdiagnosedefinition zu erfüllen, verbleibe es dabei, dass die pAVK den höheren Ressourcen-verbrauch mit sich bringe.
Nach der ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. T. vom 6. Juni 2013 ist die von der Klägerin zitierte Verschlussdruckmessung nicht allein hinweisend auf eine Atherosklerose, sie sei genauso sinnvoll in der Diagnostik des diabetischen Fußsyndroms. Die Gangrän sei in der ICD-10 E11.75 unter den multiplen Komplikationen enthalten. Er könne die Argumentationskette der Klägerin für die ICD-10 I70.24 in ihrer Logik nicht nachvollziehen. Diabetes sei bei der Versicherten der wichtigste Risikofaktor und aus der Krankengeschichte belegt, dass dieser überwiege und damit die wesentliche Ursache für die Entstehung der Gangrän und letztlich der entscheidende Grund für die Krankenhausbehandlung sei. In der Kausalkette rangiere er vor der Atherosklerose als Risikofaktor für diese selbst, aber auch losgelöst als Risikofaktor für die diabetische Angio- und Neuropathie. Wissenschaftlich gesehen komme der diabetischen Stoffwechsellage der Versicherten die überwiegende Bedeutung für die Entstehung der Nekrosen zu (auch unter Berücksichtigung anderer Faktoren außerhalb der Atherosklerose wie des erhöhten Blutdrucks und der Fettstoffwechselstörung). Keinesfalls sei allein die Atherosklerose für die Nekrosen verantwortlich. Die von der Klägerin zitierten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin bezögen sich auf Diagnostik und Therapie und nicht auf die Krankheitsentstehung. Sie seien daher zur wissenschaftlichen Begründung einer vermeintlichen Kausalität ungeeignet.
Mit Urteil vom 6. Mai 2014 hat das SG die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hält die Klägerin an ihrer Ansicht fest. Weil keine ausreichende Blut-versorgung infolge der Stenosen der blutversorgenden Gefäße in der Peripherie erfolgt sei, hätten die Wunden entstehen können und nicht etwa, weil die Versicherte unter Diabetes mellitus gelitten habe. Eine solche Ursache-Wirkung-Beziehung sei falsch. Dass der Diabetes mellitus die pAVK verursacht habe, könne nicht bejaht werden, weil bei der Versicherten noch andere Risikofaktoren wie Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie und ein hohes Lebensalter vorgelegen hätten. Dies wiederum habe Auswirkungen auf die Kodierung der Hauptdiagnose, weil bei fehlender nachweisbarer Kausalbeziehung zwischen Symptom (hier: pAVK im Sinne der bestehenden Verengungen der Arterien in den Beinen) und zu Grunde liegender Krankheit (hier: Diabetes mellitus) eben nicht die Kodiervorschrift D002f eingreife. Es bleibe daher einzig der Kausalzusammenhang zwischen den Wundsituationen der Füße und den vorbestehenden Verschlusssituationen in den Arterien der Beine der Versicherten, woraus zu schlussfolgern sei, dass nach Anwendung der vorbezeichneten Kodiervorschrift die pAVK als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei. Es sei die Behandlung der Verschlusssituationen in den Beinen der Versicherten und der sich daraus ergebenden Folgen bis hin zur Amputation des rechten Unterschenkels erfolgt. Wenn aber im Vordergrund der stationären Aufnahmesymptome (Wundsituationen) die pAVK gestanden hätte, dann komme eine Verschlüsselung des Diabetes mellitus als Hauptdiagnose nicht in Betracht. Liege neben dem Diabetes mellitus, gegebenenfalls mit Komplikationen, gleichzeitig eine Gefäßerkrankung des Versicherten vor und werde diese sowie deren Folgen im Krankenhaus behandelt, könne diese Gefäßerkrankung, weil sie über ein eigenes klinisches Bild verfüge und eben nicht zwangsläufig im Kausalzusammenhang zum Diabetes mellitus stehe, insbesondere dann nicht, wenn weitere klassische Risikofaktoren, die zu der Gefäßerkrankung führten, als Hauptdiagnose verschlüsselt werden. Insoweit verweise sie auf die Kodiervorschrift DKR 0401h - Diabetes als Nebendiagnose. Seit 2009 sei in dieser Kodiervorschrift klargestellt, dass bei gleichzeitigem Vorliegen einer Gefäßerkrankung und eines Diabetes mellitus grundsätzlich sowohl die Gefäßerkrankung als auch der Diabetes mellitus Hauptdiagnose werden könne. Die Auswahl sei im Einzelfall in Abhängigkeit von der individuellen Krankengeschichte des Versicherten zu treffen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 6. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.102,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. August 2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Ergebnis auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Am 9. Juni 2007 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durch-geführt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 erklärt, eine vergleichsweise Einigung komme für sie nicht in Betracht. Sie sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 26. Juli 2017 ebenfalls ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der weiteren Vergütung für die vollstationäre Behandlung eines Versicherten in Höhe von 6.102,10 Euro. Diesen Anspruch macht sie zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers - wie der Klägerin - auf Zahlung der Behand-lungskosten einer Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 KR R m.w.N., nach juris). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch - mit 6.102,10 Euro - beziffert.
Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung der stationären Kranken-hausbehandlung anderer Versicherter erlosch dadurch in Höhe von 6.102,10 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten aufrechnete. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine weitere Vergütung in Höhe 6.102,10 Euro nicht zu.
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst ein Anspruch auf die abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats ist daher nicht erforderlich (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 - Az.: B 1 KR 16/11 R, nach juris). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherte kraft Gesetzes (§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 57/12 R m.w.N., nach juris). Die Krankenhausvergütung bemisst sich nach den in Rechnung gestellten vertraglichen Fallpau-schalen einschließlich Zusatzentgelten und sonstiger Entgelte auf gesetzlicher Grundlage (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - Az.: B 1 KR 8/11 R, nach juris).
Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten der Beklagten erlosch dadurch in Höhe von 6.102,10 Euro, dass sie wirksam mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufrechnete. Der Vergütungsanspruch und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Er-stattungsanspruch waren fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Die Vo-raussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 6.102,10 Euro waren erfüllt, weil die von der Beklagten bezahlte Rechnung über die Behandlung der Versicherten um diesen Betrag überhöht war und sie diesen ohne Rechtsgrund an die Klägerin gezahlt hat.
Rechtsgrundlage des von der Beklagten abgerechneten und von der Klägerin durch Zahlung erfüllten Vergütungsanspruchs aus der im Jahr 2010 erfolgten stationären Behandlung der Versicherten ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 74 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007 - BGBl. I 2007, Seite 378 ff) i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (i.d.F. des Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz - KHRG) vom 17. März 2009, BGBl I 534) sowie § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG, i.d.F. des KHRG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge/Fallpauschalenverordnungen) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (hier: Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2010 (FPV 2010)).
Der in Ausführung der genannten gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog 2010 sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung nach Gegenstand und prägenden Merkmalen nach einem vom DIMDI herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Der sich ergebende Kode ist in zu diesen Zwecken entwickelte Computerprogramme (sog. Grouper) einzugeben, die dann nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG vornehmen. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von dem Krankenhaus zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - Az.: B 1 KR 8/11 R, nach juris).
Nach der Rechtsprechung des 1. und (jetzt nicht mehr zuständigen) 3. Senats des BSG ist der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Be-handlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Ver-gütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem syste-matischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrich-tigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011, a.a.O.).
Maßgebend sind hier die Fallpauschalenvereinbarung 2010 und die DKR in der Version 2010. Die Klägerin durfte die erfolgte stationäre Behandlung des Versicherten - ausgehend von den generellen Vorgaben - nicht nach der G-DRG F28A abrechnen. Hierbei ist zwischen den Be-teiligten unstreitig, dass der Grouper bei Kodierung der ICD-10-GM I70.24 als Hauptdiagnose die DRG F28A und bei Kodierung der ICD-10-GM E11.75 als Hauptdiagnose, die DRG K01C ansteuert. Die Klägerin hat zu Unrecht als Hauptdiagnose die ICD-10-GM I70.24 kodiert. Diese war nicht Anlass für die stationäre Aufnahme der Versicherten am 17. November 2009, auch nicht "nach Analyse" der vorliegenden Unterlagen.
Nach den DKR Version 2010 D002f wird die Hauptdiagnose definiert als: "Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist". Weiter heißt es dort: "Der Begriff "nach Analyse" bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Auf-enthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Ver-anlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war. Die dabei evaluierten Befunde können Informationen enthalten, die aus der medizinischen und pflegerischen Anamnese, einer psychiatrischen Untersuchung, Konsultationen von Spezialisten, einer körperlichen Untersuchung, diagnostischen Tests oder Prozeduren, chirurgischen Eingriffen und pathologischen oder radiologischen Untersuchungen gewonnen wurden. Für die Abrechnung relevante Befunde, die nach der Entlassung eingehen, sind für die Kodierung heranzuziehen. Die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen.
Anmerkung 1: Es ist nicht auszuschließen, dass diese Definition der Hauptdiagnose vereinzelt im DRG-System keine adäquate Abbildung der Krankenhausleistung erlaubt. Im Rahmen der Entwicklung und Pflege des Entgeltsystems werden solche Fälle verfolgt und auch gegebe-nenfalls notwendige Maßnahmen geprüft."
Daneben bestehen Spezielle Kodierrichtlinien für Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechsel-krankheiten (4). In der Kodierrichtlinie 0401h werden zunächst die verschiedenen Typen des Diabetes mellitus beschrieben sowie die Verschlüsselungen angewiesen. Weiter heißt es dort: Liegt eine Form des Diabetes mellitus vor, die mit einem Kode aus E10.- bis E 14.- verschlüsselt wird und bestehen Komplikation des Diabetes, so ist für die korrekte Verschlüsselung zunächst festzustellen, ob die Behandlung der Grunderkrankung Diabetes mellitus oder die Behandlung einer oder mehrerer Komplikationen hauptsächlich die stationäre Aufnahme veranlasst hat. Des Weiteren ist für die Kodierung von Bedeutung, wie viele Komplikationen des Diabetes mellitus vorliegen, und ob diese die Nebendiagnosedefinition erfüllen. Danach ist an vierter Stelle "7" zu kodieren, sofern die Grunderkrankung Diabetes mellitus behandelt wird und multiple Komplikationen des Diabetes mellitus vorliegen, ohne dass die Behandlung einer Manifestation im Vordergrund steht. Außerdem sind die Kodes für die einzelnen Manifestationen anzugeben, sofern diese der Nebendiagnosedefinition entsprechen. Sofern Komplikationen (Manifestationen) des Diabetes mellitus vorliegen und die Behandlung einer Manifestation im Vordergrund steht, ist E10-E14, vierte Stelle entsprechend dieser Manifestation, zu kodieren gefolgt vom entsprechenden Kode für diese Manifestation. Die Kodes für die weiteren Manifestationen sind anzugeben, sofern sie der Nebendiagnosedefinition entsprechen (Seite 74, 75).
Sofern multiple Komplikationen (Manifestationen) des Diabetes mellitus vorliegen und die Behandlung mehrerer Manifestationen im Vordergrund steht, ist entsprechend der Regelung zu "zwei oder mehr Diagnosen, die gleichermaßen der Definition der Hauptdiagnose entspre-chend" in der DKR D002 Hauptdiagnose (Seite 4) zu verfahren. Somit ist die vierte Stelle des Kodes aus E10 - E14 entsprechend der Manifestation zu wählen, die vom behandelnden Arzt als die am besten der Hauptdiagnosedefinition entsprechende ausgewählt wurde. Zudem ist der entsprechende Kode für diese Manifestation anzugeben. Die Kodes für die weiteren Manifestationen sind anzugeben, sofern sie der Nebendiagnosedefinition entsprechen (Seite 77).
Erfolgt die stationäre Aufnahme aus einem anderen Grund als dem Diabetes mellitus, ist dieser als Nebendiagnose unter Beachtung weiterer Regelungen zu verschlüsseln. Als Beispiele hierzu werden genannt, dass ein Patient mit Diabetes mellitus Typ 2 wegen einer geschlossenen Humeruskopffraktur oder Weichteilschaden stationär aufgenommen wird oder ein Patient mit langjähriger arterieller Hypertonie und intensivem Nikotinabusus aufgrund der Verschlechterung einer bekannten arteriellen Verschlusskrankheit mit Ruheschmerz zur Bypass-Operation aufgenommen wird (Seite 78).
Danach erfolgt eine Benennung spezifischer Komplikationen des Diabetes mellitus (u.a. Nie-renkomplikationen, diabetische Polyneuropathie, diabetische Retinopathie, periphere vaskuläre Erkrankung, diabetisches Fußsyndrom). Periphere vaskuläre Erkrankungen, die in kausalem Zusammenhang mit Diabetes mellitus stehen, sind als "Diabetes mellitus mit peripheren vaskulären Komplikationen" zu verschlüsseln. Die Diagnose "diabetischer Fuß" wird kodiert mit E10-E14 ".74" oder ".75" (Diabetes mellitus mit multiplen Komplikationen, mit diabetischem Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet). Die Kodes für die vorhandenen Manifestationen sind danach anzugeben. Zum klinischen Bild des "diabetischen Fußsyndroms" können periphere vaskuläre Erkrankungen z.B. Atherosklerose der Extremitätenarterien, Becken-Bein-Typ, mit Gangrän ICD-10 I70.24 gehören. Im Beispiel 10 wird ein Patient mit entgleistem Diabetes mellitus Typ 1 zur Behandlung eines diabetischen Fußsyndroms mit gemischtem Ulcus der Zehe (bei Angiopathie und Neuropathie) und Erypsel am Unterschenkel aufgenommen. Zu verschlüsseln ist hier als Hauptdiagnose E 10.75 † Primärer insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ 1] mit multiplen Komplikationen, mit diabetischem Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet, als Nebendiagnose G 63.2* Diabetische Polyneuropathie, I79.2* Periphere Angiopathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten, I70.23 Atherosklerose der Extremitätenarterien, Becken-Bein-Typ, mit Ulzerationen, A46 Erysipel [Wundrose]. Das Beispiel enthält den Hinweis, dass der Kode I70.23 in diesem Beispiel zur näheren Spezifizierung der durch das Kreuz-Stern-System beschriebenen Diagnose dient. Er ist hier nicht als Hauptdiagnose anzugeben.
So ist es auch hier. Nach den genannten Speziellen Kodierrichtlinien ist der Diabetes mellitus mit den spezifischen Manifestationen als Hauptdiagnose und nicht -wie hier erfolgt- als Ne-bendiagnose zu kodieren.
Die Versicherte wurde nicht zur Behandlung der Grunderkrankungen Diabetes mellitus, aber zur Behandlung einer oder mehrerer Komplikationen in das Krankenhaus der Klägerin aufgenommen. Sie litt unstreitig an einer langjährigen Diabeteserkrankung mit zahlreichen Komplikationen. Dipl.-Med. B., die Krankenhausbehandlung verordnet hatte, nannte als Diagnosen: Diabetisches Fußsyndrom, insulinpflichtiger Diabetes, Nephropathie, Hypertonus und Zustand nach Herzinfarkt. Im Aufnahmeblatt der Klägerin ist als erste Diagnose das diabetische Fußsyndrom bei Langzeitdiabetes genannt. Weiter ist vermerkt, dass es vor vier Wochen einen spontanen Hautdefekt über dem 1. und 5. Strahl ohne Heilungstendenz gegeben hat. Ebenso wird im Stammblatt als Einweisungsdiagnose ein wunder und eitriger Fuß genannt. Auch im Entlassungsbericht der Klägerin vom 12. April 2010 wird ausgeführt, dass die stationäre Aufnahme der Versicherten mit einem feuchten Gangrän im Bereich des rechten Fußes erfolgte, wobei sich eine ca. 5 cm lange Wunde über dem Grundgelenk des 5. Strahls zeigte. Im Bereich des Fußes bestand eine ausgedehnte Entzündungsreaktion, die zunächst durch eine angepasste Antibiotikatherapie behandelt wurde. Zudem wurde zur Komplettierung des Gefäßstatus einer Magnetresonanz-Angiographie durchgeführt. Insoweit weist der MDK in seinem Gutachten vom 15. Juni 2012 nachvollziehbar darauf hin, dass eindeutig die Veränderungen des Fußbereiches zur stationären Aufnahme führten, die wiederum ein typisches Beispiel für ein diabetisches Fußsyndrom mit Ulzerationen sind. Ein Trauma war nicht erinnerlich, ebenso keine Heilungstendenz ersichtlich. Im Rahmen der (diabetischen) Polyneuropathie können Traumata nicht bemerkt werden, ebenso werden Wunden sehr spät bemerkt. Durch die diabetesbedingte Mikrozirkulationsstörungen kommt es zu einer verzögerten Wundheilung. Diabetes führt nicht nur zur Veränderung im Bereich der Mikrozirkulation, sondern auch zur Schädigung der Gefäße (Makroangiographie) und der Nerven (Neuropathie). Insbesondere das Muster im vorliegenden Fall mit Beteiligung aller Unterschenkelarterien beider Beine spricht für das Vorliegen einer diabetischen Makroangiographie. Das klinische Bild der Versicherten zeigte ein typisches Bild an Komplikationen nach langjährigem Diabetes mellitus, zuletzt insulinpflichtig. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Sachverständige Prof. Dr. T. in seinem Gutachten vom 2. April 2013 nebst ergänzender Stellungnahme vom 6. Juni 2013. Zur Aufnahme führten primär die Befunde an den Füßen der Versicherten. Die Verschlüsse in allen Unterschenkelarterien sind eine ganz typische Manifestation bei Diabetes mellitus. Keinesfalls ist allein die Atherosklerose für die Nekrosen verantwortlich. Darüber hinaus bestätigt er das Vorliegen einer pAVK, weist jedoch auf die Speziellen Kodierrichtlinien bei Vorliegen eines Diabetes mellitus hin. Wie bereits ausgeführt, werden dort spezifische Komplikationen des Diabetes mellitus genannt, zu denen auch die hier bei der Versicherten vorliegende periphere vaskuläre Erkrankung gehört. Insoweit hat die Klägerin nicht nachweisen können, dass die Versicherte aus einem anderen Grund als dem Diabetes mellitus bzw. dessen Manifestationen stationär aufgenommen wurde, was nach den Speziellen Kodierrichtlinien allein rechtfertigen würde, dass der Diabetes mellitus als Nebendiagnose bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen kodiert werden müsste.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Krankenhausvergütung.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelas-senes Krankenhaus, in dem die bei der Beklagten versicherte 1922 geborene M. G. (im Fol-genden: Versicherte) vom 25. Februar bis 12. April 2010 aufgrund vertragsärztlicher Verordnung der Dipl.-Med. B. (Diagnosen: Diabetisches Fußsyndrom, insulinpflichtiger Diabetes, Nephropathie, Hypertonus, Zustand nach Herzinfarkt) stationär behandelt wurde. In der Entlassungsanzeige vom 15. November 2011 nannte die Klägerin als Hauptdiagnose I70.24 (Artherosklerose Extremitätenarterien Becken-Bein-Typ mit Gangrän) und weitere Nebendiagnosen u.a. ICD-10 E11.73 (Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus (Typ-2-Diabetes) mit sonstigen multiplen Komplikationen, als entgleist bezeichnet) und Prozeduren. Im Entlassungsbrief vom 12. April 2010 gab sie folgende Diagnosen an: Chronisch kritische Extremitätenischämie beidseits infolge peripherer arterieller Verschlusserkrankung vom Ober- und Unterschenkeltyp beidseits, rechts im Stadium IV mit feuchter Gangrän des 5. Strahls, Osteolyse und Luxation im Grundgelenk des 5. Strahls, links im Stadium IV nach Fontaine mit Fersennekrose, entgleiste Niereninsuffizienz Stadium IV, entgleister Diabetes mellitus mit multiplen Komplikationen, MRSA-Screening negativ, transfusionspflichtige Anämie, Hypourikämie, Verlust des rechten Unterschenkels, Hyponatriämie und als Nebendiagnosen u.a.: Sekundär insulinpflichtiger Diabetes mellitus mit diabetischer Angio-, Polyneuro-, Retino- und Nephropathie. Danach erfolgte die stationäre Aufnahme mit einer feuchten Gangrän im Bereich des rechten Fußes. Die Klägerin berechnete der Beklagten (Rechnung vom 12. April 2010) für die Behandlung 14.526,65 EUR (Fallpauschale - German Diagnosis Related Group Version 2010 (G-DRG) F28A (Amputation mit zusätzlichem Gefäßeingriff oder mit Hauttransplantation mit äußerst schweren oder schweren CC)). Diese zahlte zunächst den in Rechnung gestellten Betrag und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Thüringen e.V. mit der Überprüfung des Behandlungsfalles.
In der Stellungnahme vom 13. August 2010 führte der MDK aus, Anlass für den Kranken-hausaufenthalt sei die chronisch kritische Extremitätenischämie beider Beine bei bekannter peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) vom Ober- und Unterschenkeltyp beidseits Stadium IV nach Fontaine und sekundär insulinpflichtigem, nunmehr akut entgleistem Diabetes mellitus mit diabetischer Angio-, Polyneuro-, Retino- und Nephropathie gewesen. Gemäß der Kodierempfehlung Nr. 56 (Diabetes, pAVK, Diabetisches Fußsyndrom) der SEG 4 der MDK-Gemeinschaft werde bei Vorliegen eines kausalen Zusammenhangs zwischen der pAVK und dem Diabetes mellitus sowie der Angaben der Diagnosen von vaskulären und/oder polyneuropathischen Diabetes-Komplikationen der Diabetes mellitus als Hauptdiagnose kodiert. Als Nebendiagnosen würden z. B. I79.2 (Periphere Angiopathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten) und I70.23 (Atherosklerose der Extremitätenarterien Becken-Bein-Typ, mit Ulzeration, hier: I70.24) angegeben. Im vorliegenden Fall könne ein direkter Zusammenhang zwischen dem (nunmehr auch schon insulinpflichtigen) Diabetes und der fortgeschrittenen pAVK Stadium IV beidseits nicht negiert werden. Zudem werde im Entlassungsbericht ausdrücklich auf das Vorliegen entsprechender Diabetes-Komplikationen verwiesen. Somit sei gutachterlich der ICD-Kode E11.75 (Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus (Typ-2-Diabetes) mit multiplen Komplikationen mit diabetischer Fußsyndrom als entgleist bezeichnet) als Hauptdiagnose zu empfehlen. Als zutreffend werde die DRG K01C (Verschiedene Eingriffe bei Diabetes mellitus mit Komplikationen, ohne geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung, ohne Gefäßeingriff, mit äußerst schweren CC oder komplexer Arthrodese des Fußes) angesehen.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit, auf der Grundlage des MDK-Gutachtens habe sie den überzahlten Betrag in Höhe von 6.102,10 Euro verrechnet. Hiergegen wandte die Klägerin ein, bei der Versicherten habe eindeutig als Hauptdiagnose eine pAVK vorgelegen. Nach der Stellungnahme des MDK vom 12. April 2011 ist nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) Spezielle Kodierrichtlinien 0401h der Diabetes mellitus als Hauptdiagnose zu ver-schlüsseln. Zu klären sei jedoch, ob ICD-10 E11.50 (pAVK bei Diabetes mellitus) oder ICD-10 E11.74 (Diabetisches Fußsyndrom) die Hauptdiagnose sei. Diesbezüglich sei die D002f (Konkurrierende Hauptdiagnosen) bindend. Der höhere Ressourcenverbrauch sei durch das Fußsyndrom entstanden.
Am 12. April 2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und ausgeführt, bei der Versicherten hätten sich an beiden Füßen massive Wundsituationen gezeigt. Im Bereich des rechten Fußes sei ein feuchtes Gangrän festgestellt. Das Köpfchen des Mittelfußknochens habe aus der Wunde herausgeragt und sei osteolytisch verändert gewesen. Im Bereich des Fußes habe eine ausgedehnte Entzündungsreaktion bestanden. Zunächst sei die Lokalsituation dokumentiert, sodann eine angepasste Antibiotikatherapie durchgeführt worden. Der Gefäßstatus sei im Rahmen einer MR-Angiographie erhoben worden. Im Bereich der linken Ferse hätten sich Nekrosen gezeigt, die unter Lagerungsmaßnahmen weiter fortschreitend waren und zur durchblutungsverbessernden Therapie gezwungen hätten. Eine beidseitig durchgeführte Dopplerdruckmessung habe den ärztlicherseits bei der Aufnahme erhobenen Verdacht auf das Bestehen einer arteriellen Verschlusserkrankung beider Beine bestätigt. Den Gutachten des MDK sei nicht zu folgen, weil nicht die Diabeteserkrankung Hauptursache für den Krankenhausaufenthalt gewesen sei, sondern vielmehr die arterielle Verschlusssituation an beiden Beinen bis in die Oberschenkel. Die Aufnahme der Versicherten sei mit den nekrotischen Wundzeichen an beiden Füßen erfolgt, die nur Symptome einer dahinterstehenden Erkrankung seien. Im Rahmen der weitergehenden Untersuchungen seien die manifesten Ver-schlusssituationen beider Ober- und Unterschenkel festgestellt worden. Eine mehretagige ar-terielle Verschlusserkrankung, die bereits ab den Oberschenkelarterien beginne, sei für den Diabetes mellitus untypisch. Der Verschluss von Oberschenkel- und Kniegelenksarterien führe allerdings zu der beschriebenen Minderversorgung der Unterschenkel- und Fußgefäße, was wiederum bei den beschriebenen Läsions- und Druckverhältnissen sofort zu dem Auftreten der Wundsituation führen könne. Für den Diabetes mellitus sei wiederum die Minderversorgung der Kleinstgefäße in der Peripherie typisch, die allerdings ein ähnliches Erscheinungsbild, nämlich das sogenannte diabetische Fußsyndrom erzeugen könne. Deswegen sei es auch nicht untypisch, dass im Rahmen der Aufnahmeuntersuchung das diabetische Fußsyndrom erwähnt sei. Entscheidend sei jedoch die Aufklärung der Ursache. Ursächlich seien eindeutig die Verschlusssituationen an Oberschenkel-, Kniegelenks- und Unterschenkelarterien, in der vorbeschriebenen Reihenfolge. Damit sei die pAVK Ursache der symptomatisch bei der Auf-nahme festgestellten Wundsituation beider Füße. Sie werde durch verschiedene Faktoren - Lebensalter, Rauchen, Adipositas, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus, Bluthochdruck - begünstigt. Bei der Versicherten hätten neben dem Diabetes mellitus als weitere Risikofaktoren arterielle Hypertonie und ein hohes Lebensalter vorgelegen. Weiterhin spreche gegen eine Ursächlichkeit des Diabetes mellitus für die pAVK, dass dieser regelmäßig nur zum Verschluss peripherer Kleingefäße und nicht zum Verschluss von großen Arterien führe. Die pAVK, eine eigenständige Erkrankung, sei alleiniger Anlass für die stationäre Aufnahme der Versicherten gewesen und somit als Hauptdiagnose zu verschlüsseln. Insoweit verweise sie auf die Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der pAVK. Die geringen Schmerzen der Versicherten und das feuchte Gangrän sprächen für das klinische Bild des diabetischen Fußes. Darüber hinaus seien jedoch fehlende Fußpulse, ein bestehender Hypertonus und Mehretagenverschlüsse festgestellt worden. Es sei ein angioplastischer Eingriff und im weiteren Verlauf auch eine Majoraamputation im Bereich des rechten Unterschenkels erfolgt. Diese Fakten sprächen für das Vorliegen des klinischen Bildes der pAVK. Wenn Mischbilder beider Krankheiten vorlägen, müsse geprüft werden, ob zwei oder mehrere Diagnosen als Hauptdiagnose in Frage kämen. In diesem Fall sei vom behandelnden Arzt die Diagnose auszuwählen, die den höchsten Ressourcenverbrauch habe. Das bedeute, dass selbst im Zweifelsfall die pAVK als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei. Die Behandlung eines diabetischen Fußes erfolge im Übrigen nicht durch Majoraamputation. Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme des MDK vom 15. Juni 2012 vorgelegt, wonach eindeutig die Veränderungen des Fußbereiches zur stationären Aufnahme geführt haben. Die beschriebenen Veränderungen wären aufgetreten, obwohl kein Trauma erinnerlich war. Es sei außerdem keine Heilungstendenz beschrieben. Das sei ein typisches Beispiel für ein diabetisches Fußsyndrom mit Ulzerationen. Im Rahmen der Polyneuropathie könnten Traumata nicht bemerkt werden, ebenso würden Wunden sehr spät bemerkt. Durch die diabetesbedingte Mikrozirkulationsstörungen komme es zu einer verzögerten Wundheilung. Insbesondere das Muster mit Beteiligung aller Unter-schenkelarterien beider Beine spreche für das Vorliegen einer diabetischen Makroangiopathie. Hinzu komme die diabetische Mikroangiopathie. So seien die Prostavasininfusionen Mittel zur Behandlung der diabetischen Mikroangiopatie, die PTA Mittel zur Behandlung der Mak-roangiopathie. Die Beklagte hat ein weiteres Gutachten des MDK vom 29. November 2012 vorgelegt. In der für das Jahr 2010 gültigen Fassung 0401h der Speziellen Kodierrichtlinien sei klar ausgeführt, dass bei Vorliegen eines Diabetes mellitus, wenn er oder eine seiner Komplikation oder aber mehrere Komplikationen zur Aufnahme führten, diese als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei. Dass die pAVK bei verschiedenen Erkrankungen auftreten könne und dass sie keine explizit typische allein diabetisch bedingte Veränderung sei, sei unstrittig, aber im vorliegenden Fall für die Wahl der Hauptdiagnose nebenrangig. Aufgrund des Befallmusters, der langen Erkrankungszeit und dem Vorliegen eines diabetischen Fußsyndroms mit praktischen und kardiologischen Erkrankungen, sei ein Zusammenhang zwischen dem Diabetes mellitus und der Gefäßerkrankung offensichtlich. Das Verteilmuster sei in diesem Fall sehr wohl sehr typisch für den Diabetes mellitus, wie auch in der von der Klägerin zitierten Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der pAVK ausgeführt.
Das SG hat ein Gutachten des Prof. Dr. T. vom 2. April 2013 eingeholt, nach dem bei der Versicherten sowohl die Diagnose ICD-10 I70.24 (Atherosklerose der Extremitätenarterien: Becken-Bein-Typ mit Gangrän) als auch ICD-10 E11.75 (nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus: mit multiplen Komplikationen: mit diabetischen Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet) vorlagen. Sie erfüllten zunächst beide gleichermaßen die Kriterien für eine Hauptdiagnose. Jedoch gäben die ICD-10-Verzeichnisse und Kodierrichtlinien, die sich auf das Jahr 2010 beziehen, in diesem Fall Verschlüsselungsanweisungen vor, sodass E11.75 als Hauptdiagnose auszuwählen sei. Zusammenfassend überwögen hier die Charakteristika der Diagnose ICD-10 E11.75. Zur Aufnahme hätten primär die Befunde an den Füßen der Versicherten geführt. Auch hier sei mit der Unterschenkelamputation und der Wundrevisionen und Debridements der höhere Aufwand betrieben worden, was sich in einem höheren Verbrauch an Ressourcen niedergeschlagen habe. Die Angiographie und Interventionen andererseits hätten Verengungen an den Oberschenkelschlagadern betroffen, was für die Hauptdiagnose Atherosklerose sprechen könnte und so auch von der Klägerin vorgetragen werde. Die Verschlüsse in allen Unterschenkelarterien wiederum seien eine ganz typische Manifestation des Diabetes mellitus. Zwischenzeitlich sei die Diskrepanz in der Höhe der Vergütung durch eine neue Eingruppierung der ICD-10 E11.75 aufgehoben worden.
Hiergegen hat die Klägerin eingewandt, eine wie von dem Sachverständigen und vom MDK vorgenommene Zuweisung der pAVK als Manifestation des Diabetes mellitus komme schon deshalb nicht in Betracht, weil medizinisch und wissenschaftlich der Diabetes mellitus nicht als Ursache der pAVK klassifiziert werden könne. Die festgestellten Hautverletzungen im Sinne des feuchten Gangrän und der Nekrosen seien ein typisches Symptom der pAVK, die aber nicht als Symptom des Diabetes mellitus gelten könne. Bezüglich der ICD-10 E11.75 sei zunächst zu betonen, dass der Diabetes mellitus der Versicherten nicht behandelt worden sei. Dagegen messe der Sachverständige dem in der Krankenakte nicht dokumentierten diabetischen Fußsyndrom, d.h. den Verletzungen am Fuß und deren Zuweisung zur Diabetes als diabetesassoziiert eine wesentliche Bedeutung bei. Dabei stützte er sich ausschließlich darauf, dass die Verschlüsse an den Unterschenkelarterien eine typische Manifestation beim Diabetes mellitus seien. Dies ändere allerdings nichts daran, dass nach der Leitlinienlage der Diabetes mellitus zwar ein Risikofaktor der Atherosklerose, diese wiederum aber nicht diabetesspezifisch sei. Selbst wenn man annehmen würde, dass beide Diagnosen geeignet seien, die Hauptdiagnosedefinition zu erfüllen, verbleibe es dabei, dass die pAVK den höheren Ressourcen-verbrauch mit sich bringe.
Nach der ergänzenden Stellungnahme des Prof. Dr. T. vom 6. Juni 2013 ist die von der Klägerin zitierte Verschlussdruckmessung nicht allein hinweisend auf eine Atherosklerose, sie sei genauso sinnvoll in der Diagnostik des diabetischen Fußsyndroms. Die Gangrän sei in der ICD-10 E11.75 unter den multiplen Komplikationen enthalten. Er könne die Argumentationskette der Klägerin für die ICD-10 I70.24 in ihrer Logik nicht nachvollziehen. Diabetes sei bei der Versicherten der wichtigste Risikofaktor und aus der Krankengeschichte belegt, dass dieser überwiege und damit die wesentliche Ursache für die Entstehung der Gangrän und letztlich der entscheidende Grund für die Krankenhausbehandlung sei. In der Kausalkette rangiere er vor der Atherosklerose als Risikofaktor für diese selbst, aber auch losgelöst als Risikofaktor für die diabetische Angio- und Neuropathie. Wissenschaftlich gesehen komme der diabetischen Stoffwechsellage der Versicherten die überwiegende Bedeutung für die Entstehung der Nekrosen zu (auch unter Berücksichtigung anderer Faktoren außerhalb der Atherosklerose wie des erhöhten Blutdrucks und der Fettstoffwechselstörung). Keinesfalls sei allein die Atherosklerose für die Nekrosen verantwortlich. Die von der Klägerin zitierten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin bezögen sich auf Diagnostik und Therapie und nicht auf die Krankheitsentstehung. Sie seien daher zur wissenschaftlichen Begründung einer vermeintlichen Kausalität ungeeignet.
Mit Urteil vom 6. Mai 2014 hat das SG die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren hält die Klägerin an ihrer Ansicht fest. Weil keine ausreichende Blut-versorgung infolge der Stenosen der blutversorgenden Gefäße in der Peripherie erfolgt sei, hätten die Wunden entstehen können und nicht etwa, weil die Versicherte unter Diabetes mellitus gelitten habe. Eine solche Ursache-Wirkung-Beziehung sei falsch. Dass der Diabetes mellitus die pAVK verursacht habe, könne nicht bejaht werden, weil bei der Versicherten noch andere Risikofaktoren wie Hyperlipidämie, arterielle Hypertonie und ein hohes Lebensalter vorgelegen hätten. Dies wiederum habe Auswirkungen auf die Kodierung der Hauptdiagnose, weil bei fehlender nachweisbarer Kausalbeziehung zwischen Symptom (hier: pAVK im Sinne der bestehenden Verengungen der Arterien in den Beinen) und zu Grunde liegender Krankheit (hier: Diabetes mellitus) eben nicht die Kodiervorschrift D002f eingreife. Es bleibe daher einzig der Kausalzusammenhang zwischen den Wundsituationen der Füße und den vorbestehenden Verschlusssituationen in den Arterien der Beine der Versicherten, woraus zu schlussfolgern sei, dass nach Anwendung der vorbezeichneten Kodiervorschrift die pAVK als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei. Es sei die Behandlung der Verschlusssituationen in den Beinen der Versicherten und der sich daraus ergebenden Folgen bis hin zur Amputation des rechten Unterschenkels erfolgt. Wenn aber im Vordergrund der stationären Aufnahmesymptome (Wundsituationen) die pAVK gestanden hätte, dann komme eine Verschlüsselung des Diabetes mellitus als Hauptdiagnose nicht in Betracht. Liege neben dem Diabetes mellitus, gegebenenfalls mit Komplikationen, gleichzeitig eine Gefäßerkrankung des Versicherten vor und werde diese sowie deren Folgen im Krankenhaus behandelt, könne diese Gefäßerkrankung, weil sie über ein eigenes klinisches Bild verfüge und eben nicht zwangsläufig im Kausalzusammenhang zum Diabetes mellitus stehe, insbesondere dann nicht, wenn weitere klassische Risikofaktoren, die zu der Gefäßerkrankung führten, als Hauptdiagnose verschlüsselt werden. Insoweit verweise sie auf die Kodiervorschrift DKR 0401h - Diabetes als Nebendiagnose. Seit 2009 sei in dieser Kodiervorschrift klargestellt, dass bei gleichzeitigem Vorliegen einer Gefäßerkrankung und eines Diabetes mellitus grundsätzlich sowohl die Gefäßerkrankung als auch der Diabetes mellitus Hauptdiagnose werden könne. Die Auswahl sei im Einzelfall in Abhängigkeit von der individuellen Krankengeschichte des Versicherten zu treffen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 6. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.102,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21. August 2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist im Ergebnis auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils.
Am 9. Juni 2007 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durch-geführt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 erklärt, eine vergleichsweise Einigung komme für sie nicht in Betracht. Sie sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 26. Juli 2017 ebenfalls ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Streitgegenstand ist der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der weiteren Vergütung für die vollstationäre Behandlung eines Versicherten in Höhe von 6.102,10 Euro. Diesen Anspruch macht sie zu Recht mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend. Die Klage eines Krankenhausträgers - wie der Klägerin - auf Zahlung der Behand-lungskosten einer Versicherten gegen eine Krankenkasse ist ein Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und keine Klagefrist zu beachten ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 KR R m.w.N., nach juris). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch - mit 6.102,10 Euro - beziffert.
Der ursprünglich entstandene Anspruch der Klägerin auf Vergütung der stationären Kranken-hausbehandlung anderer Versicherter erlosch dadurch in Höhe von 6.102,10 Euro, dass die Beklagte wirksam mit ihrem Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten aufrechnete. Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine weitere Vergütung in Höhe 6.102,10 Euro nicht zu.
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter zunächst ein Anspruch auf die abgerechnete Vergütung zustand; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats ist daher nicht erforderlich (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 - Az.: B 1 KR 16/11 R, nach juris). Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch die Versicherte kraft Gesetzes (§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V), wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und i.S.v. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Urteil vom 17. Dezember 2013 - Az.: B 1 KR 57/12 R m.w.N., nach juris). Die Krankenhausvergütung bemisst sich nach den in Rechnung gestellten vertraglichen Fallpau-schalen einschließlich Zusatzentgelten und sonstiger Entgelte auf gesetzlicher Grundlage (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - Az.: B 1 KR 8/11 R, nach juris).
Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines Versicherten der Beklagten erlosch dadurch in Höhe von 6.102,10 Euro, dass sie wirksam mit ihrem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufrechnete. Der Vergütungsanspruch und der von der Beklagten aufgerechnete öffentlich-rechtliche Er-stattungsanspruch waren fällig und der Vergütungsanspruch der Klägerin erfüllbar. Die Vo-raussetzungen des Gegenanspruchs aus öffentlich-rechtlicher Erstattung in Höhe von 6.102,10 Euro waren erfüllt, weil die von der Beklagten bezahlte Rechnung über die Behandlung der Versicherten um diesen Betrag überhöht war und sie diesen ohne Rechtsgrund an die Klägerin gezahlt hat.
Rechtsgrundlage des von der Beklagten abgerechneten und von der Klägerin durch Zahlung erfüllten Vergütungsanspruchs aus der im Jahr 2010 erfolgten stationären Behandlung der Versicherten ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 74 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26. März 2007 - BGBl. I 2007, Seite 378 ff) i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (i.d.F. des Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 (Krankenhausfinanzierungsreformgesetz - KHRG) vom 17. März 2009, BGBl I 534) sowie § 17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG, i.d.F. des KHRG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge/Fallpauschalenverordnungen) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den Fallpauschalenvereinbarungen auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KHEntgG (hier: Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2010 (FPV 2010)).
Der in Ausführung der genannten gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog 2010 sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zwei Schritte vor: Zunächst ist die durchgeführte Behandlung nach Gegenstand und prägenden Merkmalen nach einem vom DIMDI herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Der sich ergebende Kode ist in zu diesen Zwecken entwickelte Computerprogramme (sog. Grouper) einzugeben, die dann nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien die Zuordnung zu einer bestimmten DRG vornehmen. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von dem Krankenhaus zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011 - Az.: B 1 KR 8/11 R, nach juris).
Nach der Rechtsprechung des 1. und (jetzt nicht mehr zuständigen) 3. Senats des BSG ist der ausdifferenzierte Algorithmus, mit dem die verschlüsselten Prozeduren und Diagnosen in eine bestimmte DRG "übersetzt" werden, einer wertenden Betrachtung im Einzelfall nicht zugänglich. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Be-handlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Ver-gütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem syste-matischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrich-tigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011, a.a.O.).
Maßgebend sind hier die Fallpauschalenvereinbarung 2010 und die DKR in der Version 2010. Die Klägerin durfte die erfolgte stationäre Behandlung des Versicherten - ausgehend von den generellen Vorgaben - nicht nach der G-DRG F28A abrechnen. Hierbei ist zwischen den Be-teiligten unstreitig, dass der Grouper bei Kodierung der ICD-10-GM I70.24 als Hauptdiagnose die DRG F28A und bei Kodierung der ICD-10-GM E11.75 als Hauptdiagnose, die DRG K01C ansteuert. Die Klägerin hat zu Unrecht als Hauptdiagnose die ICD-10-GM I70.24 kodiert. Diese war nicht Anlass für die stationäre Aufnahme der Versicherten am 17. November 2009, auch nicht "nach Analyse" der vorliegenden Unterlagen.
Nach den DKR Version 2010 D002f wird die Hauptdiagnose definiert als: "Die Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist". Weiter heißt es dort: "Der Begriff "nach Analyse" bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Auf-enthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Ver-anlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war. Die dabei evaluierten Befunde können Informationen enthalten, die aus der medizinischen und pflegerischen Anamnese, einer psychiatrischen Untersuchung, Konsultationen von Spezialisten, einer körperlichen Untersuchung, diagnostischen Tests oder Prozeduren, chirurgischen Eingriffen und pathologischen oder radiologischen Untersuchungen gewonnen wurden. Für die Abrechnung relevante Befunde, die nach der Entlassung eingehen, sind für die Kodierung heranzuziehen. Die nach Analyse festgestellte Hauptdiagnose muss nicht der Aufnahmediagnose oder Einweisungsdiagnose entsprechen.
Anmerkung 1: Es ist nicht auszuschließen, dass diese Definition der Hauptdiagnose vereinzelt im DRG-System keine adäquate Abbildung der Krankenhausleistung erlaubt. Im Rahmen der Entwicklung und Pflege des Entgeltsystems werden solche Fälle verfolgt und auch gegebe-nenfalls notwendige Maßnahmen geprüft."
Daneben bestehen Spezielle Kodierrichtlinien für Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechsel-krankheiten (4). In der Kodierrichtlinie 0401h werden zunächst die verschiedenen Typen des Diabetes mellitus beschrieben sowie die Verschlüsselungen angewiesen. Weiter heißt es dort: Liegt eine Form des Diabetes mellitus vor, die mit einem Kode aus E10.- bis E 14.- verschlüsselt wird und bestehen Komplikation des Diabetes, so ist für die korrekte Verschlüsselung zunächst festzustellen, ob die Behandlung der Grunderkrankung Diabetes mellitus oder die Behandlung einer oder mehrerer Komplikationen hauptsächlich die stationäre Aufnahme veranlasst hat. Des Weiteren ist für die Kodierung von Bedeutung, wie viele Komplikationen des Diabetes mellitus vorliegen, und ob diese die Nebendiagnosedefinition erfüllen. Danach ist an vierter Stelle "7" zu kodieren, sofern die Grunderkrankung Diabetes mellitus behandelt wird und multiple Komplikationen des Diabetes mellitus vorliegen, ohne dass die Behandlung einer Manifestation im Vordergrund steht. Außerdem sind die Kodes für die einzelnen Manifestationen anzugeben, sofern diese der Nebendiagnosedefinition entsprechen. Sofern Komplikationen (Manifestationen) des Diabetes mellitus vorliegen und die Behandlung einer Manifestation im Vordergrund steht, ist E10-E14, vierte Stelle entsprechend dieser Manifestation, zu kodieren gefolgt vom entsprechenden Kode für diese Manifestation. Die Kodes für die weiteren Manifestationen sind anzugeben, sofern sie der Nebendiagnosedefinition entsprechen (Seite 74, 75).
Sofern multiple Komplikationen (Manifestationen) des Diabetes mellitus vorliegen und die Behandlung mehrerer Manifestationen im Vordergrund steht, ist entsprechend der Regelung zu "zwei oder mehr Diagnosen, die gleichermaßen der Definition der Hauptdiagnose entspre-chend" in der DKR D002 Hauptdiagnose (Seite 4) zu verfahren. Somit ist die vierte Stelle des Kodes aus E10 - E14 entsprechend der Manifestation zu wählen, die vom behandelnden Arzt als die am besten der Hauptdiagnosedefinition entsprechende ausgewählt wurde. Zudem ist der entsprechende Kode für diese Manifestation anzugeben. Die Kodes für die weiteren Manifestationen sind anzugeben, sofern sie der Nebendiagnosedefinition entsprechen (Seite 77).
Erfolgt die stationäre Aufnahme aus einem anderen Grund als dem Diabetes mellitus, ist dieser als Nebendiagnose unter Beachtung weiterer Regelungen zu verschlüsseln. Als Beispiele hierzu werden genannt, dass ein Patient mit Diabetes mellitus Typ 2 wegen einer geschlossenen Humeruskopffraktur oder Weichteilschaden stationär aufgenommen wird oder ein Patient mit langjähriger arterieller Hypertonie und intensivem Nikotinabusus aufgrund der Verschlechterung einer bekannten arteriellen Verschlusskrankheit mit Ruheschmerz zur Bypass-Operation aufgenommen wird (Seite 78).
Danach erfolgt eine Benennung spezifischer Komplikationen des Diabetes mellitus (u.a. Nie-renkomplikationen, diabetische Polyneuropathie, diabetische Retinopathie, periphere vaskuläre Erkrankung, diabetisches Fußsyndrom). Periphere vaskuläre Erkrankungen, die in kausalem Zusammenhang mit Diabetes mellitus stehen, sind als "Diabetes mellitus mit peripheren vaskulären Komplikationen" zu verschlüsseln. Die Diagnose "diabetischer Fuß" wird kodiert mit E10-E14 ".74" oder ".75" (Diabetes mellitus mit multiplen Komplikationen, mit diabetischem Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet). Die Kodes für die vorhandenen Manifestationen sind danach anzugeben. Zum klinischen Bild des "diabetischen Fußsyndroms" können periphere vaskuläre Erkrankungen z.B. Atherosklerose der Extremitätenarterien, Becken-Bein-Typ, mit Gangrän ICD-10 I70.24 gehören. Im Beispiel 10 wird ein Patient mit entgleistem Diabetes mellitus Typ 1 zur Behandlung eines diabetischen Fußsyndroms mit gemischtem Ulcus der Zehe (bei Angiopathie und Neuropathie) und Erypsel am Unterschenkel aufgenommen. Zu verschlüsseln ist hier als Hauptdiagnose E 10.75 † Primärer insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ 1] mit multiplen Komplikationen, mit diabetischem Fußsyndrom, als entgleist bezeichnet, als Nebendiagnose G 63.2* Diabetische Polyneuropathie, I79.2* Periphere Angiopathie bei anderenorts klassifizierten Krankheiten, I70.23 Atherosklerose der Extremitätenarterien, Becken-Bein-Typ, mit Ulzerationen, A46 Erysipel [Wundrose]. Das Beispiel enthält den Hinweis, dass der Kode I70.23 in diesem Beispiel zur näheren Spezifizierung der durch das Kreuz-Stern-System beschriebenen Diagnose dient. Er ist hier nicht als Hauptdiagnose anzugeben.
So ist es auch hier. Nach den genannten Speziellen Kodierrichtlinien ist der Diabetes mellitus mit den spezifischen Manifestationen als Hauptdiagnose und nicht -wie hier erfolgt- als Ne-bendiagnose zu kodieren.
Die Versicherte wurde nicht zur Behandlung der Grunderkrankungen Diabetes mellitus, aber zur Behandlung einer oder mehrerer Komplikationen in das Krankenhaus der Klägerin aufgenommen. Sie litt unstreitig an einer langjährigen Diabeteserkrankung mit zahlreichen Komplikationen. Dipl.-Med. B., die Krankenhausbehandlung verordnet hatte, nannte als Diagnosen: Diabetisches Fußsyndrom, insulinpflichtiger Diabetes, Nephropathie, Hypertonus und Zustand nach Herzinfarkt. Im Aufnahmeblatt der Klägerin ist als erste Diagnose das diabetische Fußsyndrom bei Langzeitdiabetes genannt. Weiter ist vermerkt, dass es vor vier Wochen einen spontanen Hautdefekt über dem 1. und 5. Strahl ohne Heilungstendenz gegeben hat. Ebenso wird im Stammblatt als Einweisungsdiagnose ein wunder und eitriger Fuß genannt. Auch im Entlassungsbericht der Klägerin vom 12. April 2010 wird ausgeführt, dass die stationäre Aufnahme der Versicherten mit einem feuchten Gangrän im Bereich des rechten Fußes erfolgte, wobei sich eine ca. 5 cm lange Wunde über dem Grundgelenk des 5. Strahls zeigte. Im Bereich des Fußes bestand eine ausgedehnte Entzündungsreaktion, die zunächst durch eine angepasste Antibiotikatherapie behandelt wurde. Zudem wurde zur Komplettierung des Gefäßstatus einer Magnetresonanz-Angiographie durchgeführt. Insoweit weist der MDK in seinem Gutachten vom 15. Juni 2012 nachvollziehbar darauf hin, dass eindeutig die Veränderungen des Fußbereiches zur stationären Aufnahme führten, die wiederum ein typisches Beispiel für ein diabetisches Fußsyndrom mit Ulzerationen sind. Ein Trauma war nicht erinnerlich, ebenso keine Heilungstendenz ersichtlich. Im Rahmen der (diabetischen) Polyneuropathie können Traumata nicht bemerkt werden, ebenso werden Wunden sehr spät bemerkt. Durch die diabetesbedingte Mikrozirkulationsstörungen kommt es zu einer verzögerten Wundheilung. Diabetes führt nicht nur zur Veränderung im Bereich der Mikrozirkulation, sondern auch zur Schädigung der Gefäße (Makroangiographie) und der Nerven (Neuropathie). Insbesondere das Muster im vorliegenden Fall mit Beteiligung aller Unterschenkelarterien beider Beine spricht für das Vorliegen einer diabetischen Makroangiographie. Das klinische Bild der Versicherten zeigte ein typisches Bild an Komplikationen nach langjährigem Diabetes mellitus, zuletzt insulinpflichtig. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Sachverständige Prof. Dr. T. in seinem Gutachten vom 2. April 2013 nebst ergänzender Stellungnahme vom 6. Juni 2013. Zur Aufnahme führten primär die Befunde an den Füßen der Versicherten. Die Verschlüsse in allen Unterschenkelarterien sind eine ganz typische Manifestation bei Diabetes mellitus. Keinesfalls ist allein die Atherosklerose für die Nekrosen verantwortlich. Darüber hinaus bestätigt er das Vorliegen einer pAVK, weist jedoch auf die Speziellen Kodierrichtlinien bei Vorliegen eines Diabetes mellitus hin. Wie bereits ausgeführt, werden dort spezifische Komplikationen des Diabetes mellitus genannt, zu denen auch die hier bei der Versicherten vorliegende periphere vaskuläre Erkrankung gehört. Insoweit hat die Klägerin nicht nachweisen können, dass die Versicherte aus einem anderen Grund als dem Diabetes mellitus bzw. dessen Manifestationen stationär aufgenommen wurde, was nach den Speziellen Kodierrichtlinien allein rechtfertigen würde, dass der Diabetes mellitus als Nebendiagnose bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen kodiert werden müsste.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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