L 6 KR 585/17

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 16 KR 785/15
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 585/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 24. Januar 2017 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Zulässigkeit des Abbruchs der kieferorthopädischen Behandlung der Klägerin durch die Beklagte streitig.

Die 1997 geborene Klägerin war bei der Beklagten familienversichert. Letztere genehmigte der Klägerin am 27. Juli 2007 auf der Grundlage eines entsprechenden Behandlungsplans der Kieferorthopädischen Praxis Dipl.-Stom. V. in H. eine kieferorthopädische Behandlung. Mit Bescheid vom 14. August 2007 teilte die Beklagte den Eltern der Klägerin mit, dass vorläufig 90 Prozent der Kosten der kieferorthopädischen Behandlung in Höhe von voraussichtlich 2.973,13 Euro übernommen würden. Außerdem enthielt der Bescheid einen Hinweis auf die erforderliche Mitwirkung. Am 20. Januar 2014 beantragte Dipl.-Stom. V. bei der Beklagten die Verlängerung der Behandlung. Diese wurde am 28. Januar 2014 genehmigt. Mit Schreiben vom 17. Juni 2014 teilte Dipl.-Stom. V. der Beklagten ein geändertes Behandlungsergebnis mit und informierte diese am 10. Dezember 2014 über den Abbruch der kieferorthopädischen Behandlung, da trotz eindringlicher Ermahnung nach dem 28. August 2014 keine Konsultationen mehr erfolgt seien. Damals habe er festgestellt, dass das Gerät nicht regelmäßig getragen worden sei. Da der nächste vorgesehene Termin nicht eingehalten worden sei, habe er die Eltern am 19. November 2014 schriftlich gebeten, einen neuen Termin zu vereinbaren. Hierauf sei keine Reaktion erfolgt. Er sehe sich daher außer Stande, unter solchen Bedingungen eine erfolgreiche kieferorthopädische Behandlung zu Ende zu führen.

Mit Bescheid vom 7. Januar 2015 teilte die Beklagte den Eltern der Klägerin mit, dass die Praxis V. den vorzeitigen Abbruch der Behandlung zum 10. Dezember 2014 vorgenommen habe. Dies bedeute neben möglichen gesundheitlichen Folgeschäden auch finanzielle Nachteile, denn die bisher geleisteten Eigenanteile dürften bei einem Behandlungsabbruch nicht erstattet werden. Die Leistung werde mit dem 10. Dezember 2014 eingestellt. Ausdrücklich werde darauf hingewiesen, dass die Beklagte nach einem Behandlungsabbruch keinerlei Kosten - weder für eine Weiterbehandlung noch für eine Neubehandlung - übernehmen könne. Die Praxis sei entsprechend informiert worden.

Hiergegen erhob die Mutter der Klägerin mit Schreiben vom 3. Februar 2015 Widerspruch und machte geltend, die kieferorthopädische Behandlung sei von ihrer Tochter nicht abgebrochen worden. Sie trage ihre Spange regelmäßig. Auch die Kontrolltermine beim Kieferorthopäden seien regelmäßig wahrgenommen worden. Aufgrund der aktuellen Prüfungssituation und Lehrstellensuche könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass ihre Tochter einen Kontrolltermin im Dezember versäumt habe. Sollte dies der Fall gewesen sein, hätte sie jedoch erwartet, dass die Praxis V. Kontakt mit ihr aufnehme und sie darauf hinweise. Dies sei jedoch nicht geschehen. Ihre Tochter wolle die kieferorthopädische Behandlung unbedingt zu Ende führen.

Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme des Dipl.-Stom. V. ein. Dieser erläuterte mit Schreiben vom 11. Februar 2015 die Gründe für den Abbruch. U.a. führte er aus, dass im Verlauf des Jahres 2014 von der Praxis mehrfach die ungenügende Trageweise des genehmigten Retentionsgerätes moniert worden sei. Im Juni 2014 sei der Patientin der Abbruch der Be-handlung angedroht worden. Im August sei festgestellt worden, dass die Spange wieder nicht getragen worden sei. Der darauffolgende Termin sei unentschuldigt nicht wahrgenommen worden. Die Patientin und Mutter seien daraufhin schriftlich gebeten worden, einen neuen Termin zu vereinbaren. Darauf sei keine Reaktion erfolgt und er habe die Behandlung abbrechen müssen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, der behandelnde Kieferorthopäde sei davon ausgegangen, dass die begonnene Behandlung nicht mehr erfolgreich zu Ende geführt werden könne. Dieser Auffassung habe sie sich mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Januar 2015 angeschlossen.

Die Klägerin hat am 24. April 2015 Klage vor dem Sozialgericht Meiningen (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, es sei unzutreffend, dass sie nach dem 21. August 2014 einen Termin unentschuldigt nicht wahrgenommen habe. Vielmehr habe ihre Mutter bei Verhinderung stets Kontakt mit der Praxis aufgenommen und einen Ersatztermin vereinbart. Ihre Mutter habe insbesondere kein Schreiben des Kieferorthopäden vom 19. November 2014 mit der Bitte um Vereinbarung eines neuen Termins erhalten. Außerdem habe sie nach Mitteilung des Behandlungsabbruchs das Gespräch mit dem Kieferorthopäden in dessen Praxis gesucht. Dieses Gespräch sei jedoch ergebnislos verlaufen, da dieser trotz aller Bemühungen ihrer Mutter keine Bereitschaft zu weiteren Maßnahmen gezeigt habe. Ihr sei aber weiterhin sehr an einer Fortsetzung der Behandlung, allerdings verständlicherweise nunmehr bei einem anderen Kieferorthopäden, gelegen.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die Krankenunterlagen des Dipl.-Stom. V. bei-gezogen und sodann die Klage mit Urteil vom 24. Januar 2017 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass gemäß § 29 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in Richtlinien gemäß § 92 SGB V (Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung - KFO-RL) Einzelheiten zu Indikationsgruppen und zum Gang des Verfahrens bestimmt. Nach Punkt 12 der KFO-RL sind Dauer und Erfolg einer kieferorthopädischen Behandlung wesentlich von der verständnisvollen Mitarbeit des Patienten und der Erziehungsberechtigten abhängig. Diese sind vor und während der Behandlung entsprechend aufzuklären und zu motivieren. Bei Patienten, die während der kieferorthopädischen Behandlung trotz Motivation und Instruktion keine ausreichende Mitarbeit zeigen, muss das kieferorthopädische Behandlungsziel neu bestimmt werden. Gegebenenfalls muss die Behandlung beendet werden. Der Rückzahlungsanspruch hinsichtlich des Versichertenanteils ist ausgeschlossen, wenn der Versicherte den Abbruch der Behandlung zu verantworten hat. Der Abbruch setzt weder eine bewusste Entscheidung oder eine auf den Abbruch gerichtete Willenserklärung noch ein Verschulden des Versicherten voraus. Auch die Motive des Versicherten für den Abbruch sind grundsätzlich unerheblich; es kommt allein auf das tatsächliche Unterlassen der planmäßigen Behandlung an. Vom Versicherten zu verantwortende Verzögerungen oder Versäumungen von Behandlungen sind als von ihm zu verantwortender Abbruch der Behandlung zu werten, wenn sie dazu führen, dass die Behandlung nicht mehr (mit Aussicht auf Erfolg) fortgesetzt werden kann. Auch wenn die kieferorthopädische Behandlung wegen mangelnder Mitarbeit des Versicherten oder seines Erziehungsberechtigten oder wegen mangelnder Mundhygiene abgebrochen werden muss, ist der Erstattungsanspruch ausgeschlossen. In Auswertung der Stellungnahme des Dipl.-Stom. V. sowie der vorliegenden Krankenunterlagen habe dieser die Behandlung aus wichtigem Grund beendet, denn im Falle der Klägerin ergebe sich eindeutig, dass der Abbruch der Behandlung von ihr zu verantworten sei. Am 9. Januar 2014 sei bei ihr die vorhandene Multibracketapparatur entfernt und ein Retentionsgerät eingegliedert worden. Der Aktivator hätte abends und nachts getragen werden sollen. Bereits zur ersten Kontrolle am 19. März 2014 habe die ungenügende Trageweise angemahnt werden müssen, weshalb das Gerät ab sofort nachtmittags, abends und nachts hätte getragen werden müssen. Bei der darauf folgenden Kontrolle habe sich die Situation zwar gebessert, jedoch habe 8 Wochen später wiederum die ungenügende Trageweise angemahnt werden müssen. Das Rezidiv sei voll ausgeprägt gewesen. Der Klägerin sei bei schlechter Trageweise der Abbruch der Be-handlung angedroht worden. Am 21. August 2014 sei die Klägerin mit defektem Gerät erschienen, die Anomalie sei voll rezidiviert gewesen. Bei der Kontrolle eine Woche später am 28. August 2014 habe wiederum festgestellt werden müssen, dass die Spange nicht getragen worden und die Anomalie rezidiviert sei. Die Klägerin habe Dipl.-Stom. V. ausweislich der Krankenunterlagen wörtlich erklärt, dass sie es auch nicht einsehe, dieses Gerät in den Mund zu nehmen, es würde viel Besseres geben. Er solle sich nicht einbilden, dass sie den EAO auch nur nachts trage, denn dieser störe nur. Daraufhin sei ihr erklärt worden, dass sie zu nichts gezwungen werde. Eine Verweigerung müsse mit der Mutter besprochen werden, sie möge sich melden. Die Klägerin sei außerdem auf den Abbruch der Behandlung hingewiesen worden, wenn weitere Termine nicht eingehalten würden. Bereits der nächste vorgesehene Termin sei nicht eingehalten worden, so dass Dipl.-Stom. V. die Eltern am 19. November 2014 schriftlich gebeten habe, einen neuen Termin zu vereinbaren. Hierauf sei keine Reaktion erfolgt. Sämtliche Termine seien in den Patientenunterlagen dokumentiert und enthielten mehrmals einen Hinweis auf ungenügende Trageweise und Mitarbeit. Diese mangelnde Mitarbeit habe die Klägerin zu verantworten, so dass die Behandlung nicht mehr mit Erfolg fort-gesetzt habe werden können. Dem habe sich die Beklagte zu Recht angeschlossen. Zweifel an der lückenlosen Dokumentation des Dipl.-Stom, V. habe das Gericht nicht.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 25. April 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Mai 2017 Berufung eingelegt und diese bislang trotz entsprechender gerichtlicher Aufforderungen vom 7. Juni, vom 25. September und vom 3. November 2017, zuletzt mit der Anhörung zu der Absicht des Senats versehen, über die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden und die Berufung zurückweisen zu wollen, weil er sie für offensichtlich unbegründet erachtet, nicht begründet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 24. Januar 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2015.

Die Beklagte hat bislang keinen Antrag angekündigt und sich auch sonst nicht zur Berufung der Klägerin geäußert.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegen-stand der geheimen Beratung waren, Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, denn ihre Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insoweit verweist der Senat zur Begründung nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe im Urteil des SG vom 24. Januar 2017, denen er folgt.

Da die Klägerin ihre Berufung trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Gerichts bisher nicht begründet hat, erübrigen sich weitere Ausführungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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