L 1 KR 45/99

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 21 KR 108/97
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 45/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 6/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juli 1999 und 23. Februar 2001 werden zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den vorläufigen und endgültigen Risikostrukturausgleich für das Jahr 1994 sowie über den endgültigen Risikostrukturausgleich für das Jahr 1995.

Mit den Bescheiden vom 4. und 5. Dezember 1995 stellte die Beklagte den vorläufigen Risikostrukturausgleich für das Kalenderjahr 1994 fest. Danach hatte die Klägerin, die sich mit Wirkung ab 1. Januar 2000 mit der Gärtnerkrankenkasse unter Weiterführung ihres bisherigen Namens zusammengeschlossen hat, für den Bereich West eine Ausgleichsverpflichtung in Höhe von 1.177.239.174,73 DM und unter Berücksichtigung der von ihr geleisteten Abschlagszahlungen noch einen Betrag von 296.629.632,75 DM zu entrichten (Bescheid vom 4. Dezember 1995). Für den Bereich Ost bestand eine Ausgleichsverpflichtung in Höhe von 203.588.162,03 DM und unter Berücksichtigung der geleisteten Abschlagszahlungen war noch einen Betrag von 25.894.599,85 DM zu zahlen.

Gegen diese Bescheide hat die Klägerin die vom Sozialgericht unter dem Aktenzeichen S 21 KR 531/95 geführte Klage erhoben. Mit Urteil vom 9. Juli 1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die als Fortsetzungsfeststellungsklage wegen der zwischenzeitlich erfolgten Durchführung des endgültigen Risikostrukturausgleichs für das Kalenderjahr 1994 umgestellte Anfechtungsklage sei zwar zulässig, weil die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 4. und 5. Dezember 1995 zur Durchführung des von ihr angekündigten Amtshaftungsprozesses habe, jedoch nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig. Das gelte sowohl in Verfahrens- wie materiell-rechtlicher Hinsicht.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zu Recht habe das Sozialgericht die Fortsetzungsfeststellungsklage für zulässig erachtet. Sie beabsichtige weiterhin, einen Zinsverlust in Höhe von ca. 11.000.000,00 DM im Wege der Amtshaftungsklage gegen die Beklagte geltend zu machen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei die Klage jedoch auch begründet. Die angegriffenen Bescheide seien rechtswidrig. Auf Grund der fehlenden Anhörung der Klägerin sowie der nicht vorhandenen ausreichenden Begründung in den Bescheiden liege ein Verstoß gegen Verfahrensrecht vor. Ebenso werde gegen materielles Recht verstoßen, denn es fehle eine Rechtsgrundlage für die Durchführung des vorläufigen Risikostrukturausgleichs auf Grundlage reiner Schätzwerte. Nachdem eine Datenerhebung für 1994 mit Ausnahme derjenigen für das Krankengeld gescheitert sei, hätten die Daten für das Jahr 1995 zugrunde gelegt werden müssen. Stattdessen habe die Beklagte den Ausgleich für 1994 noch im Jahre 1995 durchführen wollen und dazu auf eine Schätzwertfortschreibung zurückgegriffen. Im Übrigen hätte die Beklagte dafür sorgen müssen, dass die Krankenkassen ihr die Versicherungszeiten nach denselben Maßstäben ermittelt melden. Insbesondere im Bereich der Familienversichertenstatistik sei es zu Mängeln gekommen. Die stattdessen gewählte Verfahrensweise der Beklagten sei nicht durch die gesetzlichen Regelungen gedeckt gewesen. Die erste Änderung der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) zeige, das auch der Gesetzgeber von einer nicht ausreichenden gesetzlichen Grundlage ausgegangen sei. Die dort vorgenommene Änderung des § 25 RSAV begegne wegen ihrer Rückwirkung sowie der Verletzung der Vorschriften des § 267 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) grundsätzlichen Bedenken.

Demgegenüber hat die Beklagte die Auffassung vertreten, ihre Bescheide seien nicht zu beanstanden. Weder sei eine vorherige Anhörung der Krankenkassen erforderlich gewesen, noch fehle es an einer ausreichenden Begründung. Auch aus materiell-rechtlicher Sicht sei nichts gegen die Bescheide einzuwenden. Lediglich eine von insgesamt drei für den Risikostrukturausgleich zu liefernden Datenmeldungen (die hinsichtlich der Sachleistungsausgaben) sei nicht verwendbar gewesen. Hier hätte jedoch das statistische Bereinigungsverfahren gemäß § 5 Abs. 3 RSAV angewendet werden dürfen. Dies habe der Gesetzgeber durch die erste Änderung des § 25 Abs. 2 Satz 3 RSAV klargestellt. Diese Regelung verstoße weder gegen höherrangiges Recht noch speziell gegen das Rückwirkungsverbot, auf welches sich die Klägerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Übrigen nicht berufen könne. Des weiteren fehle es für die Fortsetzungsfeststellungsklage an einem berechtigten Interesse der Klägerin.

Die Beklagte führte mit den vier Bescheiden vom 4. Dezember 1996 den Risikostrukturausgleich für die Kalenderjahre 1994 und 1995 durch. Für 1994 im Bereich West stellte sie die Ausgleichsverpflichtung der Klägerin auf 1.145.578.244,72 DM fest; im Bereich Ost auf 219.304.111,22 DM. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten monatlichen Abschlagszahlungen stand der Klägerin im Bereich West ein Ausgleichsbetrag von 31.660.930,01 DM zu. Im Bereich Ost war von ihr noch eine Zahlung in Höhe von 15.715.949,19 DM zu erbringen. Für 1995 betrug die Ausgleichsverpflichtung für den Bereich West 4.710.576.420,42 DM und für den Bereich Ost 744.026.444,41 DM. Die Klägerin hatte unter Berücksichtigung der bereits geleisteten monatlichen Abschlagszahlungen und der zusätzlich ermittelten Ausgleichsbeträge für KVdR-Beiträge noch Ausgleichsbeträge in Höhe von 572.504.899,72 DM (für den Bereich West) und 126.179.167,51 DM (für den Bereich Ost) zu erbringen.

Gegen die nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheide vom 4. Dezember 1996 hat die Klägerin Klage erhoben, die vom Sozialgericht unter dem Aktenzeichen 21 KR 108/97 geführt worden ist. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit den Bescheiden vom 11. Februar 1999 den Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1997 mit den Korrekturen für die Jahre 1994 und 1995 durchgeführt. Eine Ausgleichsverpflichtung für die Klägerin ist danach auch für die Jahre 1994 und 1995 verblieben. Durch Urteil vom 23. Februar 2001 hat das Sozialgericht auch diese Klage abgewiesen. Sie sei hinsichtlich ihrer Haupt- als auch ihrer Nebenanträge unzulässig. Eine Anfechtungsklage sei nicht zulässig, weil ein Bescheid über den Risikostrukturausgleich nicht aufgehoben werden könne. Da mit den Bescheiden vom 11. Februar 1999 der Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1997 mit den Korrekturen für die Jahre 1994 und 1995 durchgeführt worden sei und die Klägerin hiergegen vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben habe, entfalle das Rechtschutzbedürfnis für die im hiesigen Verfahren gestellten Hilfsanträge.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin ebenfalls Berufung eingelegt (Az.: L 1 KR 33/01). Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Auffassung vertreten, die Anfechtungsklage sei nicht zulässig. Es bestehe auch keine Verpflichtung, wegen der dort vorgenommenen Korrekturen für 1994 und 1995 allein gegen den Jahresausgleich 1997 vorzugehen. Eine derartige Auffassung ließe den Rechtsschutz leer laufen, denn dann könnten die Krankenkassen regelmäßig auf mögliche Korrekturen in den nächsten Jahren verwiesen werden. Ihre Klage sei im Übrigen begründet. Die angefochtenen Bescheide seien formell und materiell rechtswidrig. Vor ihrem Erlass hätte die Klägerin angehört werden müssen. Es sei eine mangelhafte Begründung abgegeben worden. Auch die den Bescheiden beigefügten Erläuterungen seien nicht ausreichend. Unter materiellen Gesichtspunkten entspreche insbesondere die den Verhältniswerten 1995 zu Grunde liegende Datenerhebung, welche für den Jahresausgleich 1995 bzw. den endgültigen Jahresausgleich 1994 herangezogen worden sei, nicht den gesetzlich geforderten Mindeststandards einer repräsentativen Strichstichprobe, da sie keine brauchbaren Daten geliefert habe. Dies ergebe sich aus dem Gutachten der Professoren Dres. Männer und Kricke. Der Stichprobenumfang sei zu klein. Nur für den Bereich Krankengeld sei eine Vollerhebung vorgesehen gewesen. Es habe für den Rechtskreis West nur ein Erfassungsgrad von 3,3 Prozent, für den Rechtskreis Ost von 8,4% vorgelegen. Schätzungen auf Grund kleiner Stichprobenumfänge führten zwangsläufig zu unsicheren Ergebnissen. Wegen des hohen Umverteilungsvolumens im Risikostrukturausgleich seien diese Unsicherheiten (relative Abweichung der Schätzung in einer Größenordnung von 20 bis 30 Prozent) nicht vertretbar. Außerdem sei nicht einmal der gesetzlich vorgesehene Stichprobenumfang von zehn Prozent ausgeschöpft worden. Die Mängel in der Datenerhebung und die nicht korrekte Abgrenzung der Grundgesamtheiten (z. B. beim Familienversichertenverzeichnis) führten zur fehlenden Repräsentativität. Selbst nach der inzwischen vorgenommenen teilweisen Grundbereinigung des Versichertenbestandes - die bei Erlass der angegriffenen Bescheide noch nicht erfolgt sei - sei die Datenbasis nicht ausreichend sicher. Die Notwendigkeit einer Korrektur hinsichtlich der Familienversichertenbestände sehe die Beklagte ebenfalls. Die Leistungserbringer seien ihrer Verpflichtung, die Leistungsausgaben für die Stichprobenversicherten vollständig zu melden, (teilweise) nicht nachgekommen. Dies verfälsche die Ergebnisse. Hinzu komme die nach Kassenarten und Hauptleistungsbereichen stark differierenden Ausschöpfungsquoten in der erhobenen Stichprobe. Allein deswegen sei bereits nicht zu erwarten, dass die korrigierten, fiktiven Leistungsausgaben die wahren Verhältnisse wirklichkeitsgetreu widerspiegeln könnten. Die Mängel der Datenerhebung seien nicht durch § 5 Abs. 3 RSAV gerechtfertigt. Diese Regelung sei bereits selbst nicht von der Ermächtigungsnorm des § 266 Abs. 7 SGB V gedeckt. Der Vergleich zwischen der ersten und zweiten Fassung der Regelung des § 5 zeige, dass der Verordnungsgeber der Ermächtigungsgrundlage ursprünglich einen anderen Inhalt beigemessen habe. Die Beklagte sei ihren unter anderem in § 266 Abs. 5 Satz 1 SGB V auferlegten Ermittlungspflichten nicht nachgekommen. Sie habe die erforderlichen Daten entweder selbst ermitteln oder die beteiligten Kassen zur Meldung von nach einheitlichen Maßstäben bereinigten Daten veranlassen müssen. Bei der tatsächlich erfolgten Ermittlung der Verhältniswerte 1995 könne sie sich nicht in rechtlich zulässiger Weise auf § 5 Abs. 3 RSAV stützen. Sie habe die Krankengelderstattungen sachwidrig und daher rechtsfehlerhaft in die Berechnung einbezogen, in dem sie diese nur pauschal von den Leistungsausgaben insgesamt abgezogen und nicht versichertengruppenspezifisch berücksichtigt habe. Hier sei der Beklagten eine ermessensfehlerhafte Vorgehensweise vorzuwerfen, die zur Verschlechterung des Stichprobenergebnisses geführt habe, weil die Krankengelderstattungen zwischen den einzelnen Versichertengruppen sehr ungleich (zu Gunsten der Krankengeldbezieher, denen rückwirkend einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente bewilligt worden sei) verteilt seien. Der der Klägerin eingetretene Schaden werde nach eigenem Berechnungen auf mindestens 75 Millionen DM geschätzt. Mit der nachträglichen Korrektur in den Bescheiden für den Jahresausgleich 1997 seien lediglich Fehler in der Datenbasis für das Ausgleichsjahr 1995 teilweise behoben worden. Den Einwänden gegen die hier streitigen Bescheide sei jedoch darüber hinaus nicht nachgekommen worden. Die zulässigen Hilfsanträge seien ebenfalls begründet. Im Übrigen stelle das Urteil des Sozialgerichts eine Überraschungsentscheidung dar. Ohne einen Hinweis in der mündlichen Verhandlung seien die Hilfsanträge zu unzulässig angesehen worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juli 1999 aufzuheben und festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 4. und 5. Dezember 1995 rechtswidrig waren sowie

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Februar 2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Dezember 1996 aufzuheben, hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrages festzustellen, dass der Jahresausgleich 1994 einen sachlichen Fehler bei der Ermittlung des Beitragsbedarfs aufweist;

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über folgende Daten jeweils nach Kassenarten getrennt Auskunft zu erteilen: Leistungsausgaben der Stichprobenversicherten 1995 ohne Rentner nach Hauptleistungsbereichen, Krankengeldausgaben 1994 (Satzart 42 1994), Stichprobenversicherte ohne Rentner 1995, Rechnungsergebnisse nach Kassenarten (analog SA 43 1994);

die Beklagte zu verpflichten, den auf Grundlage der erteilten Auskünfte ermittelten Korrekturbedarf im Hinblick auf den Beitragsbedarf des Jahresausgleichs 1994 im nächsten Ausgleichsverfahren zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält auch das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 23. Februar 2001 im Ergebnis für zutreffend. Sie habe sich an die ihr gesetzlich vorgegebene Stellung gehalten. Danach habe sie zur Datenerhebung auf die Meldung der Krankenkassen zurückgreifen müssen, die diese über ihre Spitzenverbände vorlegten. Die Spitzenverbände seien zur Prüfung auf Vollständigkeit und Plausibilität verpflichtet. Ihr selbst obliege nur die Durchführung des anschließenden Ausgleichs. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei der Datenerhebung hätten die Aufsichtsbehörden zu überwachen. Die ihr gemeldeten Daten müsse sie der Berechnung des Jahresausgleichs zugrunde legen und dürfe nicht abwarten, bis eine flächendeckende Überprüfung aller Krankenkassen und eventuelle Korrekturen durchgeführt seien. Hierfür seien späteren Korrekturverfahren vorgesehen. Die Klage sei mindestens unbegründet, denn die angegriffenen Bescheide vom 4. Dezember 1996 seien weder formell noch materiell rechtswidrig. Eine Anhörung der Klägerin habe es nicht bedurft. Die Begründung sei ausreichend. Die Beklagte habe die seinerzeit geltenden gesetzlichen Regelungen beachtet. Zwar gebe es Abweichungen der so genannten Ausschöpfungsraten, aber dennoch würden die Anforderungen des § 267 Abs. 3 SGB V erfüllt. Das vereinbarte und durchgeführte Stichprobenverfahren gehe nämlich über den in § 267 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB V geforderten Mindeststandard hinaus. Die Mindestrepräsentativität der mangels vertretbarer Möglichkeit zur Durchführung einer Vollerhebung gewählten Stichprobe sei trotz gewisser Mängel eingehalten. Die bei Ermittlung der Verhältniswerte durchgeführte Hochrechnung der Leistungsausgaben ohne Krankengeld gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 RSAV sei rechtmäßig und stelle eine zulässige Bereinigung durch statistische Berechnungsverfahren dar, auch wenn die Krankengelderstattungen für Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrentner nicht berücksichtigt werden konnten. Ebenso hätten die Familienversichertendaten trotz Verbesserungswürdigkeit der Berechnung erst einmal zugrunde gelegt werden dürfen. Die Optimierung der Erfassung könne erst bei zukünftigen Korrekturen Eingang finden. Der Gesetzgeber sei bei Einführung des Risikostrukturausgleichs ab 1994 davon ausgegangen, dass es - insbesondere in der Anfangszeit - erhebliche Schwierigkeiten geben würde, eine solide Datengrundlage für den Ausgleich zu schaffen und habe dennoch eine Durchführung schon für 1994 vorgesehen. Selbst wenn Fehler in der Datenerhebung festgestellt würden, seien diese wegen der Komplexität des Ausgleichsverfahrens in einem gewissen Maße hinzunehmen und könnten nicht zum Anspruch auf Aufhebung der angegriffenen Bescheide führen. Im Übrigen sei fraglich, ob die Klägerin zwangsläufig durch Ungenauigkeiten benachteiligt werde. Die aufgetretenen Fehler seien zufällig verteilt und stellten keine einseitigen Verfälschung dar, sodass vorhandener Mängel ebenso zur Begünstigung wie Benachteiligung der Klägerin führen könnten.

Trotz des Hinweises auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG ) vom 24. Januar 2003 (B 12 KR 19/01 R, 2/02 R, 30/00 R, 18/02 R, 19/02 R und 17/02 R, BSGE 90, 231, SozR 4-2500 § 266 Nrn 3, 4, 2, die weiteren nur in Juris) hat die Klägerin ihre Berufungen aufrechterhalten. Dies sei im Interesse der Versichertengemeinschaft geboten. Kurz vor der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin das Ruhen des Verfahrens bezüglich des endgültigen Risikostrukturausgleichs bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die diesbezügliche Verfassungsbeschwerde angeregt. Die Beklagten hat sich hierzu in der mündlichen Verhandlung ablehnend geäußert.

Der Senat hat die Verfahren L 1 KR 45/99 und L 1 KR 33/01 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L 1 KR 45/99 verbunden.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 4. Februar 2004 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und auch im Übrigen zulässigen Berufungen der Klägerin (vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) sind nicht begründet. Die gegen den vorläufigen Risikostrukturausgleich gerichtete Klage ist bereits unzulässig (siehe im Folgenden unter 1.). Die Klage gegen den (endgültigen) Jahresausgleich 1994 und den für 1995 ist zwar hinsichtlich des Hauptantrages (als auch hinsichtlich der Hilfsanträge) zulässig. Sie ist jedoch unbegründet (siehe im Folgenden unter 2.). Die angegriffenen Bescheide sind nicht zu beanstanden. Da die Beklagte die Hilfsanträge unter der Bedingung gestellt hat, dass den Hauptantrag als unzulässig angesehen wird, braucht der Senat über sie nicht zu entscheiden.

1.) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig, weil ein berechtigtes Interesse der Klägerin auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide vom 4. und 5. Dezember 1995 nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG nicht besteht. Zu Recht wendet sich die Klägerin nicht gegen das erstinstanzliche Urteil so weit es ein Feststellungsinteresse wegen bestehender Wiederholungsgefahr verneint. Hierauf kann die Klägerin nämlich ein Feststellungsinteresse schon deswegen nicht gründen, weil ihr gegen die endgültige Durchführung des Risikostrukturausgleich für 1994 Rechtsmittel zustehen, von denen sie auch Gebrauch gemacht hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Sozialgerichts begründet die beabsichtigte Amtshaftungsklage ebenfalls kein berechtigtes Interesse auf Feststellung, weil ein Prozess wegen Amtspflichtverletzung offensichtlich aussichtslos ist (vgl. Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, Rdnr. 10c-d zu § 131 SGG). Ein Verschulden der Beklagten (bzw. ihrer Bediensteten) ist nämlich unter keinem Gesichtspunkt festzustellen. Ein solches scheidet in materiell-rechtlicher Hinsicht schon deswegen aus, weil die Beklagte die (zwar in der juristischen Literatur teilweise umstrittenen) rechtlichen Regelungen in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers angewendet hat. Auch ein Verschulden wegen Verstoßes gegen Verfahrensregelungen kommt zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nicht in Betracht, weil – selbst wenn man einen solchen Verstoß annehmen wollte – dieser jedenfalls nicht für einen Schaden kausal geworden sein kann, denn in der Sache hätte die Beklagten wegen der vorhandenen Datenlage keine andere Entscheidung treffen können.

2.) Die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den endgültigen Jahresausgleich für 1994 haben die Bescheide vom 4. und 5. Dezember 1995 über den vorläufigen Jahresausgleich für 1994 ersetzt und sind nach § 96 Abs. 1 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens 21 KR 531/95 geworden, das gegen die Bescheide vom 4. und 5. Dezember 1995 zum vorläufigen Jahresausgleich für 1994 anhängig war. Das Sozialgericht hätte daher im Urteil vom 9. Juli 1999 über die den endgültigen Jahresausgleich für 1994 betreffenden Bescheide vom 4. Dezember 1996 mit entscheiden und insoweit nur die gegen diese Bescheide vom 4. Dezember 1996 gesondert erhobene Klage (21 KR 108/97) als unzulässig abweisen dürfen. Demgegenüber haben die Bescheide vom 11. Februar 1999 über den Jahresausgleich für 1997 mit der Korrektur für die Ausgleichsjahre 1994 und 1995 die Bescheide vom 4. Dezember 1996 nicht abgeändert oder ersetzt. Wegen der angeordneten Berücksichtigung der Korrektur erst beim Ausgleichsverfahren für 1997 (vgl § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V; § 25 Abs. 3 RSAV) wird ein Bescheid über einen Jahresausgleich, der eine solche Korrektur für Vorjahre enthält, nicht Gegenstand von Verfahren, die zu früheren Jahresausgleichen anhängig sind, hier also nicht des vorliegenden Verfahrens zu den Jahresausgleichen für 1994 und 1995. Insofern greift § 96 Abs. 1 SGG nicht ein. Die Trennung der Verfahren zu den einzelnen Jahresausgleichen trägt auch der Regelung in § 25 Abs. 3 RSAV Rechnung. Nach dessen Maßgabe ist im Jahresausgleich für 1997 der RSA für die Jahre 1994 bis 1996 zu korrigieren, eine förmliche Änderung der früheren Jahresausgleichsbescheide jedoch nicht vorgesehen. Insofern liegt eine Sonderregelung zu den §§ 44, 45 SGB X vor (vgl. zum Vorstehenden BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R und 19/02 R, aaO).

Die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG ist zulässig, wenn geltend gemacht wird, der Risikostrukturausgleich sei insgesamt rechtswidrig oder leide an Mängeln, die seine Wiederholung erforderlich machten, wie dieses die Klägerin hinsichtlich der Bescheide vom 4. Dezember 1996 vorbringt. In derartigen Fällen darf die Kasse nicht auf spätere Korrekturen gemäß § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V verwiesen werden ( So BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R, aaO).

Die Bescheide vom 4. Dezember 1996 für 1994 und 1995 sind indessen rechtmäßig. Sie sind nicht verwaltungsverfahrensrechtlich fehlerhaft. Der Untersuchungsgrundsatz, die Anhörungspflicht und die Begründungspflicht (§ 20 Abs 1, § 24 Abs 1, § 35 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) sind unter Berücksichtigung des speziellen und späteren Rechts des Risikostrukturausgleichs nicht verletzt. Dieses findet sich in den §§ 266, 267 SGB V und in den Regelungen der RSAV, die insoweit auf der Ermächtigung in § 266 Abs 7 Nr 6 SGB V beruhen (BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R und 19/02 R, aaO).

Die Beklagte hat ihren Berechnungen zutreffend die ihr gemeldeten Daten zu Grunde gelegt. Sie hatte insofern keine eigene Amtsermittlungspflicht. Für die Beschaffung und Verwertung der Daten ist ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen. Auf einer ersten Stufe erheben die Krankenkassen nach § 267 Abs. 1 bis 3 SGB V die Ausgaben, die Einnahmen sowie die Zahl der Mitglieder und der Familienversicherten. Sie leiten die Ergebnisse ihren Spitzenverbänden zu. Diese prüfen auf der zweiten Stufe die Daten auf Vollständigkeit und Plausibilität und geben sie unter schriftlicher Mitteilung des Ergebnisses an die Beklagte weiter (§ 267 Abs. 4 SGB V, § 3 Abs. 4 Satz 1 bis 4, § 5 Abs. 4 RSAV). Auf der dritten Stufe führt dann die Beklagte den Risikostrukturausgleich durch. Demnach ist die Ermittlung der Daten Angelegenheit der Kassen, deren Ergebnis einer gewissen Prüfung durch die Spitzenverbände unterliegt. Eine eigene Ermittlungspflicht der Beklagten besteht hingegen nicht. Die Zuständigkeit der Beklagten für die Durchführung des Risikostrukturausgleichs erstreckt sich nicht auf eine Prüfung der Krankenkassen. Eine solche Prüfung ist vielmehr allein Aufgabe der in § 274 Abs 1 SGB V genannten Aufsichtsbehörden. Obwohl die Beklagte gegenüber einigen Krankenkassen auch Aufsichtsbehörde ist, darf sie als Durchführungsbehörde von der nach einer aufsichtsrechtlichen Prüfung bestehenden Datenlage ebenso ausgehen wie von den durch die Kassen über ihre Spitzenverbände gemeldeten Daten. Es ist insofern zur Prüfung von Kassen oder von Aufsichtsbehörden weder verpflichtet noch berechtigt (vgl. im Einzelnen BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R und 19/02 R, aaO).

Eine Anhörung der Krankenkassen vor Mitteilung des Jahresausgleichs nach § 19 Abs. 2 Satz 2 RSAV ist nicht vorgesehen. Sie ist nur in den Fällen des § 3 Abs. 4 Satz 5 RSAV geregelt, wenn die Daten zu den Versichertenzeiten nicht rechtzeitig vorliegen oder erhebliche Fehler festgestellt werden, in Form der Anhörung der betroffenen Spitzenverbände oder Kassen. Dieser Bestimmung bedürfte es nicht, wenn die Beklagte die Kassen vor jeder Entscheidung über einen Jahresausgleich anzuhören hätte, obwohl es ihren Datenangaben folgt. Die Beklagte kann auch schon auf Gründen des im Gesetz vorgesehen Zeitablaufs keine Anhörung der einzelnen Kassen durchführen. Deshalb ist bei Jahresausgleichen im Risikostrukturausgleich der Rechtsgedanke des § 24 Abs. 2 Nr. 2 SGB X (ermessensunabhängig) verallgemeinert, wonach von einer Anhörung abgesehen werden kann, wenn sie die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage stellen würde. (vgl. im Einzelnen BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01, aaO).

Die Beklagte hat der Klägerin in den Bescheiden nebst Anlagen die Rechtsgrundlagen und die generellen Daten (standardisierte Leistungsausgaben) mitgeteilt und die einzelnen Positionen erläutert. Einer weitergehenden kassenindividuellen Begründung nach § 35 SGB X bedurfte es wegen der Stellung der Kassen und ihrer Verbände im Verfahren nicht (BSG, Urteil vom 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R , aaO).

Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 RSAV war der vorläufige Jahresausgleich für 1994 auf der Grundlage der Verhältniswerte, die nach den Ergebnissen der im Jahre 1995 durchgeführten Erhebung nach § 267 Abs. 3 SGB V festgestellt worden sind, zu berichtigen. Auf dieser Grundlage sind die Bescheide vom 4. Dezember 1996 ergangen und an die Stelle der früheren Regelungen getreten. Hierin liegt keine unzulässige Rückwirkung für die Vorjahre, sondern lediglich eine verfassungsrechtlich zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung in dem Sinne vor, dass Mängel in einem durchgeführten Jahresausgleich, die sich nachträglich ergeben, Anknüpfungspunkt für künftige Ausgleichszahlungen sind. Wegen der Regelungen in § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V und in § 25 Abs. 3 RSAV konnten die Kassen zu keiner Zeit damit rechnen, dass Korrekturen zu früheren Jahren nicht mehr stattfinden würden. Die Verordnungsbestimmungen zur Korrektur waren durch die Ermächtigung zur Ermittlung der Verhältniswerte und die Durchführung des RSA in § 266 Abs. 7 Nr. 1, 6 SGB V gedeckt, die auch die Befugnis zur Änderung der Verhältniswerte umfasst, wenn diese sich als notwendig erweist, hier insbesondere als Folge der Bereinigung der Familienversicherung (dazu im Einzelnen BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R, aaO).

Die angefochtenen Bescheide sind weder in Bezug auf den endgültigen Ausgleich für 1994 noch hinsichtlich des Ausgleichs für 1995 zu beanstanden.

Der Gesetzgeber musste bei der Einführung des Risikostrukturausgleichs abwägen und ein erforderliches Mittel zur Begrenzung der hohen, auch verfassungsrechtlich bedenklichen Beitragssatzunterschiede zügig einführen, obwohl der Risikostrukturausgleich mit den damals erfassten Daten nicht durchgeführt werden konnte. Es ist nicht zu beanstanden, dass er einen Mittelweg zwischen der Beschaffung hinreichender Daten und einer vertretbaren Kostenbelastung der Beteiligten vorgesehen hat (vgl. im Einzelnen BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R und 19/02 R, aaO). Dabei muss er in regelmäßigen Abständen (jährlich) durchgeführt werden, um die monatlichen Ausgleiche (§ 17 RSAV) abzurechnen, der Ansammlung zu hoher Ausgleichssummen vorzubeugen und den Krankenkassen die Haushaltsplanung nicht weiter zu erschweren. Die Beklagte hat daher mit Recht entsprechend der Regelung in § 19 Abs 5 RSAV zunächst den vorläufigen Jahresausgleich für 1994 bis Ende 1995 durchgeführt, diesen bis Ende 1996 nach Maßgabe des § 25 Abs 1 Satz 2 RSAV berichtigt sowie für 1995 durchgeführt, obwohl Unklarheiten bei der von 1994 gemeldeten Zahl der Versicherten bekannt geworden waren. Die Ansicht der Klägerin, die Jahresausgleiche hätten noch nicht mit den angefochtenen Bescheiden vom 4. Dezember 1996, sondern erst nach weiterer Prüfung von Daten durchgeführt werden dürfen, ist daher unzutreffend (vgl. BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/02 R, aaO). Die Beklagte war weder berechtigt noch verpflichtet, sich über die zeitlichen Vorgaben zur Durchführung des Risikostrukturausgleichs hinwegzusetzen und ihn zu verschieben. Der Gesetzgeber hat das Interesse einzelner ausgleichsverpflichteter Kassen an einer Verschiebung des Ausgleichs bis zur Herstellung präziser Datengrundlagen geringer bewertet als das öffentliche Interesse an der Durchführung des Risikostrukturausgleichs auf noch nicht absolut sicherer Datengrundlage. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes oder sonstige Verfassungsverstöße sind hierin nicht zu sehen (vgl. ausführlich BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R und 17/02 R, aaO ).

Der Jahresausgleiche für 1994 und 1995 waren nicht wegen der Versichertenjahre, d.h. der Zahl der Versicherten zu beanstanden. Wenn nach Abschluss der Ermittlungen der Werte des § 266 Abs 6 Satz 3 SGB V sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen festgestellt werden, hat die Beklagte diese bei der Ermittlung beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen (vgl § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V). Dies gilt auch, wenn sich nach Abschluss der Datenübermittlungen herausstellt, dass Kassen zum Teil nicht abgesicherte Versichertenzeiten gemeldet haben, oder insoweit jedenfalls Unsicherheiten bestehen, weil es entgegen §§ 288, 289 SGB V an einer ordnungsgemäßen Führung der Versichertenverzeichnisse fehlt, wie dies bei dem Familienversicherungsverzeichnis der Fall war. Sie war nicht berechtigt, Versichertenzeiten nach Maßgabe des § 3 Abs 4 Satz 5 RSAV nur mit einem Sicherheitsabzug zu berücksichtigen, oder verpflichtet, die Versichertenzeiten solcher Kassen "auf Null" zu setzen, bei denen Zweifel an der Zuverlässigkeit der gemeldeten Familienversichertenzeiten bestehen konnten (vgl dazu BSG Urteil vom 24. Januar 2003, B 12 KR 19/01 R, aaO). Es reichte, dass die Beklagte auf die Behebung der festgestellten Unzulänglichkeiten hinwirkt. Die angegriffenen Bescheide sind auch nicht deswegen zu beanstanden, dass bereits bei Durchführung des Risikostrukturausgleichs für 1995 Ende 1996 feststand, dass die nach Abschluss der Datenübermittlung für das Jahr 1995 gewonnenen Erkenntnisse über die Datengrundlagen sogar nicht mehr in den Jahresausgleich für 1995 eingingen, aber bei späteren Jahresausgleichen zu berücksichtigen waren (vgl. BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 17/02 R, aaO).

Ebenso ist die Einbeziehung des Krankengeldes als Bestandteil der standardisierten Leistungsausgaben in die Berechnungen trotz der unsicheren Datenlage rechtmäßig. Es handelt sich um strukturelle Unstimmigkeiten, die jedoch hinzunehmen sind. Die einzelnen Berechnungselemente des Risikostrukturausgleichs können je nach Versichertenstruktur bei einzelnen Kassen sowohl zu Vorteilen als auch zu Nachteilen führen. Aufs Ganze gesehen gleichen sich derartige Vor- und Nachteile jedenfalls zum Teil aus. Eine weitere Differenzierung bei den auszugleichenden Faktoren würde zu weiterem Verwaltungsaufwand, weiteren Kosten und möglicherweise neue Unstimmigkeiten führen, was den Zwecken des Risikostrukturausgleichs entgegenstünde (vgl. dazu BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 2/02 R, aaO).

Auch die für den Ausgleich nur sehr eingeschränkt durch Vollerhebung ermittelten und im Wesentlichen auf Teilerhebungen iSe Stichprobe basierenden (Ausgabe-) Daten, die nach den Erkenntnissen der Statistiklehre wohl nicht als repräsentativ bezeichnet werden kann, macht die angegriffenen Bescheide nicht rechtswidrig. Die zu Grunde liegenden Daten sind hinreichend bestimmt, um die tatbestandlichen Voraussetzungen feststellen und die Höhe der Ausgleichszahlungen bestimmen zu können.

Die Krankenkassen erheben nach § 267 Abs. 1 Nr. 1 SGB V für jedes Geschäftsjahr die Leistungsausgaben, die in § 4 RSAV abgegrenzt sind. Die Erhebung der Daten kann auf für die Region und die Kassenart repräsentative Stichproben im Bundesgebiet oder in einzelnen Ländern begrenzt werden, deren Gesamtumfang höchstens 10 vH aller gesetzlich Krankenversicherten beträgt. Nach § 267 Abs. 7 Nr. 1 SGB V vereinbaren die Spitzenverbände der Krankenkassen das Nähere über den Erhebungsumfang, die Auswahl der Regionen und der Stichprobenverfahren. In diesem Rahmen hat der Gesetzgeber das Verfahren den Spitzenverbänden überlassen (vgl. BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R, aaO). Die Spitzenverbände haben die ab Mai 1993 geltende Vereinbarung nebst Anlagen getroffen (Vereinbarung 93). Nach Maßgabe der §§ 5 und 6 wurde die Erhebung jährlich durchgeführt und war bundesweit vorzunehmen, jedoch getrennt nach den Bereichen West und Ost. Während sich aus § 7 Abs. 4 für das Krankengeld eine Vollerhebung ergab, war für die anderen Hauptleistungsbereiche nach näherer Bestimmung des § 7 nebst Anlagen 2 bis 4 eine repräsentative Stichprobe zu ziehen. In die Stichprobe einbezogen wurden alle Versicherten, die an bestimmten Tagen eines Jahres geboren waren. Zur Vermeidung erhebungstechnischer Zufallsschwankungen diente nach § 8 nebst Anlage 5 der Vereinbarung 93 ein Glättungsverfahren (vgl. ausführlich in BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R, aaO). Die Beklagte musste den Risikostrukturausgleich anhand der nach dieser Vereinbarung erhobenen Daten und vorgesehenen Berechnungen durchführen. Dieses ist geschehen. Die Vereinbarung ist wirksam und damit für die Beklagte und die Gerichte maßgebend. Die Spitzenverbände sind darin für die Erhebung der Leistungsausgaben teilweise über das vorgeschriebene Mindestmaß hinausgegangen. Andererseits haben die Spitzenverbände den zulässigen Gesamtumfang der Erhebung von höchstens 10 vH aller Versicherten nicht ausgeschöpft. Sie haben im Bereich West 3,3 vH, im Bereich Ost allerdings 8,4 vH der Versicherten erfasst. Dennoch hielten sie sich damit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben sowie ihrer Vertrags- und Gestaltungsfreiheit (vgl. im Einzelnen BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R, aaO). Aus der Regelung über die zulässige Begrenzung auf eine für die Region oder die Kassenart "repräsentative Stichprobenerhebung" (§ 267 Abs. 3 Satz 3 aF, Satz 4 nF SGB V) kann nicht hergeleitet werden, das hier vereinbarte Stichprobenverfahren müsse den Anforderungen der statistischen Wissenschaft entsprechen. Auch wenn entsprechend dem Gutachten Männer/ Kricke zur Repräsentativität der Stichprobenerhebung im Risikostrukturausgleich von 1998 die Grundgesamtheit nicht korrekt abgegrenzt sein sollte, der Stichprobenumfang die zulässige Höchstgrenze nicht ausschöpfe und zu gering sei, um eine hinreichende Genauigkeit der Ergebnisse zu garantieren, sowie die Ausschöpfungsquoten zu stark differieren sollten, macht dies den durchgeführten Ausgleich nicht fehlerhaft. Das Gesetz legt selbst fest, welches die Mindesterfordernisse der Datenerhebung sind, und überlässt dieses nicht der statistischen Methode. Statistisch-theoretische Anforderungen entsprechen nicht dem maßgeblichen normativen Ansatz in § 267 Abs 3 Satz 4 SGB V idF des GSG (heute § 267 Abs 3 Satz 5 SGB V), der eine Erhebung bei 10 vH aller Versicherten lediglich als Höchstgrenze vorsieht, die nicht ausgeschöpft zu werden braucht. Auch § 267 Abs 7 Nr 1 SGB V, wonach die Spitzenverbände "das Nähere über den Erhebungsumfang" und "die Auswahl ... der Stichprobenverfahren" bestimmen und "vereinbaren", spricht gegen die Geltung statistisch-wissenschaftlicher Anforderungen. Die Spitzenverbände hatten nicht allein eine statistisch große Genauigkeit anzustreben, sondern entsprechend dem Gesetzeszweck einen Mittelweg zwischen hinreichenden Daten und vertretbarer Kostenbelastung einzuschlagen. Ein bestimmter Genauigkeitsgrad ist im Gesetz nicht vorgeschrieben (genauere Darlegung siehe BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/01 R, aaO).

Die untergesetzlichen Rechtsgrundlagen des Risikostrukturausgleichs sind durch ausreichende Ermächtigungen gedeckt. Der Risikostrukturausgleich verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen das Recht der Europäischen Gemeinschaft (hierzu wird auf die Ausführungen in BSG, 24.01.2003, Az: B 12 KR 19/02 R, aaO, verwiesen).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung.

Die Revisionszulassung hinsichtlich des vorläufigen Risikostrukturausgleichs folgt aus § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Im Übrigen ist ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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