Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 507/01
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 70/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2004 ist hinsichtlich der Verurteilung der Beigeladenen zu 2) gegenstandslos. 2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2004 wird zurückgewiesen. 3. Es wird festgestellt, dass die Klägerin der für die Beigeladene zu 1) zuständige Unfallversicherungsträger ist. 4. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte mit Wirkung ab 1. Januar 2000 die Beigeladene zu 1) in die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) (kommunaler Unfallversicherungsträger) übernehmen durfte bzw. ob diese (oder die Klägerin) zuständiger Unfallversicherungsträger ist.
Ursprünglich wurde die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt Freiburg von dieser mit eigenen Mitarbeitern betrieben. Die Beigeladene zu 2) betrachtete sich als zuständiger Unfallversicherungsträger.
Mit Wirkung ab 1. Juli 1999 wurde die Beigeladene zu 1) gegründet. Ihr Stammkapital wurde im Gründungszeitpunkt in voller Höhe von der Stadt Freiburg gehalten. Im Dezember 2001 räumte sie der R. Beteiligungsgesellschaft mbH und Co KG Geschäftsanteile im Umfang von 47 % unter Erhöhung des Stammkapitals ein. Ihren Betrieb nahm die Beigeladene zu 1) zum 1. Januar 2000 – dem Zeitpunkt der Überleitung vormals städtischen Personals – auf.
Ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 16. Juni 1999 ist Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) die Sammlung, der Transport, die Behandlung und Verwertung von Abfällen, der Betrieb von Abfallverwertungs- und –beseitigungsanlagen einschließlich der Rekultivierung und Nachsorge von Deponieeinrichtungen, die Reinigung von Straßen, Wegen und Plätzen, die Beschaffung und Wartung von Kraftfahrzeugen und Maschinen für kommunale Auftraggeber und kommunale Einrichtungen im Bereich der interkommunalen Verflechtung des Oberzentrums Freiburg. U. a. betreibt sie dazu eine Mülldeponie. Gemessen am Entgeltanteil lag (im Jahre 2000) der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Bereich der Abfallwirtschaft (54,4 %, 154 Beschäftigte). Im Bereich Stadtreinigung beträgt der Entgeltanteil 22,4 % (58 Beschäftigte) und in den gemeinsamen Zwecken dienenden Bereichen 25,2 % (47 Beschäftigte). Im Jahre 2004 teilten sich die seinerzeit 243 Mitarbeiter auf den Bereich "Logistik Entsorgung" (Müllentsorgung und Containerdienst, 104 Mitarbeiter), "Logistik Reinigung" (Straßen- und Wegereinigung, Winterdienst, 53 Mitarbeiter), "Recyclinghöfe" (16 Mitarbeiter), Werkstatt (7 Mitarbeiter) und Verwaltung (47 Mitarbeiter, davon 25 im Bereich "Verwaltung allgemein") auf. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag (Bl. 5 VA Klägerin), die Leistungsbeschreibung (Bl. 36 VA Klägerin), die Mitarbeiterübersicht (Bl. 153 PA=204 VA Klägerin) sowie die Lohnsummenübersicht (Bl. 208 VA Klägerin) verwiesen. Die Beigeladene zu 1) ist nicht als gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts anerkannt. Im Jahre 2005 fanden Verschiebungen im Bereich der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) statt. Der Müllabfuhrbereich wurde rationalisiert, während mehr Aufgaben in den Bereichen Mülldeponie und Reinigung hinzukamen. Vor diesen Verschiebungen waren im Jahre 2005 acht Beschäftigte betroffen. Im Jahre 2006 werden voraussichtlich fünf Beschäftigte von Veränderungen betroffen sein.
Nach Austausch der unterschiedlichen Rechtsansichten zwischen den Beteiligten und Anhörung der Klägerin übernahm die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 die Beigeladene zu 1) in die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2), welche die Aufnahme in ihr Mitgliederverzeichnis veranlasste und in der Folgezeit Beitragsbescheide erteilte.
Der gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2001 gerichteten Klage hat das Sozialgericht durch Aufhebung des Bescheides stattgegeben und im Übrigen die Beigeladene zu 2) verurteilt, die Beigeladene zu 1) mit Wirkung vom 1. Januar des Jahres an, das auf den Tag der Rechtskraft seines Urteils folgt, aus der Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) in die Zuständigkeit der Klägerin zu übernehmen. Hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren und der Entscheidungsgründe des Sozialgerichts wird auf das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2004 verwiesen.
Gegen diese Entscheidung hat (nur) die Beklagte Berufung eingelegt. Das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Beigeladene zu 1) ein Verkehrsunternehmen nach § 129 Abs. 4 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei. Verkehrsunternehmen seien Unternehmen, deren Aufgabe die Beförderung von Personen und Gütern sei. Zwar werde auch Müll transportiert, jedoch stehe dabei nicht die Verbringung an einen anderen Ort im Vordergrund, sondern die Entsorgung. Ebenso wenig könne der Bereich der Straßenreinigung als Verkehrsunternehmen aufgefasst werden. Die Vorschrift des § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII werde bei der erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung über den Wortlaut hinaus ausgelegt. Für die Interpretation des Inhalts der Regelung sei der Ausflug in die Rechtshistorie unzulässig. Nicht umsonst habe sich das Bundessozialgericht (BSG) in diesem Punkt bereits im Urteil vom 30. November 1962 (2 RU 248/58, Breith. 1963, 591) vorsichtig ausgedrückt. Auch habe der Reichsarbeitsminister 1943 die gemeindlichen Fuhrparks, Müllabfuhr- und Straßenreinigungsbetriebe aus der Zuständigkeit der Klägerin lösen wollen. Im Übrigen nehme das Sozialgericht zu Unrecht an, die Beigeladene zu 1) werde erwerbswirtschaftlich betrieben. Der Gesichtspunkt einer besseren Prävention durch fachlich spezialisierte gewerbliche Berufsgenossenschaft könne nicht per se gegen eine Ermessensausübung zu Gunsten einer Übernahme in die Zuständigkeit eines kommunalen Unfallversicherungsträgers sprechen, denn dann hätte der Gesetzgeber gar nicht die Zuständigkeit als Unfallversicherungsträger für Gebietskörperschaften schaffen dürfen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2004 aufzuheben und die Anfechtungsklage gegen ihren Bescheid vom 22. Oktober 2001 sowie die Feststellungsklage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und festzustellen, dass sie der zuständige Unfallversicherungsträger für die Beigeladene zu 1) ist.
Sie ist der Auffassung, die erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend. Die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand stelle eine Ausnahme zur (Regel-) Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften für die Unfallversicherung dar, wobei dies in erster Linie für rechtlich unselbständige Unternehmen gelte und die Möglichkeit der Übernahme rechtlich selbständiger Betriebe nach § 129 Abs. 3 SGB VII sich bereits als Erweiterung dieser Ausnahme darstelle. Diese Ausnahme erfahre durch § 129 Abs. 4 SGB VII eine Einschränkung (auf die Regelzuständigkeit zurückführend), die der Gesetzgeber auch über die Reform des § 129 SGB VII ab 1. Januar 2005 hinaus beibehalten habe. Es gebe daher keinen Grund zu einer einschränkenden Auslegung, wie sie für Ausnahmevorschriften gelte. Zu Recht habe das Sozialgericht und vor ihm das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 21. November 2002 (L 5 U 38/00, Breith. 2004, 121) entschieden, dass es sich bei Müllentsorgungsbetrieben um Verkehrsunternehmen handele. Diese Unternehmen hätten nach ihrer Art bei dem zu Grunde liegenden (durch Art. 4 § 16 Abs. 2 Nr. 7 Unfallversicherungs-Neuordnungsgesetz (UVNG) außer Kraft gesetzt) Erlass des Reichsarbeitsministers vom 16. März 1942 (AN 1942, 201) zur damaligen Straßen- und Kleinbahn-Berufsgenossenschaft und Privatbahn-Berufsgenossenschaft oder Berufsgenossenschaft für gewerbsmäßige Fahrzeughalten (jetzt Anlage 1 zu § 114 Nr. 33 – die BG -) gehört. Im Übrigen handele es sich bei der Beigeladenen zu 1) auch um ein erwerbswirtschaftlich betriebenes Unternehmen und im angegriffenen Bescheid sei das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden, weil die Beklagte in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt habe, dass die Beigeladene zu 2) keine bessere Prävention leisten könne als die Klägerin.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) schließen sich dem Vorbringen der Beklagten an. Einen Antrag stellen sie nicht. Die Beigeladene zu 1) weist ergänzend darauf hin, dass im Falle der Zuständigkeit der Klägerin für die Unfallversicherung ihres Betriebes die weitere Mitarbeit im für die Prävention wichtigen bundesweiten Arbeitsschutzprojekt für kommunale Entsorgungsbetriebe "V." gefährdet wäre.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 21. März 2006 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten (vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist ebenso zulässig (A 1) wie das im Berufungsverfahren geltend gemachte Feststellungsbegehren (A 2), insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht durch die Neuregelung der §§ 128ff SGB VII entfallen (A 3). Die Anfechtungsklage ist nicht aufgrund der Übergangsregelung des § 218d SGB VII unbegründet (B 1). Weil die Beigeladene zu 1) als Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII von der Übernahme durch einen kommunalen Unfallversicherungsträger ausgeschlossen und vielmehr die Klägerin der für sie zuständige Unfallversicherungsträger ist, sind sowohl die Anfechtungsklage (B 2) als auch das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet (B 3).
Die ursprünglich gegen die Beigeladene zu 2) gerichtete Leistungsklage ist nicht (mehr) Gegenstand des Berufungsverfahrens. Durch die im mündlichen Verhandlungstermin erklärte Rücknahme dieses Teils des klägerischen Antrages ist der Urteilsspruch des Sozialgerichts hinsichtlich der Verpflichtung der Beigeladenen zu 2) gegenstandslos geworden, was klarstellend im Tenor auszusprechen war.
A
1. Das Sozialgericht ist zutreffend von der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Beklagte ausgegangen. Sie richtet sich gegen einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), denn der angegriffene Übernahmebescheid greift durch die Verneinung der Zuständigkeit der Klägerin in den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedsbestand als gewerbliche Berufsgenossenschaft ein, so dass sie als Dritte von ihm im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses betroffen ist. Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG nicht. Die Klage ist auch innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides erhoben worden.
2. Das im Berufungsverfahren geltend gemachte Feststellungsbegehren ist ebenfalls zulässig. Das erweiternd formulierte Feststellungsbegehren ist zulässig im Sinne des § 55 SGG, denn die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Übernahme durch die Beigeladene zu 2) rechtswidrig war und sie selbst der zuständige Unfallversicherungsträger ist. Mit der Anfechtungsklage allein kann die Klägerin ihr Klagziel – Verhinderung der Übernahme der Beigeladenen zu 1) durch die Beigeladene zu 2) mit der Folge, dass sie der für die Beigeladenen zu 1) zuständige Unfallversicherungsträger ist - nicht erreichen. Zum einen stünde die Zuständigkeit der Klägerin im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht zwingend fest. Zum anderen wäre der Erlass eines neuen Übernahmebescheides zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) nicht gänzlich ausgeschlossen. Auch wenn bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgern davon ausgegangen werden kann, dass sie über den Tenor der gerichtlichen Entscheidung hinaus die Begründung der Entscheidung beachten, wenn darin die Rechtswidrigkeit der Übernahme an sich dargelegt wird, ist das Interesse an einem ausdrücklichen Ausspruch im Tenor, der zweifelsfreie Klarheit verschafft, der Klägerin nicht abzusprechen. Das Begehren ist als Klageerweiterung im Berufungsverfahren zulässig. Gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 153 SGG liegt keine Klageänderung vor, wenn der Klagantrag in der Hauptsache erweitert wird. Das ist hier der Fall, denn die Klägerin hat sich in der Hauptsache gegen die im angegriffenen Bescheid ausgesprochene Übernahmeentscheidung sowohl unter dem Gesichtspunkt gewandt, dass der Bescheid wegen Ermessensfehler unrichtig sei, als auch vorgetragen, dass eine Übernahme gesetzlich ausgeschlossen sei. Die Bejahung des zuletzt genannten Aspektes hätte zur Folge, dass die Beigeladene zu 2) nicht der zuständige Unfallversicherungsträger wäre. Da keine Klageänderung vorliegt, brauchen die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 99 Abs. 1 SGG nicht vorzuliegen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Erweiterung auf Anregung des Senats erfolgt ist, da er diese für sachdienlich hält.
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage ist auch nicht durch Aufhebung der Vorschriften über das Übernahmeverfahren entfallen. Zwar ist der Rechtsgrund für den Erlass des angegriffenen Bescheides weggefallen, weil es nach der neuen gesetzlichen Regelung keines Übernahmebescheides mehr bedarf, um die Zuständigkeit eines kommunalen Unfallversicherungsträgers für Unternehmen im Sinne des § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. zu bewirken. Der angegriffene Bescheid ist jedoch nicht gänzlich gegenstandslos geworden, denn er stellt auch die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) fest. Würde er in Bestandskraft erwachsen, könnte er der Klägerin entgegengehalten werden, wenn diese die angenommene eigene Zuständigkeit durchzusetzen versucht.
B
1. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er ist nicht durch die Neuregelung der §§ 128ff SGB VII absolet geworden.
Auf den Rechtsstreit finden die ab 1. Januar 1997 geltenden Vorschriften des SGB VII Anwendung, weil die Beigeladene zu 1), deren zuständiger Unfallversicherungsträger im Streit ist, in ihrer jetzigen Form erst seit dem 1. Januar 2000 existiert.
Gemäß § 129 Abs. 1 SGB VII in seiner bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (a. F.) sind die Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich zuständig 1. für die Unternehmen der Gemeinden und Gemeindeverbände, 2. für Haushalte, 3. für in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten (nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten), wenn für die einzelne geplante Bauarbeit nicht mehr als die im Bauhauptgewerbe geltende tarifliche Wochenarbeitszeit tatsächlich verwendet wird; mehrere nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten werden dabei zusammengerechnet, wenn sie einem einheitlichen Bauvorhaben zuzuordnen sind; Nummer 1 und die §§ 125, 128 und 131 bleiben unberührt, 4. für Personen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 versichert sind, soweit die Maßnahme von einer Gemeinde veranlasst worden ist, 5. für Maßnahmen der Hilfe zur Arbeit, die von den Trägern der Sozialhilfe durchgeführt werden, 6. für Personen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 versichert sind und 7. für Pflegepersonen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 versichert sind. Darüber hinaus kann gemäß Abs. 3 dieser Regelung das Land ein Unternehmen, das in selbständiger Rechtsform betrieben wird, aus der Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft in die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers im kommunalen Bereich übernehmen, wenn Gemeinden oder Gemeindeverbände allein oder zusammen mit dem Land an dem Unternehmen überwiegend beteiligt sind oder auf seine Organe einen ausschlaggebenden Einfluss haben. Unternehmen, die erwerbswirtschaftlich betrieben werden, sollen nicht übernommen werden. § 128 Abs. 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 3 gelten nicht für 1. Verkehrsunternehmen einschließlich Hafen- und Umschlagbetriebe, 2. Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke, 3. Unternehmen, die Seefahrt betreiben und 4. landwirtschaftliche Unternehmen der in § 123 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 genannten Art (§ 129 Abs. 4 SGB VII).
Gemäß § 129 Abs. 1 SGB VII in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung (n. F.) sind die Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich wie bisher zuständig, jedoch zusätzlich für Unternehmen, die in selbständiger Rechtsform betrieben werden und an denen Gemeinden oder Gemeindeverbände a. unmittelbar oder mittelbar überwiegend beteiligt sind oder b. auf deren Organe sie einen ausschlaggebenden Einfluss haben (Ziffer 1a). Die Absätze 2 und 3 der Regelung wurden aufgehoben. Gemäß Abs. 4 gelten (nunmehr) Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 1a nicht für die unter 1. bis 4. aufgeführten Unternehmen. Am 31. Dezember 2009 wird u. a. die Regelung des § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. wieder außer Kraft treten (§ 218d Abs. 1 SGB VII n. F.).
Für Unternehmen nach § 128 Abs. 1 Nr. 1a oder § 129 Abs. 1 Nr. 1a, die am 31. Dezember 2004 bestanden haben, bleiben gemäß § 218d SGB VII n. F. abweichend von §§ 128, 129 und § 129a die Unfallversicherungsträger zuständig, die an diesem Tag zuständig waren, wenn bis zum 13. Oktober 2004 ein Antrag nach § 128 Abs. 4 oder § 129 Abs. 3 auf Übernahme in die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers der öffentlichen Hand nicht gestellt war.
§ 218d SGB VII kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Da die Beigeladene zu 1) ein Unternehmen im Sinne des § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. ist und am 31. Dezember 2004 bereits bestanden hat, sind die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 218d SGB VII n. F. insoweit gegeben. Die Anwendung entfällt auch nicht nur deshalb, weil für die Beigeladene zu 1) bis zum 13. Oktober 2004 auch ein Übernahmeantrag gemäß § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. gestellt war. Die Anwendbarkeit der Vorschrift scheidet grundsätzlich aus, weil es hier um eine Rechtsfrage geht, für welche die Gesetzesänderung ohne Belang ist. Die Befristung der Zuständigkeitsregelungen im Bereich der privatisierten Unternehmen der öffentlichen Hand dient nach der Gesetzesbegründung (BT-Ds. 15/4051, zu Art. 1 Nr. 14) der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit über die Zuständigkeit für solche Unternehmen. Die zuvor geltenden Vorschriften hätten zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit, zu vermeidbarem Verwaltungsaufwand und zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten geführt. Zur Herstellung des Rechtsfriedens werde eine Regelung getroffen, die eine eindeutige Zuordnung der streitbefangenen Unternehmen gewährleisten soll, um bis zum Jahre 2010 eine sachgerechtere gesetzliche Regelung zu schaffen. Zwar ist es nach dem Wortlaut der Übergangsregelung nicht von vornherein ausgeschlossen, dass mit der befristeten Aussetzung des Übernahmeverfahrens nach § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. alle Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Übernahmen beigelegt werden sollten und die (zufällig) am 31. Dezember 2004 bestehende Zuordnung der betroffenen Unternehmen bis zu einer gesetzlichen Neuregelung bestehen bleiben soll. Gegen ein solches Verständnis der Vorschrift spricht jedoch, dass sowohl nach der alten wie auch der Übergangsfassung des § 129 SGB VII die in § 129 Abs. 4 SGB VII aufgeführten Unternehmensarten generell von einer Übernahme zu Gunsten der öffentlichen Unfallversicherungsträger ausgeschlossen sind. Daraus folgt, dass wegen der Aussetzung des Übernahmeverfahrens nicht mehr darüber zu entscheiden ist, ob die Übernahme insgesamt rechtmäßig war, insbesondere nicht, ob sie gegen die – durch die Übergangsvorschrift aufgehobenen – Vorschrift des § 129 Abs. 3 Satz 2 SGB VII a. F. verstößt, wonach erwerbswirtschaftlich betriebene Unternehmen nicht übernommen werden sollen, oder Ermessensfehler (wie z. B. eine unzutreffende Beurteilung der Gewährleistung einer optimalen Prävention des übernehmenden Unfallversicherungsträgers im Einzelfall) aufweist. Zu prüfen bleibt jedoch, ob der nach altem wie neuem Recht geltende Ausschlusstatbestand für eine Übernahme nach § 129 Abs. 4 SGB VII greift. In diesem Fall könnte die am 31. Dezember 2004 bestehende Zuordnung zur Beigeladenen zu 2) nicht bestehen bleiben und wäre auch unter Anwendung des § 218d SGB VII nicht beizubehalten.
2. Die verfügte Übernahme der Beigeladenen zu 1) zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) gemäß § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. ist schon deshalb rechtswidrig, weil sie gegen § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII verstößt. Aus dem gleichen Grund ist die Beigeladene zu 2) auch nicht gemäß § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. der ab 1. Januar 2005 zuständige Unfallversicherungsträger. Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um ein Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII, für das die Klägerin der zuständige Unfallversicherungsträger ist.
Bei Schaffung des SGB VII wurde die Regelung des § 129 SGB VII dem früheren § 657 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) nachgebildet, ohne dass hiermit eine inhaltliche Änderung verbunden war (vgl. BT-Ds 13/2204, S. 107). Letzterer war im Rahmen des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG, vom 30. April 1963, BGBl. I S.241) neu gefasst worden. Als Begründung für die Neuregelung gab der Ausschuss für Sozialpolitik an, er sei davon überzeugt, dass – neben dem Gesichtspunkt der Katasterstetigkeit – den Belangen der Unfallverhütung u. a. in gemeindlichen Verkehrsunternehmen am besten gedient sei, wenn diese Unternehmen den fachlich für sie zuständigen Berufsgenossenschaften zugeordnet blieben. Ein bei jeder Berufsgenossenschaft spezialisierter und gut ausgebauter technischer Aufsichtsdienst überwache im Interesse der Unfallverhütung die Unternehmen besser, als die Gemeindeunfallversicherungsverbände, die eine solche Spezialisierung auf dem Gebiete der Unfallverhütung nicht durchführen könnten (vgl. BT-Ds IV/938 (neu), S.20 Zu § 658 Abs. 2). Eine solche Abwägung stellte der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelungen über die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand im SGB VII ebenfalls an (vgl. BT-Ds 13/2204 S. 105). So könne die Unfallverhütung für die Versicherten bei Unternehmen mit einem Gefährdungspotential, auf dessen Beherrschung eine bestimmte Fach-Berufsgenossenschaft spezialisiert sei, im Falle der Zuordnung zu einem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand beeinträchtigt werden. Andererseits könne, insbesondere bei zunehmender Privatisierung öffentlicher Aufgaben, die sachliche Nähe zum Staat ein Argument für die Übernahme eines Unternehmens durch Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand darstellen. Dieser Abwägungsprozess führte dazu, Verkehrsunternehmen im kommunalen Bereich weiter von der Zuordnung zu einem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand auszuschließen.
§ 657 Abs. 2 RVO (i. d. F. des UVNG führte erstmals u. a. den Ausschlusstatbestand "Verkehrsunternehmen" im Rahmen der Regelung der Zuständigkeit kommunaler Unfallversicherungsträger auf. Zuvor war die Formulierung in dem Erlass des Reichsarbeitsministeriums (RAM) vom 16. März 1942 (II a 1889/42, AN 1942, 201) verwendet worden, der auf Basis der Ermächtigung des Reichsarbeitsministeriums, Näheres über die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger (im damaligen § 628 Abs. 2 RVO) zu regeln, ergangen war.
Angesichts dieser historischen Entwicklung und des Fehlens einer anders lautenden Begriffsbeschreibung in der RVO oder dem SGB VII hält der erkennende Senat an der Definition des Begriffs "Verkehrsunternehmen" fest, wie sie bereits in der früheren Rechtsprechung des BSG vertreten wird. Bereits im Urteil vom 30. November 1962 (2 RU 248/58, Breith. 1963, 591) hat das BSG dargelegt, dass unter "gemeindlichen Verkehrsunternehmen" die Betriebe zu verstehen seien, die zur Zeit der Bekanntgabe des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 (II a 1889/42, AN 1942, 201) zur damaligen Straßen- und Kleinbahn-Berufsgenossenschaft (BG), zur Privatbahn-BG und zur BG für gewerbsmäßige Fahrzeughaltungen gehörten. Diese Begriffsbestimmung beanspruchte im Rahmen des § 657 Abs. 2 RVO weiterhin Geltung (BSG 26.7.63 – 2 RU 95/61, SozR RAM-Erl. Nr. 4 Gemeindl UV; BSG 30.1.68 – 2 RU 257/65, BSGE 27, 269) und ist deswegen ebenfalls für die Nachfolgeregelung des § 129 SGB VII ausschlaggebend.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Oberversicherungsamtes Berlin, welches unter dem 9. August 1922 (I B.85.22 zu §§ 537 Abs. 1 Nr. 7, 628 Abs. 1 RVO) über die berufsgenossenschaftliche Zuständigkeit städtischer Müllabfuhrbetriebe entschied, etwas anderes. Angegriffen war eine Entscheidung des Reichsversicherungsamtes, welches die Zuständigkeit zur Fuhrwerks-BG für eine städtische Müllabfuhr, die von einer Stadtgemeinde in eigenem Betrieb durchgeführt wurde, verneinte. Das Oberversicherungsamt bestätigte die Entscheidung des Reichsversicherungsamtes. Für die Frage, ob eine Stadtgemeinde mit ihrer Müllabfuhr der Fuhrwerks-BG angehöre, sei maßgebend, ob diese gewerbsmäßig, also mit der Absicht, einen Überschuss zu erzielen, betrieben werde. Eine solche Absicht sei in einem Parallelfall angenommen worden, weil die dortige Stadt mit ihren Fuhrwerken der Fuhrwerks-BG in einer Zeit beigetreten und jahrelang bei ihr geblieben sei, in der nur gewerbsmäßige Betriebe dieser Berufsgenossenschaft angehörten, und weil man bei Beratung über eine Gebührenerhöhung die Ansicht ausgesprochen habe, der Betrieb solle sich rentieren, also einen Überschuss abwerfen. In dem zu entscheidenden Fall fehle jedoch jede Gewinnerzielungsabsicht. Die Stadt habe sich für die Durchführung der Müllabfuhr in eigenem Betrieb erst entschieden, nachdem private Unternehmen wegen des Fehlens geeigneter Arbeitskräfte, ausreichend ernährter Pferde und brauchbarer Gespanne die Müllabfuhr nicht mehr hätten gewährleisten können, sich über Winter und Frühjahr erhebliche Müllmengen in den Haushöfen angesammelt hätten und der Versuch, eine andere Lösung zu finden, gescheitert sei. In dieser Situation habe die Stadt keine andere Möglichkeit gehabt, die Gefährdung der Bevölkerung abzuwenden. Nachdem die bisherige Müllabfuhr gerade aus wirtschaftlichen Gründen versagt habe, habe es keinen Gedanken an eine Gewinnerzielung gegeben. Letztlich sei es der Gemeinde nicht einmal auf Dauer gelungen, ihre Kosten zu decken. Diese Entscheidung zeigt zum einen, dass Müllabfuhrbetriebe grundsätzlich zur Fuhrwerks-BG gehörten. Zum anderen macht sie deutlich, dass auch eine von einem kommunalen Träger selbst betriebene Müllabfuhr nur unter engen Voraussetzungen nicht der Fuhrwerks-BG angehörte. Dabei legt sie – insbesondere verglichen mit dem heutigen Verständnis von einem "erwerbswirtschaftlichen" Betreiben i. S. d. § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. – sehr strenge Maßstäbe an die fehlende Gewinnerzielungsabsicht an. Gemessen daran ist bei der Beigeladenen zu 1) eine Gewinnerzielungsabsicht jedenfalls zu bejahen.
Eine andere Rechtsauffassung kann schließlich auch nicht auf Schreiben des Reichsversicherungsamtes aus dem Jahre 1943 gestützt werden. Einzelne Meinungsäußerungen des Reichsarbeitsministeriums können bei der Begriffsbestimmung "Verkehrsunternehmen" keine entscheidende Rolle spielen. Abgesehen davon, dass Einzelschreiben schon mangels Veröffentlichung kaum zuverlässig auffindbar sind, gibt ein Schreiben – auch wenn es sich wie das Schreiben des Reichsversicherungsamtes vom 15. November 1943 an einen Verband wie den Deutschen Gemeindetag richtet – nicht unbedingt eine auf Dauer in die Praxis umgesetzte Rechtsansicht wieder, wenn auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierin die Ursache für die langjährig unangefochtene Praxis der kommunalen Unfallversicherungsträger liegen könnte, gemeindliche Müllabfuhrunternehmen bei sich aufzunehmen. Erst Recht nicht kann einem Schreiben des Reichsversicherungsamtes die verbindliche Rechtsauffassung des Reichsarbeitsministeriums entnommen werden. Das gilt auch dann, wenn in ihm behauptet wird, dass mit dem Reichsarbeitsministerium und dem Reichsminister des Inneren Übereinstimmung in der Frage der versicherungsrechtlichen Zugehörigkeit der Versicherten in gemeindlichen Verkehrsunternehmungen erzielt worden sei und diese nach gemeinderechtlichen Gesichtspunkten entsprechend der Abgrenzung des Begriffs Verkehrsunternehmen in der ersten Ausführungsanweisung des Reichsministers des Inneren und des Reichsministers der Finanzen zur Eigenbetriebsverordnung entschieden werden solle, wonach die gemeindlichen Fuhrparks, Müllabfuhr- und Straßenreinigungsbetriebe nicht als Verkehrsunternehmungen im Sinne der Nr. 4 des Erlasses vom 16. März 1942 zu gelten hätten. Denn weder wurde in der Folge der Erlass klarstellend formuliert noch eine verbindliche Auslegungsvorschrift dieses Inhalts erlassen. Zwar war das Reichsversicherungsamt nach Nr. 10 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 (II a 2660/42, AN II 201) befugt, Näheres zur Zuständigkeitsabgrenzung zu bestimmen, aber schon der Adressatenkreis (beschränkt auf die kommunalen Versicherungsträger) zeigt, dass das genannte Schreiben nicht einmal die Rechtsqualität einer Durchführungsanweisung haben kann.
Maßgeblich ist danach, ob die Beigeladene zu 1) früher in die Zuständigkeit der Straßen- und Kleinbahn-BG, zur Privatbahn-BG und zur BG für gewerbsmäßige Fahrzeughaltungen gefallen wäre (vgl. BSG 26.7.63, a. a. O.). Das ist der Fall und die Klägerin ist auch heute noch die zuständige Berufsgenossenschaft. Denn bis auf den Umstand, dass die Klägerin an die Stelle der früher bestehenden Fuhrwerks-BG getreten ist, hat sich an der sachlichen Zuständigkeit nichts geändert.
Nach Art und Gegenstand des Unternehmens ist die Klägerin für die Beigeladene zu 1) zuständig. Eine hiervon abweichende Zuständigkeit besteht nicht. Jeder Unfallversicherungsträger bleibt für die Unternehmen zuständig, für die er bereits bis zum In-Kraft-treten des UVNG zuständig war. Der die sachliche Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften regelnde Bekanntmachung des Bundesratsbeschlusses vom 22. Mai 1885 (AN 1885, 143) ist daher weiterhin geltendes Recht (Art. 4 § 11 UVNG; BSG 30.1.75 2 RU 119/74, BSGE 39, 112, 4.8.92, 2 RU 5/91, BSGE 71, 85). Aus dieser Regelung selbst lässt sich die Zuständigkeit der Klägerin nicht ableiten und im alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige vom 1. Oktober 1885 (AN 1885, 253) ist das Stichwort "Abfall a. ä." noch nicht erfasst. Jedoch sind im vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten Verzeichnis von 1886 (AN 1886, 134, 136) Unternehmen der "Müllabfuhr" sowie "Abfuhrgeschäfte" der Fuhrwerksberufsgenossenschaft, also der Rechtsvorgängerin der Klägerin, zugeordnet; später wurde die Zuständigkeit der Fuhrwerksberufsgenossenschaft für "Müllabfuhranstalten", "Abfuhranstalten ohne Verarbeitung der Abfuhrstoffe" und "Abfuhrgeschäfte" beschrieben (AN 1903, 403, 406 und 440). Eine andere Zuständigkeitsregelung wurde mangels Erlasses einer entsprechenden Rechtsverordnung nach § 646 Abs. 2 RVO oder § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bis heute nicht geschaffen. Hiermit korrespondiert die Satzung der Klägerin. Diese ist gemäß der Regelung des § 3 Abs. 1 in ihrer Satzung u. a. für Städtereinigung und Entsorgungswirtschaft (inkl. Abfall- und Reststoffbeförderung, Müllabfuhr, Straßenreinigung einschließlich Winterdienst, Wiederaufbereitung und Verwertung von Alt-, Abfall- und Wertstoffen), also für das Unternehmen der Beigeladenen zu 1) zuständig.
Die Zuständigkeit der Klägerin erstreckt sich auf alle Bereiche der Beigeladenen zu 1). Denn bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um ein Gesamtunternehmen unter einheitlicher Leitung und gemeinsamer Verwaltung. Der Unternehmensbereich Abfallwirtschaft, auch bezeichnet als Bereich "Logistik Entsorgung", mit Müllentsorgung, Containerdienst und Deponiebetrieb bildet den Schwerpunkt des Unternehmens, also das Hauptunternehmen i. S. d. § 131 SGB VII. Er prägt die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1), wie dies schon durch die Aufnahme des Begriffs "Abfallwirtschaft" als ersten Teil des Unternehmensnamens deutlich wird. Zwar ist der Begriff "Stadtreinigung" ebenfalls im Namen der Beigeladenen zu 1) aufgeführt, es handelt sich jedoch bei der Stadtreinigung um einen kleineren Teil des Gesamtunternehmens, dem auch in der Daseinsvorsorge ein geringerer Stellenwert als der "Abfallwirtschaft" zukommt. Diese Beurteilung spiegelt sich in den Beschäftigtenzahlen sowie dem Entgeltanteil der einzelnen Unternehmensbereiche wider und zeigt sich daran, dass im Gesellschaftsvertrag die "Sammlung, der Transport, die Behandlung und Verwertung von Abfällen" als erster Punkt aufgeführt ist. Innerhalb des Unternehmensbereichs Abfallwirtschaft stellt die Müllentsorgung – zugleich mit der höchsten Beschäftigtenzahl der Untergruppen dieses Unternehmensbereichs – den Teil mit dem größten Stellenwert dar. Gleichzeitig sind die Sammlung und der Transport des Mülls auch Voraussetzung für anschließende Behandlung, Lagerung oder Verwertung. Auch aufgrund der zwischenzeitlichen Aufgabenverschiebungen und kleineren Veränderungen der Mitarbeiterzahl in den einzelnen Tätigkeitsbereichen ergibt sich keine andere Beurteilung. Da die Klägerin der für die Müllentsorgung zuständige Unfallversicherungsträger ist, fallen die Nebenunternehmen Stadtreinigung, auch bezeichnet als Bereich "Logistik Reinigung", mit Straßen- und Wegereinigung sowie Winterdienst und der Bereich "Recyclinghöfe" sowie die Hilfsunternehmen Werkstatt und Verwaltung gemäß § 131 Abs. 1 SGB VII ebenfalls in ihre Zuständigkeit.
3. Die Feststellungsklage ist ebenfalls begründet, weil die Klägerin – wie oben dargelegt – der für Verkehrsunternehmen wie dem Müllabfuhrbetrieb der Beigeladenen zu 1) zuständige Unfallversicherungsträger ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimisst.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte mit Wirkung ab 1. Januar 2000 die Beigeladene zu 1) in die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) (kommunaler Unfallversicherungsträger) übernehmen durfte bzw. ob diese (oder die Klägerin) zuständiger Unfallversicherungsträger ist.
Ursprünglich wurde die Abfallwirtschaft und Stadtreinigung der Stadt Freiburg von dieser mit eigenen Mitarbeitern betrieben. Die Beigeladene zu 2) betrachtete sich als zuständiger Unfallversicherungsträger.
Mit Wirkung ab 1. Juli 1999 wurde die Beigeladene zu 1) gegründet. Ihr Stammkapital wurde im Gründungszeitpunkt in voller Höhe von der Stadt Freiburg gehalten. Im Dezember 2001 räumte sie der R. Beteiligungsgesellschaft mbH und Co KG Geschäftsanteile im Umfang von 47 % unter Erhöhung des Stammkapitals ein. Ihren Betrieb nahm die Beigeladene zu 1) zum 1. Januar 2000 – dem Zeitpunkt der Überleitung vormals städtischen Personals – auf.
Ausweislich des Gesellschaftsvertrages vom 16. Juni 1999 ist Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) die Sammlung, der Transport, die Behandlung und Verwertung von Abfällen, der Betrieb von Abfallverwertungs- und –beseitigungsanlagen einschließlich der Rekultivierung und Nachsorge von Deponieeinrichtungen, die Reinigung von Straßen, Wegen und Plätzen, die Beschaffung und Wartung von Kraftfahrzeugen und Maschinen für kommunale Auftraggeber und kommunale Einrichtungen im Bereich der interkommunalen Verflechtung des Oberzentrums Freiburg. U. a. betreibt sie dazu eine Mülldeponie. Gemessen am Entgeltanteil lag (im Jahre 2000) der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Bereich der Abfallwirtschaft (54,4 %, 154 Beschäftigte). Im Bereich Stadtreinigung beträgt der Entgeltanteil 22,4 % (58 Beschäftigte) und in den gemeinsamen Zwecken dienenden Bereichen 25,2 % (47 Beschäftigte). Im Jahre 2004 teilten sich die seinerzeit 243 Mitarbeiter auf den Bereich "Logistik Entsorgung" (Müllentsorgung und Containerdienst, 104 Mitarbeiter), "Logistik Reinigung" (Straßen- und Wegereinigung, Winterdienst, 53 Mitarbeiter), "Recyclinghöfe" (16 Mitarbeiter), Werkstatt (7 Mitarbeiter) und Verwaltung (47 Mitarbeiter, davon 25 im Bereich "Verwaltung allgemein") auf. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag (Bl. 5 VA Klägerin), die Leistungsbeschreibung (Bl. 36 VA Klägerin), die Mitarbeiterübersicht (Bl. 153 PA=204 VA Klägerin) sowie die Lohnsummenübersicht (Bl. 208 VA Klägerin) verwiesen. Die Beigeladene zu 1) ist nicht als gemeinnützig im Sinne des Steuerrechts anerkannt. Im Jahre 2005 fanden Verschiebungen im Bereich der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) statt. Der Müllabfuhrbereich wurde rationalisiert, während mehr Aufgaben in den Bereichen Mülldeponie und Reinigung hinzukamen. Vor diesen Verschiebungen waren im Jahre 2005 acht Beschäftigte betroffen. Im Jahre 2006 werden voraussichtlich fünf Beschäftigte von Veränderungen betroffen sein.
Nach Austausch der unterschiedlichen Rechtsansichten zwischen den Beteiligten und Anhörung der Klägerin übernahm die Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 2001 die Beigeladene zu 1) in die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2), welche die Aufnahme in ihr Mitgliederverzeichnis veranlasste und in der Folgezeit Beitragsbescheide erteilte.
Der gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2001 gerichteten Klage hat das Sozialgericht durch Aufhebung des Bescheides stattgegeben und im Übrigen die Beigeladene zu 2) verurteilt, die Beigeladene zu 1) mit Wirkung vom 1. Januar des Jahres an, das auf den Tag der Rechtskraft seines Urteils folgt, aus der Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) in die Zuständigkeit der Klägerin zu übernehmen. Hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren und der Entscheidungsgründe des Sozialgerichts wird auf das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2004 verwiesen.
Gegen diese Entscheidung hat (nur) die Beklagte Berufung eingelegt. Das Sozialgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Beigeladene zu 1) ein Verkehrsunternehmen nach § 129 Abs. 4 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei. Verkehrsunternehmen seien Unternehmen, deren Aufgabe die Beförderung von Personen und Gütern sei. Zwar werde auch Müll transportiert, jedoch stehe dabei nicht die Verbringung an einen anderen Ort im Vordergrund, sondern die Entsorgung. Ebenso wenig könne der Bereich der Straßenreinigung als Verkehrsunternehmen aufgefasst werden. Die Vorschrift des § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII werde bei der erstinstanzlich vertretenen Rechtsauffassung über den Wortlaut hinaus ausgelegt. Für die Interpretation des Inhalts der Regelung sei der Ausflug in die Rechtshistorie unzulässig. Nicht umsonst habe sich das Bundessozialgericht (BSG) in diesem Punkt bereits im Urteil vom 30. November 1962 (2 RU 248/58, Breith. 1963, 591) vorsichtig ausgedrückt. Auch habe der Reichsarbeitsminister 1943 die gemeindlichen Fuhrparks, Müllabfuhr- und Straßenreinigungsbetriebe aus der Zuständigkeit der Klägerin lösen wollen. Im Übrigen nehme das Sozialgericht zu Unrecht an, die Beigeladene zu 1) werde erwerbswirtschaftlich betrieben. Der Gesichtspunkt einer besseren Prävention durch fachlich spezialisierte gewerbliche Berufsgenossenschaft könne nicht per se gegen eine Ermessensausübung zu Gunsten einer Übernahme in die Zuständigkeit eines kommunalen Unfallversicherungsträgers sprechen, denn dann hätte der Gesetzgeber gar nicht die Zuständigkeit als Unfallversicherungsträger für Gebietskörperschaften schaffen dürfen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 2. August 2004 aufzuheben und die Anfechtungsklage gegen ihren Bescheid vom 22. Oktober 2001 sowie die Feststellungsklage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und festzustellen, dass sie der zuständige Unfallversicherungsträger für die Beigeladene zu 1) ist.
Sie ist der Auffassung, die erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend. Die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand stelle eine Ausnahme zur (Regel-) Zuständigkeit der gewerblichen Berufsgenossenschaften für die Unfallversicherung dar, wobei dies in erster Linie für rechtlich unselbständige Unternehmen gelte und die Möglichkeit der Übernahme rechtlich selbständiger Betriebe nach § 129 Abs. 3 SGB VII sich bereits als Erweiterung dieser Ausnahme darstelle. Diese Ausnahme erfahre durch § 129 Abs. 4 SGB VII eine Einschränkung (auf die Regelzuständigkeit zurückführend), die der Gesetzgeber auch über die Reform des § 129 SGB VII ab 1. Januar 2005 hinaus beibehalten habe. Es gebe daher keinen Grund zu einer einschränkenden Auslegung, wie sie für Ausnahmevorschriften gelte. Zu Recht habe das Sozialgericht und vor ihm das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern im Urteil vom 21. November 2002 (L 5 U 38/00, Breith. 2004, 121) entschieden, dass es sich bei Müllentsorgungsbetrieben um Verkehrsunternehmen handele. Diese Unternehmen hätten nach ihrer Art bei dem zu Grunde liegenden (durch Art. 4 § 16 Abs. 2 Nr. 7 Unfallversicherungs-Neuordnungsgesetz (UVNG) außer Kraft gesetzt) Erlass des Reichsarbeitsministers vom 16. März 1942 (AN 1942, 201) zur damaligen Straßen- und Kleinbahn-Berufsgenossenschaft und Privatbahn-Berufsgenossenschaft oder Berufsgenossenschaft für gewerbsmäßige Fahrzeughalten (jetzt Anlage 1 zu § 114 Nr. 33 – die BG -) gehört. Im Übrigen handele es sich bei der Beigeladenen zu 1) auch um ein erwerbswirtschaftlich betriebenes Unternehmen und im angegriffenen Bescheid sei das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden, weil die Beklagte in ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt habe, dass die Beigeladene zu 2) keine bessere Prävention leisten könne als die Klägerin.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) schließen sich dem Vorbringen der Beklagten an. Einen Antrag stellen sie nicht. Die Beigeladene zu 1) weist ergänzend darauf hin, dass im Falle der Zuständigkeit der Klägerin für die Unfallversicherung ihres Betriebes die weitere Mitarbeit im für die Prävention wichtigen bundesweiten Arbeitsschutzprojekt für kommunale Entsorgungsbetriebe "V." gefährdet wäre.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 21. März 2006 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten (vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist ebenso zulässig (A 1) wie das im Berufungsverfahren geltend gemachte Feststellungsbegehren (A 2), insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis nicht durch die Neuregelung der §§ 128ff SGB VII entfallen (A 3). Die Anfechtungsklage ist nicht aufgrund der Übergangsregelung des § 218d SGB VII unbegründet (B 1). Weil die Beigeladene zu 1) als Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII von der Übernahme durch einen kommunalen Unfallversicherungsträger ausgeschlossen und vielmehr die Klägerin der für sie zuständige Unfallversicherungsträger ist, sind sowohl die Anfechtungsklage (B 2) als auch das Feststellungsbegehren der Klägerin begründet (B 3).
Die ursprünglich gegen die Beigeladene zu 2) gerichtete Leistungsklage ist nicht (mehr) Gegenstand des Berufungsverfahrens. Durch die im mündlichen Verhandlungstermin erklärte Rücknahme dieses Teils des klägerischen Antrages ist der Urteilsspruch des Sozialgerichts hinsichtlich der Verpflichtung der Beigeladenen zu 2) gegenstandslos geworden, was klarstellend im Tenor auszusprechen war.
A
1. Das Sozialgericht ist zutreffend von der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Beklagte ausgegangen. Sie richtet sich gegen einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), denn der angegriffene Übernahmebescheid greift durch die Verneinung der Zuständigkeit der Klägerin in den gesetzlich vorgesehenen Mitgliedsbestand als gewerbliche Berufsgenossenschaft ein, so dass sie als Dritte von ihm im Rahmen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses betroffen ist. Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG nicht. Die Klage ist auch innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides erhoben worden.
2. Das im Berufungsverfahren geltend gemachte Feststellungsbegehren ist ebenfalls zulässig. Das erweiternd formulierte Feststellungsbegehren ist zulässig im Sinne des § 55 SGG, denn die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Übernahme durch die Beigeladene zu 2) rechtswidrig war und sie selbst der zuständige Unfallversicherungsträger ist. Mit der Anfechtungsklage allein kann die Klägerin ihr Klagziel – Verhinderung der Übernahme der Beigeladenen zu 1) durch die Beigeladene zu 2) mit der Folge, dass sie der für die Beigeladenen zu 1) zuständige Unfallversicherungsträger ist - nicht erreichen. Zum einen stünde die Zuständigkeit der Klägerin im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht zwingend fest. Zum anderen wäre der Erlass eines neuen Übernahmebescheides zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) nicht gänzlich ausgeschlossen. Auch wenn bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgern davon ausgegangen werden kann, dass sie über den Tenor der gerichtlichen Entscheidung hinaus die Begründung der Entscheidung beachten, wenn darin die Rechtswidrigkeit der Übernahme an sich dargelegt wird, ist das Interesse an einem ausdrücklichen Ausspruch im Tenor, der zweifelsfreie Klarheit verschafft, der Klägerin nicht abzusprechen. Das Begehren ist als Klageerweiterung im Berufungsverfahren zulässig. Gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 i. V. m. § 153 SGG liegt keine Klageänderung vor, wenn der Klagantrag in der Hauptsache erweitert wird. Das ist hier der Fall, denn die Klägerin hat sich in der Hauptsache gegen die im angegriffenen Bescheid ausgesprochene Übernahmeentscheidung sowohl unter dem Gesichtspunkt gewandt, dass der Bescheid wegen Ermessensfehler unrichtig sei, als auch vorgetragen, dass eine Übernahme gesetzlich ausgeschlossen sei. Die Bejahung des zuletzt genannten Aspektes hätte zur Folge, dass die Beigeladene zu 2) nicht der zuständige Unfallversicherungsträger wäre. Da keine Klageänderung vorliegt, brauchen die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 99 Abs. 1 SGG nicht vorzuliegen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Erweiterung auf Anregung des Senats erfolgt ist, da er diese für sachdienlich hält.
3. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage ist auch nicht durch Aufhebung der Vorschriften über das Übernahmeverfahren entfallen. Zwar ist der Rechtsgrund für den Erlass des angegriffenen Bescheides weggefallen, weil es nach der neuen gesetzlichen Regelung keines Übernahmebescheides mehr bedarf, um die Zuständigkeit eines kommunalen Unfallversicherungsträgers für Unternehmen im Sinne des § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. zu bewirken. Der angegriffene Bescheid ist jedoch nicht gänzlich gegenstandslos geworden, denn er stellt auch die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) fest. Würde er in Bestandskraft erwachsen, könnte er der Klägerin entgegengehalten werden, wenn diese die angenommene eigene Zuständigkeit durchzusetzen versucht.
B
1. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er ist nicht durch die Neuregelung der §§ 128ff SGB VII absolet geworden.
Auf den Rechtsstreit finden die ab 1. Januar 1997 geltenden Vorschriften des SGB VII Anwendung, weil die Beigeladene zu 1), deren zuständiger Unfallversicherungsträger im Streit ist, in ihrer jetzigen Form erst seit dem 1. Januar 2000 existiert.
Gemäß § 129 Abs. 1 SGB VII in seiner bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (a. F.) sind die Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich zuständig 1. für die Unternehmen der Gemeinden und Gemeindeverbände, 2. für Haushalte, 3. für in Eigenarbeit nicht gewerbsmäßig ausgeführte Bauarbeiten (nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten), wenn für die einzelne geplante Bauarbeit nicht mehr als die im Bauhauptgewerbe geltende tarifliche Wochenarbeitszeit tatsächlich verwendet wird; mehrere nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten werden dabei zusammengerechnet, wenn sie einem einheitlichen Bauvorhaben zuzuordnen sind; Nummer 1 und die §§ 125, 128 und 131 bleiben unberührt, 4. für Personen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 versichert sind, soweit die Maßnahme von einer Gemeinde veranlasst worden ist, 5. für Maßnahmen der Hilfe zur Arbeit, die von den Trägern der Sozialhilfe durchgeführt werden, 6. für Personen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 versichert sind und 7. für Pflegepersonen, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 versichert sind. Darüber hinaus kann gemäß Abs. 3 dieser Regelung das Land ein Unternehmen, das in selbständiger Rechtsform betrieben wird, aus der Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft in die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers im kommunalen Bereich übernehmen, wenn Gemeinden oder Gemeindeverbände allein oder zusammen mit dem Land an dem Unternehmen überwiegend beteiligt sind oder auf seine Organe einen ausschlaggebenden Einfluss haben. Unternehmen, die erwerbswirtschaftlich betrieben werden, sollen nicht übernommen werden. § 128 Abs. 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 3 gelten nicht für 1. Verkehrsunternehmen einschließlich Hafen- und Umschlagbetriebe, 2. Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke, 3. Unternehmen, die Seefahrt betreiben und 4. landwirtschaftliche Unternehmen der in § 123 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 5 genannten Art (§ 129 Abs. 4 SGB VII).
Gemäß § 129 Abs. 1 SGB VII in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung (n. F.) sind die Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich wie bisher zuständig, jedoch zusätzlich für Unternehmen, die in selbständiger Rechtsform betrieben werden und an denen Gemeinden oder Gemeindeverbände a. unmittelbar oder mittelbar überwiegend beteiligt sind oder b. auf deren Organe sie einen ausschlaggebenden Einfluss haben (Ziffer 1a). Die Absätze 2 und 3 der Regelung wurden aufgehoben. Gemäß Abs. 4 gelten (nunmehr) Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 1a nicht für die unter 1. bis 4. aufgeführten Unternehmen. Am 31. Dezember 2009 wird u. a. die Regelung des § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. wieder außer Kraft treten (§ 218d Abs. 1 SGB VII n. F.).
Für Unternehmen nach § 128 Abs. 1 Nr. 1a oder § 129 Abs. 1 Nr. 1a, die am 31. Dezember 2004 bestanden haben, bleiben gemäß § 218d SGB VII n. F. abweichend von §§ 128, 129 und § 129a die Unfallversicherungsträger zuständig, die an diesem Tag zuständig waren, wenn bis zum 13. Oktober 2004 ein Antrag nach § 128 Abs. 4 oder § 129 Abs. 3 auf Übernahme in die Zuständigkeit eines Unfallversicherungsträgers der öffentlichen Hand nicht gestellt war.
§ 218d SGB VII kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Da die Beigeladene zu 1) ein Unternehmen im Sinne des § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. ist und am 31. Dezember 2004 bereits bestanden hat, sind die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 218d SGB VII n. F. insoweit gegeben. Die Anwendung entfällt auch nicht nur deshalb, weil für die Beigeladene zu 1) bis zum 13. Oktober 2004 auch ein Übernahmeantrag gemäß § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. gestellt war. Die Anwendbarkeit der Vorschrift scheidet grundsätzlich aus, weil es hier um eine Rechtsfrage geht, für welche die Gesetzesänderung ohne Belang ist. Die Befristung der Zuständigkeitsregelungen im Bereich der privatisierten Unternehmen der öffentlichen Hand dient nach der Gesetzesbegründung (BT-Ds. 15/4051, zu Art. 1 Nr. 14) der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit über die Zuständigkeit für solche Unternehmen. Die zuvor geltenden Vorschriften hätten zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit, zu vermeidbarem Verwaltungsaufwand und zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten geführt. Zur Herstellung des Rechtsfriedens werde eine Regelung getroffen, die eine eindeutige Zuordnung der streitbefangenen Unternehmen gewährleisten soll, um bis zum Jahre 2010 eine sachgerechtere gesetzliche Regelung zu schaffen. Zwar ist es nach dem Wortlaut der Übergangsregelung nicht von vornherein ausgeschlossen, dass mit der befristeten Aussetzung des Übernahmeverfahrens nach § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. alle Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Übernahmen beigelegt werden sollten und die (zufällig) am 31. Dezember 2004 bestehende Zuordnung der betroffenen Unternehmen bis zu einer gesetzlichen Neuregelung bestehen bleiben soll. Gegen ein solches Verständnis der Vorschrift spricht jedoch, dass sowohl nach der alten wie auch der Übergangsfassung des § 129 SGB VII die in § 129 Abs. 4 SGB VII aufgeführten Unternehmensarten generell von einer Übernahme zu Gunsten der öffentlichen Unfallversicherungsträger ausgeschlossen sind. Daraus folgt, dass wegen der Aussetzung des Übernahmeverfahrens nicht mehr darüber zu entscheiden ist, ob die Übernahme insgesamt rechtmäßig war, insbesondere nicht, ob sie gegen die – durch die Übergangsvorschrift aufgehobenen – Vorschrift des § 129 Abs. 3 Satz 2 SGB VII a. F. verstößt, wonach erwerbswirtschaftlich betriebene Unternehmen nicht übernommen werden sollen, oder Ermessensfehler (wie z. B. eine unzutreffende Beurteilung der Gewährleistung einer optimalen Prävention des übernehmenden Unfallversicherungsträgers im Einzelfall) aufweist. Zu prüfen bleibt jedoch, ob der nach altem wie neuem Recht geltende Ausschlusstatbestand für eine Übernahme nach § 129 Abs. 4 SGB VII greift. In diesem Fall könnte die am 31. Dezember 2004 bestehende Zuordnung zur Beigeladenen zu 2) nicht bestehen bleiben und wäre auch unter Anwendung des § 218d SGB VII nicht beizubehalten.
2. Die verfügte Übernahme der Beigeladenen zu 1) zu Gunsten der Beigeladenen zu 2) gemäß § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. ist schon deshalb rechtswidrig, weil sie gegen § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII verstößt. Aus dem gleichen Grund ist die Beigeladene zu 2) auch nicht gemäß § 129 Abs. 1 Nr. 1a SGB VII n. F. der ab 1. Januar 2005 zuständige Unfallversicherungsträger. Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um ein Verkehrsunternehmen im Sinne des § 129 Abs. 4 Nr. 1 SGB VII, für das die Klägerin der zuständige Unfallversicherungsträger ist.
Bei Schaffung des SGB VII wurde die Regelung des § 129 SGB VII dem früheren § 657 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) nachgebildet, ohne dass hiermit eine inhaltliche Änderung verbunden war (vgl. BT-Ds 13/2204, S. 107). Letzterer war im Rahmen des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG, vom 30. April 1963, BGBl. I S.241) neu gefasst worden. Als Begründung für die Neuregelung gab der Ausschuss für Sozialpolitik an, er sei davon überzeugt, dass – neben dem Gesichtspunkt der Katasterstetigkeit – den Belangen der Unfallverhütung u. a. in gemeindlichen Verkehrsunternehmen am besten gedient sei, wenn diese Unternehmen den fachlich für sie zuständigen Berufsgenossenschaften zugeordnet blieben. Ein bei jeder Berufsgenossenschaft spezialisierter und gut ausgebauter technischer Aufsichtsdienst überwache im Interesse der Unfallverhütung die Unternehmen besser, als die Gemeindeunfallversicherungsverbände, die eine solche Spezialisierung auf dem Gebiete der Unfallverhütung nicht durchführen könnten (vgl. BT-Ds IV/938 (neu), S.20 Zu § 658 Abs. 2). Eine solche Abwägung stellte der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelungen über die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand im SGB VII ebenfalls an (vgl. BT-Ds 13/2204 S. 105). So könne die Unfallverhütung für die Versicherten bei Unternehmen mit einem Gefährdungspotential, auf dessen Beherrschung eine bestimmte Fach-Berufsgenossenschaft spezialisiert sei, im Falle der Zuordnung zu einem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand beeinträchtigt werden. Andererseits könne, insbesondere bei zunehmender Privatisierung öffentlicher Aufgaben, die sachliche Nähe zum Staat ein Argument für die Übernahme eines Unternehmens durch Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand darstellen. Dieser Abwägungsprozess führte dazu, Verkehrsunternehmen im kommunalen Bereich weiter von der Zuordnung zu einem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand auszuschließen.
§ 657 Abs. 2 RVO (i. d. F. des UVNG führte erstmals u. a. den Ausschlusstatbestand "Verkehrsunternehmen" im Rahmen der Regelung der Zuständigkeit kommunaler Unfallversicherungsträger auf. Zuvor war die Formulierung in dem Erlass des Reichsarbeitsministeriums (RAM) vom 16. März 1942 (II a 1889/42, AN 1942, 201) verwendet worden, der auf Basis der Ermächtigung des Reichsarbeitsministeriums, Näheres über die Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger (im damaligen § 628 Abs. 2 RVO) zu regeln, ergangen war.
Angesichts dieser historischen Entwicklung und des Fehlens einer anders lautenden Begriffsbeschreibung in der RVO oder dem SGB VII hält der erkennende Senat an der Definition des Begriffs "Verkehrsunternehmen" fest, wie sie bereits in der früheren Rechtsprechung des BSG vertreten wird. Bereits im Urteil vom 30. November 1962 (2 RU 248/58, Breith. 1963, 591) hat das BSG dargelegt, dass unter "gemeindlichen Verkehrsunternehmen" die Betriebe zu verstehen seien, die zur Zeit der Bekanntgabe des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 (II a 1889/42, AN 1942, 201) zur damaligen Straßen- und Kleinbahn-Berufsgenossenschaft (BG), zur Privatbahn-BG und zur BG für gewerbsmäßige Fahrzeughaltungen gehörten. Diese Begriffsbestimmung beanspruchte im Rahmen des § 657 Abs. 2 RVO weiterhin Geltung (BSG 26.7.63 – 2 RU 95/61, SozR RAM-Erl. Nr. 4 Gemeindl UV; BSG 30.1.68 – 2 RU 257/65, BSGE 27, 269) und ist deswegen ebenfalls für die Nachfolgeregelung des § 129 SGB VII ausschlaggebend.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Oberversicherungsamtes Berlin, welches unter dem 9. August 1922 (I B.85.22 zu §§ 537 Abs. 1 Nr. 7, 628 Abs. 1 RVO) über die berufsgenossenschaftliche Zuständigkeit städtischer Müllabfuhrbetriebe entschied, etwas anderes. Angegriffen war eine Entscheidung des Reichsversicherungsamtes, welches die Zuständigkeit zur Fuhrwerks-BG für eine städtische Müllabfuhr, die von einer Stadtgemeinde in eigenem Betrieb durchgeführt wurde, verneinte. Das Oberversicherungsamt bestätigte die Entscheidung des Reichsversicherungsamtes. Für die Frage, ob eine Stadtgemeinde mit ihrer Müllabfuhr der Fuhrwerks-BG angehöre, sei maßgebend, ob diese gewerbsmäßig, also mit der Absicht, einen Überschuss zu erzielen, betrieben werde. Eine solche Absicht sei in einem Parallelfall angenommen worden, weil die dortige Stadt mit ihren Fuhrwerken der Fuhrwerks-BG in einer Zeit beigetreten und jahrelang bei ihr geblieben sei, in der nur gewerbsmäßige Betriebe dieser Berufsgenossenschaft angehörten, und weil man bei Beratung über eine Gebührenerhöhung die Ansicht ausgesprochen habe, der Betrieb solle sich rentieren, also einen Überschuss abwerfen. In dem zu entscheidenden Fall fehle jedoch jede Gewinnerzielungsabsicht. Die Stadt habe sich für die Durchführung der Müllabfuhr in eigenem Betrieb erst entschieden, nachdem private Unternehmen wegen des Fehlens geeigneter Arbeitskräfte, ausreichend ernährter Pferde und brauchbarer Gespanne die Müllabfuhr nicht mehr hätten gewährleisten können, sich über Winter und Frühjahr erhebliche Müllmengen in den Haushöfen angesammelt hätten und der Versuch, eine andere Lösung zu finden, gescheitert sei. In dieser Situation habe die Stadt keine andere Möglichkeit gehabt, die Gefährdung der Bevölkerung abzuwenden. Nachdem die bisherige Müllabfuhr gerade aus wirtschaftlichen Gründen versagt habe, habe es keinen Gedanken an eine Gewinnerzielung gegeben. Letztlich sei es der Gemeinde nicht einmal auf Dauer gelungen, ihre Kosten zu decken. Diese Entscheidung zeigt zum einen, dass Müllabfuhrbetriebe grundsätzlich zur Fuhrwerks-BG gehörten. Zum anderen macht sie deutlich, dass auch eine von einem kommunalen Träger selbst betriebene Müllabfuhr nur unter engen Voraussetzungen nicht der Fuhrwerks-BG angehörte. Dabei legt sie – insbesondere verglichen mit dem heutigen Verständnis von einem "erwerbswirtschaftlichen" Betreiben i. S. d. § 129 Abs. 3 SGB VII a. F. – sehr strenge Maßstäbe an die fehlende Gewinnerzielungsabsicht an. Gemessen daran ist bei der Beigeladenen zu 1) eine Gewinnerzielungsabsicht jedenfalls zu bejahen.
Eine andere Rechtsauffassung kann schließlich auch nicht auf Schreiben des Reichsversicherungsamtes aus dem Jahre 1943 gestützt werden. Einzelne Meinungsäußerungen des Reichsarbeitsministeriums können bei der Begriffsbestimmung "Verkehrsunternehmen" keine entscheidende Rolle spielen. Abgesehen davon, dass Einzelschreiben schon mangels Veröffentlichung kaum zuverlässig auffindbar sind, gibt ein Schreiben – auch wenn es sich wie das Schreiben des Reichsversicherungsamtes vom 15. November 1943 an einen Verband wie den Deutschen Gemeindetag richtet – nicht unbedingt eine auf Dauer in die Praxis umgesetzte Rechtsansicht wieder, wenn auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass hierin die Ursache für die langjährig unangefochtene Praxis der kommunalen Unfallversicherungsträger liegen könnte, gemeindliche Müllabfuhrunternehmen bei sich aufzunehmen. Erst Recht nicht kann einem Schreiben des Reichsversicherungsamtes die verbindliche Rechtsauffassung des Reichsarbeitsministeriums entnommen werden. Das gilt auch dann, wenn in ihm behauptet wird, dass mit dem Reichsarbeitsministerium und dem Reichsminister des Inneren Übereinstimmung in der Frage der versicherungsrechtlichen Zugehörigkeit der Versicherten in gemeindlichen Verkehrsunternehmungen erzielt worden sei und diese nach gemeinderechtlichen Gesichtspunkten entsprechend der Abgrenzung des Begriffs Verkehrsunternehmen in der ersten Ausführungsanweisung des Reichsministers des Inneren und des Reichsministers der Finanzen zur Eigenbetriebsverordnung entschieden werden solle, wonach die gemeindlichen Fuhrparks, Müllabfuhr- und Straßenreinigungsbetriebe nicht als Verkehrsunternehmungen im Sinne der Nr. 4 des Erlasses vom 16. März 1942 zu gelten hätten. Denn weder wurde in der Folge der Erlass klarstellend formuliert noch eine verbindliche Auslegungsvorschrift dieses Inhalts erlassen. Zwar war das Reichsversicherungsamt nach Nr. 10 des RAM-Erlasses vom 16. März 1942 (II a 2660/42, AN II 201) befugt, Näheres zur Zuständigkeitsabgrenzung zu bestimmen, aber schon der Adressatenkreis (beschränkt auf die kommunalen Versicherungsträger) zeigt, dass das genannte Schreiben nicht einmal die Rechtsqualität einer Durchführungsanweisung haben kann.
Maßgeblich ist danach, ob die Beigeladene zu 1) früher in die Zuständigkeit der Straßen- und Kleinbahn-BG, zur Privatbahn-BG und zur BG für gewerbsmäßige Fahrzeughaltungen gefallen wäre (vgl. BSG 26.7.63, a. a. O.). Das ist der Fall und die Klägerin ist auch heute noch die zuständige Berufsgenossenschaft. Denn bis auf den Umstand, dass die Klägerin an die Stelle der früher bestehenden Fuhrwerks-BG getreten ist, hat sich an der sachlichen Zuständigkeit nichts geändert.
Nach Art und Gegenstand des Unternehmens ist die Klägerin für die Beigeladene zu 1) zuständig. Eine hiervon abweichende Zuständigkeit besteht nicht. Jeder Unfallversicherungsträger bleibt für die Unternehmen zuständig, für die er bereits bis zum In-Kraft-treten des UVNG zuständig war. Der die sachliche Zuständigkeit der Berufsgenossenschaften regelnde Bekanntmachung des Bundesratsbeschlusses vom 22. Mai 1885 (AN 1885, 143) ist daher weiterhin geltendes Recht (Art. 4 § 11 UVNG; BSG 30.1.75 2 RU 119/74, BSGE 39, 112, 4.8.92, 2 RU 5/91, BSGE 71, 85). Aus dieser Regelung selbst lässt sich die Zuständigkeit der Klägerin nicht ableiten und im alphabetischen Verzeichnis der Gewerbezweige vom 1. Oktober 1885 (AN 1885, 253) ist das Stichwort "Abfall a. ä." noch nicht erfasst. Jedoch sind im vom Reichsversicherungsamt (RVA) aufgestellten Verzeichnis von 1886 (AN 1886, 134, 136) Unternehmen der "Müllabfuhr" sowie "Abfuhrgeschäfte" der Fuhrwerksberufsgenossenschaft, also der Rechtsvorgängerin der Klägerin, zugeordnet; später wurde die Zuständigkeit der Fuhrwerksberufsgenossenschaft für "Müllabfuhranstalten", "Abfuhranstalten ohne Verarbeitung der Abfuhrstoffe" und "Abfuhrgeschäfte" beschrieben (AN 1903, 403, 406 und 440). Eine andere Zuständigkeitsregelung wurde mangels Erlasses einer entsprechenden Rechtsverordnung nach § 646 Abs. 2 RVO oder § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bis heute nicht geschaffen. Hiermit korrespondiert die Satzung der Klägerin. Diese ist gemäß der Regelung des § 3 Abs. 1 in ihrer Satzung u. a. für Städtereinigung und Entsorgungswirtschaft (inkl. Abfall- und Reststoffbeförderung, Müllabfuhr, Straßenreinigung einschließlich Winterdienst, Wiederaufbereitung und Verwertung von Alt-, Abfall- und Wertstoffen), also für das Unternehmen der Beigeladenen zu 1) zuständig.
Die Zuständigkeit der Klägerin erstreckt sich auf alle Bereiche der Beigeladenen zu 1). Denn bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um ein Gesamtunternehmen unter einheitlicher Leitung und gemeinsamer Verwaltung. Der Unternehmensbereich Abfallwirtschaft, auch bezeichnet als Bereich "Logistik Entsorgung", mit Müllentsorgung, Containerdienst und Deponiebetrieb bildet den Schwerpunkt des Unternehmens, also das Hauptunternehmen i. S. d. § 131 SGB VII. Er prägt die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1), wie dies schon durch die Aufnahme des Begriffs "Abfallwirtschaft" als ersten Teil des Unternehmensnamens deutlich wird. Zwar ist der Begriff "Stadtreinigung" ebenfalls im Namen der Beigeladenen zu 1) aufgeführt, es handelt sich jedoch bei der Stadtreinigung um einen kleineren Teil des Gesamtunternehmens, dem auch in der Daseinsvorsorge ein geringerer Stellenwert als der "Abfallwirtschaft" zukommt. Diese Beurteilung spiegelt sich in den Beschäftigtenzahlen sowie dem Entgeltanteil der einzelnen Unternehmensbereiche wider und zeigt sich daran, dass im Gesellschaftsvertrag die "Sammlung, der Transport, die Behandlung und Verwertung von Abfällen" als erster Punkt aufgeführt ist. Innerhalb des Unternehmensbereichs Abfallwirtschaft stellt die Müllentsorgung – zugleich mit der höchsten Beschäftigtenzahl der Untergruppen dieses Unternehmensbereichs – den Teil mit dem größten Stellenwert dar. Gleichzeitig sind die Sammlung und der Transport des Mülls auch Voraussetzung für anschließende Behandlung, Lagerung oder Verwertung. Auch aufgrund der zwischenzeitlichen Aufgabenverschiebungen und kleineren Veränderungen der Mitarbeiterzahl in den einzelnen Tätigkeitsbereichen ergibt sich keine andere Beurteilung. Da die Klägerin der für die Müllentsorgung zuständige Unfallversicherungsträger ist, fallen die Nebenunternehmen Stadtreinigung, auch bezeichnet als Bereich "Logistik Reinigung", mit Straßen- und Wegereinigung sowie Winterdienst und der Bereich "Recyclinghöfe" sowie die Hilfsunternehmen Werkstatt und Verwaltung gemäß § 131 Abs. 1 SGB VII ebenfalls in ihre Zuständigkeit.
3. Die Feststellungsklage ist ebenfalls begründet, weil die Klägerin – wie oben dargelegt – der für Verkehrsunternehmen wie dem Müllabfuhrbetrieb der Beigeladenen zu 1) zuständige Unfallversicherungsträger ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis 1. Januar 2002 gültigen und hier noch anzuwendenden Fassung.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beimisst.
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