Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 15 RJ 1489/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 182/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit.
Der 1952 geborene Kläger durchlief vom 1. September 1970 bis 31. Dezember 1972 eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann mit Erfolg und war anschließend bis 31. März 1974 in diesem Beruf beschäftigt. Von April 1974 bis März 1978 war er Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Dann arbeitete er von Juli 1978 bis Ende 1979 bei der L. im Werkschutz. Von Januar 1980 bis November 1986 war er, ohne Berufserfahrung eingestellt, als Schiffszimmerer/Lascher bei der Fa. P. G. GmbH & Co KG tätig. Seine Aufgabe bestand im Laschen und Pallen (Ladungsbefestigung und Sicherung) an Bord von Seeschiffen, in den Schiffsluken und im Freien. Die innerbetriebliche Einarbeitung dauerte weniger als drei Monate. Der Kläger wurde nach Lohngruppe VI des Lohntarifs für den Hamburger Hafen bezahlt. Die tarifliche Einstufung des Klägers war auf Grund des Einstellungsgesprächs erfolgt, ohne auf Qualität bzw. Qualifikation zu achten (Arbeitgeberbericht vom 26. April 2001). Die Arbeit war mittelschwer und war teils im Stehen, teils in gebückter Haltung auszuführen. Der Kläger erwarb einen Staplerfahrerschein.
Seit Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses war der Kläger nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt, sondern arbeitsunfähig bzw. arbeitslos und bezog Krankengeld bzw. Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Eine vom Arbeitsamt geförderte Umschulung des Klägers zum Teilezurichter bei der Deutschen A. (1990) scheiterte.
Der Kläger wurde vom 5. Mai bis 14. Juni 1992 im W. Krankenhaus "G.-S." und vom 31. Juli bis 8. August 1992 im Allgemeinen Krankenhaus (AK) St. G. stationär behandelt. In "G.-S." wurde ein cerebraler Krampfanfall bei Alkoholmissbrauch, Alkoholentzugsdelir, Pankreatitis, Myokardinfarkt, absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern und ventrikulären Herzrhythmusstörungen sowie akuter Bronchitis diagnostiziert. Im AK St. G. wurde eine koronare Herzkrankheit ausgeschlossen. Es lagen eine euthyreote Struma diffusa Grad I bis II, eine absolute Arrhythmie, ein Alkoholabusus mit Zustand nach Entzugsdelir Mai 1992 und eine Hypercholesterinämie vor und bestand der Verdacht auf beginnende Kardiomyopathie evtl. alkoholtoxischer Genese.
Das Versorgungsamt stellte beim Kläger einen Grad der Behinderung von 50 und als Behinderungen ein Hirnanfallsleiden, eine Herzleistungsminderung mit Rhythmusstörungen bei Herzmuskelschaden, eine Kalksalzminderung der Wirbelsäule, einen Diabetes mellitus und eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung fest (Bescheid vom 15. Juni 1993).
Die Beklagte gewährte dem Kläger auf Grund seines Antrags vom 16. November 1992 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 30. September 1994 (Bescheid vom 15. September 1993). Sein Weitergewährungsantrag blieb erfolglos (Bescheid vom 9. Februar 1995). Das Arbeitsamt beschied den Leistungsantrag vom 6. Oktober 1994 abschlägig, weil der Kläger die Anwartschaft nicht erfülle (Bescheid vom 24. November 1994). Ab Oktober 1994 erhielt der Kläger Leistungen vom Sozialamt. Eine vom Arbeitsamt geförderte Einzelmaßnahme im B.-Werk Hamburg GmbH brach er im Februar 1996 ab.
Vom 13. Februar bis 11. März 1999 wurde der Kläger im W. Krankenhaus "G.-S." wegen eines akuten nichttransmuralen anteroseptalen Myokardinfarkts bei Zustand nach Myokardinfarkt 1991, Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie, Alkoholentzugsdelir bei chronischem Äthylismus und chronischer Bronchitis bei Nikotinabusus behandelt. Am 1. März 1999 wurde bei ihm im AK A1 eine stenosierende koronare Herzkrankheit ausgeschlossen (geringgradige linksventrikuläre Dysfunktion, Myokardischämie bei Zustand nach Myokardinfarkt 1991 gemäß Angiographiebefund vom 2. März 1999). Vom 7. September bis 8. Oktober 1999 hielt sich der Kläger wegen einer Spiralfraktur des Mittelhandknochens links ohne Gelenkbeteiligung und einer Wundheilungsstörung einer prätibialen Platzwunde links (nach alkoholbedingtem Sturz) im W. Krankenhaus "G.-S." auf.
Auf Grund seines Rentenantrages vom 29. Juli 1999 wurde der Kläger von der Internistin Dr. V. am 27. Oktober 1999 untersucht. Diese hielt ihm leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde, nicht an laufenden Maschinen, aber unter Klimaschutz, für vollschichtig zumutbar. Dem stünden die Alkoholkrankheit - noch ohne Einschränkung der Syntheseleistung der Leber - , die dilatative Kardiomyopathie (Eckokardiographiebefund des Dr. F. vom 29. Oktober 1999) mit leichtgradig reduzierter Globalfunktion äthyltoxischer Genese, die absolute Arrhythmie mit Vorhofflimmern, ein leichtes Pulsdefizit zwischen zentral und peripher und chronische Lumbalgien ohne derzeitige Funktionseinschränkungen bei mäßigen röntgenologischen Verschleißerscheinungen nicht entgegen (Gutachten vom 5. November 1999).
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 12. November 1999 ab. Der Kläger erfülle zwar im Zeitpunkt der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, sei aber weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Beklagte wies ihn in der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 18. Juli 2000 zurück (undatierter, mit richtiger Rechtsbehelfsbelehrung versehener Widerspruchsbescheid, abgesandt am 5. September 2000).
Mit der am 20. Oktober 2000 (§ 91 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )) erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, dass es ihm wegen eines Formfehlers der Beklagten nicht möglich gewesen sei, ein Datum des Widerspruchsbescheides festzustellen. Er hat die Anfrage des Sozialgerichts, wann er den Widerspruchsbescheid erhalten habe, nicht beantwortet.
Das Sozialgericht hat den Arbeitgeberbericht vom 26. April 2001 und von der Ärztin für Allgemeinmedizin H. sowie dem Orthopäden Dr. W1 (Behandlung April bis Juni 1999) die Befundberichte vom 9. Mai und 14. Mai 2001 eingeholt. Von Dr. S. hat es das internistisch/lungenärztliche Gutachten vom 1. Oktober 2001 (Untersuchung 25. September 2001), von Dr. N. das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 11. Juni 2004 (Untersuchung 9. Juni 2004) erstatten lassen.
Dr. S. hat eine chronische Bronchitis und einen Zustand nach transmuralem anteroseptalem Myokardinfarkt 1999 und eine Fettleber bei langjährigem Alkoholabusus diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte körperliche Tätigkeiten unter Witterungsschutz und frei von der Exposition mit Rauchen, Dämpfen und Gasen, überwiegend im Sitzen und mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung, vollschichtig verrichten. Häufiges Bücken sowie Anheben von Lasten über acht Kilogramm sowie Überkopfarbeiten seien zu vermeiden. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Dr. N. hat eine chronische Alkoholkrankheit, eine diskrete, funktionell noch nicht relevante äthyltoxische periphere, beinbetonte Polyneuropathie, ein Wirbelsäulensyndrom mit leichtem sensiblen S1-Syndrom links bei mitgeteiltem Bandscheibenvorfall, einen Bluthochdruck, eine kardiale Arrhythmie, eine koronare Herzkrankheit sowie einen Zustand nach zwei Myokardinfarkten diagnostiziert. Zwar bagatellisiere der Kläger seinen Alkoholkonsum und die damit einhergehende Problematik, jedoch sei sein Verhalten noch nicht auf die Suchtstoffbeschaffung und den ständigen Suchtmittelkonsum eingeengt. Trotz der Suchtkrankheit bestünden bei ihm noch ausreichende Bereiche freier Erlebnis-, Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei insgesamt erhalten, Antriebsstörungen fänden sich nicht. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei zwar erheblich eingeschränkt, aus nervenärztlicher Sicht aber noch nicht aufgehoben. Sie werde außerdem durch ein Wirbelsäulensyndrom mit wiederkehrendem Nervenwurzelreizsyndrom S 1 links und damit einhergehenden zeitweiligen sensiblen Beeinträchtigungen gemindert. Lähmungserscheinungen hätten sich anlässlich der Untersuchung nicht feststellen lassen. Die funktionellen Beeinträchtigungen in der Wirbelsäulenbeweglichkeit seien eher gering. Insgesamt könne der Kläger noch leichte körperliche Arbeiten einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung im Sitzen oder in überwiegend wechselnder Körperhaltung verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord und nachts seien auszuschließen, Tätigkeiten in körperlichen Zwangshaltungen zu vermeiden. Die Arbeiten sollten witterungsgeschützt in geschlossenen Räumen, zu ebener Erde und nicht auf Leitern, Gerüsten oder an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen ausgeübt werden. Demnach gesundheitlich zumutbare Arbeiten könne der Kläger regelmäßig vollschichtig verrichten. Er sei in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung durch zumutbare Willensanspannung zu überwinden, und auch wegefähig.
Nachdem der Kläger auf die Anfrage des Sozialgerichts, ob er seine letzte Tätigkeit bei der Fa. P. G. GmbH & Co KG auf Facharbeiterniveau ausgeübt habe, was er durch Qualifikationsnachweise belegen könnte, nicht geantwortet und Dr. N. sein Gutachten vom 11. Juni 2004 im Termin am 3. Mai 2005 erläutert hatte, hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 3. Mai 2005 abgewiesen. Die Klage sei zulässig, jedoch unbegründet. Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit lägen nicht vor. Dass der Kläger von seinem Arbeitgeber zuletzt nach Lohngruppe VI, in der u. a. Hafenarbeiter eingruppiert seien, die vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer die Hafenarbeiterprüfung bestanden hätten, bezahlt worden sei, belege keinen Berufsschutz, zumal der Arbeitgeber mitgeteilt habe, dass die Einstufung ohne Berücksichtigung der Qualität der Arbeit und der Qualifikation erfolgt sei. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem seit Januar 2001 geltenden Recht.
Mit der gegen das ihm am 1. Oktober 2005 zugestellte Urteil am 20. Oktober 2005 eingelegten Berufung führt der Kläger aus, dass es von seiner damaligen Arbeitgeberin nach über 15 Jahren und angesichts der damals erfolgten Kündigung nicht mehr möglich sei, Nachweise (über die Qualität seiner Arbeit) zu erhalten. Die Arbeitgeberin – von der er durch arbeitsgerichtlichen Vergleich sich getrennt habe - würde ihm bestimmt nichts Gutes zukommen lassen. Das Sozialgericht habe ihn betreffende ärztliche Berichte aus dem Jahre 1992 im angefochtenen Urteil nicht erwähnt. Seine behandelnden Ärzte seien die Ärztin für Allgemeinmedizin H., der Orthopäde Dr. W1 und der Röntgenologe Dr. P1. Diese Ärzte könne er als "Hartz IV-Empfänger" allerdings aus finanziellen Gründen vor dem Quartal II/2006 nicht aufsuchen. Er müsse auch noch zu einem Urologen und zu einem Augenarzt in Behandlung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 3. Mai 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aus der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 18. Juli 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Juli 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf den Inhalt ihrer Bescheide.
Das Berufungsgericht hat Befundberichte des Radiologen Dr. P1 vom 7. April 2006 und des Dr. W1 vom 27. April 2006 eingeholt, nach denen der Kläger dort seit 1999 nicht mehr behandelt worden ist. Nach der Mitteilung der Fachärztin für Allgemeinmedizin M., Nachfolgerin von Frau H. seit 1. April 2006, ist der Kläger seit 21. Dezember 2005 nicht mehr in der Praxis erschienen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakten, der Verwaltungs- und Gutachtenakten der Beklagten, der Leistungsakten des Arbeitsamts, der Akten des Versorgungsamts und der Krankenakten des W. Krankenhauses "G.-S.", des AK A1 und des AK St. G. Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte trotz des Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2006, in der die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufgehoben worden ist, in der Sache entscheiden. Der Kläger war durch die Ladung davon unterrichtet, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sein Schreiben vom 14. Juni 2006, in welchem er angibt, dass er am 13. und 14. Juni 2006 vergeblich bei der Geschäftsstelle angerufen habe, um mitzuteilen, dass es ihm auf Grund der Wärme und der Länge des Weges nicht möglich (gewesen) sei, den Termin wahrzunehmen, ist beim Gericht erst am 15. Juni 2006 eingegangen und konnte daher keine Berücksichtigung finden.
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )). Sie ist aber unbegründet.
Die Berufung ist nicht schon deshalb unbegründet, weil etwa die mit Schreiben vom 13. Oktober 2000 am 20. Oktober 2000 erhobene Klage verspätet wäre.
Hat ein Vorverfahren - wie hier - stattgefunden, so beginnt die einmonatige Klagefrist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 Abs. 2 SGG idF des GKV-Reformgesetzes vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S 2626, iVm § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG idF des Art. 1 Nr. 2 des 5. SGG-Änderungsgesetzes vom 30. März 1998, BGBl I S 638). Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, gilt mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Kann das Gericht den genauen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides und damit den Beginn des Laufs der Klagefrist nicht feststellen, ist die Klage im Zweifel als rechtzeitig anzusehen; die Behörde trägt die materielle Beweislast dafür, dass die Klagefrist zu laufen begonnen hat (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 87 Rdnr 8). Der genaue Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides lässt sich vorliegend nicht feststellen.
Der Kläger hat mit der Angabe in der Klageschrift, dass es ihm wegen eines Formfehlers der Beklagten (undatierter Widerspruchsbescheid) nicht möglich (gewesen) sei, ein Datum des Widerspruchsbescheides festzustellen, zwar nicht zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass er den Widerspruchsbescheid später als drei Tage nach Aufgabe zur Post, sondern erst zu einem Zeitpunkt erhalten habe, der die Klagerhebung am 20. Oktober 2000 noch als rechtzeitig ansehen ließe. Er hat wohl nur zum Ausdruck bringen wollen, dass es ihm wegen des fehlenden Datums des Widerspruchsbescheides nicht möglich gewesen sei, den Ablauf der Klagfrist zu errechnen (was für den Fall schwierig gewesen wäre, dass er sich den Tag der Bekanntgabe nicht notiert und den – ein Poststempeldatum enthaltenden - Briefumschlag fort geworfen hätte). Da der Kläger jedoch auf Nachfrage des Sozialgerichts weder den Briefumschlag zum Widerspruchsbescheid vorgelegt noch mitgeteilt hat, wann er den Widerspruchsbescheid erhalten habe, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihm dies nicht möglich ist, lässt sich der Beginn des Laufs der Klagfrist nicht mit Sicherheit feststellen. Zugunsten des Klägers ist deshalb von einer rechtzeitig erhobenen - und damit zulässigen - Klage auszugehen.
Die Berufung ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. November 1999 in der Gestalt des in der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 18. Juli 2000 beschlossenen, undatierten Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit noch - hilfsweise - Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach den über § 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hier noch anzuwendenden §§ 44, 43 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI aF).
Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI aF). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Ob der die Wartezeit erfüllende Kläger für einen Leistungsfall im Zeitpunkt der Antragstellung vom 28. Juli 1999 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aF bzw. nach § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt – wie die Beklagte im Bescheid vom 12. November 1999 ausführt - oder ob er sie nur erfüllt, wenn der Leistungsfall wesentlich früher als zum Zeitpunkt der Antragstellung eingetreten ist, kann der Senat dahingestellt lassen. Wegen der nach dem Versicherungsverlauf vom 23. Februar 2005 im Juli 1990 bestehenden Versicherungslücke und weil die vom 6. Oktober 1994 bis 26. März 1999 zurückgelegte Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug nicht als Anrechnungszeit nach §§ 58 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 iVm §§ 44 Abs. 4, 43 Abs. 3 SGB VI aF in Betracht kommen dürfte - die weitere Versicherungslücke von Juli bis November 1992 könnte hingegen als Anrechnungszeit (Zurechnungszeit) gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI zählen - , bestehen allerdings Zweifel, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei einem Leistungsfall vom Tage der Antragstellung erfüllt wären. Soweit die Beklagte im Termin des Sozialgerichts am 21. Mai 2002 ausgeführt hat, dass die "nicht angerechneten Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug" ab 6. Oktober 1994 "als Streckungszeit" iSd § 43 Abs. 3 SGB VI aF in Betracht kommen könnten, erschließt sich dies dem Senat jedenfalls nicht ohne weiteres. Er kann diese Frage indes - wie ausgeführt - offen lassen, denn beim Kläger liegt keiner der Leistungsfälle nach §§ 44 Abs. 2, 43 Abs. 2 SGB VI aF vor.
Erwerbsunfähig sind gemäß § 44 Abs. 2 SGB VI aF Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI aF in der Fassung des Zweiten SGB VI-Änderungsgesetzes vom 2. Mai 1996, BGBl. I S 659). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Der Kläger leidet auf internistischem Fachgebiet unter einem Zustand nach zwei Myokardinfarkten (1992,1999) bei koronarer Herzkrankheit (kardialer Arrhythmie) und Bluthochdruck, einer äthyltoxischen Fettleber bei chronischer Alkoholkrankheit und unter chronischer Bronchitis. Auf orthopädischem Fachgebiet liegt ein Wirbelsäulensyndrom vor. Auf neurologischem Fachgebiet bestehen ein leichtes sensibles S 1- Syndrom links und eine diskrete äthyltoxische periphere beinbetonte Polyneuropathie. Neue medizinische Erkenntnisse hat das Berufungsverfahren nicht zu Tage gefördert. Vielmehr steht der Kläger, sieht man von seinem Erscheinen bei der Allgemeinärztin H. im Dezember 2005 ab, seit längerem nicht in ärztlicher Behandlung. Ein Anhalt dafür, dass sich sein Gesundheitszustand maßgeblich verschlechtert hat, besteht nicht. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet. Allein auf Grund seines Vortrages, dass er sich noch von einem Urologen und einem Augenarzt behandeln lassen müsse, drängen sich medizinische Ermittlungen in diese Richtung nicht auf.
Wegen des sich aus den vorliegenden Gesundheitsstörungen ergebenden Leistungsvermögens nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts, die er für zutreffend hält (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine leichte körperliche Tätigkeit einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung zu ebener Erde und in geschlossenen, witterungsgeschützten, expositionsfreien Räumen und mit Gewichtsbelastungen von bis zu 8 kg kann der Kläger in wechselnder Körperhaltung - überwiegend im Sitzen - noch vollschichtig verrichten. Einschränkungen bestehen nur insoweit, als er Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Arbeitsplätzen und solche, die im häufigen Bücken, in Zwangshaltungen (Überkopfarbeiten) und unter Zeitdruck (Akkord) zur Durchführung gelangen, nicht leisten kann. Hiernach zumutbare Arbeitsplätze kann der Kläger aufsuchen. Denn er ist in der Lage, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m innerhalb von je 15 Minuten zurückzulegen. Er ist demnach wegefähig. Sein körperliches Leistungsvermögen kann er auch realisieren, weil er auch in Ansehung seiner Alkoholkrankheit noch in der Lage ist, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsaufnahme zu überwinden. Im Rahmen des § 44 Abs. 2 SGB VI aF muss sich der Kläger, der grundsätzlich noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen verfügt, deshalb auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Der konkreten Bezeichnung einer ihm noch zumutbaren Arbeit (Verweisungstätigkeit) bedarf es nicht. Denn es liegt - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Nach alledem ist der Kläger nicht erwerbsunfähig.
Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VI aF). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI aF). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.
Sein bisheriger Beruf ist, weil er sich vom Beruf eines Versicherungskaufmanns gelöst hat, der eines Laschers und Pallers auf Seeschiffen (Ladungsbefestigung & Sicherung), den er von 1980 bis 1986 ausgeübt hat und der in seinem Falle zuweilen auch als "Schiffszimmerer" bezeichnet worden ist. Schiffszimmerer war der Kläger indes nicht. Denn hierbei handelt es sich um einen Ausbildungsberuf von dreieinhalb Jahren Dauer (vgl. Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen ( gabi ) -, Nr. 451a, S. 13, 35, 59), der einen im Wesentlichen völlig anderen Tätigkeitsbereich beinhaltet als das Befestigen und Sichern der Ladung an Bord, an Land und in den Luken. Dem steht nicht entgegen, dass der Schiffszimmerer im Hinblick auf den Beruf des Laschers zu den so genannten Zugangsberufen zählt (vgl. gabi Nr. 744a ( Ausgabe 1987 ), S. 33).
Berufschutz eines Facharbeiters hat der Kläger durch seine Tätigkeit bei der Fa. P. G.e & Co KG nicht erworben. In Lohngruppe VI des Eingruppierungsvertrages für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe zwischen dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e. V. und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, gültig ab 1. Januar 1981 (vgl. gabi Nr. 744a, S. 4ff), der Grundlage des jeweiligen Lohntarifvertrags für Hafenarbeiter des Hamburger Hafens, waren zwar Vorarbeiter (soweit nicht in Lohngruppe VI/1 eingereiht) und Handwerker eingruppiert. Lohngruppe V/1 war die Eingangsgruppe für Arbeiter mit abgelegter Hafenfacharbeiterprüfung (vgl. nunmehr Eingruppierungsvertrag vom 26. Mai 2000, gültig ab 1. Juni 2000). Daraus folgt aber nicht, dass der Kläger als Facharbeiter einzustufen ist. Nach der Auskunft der Fa. P. G. GmbH & Co KG vom 24. Januar 1995, die sie der Beklagten im ersten Rentenverfahren des Klägers erteilt hat, wurden in ihrem Betrieb ungelernte Arbeiter in Lohngruppe III, angelernte Arbeiter in Lohngruppen V bis VII und Facharbeiter in Lohngruppe VII oder VIII des Lohntarifs für Hafenarbeiter des Hamburger Hafens tariflich eingeordnet. Die Arbeitgeberin hat den Kläger mit einer Vergütung nach Lohngruppe VI damit möglicherweise zwar wie einen Facharbeiter entlohnt, gleichzeitig jedoch klargestellt, dass er hinsichtlich seiner Qualifikation lediglich einem angelernten Arbeiter mittleren Niveaus entspricht. Die tarifliche Bezahlung allein, selbst wenn Hafenfacharbeiter in die Lohngruppe VI eingestuft sind, reicht nicht aus, um einen Facharbeiterstatus zu begründen. Die Einstellung ist hier denn auch nicht auf Grund der Qualifikation erfolgt. Vielmehr hatte der Schwiegervater des Klägers - wie dieser selbst angibt - ihm diesen "guten Job" vermittelt, für den er irgendwelche speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mitzubringen brauchte. Im Übrigen wird die Arbeit des standardisierten Laschens nach dem derzeit geltenden Eingruppierungsvertrag vom 26. Mai 2000 in den unteren drei (von acht) Lohngruppen aufgeführt. Dies spricht nicht dafür, dass die Tätigkeit eines Laschers Facharbeiterstatus begründet.
Der Kläger hat trotz mehrfacher Aufforderung keine Qualifikationsnachweise beigebracht, aus denen sich entnehmen ließe, dass er entgegen der Auskunft der Arbeitgeberin dennoch die Qualifikation eines Facharbeiters erlangt und Arbeiten eines Facharbeiters verrichtet hat. Für eine solche Mutmaßung ergibt sich auch kein Anhalt. Soweit der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis nach seinen bei Dr. C. am 1. Juli 1993 gemachten Angaben wegen angeblichen Diebstahls gekündigt wurde (ein gerichtliches Verfahren soll eingestellt worden sein), meint, dass er von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ohnehin kein günstiges Zeugnis erwarten könne, vermag der Senat weder zu erkennen, dass die Auskünfte der Fa. P. G. GmbH & Co KG vom 25. Januar 1995 und 26. April 2001 unzutreffend sind noch dass diese Fa. nicht bereit wäre, dem Kläger ein objektives Zeugnis über seine Qualifikation als Facharbeiter auszustellen, falls er diese besitzt.
Nach alledem ist der Kläger lediglich als angelernter Arbeiter zu betrachten. Zwar kann er die bei der Fa. P. G. GmbH & Co KG früher verrichteten Tätigkeiten nicht mehr verrichten. Damit ist er aber noch nicht berufsunfähig. Selbst wenn man nicht von einer mittleren, sondern von einer oberen (gehobenen) Angelerntentätigkeit (als Lascher/"Schiffszimmerer") ausgeht, was eine pauschale Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zulässt, so ist der Kläger doch auf Montier- , Sortier- und Etikettierarbeiten, die überwiegend im Sitzen, zu ebener Erde und in geschlossenen, expositionsfreien Räumen ausgeführt werden und weder mit Gewichtsbelastungen von über 8 kg noch mit Zeitdruck und Nachtarbeit, Zwangshaltungen und Arbeit auf Leitern und Gerüsten verbunden sind, zu verweisen. Solche Arbeiten, die von Tarifverträgen erfasst werden, erfordern im Allgemeinen Einarbeitungszeiten von nicht mehr als zwei Wochen und können vom Kläger noch vollschichtig verrichtet werden. Leichte Arbeiten traut sich der Kläger, der selbst noch kleinere Holz- und Möbelarbeiten anfertigt, nach seinen bei Dr. S. gemachten Angaben auch noch zu.
Die Berufung hat daher keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit.
Der 1952 geborene Kläger durchlief vom 1. September 1970 bis 31. Dezember 1972 eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann mit Erfolg und war anschließend bis 31. März 1974 in diesem Beruf beschäftigt. Von April 1974 bis März 1978 war er Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Dann arbeitete er von Juli 1978 bis Ende 1979 bei der L. im Werkschutz. Von Januar 1980 bis November 1986 war er, ohne Berufserfahrung eingestellt, als Schiffszimmerer/Lascher bei der Fa. P. G. GmbH & Co KG tätig. Seine Aufgabe bestand im Laschen und Pallen (Ladungsbefestigung und Sicherung) an Bord von Seeschiffen, in den Schiffsluken und im Freien. Die innerbetriebliche Einarbeitung dauerte weniger als drei Monate. Der Kläger wurde nach Lohngruppe VI des Lohntarifs für den Hamburger Hafen bezahlt. Die tarifliche Einstufung des Klägers war auf Grund des Einstellungsgesprächs erfolgt, ohne auf Qualität bzw. Qualifikation zu achten (Arbeitgeberbericht vom 26. April 2001). Die Arbeit war mittelschwer und war teils im Stehen, teils in gebückter Haltung auszuführen. Der Kläger erwarb einen Staplerfahrerschein.
Seit Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses war der Kläger nicht mehr versicherungspflichtig beschäftigt, sondern arbeitsunfähig bzw. arbeitslos und bezog Krankengeld bzw. Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Eine vom Arbeitsamt geförderte Umschulung des Klägers zum Teilezurichter bei der Deutschen A. (1990) scheiterte.
Der Kläger wurde vom 5. Mai bis 14. Juni 1992 im W. Krankenhaus "G.-S." und vom 31. Juli bis 8. August 1992 im Allgemeinen Krankenhaus (AK) St. G. stationär behandelt. In "G.-S." wurde ein cerebraler Krampfanfall bei Alkoholmissbrauch, Alkoholentzugsdelir, Pankreatitis, Myokardinfarkt, absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern und ventrikulären Herzrhythmusstörungen sowie akuter Bronchitis diagnostiziert. Im AK St. G. wurde eine koronare Herzkrankheit ausgeschlossen. Es lagen eine euthyreote Struma diffusa Grad I bis II, eine absolute Arrhythmie, ein Alkoholabusus mit Zustand nach Entzugsdelir Mai 1992 und eine Hypercholesterinämie vor und bestand der Verdacht auf beginnende Kardiomyopathie evtl. alkoholtoxischer Genese.
Das Versorgungsamt stellte beim Kläger einen Grad der Behinderung von 50 und als Behinderungen ein Hirnanfallsleiden, eine Herzleistungsminderung mit Rhythmusstörungen bei Herzmuskelschaden, eine Kalksalzminderung der Wirbelsäule, einen Diabetes mellitus und eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung fest (Bescheid vom 15. Juni 1993).
Die Beklagte gewährte dem Kläger auf Grund seines Antrags vom 16. November 1992 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 1. Dezember 1992 bis 30. September 1994 (Bescheid vom 15. September 1993). Sein Weitergewährungsantrag blieb erfolglos (Bescheid vom 9. Februar 1995). Das Arbeitsamt beschied den Leistungsantrag vom 6. Oktober 1994 abschlägig, weil der Kläger die Anwartschaft nicht erfülle (Bescheid vom 24. November 1994). Ab Oktober 1994 erhielt der Kläger Leistungen vom Sozialamt. Eine vom Arbeitsamt geförderte Einzelmaßnahme im B.-Werk Hamburg GmbH brach er im Februar 1996 ab.
Vom 13. Februar bis 11. März 1999 wurde der Kläger im W. Krankenhaus "G.-S." wegen eines akuten nichttransmuralen anteroseptalen Myokardinfarkts bei Zustand nach Myokardinfarkt 1991, Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie, Alkoholentzugsdelir bei chronischem Äthylismus und chronischer Bronchitis bei Nikotinabusus behandelt. Am 1. März 1999 wurde bei ihm im AK A1 eine stenosierende koronare Herzkrankheit ausgeschlossen (geringgradige linksventrikuläre Dysfunktion, Myokardischämie bei Zustand nach Myokardinfarkt 1991 gemäß Angiographiebefund vom 2. März 1999). Vom 7. September bis 8. Oktober 1999 hielt sich der Kläger wegen einer Spiralfraktur des Mittelhandknochens links ohne Gelenkbeteiligung und einer Wundheilungsstörung einer prätibialen Platzwunde links (nach alkoholbedingtem Sturz) im W. Krankenhaus "G.-S." auf.
Auf Grund seines Rentenantrages vom 29. Juli 1999 wurde der Kläger von der Internistin Dr. V. am 27. Oktober 1999 untersucht. Diese hielt ihm leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde, nicht an laufenden Maschinen, aber unter Klimaschutz, für vollschichtig zumutbar. Dem stünden die Alkoholkrankheit - noch ohne Einschränkung der Syntheseleistung der Leber - , die dilatative Kardiomyopathie (Eckokardiographiebefund des Dr. F. vom 29. Oktober 1999) mit leichtgradig reduzierter Globalfunktion äthyltoxischer Genese, die absolute Arrhythmie mit Vorhofflimmern, ein leichtes Pulsdefizit zwischen zentral und peripher und chronische Lumbalgien ohne derzeitige Funktionseinschränkungen bei mäßigen röntgenologischen Verschleißerscheinungen nicht entgegen (Gutachten vom 5. November 1999).
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag durch Bescheid vom 12. November 1999 ab. Der Kläger erfülle zwar im Zeitpunkt der Antragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, sei aber weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Beklagte wies ihn in der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 18. Juli 2000 zurück (undatierter, mit richtiger Rechtsbehelfsbelehrung versehener Widerspruchsbescheid, abgesandt am 5. September 2000).
Mit der am 20. Oktober 2000 (§ 91 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )) erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, dass es ihm wegen eines Formfehlers der Beklagten nicht möglich gewesen sei, ein Datum des Widerspruchsbescheides festzustellen. Er hat die Anfrage des Sozialgerichts, wann er den Widerspruchsbescheid erhalten habe, nicht beantwortet.
Das Sozialgericht hat den Arbeitgeberbericht vom 26. April 2001 und von der Ärztin für Allgemeinmedizin H. sowie dem Orthopäden Dr. W1 (Behandlung April bis Juni 1999) die Befundberichte vom 9. Mai und 14. Mai 2001 eingeholt. Von Dr. S. hat es das internistisch/lungenärztliche Gutachten vom 1. Oktober 2001 (Untersuchung 25. September 2001), von Dr. N. das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 11. Juni 2004 (Untersuchung 9. Juni 2004) erstatten lassen.
Dr. S. hat eine chronische Bronchitis und einen Zustand nach transmuralem anteroseptalem Myokardinfarkt 1999 und eine Fettleber bei langjährigem Alkoholabusus diagnostiziert. Der Kläger könne noch leichte körperliche Tätigkeiten unter Witterungsschutz und frei von der Exposition mit Rauchen, Dämpfen und Gasen, überwiegend im Sitzen und mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung, vollschichtig verrichten. Häufiges Bücken sowie Anheben von Lasten über acht Kilogramm sowie Überkopfarbeiten seien zu vermeiden. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Dr. N. hat eine chronische Alkoholkrankheit, eine diskrete, funktionell noch nicht relevante äthyltoxische periphere, beinbetonte Polyneuropathie, ein Wirbelsäulensyndrom mit leichtem sensiblen S1-Syndrom links bei mitgeteiltem Bandscheibenvorfall, einen Bluthochdruck, eine kardiale Arrhythmie, eine koronare Herzkrankheit sowie einen Zustand nach zwei Myokardinfarkten diagnostiziert. Zwar bagatellisiere der Kläger seinen Alkoholkonsum und die damit einhergehende Problematik, jedoch sei sein Verhalten noch nicht auf die Suchtstoffbeschaffung und den ständigen Suchtmittelkonsum eingeengt. Trotz der Suchtkrankheit bestünden bei ihm noch ausreichende Bereiche freier Erlebnis-, Handlungs- und Gestaltungsfähigkeit. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei insgesamt erhalten, Antriebsstörungen fänden sich nicht. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei zwar erheblich eingeschränkt, aus nervenärztlicher Sicht aber noch nicht aufgehoben. Sie werde außerdem durch ein Wirbelsäulensyndrom mit wiederkehrendem Nervenwurzelreizsyndrom S 1 links und damit einhergehenden zeitweiligen sensiblen Beeinträchtigungen gemindert. Lähmungserscheinungen hätten sich anlässlich der Untersuchung nicht feststellen lassen. Die funktionellen Beeinträchtigungen in der Wirbelsäulenbeweglichkeit seien eher gering. Insgesamt könne der Kläger noch leichte körperliche Arbeiten einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung im Sitzen oder in überwiegend wechselnder Körperhaltung verrichten. Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord und nachts seien auszuschließen, Tätigkeiten in körperlichen Zwangshaltungen zu vermeiden. Die Arbeiten sollten witterungsgeschützt in geschlossenen Räumen, zu ebener Erde und nicht auf Leitern, Gerüsten oder an sonst gefährdenden Arbeitsplätzen ausgeübt werden. Demnach gesundheitlich zumutbare Arbeiten könne der Kläger regelmäßig vollschichtig verrichten. Er sei in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung durch zumutbare Willensanspannung zu überwinden, und auch wegefähig.
Nachdem der Kläger auf die Anfrage des Sozialgerichts, ob er seine letzte Tätigkeit bei der Fa. P. G. GmbH & Co KG auf Facharbeiterniveau ausgeübt habe, was er durch Qualifikationsnachweise belegen könnte, nicht geantwortet und Dr. N. sein Gutachten vom 11. Juni 2004 im Termin am 3. Mai 2005 erläutert hatte, hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 3. Mai 2005 abgewiesen. Die Klage sei zulässig, jedoch unbegründet. Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit lägen nicht vor. Dass der Kläger von seinem Arbeitgeber zuletzt nach Lohngruppe VI, in der u. a. Hafenarbeiter eingruppiert seien, die vor der zuständigen Industrie- und Handelskammer die Hafenarbeiterprüfung bestanden hätten, bezahlt worden sei, belege keinen Berufsschutz, zumal der Arbeitgeber mitgeteilt habe, dass die Einstufung ohne Berücksichtigung der Qualität der Arbeit und der Qualifikation erfolgt sei. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach dem seit Januar 2001 geltenden Recht.
Mit der gegen das ihm am 1. Oktober 2005 zugestellte Urteil am 20. Oktober 2005 eingelegten Berufung führt der Kläger aus, dass es von seiner damaligen Arbeitgeberin nach über 15 Jahren und angesichts der damals erfolgten Kündigung nicht mehr möglich sei, Nachweise (über die Qualität seiner Arbeit) zu erhalten. Die Arbeitgeberin – von der er durch arbeitsgerichtlichen Vergleich sich getrennt habe - würde ihm bestimmt nichts Gutes zukommen lassen. Das Sozialgericht habe ihn betreffende ärztliche Berichte aus dem Jahre 1992 im angefochtenen Urteil nicht erwähnt. Seine behandelnden Ärzte seien die Ärztin für Allgemeinmedizin H., der Orthopäde Dr. W1 und der Röntgenologe Dr. P1. Diese Ärzte könne er als "Hartz IV-Empfänger" allerdings aus finanziellen Gründen vor dem Quartal II/2006 nicht aufsuchen. Er müsse auch noch zu einem Urologen und zu einem Augenarzt in Behandlung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 3. Mai 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aus der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 18. Juli 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Juli 1999 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und bezieht sich auf den Inhalt ihrer Bescheide.
Das Berufungsgericht hat Befundberichte des Radiologen Dr. P1 vom 7. April 2006 und des Dr. W1 vom 27. April 2006 eingeholt, nach denen der Kläger dort seit 1999 nicht mehr behandelt worden ist. Nach der Mitteilung der Fachärztin für Allgemeinmedizin M., Nachfolgerin von Frau H. seit 1. April 2006, ist der Kläger seit 21. Dezember 2005 nicht mehr in der Praxis erschienen.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakten, der Verwaltungs- und Gutachtenakten der Beklagten, der Leistungsakten des Arbeitsamts, der Akten des Versorgungsamts und der Krankenakten des W. Krankenhauses "G.-S.", des AK A1 und des AK St. G. Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte trotz des Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2006, in der die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufgehoben worden ist, in der Sache entscheiden. Der Kläger war durch die Ladung davon unterrichtet, dass auch im Falle seines Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sein Schreiben vom 14. Juni 2006, in welchem er angibt, dass er am 13. und 14. Juni 2006 vergeblich bei der Geschäftsstelle angerufen habe, um mitzuteilen, dass es ihm auf Grund der Wärme und der Länge des Weges nicht möglich (gewesen) sei, den Termin wahrzunehmen, ist beim Gericht erst am 15. Juni 2006 eingegangen und konnte daher keine Berücksichtigung finden.
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )). Sie ist aber unbegründet.
Die Berufung ist nicht schon deshalb unbegründet, weil etwa die mit Schreiben vom 13. Oktober 2000 am 20. Oktober 2000 erhobene Klage verspätet wäre.
Hat ein Vorverfahren - wie hier - stattgefunden, so beginnt die einmonatige Klagefrist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 Abs. 2 SGG idF des GKV-Reformgesetzes vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S 2626, iVm § 85 Abs. 3 Satz 1 SGG idF des Art. 1 Nr. 2 des 5. SGG-Änderungsgesetzes vom 30. März 1998, BGBl I S 638). Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post im Inland übermittelt wird, gilt mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Kann das Gericht den genauen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides und damit den Beginn des Laufs der Klagefrist nicht feststellen, ist die Klage im Zweifel als rechtzeitig anzusehen; die Behörde trägt die materielle Beweislast dafür, dass die Klagefrist zu laufen begonnen hat (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 87 Rdnr 8). Der genaue Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides lässt sich vorliegend nicht feststellen.
Der Kläger hat mit der Angabe in der Klageschrift, dass es ihm wegen eines Formfehlers der Beklagten (undatierter Widerspruchsbescheid) nicht möglich (gewesen) sei, ein Datum des Widerspruchsbescheides festzustellen, zwar nicht zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass er den Widerspruchsbescheid später als drei Tage nach Aufgabe zur Post, sondern erst zu einem Zeitpunkt erhalten habe, der die Klagerhebung am 20. Oktober 2000 noch als rechtzeitig ansehen ließe. Er hat wohl nur zum Ausdruck bringen wollen, dass es ihm wegen des fehlenden Datums des Widerspruchsbescheides nicht möglich gewesen sei, den Ablauf der Klagfrist zu errechnen (was für den Fall schwierig gewesen wäre, dass er sich den Tag der Bekanntgabe nicht notiert und den – ein Poststempeldatum enthaltenden - Briefumschlag fort geworfen hätte). Da der Kläger jedoch auf Nachfrage des Sozialgerichts weder den Briefumschlag zum Widerspruchsbescheid vorgelegt noch mitgeteilt hat, wann er den Widerspruchsbescheid erhalten habe, und nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihm dies nicht möglich ist, lässt sich der Beginn des Laufs der Klagfrist nicht mit Sicherheit feststellen. Zugunsten des Klägers ist deshalb von einer rechtzeitig erhobenen - und damit zulässigen - Klage auszugehen.
Die Berufung ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. November 1999 in der Gestalt des in der Sitzung des Widerspruchsausschusses vom 18. Juli 2000 beschlossenen, undatierten Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit noch - hilfsweise - Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach den über § 300 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) hier noch anzuwendenden §§ 44, 43 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI aF).
Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI aF). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Ob der die Wartezeit erfüllende Kläger für einen Leistungsfall im Zeitpunkt der Antragstellung vom 28. Juli 1999 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aF bzw. nach § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt – wie die Beklagte im Bescheid vom 12. November 1999 ausführt - oder ob er sie nur erfüllt, wenn der Leistungsfall wesentlich früher als zum Zeitpunkt der Antragstellung eingetreten ist, kann der Senat dahingestellt lassen. Wegen der nach dem Versicherungsverlauf vom 23. Februar 2005 im Juli 1990 bestehenden Versicherungslücke und weil die vom 6. Oktober 1994 bis 26. März 1999 zurückgelegte Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug nicht als Anrechnungszeit nach §§ 58 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 iVm §§ 44 Abs. 4, 43 Abs. 3 SGB VI aF in Betracht kommen dürfte - die weitere Versicherungslücke von Juli bis November 1992 könnte hingegen als Anrechnungszeit (Zurechnungszeit) gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI zählen - , bestehen allerdings Zweifel, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei einem Leistungsfall vom Tage der Antragstellung erfüllt wären. Soweit die Beklagte im Termin des Sozialgerichts am 21. Mai 2002 ausgeführt hat, dass die "nicht angerechneten Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug" ab 6. Oktober 1994 "als Streckungszeit" iSd § 43 Abs. 3 SGB VI aF in Betracht kommen könnten, erschließt sich dies dem Senat jedenfalls nicht ohne weiteres. Er kann diese Frage indes - wie ausgeführt - offen lassen, denn beim Kläger liegt keiner der Leistungsfälle nach §§ 44 Abs. 2, 43 Abs. 2 SGB VI aF vor.
Erwerbsunfähig sind gemäß § 44 Abs. 2 SGB VI aF Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI aF in der Fassung des Zweiten SGB VI-Änderungsgesetzes vom 2. Mai 1996, BGBl. I S 659). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Der Kläger leidet auf internistischem Fachgebiet unter einem Zustand nach zwei Myokardinfarkten (1992,1999) bei koronarer Herzkrankheit (kardialer Arrhythmie) und Bluthochdruck, einer äthyltoxischen Fettleber bei chronischer Alkoholkrankheit und unter chronischer Bronchitis. Auf orthopädischem Fachgebiet liegt ein Wirbelsäulensyndrom vor. Auf neurologischem Fachgebiet bestehen ein leichtes sensibles S 1- Syndrom links und eine diskrete äthyltoxische periphere beinbetonte Polyneuropathie. Neue medizinische Erkenntnisse hat das Berufungsverfahren nicht zu Tage gefördert. Vielmehr steht der Kläger, sieht man von seinem Erscheinen bei der Allgemeinärztin H. im Dezember 2005 ab, seit längerem nicht in ärztlicher Behandlung. Ein Anhalt dafür, dass sich sein Gesundheitszustand maßgeblich verschlechtert hat, besteht nicht. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet. Allein auf Grund seines Vortrages, dass er sich noch von einem Urologen und einem Augenarzt behandeln lassen müsse, drängen sich medizinische Ermittlungen in diese Richtung nicht auf.
Wegen des sich aus den vorliegenden Gesundheitsstörungen ergebenden Leistungsvermögens nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts, die er für zutreffend hält (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine leichte körperliche Tätigkeit einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung zu ebener Erde und in geschlossenen, witterungsgeschützten, expositionsfreien Räumen und mit Gewichtsbelastungen von bis zu 8 kg kann der Kläger in wechselnder Körperhaltung - überwiegend im Sitzen - noch vollschichtig verrichten. Einschränkungen bestehen nur insoweit, als er Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie an gefährdenden Arbeitsplätzen und solche, die im häufigen Bücken, in Zwangshaltungen (Überkopfarbeiten) und unter Zeitdruck (Akkord) zur Durchführung gelangen, nicht leisten kann. Hiernach zumutbare Arbeitsplätze kann der Kläger aufsuchen. Denn er ist in der Lage, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m innerhalb von je 15 Minuten zurückzulegen. Er ist demnach wegefähig. Sein körperliches Leistungsvermögen kann er auch realisieren, weil er auch in Ansehung seiner Alkoholkrankheit noch in der Lage ist, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsaufnahme zu überwinden. Im Rahmen des § 44 Abs. 2 SGB VI aF muss sich der Kläger, der grundsätzlich noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen verfügt, deshalb auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Der konkreten Bezeichnung einer ihm noch zumutbaren Arbeit (Verweisungstätigkeit) bedarf es nicht. Denn es liegt - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Nach alledem ist der Kläger nicht erwerbsunfähig.
Der Kläger ist auch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB VI aF). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI aF). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht.
Sein bisheriger Beruf ist, weil er sich vom Beruf eines Versicherungskaufmanns gelöst hat, der eines Laschers und Pallers auf Seeschiffen (Ladungsbefestigung & Sicherung), den er von 1980 bis 1986 ausgeübt hat und der in seinem Falle zuweilen auch als "Schiffszimmerer" bezeichnet worden ist. Schiffszimmerer war der Kläger indes nicht. Denn hierbei handelt es sich um einen Ausbildungsberuf von dreieinhalb Jahren Dauer (vgl. Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen ( gabi ) -, Nr. 451a, S. 13, 35, 59), der einen im Wesentlichen völlig anderen Tätigkeitsbereich beinhaltet als das Befestigen und Sichern der Ladung an Bord, an Land und in den Luken. Dem steht nicht entgegen, dass der Schiffszimmerer im Hinblick auf den Beruf des Laschers zu den so genannten Zugangsberufen zählt (vgl. gabi Nr. 744a ( Ausgabe 1987 ), S. 33).
Berufschutz eines Facharbeiters hat der Kläger durch seine Tätigkeit bei der Fa. P. G.e & Co KG nicht erworben. In Lohngruppe VI des Eingruppierungsvertrages für die Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe zwischen dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe e. V. und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, gültig ab 1. Januar 1981 (vgl. gabi Nr. 744a, S. 4ff), der Grundlage des jeweiligen Lohntarifvertrags für Hafenarbeiter des Hamburger Hafens, waren zwar Vorarbeiter (soweit nicht in Lohngruppe VI/1 eingereiht) und Handwerker eingruppiert. Lohngruppe V/1 war die Eingangsgruppe für Arbeiter mit abgelegter Hafenfacharbeiterprüfung (vgl. nunmehr Eingruppierungsvertrag vom 26. Mai 2000, gültig ab 1. Juni 2000). Daraus folgt aber nicht, dass der Kläger als Facharbeiter einzustufen ist. Nach der Auskunft der Fa. P. G. GmbH & Co KG vom 24. Januar 1995, die sie der Beklagten im ersten Rentenverfahren des Klägers erteilt hat, wurden in ihrem Betrieb ungelernte Arbeiter in Lohngruppe III, angelernte Arbeiter in Lohngruppen V bis VII und Facharbeiter in Lohngruppe VII oder VIII des Lohntarifs für Hafenarbeiter des Hamburger Hafens tariflich eingeordnet. Die Arbeitgeberin hat den Kläger mit einer Vergütung nach Lohngruppe VI damit möglicherweise zwar wie einen Facharbeiter entlohnt, gleichzeitig jedoch klargestellt, dass er hinsichtlich seiner Qualifikation lediglich einem angelernten Arbeiter mittleren Niveaus entspricht. Die tarifliche Bezahlung allein, selbst wenn Hafenfacharbeiter in die Lohngruppe VI eingestuft sind, reicht nicht aus, um einen Facharbeiterstatus zu begründen. Die Einstellung ist hier denn auch nicht auf Grund der Qualifikation erfolgt. Vielmehr hatte der Schwiegervater des Klägers - wie dieser selbst angibt - ihm diesen "guten Job" vermittelt, für den er irgendwelche speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mitzubringen brauchte. Im Übrigen wird die Arbeit des standardisierten Laschens nach dem derzeit geltenden Eingruppierungsvertrag vom 26. Mai 2000 in den unteren drei (von acht) Lohngruppen aufgeführt. Dies spricht nicht dafür, dass die Tätigkeit eines Laschers Facharbeiterstatus begründet.
Der Kläger hat trotz mehrfacher Aufforderung keine Qualifikationsnachweise beigebracht, aus denen sich entnehmen ließe, dass er entgegen der Auskunft der Arbeitgeberin dennoch die Qualifikation eines Facharbeiters erlangt und Arbeiten eines Facharbeiters verrichtet hat. Für eine solche Mutmaßung ergibt sich auch kein Anhalt. Soweit der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis nach seinen bei Dr. C. am 1. Juli 1993 gemachten Angaben wegen angeblichen Diebstahls gekündigt wurde (ein gerichtliches Verfahren soll eingestellt worden sein), meint, dass er von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ohnehin kein günstiges Zeugnis erwarten könne, vermag der Senat weder zu erkennen, dass die Auskünfte der Fa. P. G. GmbH & Co KG vom 25. Januar 1995 und 26. April 2001 unzutreffend sind noch dass diese Fa. nicht bereit wäre, dem Kläger ein objektives Zeugnis über seine Qualifikation als Facharbeiter auszustellen, falls er diese besitzt.
Nach alledem ist der Kläger lediglich als angelernter Arbeiter zu betrachten. Zwar kann er die bei der Fa. P. G. GmbH & Co KG früher verrichteten Tätigkeiten nicht mehr verrichten. Damit ist er aber noch nicht berufsunfähig. Selbst wenn man nicht von einer mittleren, sondern von einer oberen (gehobenen) Angelerntentätigkeit (als Lascher/"Schiffszimmerer") ausgeht, was eine pauschale Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zulässt, so ist der Kläger doch auf Montier- , Sortier- und Etikettierarbeiten, die überwiegend im Sitzen, zu ebener Erde und in geschlossenen, expositionsfreien Räumen ausgeführt werden und weder mit Gewichtsbelastungen von über 8 kg noch mit Zeitdruck und Nachtarbeit, Zwangshaltungen und Arbeit auf Leitern und Gerüsten verbunden sind, zu verweisen. Solche Arbeiten, die von Tarifverträgen erfasst werden, erfordern im Allgemeinen Einarbeitungszeiten von nicht mehr als zwei Wochen und können vom Kläger noch vollschichtig verrichtet werden. Leichte Arbeiten traut sich der Kläger, der selbst noch kleinere Holz- und Möbelarbeiten anfertigt, nach seinen bei Dr. S. gemachten Angaben auch noch zu.
Die Berufung hat daher keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
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