Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 22 KR 1551/03
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 40/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Erstattung der Kosten für die ersten zwei Zyklen einer Behandlung zur künstlichen Befruchtung nach der IVF/ICSI-Methode (In-vitro-Fertilisation/Intracytoplasmatische Spermainjektion).
Die im XXXXXXXX 1968 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Ihr im XXXXXXXX 1956 geborener Ehemann ist bei der Beigeladenen privat krankenversichert. Der Kinderwunsch der Eheleute konnte bislang wegen einer isolierten Sterilität des Ehemannes der Klägerin nicht verwirklicht werden.
Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des gynäkologischen Endokrinologen und Reproduktionsmediziners Dr. F. vom 28. März 2003, wonach eine Behandlung zur künstlichen Befruchtung nach der IVF/ICSI-Methode die einzige Möglichkeit sei, den Eheleuten zu einem eigenen Kind zu verhelfen, beantragte der Ehemann der Klägerin bei der Beigeladenen die von Dr. F. unter Hinweis auf verschiedene zivilgerichtliche Entscheidungen, unter anderem des Bundesgerichtshofs (BGH), befürwortete Übernahme aller in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behandlung entstehenden Kosten.
Nachdem die Beigeladene mit Schreiben vom 14. April 2003 lediglich eine Kostenübernahme für bis zu drei ICSI-Behandlungen zugesagt, hinsichtlich der Kosten für die IVF jedoch auf die Inanspruchnahme der Beklagten verwiesen hatte, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2003 bei der Beklagten, ebenfalls unter Vorlage der ärztlichen Bescheinigung des Dr. F. vom 28. März 2003, die Übernahme der bei ihr anfallenden Behandlungen und notwendigen Medikamente nach § 27a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten für die begehrte Behandlung mit der Begründung ab, dass die künstliche Befruchtung nach der IVF/ICSI-Methode zwar grundsätzlich als Kassenleistung erbracht werden könne, dass jedoch in den Fällen, in denen der Ehegatte, bei dem die alleinige Ursache für die Sterilität liege, privat krankenversichert sei, dessen Krankenversicherung wegen des zivilrechtlichen Verursacherprinzips die Gesamtkosten allein zu tragen habe (Bescheid vom 19. Mai 2003 in der Fassung vom 2. Juni 2003, Widerspruchsbescheid vom 21. August 2003).
Trotzt der Ablehnung wurden vom 26. Mai bis 12. Juni 2003 und vom 8. bis 18. Dezember 2003 die ersten zwei - erfolglosen - Behandlungszyklen mittels IFV/ICSI durchgeführt, wobei die dabei entstandenen Gesamtkosten in Höhe von insgesamt etwa 10.000 EUR von der Beigeladenen übernommen wurden. Vor der Übernahme der Kosten hatte die Beigeladene mit der Klägerin und ihrem Ehemann unter dem 20. Oktober 2003 folgende "Vereinbarung zur Kostenübernahme für bis zu 3 Zyklen künstlicher Befruchtung" getroffen:
Obwohl wir der Auffassung sind, dass die gesetzliche Krankenkasse von Frau E-.L. (DAK) für alle Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung, mit Ausnahme der ICSI, gemäß § 27a SGB V leistungspflichtig ist, sagen wir Ihnen bei medizinischer Notwendigkeit neben 3 Versuchen der ICSI-Behandlung auch eine tarifliche Kostenzusage für bis zu 3 IVF-Behandlungen für Frau E.-L. im Wege der Kulanz unter folgendem Vorbehalt zu:
1. Wir behalten uns vor, den Betrag ...zurückzufordern, sollte sich herausstellen, dass die gesetzliche Krankenkasse der Ehefrau zur Leistung verpflichtet war. Der Erteilung der Zusage liegt die Bereitschaft von Frau E.-L. zu Grunde, ihre gesetzliche Krankenkasse auf Übernahme der IVF-Kosten vor dem Sozialgericht zu verklagen. Wir werden den Betrag nur in dem Umfang zurückfordern, in welchem die gesetzliche Krankenkasse von Frau E.-F. zur Übernahme der IVF vor dem Sozialgericht verpflichtet wird. 2. 3. 4. Mit obiger Vereinbarung sind hinsichtlich der künstlichen Befruchtung sämtliche Ansprüche aus dem privaten Krankenversicherungsvertrag abgegolten. Schließlich hatte sich die Beigeladene in der Vereinbarung verpflichtet, die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten "im Zusammenhang mit diesem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht" zu übernehmen.
Mit der am 25. September 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin unter Hinweis auf zwei von ihr überreichte Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03. April 2001 - B 1 KR 22/00 R und B 1 KR 40/00 R - vorgetragen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Kosten für bis zu vier Behandlungszyklen zu übernehmen, weil die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse nicht an einen regelwidrigen Körperzustand ihres Mitglieds anknüpfe, sondern an die ungewollte Kinderlosigkeit des Ehepaares und die daraus resultierende Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung.
Die Beklagte hat unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 03. März 2004 - IV ZR 25/03, NJW 2004,1658 - erwidert, dass in den Fällen, in denen die Ursache der Sterilität allein bei dem privat versicherten Ehepartner liege, dieser ohne weiteres gegenüber seiner privaten Versicherung nach dem dort geltenden Verursacherprinzip einen Anspruch auf volle Kostenübernahme geltend machen könne. Demgegenüber sei die gesetzliche Krankenversicherung in diesen Fällen nicht leistungspflichtig.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 12. April 2005 teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, entsprechend dem ab 1. Januar 2004 geltenden § 27a SGB V 50 v.H. der Kosten eines dritten - zu der Zeit noch nicht durchgeführten - Behandlungszyklus (einschließlich Medikamente) zu übernehmen. Im Übrigen hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass hinsichtlich der bereits durchgeführten ersten beiden Behandlungszyklen nur ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht komme, der jedoch daran scheitere, dass der Klägerin für die selbst beschafften Leistungen keine Kosten entstanden seien, weil die Beigeladene diese Kosten auf Grund der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 bezahlt habe. Daran vermöge auch der in der Vereinbarung geregelte Rückforderungsvorbehalt nichts zu ändern, weil eine Leistungspflicht der Beklagten hinsichtlich der bereits durchgeführten Behandlungszyklen nach der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 SGB V nicht bestehe.
Mit ihrer nach Zustellung des Urteils am 22. Juni 2005 am 21. Juli 2005 eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor, dass ihr Kosten in Form einer bestehenden Verbindlichkeit entstanden seien, weil die Beigeladene nur unter einem Rückforderungsvorbehalt geleistet habe. Dies sei vergleichbar mit der Zwischenfinanzierung durch eine Bank. Die Beigeladene habe auch bereits mitgeteilt, dass sie von ihrem Rückforderungsvorbehalt Gebrauch machen wolle.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2005 den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2003 in der Fassung vom 2. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die vom 26. Mai bis 12. Juni 2003 sowie vom 8. bis 18. Dezember 2003 durchgeführten Behandlungszyklen künstlicher Befruchtung zu erstatten, soweit diese durch extrakorporale Behandlungsmaßnahmen oder Maßnahmen unmittelbar an bzw. in ihrem Körper entstanden sind, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sieht die Klägerin nicht beschwert und spricht ihr deshalb bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ab. Hier werde durch die Klägerin ein kostenloser Rechtsstreit für die Beigeladene geführt, der deren Verhältnis zur Beklagten betreffe. Im Übrigen habe die Beigeladene durch ihre Zahlungen ihre Pflichten aus dem Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin erfüllt.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Klägerin an.
Sie meint, dass Grundlage für ihre Zahlungen nicht der privatrechtliche Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin gewesen sei, sondern die Vereinbarung vom 22. Oktober 2003. Tatsächlich habe auch kein Aufwendungsersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin bestanden, weil ein solcher nur berechtigte Forderungen betreffen könne und die behandelnden Vertragsärzte nicht berechtigt gewesen seien, ohne Zustimmung der gesetzlich versicherten Klägerin privatärztlich zu liquidieren. Die Beigeladene mache von ihrem Rückforderungsvorbehalt Gebrauch. Sie habe zu einer Zeit, in der große rechtliche Unsicherheit bestanden habe, nämlich vor dem Ergehen der Entscheidungen des BGH vom 3. März 2004 und des BSG vom 22. März 2005 (s.u.), in einer Vielzahl von Fällen vergleichbarer Konstellation Eheleuten die Durchführung der notwendigen Behandlung ermöglicht. Die Suche nach Lösungen für eine Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkassen, insbesondere der Beklagten, in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, die auch der Präsident des Bundessozialgerichts in der Sitzung des dortigen 1. Senats vom 22. März 2005, zum Teil wiedergegeben in der diesbezüglichen Presseerklärung, dringend angeregt habe, sei bisher nicht erfolgreich gewesen. Es bestehe im Sinne einer Nichtleistungskondiktion ein Bereicherungsanspruch. Die Beklagte habe in sonstiger Weise die Befreiung von den Behandlungskosten erlangt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht im tenorierten Umfang abgewiesen. Zwar ist der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis schon wegen ihrer Verpflichtung zur Klage in der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 nicht abzusprechen. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die vom 26. Mai bis 12. Juni 2003 sowie vom 8. bis 18. Dezember 2003 durchgeführten Behandlungszyklen künstlicher Befruchtung, soweit diese durch extrakorporale Behandlungsmaßnahmen oder Maßnahmen unmittelbar an bzw. in ihrem Körper entstanden sind.
Zwar war die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 2003, der unter dem 2. Juni 2003 lediglich ergänzt wurde und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2003 Gegenstand der Klage und der Berufung ist, vor Durchführung der Behandlungsmaßnahmen rechtswidrig, weshalb das Sozialgericht der Klage hinsichtlich der beantragten Kostenübernahme für den zu der Zeit noch nicht durchgeführten dritten Behandlungszyklus im Einklang mit den vom BSG in der Sitzung vom 22. März 2005 aufgestellten Grundsätzen (vgl. Urteil B 1 KR 11/03 R, NJW 2005, 2476, sowie die Pressemitteilung Nr. 16/05 zu den am selben Tag u.a. durch Vergleich beendeten Verfahren, insbesondere zur dortigen Nr. 5, deren Fallgestaltung der vorliegenden entsprach, mit den Ausführungen zur ergangenen Kostenentscheidung) auch stattgegeben hat.
Nach Durchführung der Maßnahmen kann die Klägerin jedoch nur die Erstattung entstandener Kosten bzw. die Freistellung von Verbindlichkeiten unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V verlangen. Diese liegen hingegen nicht vor.
Der Klägerin sind rückblickend keine Kosten für die selbst beschafften Leistungen entstanden, weil die Beigeladene als private Krankenversicherung ihres Ehemannes diese Kosten getragen hat. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob Grundlage für die Zahlung der Beigeladenen die Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 oder der private Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin war. Entscheidend ist allein, dass die Kosten für die Behandlung übernommen wurden.
Durch die zu Unrecht erfolgte Ablehnung der Leistung durch die Beklagte sind der Klägerin für die selbst beschafften Leistungen auch keine noch bestehenden Verbindlichkeiten erwachsen, von denen sie freizustellen wäre. Gegenüber dem behandelnden Arzt bestehen keine Verbindlichkeiten, weil diese durch Zahlung erfüllt wurden. Gegenüber der Beigeladenen bestehen keine Verbindlichkeiten, weil die Kostenübernahme auf Grund der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 nur in dem Umfang unter einem Rückforderungsvorbehalt stand, in welchem die Beklagte zur Übernahme der Behandlungskosten vor dem Sozialgericht verpflichtet wird. Da eine solche Verpflichtung im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs für durchgeführte Behandlungsmaßnahmen aus vorgenannten Gründen nicht erfolgen kann, hat die Beigeladene auch keinen Rückforderungsanspruch gegen die Klägerin. Die Zahlungen der Beigeladenen sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mit dem Darlehen eines Dritten vergleichbar. Durch ein Darlehen wird eine unbedingte Verbindlichkeit begründet, durch die Zahlungen der Beigeladenen jedoch gerade nicht. Im Übrigen erfüllte die Beigeladene entgegen ihrer Auffassung durch die Zahlung nicht nur ihre Pflichten aus der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003, sondern auch aus dem Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin. Durch die Zahlungen ersetzte sie Aufwendungen ihres Versicherten im Sinne von berechtigten Forderungen des behandelnden Arztes, der zwar im Verhältnis zur gesetzlich versicherten Klägerin nicht berechtigt war, privat zu liquidieren, sehr wohl jedoch im Verhältnis zum privat versicherten Ehemann der Klägerin, was nach der Entscheidung des BGH vom 3. März 2004 die gesamten an beiden Ehegatten und extrakorporal durchgeführten Behandlungsmaßnahmen umfasste.
Soweit die Beigeladene meint, dass im Sinne einer Nichtleistungskondiktion ein Bereicherungsanspruch bestehe, weil die Beklagte in sonstiger Weise die Befreiung von den Behandlungskosten erlangt habe, betrifft dies nicht das Verhältnis der Klägerin zur Beklagten, sondern allenfalls das Verhältnis der Beklagten zur Beigeladenen. Ein derartiger Anspruch wäre hingegen vor den Zivilgerichten geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung für in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallende Streitigkeiten. Die zu klärenden Fragen der Kostenlastverteilung bei Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung bei Eheleuten, die verschiedenen Krankenversicherungssystemen angehören, liegen nicht im Verhältnis der gesetzlichen Versicherten zu den gesetzlichen Krankenkassen, sondern im Ausgleichsverhältnis zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den privaten Krankenversicherungsunternehmen. Was zwischen gesetzlichen Sozialleistungsträgern durch die Vorschriften über Erstattungsansprüche in den §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch bzw. in Verwaltungsvereinbarungen geregelt wird, muss im Verhältnis zu privaten Krankenversicherungsunternehmen, wenn denn keine Teilungsabkommen zu Stande kommen, ggf. von den Zivilgerichten über das Bereicherungsrecht oder vom Gesetzgeber geregelt werden.
Tatbestand:
Im Streit ist die Erstattung der Kosten für die ersten zwei Zyklen einer Behandlung zur künstlichen Befruchtung nach der IVF/ICSI-Methode (In-vitro-Fertilisation/Intracytoplasmatische Spermainjektion).
Die im XXXXXXXX 1968 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Ihr im XXXXXXXX 1956 geborener Ehemann ist bei der Beigeladenen privat krankenversichert. Der Kinderwunsch der Eheleute konnte bislang wegen einer isolierten Sterilität des Ehemannes der Klägerin nicht verwirklicht werden.
Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des gynäkologischen Endokrinologen und Reproduktionsmediziners Dr. F. vom 28. März 2003, wonach eine Behandlung zur künstlichen Befruchtung nach der IVF/ICSI-Methode die einzige Möglichkeit sei, den Eheleuten zu einem eigenen Kind zu verhelfen, beantragte der Ehemann der Klägerin bei der Beigeladenen die von Dr. F. unter Hinweis auf verschiedene zivilgerichtliche Entscheidungen, unter anderem des Bundesgerichtshofs (BGH), befürwortete Übernahme aller in unmittelbarem Zusammenhang mit der Behandlung entstehenden Kosten.
Nachdem die Beigeladene mit Schreiben vom 14. April 2003 lediglich eine Kostenübernahme für bis zu drei ICSI-Behandlungen zugesagt, hinsichtlich der Kosten für die IVF jedoch auf die Inanspruchnahme der Beklagten verwiesen hatte, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 11. Mai 2003 bei der Beklagten, ebenfalls unter Vorlage der ärztlichen Bescheinigung des Dr. F. vom 28. März 2003, die Übernahme der bei ihr anfallenden Behandlungen und notwendigen Medikamente nach § 27a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Die Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten für die begehrte Behandlung mit der Begründung ab, dass die künstliche Befruchtung nach der IVF/ICSI-Methode zwar grundsätzlich als Kassenleistung erbracht werden könne, dass jedoch in den Fällen, in denen der Ehegatte, bei dem die alleinige Ursache für die Sterilität liege, privat krankenversichert sei, dessen Krankenversicherung wegen des zivilrechtlichen Verursacherprinzips die Gesamtkosten allein zu tragen habe (Bescheid vom 19. Mai 2003 in der Fassung vom 2. Juni 2003, Widerspruchsbescheid vom 21. August 2003).
Trotzt der Ablehnung wurden vom 26. Mai bis 12. Juni 2003 und vom 8. bis 18. Dezember 2003 die ersten zwei - erfolglosen - Behandlungszyklen mittels IFV/ICSI durchgeführt, wobei die dabei entstandenen Gesamtkosten in Höhe von insgesamt etwa 10.000 EUR von der Beigeladenen übernommen wurden. Vor der Übernahme der Kosten hatte die Beigeladene mit der Klägerin und ihrem Ehemann unter dem 20. Oktober 2003 folgende "Vereinbarung zur Kostenübernahme für bis zu 3 Zyklen künstlicher Befruchtung" getroffen:
Obwohl wir der Auffassung sind, dass die gesetzliche Krankenkasse von Frau E-.L. (DAK) für alle Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung, mit Ausnahme der ICSI, gemäß § 27a SGB V leistungspflichtig ist, sagen wir Ihnen bei medizinischer Notwendigkeit neben 3 Versuchen der ICSI-Behandlung auch eine tarifliche Kostenzusage für bis zu 3 IVF-Behandlungen für Frau E.-L. im Wege der Kulanz unter folgendem Vorbehalt zu:
1. Wir behalten uns vor, den Betrag ...zurückzufordern, sollte sich herausstellen, dass die gesetzliche Krankenkasse der Ehefrau zur Leistung verpflichtet war. Der Erteilung der Zusage liegt die Bereitschaft von Frau E.-L. zu Grunde, ihre gesetzliche Krankenkasse auf Übernahme der IVF-Kosten vor dem Sozialgericht zu verklagen. Wir werden den Betrag nur in dem Umfang zurückfordern, in welchem die gesetzliche Krankenkasse von Frau E.-F. zur Übernahme der IVF vor dem Sozialgericht verpflichtet wird. 2. 3. 4. Mit obiger Vereinbarung sind hinsichtlich der künstlichen Befruchtung sämtliche Ansprüche aus dem privaten Krankenversicherungsvertrag abgegolten. Schließlich hatte sich die Beigeladene in der Vereinbarung verpflichtet, die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten "im Zusammenhang mit diesem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht" zu übernehmen.
Mit der am 25. September 2003 erhobenen Klage hat die Klägerin unter Hinweis auf zwei von ihr überreichte Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 03. April 2001 - B 1 KR 22/00 R und B 1 KR 40/00 R - vorgetragen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Kosten für bis zu vier Behandlungszyklen zu übernehmen, weil die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse nicht an einen regelwidrigen Körperzustand ihres Mitglieds anknüpfe, sondern an die ungewollte Kinderlosigkeit des Ehepaares und die daraus resultierende Notwendigkeit einer künstlichen Befruchtung.
Die Beklagte hat unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 03. März 2004 - IV ZR 25/03, NJW 2004,1658 - erwidert, dass in den Fällen, in denen die Ursache der Sterilität allein bei dem privat versicherten Ehepartner liege, dieser ohne weiteres gegenüber seiner privaten Versicherung nach dem dort geltenden Verursacherprinzip einen Anspruch auf volle Kostenübernahme geltend machen könne. Demgegenüber sei die gesetzliche Krankenversicherung in diesen Fällen nicht leistungspflichtig.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 12. April 2005 teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, entsprechend dem ab 1. Januar 2004 geltenden § 27a SGB V 50 v.H. der Kosten eines dritten - zu der Zeit noch nicht durchgeführten - Behandlungszyklus (einschließlich Medikamente) zu übernehmen. Im Übrigen hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass hinsichtlich der bereits durchgeführten ersten beiden Behandlungszyklen nur ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht komme, der jedoch daran scheitere, dass der Klägerin für die selbst beschafften Leistungen keine Kosten entstanden seien, weil die Beigeladene diese Kosten auf Grund der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 bezahlt habe. Daran vermöge auch der in der Vereinbarung geregelte Rückforderungsvorbehalt nichts zu ändern, weil eine Leistungspflicht der Beklagten hinsichtlich der bereits durchgeführten Behandlungszyklen nach der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 SGB V nicht bestehe.
Mit ihrer nach Zustellung des Urteils am 22. Juni 2005 am 21. Juli 2005 eingelegten Berufung trägt die Klägerin vor, dass ihr Kosten in Form einer bestehenden Verbindlichkeit entstanden seien, weil die Beigeladene nur unter einem Rückforderungsvorbehalt geleistet habe. Dies sei vergleichbar mit der Zwischenfinanzierung durch eine Bank. Die Beigeladene habe auch bereits mitgeteilt, dass sie von ihrem Rückforderungsvorbehalt Gebrauch machen wolle.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 12. April 2005 den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2003 in der Fassung vom 2. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die vom 26. Mai bis 12. Juni 2003 sowie vom 8. bis 18. Dezember 2003 durchgeführten Behandlungszyklen künstlicher Befruchtung zu erstatten, soweit diese durch extrakorporale Behandlungsmaßnahmen oder Maßnahmen unmittelbar an bzw. in ihrem Körper entstanden sind, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte sieht die Klägerin nicht beschwert und spricht ihr deshalb bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ab. Hier werde durch die Klägerin ein kostenloser Rechtsstreit für die Beigeladene geführt, der deren Verhältnis zur Beklagten betreffe. Im Übrigen habe die Beigeladene durch ihre Zahlungen ihre Pflichten aus dem Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin erfüllt.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Klägerin an.
Sie meint, dass Grundlage für ihre Zahlungen nicht der privatrechtliche Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin gewesen sei, sondern die Vereinbarung vom 22. Oktober 2003. Tatsächlich habe auch kein Aufwendungsersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin bestanden, weil ein solcher nur berechtigte Forderungen betreffen könne und die behandelnden Vertragsärzte nicht berechtigt gewesen seien, ohne Zustimmung der gesetzlich versicherten Klägerin privatärztlich zu liquidieren. Die Beigeladene mache von ihrem Rückforderungsvorbehalt Gebrauch. Sie habe zu einer Zeit, in der große rechtliche Unsicherheit bestanden habe, nämlich vor dem Ergehen der Entscheidungen des BGH vom 3. März 2004 und des BSG vom 22. März 2005 (s.u.), in einer Vielzahl von Fällen vergleichbarer Konstellation Eheleuten die Durchführung der notwendigen Behandlung ermöglicht. Die Suche nach Lösungen für eine Kostenbeteiligung der gesetzlichen Krankenkassen, insbesondere der Beklagten, in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, die auch der Präsident des Bundessozialgerichts in der Sitzung des dortigen 1. Senats vom 22. März 2005, zum Teil wiedergegeben in der diesbezüglichen Presseerklärung, dringend angeregt habe, sei bisher nicht erfolgreich gewesen. Es bestehe im Sinne einer Nichtleistungskondiktion ein Bereicherungsanspruch. Die Beklagte habe in sonstiger Weise die Befreiung von den Behandlungskosten erlangt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht im tenorierten Umfang abgewiesen. Zwar ist der Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis schon wegen ihrer Verpflichtung zur Klage in der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 nicht abzusprechen. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die vom 26. Mai bis 12. Juni 2003 sowie vom 8. bis 18. Dezember 2003 durchgeführten Behandlungszyklen künstlicher Befruchtung, soweit diese durch extrakorporale Behandlungsmaßnahmen oder Maßnahmen unmittelbar an bzw. in ihrem Körper entstanden sind.
Zwar war die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte mit Bescheid vom 19. Mai 2003, der unter dem 2. Juni 2003 lediglich ergänzt wurde und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2003 Gegenstand der Klage und der Berufung ist, vor Durchführung der Behandlungsmaßnahmen rechtswidrig, weshalb das Sozialgericht der Klage hinsichtlich der beantragten Kostenübernahme für den zu der Zeit noch nicht durchgeführten dritten Behandlungszyklus im Einklang mit den vom BSG in der Sitzung vom 22. März 2005 aufgestellten Grundsätzen (vgl. Urteil B 1 KR 11/03 R, NJW 2005, 2476, sowie die Pressemitteilung Nr. 16/05 zu den am selben Tag u.a. durch Vergleich beendeten Verfahren, insbesondere zur dortigen Nr. 5, deren Fallgestaltung der vorliegenden entsprach, mit den Ausführungen zur ergangenen Kostenentscheidung) auch stattgegeben hat.
Nach Durchführung der Maßnahmen kann die Klägerin jedoch nur die Erstattung entstandener Kosten bzw. die Freistellung von Verbindlichkeiten unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V verlangen. Diese liegen hingegen nicht vor.
Der Klägerin sind rückblickend keine Kosten für die selbst beschafften Leistungen entstanden, weil die Beigeladene als private Krankenversicherung ihres Ehemannes diese Kosten getragen hat. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob Grundlage für die Zahlung der Beigeladenen die Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 oder der private Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin war. Entscheidend ist allein, dass die Kosten für die Behandlung übernommen wurden.
Durch die zu Unrecht erfolgte Ablehnung der Leistung durch die Beklagte sind der Klägerin für die selbst beschafften Leistungen auch keine noch bestehenden Verbindlichkeiten erwachsen, von denen sie freizustellen wäre. Gegenüber dem behandelnden Arzt bestehen keine Verbindlichkeiten, weil diese durch Zahlung erfüllt wurden. Gegenüber der Beigeladenen bestehen keine Verbindlichkeiten, weil die Kostenübernahme auf Grund der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003 nur in dem Umfang unter einem Rückforderungsvorbehalt stand, in welchem die Beklagte zur Übernahme der Behandlungskosten vor dem Sozialgericht verpflichtet wird. Da eine solche Verpflichtung im Rahmen des Kostenerstattungsanspruchs für durchgeführte Behandlungsmaßnahmen aus vorgenannten Gründen nicht erfolgen kann, hat die Beigeladene auch keinen Rückforderungsanspruch gegen die Klägerin. Die Zahlungen der Beigeladenen sind entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mit dem Darlehen eines Dritten vergleichbar. Durch ein Darlehen wird eine unbedingte Verbindlichkeit begründet, durch die Zahlungen der Beigeladenen jedoch gerade nicht. Im Übrigen erfüllte die Beigeladene entgegen ihrer Auffassung durch die Zahlung nicht nur ihre Pflichten aus der Vereinbarung vom 22. Oktober 2003, sondern auch aus dem Versicherungsvertrag mit dem Ehemann der Klägerin. Durch die Zahlungen ersetzte sie Aufwendungen ihres Versicherten im Sinne von berechtigten Forderungen des behandelnden Arztes, der zwar im Verhältnis zur gesetzlich versicherten Klägerin nicht berechtigt war, privat zu liquidieren, sehr wohl jedoch im Verhältnis zum privat versicherten Ehemann der Klägerin, was nach der Entscheidung des BGH vom 3. März 2004 die gesamten an beiden Ehegatten und extrakorporal durchgeführten Behandlungsmaßnahmen umfasste.
Soweit die Beigeladene meint, dass im Sinne einer Nichtleistungskondiktion ein Bereicherungsanspruch bestehe, weil die Beklagte in sonstiger Weise die Befreiung von den Behandlungskosten erlangt habe, betrifft dies nicht das Verhältnis der Klägerin zur Beklagten, sondern allenfalls das Verhältnis der Beklagten zur Beigeladenen. Ein derartiger Anspruch wäre hingegen vor den Zivilgerichten geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung für in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallende Streitigkeiten. Die zu klärenden Fragen der Kostenlastverteilung bei Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung bei Eheleuten, die verschiedenen Krankenversicherungssystemen angehören, liegen nicht im Verhältnis der gesetzlichen Versicherten zu den gesetzlichen Krankenkassen, sondern im Ausgleichsverhältnis zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den privaten Krankenversicherungsunternehmen. Was zwischen gesetzlichen Sozialleistungsträgern durch die Vorschriften über Erstattungsansprüche in den §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch bzw. in Verwaltungsvereinbarungen geregelt wird, muss im Verhältnis zu privaten Krankenversicherungsunternehmen, wenn denn keine Teilungsabkommen zu Stande kommen, ggf. von den Zivilgerichten über das Bereicherungsrecht oder vom Gesetzgeber geregelt werden.
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