Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 426/99
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 16/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Januar 2003 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Gewährung von Verletztenrente unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung streitig.
Hinsichtlich des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Januar 2003 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei der Kläger in erheblichem Ausmaß u. a. gegenüber Dioxinen/Furanen exponiert gewesen, aber die Ursächlichkeit für die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen lasse sich nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf diese Exposition zurückführen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Er beziehe sich auf das positive Gutachten von Prof. Dr. Z. sowie den neuro-psychologischen Befundbericht der Diplompsychologin W ... Angesichts der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten neuen Studie von B1 et al habe sich das Sozialgericht zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen müssen. Der Umstand, dass er (der Kläger) zu dem am höchsten belasteten Personenkreis der bei B. Beschäftigten gehört habe, müsse sich in dem Umfang der gerichtlichen Ermittlungen widerspiegeln.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Januar 2003 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Enzephalopathie sowie einer Polyneuropathie als Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die sozialgerichtliche Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Im Erörterungstermin vom 31. August 2004 ist dem Kläger eine Frist zur Stellung eines Antrages gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gesetzt worden.
Nachdem der zuerst benannte Prof. Dr. B1 den Gutachtenauftrag zurückgesandt hatte, hat Prof. Dr. M. das Gutachten vom 16. Mai 2006 gemäß § 109 SGG erstattet. Darin kommt er zu dem Ergebnis, beim Kläger liege u. a. eine Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vor. Es bestehe eine GesamtMdE von 60 v.H. (speziell für die Befindlichkeitsstörungen und die Enzephalopathie bereits von 30 v. H.). Dabei lägen bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen durch Dioxin (BK 1310) vor: • Befindlichkeitsstörungen mit depressiven Gemütsverstimmungen, Beeinträchtigung der Vigilanz, Affektivität, Konzentration und vitalen Funktionen, darunter sexuelle Störungen • Bild der sich auch nuklearmedizinische darstellenden Enzephalopathie • Nervliche Störungen im Sinne der vorwiegend die Gefühlsbahnen und das vegetative System betreffenden Polyneuropathie • Abklingende Hautveränderungen einer minimalen Chlorakne (ohne messbare MdE) • Abklingende Leberfunktionsstörungen (ohne messbare MdE)
In seinem erneuten Gutachten vom 12. Oktober 2006 ist Dr. P. bei seiner Beurteilung geblieben, dass bei dem Kläger keine mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch eine berufliche Einwirkung u. a. von Dioxin verursachte Gesundheitsstörung vorliege. Dabei könne die Frage, ob Hautveränderungen oder eine Leberfunktionsstörung beruflich bedingt seien, dahinstehen, denn auch Prof. Dr. M. komme insoweit zu keiner messbaren MdE. Die entscheidenden Differenzen zum Gutachten M. lägen in der Zusammenhangsbewertung u. a. der psychischen Gesundheitsstörungen. Wie bereits im früheren Gutachten ausgeführt, sei kein Zusammenhang zwischen der Dioxin-Belastung und den geklagten Befindlichkeitsstörungen festzustellen. Gegen einen Kausalzusammenhang würde der Krankheitsverlauf als auch der Einfluss belastender Lebensereignisse – Erkrankung und Tod der Ehefrau und eigener Herzinfarkt – sprechen. In den ärztlichen Unterlagen seien bis zum Herzinfarkt im Jahre 1988 keinerlei psychische Auffälligkeiten dokumentiert. Die Beratungsstelle (und damit Prof. Dr. M.) habe der Kläger erst 1989 erstmals aufgesucht. Die bei der Untersuchung W. gefundenen emotionalen Veränderungen ließen sich im Zusammenhang mit den belastenden Lebensereignissen interpretieren. Bereits im April 2002 seien die Befindlichkeitsstörungen nicht mehr nachweisbar gewesen. Wenn jetzt dargelegt werde, der Kläger habe entsprechende Beschwerden bereits während der Tätigkeit bei der Firma B. gehabt, aber aus Angst vor beruflichen Konsequenzen keinem Arzt berichtet, überzeuge dies nicht, denn die behandelnden Ärzte hätten ohne Einverständnis des Kläger eine Weitergabe an den Betrieb nicht veranlassen dürfen. Auch die SPECT-Untersuchung aus dem Jahre 2003 belege keinen Ursachenzusammenhang, denn ihr Befund sei sowohl mit einer toxischen Enzephalopathie als auch mit einer degenerativen Erkrankung vereinbar. Ebenso blieben die Darlegungen, wonach das Auftreten klinischer Folgeerscheinungen nach Expositionsende möglich sei, hinsichtlich neurotoxischer Effekte – wie auch die weiteren beschriebenen möglichen Erklärungen bei Prof. Dr. M. - im Stadium theoretischer Vorstellungen.
Der Kläger hat einen Befangenheitsantrag gegen Dr. P. gestellt sowie schriftsätzlich hilfsweise beantragt, Prof. Dr. M. ergänzend zu den Ausführungen von Dr. P. zu hören und eine ergänzende schriftliche Stellungnahme einzuholen. Im mündlichen Verhandlungstermin vom 31. Oktober 2006 hat der Senat den Befangenheitsantrag zurückgewiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin im schriftlichen Verfahren nach Eingang einer weiteren schriftsätzlichen Stellungnahme des Klägers erklärt. In dieser Stellungnahme hat der Kläger seinen Antrag auf ergänzende Anhörung und ergänzende schriftliche Stellungnahme durch Prof. Dr. M. wiederholt.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Prozessakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte die Berichterstatterin an Stelle des Senats und im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 und § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 SGG).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden zu Recht u. a. die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt. Nach Überzeugung des Gerichts liegt bei dem Kläger keine Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vor. Die geltend gemachten Ansprüche scheitern daran, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der (Mit-)Ursächlichkeit der beruflich bedingten Dioxinexposition nicht festgestellt werden kann.
Streitgegenstand ist nur noch die Gewährung von Verletztenrente wegen gesundheitlicher Störungen als Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung. Im erstinstanzlichen Verfahren ist das Begehren des Klägers hierauf eingeschränkt worden. Damit ist der Bescheid vom 13. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 bestandskräftig geworden, soweit er das Vorliegen weiterer Berufskrankheiten (und damit diesbezügliche Leistungen) ablehnt (insbesondere hinsichtlich einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung(BKV)). Als gesundheitliche Störungen kommen eine Enzephalopathie, eine Polyneuropathie, eine Chlorakne und Leberfunktionsstörungen in Betracht. Die geklagten Befindlichkeitsstörungen sind keine eigenständige Erkrankung, sondern Symptome einer Enzephalopathie.
Auf den Rechtsstreit finden noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung, weil ein Versicherungsfall vor dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Verletztenrente (aufgrund eines Arbeitsunfalls) ist gemäß § 580 Abs. 1 i. V. m. § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO zu gewähren, wenn die unfallbedingte MdE über die 13. Woche hinaus nach dem Arbeitsunfall andauert und mindestens 20 v. H. beträgt.
Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine Berufskrankheit. Ein Anspruch auf Entschädigung der Folgen einer Berufskrankheit setzt das Vorliegen einer Berufskrankheit voraus (§§ 547, 551 Abs. 1 RVO). Berufskrankheiten sind die in der Anlage zur BKV aufgeführten Krankheiten, die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Dies bedeutet, dass die schädigende Einwirkung ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein (sog. haftungsbegründende Kausalität) und die schädigende Einwirkung die Krankheit wesentlich (mit-) verursacht haben muss (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Während die einzelnen Glieder dieser Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung, Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, genügt für den Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d. h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings reicht die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges nicht aus.
Als Berufskrankheiten gelten nach Nr. 1310 der Anlage zur BKV Erkrankungen durch halogenierte Ackyl-, Aryl- und Alkylaryloxide (unter anderem 2, 3, 7, 8-TCDD, sog. Dioxin).
Es kann unentschieden bleiben, ob "abklingende Hautveränderungen nach Chlorakne" sowie "abklingende Leberfunktionsstörungen" bei dem Kläger vorliegen, denn auch Prof. Dr. M., der als einziger medizinischer Gutachter diese Störungen bejaht, stellt eine aus ihnen folgenden MdE - aktuell oder für die Vergangenheit - nicht fest. Dr. G., der zwar eine Lebererkrankung diagnostiziert, ordnet ihr schon deswegen keine MdE zu, weil er einen Zusammenhang mit einer Belastung u. a. mit Dioxin verneint. Dr. K. kann Hautveränderungen im Sinne einer (stattgehabten) Chlorakne nicht finden und gibt keine MdE-Einschätzung ab. Daher sind diese Störungen für den geltend gemachten Verletztenrentenanspruch ohne Bedeutung.
Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der (Mit-)Ursächlichkeit der beruflich bedingten Dioxinexposition kann hinsichtlich der geltend gemachten Enzephalopathie schon deswegen nicht festgestellt werden, weil sich die geklagten Befindlichkeitsstörungen nicht ausreichend sicher auf eine Enzephalopathie zurückführen lassen. Das Vorliegen einer Enzephalopathie lässt sich deswegen nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. P. passen die vom Kläger angegebenen Symptome nicht nur zu einer Enzephalopathie, sondern auch zu anderen Erkrankungen wie beispielsweise einer depressiven oder einer Somatisierungsstörung. Weder die von W. durchgeführten Testverfahren noch die SPECT-Untersuchung können das Vorliegen einer Enzephalopathie beweisen. Das Gericht folgt mit Dr. P. nicht der von der allgemeinen Auffassung in der medizinischen Wissenschaft angedeuteten abweichenden Meinung des Gutachters Prof. Dr. M., die SPECT-Untersuchung habe einen Aussagewert für die Funktionsfähigkeit des Gehirns als Organ. Vielmehr lässt sich mit ihr allenfalls die Aktivität bestimmter Gehirnregionen im Moment der Untersuchung belegen. Damit lässt sie keine verlässliche Schlussfolgerung auf eine Hirnerkrankung zu. Mit den durchgeführten Tests kann nur ein Bild der vorliegenden (größtenteils vom Probanten angegebenen, für den Tester nicht sicher überprüfbaren) Befindlichkeitsstörungen und ggfs. den einzelnen Fähigkeiten (wie Gedächtnisleistung) gezeichnet werden. Sowohl Dr. L. als auch Dr. P. legen überzeugend dar, dass bei dem Kläger im Zeitpunkt des Auftretens der Befindlichkeitsstörungen besonders belastende Lebenssituationen vorlagen (eigene Herzerkrankung sowie Erkrankung und Tod der Ehefrau), welche solche psychischen Reaktionen vollständig erklären können, sowie ein Teil der Beschwerden (insbesondere der Schwindel und die Kopfschmerzen) wahrscheinlich durch das Herzkranzgefäßleiden (zusammen mit der Lipid- und der Zuckerstoffwechselstörung) des Klägers verursacht worden sei. Dabei ist von Bedeutung, dass psychische Auffälligkeiten erstmals nach dem Herzinfarkt des Klägers dokumentiert wurden. Demgegenüber kann nicht allein aufgrund der Behauptung des Klägers – ohne jeden Beleg – die Erkenntnis gewonnen werden, die Befindlichkeitsstörungen seien schon vor den belastenden Lebensereignissen eingetreten. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von der Möglichkeit zielgerichteter Angaben absieht, gibt der Kläger erstmals gegenüber Prof. Dr. M. im Jahre 1989 (oder 1994) an, seit 1975 Beschwerden zu haben. Angesichts der relativ geringfügigen Beeinträchtigung durch die Beschwerden ist schon zweifelhaft, ob der Kläger sich so weit zurück ausreichend sicher erinnern konnte. Außerdem fehlen insoweit zeitnahe konkrete Ausführungen zu Art und Umfang der Beschwerden. Sollte es sich anfangs lediglich um Kopfschmerzen und Schwindelgefühle gehandelt haben sollte, bliebe hierfür - selbst bei Unterstellung der Angaben als wahr - das Gefäßleiden als erklärender Verursacher. Allein der Hinweis, der Kläger habe wegen der Beschwerden keinen Arzt aufgesucht bzw. diesem von den Beschwerden nicht berichtet, weil er seinen Arbeitsplatz nicht habe gefährden wollen, ist nicht geeignet, die fehlenden Beschwerdeangaben gegenüber den behandelnden Ärzten zu erklären. Da sich die Beschwerden vollständig durch eine psychische Reaktion auf belastende Lebensumstände bzw. durch das Gefäßleiden erklären lassen, kann auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Mitverursachung festgestellt werden.
Das Gericht folgt weder der Auffassung von Prof. Dr. Z. noch von Prof. Dr. M., die beide das Vorliegen einer Enzephalopathie und ihre berufliche Verursachung bejahen. Prof. Dr. Z. gibt für seine Einschätzung keine nachvollziehbare Begründung an. Als wesentliches Argument für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs weist er auf den zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Beschwerden mit der beruflichen Tätigkeit hin. Dabei unterstellt er die Angabe des Klägers, seine Beschwerden seien bereits seit 1975 aufgetreten, trotz fehlender Dokumentation als zutreffend. Wie oben bereits dargelegt, geht das Gericht nicht davon aus, dass bereits zu diesem Zeitpunkt die später angegebenen Beschwerden vorlagen. Es überzeugt weiter nicht, dass Prof. Dr. Z. trotz der Feststellung eines auffälligen Persönlichkeitsprofils bei dem Kläger unter Hinweis auf ein im Charakter Dioxin-typisches Beschwerdebild den Ursachenzusammenhang bejaht. Dabei legt er schon nicht dar, ob sich in der Studie nur zufällig eine bestimmte Struktur der Befindlichkeitsstörungen darstellte oder, ob sie ein für den Einfluss von Dioxin charakteristisches Beschwerdebild belegt. Im Übrigen weist Dr. L. zu Recht darauf hin, dass die vom Kläger bei seiner Begutachtung im Jahre 1996 vorgebrachten Beschwerden sich nicht zum Vollbild der Befindlichkeitsstörungen, wie sie bei Dioxinexponierten häufig gefunden werden, verdichten. Dies bestätigt Dr. P. durch seine Darlegung, dass die Beschwerden bei dem Kläger nicht vollständig zu den Dioxin-typischen neurotoxischen Symptomen gehören. Prof. Dr. M. unterstellt ebenfalls einen zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Beschwerden mit der beruflichen Tätigkeit, indem er entsprechend den Angaben des Klägers von Beschwerden seit 1975 ausgeht. Auch er führt als Argument für einen Ursachenzusammenhang auf, dass die an sich unspezifischen Beschwerden bei B.mitarbeitern als Symptomenkomplex bemerkenswert häufig aufgetreten seien und Dioxin solche Beschwerden verursachen könne. Für die Begründung des Kausalzusammenhanges ist diese Darlegung jedenfalls dann nicht ausreichend, wenn es sich – wie hier – um in der Allgemeinbevölkerung stark verbreitete Beschwerden handelt und belastende Lebensumstände bzw. Erkrankungen bei dem Kläger vorliegen, die ebenfalls einen Ursachenzusammenhang begründen können.
Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der (Mit-)Ursächlichkeit der beruflich bedingten Dioxinexposition kann auch hinsichtlich der geltend gemachten Polyneuropathie nicht festgestellt werden. Prof. Dr. M., der als einziger Gutachter eine durch Dioxin verursachte Polyneuropathie bei dem Kläger annimmt, diskutiert diese Erkrankung und ihre Verursachung weder in seinem Gutachten noch in den vorhergehenden Stellungnahmen. Mit Dr. L. ist das Gericht der Auffassung, dass über viele Jahre bereits der Nachweis des Vorliegens einer Polyneuropathie fehlt. Dr. L. kann bei seiner Untersuchung im Jahre 1996 lediglich Kribbelerscheinungen in den Oberschenkeln durch mechanische Irritation feststellen. Obwohl Prof. Dr. Z. daneben noch einen geringgradigen Beschwerdeanteil im Sinne einer sensiblen Neuropathie annimmt, lehnt er einen Ursachenzusammenhang mit einer Dioxinexposition überzeugend deswegen ab, weil die Zuckerstoffwechselstörung des Klägers diese Symptome vollständig erklärt. Auch Dr. P. sieht die bei seiner Untersuchung inzwischen weiterentwickelten Beschwerden im Sinne einer beginnenden Polyneuropathie als vollständig durch den Diabetes mellitus erklärt an.
Für den Fall, dass der Kläger hilfsweise beantragen will, den Gutachter Prof. Dr. M. ergänzend zu dem Gutachten vom Dr. P. vom 12. Oktober 2006 zu hören und eine ergänzende schriftliche Stellungnahme einzuholen, gilt Folgendes: Soweit der Kläger eine ergänzende Anhörung und eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M. in seinem Schreiben vom 29. November 2006 anspricht, jedoch dies nicht als Hilfsantrag verstanden wissen will, ist bereits fraglich, ob es sich um einen Antrag oder eine bloße Anregung handeln soll. Wie mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Dezember 2006 – auf das der Kläger bis heute nicht reagiert hat – mitgeteilt, kann es sich dabei allenfalls um einen Hilfsantrag handeln. Wird – wie im letzten Schreiben des Klägers ausgeführt – dies nicht gewünscht, kann es sich nur um eine Anregung handeln. Im Übrigen ist der gleichlautende Antrag – als Hilfsantrag – bereits im Schreiben vom 29. Oktober 2006 gestellt worden. Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 2006 darauf hingewiesen hatte, dass er weder eine ergänzende Anhörung noch eine ergänzende Stellungnahme einzuholen beabsichtige, ist die Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch die Berichterstatterin erteilt worden. Damit stellt sich die Frage, ob der Antrag fallengelassen worden ist. Aber selbst unterstellt, es würde sich um einen (ordnungsgemäßen) Beweisantrag handeln, der entweder aufrechterhalten oder neu gestellt worden wäre, so wäre kein Anlass zur ergänzenden Anhörung und/oder der Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. M. ersichtlich. Der Kläger macht nicht deutlich, in welchen Punkten er weiteren Aufklärungsbedarf sieht bzw. welche Fragen offen geblieben seien. Nach Aktenlage gibt es hierfür ebenfalls keinen Anhalt. Dr. P. hat bereits in der ersten Instanz ein schriftliches Gutachten erstellt und ist in der mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2003 durch das Sozialgericht gehört worden. Prof. Dr. M. hat – nach mehreren Stellungnahmen im sozialgerichtlichen Verfahren – erst im Berufungsverfahren das Gutachten vom 16. Mai 2006 erstattet. Er konnte damit auf sämtliche von Dr. P. dargelegten Erwägungen eingehen und hat sich mit ihnen in seinem Gutachten auch auseinandergesetzt. Zwar ist Dr. P. im Berufungsverfahren erneut gutachtlich tätig geworden, ist aber bei seiner bisherigen Einschätzung geblieben und hat sich in weiten Teilen auf seine früheren Ausführungen bezogen. Daher ist bereits keine neue Gutachtenlage ersichtlich, zu der Prof. Dr. M. noch nicht hätte Stellung nehmen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Gewährung von Verletztenrente unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung streitig.
Hinsichtlich des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Januar 2003 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei der Kläger in erheblichem Ausmaß u. a. gegenüber Dioxinen/Furanen exponiert gewesen, aber die Ursächlichkeit für die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen lasse sich nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf diese Exposition zurückführen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Er beziehe sich auf das positive Gutachten von Prof. Dr. Z. sowie den neuro-psychologischen Befundbericht der Diplompsychologin W ... Angesichts der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten neuen Studie von B1 et al habe sich das Sozialgericht zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen müssen. Der Umstand, dass er (der Kläger) zu dem am höchsten belasteten Personenkreis der bei B. Beschäftigten gehört habe, müsse sich in dem Umfang der gerichtlichen Ermittlungen widerspiegeln.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Januar 2003 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Enzephalopathie sowie einer Polyneuropathie als Folgen einer Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die sozialgerichtliche Entscheidung sei nicht zu beanstanden.
Im Erörterungstermin vom 31. August 2004 ist dem Kläger eine Frist zur Stellung eines Antrages gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gesetzt worden.
Nachdem der zuerst benannte Prof. Dr. B1 den Gutachtenauftrag zurückgesandt hatte, hat Prof. Dr. M. das Gutachten vom 16. Mai 2006 gemäß § 109 SGG erstattet. Darin kommt er zu dem Ergebnis, beim Kläger liege u. a. eine Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung vor. Es bestehe eine GesamtMdE von 60 v.H. (speziell für die Befindlichkeitsstörungen und die Enzephalopathie bereits von 30 v. H.). Dabei lägen bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen durch Dioxin (BK 1310) vor: • Befindlichkeitsstörungen mit depressiven Gemütsverstimmungen, Beeinträchtigung der Vigilanz, Affektivität, Konzentration und vitalen Funktionen, darunter sexuelle Störungen • Bild der sich auch nuklearmedizinische darstellenden Enzephalopathie • Nervliche Störungen im Sinne der vorwiegend die Gefühlsbahnen und das vegetative System betreffenden Polyneuropathie • Abklingende Hautveränderungen einer minimalen Chlorakne (ohne messbare MdE) • Abklingende Leberfunktionsstörungen (ohne messbare MdE)
In seinem erneuten Gutachten vom 12. Oktober 2006 ist Dr. P. bei seiner Beurteilung geblieben, dass bei dem Kläger keine mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch eine berufliche Einwirkung u. a. von Dioxin verursachte Gesundheitsstörung vorliege. Dabei könne die Frage, ob Hautveränderungen oder eine Leberfunktionsstörung beruflich bedingt seien, dahinstehen, denn auch Prof. Dr. M. komme insoweit zu keiner messbaren MdE. Die entscheidenden Differenzen zum Gutachten M. lägen in der Zusammenhangsbewertung u. a. der psychischen Gesundheitsstörungen. Wie bereits im früheren Gutachten ausgeführt, sei kein Zusammenhang zwischen der Dioxin-Belastung und den geklagten Befindlichkeitsstörungen festzustellen. Gegen einen Kausalzusammenhang würde der Krankheitsverlauf als auch der Einfluss belastender Lebensereignisse – Erkrankung und Tod der Ehefrau und eigener Herzinfarkt – sprechen. In den ärztlichen Unterlagen seien bis zum Herzinfarkt im Jahre 1988 keinerlei psychische Auffälligkeiten dokumentiert. Die Beratungsstelle (und damit Prof. Dr. M.) habe der Kläger erst 1989 erstmals aufgesucht. Die bei der Untersuchung W. gefundenen emotionalen Veränderungen ließen sich im Zusammenhang mit den belastenden Lebensereignissen interpretieren. Bereits im April 2002 seien die Befindlichkeitsstörungen nicht mehr nachweisbar gewesen. Wenn jetzt dargelegt werde, der Kläger habe entsprechende Beschwerden bereits während der Tätigkeit bei der Firma B. gehabt, aber aus Angst vor beruflichen Konsequenzen keinem Arzt berichtet, überzeuge dies nicht, denn die behandelnden Ärzte hätten ohne Einverständnis des Kläger eine Weitergabe an den Betrieb nicht veranlassen dürfen. Auch die SPECT-Untersuchung aus dem Jahre 2003 belege keinen Ursachenzusammenhang, denn ihr Befund sei sowohl mit einer toxischen Enzephalopathie als auch mit einer degenerativen Erkrankung vereinbar. Ebenso blieben die Darlegungen, wonach das Auftreten klinischer Folgeerscheinungen nach Expositionsende möglich sei, hinsichtlich neurotoxischer Effekte – wie auch die weiteren beschriebenen möglichen Erklärungen bei Prof. Dr. M. - im Stadium theoretischer Vorstellungen.
Der Kläger hat einen Befangenheitsantrag gegen Dr. P. gestellt sowie schriftsätzlich hilfsweise beantragt, Prof. Dr. M. ergänzend zu den Ausführungen von Dr. P. zu hören und eine ergänzende schriftliche Stellungnahme einzuholen. Im mündlichen Verhandlungstermin vom 31. Oktober 2006 hat der Senat den Befangenheitsantrag zurückgewiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin im schriftlichen Verfahren nach Eingang einer weiteren schriftsätzlichen Stellungnahme des Klägers erklärt. In dieser Stellungnahme hat der Kläger seinen Antrag auf ergänzende Anhörung und ergänzende schriftliche Stellungnahme durch Prof. Dr. M. wiederholt.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Prozessakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Über die Berufung konnte die Berichterstatterin an Stelle des Senats und im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 und § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 SGG).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Entscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden zu Recht u. a. die Gewährung von Verletztenrente abgelehnt. Nach Überzeugung des Gerichts liegt bei dem Kläger keine Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vor. Die geltend gemachten Ansprüche scheitern daran, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der (Mit-)Ursächlichkeit der beruflich bedingten Dioxinexposition nicht festgestellt werden kann.
Streitgegenstand ist nur noch die Gewährung von Verletztenrente wegen gesundheitlicher Störungen als Folge einer Berufskrankheit nach Nr. 1310 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung. Im erstinstanzlichen Verfahren ist das Begehren des Klägers hierauf eingeschränkt worden. Damit ist der Bescheid vom 13. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1999 bestandskräftig geworden, soweit er das Vorliegen weiterer Berufskrankheiten (und damit diesbezügliche Leistungen) ablehnt (insbesondere hinsichtlich einer Berufskrankheit nach Nr. 1302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung(BKV)). Als gesundheitliche Störungen kommen eine Enzephalopathie, eine Polyneuropathie, eine Chlorakne und Leberfunktionsstörungen in Betracht. Die geklagten Befindlichkeitsstörungen sind keine eigenständige Erkrankung, sondern Symptome einer Enzephalopathie.
Auf den Rechtsstreit finden noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) Anwendung, weil ein Versicherungsfall vor dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Verletztenrente (aufgrund eines Arbeitsunfalls) ist gemäß § 580 Abs. 1 i. V. m. § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO zu gewähren, wenn die unfallbedingte MdE über die 13. Woche hinaus nach dem Arbeitsunfall andauert und mindestens 20 v. H. beträgt.
Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine Berufskrankheit. Ein Anspruch auf Entschädigung der Folgen einer Berufskrankheit setzt das Vorliegen einer Berufskrankheit voraus (§§ 547, 551 Abs. 1 RVO). Berufskrankheiten sind die in der Anlage zur BKV aufgeführten Krankheiten, die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Dies bedeutet, dass die schädigende Einwirkung ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein (sog. haftungsbegründende Kausalität) und die schädigende Einwirkung die Krankheit wesentlich (mit-) verursacht haben muss (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Während die einzelnen Glieder dieser Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung, Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, genügt für den Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d. h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings reicht die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges nicht aus.
Als Berufskrankheiten gelten nach Nr. 1310 der Anlage zur BKV Erkrankungen durch halogenierte Ackyl-, Aryl- und Alkylaryloxide (unter anderem 2, 3, 7, 8-TCDD, sog. Dioxin).
Es kann unentschieden bleiben, ob "abklingende Hautveränderungen nach Chlorakne" sowie "abklingende Leberfunktionsstörungen" bei dem Kläger vorliegen, denn auch Prof. Dr. M., der als einziger medizinischer Gutachter diese Störungen bejaht, stellt eine aus ihnen folgenden MdE - aktuell oder für die Vergangenheit - nicht fest. Dr. G., der zwar eine Lebererkrankung diagnostiziert, ordnet ihr schon deswegen keine MdE zu, weil er einen Zusammenhang mit einer Belastung u. a. mit Dioxin verneint. Dr. K. kann Hautveränderungen im Sinne einer (stattgehabten) Chlorakne nicht finden und gibt keine MdE-Einschätzung ab. Daher sind diese Störungen für den geltend gemachten Verletztenrentenanspruch ohne Bedeutung.
Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der (Mit-)Ursächlichkeit der beruflich bedingten Dioxinexposition kann hinsichtlich der geltend gemachten Enzephalopathie schon deswegen nicht festgestellt werden, weil sich die geklagten Befindlichkeitsstörungen nicht ausreichend sicher auf eine Enzephalopathie zurückführen lassen. Das Vorliegen einer Enzephalopathie lässt sich deswegen nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. P. passen die vom Kläger angegebenen Symptome nicht nur zu einer Enzephalopathie, sondern auch zu anderen Erkrankungen wie beispielsweise einer depressiven oder einer Somatisierungsstörung. Weder die von W. durchgeführten Testverfahren noch die SPECT-Untersuchung können das Vorliegen einer Enzephalopathie beweisen. Das Gericht folgt mit Dr. P. nicht der von der allgemeinen Auffassung in der medizinischen Wissenschaft angedeuteten abweichenden Meinung des Gutachters Prof. Dr. M., die SPECT-Untersuchung habe einen Aussagewert für die Funktionsfähigkeit des Gehirns als Organ. Vielmehr lässt sich mit ihr allenfalls die Aktivität bestimmter Gehirnregionen im Moment der Untersuchung belegen. Damit lässt sie keine verlässliche Schlussfolgerung auf eine Hirnerkrankung zu. Mit den durchgeführten Tests kann nur ein Bild der vorliegenden (größtenteils vom Probanten angegebenen, für den Tester nicht sicher überprüfbaren) Befindlichkeitsstörungen und ggfs. den einzelnen Fähigkeiten (wie Gedächtnisleistung) gezeichnet werden. Sowohl Dr. L. als auch Dr. P. legen überzeugend dar, dass bei dem Kläger im Zeitpunkt des Auftretens der Befindlichkeitsstörungen besonders belastende Lebenssituationen vorlagen (eigene Herzerkrankung sowie Erkrankung und Tod der Ehefrau), welche solche psychischen Reaktionen vollständig erklären können, sowie ein Teil der Beschwerden (insbesondere der Schwindel und die Kopfschmerzen) wahrscheinlich durch das Herzkranzgefäßleiden (zusammen mit der Lipid- und der Zuckerstoffwechselstörung) des Klägers verursacht worden sei. Dabei ist von Bedeutung, dass psychische Auffälligkeiten erstmals nach dem Herzinfarkt des Klägers dokumentiert wurden. Demgegenüber kann nicht allein aufgrund der Behauptung des Klägers – ohne jeden Beleg – die Erkenntnis gewonnen werden, die Befindlichkeitsstörungen seien schon vor den belastenden Lebensereignissen eingetreten. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von der Möglichkeit zielgerichteter Angaben absieht, gibt der Kläger erstmals gegenüber Prof. Dr. M. im Jahre 1989 (oder 1994) an, seit 1975 Beschwerden zu haben. Angesichts der relativ geringfügigen Beeinträchtigung durch die Beschwerden ist schon zweifelhaft, ob der Kläger sich so weit zurück ausreichend sicher erinnern konnte. Außerdem fehlen insoweit zeitnahe konkrete Ausführungen zu Art und Umfang der Beschwerden. Sollte es sich anfangs lediglich um Kopfschmerzen und Schwindelgefühle gehandelt haben sollte, bliebe hierfür - selbst bei Unterstellung der Angaben als wahr - das Gefäßleiden als erklärender Verursacher. Allein der Hinweis, der Kläger habe wegen der Beschwerden keinen Arzt aufgesucht bzw. diesem von den Beschwerden nicht berichtet, weil er seinen Arbeitsplatz nicht habe gefährden wollen, ist nicht geeignet, die fehlenden Beschwerdeangaben gegenüber den behandelnden Ärzten zu erklären. Da sich die Beschwerden vollständig durch eine psychische Reaktion auf belastende Lebensumstände bzw. durch das Gefäßleiden erklären lassen, kann auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Mitverursachung festgestellt werden.
Das Gericht folgt weder der Auffassung von Prof. Dr. Z. noch von Prof. Dr. M., die beide das Vorliegen einer Enzephalopathie und ihre berufliche Verursachung bejahen. Prof. Dr. Z. gibt für seine Einschätzung keine nachvollziehbare Begründung an. Als wesentliches Argument für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs weist er auf den zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Beschwerden mit der beruflichen Tätigkeit hin. Dabei unterstellt er die Angabe des Klägers, seine Beschwerden seien bereits seit 1975 aufgetreten, trotz fehlender Dokumentation als zutreffend. Wie oben bereits dargelegt, geht das Gericht nicht davon aus, dass bereits zu diesem Zeitpunkt die später angegebenen Beschwerden vorlagen. Es überzeugt weiter nicht, dass Prof. Dr. Z. trotz der Feststellung eines auffälligen Persönlichkeitsprofils bei dem Kläger unter Hinweis auf ein im Charakter Dioxin-typisches Beschwerdebild den Ursachenzusammenhang bejaht. Dabei legt er schon nicht dar, ob sich in der Studie nur zufällig eine bestimmte Struktur der Befindlichkeitsstörungen darstellte oder, ob sie ein für den Einfluss von Dioxin charakteristisches Beschwerdebild belegt. Im Übrigen weist Dr. L. zu Recht darauf hin, dass die vom Kläger bei seiner Begutachtung im Jahre 1996 vorgebrachten Beschwerden sich nicht zum Vollbild der Befindlichkeitsstörungen, wie sie bei Dioxinexponierten häufig gefunden werden, verdichten. Dies bestätigt Dr. P. durch seine Darlegung, dass die Beschwerden bei dem Kläger nicht vollständig zu den Dioxin-typischen neurotoxischen Symptomen gehören. Prof. Dr. M. unterstellt ebenfalls einen zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der Beschwerden mit der beruflichen Tätigkeit, indem er entsprechend den Angaben des Klägers von Beschwerden seit 1975 ausgeht. Auch er führt als Argument für einen Ursachenzusammenhang auf, dass die an sich unspezifischen Beschwerden bei B.mitarbeitern als Symptomenkomplex bemerkenswert häufig aufgetreten seien und Dioxin solche Beschwerden verursachen könne. Für die Begründung des Kausalzusammenhanges ist diese Darlegung jedenfalls dann nicht ausreichend, wenn es sich – wie hier – um in der Allgemeinbevölkerung stark verbreitete Beschwerden handelt und belastende Lebensumstände bzw. Erkrankungen bei dem Kläger vorliegen, die ebenfalls einen Ursachenzusammenhang begründen können.
Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der (Mit-)Ursächlichkeit der beruflich bedingten Dioxinexposition kann auch hinsichtlich der geltend gemachten Polyneuropathie nicht festgestellt werden. Prof. Dr. M., der als einziger Gutachter eine durch Dioxin verursachte Polyneuropathie bei dem Kläger annimmt, diskutiert diese Erkrankung und ihre Verursachung weder in seinem Gutachten noch in den vorhergehenden Stellungnahmen. Mit Dr. L. ist das Gericht der Auffassung, dass über viele Jahre bereits der Nachweis des Vorliegens einer Polyneuropathie fehlt. Dr. L. kann bei seiner Untersuchung im Jahre 1996 lediglich Kribbelerscheinungen in den Oberschenkeln durch mechanische Irritation feststellen. Obwohl Prof. Dr. Z. daneben noch einen geringgradigen Beschwerdeanteil im Sinne einer sensiblen Neuropathie annimmt, lehnt er einen Ursachenzusammenhang mit einer Dioxinexposition überzeugend deswegen ab, weil die Zuckerstoffwechselstörung des Klägers diese Symptome vollständig erklärt. Auch Dr. P. sieht die bei seiner Untersuchung inzwischen weiterentwickelten Beschwerden im Sinne einer beginnenden Polyneuropathie als vollständig durch den Diabetes mellitus erklärt an.
Für den Fall, dass der Kläger hilfsweise beantragen will, den Gutachter Prof. Dr. M. ergänzend zu dem Gutachten vom Dr. P. vom 12. Oktober 2006 zu hören und eine ergänzende schriftliche Stellungnahme einzuholen, gilt Folgendes: Soweit der Kläger eine ergänzende Anhörung und eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M. in seinem Schreiben vom 29. November 2006 anspricht, jedoch dies nicht als Hilfsantrag verstanden wissen will, ist bereits fraglich, ob es sich um einen Antrag oder eine bloße Anregung handeln soll. Wie mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Dezember 2006 – auf das der Kläger bis heute nicht reagiert hat – mitgeteilt, kann es sich dabei allenfalls um einen Hilfsantrag handeln. Wird – wie im letzten Schreiben des Klägers ausgeführt – dies nicht gewünscht, kann es sich nur um eine Anregung handeln. Im Übrigen ist der gleichlautende Antrag – als Hilfsantrag – bereits im Schreiben vom 29. Oktober 2006 gestellt worden. Nachdem der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 31. Oktober 2006 darauf hingewiesen hatte, dass er weder eine ergänzende Anhörung noch eine ergänzende Stellungnahme einzuholen beabsichtige, ist die Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch die Berichterstatterin erteilt worden. Damit stellt sich die Frage, ob der Antrag fallengelassen worden ist. Aber selbst unterstellt, es würde sich um einen (ordnungsgemäßen) Beweisantrag handeln, der entweder aufrechterhalten oder neu gestellt worden wäre, so wäre kein Anlass zur ergänzenden Anhörung und/oder der Einholung einer ergänzenden Stellungnahme von Prof. Dr. M. ersichtlich. Der Kläger macht nicht deutlich, in welchen Punkten er weiteren Aufklärungsbedarf sieht bzw. welche Fragen offen geblieben seien. Nach Aktenlage gibt es hierfür ebenfalls keinen Anhalt. Dr. P. hat bereits in der ersten Instanz ein schriftliches Gutachten erstellt und ist in der mündlichen Verhandlung am 22. Januar 2003 durch das Sozialgericht gehört worden. Prof. Dr. M. hat – nach mehreren Stellungnahmen im sozialgerichtlichen Verfahren – erst im Berufungsverfahren das Gutachten vom 16. Mai 2006 erstattet. Er konnte damit auf sämtliche von Dr. P. dargelegten Erwägungen eingehen und hat sich mit ihnen in seinem Gutachten auch auseinandergesetzt. Zwar ist Dr. P. im Berufungsverfahren erneut gutachtlich tätig geworden, ist aber bei seiner bisherigen Einschätzung geblieben und hat sich in weiten Teilen auf seine früheren Ausführungen bezogen. Daher ist bereits keine neue Gutachtenlage ersichtlich, zu der Prof. Dr. M. noch nicht hätte Stellung nehmen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
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