Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 26 RJ 1162/01
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 161/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist der Anspruch des Klägers auf die Einstufung von polnischen Beitragszeiten in höhere Qualifikationsgruppen.
Der am XX.XXXXXX 1949 geborene Kläger war vom 1. Juni 1971 bis 31. August 1988 in Polen im Finanzamt tätig und mit dem Einnehmen von Steuerschulden befasst. Am 22. September 1988 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wurde als Vertriebener anerkannt und erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft.
Durch Bescheid vom 12. Januar 2001 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die im Versicherungsverlauf des Klägers enthaltenen Daten fest. Dabei stufte sie die vom 1. Juni 1971 bis 31. August 1988 in Polen zurückgelegten Beitragszeiten durchgängig in die Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI (angelernte und ungelernte Tätigkeiten) ein und ordnete sie dem Bereich 20 der Anlage 14 zum SGB VI zu. Den gegen die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 5 fristgerecht erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. September 2001 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 15. Oktober 2001 erhobene Klage. Im Klagverfahren hat das Sozialgericht Ermittlungen zur Erwerbsbiographie des Klägers durchgeführt. In Ansehung der Ermittlungsergebnisse erkannte die Beklagte die Einstufung der Beitragszeiten des Klägers ab 1. August 1975 in die Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) an. Der Kläger hielt daran fest, dass seine Beitragszeiten vom 1. Juni 1971 bis 31. August 1988 in die Qualifikationsgruppe 3 (Meister) einzustufen seien.
Das Sozialgericht hat durch Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 22. Juli 2005 die Beklagte gemäß ihrem Teilanerkenntnis verurteilt, die Beitragszeiten des Klägers von August 1975 bis einschließlich August 1988 nach der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI anzurechnen und hat die mit der Klage angegriffenen Bescheide entsprechend abgeändert. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für die Zeit vor dem 1. August 1975 lägen nur die Voraussetzungen der Einstufung in die Qualifikationsgruppe 5 vor, für die Zeit ab dem 1. August 1975 lägen die Voraussetzungen für eine höhere Einstufung als in die Qualifikationsgruppe 4 nicht vor. Die Beklagte setzte das Teilanerkenntnisurteil durch Bescheid vom 30. August 2005 um.
Gegen das am 17. August 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. September 2005 Berufung eingelegt. Mit dieser wird die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch das Sozialgericht insoweit angegriffen, als die Zeit der Tätigkeit des Klägers im Finanzamt in G. schon von Beginn an ab 1. September 1973 in die Qualifikationsgruppe 4 einzustufen sei. Zudem sei er in Parallele zum Gang in der Arbeitswelt ab 1. Mai 1983 Meister gewesen und seien seine Beitragszeiten ab diesem Zeitpunkt in die Qualifikationsgruppe 3 einzustufen, weil er im Jahr 1983 eine weiterführende Ausbildung absolviert und die Prüfung bestanden habe und ab 1. Mai 1983 zum Oberfinanzeinnehmer ernannt worden sei. Das Gericht werde bei der Bewertung seiner Tätigkeiten insbesondere zu berücksichtigen haben, welche Stellung er innerhalb der Hierarchie seines Amts gehabt habe. Er habe ab 1. Mai 1983 infolge seiner Kenntnisse und seiner Erfahrung mehreren Personen Anweisungen geben können und nur dem Vizechef des Finanzamts, einem studierten Juristen, unterstanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Juli 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2001 und des Bescheids vom 30. August 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten des Klägers vom 1. September 1973 bis 31. Juli 1975 in die Qualifikationsgruppe 4 und vom 1. Mai 1983 bis 31. August 1988 in die Qualifikationsgruppe 3 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 vor dem 1. August 1975 komme nicht in Betracht, weil der Kläger ohne zuvor erworbene berufliche Qualifikation als Steuereinnehmer eingestellt worden sei. Auch gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger ab 1. Mai 1983 eine Tätigkeit ausgeübt habe, die der Qualifikationsgruppe 3 entspreche; er habe die Tätigkeit als Obersteuereinnehmer bereits seit dem 1. August 1975 ausgeübt. Zudem lasse die Bescheinigung des Finanzamts G. vom 31. Oktober 1983 nicht erkennen, dass der Kläger eine Fortbildungsmaßnahme absolviert habe, mit der eine Qualifikation entsprechend der eines Meisters erreicht worden sei.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht im tenorierten Umfang abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2001 und des Bescheids vom 30. August 2005, durch den das Teilanerkenntnisurteil umgesetzt worden ist, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf höhere Einstufung seiner polnischen Beitragszeiten.
Neue Tatsachen, die im Urteil des Sozialgerichts noch nicht gewürdigt worden waren, sind im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden. Die Berufung beschränkt sich darauf, die rechtliche Würdigung des Sozialgerichts anzugreifen. Diese erweist sich jedoch als zutreffend. Der Senat nimmt nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Zu Recht hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass der Ermittlung der Entgeltpunkte des Klägers für seine in Polen zurückgelegten Zeiten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz (FRG) in Verbindung mit dem sinngemäß anzuwendenden § 256b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI und den Anlagen 13 und 14 zum SGB VI fiktive und als versichert geltende Arbeitsverdienste zugrunde gelegt werden, die auf den Einkommensverhältnissen in der DDR basieren. Nach der Anlage 13 zum SGB VI, "Definition der Qualifikationsgruppen", sind Versicherte in eine der dort nachstehend beschriebenen fünf Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie - deren (formelle) Qualifikationsmerkmale erfüllen und - eine diesen Merkmalen entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen, wenn sie eine dem höheren Qualifikationsniveau entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (zur Auslegung der Anlage 13 siehe BSG 14.5.2003 – B 4 RA 26/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr. 1; BSG 24.7.2003 – B 4 RA 61/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr. 2; BSG 23.9.2003 – B 4 RA 48/02 R, n. v.).
Gemessen hieran kommt eine höhere Einstufung der durch den Kläger in Polen zurückgelegten Beitragszeiten nicht in Betracht. Soweit er die Einstufung der Zeit bereits vom 1. September 1973 an in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI begehrt, steht dem schon entgegen, dass er am 1. Juni 1971 eine Beschäftigung als Finanzeinnehmer im Finanzamt in S. aufgenommen hatte, ohne zuvor irgendeine berufliche Ausbildung erworben zu haben. Vielmehr hatte er bis zu diesem Zeitpunkt die Mittelschule besucht und vom 12. Oktober 1967 bis 31. Mai 1971 als Ungelernter im Krankenhaus in G., unterbrochen durch seinen Wehrdienst, gearbeitet. Zum 1. September 1973 wechselte der Kläger von S. zum Finanzamt in G ... Er selbst trägt vor, dass die ersten beiden Jahre in S. seiner Ausbildung dienten. Doch erst in G. absolvierte der Kläger im Jahr 1974 auch förmlich eine einjährige berufsbegleitende Ausbildung (Selbstbildungskurs im Bereich des Vollstreckungsverfahrens in der Verwaltung). Und erst am 30. April 1975 absolvierte er erfolgreich die Prüfung zu diesem Kurs. Ab 1. August 1975 ist ihm sodann der Posten eines Obersteuereinnehmers übertragen und er auf diesem eingesetzt worden. Für die Zeit schon von Beginn seiner Tätigkeit im Finanzamt G. ab 1. September 1973 bis zur Übertragung des Postens als Obersteuereinnehmer kommt eine Einstufung auf dem Niveau von Facharbeitertätigkeiten nicht in Betracht, weil der Kläger seine berufliche Ausbildung auch nach diesem Zeitpunkt erst noch berufsbegleitend erwarb und diese nicht schon mit Ende der Tätigkeit in S. abgeschlossen war, sondern der Kläger erst aufgrund der bis zum 30. April 1975 andauernden, erfolgreich abgeschlossenen berufsbegleitenden Ausbildung und seiner seit Beschäftigungsaufnahme gesammelten Berufserfahrung nach gut vier Jahren als Obersteuereinnehmer tätig werden durfte. Soweit er vorträgt, bereits ab 1. September 1973 mit Beginn seiner Tätigkeit in G. als Oberfinanzeinnehmer eingesetzt worden zu sein, fehlen hierfür Belege und sprechen die vorliegenden Unterlagen dagegen.
Anders, als es beim Kläger immer wieder klingt, ist seine Tätigkeit bis zum 31. Juli 1975 aber nicht als ungelernte Tätigkeit bewertet worden. Die Qualifikationsgruppe 5 umfasst vielmehr ungelernte und angelernte Tätigkeiten. Die einer Facharbeitertätigkeit vergleichbare berufliche Qualifikation hatte der Kläger in der Zeit bis zum 31. Juli 1975 weder durch einen Ausbildungsabschluss noch durch langjährige Berufserfahrung erworben.
Auch soweit der Kläger die Einstufung seiner Beitragszeit vom 1. Mai 1983 bis zum 31. August 1988 in die Qualifikationsgruppe 3 der Anlage 13 zum SGB VI begehrt, steht ihm ein Anspruch nicht zu Seite. Zum 1. Mai 1983 ist er zwar durch die Urkunde vom 19. Mai 1983 zum Oberfinanzeinnehmer in der Vollstreckungsabteilung im Finanzamt G. ernannt worden. Eine Änderung der verrichteten Tätigkeit war hiermit jedoch nach eigenen Angaben nicht verbunden. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen und ergibt sich dies auch aus den eingeholten Unterlagen, dass er von 1971 bis 1988 unverändert die mit seiner Tätigkeit als Finanz- und ab August 1975 als Oberfinanzeinnehmer verbundenen Aufgaben erfüllt hatte. Es waren ihm lediglich im Laufe der Zeit angesichts seiner wachsenden Berufserfahrung schwierigere Aufgabe zugemutet worden.
Auch neu erworbene, über Weiterbildungsmaßnahmen hinausgehende Qualifikationen – gemäß den vom Kläger vorgelegten Zeugenerklärungen nahmen die Mitarbeiter des Finanzamts praktisch in jedem Jahr teil an verschiedenen Schulungsarten – waren mit der Ernennung zum 1. Mai 1983 nicht verbunden. Vielmehr hatte der Kläger in den Monaten vor und nach der Ernennung – vom 12. Januar 1983 bis 27. Februar 1983 und vom 3. September 1983 bis 31. Oktober 1983 – eine Verwaltungsapplikation (Verwaltungsanwartschaft) absolviert. Diese stand wie die Ernennung im Zusammenhang mit dem Gesetz über Beamte in staatlichen Behörden vom 16. September 1982.
Es bestehen also schon keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch einen formellen höherwertigen Ausbildungsabschluss oder aufgrund langjähriger Berufserfahrung in einem höherwertigen Beruf die einem Meister – genauer: die materiell dem Niveau der Meisterausbildung im Sinne des Rechts der DDR – gleichzusetzende Qualifikation erlangt hatte. Vielmehr übte er ohne relevante inhaltliche Veränderung auch über den Zeitpunkt der Ernennung zum 1. Mai 1983 hinaus seine bisherige Tätigkeit im Finanzamt G. aus.
Dies stimmt überein mit dem, was das die Grundlage der Ernennung bildende "Gesetz über Beamte in staatlichen Behörden" vom 16. September 1982 regelte (siehe zum Folgenden Letowski, Grundprobleme des neuen Beamtenrechts in Polen, in: Die Verwaltung 1985, 375 ff.). Denn Ziel der mit diesem Gesetz verbundenen Beamtenrechtsreform war es, nicht den Inhalt, die Struktur sondern vielmehr den Stil der Verwaltung zu verändern. Durch dieses Gesetz war der Grundsatz der administrativen Ernennung von Beamten auf allen Ebenen eingeführt worden. Damit war das in Polen seinerzeit vieldiskutierte Problem des Rechtsstatus der Beamten zugunsten des Grundsatzes des einheitlichen Korps der Regierungsverwaltungsbeamten gelöst und war Tendenzen zu einer auf örtlicher Ebene autonomen Verwaltung begegnet worden. Der Ernennung schon bediensteter Beamter sollte eine "Applikation" (Probezeit) vorangehen, d. h. eine Zeit, in welcher der Bewerber um eine Ernennung überprüft werden sollte; diese Zeit konnte verkürzt werden.
Eben dies trifft nach seinem Vortrag und nach den Unterlagen auch auf den Kläger zu. Seine Ernennung zum 1. Mai 1983 knüpfte also an eine Rechtsänderung, nicht aber an eine höherwertige Ausbildung oder Tätigkeit an.
Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich Zwingendes für eine höhere Einstufung auch nicht aus seiner Stellung in der Verwaltungshierarchie ableiten. Wie eine Behörde personell besetzt und hierarchisch gegliedert ist, hängt von ihrer Aufgabenstellung und der ihrer einzelnen Mitarbeiter ab. Auch wenn der Kläger also nur seinem Amtsleiter, einem Akademiker, unterstand und weisungsbefugt gegenüber Mitarbeitern des Sekretariats (Vorgesetzter "gegenüber seinen Sekretärinnen") war, folgt hieraus nichts für die Bewertung seiner Qualifikation; die Verwaltungshierarchie bildet nicht die Reihung der Qualifikationsgruppen ab. Vielmehr legt seine Funktion als Oberfinanzeinnehmer von vornherein eine relativ selbständige Stellung des Klägers nahe. Dies lässt sich zwanglos mit seiner Einstufung auf Facharbeiterniveau vereinbaren.
Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe er für seine Tätigkeiten tatsächlich Verdienste erzielte. § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG regelt eigenständig, welche als versichert geltenden fiktiven Arbeitsverdienste der Ermittlung der Entgeltpunkte zugrunde zu legen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit ist der Anspruch des Klägers auf die Einstufung von polnischen Beitragszeiten in höhere Qualifikationsgruppen.
Der am XX.XXXXXX 1949 geborene Kläger war vom 1. Juni 1971 bis 31. August 1988 in Polen im Finanzamt tätig und mit dem Einnehmen von Steuerschulden befasst. Am 22. September 1988 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wurde als Vertriebener anerkannt und erhielt die deutsche Staatsbürgerschaft.
Durch Bescheid vom 12. Januar 2001 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die im Versicherungsverlauf des Klägers enthaltenen Daten fest. Dabei stufte sie die vom 1. Juni 1971 bis 31. August 1988 in Polen zurückgelegten Beitragszeiten durchgängig in die Qualifikationsgruppe 5 der Anlage 13 zum SGB VI (angelernte und ungelernte Tätigkeiten) ein und ordnete sie dem Bereich 20 der Anlage 14 zum SGB VI zu. Den gegen die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 5 fristgerecht erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. September 2001 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 15. Oktober 2001 erhobene Klage. Im Klagverfahren hat das Sozialgericht Ermittlungen zur Erwerbsbiographie des Klägers durchgeführt. In Ansehung der Ermittlungsergebnisse erkannte die Beklagte die Einstufung der Beitragszeiten des Klägers ab 1. August 1975 in die Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) an. Der Kläger hielt daran fest, dass seine Beitragszeiten vom 1. Juni 1971 bis 31. August 1988 in die Qualifikationsgruppe 3 (Meister) einzustufen seien.
Das Sozialgericht hat durch Teilanerkenntnis- und Endurteil vom 22. Juli 2005 die Beklagte gemäß ihrem Teilanerkenntnis verurteilt, die Beitragszeiten des Klägers von August 1975 bis einschließlich August 1988 nach der Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI anzurechnen und hat die mit der Klage angegriffenen Bescheide entsprechend abgeändert. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Für die Zeit vor dem 1. August 1975 lägen nur die Voraussetzungen der Einstufung in die Qualifikationsgruppe 5 vor, für die Zeit ab dem 1. August 1975 lägen die Voraussetzungen für eine höhere Einstufung als in die Qualifikationsgruppe 4 nicht vor. Die Beklagte setzte das Teilanerkenntnisurteil durch Bescheid vom 30. August 2005 um.
Gegen das am 17. August 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. September 2005 Berufung eingelegt. Mit dieser wird die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch das Sozialgericht insoweit angegriffen, als die Zeit der Tätigkeit des Klägers im Finanzamt in G. schon von Beginn an ab 1. September 1973 in die Qualifikationsgruppe 4 einzustufen sei. Zudem sei er in Parallele zum Gang in der Arbeitswelt ab 1. Mai 1983 Meister gewesen und seien seine Beitragszeiten ab diesem Zeitpunkt in die Qualifikationsgruppe 3 einzustufen, weil er im Jahr 1983 eine weiterführende Ausbildung absolviert und die Prüfung bestanden habe und ab 1. Mai 1983 zum Oberfinanzeinnehmer ernannt worden sei. Das Gericht werde bei der Bewertung seiner Tätigkeiten insbesondere zu berücksichtigen haben, welche Stellung er innerhalb der Hierarchie seines Amts gehabt habe. Er habe ab 1. Mai 1983 infolge seiner Kenntnisse und seiner Erfahrung mehreren Personen Anweisungen geben können und nur dem Vizechef des Finanzamts, einem studierten Juristen, unterstanden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Juli 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2001 und des Bescheids vom 30. August 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die in Polen zurückgelegten Beitragszeiten des Klägers vom 1. September 1973 bis 31. Juli 1975 in die Qualifikationsgruppe 4 und vom 1. Mai 1983 bis 31. August 1988 in die Qualifikationsgruppe 3 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, eine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 vor dem 1. August 1975 komme nicht in Betracht, weil der Kläger ohne zuvor erworbene berufliche Qualifikation als Steuereinnehmer eingestellt worden sei. Auch gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger ab 1. Mai 1983 eine Tätigkeit ausgeübt habe, die der Qualifikationsgruppe 3 entspreche; er habe die Tätigkeit als Obersteuereinnehmer bereits seit dem 1. August 1975 ausgeübt. Zudem lasse die Bescheinigung des Finanzamts G. vom 31. Oktober 1983 nicht erkennen, dass der Kläger eine Fortbildungsmaßnahme absolviert habe, mit der eine Qualifikation entsprechend der eines Meisters erreicht worden sei.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht im tenorierten Umfang abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2001 und des Bescheids vom 30. August 2005, durch den das Teilanerkenntnisurteil umgesetzt worden ist, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf höhere Einstufung seiner polnischen Beitragszeiten.
Neue Tatsachen, die im Urteil des Sozialgerichts noch nicht gewürdigt worden waren, sind im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden. Die Berufung beschränkt sich darauf, die rechtliche Würdigung des Sozialgerichts anzugreifen. Diese erweist sich jedoch als zutreffend. Der Senat nimmt nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab.
Zu Recht hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass der Ermittlung der Entgeltpunkte des Klägers für seine in Polen zurückgelegten Zeiten nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz (FRG) in Verbindung mit dem sinngemäß anzuwendenden § 256b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI und den Anlagen 13 und 14 zum SGB VI fiktive und als versichert geltende Arbeitsverdienste zugrunde gelegt werden, die auf den Einkommensverhältnissen in der DDR basieren. Nach der Anlage 13 zum SGB VI, "Definition der Qualifikationsgruppen", sind Versicherte in eine der dort nachstehend beschriebenen fünf Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie - deren (formelle) Qualifikationsmerkmale erfüllen und - eine diesen Merkmalen entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben. Haben Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sind sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen, wenn sie eine dem höheren Qualifikationsniveau entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (zur Auslegung der Anlage 13 siehe BSG 14.5.2003 – B 4 RA 26/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr. 1; BSG 24.7.2003 – B 4 RA 61/02 R, SozR 4-2600 § 256b Nr. 2; BSG 23.9.2003 – B 4 RA 48/02 R, n. v.).
Gemessen hieran kommt eine höhere Einstufung der durch den Kläger in Polen zurückgelegten Beitragszeiten nicht in Betracht. Soweit er die Einstufung der Zeit bereits vom 1. September 1973 an in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI begehrt, steht dem schon entgegen, dass er am 1. Juni 1971 eine Beschäftigung als Finanzeinnehmer im Finanzamt in S. aufgenommen hatte, ohne zuvor irgendeine berufliche Ausbildung erworben zu haben. Vielmehr hatte er bis zu diesem Zeitpunkt die Mittelschule besucht und vom 12. Oktober 1967 bis 31. Mai 1971 als Ungelernter im Krankenhaus in G., unterbrochen durch seinen Wehrdienst, gearbeitet. Zum 1. September 1973 wechselte der Kläger von S. zum Finanzamt in G ... Er selbst trägt vor, dass die ersten beiden Jahre in S. seiner Ausbildung dienten. Doch erst in G. absolvierte der Kläger im Jahr 1974 auch förmlich eine einjährige berufsbegleitende Ausbildung (Selbstbildungskurs im Bereich des Vollstreckungsverfahrens in der Verwaltung). Und erst am 30. April 1975 absolvierte er erfolgreich die Prüfung zu diesem Kurs. Ab 1. August 1975 ist ihm sodann der Posten eines Obersteuereinnehmers übertragen und er auf diesem eingesetzt worden. Für die Zeit schon von Beginn seiner Tätigkeit im Finanzamt G. ab 1. September 1973 bis zur Übertragung des Postens als Obersteuereinnehmer kommt eine Einstufung auf dem Niveau von Facharbeitertätigkeiten nicht in Betracht, weil der Kläger seine berufliche Ausbildung auch nach diesem Zeitpunkt erst noch berufsbegleitend erwarb und diese nicht schon mit Ende der Tätigkeit in S. abgeschlossen war, sondern der Kläger erst aufgrund der bis zum 30. April 1975 andauernden, erfolgreich abgeschlossenen berufsbegleitenden Ausbildung und seiner seit Beschäftigungsaufnahme gesammelten Berufserfahrung nach gut vier Jahren als Obersteuereinnehmer tätig werden durfte. Soweit er vorträgt, bereits ab 1. September 1973 mit Beginn seiner Tätigkeit in G. als Oberfinanzeinnehmer eingesetzt worden zu sein, fehlen hierfür Belege und sprechen die vorliegenden Unterlagen dagegen.
Anders, als es beim Kläger immer wieder klingt, ist seine Tätigkeit bis zum 31. Juli 1975 aber nicht als ungelernte Tätigkeit bewertet worden. Die Qualifikationsgruppe 5 umfasst vielmehr ungelernte und angelernte Tätigkeiten. Die einer Facharbeitertätigkeit vergleichbare berufliche Qualifikation hatte der Kläger in der Zeit bis zum 31. Juli 1975 weder durch einen Ausbildungsabschluss noch durch langjährige Berufserfahrung erworben.
Auch soweit der Kläger die Einstufung seiner Beitragszeit vom 1. Mai 1983 bis zum 31. August 1988 in die Qualifikationsgruppe 3 der Anlage 13 zum SGB VI begehrt, steht ihm ein Anspruch nicht zu Seite. Zum 1. Mai 1983 ist er zwar durch die Urkunde vom 19. Mai 1983 zum Oberfinanzeinnehmer in der Vollstreckungsabteilung im Finanzamt G. ernannt worden. Eine Änderung der verrichteten Tätigkeit war hiermit jedoch nach eigenen Angaben nicht verbunden. Vielmehr hat der Kläger vorgetragen und ergibt sich dies auch aus den eingeholten Unterlagen, dass er von 1971 bis 1988 unverändert die mit seiner Tätigkeit als Finanz- und ab August 1975 als Oberfinanzeinnehmer verbundenen Aufgaben erfüllt hatte. Es waren ihm lediglich im Laufe der Zeit angesichts seiner wachsenden Berufserfahrung schwierigere Aufgabe zugemutet worden.
Auch neu erworbene, über Weiterbildungsmaßnahmen hinausgehende Qualifikationen – gemäß den vom Kläger vorgelegten Zeugenerklärungen nahmen die Mitarbeiter des Finanzamts praktisch in jedem Jahr teil an verschiedenen Schulungsarten – waren mit der Ernennung zum 1. Mai 1983 nicht verbunden. Vielmehr hatte der Kläger in den Monaten vor und nach der Ernennung – vom 12. Januar 1983 bis 27. Februar 1983 und vom 3. September 1983 bis 31. Oktober 1983 – eine Verwaltungsapplikation (Verwaltungsanwartschaft) absolviert. Diese stand wie die Ernennung im Zusammenhang mit dem Gesetz über Beamte in staatlichen Behörden vom 16. September 1982.
Es bestehen also schon keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger durch einen formellen höherwertigen Ausbildungsabschluss oder aufgrund langjähriger Berufserfahrung in einem höherwertigen Beruf die einem Meister – genauer: die materiell dem Niveau der Meisterausbildung im Sinne des Rechts der DDR – gleichzusetzende Qualifikation erlangt hatte. Vielmehr übte er ohne relevante inhaltliche Veränderung auch über den Zeitpunkt der Ernennung zum 1. Mai 1983 hinaus seine bisherige Tätigkeit im Finanzamt G. aus.
Dies stimmt überein mit dem, was das die Grundlage der Ernennung bildende "Gesetz über Beamte in staatlichen Behörden" vom 16. September 1982 regelte (siehe zum Folgenden Letowski, Grundprobleme des neuen Beamtenrechts in Polen, in: Die Verwaltung 1985, 375 ff.). Denn Ziel der mit diesem Gesetz verbundenen Beamtenrechtsreform war es, nicht den Inhalt, die Struktur sondern vielmehr den Stil der Verwaltung zu verändern. Durch dieses Gesetz war der Grundsatz der administrativen Ernennung von Beamten auf allen Ebenen eingeführt worden. Damit war das in Polen seinerzeit vieldiskutierte Problem des Rechtsstatus der Beamten zugunsten des Grundsatzes des einheitlichen Korps der Regierungsverwaltungsbeamten gelöst und war Tendenzen zu einer auf örtlicher Ebene autonomen Verwaltung begegnet worden. Der Ernennung schon bediensteter Beamter sollte eine "Applikation" (Probezeit) vorangehen, d. h. eine Zeit, in welcher der Bewerber um eine Ernennung überprüft werden sollte; diese Zeit konnte verkürzt werden.
Eben dies trifft nach seinem Vortrag und nach den Unterlagen auch auf den Kläger zu. Seine Ernennung zum 1. Mai 1983 knüpfte also an eine Rechtsänderung, nicht aber an eine höherwertige Ausbildung oder Tätigkeit an.
Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich Zwingendes für eine höhere Einstufung auch nicht aus seiner Stellung in der Verwaltungshierarchie ableiten. Wie eine Behörde personell besetzt und hierarchisch gegliedert ist, hängt von ihrer Aufgabenstellung und der ihrer einzelnen Mitarbeiter ab. Auch wenn der Kläger also nur seinem Amtsleiter, einem Akademiker, unterstand und weisungsbefugt gegenüber Mitarbeitern des Sekretariats (Vorgesetzter "gegenüber seinen Sekretärinnen") war, folgt hieraus nichts für die Bewertung seiner Qualifikation; die Verwaltungshierarchie bildet nicht die Reihung der Qualifikationsgruppen ab. Vielmehr legt seine Funktion als Oberfinanzeinnehmer von vornherein eine relativ selbständige Stellung des Klägers nahe. Dies lässt sich zwanglos mit seiner Einstufung auf Facharbeiterniveau vereinbaren.
Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, in welcher Höhe er für seine Tätigkeiten tatsächlich Verdienste erzielte. § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG regelt eigenständig, welche als versichert geltenden fiktiven Arbeitsverdienste der Ermittlung der Entgeltpunkte zugrunde zu legen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
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