Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 21 KR 928/04
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 49/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Verpflichtung der 1941 geborenen, in Frankreich lebenden Klägerin zur Erstattung von Krankengeld.
In der Zeit vom 23. Februar 2002 bis 16. März 2002 und vom 9. April 2002 bis 20. August 2002 bezog die Klägerin von der Beklagten, bei der sie bis zum 31. Oktober 2002 gesetzlich krankenversichert war, Krankengeld in Höhe von insgesamt 5.096,88 EUR. Aufgrund eines Bewilligungsbescheides vom 7. Februar 2002 bezog die Klägerin auf ihren Antrag vom 27. November 2001 vom französischen Rentenversicherungsträger Caisse Régionale d’Assurance Vieillesse d’Alcace-Moselle (im Folgenden: CRAV) rückwirkend seit 1. Dezember 2001 eine Altersrente. Diese betrug ab 1. Januar 2002 171,70 EUR im Monat und wurde während des Krankengeldbezuges laufend ausgezahlt. In den Auszahlungsscheinen für Krankengeld der Beklagten gab die Klägerin mehrfach an, keine anderen Bezüge/Einkünfte einschließlich rentenähnlicher Leistungen, auch keine vergleichbaren Leistungen von einem ausländischen Träger, zu erhalten oder beantragt zu haben.
Durch Bescheid vom 23. September 2002 forderte die Beklagte von der Klägerin aufgrund ihres gleichzeitigen Bezuges einer französischen Altersrente das gezahlte Krankengeld in Höhe von 5.096,88 EUR zurück. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. April 2004 zurück.
Die Klägerin hat am 29. April 2004 Klage erhoben. Durch Gerichtsbescheid vom 22. November 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Beklagte für berechtigt gehalten, die Bescheide über die Bewilligung von Krankengeld zurückzunehmen und von der Klägerin eine Rückerstattung überzahlten Krankengeldes in Höhe von 5.096,88 EUR zu verlangen. Die Klägerin habe seit 1. Dezember 2001 in Frankreich eine Leistung beansprucht, die ihrer Art nach der Vollrente wegen Alters in Deutschland entspreche und den Anspruch auf gleichzeitigen Bezug von Krankengeld in vollem Umfang ausgeschlossen habe. Hierfür komme es auf die konkrete Höhe der in Frankreich bezogenen Rente nicht an. Auf den Bestand der Bewilligungsbescheide habe die Klägerin nicht vertrauen dürfen, da diese auf Angaben beruht hätten, die sie grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. Wegen des Sachverhalts bis zum Abschluss der ersten Instanz wird Bezug auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts genommen. Gegen den am 24. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20. Dezember 2006 Berufung eingelegt. Mit dieser trägt sie unter anderem vor, die angefochtenen Bescheide seien schon deshalb rechtswidrig, weil eine ausreichende Anhörung nicht stattgefunden habe und die Bescheide keine Ermessensausübung erkennen ließen. Der von der Beklagten und vom Sozialgericht angenommene Aufhebungstatbestand scheitere daran, dass die von ihr bezogene französische Rente, die in vergleichbarer Weise in Deutschland vom Gesetz nicht vorgesehen werde, mangels Lohnersatzfunktion einer deutschen Rente nicht vergleichbar sei und daher einen Krankengeldanspruch nicht auszuschließen vermöge. Im Übrigen habe sie zwar während des Krankengeldbezuges Kenntnis von der französischen Rente gehabt. Doch da sie neben deren Bezug einer Erwerbstätigkeit habe nachgehen können, habe sie kein Unrechtsbewusstsein dahingehend gehabt, dies sei im Falle des Bezuges von Krankengeld anders.
Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 3. Januar 2007,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 22. November 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 13. Februar 2007,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Zudem hat sie betont, da der Klägerin der Bezug der französischen Rente während des Krankengeldbezuges bekannt gewesen sei, habe es die mindeste Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten geboten, bei ihr nachzufragen, ob die Rente Krankengeldrelevanz entfalte. Dass die Klägerin hingegen ungeprüft auf den Auszahlungsscheinen angegeben habe, sie beziehe keine entsprechenden Renten, begründe zumindest den Vorwurf des grob fahrlässigen Handelns.
Die Beteiligten haben sich mit einer schriftlichen Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Berichterstatter mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung an Stelle des Senats nach § 124 Abs. 2 und § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Absatz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden kann, ist statthaft (§ 105 Abs. 2, §§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 ist rechtmäßig.
Die streitbefangene Rücknahme und Rückforderung findet ihre Rechtsgrundlage in § 45 und § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist und soweit das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig ist. Dies ist der Fall, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Die der Klägerin Krankengeld für die Zeit ab 23. Februar 2002 bewilligenden Bescheide der Beklagten sind begünstigende Verwaltungsakte. Sie durften von der Beklagten trotz ihrer Bestandskraft ganz mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, denn die Bewilligungen waren vollen Umfangs von Beginn an rechtswidrig. Dies folgt aus § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Nr. 1, Halbsatz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach entsteht für Versicherte, die Leistungen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer staatlichen Stelle im Ausland beziehen, die ihrer Art nach einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Vollrente wegen Alters aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, ein neuer Anspruch auf Krankengeld nach Beginn dieser Leistungen nicht mehr. Damit soll der Doppelbezug von Leistungen verhindert werden, die dem gleichen Zweck dienen, nämlich der Sicherung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage durch den Ersatz von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen. Der Rechtsanspruch, spätestens jedoch der bescheidmäßig festgestellte Rechtsanspruch auf eine Leistung im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 4 SGB V zieht den Ausschluss des Krankengeldes nach sich (zur Auslegung des Begriffs "Bezug" in § 50 Abs. 1 SGB V Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 50 Rn 32-36). Dabei hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V im Einzelfall zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann, wenn die Rente weiterarbeitender Rentner niedrig ist und deswegen ein Beschäftigungsverhältnis fortgesetzt oder aufgenommen wird (vgl. Höfler, in: Kasseler Kommentar, § 50 SGB V Rn. 5). Verfassungsrechtlich ist gegen diese eine Doppelversorgung mit Leistungen gleicher Zweckbestimmung verhindernde Regelung nichts zu erinnern (BSG 30.5.2006 – B 1 KR 14/05 R, juris).
Die der Klägerin durch Bescheid vom 7. Februar 2002 bewilligte und von ihr rückwirkend seit 1. Dezember 2001 und laufend ab März 2002 bezogene französische Rente ist eine Rente, die von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird und die ihrer Art nach der Vollrente wegen Alters aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist. Die CRAV, die die Rente bewilligte und zahlt, ist der Träger der regionalen Altersvorsorgekasse im allgemeinen System der Grundrente für das Département Mosel und das Elsass. Dieses Grundrentensystem wird ergänzt durch Altersrenten aus der Zusatzversicherung (ARRCO), aus der die Klägerin aufgrund des Bescheides vom 4. Februar 2003 ab 1. November 2002 eine Zusatzrente in Höhe von 187,87 EUR im Jahr bezieht. Für die Vergleichbarkeit kommt es darauf an, ob die französische Altersrente im allgemeinen System der Grundrente in ihrem Kerngehalt eine gleiche oder ähnliche Zielsetzung und Gestaltung wie eine deutsche Vollrente wegen Alters aufweist. Dazu gehört, dass ihr nicht von ihrer Funktion und ihren typischen Merkmalen her nur eine Teilsicherungsfunktion beizumessen ist; denn dann käme allenfalls die Anwendung von § 50 Abs. 2 Nr. 4 SGB V in Betracht. Die von der Klägerin bezogene französische Rente hat nach ihren prägenden Merkmalen wie die deutsche Vollrente wegen Alters volle Entgeltersatzfunktion. Sie wird auf Antrag jedem Versicherten nach Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt, wenn diese für mindestens ein Quartal Beiträge zum allgemeinen System der Grundversorgung eingezahlt haben (vgl. Meine Zeit in Frankreich – Arbeit und Rente europaweit, 2006, S. 9, hrsg. von Deutsche Rentenversicherung; abrufbar unter: www.deutsche-rentenversicherung.de).
Die volle Entgeltersatzfunktion der von der Klägerin bezogenen französischen Altersrente wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Klägerin vorliegend neben ihrem Bezug noch hat arbeiten können, ohne dass sich dies auf die Rentenhöhe auswirkte. Denn dies ist nicht ein Merkmal dieser Rente schlechthin, sondern trifft unter anderem nur für den Fall zu, dass neben dem Bezug der Altersrente eine Beschäftigung im Ausland (zum Beispiel in Deutschland) ausgeübt wird und nicht aufgrund dieser Beschäftigung eine Versicherung in Frankreich besteht (Meine Zeit in Frankreich – Arbeit und Rente europaweit, 2006, S. 15 f., hrsg. von Deutsche Rentenversicherung). So, wie bei der Regelaltersrente nach deutschem Recht, soll auch die von der Klägerin bezogene Rente von ihrer Funktion her lediglich ausgleichen, dass neben ihrem Bezug typischerweise nach altersbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein Erwerbseinkommen nicht mehr erzielt wird. Sie hat nicht nur Teilsicherungsfunktion in dem Sinne, dass typischerweise neben ihrem Bezug wegen eines nur teilweisen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben noch gearbeitet wird und sie daher von vornherein nur teilweise Erwerbseinkommen ersetzen soll. Wird aber neben ihrem Bezug weiter gearbeitet und Erwerbseinkommen erzielt, greift der Sinn und Zweck des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass weiterarbeitende Rentner keinen Anspruch auf Krankengeld bei Eintritt von Arbeitsunfähigkeit mehr haben sollen.
Bei der von der Klägerin bezogenen französischen Altersrente handelt es sich auch trotz ihrer geringen Höhe um eine Vollrente im Sinne des § 42 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch. Dort ist die Unterscheidung lediglich danach getroffen, ob eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Anspruch genommen wird. Die Klägerin hat ihre französische Altersrente nicht als Teilrente sondern in voller Höhe in Anspruch genommen; ausweislich des Rentenbescheids vom 7. Februar 2002 war ihr die Altersrente zum vollen Satz gewährt worden. Für die Abgrenzung zwischen Vollrente und Teilrente ist es vorliegend nicht erheblich, dass die Klägerin neben der Inanspruchnahme ihrer Rente als Vollrente einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnte, ohne dass sich dies auf die Rentenhöhe auswirkte. Insoweit geht es allein um die Anspruchsvoraussetzungen des französischen Rechts. Eine Vollrente wird dagegen nicht dadurch zur Teilrente oder einer Teilrente ihrer Art nach vergleichbar, weil nach ihren spezifischen Anspruchsvoraussetzungen eine Erwerbstätigkeit dem Anspruch auf die Rente in voller Höhe nicht schadet. Von vornherein nicht kommt es auf die konkrete Höhe der ausländischen Rente an. Diese ist auch bei § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 1 und 2 SGB V unerheblich, an die Nr. 4 anknüpft (Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 50 Rn. 21, 27). Die geringe konkrete Höhe hat vorliegend ihren Grund im Übrigen allein darin, dass die Klägerin in Frankreich nur für 49 Quartale Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt hat, und ist nicht etwa durch die Funktion der Rente bedingt. Würde die Klägerin eine entsprechend geringe Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bezogen haben, so gälte für sie mit Blick auf den durch § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestimmten Ausschluss von Krankengeld vorliegend nichts anderes.
Da mithin die französische Altersrente in Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 4 SGB V der Klägerin bereits bewilligt war, als die Beklagte ihr für die Zeit ab 23. Februar 2002 Krankengeld bewilligte, und von ihr auch während des Krankengeldbezuges tatsächlich bezogen wurde, waren die streitbefangenen Krankengeldbewilligungen der Beklagten nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V von Beginn an vollen Umfangs rechtswidrig. Aus § 50 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V folgt für die Klägerin nichts anderes. Denn dort sind jeweils Fälle erfasst, in denen während des Bezuges von Krankengeld die nachträgliche Bewilligung und Gewährung von Leistungen nach Satz 1 hinzutritt. Vorliegend aber bezog die Klägerin ihre durch Bescheid vom 7. Februar 2002 bewilligte französische Altersrente bereits, als die Beklagte ihr für die Zeit ab 23. Februar 2002 Krankengeld bewilligte.
Auf ein die dadurch veranlasste Aufhebung der Bewilligungen entgegenstehendes Vertrauen kann sich die Klägerin nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht berufen. Obgleich sie um ihren Antrag auf und Bezug von Rente bereits vor Beginn der Krankengeldzahlungen wusste, gab sie diesen wesentlichen Umstand gegenüber der Beklagten nicht an. Vielmehr gab sie in den Auszahlungsscheinen mehrfach unrichtig an, keine anderen Bezüge/Einkünfte einschließlich rentenähnlicher Leistungen, auch keine vergleichbaren Leistungen von einem ausländischen Träger, zu erhalten, und auch einen Rentenantrag – ggf. auch bei einem ausländischen Rentenversicherungsträger – nicht gestellt zu haben. Diese unrichtigen Angaben machte die Klägerin auch grob fahrlässig. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass sich die Fahrlässigkeit auch auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts – die Krankengeldbewilligungen – bezieht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vielmehr vor, wenn die Klägerin aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, dass ihre Angaben unrichtig sind. Dies ist hier schon deshalb der Fall, weil die Auszahlungsscheine den Antrag auf und den Bezug von – ggf. auch ausländischen – Rentenleistungen gezielt abfragten und insoweit auch nicht etwa aufgrund unklarer Formulierungen nicht zu verstehen waren oder falsch verstanden werden konnten. Dennoch verschwieg die Klägerin ihren Rentenantrag, den sie – nach einer Auskunft der CRAV vom 3. Dezember 2002 an die Beklagte auf deren Anfrage vom 26. November 2002 – am 27. November 2001 gestellt hatte, und ihre Renteneinkünfte. Unerheblich ist, wenn sie geglaubt haben sollte, diese Einkünfte wären für den Bezug von Krankengeld ohne Bedeutung. Angesichts der gezielten Abfrage in den Auszahlungsscheinen hätte sie erkennen können, dass die Relevanz der Renteneinkünfte für den Krankengeldbezug zumindest zweifelhaft sein könnte. Dass sie gleichwohl nicht einmal den Versuch unternommen hat, das zu tun, was jedem hätte einleuchten müssen, nämlich diese Frage mit der Beklagten zu klären, stützt die Zuschreibung von grober Fahrlässigkeit. Die Bewilligungen von Krankengeld durch die Beklagte beruhten auch auf diesen unrichtigen Angaben. Denn die Beklagte sah sich nicht veranlasst, zu prüfen, ob der Anspruch der Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB V ausgeschlossen war.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die angefochtene Aufhebung und Rückforderung nicht schon rechtswidrig wegen fehlender Anhörung (§§ 24, 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X). Denn zum einen war der Sachverhalt mit ihr ausweislich eines Gesprächsvermerks in der Verwaltungsakte der Beklagten bereits am 29. August 2002 mündlich erörtert worden und hatte die Klägerin geltend gemacht, es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sie die Rente habe angeben müssen. Und zum anderen hat die Klägerin jedenfalls im Widerspruchsverfahren die Möglichkeit zur Äußerung gehabt, nachdem der Bescheid vom 23. September 2002 bereits alle wesentlichen Tatsachen enthielt (vgl. zur Heilung durch das Widerspruchsverfahren Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, § 41 SGB X Rn. 16). Die Beklagte hat ausweislich des Widerspruchsbescheides die Äußerungen der Klägerin auch zur Kenntnis genommen und erwogen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen auch Ermessensfehler nicht vor. Hierbei ist zunächst in Rechnung zu stellen, dass maßgebliche Gesichtspunkte bereits im Rahmen der Vertrauensschutzprüfung des § 45 Abs. 2 SGB X Berücksichtigung gefunden haben und in Fällen der Unredlichkeit in Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ein Absehen von der Rücknahme im Ermessenswege fernliegt. Sodann ist zu beachten, dass die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt ist, die Ermessensausübung dahin zu überprüfen, ob die Verwaltung bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (vgl. Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, § 45 SGB X Rn. 53 f.). Die Beachtung weiterer Gesichtspunkte als der im Rahmen der Vertrauensschutzprüfung bereits berücksichtigten musste sich der Beklagten aber vorliegend nicht aufdrängen. Hierauf hat sie zu Recht in ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 2006 hingewiesen, in dem sie ihre Erwägungen noch einmal verdeutlicht hat.
Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung der Krankengeldbewilligungen ist die Klägerin im Umfang von 5.096,88 EUR zur Erstattung verpflichtet.
Weiterer Sachverhaltsermittlungen bedurfte es für die Entscheidung über die Berufung nicht. Die für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen erforderlichen Tatsachen sind bereits Bestandteil der Akte (Antragstellung auf die Altersrente und ihre Bewilligung) oder aus allgemein zugänglichen Quellen ersichtlich (Ausgestaltung der französischen Altersrente).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Verpflichtung der 1941 geborenen, in Frankreich lebenden Klägerin zur Erstattung von Krankengeld.
In der Zeit vom 23. Februar 2002 bis 16. März 2002 und vom 9. April 2002 bis 20. August 2002 bezog die Klägerin von der Beklagten, bei der sie bis zum 31. Oktober 2002 gesetzlich krankenversichert war, Krankengeld in Höhe von insgesamt 5.096,88 EUR. Aufgrund eines Bewilligungsbescheides vom 7. Februar 2002 bezog die Klägerin auf ihren Antrag vom 27. November 2001 vom französischen Rentenversicherungsträger Caisse Régionale d’Assurance Vieillesse d’Alcace-Moselle (im Folgenden: CRAV) rückwirkend seit 1. Dezember 2001 eine Altersrente. Diese betrug ab 1. Januar 2002 171,70 EUR im Monat und wurde während des Krankengeldbezuges laufend ausgezahlt. In den Auszahlungsscheinen für Krankengeld der Beklagten gab die Klägerin mehrfach an, keine anderen Bezüge/Einkünfte einschließlich rentenähnlicher Leistungen, auch keine vergleichbaren Leistungen von einem ausländischen Träger, zu erhalten oder beantragt zu haben.
Durch Bescheid vom 23. September 2002 forderte die Beklagte von der Klägerin aufgrund ihres gleichzeitigen Bezuges einer französischen Altersrente das gezahlte Krankengeld in Höhe von 5.096,88 EUR zurück. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. April 2004 zurück.
Die Klägerin hat am 29. April 2004 Klage erhoben. Durch Gerichtsbescheid vom 22. November 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Beklagte für berechtigt gehalten, die Bescheide über die Bewilligung von Krankengeld zurückzunehmen und von der Klägerin eine Rückerstattung überzahlten Krankengeldes in Höhe von 5.096,88 EUR zu verlangen. Die Klägerin habe seit 1. Dezember 2001 in Frankreich eine Leistung beansprucht, die ihrer Art nach der Vollrente wegen Alters in Deutschland entspreche und den Anspruch auf gleichzeitigen Bezug von Krankengeld in vollem Umfang ausgeschlossen habe. Hierfür komme es auf die konkrete Höhe der in Frankreich bezogenen Rente nicht an. Auf den Bestand der Bewilligungsbescheide habe die Klägerin nicht vertrauen dürfen, da diese auf Angaben beruht hätten, die sie grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. Wegen des Sachverhalts bis zum Abschluss der ersten Instanz wird Bezug auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts genommen. Gegen den am 24. November 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20. Dezember 2006 Berufung eingelegt. Mit dieser trägt sie unter anderem vor, die angefochtenen Bescheide seien schon deshalb rechtswidrig, weil eine ausreichende Anhörung nicht stattgefunden habe und die Bescheide keine Ermessensausübung erkennen ließen. Der von der Beklagten und vom Sozialgericht angenommene Aufhebungstatbestand scheitere daran, dass die von ihr bezogene französische Rente, die in vergleichbarer Weise in Deutschland vom Gesetz nicht vorgesehen werde, mangels Lohnersatzfunktion einer deutschen Rente nicht vergleichbar sei und daher einen Krankengeldanspruch nicht auszuschließen vermöge. Im Übrigen habe sie zwar während des Krankengeldbezuges Kenntnis von der französischen Rente gehabt. Doch da sie neben deren Bezug einer Erwerbstätigkeit habe nachgehen können, habe sie kein Unrechtsbewusstsein dahingehend gehabt, dies sei im Falle des Bezuges von Krankengeld anders.
Die Klägerin beantragt mit Schriftsatz vom 3. Januar 2007,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 22. November 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 13. Februar 2007,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Zudem hat sie betont, da der Klägerin der Bezug der französischen Rente während des Krankengeldbezuges bekannt gewesen sei, habe es die mindeste Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten geboten, bei ihr nachzufragen, ob die Rente Krankengeldrelevanz entfalte. Dass die Klägerin hingegen ungeprüft auf den Auszahlungsscheinen angegeben habe, sie beziehe keine entsprechenden Renten, begründe zumindest den Vorwurf des grob fahrlässigen Handelns.
Die Beteiligten haben sich mit einer schriftlichen Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Berichterstatter mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung an Stelle des Senats nach § 124 Abs. 2 und § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Absatz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden kann, ist statthaft (§ 105 Abs. 2, §§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2004 ist rechtmäßig.
Die streitbefangene Rücknahme und Rückforderung findet ihre Rechtsgrundlage in § 45 und § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist und soweit das Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes nicht schutzwürdig ist. Dies ist der Fall, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
Die der Klägerin Krankengeld für die Zeit ab 23. Februar 2002 bewilligenden Bescheide der Beklagten sind begünstigende Verwaltungsakte. Sie durften von der Beklagten trotz ihrer Bestandskraft ganz mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, denn die Bewilligungen waren vollen Umfangs von Beginn an rechtswidrig. Dies folgt aus § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Nr. 1, Halbsatz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Danach entsteht für Versicherte, die Leistungen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung oder einer staatlichen Stelle im Ausland beziehen, die ihrer Art nach einer Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Vollrente wegen Alters aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, ein neuer Anspruch auf Krankengeld nach Beginn dieser Leistungen nicht mehr. Damit soll der Doppelbezug von Leistungen verhindert werden, die dem gleichen Zweck dienen, nämlich der Sicherung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage durch den Ersatz von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen. Der Rechtsanspruch, spätestens jedoch der bescheidmäßig festgestellte Rechtsanspruch auf eine Leistung im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 4 SGB V zieht den Ausschluss des Krankengeldes nach sich (zur Auslegung des Begriffs "Bezug" in § 50 Abs. 1 SGB V Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 50 Rn 32-36). Dabei hat der Gesetzgeber in Kauf genommen, dass § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V im Einzelfall zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann, wenn die Rente weiterarbeitender Rentner niedrig ist und deswegen ein Beschäftigungsverhältnis fortgesetzt oder aufgenommen wird (vgl. Höfler, in: Kasseler Kommentar, § 50 SGB V Rn. 5). Verfassungsrechtlich ist gegen diese eine Doppelversorgung mit Leistungen gleicher Zweckbestimmung verhindernde Regelung nichts zu erinnern (BSG 30.5.2006 – B 1 KR 14/05 R, juris).
Die der Klägerin durch Bescheid vom 7. Februar 2002 bewilligte und von ihr rückwirkend seit 1. Dezember 2001 und laufend ab März 2002 bezogene französische Rente ist eine Rente, die von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wird und die ihrer Art nach der Vollrente wegen Alters aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar ist. Die CRAV, die die Rente bewilligte und zahlt, ist der Träger der regionalen Altersvorsorgekasse im allgemeinen System der Grundrente für das Département Mosel und das Elsass. Dieses Grundrentensystem wird ergänzt durch Altersrenten aus der Zusatzversicherung (ARRCO), aus der die Klägerin aufgrund des Bescheides vom 4. Februar 2003 ab 1. November 2002 eine Zusatzrente in Höhe von 187,87 EUR im Jahr bezieht. Für die Vergleichbarkeit kommt es darauf an, ob die französische Altersrente im allgemeinen System der Grundrente in ihrem Kerngehalt eine gleiche oder ähnliche Zielsetzung und Gestaltung wie eine deutsche Vollrente wegen Alters aufweist. Dazu gehört, dass ihr nicht von ihrer Funktion und ihren typischen Merkmalen her nur eine Teilsicherungsfunktion beizumessen ist; denn dann käme allenfalls die Anwendung von § 50 Abs. 2 Nr. 4 SGB V in Betracht. Die von der Klägerin bezogene französische Rente hat nach ihren prägenden Merkmalen wie die deutsche Vollrente wegen Alters volle Entgeltersatzfunktion. Sie wird auf Antrag jedem Versicherten nach Vollendung des 60. Lebensjahres gewährt, wenn diese für mindestens ein Quartal Beiträge zum allgemeinen System der Grundversorgung eingezahlt haben (vgl. Meine Zeit in Frankreich – Arbeit und Rente europaweit, 2006, S. 9, hrsg. von Deutsche Rentenversicherung; abrufbar unter: www.deutsche-rentenversicherung.de).
Die volle Entgeltersatzfunktion der von der Klägerin bezogenen französischen Altersrente wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Klägerin vorliegend neben ihrem Bezug noch hat arbeiten können, ohne dass sich dies auf die Rentenhöhe auswirkte. Denn dies ist nicht ein Merkmal dieser Rente schlechthin, sondern trifft unter anderem nur für den Fall zu, dass neben dem Bezug der Altersrente eine Beschäftigung im Ausland (zum Beispiel in Deutschland) ausgeübt wird und nicht aufgrund dieser Beschäftigung eine Versicherung in Frankreich besteht (Meine Zeit in Frankreich – Arbeit und Rente europaweit, 2006, S. 15 f., hrsg. von Deutsche Rentenversicherung). So, wie bei der Regelaltersrente nach deutschem Recht, soll auch die von der Klägerin bezogene Rente von ihrer Funktion her lediglich ausgleichen, dass neben ihrem Bezug typischerweise nach altersbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein Erwerbseinkommen nicht mehr erzielt wird. Sie hat nicht nur Teilsicherungsfunktion in dem Sinne, dass typischerweise neben ihrem Bezug wegen eines nur teilweisen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben noch gearbeitet wird und sie daher von vornherein nur teilweise Erwerbseinkommen ersetzen soll. Wird aber neben ihrem Bezug weiter gearbeitet und Erwerbseinkommen erzielt, greift der Sinn und Zweck des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass weiterarbeitende Rentner keinen Anspruch auf Krankengeld bei Eintritt von Arbeitsunfähigkeit mehr haben sollen.
Bei der von der Klägerin bezogenen französischen Altersrente handelt es sich auch trotz ihrer geringen Höhe um eine Vollrente im Sinne des § 42 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch. Dort ist die Unterscheidung lediglich danach getroffen, ob eine Rente wegen Alters in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente in Anspruch genommen wird. Die Klägerin hat ihre französische Altersrente nicht als Teilrente sondern in voller Höhe in Anspruch genommen; ausweislich des Rentenbescheids vom 7. Februar 2002 war ihr die Altersrente zum vollen Satz gewährt worden. Für die Abgrenzung zwischen Vollrente und Teilrente ist es vorliegend nicht erheblich, dass die Klägerin neben der Inanspruchnahme ihrer Rente als Vollrente einer Erwerbstätigkeit nachgehen konnte, ohne dass sich dies auf die Rentenhöhe auswirkte. Insoweit geht es allein um die Anspruchsvoraussetzungen des französischen Rechts. Eine Vollrente wird dagegen nicht dadurch zur Teilrente oder einer Teilrente ihrer Art nach vergleichbar, weil nach ihren spezifischen Anspruchsvoraussetzungen eine Erwerbstätigkeit dem Anspruch auf die Rente in voller Höhe nicht schadet. Von vornherein nicht kommt es auf die konkrete Höhe der ausländischen Rente an. Diese ist auch bei § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 1 und 2 SGB V unerheblich, an die Nr. 4 anknüpft (Noftz, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 50 Rn. 21, 27). Die geringe konkrete Höhe hat vorliegend ihren Grund im Übrigen allein darin, dass die Klägerin in Frankreich nur für 49 Quartale Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt hat, und ist nicht etwa durch die Funktion der Rente bedingt. Würde die Klägerin eine entsprechend geringe Altersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bezogen haben, so gälte für sie mit Blick auf den durch § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestimmten Ausschluss von Krankengeld vorliegend nichts anderes.
Da mithin die französische Altersrente in Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 4 SGB V der Klägerin bereits bewilligt war, als die Beklagte ihr für die Zeit ab 23. Februar 2002 Krankengeld bewilligte, und von ihr auch während des Krankengeldbezuges tatsächlich bezogen wurde, waren die streitbefangenen Krankengeldbewilligungen der Beklagten nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V von Beginn an vollen Umfangs rechtswidrig. Aus § 50 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V folgt für die Klägerin nichts anderes. Denn dort sind jeweils Fälle erfasst, in denen während des Bezuges von Krankengeld die nachträgliche Bewilligung und Gewährung von Leistungen nach Satz 1 hinzutritt. Vorliegend aber bezog die Klägerin ihre durch Bescheid vom 7. Februar 2002 bewilligte französische Altersrente bereits, als die Beklagte ihr für die Zeit ab 23. Februar 2002 Krankengeld bewilligte.
Auf ein die dadurch veranlasste Aufhebung der Bewilligungen entgegenstehendes Vertrauen kann sich die Klägerin nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht berufen. Obgleich sie um ihren Antrag auf und Bezug von Rente bereits vor Beginn der Krankengeldzahlungen wusste, gab sie diesen wesentlichen Umstand gegenüber der Beklagten nicht an. Vielmehr gab sie in den Auszahlungsscheinen mehrfach unrichtig an, keine anderen Bezüge/Einkünfte einschließlich rentenähnlicher Leistungen, auch keine vergleichbaren Leistungen von einem ausländischen Träger, zu erhalten, und auch einen Rentenantrag – ggf. auch bei einem ausländischen Rentenversicherungsträger – nicht gestellt zu haben. Diese unrichtigen Angaben machte die Klägerin auch grob fahrlässig. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass sich die Fahrlässigkeit auch auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts – die Krankengeldbewilligungen – bezieht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vielmehr vor, wenn die Klägerin aufgrund einfachster und ganz naheliegender Überlegungen hätte erkennen können, dass ihre Angaben unrichtig sind. Dies ist hier schon deshalb der Fall, weil die Auszahlungsscheine den Antrag auf und den Bezug von – ggf. auch ausländischen – Rentenleistungen gezielt abfragten und insoweit auch nicht etwa aufgrund unklarer Formulierungen nicht zu verstehen waren oder falsch verstanden werden konnten. Dennoch verschwieg die Klägerin ihren Rentenantrag, den sie – nach einer Auskunft der CRAV vom 3. Dezember 2002 an die Beklagte auf deren Anfrage vom 26. November 2002 – am 27. November 2001 gestellt hatte, und ihre Renteneinkünfte. Unerheblich ist, wenn sie geglaubt haben sollte, diese Einkünfte wären für den Bezug von Krankengeld ohne Bedeutung. Angesichts der gezielten Abfrage in den Auszahlungsscheinen hätte sie erkennen können, dass die Relevanz der Renteneinkünfte für den Krankengeldbezug zumindest zweifelhaft sein könnte. Dass sie gleichwohl nicht einmal den Versuch unternommen hat, das zu tun, was jedem hätte einleuchten müssen, nämlich diese Frage mit der Beklagten zu klären, stützt die Zuschreibung von grober Fahrlässigkeit. Die Bewilligungen von Krankengeld durch die Beklagte beruhten auch auf diesen unrichtigen Angaben. Denn die Beklagte sah sich nicht veranlasst, zu prüfen, ob der Anspruch der Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB V ausgeschlossen war.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die angefochtene Aufhebung und Rückforderung nicht schon rechtswidrig wegen fehlender Anhörung (§§ 24, 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 SGB X). Denn zum einen war der Sachverhalt mit ihr ausweislich eines Gesprächsvermerks in der Verwaltungsakte der Beklagten bereits am 29. August 2002 mündlich erörtert worden und hatte die Klägerin geltend gemacht, es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sie die Rente habe angeben müssen. Und zum anderen hat die Klägerin jedenfalls im Widerspruchsverfahren die Möglichkeit zur Äußerung gehabt, nachdem der Bescheid vom 23. September 2002 bereits alle wesentlichen Tatsachen enthielt (vgl. zur Heilung durch das Widerspruchsverfahren Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, § 41 SGB X Rn. 16). Die Beklagte hat ausweislich des Widerspruchsbescheides die Äußerungen der Klägerin auch zur Kenntnis genommen und erwogen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin liegen auch Ermessensfehler nicht vor. Hierbei ist zunächst in Rechnung zu stellen, dass maßgebliche Gesichtspunkte bereits im Rahmen der Vertrauensschutzprüfung des § 45 Abs. 2 SGB X Berücksichtigung gefunden haben und in Fällen der Unredlichkeit in Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ein Absehen von der Rücknahme im Ermessenswege fernliegt. Sodann ist zu beachten, dass die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt ist, die Ermessensausübung dahin zu überprüfen, ob die Verwaltung bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (vgl. Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, § 45 SGB X Rn. 53 f.). Die Beachtung weiterer Gesichtspunkte als der im Rahmen der Vertrauensschutzprüfung bereits berücksichtigten musste sich der Beklagten aber vorliegend nicht aufdrängen. Hierauf hat sie zu Recht in ihrem Schriftsatz vom 20. Juli 2006 hingewiesen, in dem sie ihre Erwägungen noch einmal verdeutlicht hat.
Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstatten. Aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung der Krankengeldbewilligungen ist die Klägerin im Umfang von 5.096,88 EUR zur Erstattung verpflichtet.
Weiterer Sachverhaltsermittlungen bedurfte es für die Entscheidung über die Berufung nicht. Die für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfragen erforderlichen Tatsachen sind bereits Bestandteil der Akte (Antragstellung auf die Altersrente und ihre Bewilligung) oder aus allgemein zugänglichen Quellen ersichtlich (Ausgestaltung der französischen Altersrente).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
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