Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 215/02
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 2/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Hinsichtlich des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2004 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV, weil die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nach den überzeugenden Ausführungen der Chirurgen M.-C./Dr. E., des Chirurgen/Orthopäden Dr. S. und des Orthopäden P. nicht Folge einer beruflichen Einwirkung seien. Der entgegenstehende Auffassung des Orthopäden/Chirurgen/Sozialmediziners Dr. B. könne nicht gefolgt werden, denn er stütze seine Beurteilung im Wesentlichen nur auf das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bereits der staatliche Gewerbearzt habe in seiner Stellungnahme die Annahme, dass die degenerativen Veränderungen der Gleitflächen in der zeitlichen Abfolge der Gelenkschäden an erster Stelle stünden, wegen fehlendem Literaturbeleg als Spekulation klassifiziert. Dennoch werde diese Behauptung auch im Gutachten P. wiederholt. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn P. behaupte, die Krankheitsmanifestation liege um das Jahr 1997 und zu diesem Zeitpunkt habe bereits eine deutliche mediale Gonarthrose bestanden, so dass von einer primären Meniskopathie nicht die Rede sein könne. 1997 sei bereits eine Meniskopathie festgestellt worden. Im Gegensatz zu der Einschätzung von P. habe die primäre Meniskopathie zur Gonarthrose geführt. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn das Sozialgericht der Aussage von P. kritiklos folge, während es die Ausführungen von Dr. B. als nicht überzeugend bezeichne und zu Unrecht nicht in die Beweiswürdigung einbeziehe. Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Klagabweisung durch das Sozialgericht für zutreffend. Sie habe im Verfahren vor dem Sozialgericht schriftsätzlich dargelegt, warum das Gutachten von Dr. B. nicht überzeugen könne. Dem sei das Sozialgericht gefolgt und habe seine Beweggründe in den Entscheidungsgründen des Urteils dargelegt.
Im Berufungsverfahren hat der Orthopäde Dr. N. nach Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 29. September 2006 ausgeführt, dass bei dem Kläger u. a. Gesundheitsstörungen der Kniee vorliegen. Es fänden sich Verschleißleiden beider Kniegelenke (sog. Gonarthrosen), jeweils das mediale und retropatellare Kompartiment betreffend mit degenerativer Hinterhornläsion des Innenmeniskus im Sinne einer sog. sekundären Meniskopathie. Diese Gesundheitsstörungen seien nicht durch die berufliche Tätigkeit verursacht. Gegenstand der BK 2102 sei die sog. primäre Meniskopathie, also der Verschleiß der Kniegelenke im Bereich des Meniskusgewebes, nicht hingegen die sog. sekundäre Meniskopathie, also Meniskusschäden im Rahmen einer allgemeinen Verschleißerkrankung des Gesamtgelenks. Ausgehend davon, dass – außer im Bergbaubereich – ein Anscheinsbeweis nicht gelte, sondern der Einzelfall zu prüfen sei, gelte für den Kläger folgendes: Die arbeitstechnischen Voraussetzungen lägen nach 41 Jahren Tätigkeit als Fliesenleger zweifelsfrei vor. Kniebeschwerden seien erstmals 1995 aufgetreten. 1997 habe sich im Röntgenbild als Hauptbefund eine beginnende Retropatellararthrose, also eine degenerative Veränderung an der Rückfläche der Kniescheibe, gezeigt. Im Jahre 2000 seien bei der arthroskopischen Operation in beiden Kniegelenken ein Riss des Innenmeniskus im Hinterhorn, ausgeprägte drittgradige Knorpelschäden femoropatellar, also im Gelenk zwischen Kniescheibenrückfläche und Oberschenkelrolle, und zweitgradige Knorpelschäden im inneren Gelenkspalt bei minimalen Knorpelschäden im äußeren Kompartiment und ein unauffälliger äußerer Meniskus festgestellt worden. Daran zeige sich, dass zum Zeitpunkt des degenerativen Innenmeniskushinterhornschadens ein Verschleißleiden im Kniegelenk bestanden habe (retropatellar und medial). Da die Verschleißveränderung des Gelenkanteils zwischen der Kniescheibenrückfläche und der Oberschenkelrolle, die im Rahmen des Gesamtprozesses am ausgeprägtesten gewesen sei, nicht sekundäre Folge eines primären Meniskopathie sein könne, spreche mehr für als gegen eine sekundäre Meniskopathie. Hinzu komme, dass nach 41 Jahren belastender Tätigkeit auch eine Veränderung am Außenmeniskus zu erwarten gewesen wäre. Weiter spreche gegen einen Kausalzusammenhang, dass Beschwerden erst im Alter von 55 Jahren aufgetreten seien, während in der Allgemeinbevölkerung solche ab dem 45. Lebensjahr zu erwarten seien (bei 76 %). Außerdem erreiche die Gesamtausprägung der Gesundheitsstörung lediglich den Grad I und es fehlten Funktionsstörungen. Da erst ab Grad II und bei Vorliegen von Funktionsstörungen beim Strecken oder Beugen eine Berufskrankheit zu bejahen sei, könne auch unter diesem Gesichtpunkt das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Berufskrankheit nicht festgestellt werden.
In seiner Stellungnahme zum Ergebnis des Gutachtens hat der Kläger vorgetragen, auch Dr. N. mache den vom Staatlichen Gewerbearzt kritisierten Fehler. Auch sein Gutachten sei daher spekulativ. Es sei äußerst bedenklich, dass Gutachter kritiklos eine sekundäre Meniskopathie behaupten könnten. Mal solle die Erkrankung im höheren Alter eingetreten sein (so Dr. N.), dann werde an anderer Stelle von einem niedrigen Alter gesprochen. Die stärkere Schädigung des Innenmeniskus gegenüber der des Außenmeniskus spreche schon nach den eigenen Darlegungen von Dr. N. zur Biomechanik nicht gegen eine primäre Meniskopathie. Auch die Dauer der beruflichen Belastung spreche für einen Kausalzusammenhang. Die von Dr. N. gezogenen Schlussfolgerungen verfolgten demgegenüber nur allzu deutlich das Ziel, den medizinischen Sachverhalt in eine bestimmte Richtung zu verdrehen.
Der Sachverständige Dr. N. ist in der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007 ergänzend gehört worden. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 16. Oktober 2007 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind weder formell noch materiell zu beanstanden.
Auf den Rechtsstreit finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Anwendung, weil der Versicherungsfall, der geltend gemacht wird, nach dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1997 eingetreten ist (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Der Anspruch auf Entschädigung setzt das Vorliegen einer Berufskrankheit voraus. Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Dies bedeutet, dass die schädigende Einwirkung ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein und die schädigende Einwirkung die Krankheit wesentlich (mit-) verursacht haben muss. Während die einzelnen Glieder dieser Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung, Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, genügt für den Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d. h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings reicht die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges nicht aus. Zu den Berufskrankheiten zählen nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auch der Senat hält die Ausführungen der Chirurgen M.-C./Dr. E., des Chirurgen/Orthopäden Dr. S. und des Orthopäden P. für überzeugend, während dem Gutachten von Dr. B. aus den vom Sozialgericht dargelegten Gründen nicht gefolgt werden kann.
Diese Einschätzung hat sich durch die weitere Beweiserhebung im Berufungsverfahren bestätigt. Der Senat folgt dabei den überzeugenden Ausführungen des Orthopäden Dr. N. in seinem schriftlichen Gutachten, ergänzt durch die Äußerungen im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007. Danach lassen sich überwiegende Gesichtspunkte für einen Ursachenzusammenhang zwischen den Veränderungen im Kniebereich und der ausgeübten beruflichen Tätigkeit nicht feststellen. Nach dem Auftreten von Beschwerden erstmals 1995 fand 1997 eine Röntgenuntersuchung statt. Bereits hier zeigte sich – und zwar sogar als Hauptbefund – eine beginnende Retropatellararthrose, also eine degenerative Veränderung an der Rückfläche der Kniescheibe. Dieser Befund wurde im Jahre 2000 bei der arthroskopischen Operation in beiden Kniegelenken bestätigt. Auch hier fand sich neben einem degenerativen Innenmeniskushinterhornschaden ein erhebliches Verschleißleiden im Kniegelenk, wobei diese Veränderungen auch im Gelenkanteil zwischen der Kniescheibenrückfläche und der Oberschenkelrolle vorhanden waren, wo sie aus anatomischen Gründen nicht Folge eines vorausgehenden degenerativen Meniskusschadens sein können. Der Senat hält daher den Schluss des Sachverständigen, dieser Umstand deute darauf, dass eher eine sekundäre Meniskopathie vorliege, für nachvollziehbar. Letztendlich kommt es darauf jedoch nicht an, sondern es reicht, dass die erhobenen Befunde jedenfalls den umgekehrten Schluss - nämlich dass die degenerative Schädigung im Meniskus begonnen und sich erst später auf andere Bereiche ausgebreitet habe, was Voraussetzung für die Annahme der primären Meniskopathie ist – nicht zu. Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass der Außenmeniskus lediglich altersentsprechende Veränderungen aufweist, gegen einen beruflichen Zusammenhang. Zwar müsste eine Schädigung am Außenmeniskus nicht das Ausmaß der Veränderungen am Innenmeniskus erreichen, weil dieser durch eine kniende Tätigkeit nicht im gleichen Maße belastet wird. Bei einem fortgeschrittenen, durch die berufliche Belastung bedingten Verschleiß des Innenmeniskus müssten jedoch auch am Außenmeniskus über das altersentsprechende Maß hinausgehende Veränderungen eintreten. Ebenfalls gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, dass bei dem Kläger kein vorzeitiger Verschleiß des Innenmeniskus vorliegt, denn bei ihm sind die Beschwerde erst im Alter von 55 Jahren aufgetreten, während bei 76% der Allgemeinbevölkerung Beschwerden bereits mit dem 45. Lebensjahr auftreten. Im Übrigen erreicht die Gesamtausprägung der Gesundheitsstörung bei dem Kläger lediglich den Grad I und es liegen keine Funktionsstörungen vor. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV sind jedoch erst bei Veränderungen des Grades II mit Funktionsstörungen erfüllt.
Entgegen der Auffassung des Klägers wird der geltend gemachte Anspruch nicht durch die Äußerung des staatlichen Gewerbearztes gestützt. Dieser vertritt in seiner Stellungnahme zwar die Auffassung, aus dem Vorliegen generalisierender Verschleißzeichen und dem Vorliegen von Verschleißanzeichen am Innenmeniskus könne nicht abgeleitet werden, welcher Verschleiß zuerst eingetreten sei. Darauf aufbauend lehnt er dennoch eine Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV ab. Dies ist konsequent. Wenn nämlich nicht festgestellt werden kann, welcher Verschleiß zuerst eingetreten ist, dann kann auch nicht festgestellt werden, dass der Meniskusverschleiß zuerst eingetreten sei. Voraussetzung für die streitige Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV ist – wie oben dargelegt – aber, dass mehr für als gegen eine primäre Meniskopathie (also dem Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes, nicht aber eines Meniskusverschleißes im Rahmen einer allgemeinen Verschleißerkrankung des Gesamtgelenks) spricht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Hinsichtlich des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2004 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV, weil die bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nach den überzeugenden Ausführungen der Chirurgen M.-C./Dr. E., des Chirurgen/Orthopäden Dr. S. und des Orthopäden P. nicht Folge einer beruflichen Einwirkung seien. Der entgegenstehende Auffassung des Orthopäden/Chirurgen/Sozialmediziners Dr. B. könne nicht gefolgt werden, denn er stütze seine Beurteilung im Wesentlichen nur auf das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bereits der staatliche Gewerbearzt habe in seiner Stellungnahme die Annahme, dass die degenerativen Veränderungen der Gleitflächen in der zeitlichen Abfolge der Gelenkschäden an erster Stelle stünden, wegen fehlendem Literaturbeleg als Spekulation klassifiziert. Dennoch werde diese Behauptung auch im Gutachten P. wiederholt. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn P. behaupte, die Krankheitsmanifestation liege um das Jahr 1997 und zu diesem Zeitpunkt habe bereits eine deutliche mediale Gonarthrose bestanden, so dass von einer primären Meniskopathie nicht die Rede sein könne. 1997 sei bereits eine Meniskopathie festgestellt worden. Im Gegensatz zu der Einschätzung von P. habe die primäre Meniskopathie zur Gonarthrose geführt. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn das Sozialgericht der Aussage von P. kritiklos folge, während es die Ausführungen von Dr. B. als nicht überzeugend bezeichne und zu Unrecht nicht in die Beweiswürdigung einbeziehe. Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Oktober 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Februar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Klagabweisung durch das Sozialgericht für zutreffend. Sie habe im Verfahren vor dem Sozialgericht schriftsätzlich dargelegt, warum das Gutachten von Dr. B. nicht überzeugen könne. Dem sei das Sozialgericht gefolgt und habe seine Beweggründe in den Entscheidungsgründen des Urteils dargelegt.
Im Berufungsverfahren hat der Orthopäde Dr. N. nach Untersuchung des Klägers im Gutachten vom 29. September 2006 ausgeführt, dass bei dem Kläger u. a. Gesundheitsstörungen der Kniee vorliegen. Es fänden sich Verschleißleiden beider Kniegelenke (sog. Gonarthrosen), jeweils das mediale und retropatellare Kompartiment betreffend mit degenerativer Hinterhornläsion des Innenmeniskus im Sinne einer sog. sekundären Meniskopathie. Diese Gesundheitsstörungen seien nicht durch die berufliche Tätigkeit verursacht. Gegenstand der BK 2102 sei die sog. primäre Meniskopathie, also der Verschleiß der Kniegelenke im Bereich des Meniskusgewebes, nicht hingegen die sog. sekundäre Meniskopathie, also Meniskusschäden im Rahmen einer allgemeinen Verschleißerkrankung des Gesamtgelenks. Ausgehend davon, dass – außer im Bergbaubereich – ein Anscheinsbeweis nicht gelte, sondern der Einzelfall zu prüfen sei, gelte für den Kläger folgendes: Die arbeitstechnischen Voraussetzungen lägen nach 41 Jahren Tätigkeit als Fliesenleger zweifelsfrei vor. Kniebeschwerden seien erstmals 1995 aufgetreten. 1997 habe sich im Röntgenbild als Hauptbefund eine beginnende Retropatellararthrose, also eine degenerative Veränderung an der Rückfläche der Kniescheibe, gezeigt. Im Jahre 2000 seien bei der arthroskopischen Operation in beiden Kniegelenken ein Riss des Innenmeniskus im Hinterhorn, ausgeprägte drittgradige Knorpelschäden femoropatellar, also im Gelenk zwischen Kniescheibenrückfläche und Oberschenkelrolle, und zweitgradige Knorpelschäden im inneren Gelenkspalt bei minimalen Knorpelschäden im äußeren Kompartiment und ein unauffälliger äußerer Meniskus festgestellt worden. Daran zeige sich, dass zum Zeitpunkt des degenerativen Innenmeniskushinterhornschadens ein Verschleißleiden im Kniegelenk bestanden habe (retropatellar und medial). Da die Verschleißveränderung des Gelenkanteils zwischen der Kniescheibenrückfläche und der Oberschenkelrolle, die im Rahmen des Gesamtprozesses am ausgeprägtesten gewesen sei, nicht sekundäre Folge eines primären Meniskopathie sein könne, spreche mehr für als gegen eine sekundäre Meniskopathie. Hinzu komme, dass nach 41 Jahren belastender Tätigkeit auch eine Veränderung am Außenmeniskus zu erwarten gewesen wäre. Weiter spreche gegen einen Kausalzusammenhang, dass Beschwerden erst im Alter von 55 Jahren aufgetreten seien, während in der Allgemeinbevölkerung solche ab dem 45. Lebensjahr zu erwarten seien (bei 76 %). Außerdem erreiche die Gesamtausprägung der Gesundheitsstörung lediglich den Grad I und es fehlten Funktionsstörungen. Da erst ab Grad II und bei Vorliegen von Funktionsstörungen beim Strecken oder Beugen eine Berufskrankheit zu bejahen sei, könne auch unter diesem Gesichtpunkt das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Berufskrankheit nicht festgestellt werden.
In seiner Stellungnahme zum Ergebnis des Gutachtens hat der Kläger vorgetragen, auch Dr. N. mache den vom Staatlichen Gewerbearzt kritisierten Fehler. Auch sein Gutachten sei daher spekulativ. Es sei äußerst bedenklich, dass Gutachter kritiklos eine sekundäre Meniskopathie behaupten könnten. Mal solle die Erkrankung im höheren Alter eingetreten sein (so Dr. N.), dann werde an anderer Stelle von einem niedrigen Alter gesprochen. Die stärkere Schädigung des Innenmeniskus gegenüber der des Außenmeniskus spreche schon nach den eigenen Darlegungen von Dr. N. zur Biomechanik nicht gegen eine primäre Meniskopathie. Auch die Dauer der beruflichen Belastung spreche für einen Kausalzusammenhang. Die von Dr. N. gezogenen Schlussfolgerungen verfolgten demgegenüber nur allzu deutlich das Ziel, den medizinischen Sachverhalt in eine bestimmte Richtung zu verdrehen.
Der Sachverständige Dr. N. ist in der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007 ergänzend gehört worden. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die in der Sitzungsniederschrift vom 16. Oktober 2007 aufgeführten Akten und Unterlagen verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind weder formell noch materiell zu beanstanden.
Auf den Rechtsstreit finden die Vorschriften des Sozialgesetzbuchs, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Anwendung, weil der Versicherungsfall, der geltend gemacht wird, nach dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1997 eingetreten ist (vgl. Artikel 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Der Anspruch auf Entschädigung setzt das Vorliegen einer Berufskrankheit voraus. Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Dies bedeutet, dass die schädigende Einwirkung ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen sein und die schädigende Einwirkung die Krankheit wesentlich (mit-) verursacht haben muss. Während die einzelnen Glieder dieser Kausalkette (versicherte Tätigkeit, schädigende Einwirkung, Gesundheitsschaden) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, genügt für den Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d. h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings reicht die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges nicht aus. Zu den Berufskrankheiten zählen nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auch der Senat hält die Ausführungen der Chirurgen M.-C./Dr. E., des Chirurgen/Orthopäden Dr. S. und des Orthopäden P. für überzeugend, während dem Gutachten von Dr. B. aus den vom Sozialgericht dargelegten Gründen nicht gefolgt werden kann.
Diese Einschätzung hat sich durch die weitere Beweiserhebung im Berufungsverfahren bestätigt. Der Senat folgt dabei den überzeugenden Ausführungen des Orthopäden Dr. N. in seinem schriftlichen Gutachten, ergänzt durch die Äußerungen im Rahmen der Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2007. Danach lassen sich überwiegende Gesichtspunkte für einen Ursachenzusammenhang zwischen den Veränderungen im Kniebereich und der ausgeübten beruflichen Tätigkeit nicht feststellen. Nach dem Auftreten von Beschwerden erstmals 1995 fand 1997 eine Röntgenuntersuchung statt. Bereits hier zeigte sich – und zwar sogar als Hauptbefund – eine beginnende Retropatellararthrose, also eine degenerative Veränderung an der Rückfläche der Kniescheibe. Dieser Befund wurde im Jahre 2000 bei der arthroskopischen Operation in beiden Kniegelenken bestätigt. Auch hier fand sich neben einem degenerativen Innenmeniskushinterhornschaden ein erhebliches Verschleißleiden im Kniegelenk, wobei diese Veränderungen auch im Gelenkanteil zwischen der Kniescheibenrückfläche und der Oberschenkelrolle vorhanden waren, wo sie aus anatomischen Gründen nicht Folge eines vorausgehenden degenerativen Meniskusschadens sein können. Der Senat hält daher den Schluss des Sachverständigen, dieser Umstand deute darauf, dass eher eine sekundäre Meniskopathie vorliege, für nachvollziehbar. Letztendlich kommt es darauf jedoch nicht an, sondern es reicht, dass die erhobenen Befunde jedenfalls den umgekehrten Schluss - nämlich dass die degenerative Schädigung im Meniskus begonnen und sich erst später auf andere Bereiche ausgebreitet habe, was Voraussetzung für die Annahme der primären Meniskopathie ist – nicht zu. Darüber hinaus spricht auch der Umstand, dass der Außenmeniskus lediglich altersentsprechende Veränderungen aufweist, gegen einen beruflichen Zusammenhang. Zwar müsste eine Schädigung am Außenmeniskus nicht das Ausmaß der Veränderungen am Innenmeniskus erreichen, weil dieser durch eine kniende Tätigkeit nicht im gleichen Maße belastet wird. Bei einem fortgeschrittenen, durch die berufliche Belastung bedingten Verschleiß des Innenmeniskus müssten jedoch auch am Außenmeniskus über das altersentsprechende Maß hinausgehende Veränderungen eintreten. Ebenfalls gegen einen Ursachenzusammenhang spricht, dass bei dem Kläger kein vorzeitiger Verschleiß des Innenmeniskus vorliegt, denn bei ihm sind die Beschwerde erst im Alter von 55 Jahren aufgetreten, während bei 76% der Allgemeinbevölkerung Beschwerden bereits mit dem 45. Lebensjahr auftreten. Im Übrigen erreicht die Gesamtausprägung der Gesundheitsstörung bei dem Kläger lediglich den Grad I und es liegen keine Funktionsstörungen vor. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV sind jedoch erst bei Veränderungen des Grades II mit Funktionsstörungen erfüllt.
Entgegen der Auffassung des Klägers wird der geltend gemachte Anspruch nicht durch die Äußerung des staatlichen Gewerbearztes gestützt. Dieser vertritt in seiner Stellungnahme zwar die Auffassung, aus dem Vorliegen generalisierender Verschleißzeichen und dem Vorliegen von Verschleißanzeichen am Innenmeniskus könne nicht abgeleitet werden, welcher Verschleiß zuerst eingetreten sei. Darauf aufbauend lehnt er dennoch eine Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV ab. Dies ist konsequent. Wenn nämlich nicht festgestellt werden kann, welcher Verschleiß zuerst eingetreten ist, dann kann auch nicht festgestellt werden, dass der Meniskusverschleiß zuerst eingetreten sei. Voraussetzung für die streitige Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV ist – wie oben dargelegt – aber, dass mehr für als gegen eine primäre Meniskopathie (also dem Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes, nicht aber eines Meniskusverschleißes im Rahmen einer allgemeinen Verschleißerkrankung des Gesamtgelenks) spricht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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