Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 25 AL 514/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 B 520/07 ER AL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 25. September 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die am 26. Oktober 2007 durch den Antragsteller gegen den ihm am 28. September 2007 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Hamburg (SG) vom 25. September 2007 eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist statthaft und zulässig (§§ 172, 173 SGG).
Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat es zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat ergänzend Bezug nimmt, abgelehnt, dem Antrag des Antragstellers zu entsprechen, die Antragsgegnerin vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe zu verpflichten. Die Beschwerdebegründung gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Betrachtung.
Der Antragsteller, der – wie zu Recht unstreitig ist – nicht zu den privilegierten Ausländern im Sinne des § 63 Abs. 1 SGB III gehört, erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 SGB III nicht. Nach dessen allein in Betracht kommenden Satz 1 Nr. 1 werden andere Ausländer gefördert, wenn sie sich vor Beginn der förderungsfähigen Ausbildung insgesamt fünf Jahre im Inland aufgehalten haben und rechtmäßig erwerbstätig gewesen sind und sie voraussichtlich nach der Ausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig sein werden.
Der Antragsteller erfüllt bereits das Kriterium einer fünfjährigen Erwerbstätigkeit nicht, da er nach eigenen Angaben insgesamt nur 35 Monate in Deutschland erwerbstätig gewesen ist. Er kann nicht damit gehört werden, dass sich die Zeitvorgabe in § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III allein auf den Aufenthalt an sich und nicht zugleich auf die rechtmäßige Erwerbstätigkeit beziehe. Auch wenn ihm zuzugestehen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift auslegungsfähig ist (siehe hierzu auch Buser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 63 Rn. 94), ist es allgemeine Meinung, dass sich das Zeitkriterium sowohl auf die Dauer des Aufenthalts als auch der Erwerbstätigkeit bezieht (Buser a.a.O.; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 63 Rn. 12; Wagner in Wissing, SGB III, § 63 Rn. 18; Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, § 63 Rn. 13; Fuchsloch in Gagel, SGB III, § 63 Rn. 124, 129; Kossens in Jahn, SGB III, § 63 Rn. 15; Wagner in PK-SGB III, § 63 Rn. 30; Niewald in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 3 Rn. 82, 85). Dafür sprechen der Sinn und Zweck der Vorschrift (so auch Buser a.a.O.). Der Auszubildende soll eine gewisse Zeit mit seiner Arbeit zum Bruttosozialprodukt beigetragen haben (vgl. Schönfelder-Koch, SGB III, § 63 Rn. 18). Dies wäre nicht gewährleistet, wenn – als Konsequenz aus der vom Antragsteller dargelegten Auffassung – die Dauer der ausgeübten Erwerbstätigkeit beliebig wäre; das Kriterium verlöre jegliche Bedeutung.
Für die hier vertretene Ansicht spricht ferner die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Sie geht auf § 40 Abs. 2 Nr. 5a Arbeitsförderungsgesetz zurück. In den Gesetzesmaterialien zu dessen Entstehung (Bt-Drucks. 8/2624, S. 21 zu b) heißt es, dass mit der Regelung entsprechend § 8 Abs. 2 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) der Ausländer auch selbst den Anspruch auf Ausbildungsförderung erwerben können soll. Im Bereich des BAföG ist ebenfalls anerkannt, dass Aufenthalt und Erwerbstätigkeit einen Zeitraum von fünf Jahren erreicht haben müssen (BVerwG, Urt. vom 4.6.1981 – 5 C 30/79 – FEVS 31, S. 234 ff, 236; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 18.3.1999 – 16 B 352/99 – Juris Rn. 10; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 8 Rn. 19 f.).
Der Begriff der ´Erwerbstätigkeit` ist eindeutig, so dass entgegen der Auffassung des Antragstellers Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. der Arbeitsuche nicht im Wege der Auslegung einbezogen werden können (so ausdrücklich Schönefelder-Koch a.a.O.).
Ebenso scheidet eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB III, der ein Absehen vom Erfordernis einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit ermöglicht, wenn ein Elternteil aus von ihm nicht zu vertretenden Grund keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, auf Fallgestaltungen nach § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III aus (ebenso Fuchsloch a.a.O., Rn. 132, 135). Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist dies schon deswegen kein gravierender Gleichheitsverstoß, weil die vermeintliche Besserstellung der Eltern nicht diesen, sondern aufgrund des von diesen abgeleiteten Anspruches allein den Antragstellern zugute kommt.
Schließlich ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 29. Oktober 1992 (9b Rar 24/91 – Juris Rn. 12) keine für den Antragsteller günstigere Betrachtung. Nach dieser Entscheidung ist es bei Bürgerkriegsflüchtlingen, deren Duldung aus humanitären Gründen von vornherein feststand, nicht grundsätzlich ausgeschlossen, in die "Wartezeit" der unverschuldeten Nichtarbeit auch solche Zeiten einzurechnen, in denen eine Arbeitserlaubnis hätte erteilt werden können, was nur wegen des unvermeidlichen Asylverfahrens und des ebenso unvermeidlichen ausländerrechtlichen Sperrvermerks eine Arbeitserlaubnis gescheitert ist. Jedoch belegen – abgesehen davon, dass sich die Ausführungen des BSG allein auf Fallgestaltungen nach § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB III, also einer nicht von den Eltern zu vertretenden Untätigkeit, beziehen – die vom Antragsteller vorgelegten Nachweise über nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitserlaubnis-Verordnung erteilte Arbeitserlaubnisse, dass ihm eine Teilnahme am Arbeitsmarkt nicht aus ausländerrechtlichen Gründen verwehrt einschränkt war. Die Beschäftigungslücken beruhen vorrangig darauf, dass er keine Arbeit gefunden hat.
Da die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich ist, kann es dahingestellt bleiben, ob – wie die Antragsgegnerin annimmt – der Antragsteller die Fördervoraussetzungen im Laufe seiner Ausbildung erfüllen wird. Der eindeutige Gesetzeswortlaut (´vor Beginn der förderungsfähigen Ausbildung`) dürfte allerdings dafür sprechen, dass der Fünf-Jahres-Zeitraum vor Beginn der gesamten Ausbildung erfüllt sein muss (ebenso Fuchsloch a.a.O., Rn. 126; Buser a.a.O., Rn. 99); durch die zu fördernde Ausbildung können daher die persönlichen Fördervoraussetzungen nicht erfüllt werden. Eine Ausnahme gibt es ausdrücklich nur bei der von einem Elternteil abgeleiteten Erwerbstätigkeit (§ 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Hs. 2 SGB III).
Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die nach § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB III darüber hinaus erforderliche Prognose erstellt werden kann, dass der Antragsteller, der derzeit lediglich einen – nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ´aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen` erteilten und zudem bis zum 9. Mai 2008 befristeten – Aufenthaltstitel besitzt, voraussichtlich nach der Ausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig sein wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die am 26. Oktober 2007 durch den Antragsteller gegen den ihm am 28. September 2007 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Hamburg (SG) vom 25. September 2007 eingelegte Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist statthaft und zulässig (§§ 172, 173 SGG).
Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat es zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat ergänzend Bezug nimmt, abgelehnt, dem Antrag des Antragstellers zu entsprechen, die Antragsgegnerin vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe zu verpflichten. Die Beschwerdebegründung gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Betrachtung.
Der Antragsteller, der – wie zu Recht unstreitig ist – nicht zu den privilegierten Ausländern im Sinne des § 63 Abs. 1 SGB III gehört, erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 SGB III nicht. Nach dessen allein in Betracht kommenden Satz 1 Nr. 1 werden andere Ausländer gefördert, wenn sie sich vor Beginn der förderungsfähigen Ausbildung insgesamt fünf Jahre im Inland aufgehalten haben und rechtmäßig erwerbstätig gewesen sind und sie voraussichtlich nach der Ausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig sein werden.
Der Antragsteller erfüllt bereits das Kriterium einer fünfjährigen Erwerbstätigkeit nicht, da er nach eigenen Angaben insgesamt nur 35 Monate in Deutschland erwerbstätig gewesen ist. Er kann nicht damit gehört werden, dass sich die Zeitvorgabe in § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III allein auf den Aufenthalt an sich und nicht zugleich auf die rechtmäßige Erwerbstätigkeit beziehe. Auch wenn ihm zuzugestehen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift auslegungsfähig ist (siehe hierzu auch Buser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 63 Rn. 94), ist es allgemeine Meinung, dass sich das Zeitkriterium sowohl auf die Dauer des Aufenthalts als auch der Erwerbstätigkeit bezieht (Buser a.a.O.; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 63 Rn. 12; Wagner in Wissing, SGB III, § 63 Rn. 18; Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, § 63 Rn. 13; Fuchsloch in Gagel, SGB III, § 63 Rn. 124, 129; Kossens in Jahn, SGB III, § 63 Rn. 15; Wagner in PK-SGB III, § 63 Rn. 30; Niewald in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 3 Rn. 82, 85). Dafür sprechen der Sinn und Zweck der Vorschrift (so auch Buser a.a.O.). Der Auszubildende soll eine gewisse Zeit mit seiner Arbeit zum Bruttosozialprodukt beigetragen haben (vgl. Schönfelder-Koch, SGB III, § 63 Rn. 18). Dies wäre nicht gewährleistet, wenn – als Konsequenz aus der vom Antragsteller dargelegten Auffassung – die Dauer der ausgeübten Erwerbstätigkeit beliebig wäre; das Kriterium verlöre jegliche Bedeutung.
Für die hier vertretene Ansicht spricht ferner die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Sie geht auf § 40 Abs. 2 Nr. 5a Arbeitsförderungsgesetz zurück. In den Gesetzesmaterialien zu dessen Entstehung (Bt-Drucks. 8/2624, S. 21 zu b) heißt es, dass mit der Regelung entsprechend § 8 Abs. 2 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) der Ausländer auch selbst den Anspruch auf Ausbildungsförderung erwerben können soll. Im Bereich des BAföG ist ebenfalls anerkannt, dass Aufenthalt und Erwerbstätigkeit einen Zeitraum von fünf Jahren erreicht haben müssen (BVerwG, Urt. vom 4.6.1981 – 5 C 30/79 – FEVS 31, S. 234 ff, 236; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 18.3.1999 – 16 B 352/99 – Juris Rn. 10; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 8 Rn. 19 f.).
Der Begriff der ´Erwerbstätigkeit` ist eindeutig, so dass entgegen der Auffassung des Antragstellers Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. der Arbeitsuche nicht im Wege der Auslegung einbezogen werden können (so ausdrücklich Schönefelder-Koch a.a.O.).
Ebenso scheidet eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB III, der ein Absehen vom Erfordernis einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit ermöglicht, wenn ein Elternteil aus von ihm nicht zu vertretenden Grund keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, auf Fallgestaltungen nach § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III aus (ebenso Fuchsloch a.a.O., Rn. 132, 135). Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist dies schon deswegen kein gravierender Gleichheitsverstoß, weil die vermeintliche Besserstellung der Eltern nicht diesen, sondern aufgrund des von diesen abgeleiteten Anspruches allein den Antragstellern zugute kommt.
Schließlich ergibt sich aus dem Urteil des BSG vom 29. Oktober 1992 (9b Rar 24/91 – Juris Rn. 12) keine für den Antragsteller günstigere Betrachtung. Nach dieser Entscheidung ist es bei Bürgerkriegsflüchtlingen, deren Duldung aus humanitären Gründen von vornherein feststand, nicht grundsätzlich ausgeschlossen, in die "Wartezeit" der unverschuldeten Nichtarbeit auch solche Zeiten einzurechnen, in denen eine Arbeitserlaubnis hätte erteilt werden können, was nur wegen des unvermeidlichen Asylverfahrens und des ebenso unvermeidlichen ausländerrechtlichen Sperrvermerks eine Arbeitserlaubnis gescheitert ist. Jedoch belegen – abgesehen davon, dass sich die Ausführungen des BSG allein auf Fallgestaltungen nach § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB III, also einer nicht von den Eltern zu vertretenden Untätigkeit, beziehen – die vom Antragsteller vorgelegten Nachweise über nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitserlaubnis-Verordnung erteilte Arbeitserlaubnisse, dass ihm eine Teilnahme am Arbeitsmarkt nicht aus ausländerrechtlichen Gründen verwehrt einschränkt war. Die Beschäftigungslücken beruhen vorrangig darauf, dass er keine Arbeit gefunden hat.
Da die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich ist, kann es dahingestellt bleiben, ob – wie die Antragsgegnerin annimmt – der Antragsteller die Fördervoraussetzungen im Laufe seiner Ausbildung erfüllen wird. Der eindeutige Gesetzeswortlaut (´vor Beginn der förderungsfähigen Ausbildung`) dürfte allerdings dafür sprechen, dass der Fünf-Jahres-Zeitraum vor Beginn der gesamten Ausbildung erfüllt sein muss (ebenso Fuchsloch a.a.O., Rn. 126; Buser a.a.O., Rn. 99); durch die zu fördernde Ausbildung können daher die persönlichen Fördervoraussetzungen nicht erfüllt werden. Eine Ausnahme gibt es ausdrücklich nur bei der von einem Elternteil abgeleiteten Erwerbstätigkeit (§ 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Hs. 2 SGB III).
Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die nach § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB III darüber hinaus erforderliche Prognose erstellt werden kann, dass der Antragsteller, der derzeit lediglich einen – nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ´aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen` erteilten und zudem bis zum 9. Mai 2008 befristeten – Aufenthaltstitel besitzt, voraussichtlich nach der Ausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig sein wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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