L 2 R 102/10

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 20 R 1433/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 102/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Juli 2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung. Der im Jahre 1965 geborene Kläger ist von Beruf Groß- und Außenhandelskaufmann und seit Dezember 1997 Gesellschafter der in H. ansässigen S. GmbH. Seinerzeit erwarb er durch einen Beschluss ihrer damaligen Gesellschafter - ebenso, wie sein Bruder F. - Geschäftsanteile von insgesamt 12.000 DM am Stammkapital der GmbH in Höhe von insgesamt 100.000 DM. Die weiteren Geschäftsanteile in Höhe von 76.000 DM hielten der Vater H.R., seinerzeit Geschäftsführer der GmbH, und die Mutter, die Hausfrau I.R ... Im Dezember 2001 wurden im Zuge der Währungsumstellung auf den Euro und der Erhöhung des Stammkapitals auf 200.000 EUR die Geschäftsanteile des Klägers und seines Bruders F. auf jeweils 36.000 EUR, der Anteil des Vaters auf 90.000 EUR und der Anteil der Mutter auf 38.000 EUR aufgestockt. Im Dezember 2004 erhöhten sich die Geschäftsanteile des Klägers und seines Bruders durch Abtretung von Geschäftsanteilen seitens der Eltern auf jeweils 60.000 EUR. Ausweislich des Auszugs aus dem Handelsregister beim Amtsgericht Hamburg vom 26. August 2004 besaß der Kläger seinerzeit Einzelprokura, während sein Vater seinerzeit weiterhin einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der GmbH war. Auch nach dem Eintritt des Klägers und seines Bruders in die S. GmbH führte diese weiterhin für beide Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung an die Barmer Ersatzkasse als die zuständige Beitragseinzugsstelle ab. Im Dezember 2007 beantragte der Kläger dort unter Berufung auf § 28h Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) die Überprüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status seiner Tätigkeit für die GmbH. Dem Antrag beigefügt waren Gesellschaftsverträge bzw. -beschlüsse vom 23. Dezember 1997, 18. Dezember 2001 und 7. Dezember 2004, Handelsregisterauszüge sowie der von der Beklagten herausgegebene und vom Kläger ausgefüllte Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Geschäftsführern bzw. mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH, vom Kläger unterschrieben am 19. Dezember 2007, dessen Angaben ein weiterer Gesellschafter bzw. Geschäftsführer am selben Tag durch Unterschrift bestätigt hatte. Der Kläger hatte dabei seine Tätigkeit für die GmbH durch Ankreuzen der entsprechenden Kategorie als die eines mitarbeitenden Gesellschafters in der GmbH bezeichnet und sich nicht für die ebenfalls vorgesehene Kategorie "Geschäftsführer einer Familien-GmbH" entschieden. Seinen Angaben im Fragebogen zufolge war der Kläger lediglich im Rahmen des Gesellschaftsvertrages zur Mitarbeit verpflichtet; diese sei nicht in einem besonderen Arbeits- bzw. Dienstvertrag geregelt. Er verneinte die Frage, ob er wie ein fremder Arbeitnehmer dem Weisungsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege, und gab an, seine Tätigkeit in der Gesellschaft von bestimmten wichtigen Geschäften abgesehen ohne Einschränkungen frei gestalten zu können. Er bejahte die Frage, ob er selbstständig Personal einstellen und/oder entlassen könne. Als Gegenleistung für die geleistete Arbeit erhalte er unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens eine monatlich gleichbleibende Vergütung in Höhe von derzeit 4.441,93 EUR, die als Lohn bzw. Gehalt, nicht als Betriebsausgaben oder Gewinnvorwegentnahme verbucht und im Falle der Arbeitsunfähigkeit ohne Begrenzung weitergezahlt werde. Daneben erhalte er je nach Betriebslage erfolgsabhängige Bezüge. Seine Angaben im Feststellungsbogen ergänzte er dahingehend, dass er gemeinsam mit seinem Bruder F. die Geschäfte der Gesellschaft führe. Der mit 33 % an der Gesellschaft beteiligte Vater H.R. sei mit seinen 67 Jahren nur noch im geringen Umfang für die Gesellschaft tätig und habe die Geschäftsleitung auf seine beiden Söhne übertragen, die eigenständig sämtliche die Gesellschaft betreffenden Entscheidungen zu fällen hätten. Die Tätigkeit erfordere einen zeitlichen Umfang von durchschnittlich 70-75 h wöchentlich. Mit Schreiben vom 8. Januar 2008 wandte sich die Einzugsstelle in dieser Sache unter Übersendung der ihr vom Kläger überlassenen Unterlagen zum Zwecke der Abstimmung ihrer Auffassung an die Beklagte, qualifizierte das Anliegen des Klägers als Antrag auf Statusfeststellung bzw. Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge für die Zeit ab 1. Dezember 1997 und vertrat die Auffassung, dass nach Prüfung der ihr vorliegenden Unterlagen während ihrer Zuständigkeit ab dem 1. Dezember 1997 kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Zur Begründung dieser Einschätzung machte sie geltend, dass kein Arbeitsvertrag bestehe, der Kläger nicht dem Direktionsrecht bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege, er selbständig Personal einstellen und entlassen könne, die Vergütung im Falle der Arbeitsunfähigkeit unbegrenzt weitergezahlt werde, die Geschäftsanteile vollständig im Familienbesitz seien und der Kläger seit dem 1. Dezember 1997 Prokurist und alleinvertretungsberechtigt sei. Mit Schreiben vom 5. Februar 2008 teilte die Beklagte der Beitragseinzugsstelle mit, dass sie sich ihrer Auffassung anschließe, wonach der Kläger in seiner Beschäftigung bei der S. GmbH ab dem 1. Dezember 1997 dem Personenkreis der Selbstständigen zuzuordnen sei. Daraufhin stellte die Einzugsstelle mit Bescheid vom 11. Februar 2008 gegenüber dem Kläger fest, dass er seine Tätigkeit bei der S. GmbH ab dem 1. Dezember 1997 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausübe. Als ausschlaggebende Gründe führte sie die im Schreiben an die Beklagte vom 8. Januar 2008 angeführten und oben wiedergegebenen Umstände auf. Bezüglich der Rentenversicherungsbeiträge wies sie den Kläger - ebenso, wie dies bereits die Beklagte ihr gegenüber getan hatte darauf hin, dass die bis zum 30. November 2003 entrichteten Beiträge gemäß § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV nicht beanstandet und erstattet werden dürften. Ein Verzicht auf die dort geregelte Fiktion zu Recht entrichteter Pflichtbeiträge sei nicht möglich. Ein Verzicht auf die Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV sei nicht möglich. Die Beiträge würden als zu Recht gezahlte Beiträge im Versicherungskonto verbleiben. Anträge auf Feststellung der Versicherungspflicht nach § 28h Abs. 2 SGB IV seien einem Antrag auf Beitragserstattung nicht gleichzusetzen. Die Einzugsstelle setzte die Beklagte von dieser Entscheidung mit Schreiben vom 14. April 2008 in Kenntnis, das bei der Beklagten am 17. April 2008 einging, und wies gleichzeitig darauf hin, dass ihr ein Erstattungsantrag nicht vorliege. Zuvor hatte der Kläger im März 2008 gegen den Bescheid vom 11. Februar 2008 bezüglich der Hinweise auf den Ausschluss der Erstattung der bis zum 30. November 2003 entrichteten Beiträge Widerspruch erhoben. Der Anspruch auf Erstattung dieser Beiträge sei bereits vor dem 1. Januar 2008 und damit vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV am 1. Januar 2008 entstanden, denn für die Entstehung des Anspruchs komme es nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung an. Zu Unrecht entrichtete Beiträge seien nämlich nicht nur auf Antrag sondern auch von Amts wegen zu erstatten. Dies folge aus der Formulierung "sind zu erstatten" in § 26 Abs. 1 SGB IV und auch aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB IV (" ...beim Fehlen eines Antrags "). Mit Schreiben vom 21. April 2008, das bei der Beklagten am 30. April 2008 zuging, leitete die Einzugsstelle den bei ihr am 17. April 2008 eingegangenen und vom Kläger und von der S. GmbH mit dem Datum 15. April 2008 versehenen Formularantrag auf Erstattung der für den Kläger im Zeitraum 1. Dezember 1997 bis 29. Februar 2008 zu Unrecht gezahlten Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung - der Arbeitgeber- wie der Arbeitnehmeranteile - der Beklagten zu. Die GmbH wies dort darauf hin, dass die letzte Betriebsprüfung durch die Beklagte im Jahre 2007 für den Zeitraum 2003 bis 2006 durchgeführt worden sei und dass sie - die GmbH - auf einen evtl. nach § 26 Abs. 1 SGB IV entstandenen Beanstandungsschutz verzichte. Mit Bescheid vom 6. Juni 2008 stellte die Beklagte fest, dass die im Versicherungskonto des Klägers enthaltenen Pflichtbeiträge für den Zeitraum 1. Dezember 2003 bis 29. Februar 2008 zu Unrecht gezahlt worden und zu beanstanden seien. Die vom 1. Dezember 1997 bis 30. November 2003 abgeführten Beiträge gälten hingegen nach Ablauf von vier Jahren nach dem Kalenderjahr, in dem sie gezahlt worden seien, als zu Recht gezahlt. Eine Erstattung dieser Beiträge sei nicht möglich. In Ausführung dieses Bescheides erstattete die Beklagte Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile in Höhe von jeweils 25.509,60 EUR. Gegen den Bescheid vom 6. Juni 2008 erhob der Kläger Widerspruch. Die vierjährige Verjährungsfrist greife nicht ein, da er den Antrag auf Statusfeststellung am 13. Dezember 2007 gestellt habe. Es komme insofern nicht darauf an, wann er den Auszahlungsanspruch gel-tend gemacht habe. Die zu Unrecht entrichteten Beiträge seien auch nicht nur auf Antrag zu erstatten, sondern von Amts wegen. Die Beklagte habe bereits im Dezember 2007 Kenntnis von der Unrechtmäßigkeit der Beiträge erlangt. Allein darauf komme es an. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Antrag auf Erstattung nach § 26 SGB IV sei erst am 17. April 2008 rechtswirksam gestellt worden. Anträge auf Feststellung der Versicherungspflicht nach § 28h Abs. 2 SGB IV seien einem Antrag auf Beitragserstattung nicht gleichzusetzen. Für die zu Unrecht gezahlten Beiträge vom 1. Dezember 1997 bis 30. November 2003 gelte die Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV. Mit der am 27. Dezember 2008 erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin den Anspruch auf Beitragserstattung verfolgt. Er habe mit seinem im Dezember 2007 gestellten Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht klar und eindeutig zu verstehen gegeben, dass er die Rückzahlung der zu Unrecht erbrachten Rentenversicherungsbeiträge begehre. Die Beklagte dürfe sich nicht quasi vorsätzlich unwissend stellen und so tun, als wäre dieser Antrag nicht zugleich auch als Erstattungsantrag zu qualifizieren. Auch der Gesetzestext spreche für diese Auffassung. § 26 Abs. 1 S. 1 SGB IV formuliere eine unbedingte Erstattungspflicht der Beklagten, sofern nur zu Unrecht entrichtete Beiträge als solche festgestellt worden seien. Diese seien gerade nicht nur auf Antrag, sondern von Amts wegen zu erstatten. Nach Klärung der Versicherungspflicht hätte die Beklagte ohne weiteren Antrag die Rückzahlung sämtlicher Beiträge vornehmen müssen. Diese Rechtsauffassung werde gestützt durch § 27 Abs. 1 SGB IV, der die Verzinsung bei Fehlen eines Antrages regele. Maßgeblich sei allein die Kenntnis des Versicherungsträgers von den Tatsachen, die zur unrichtigen Beitragszahlung führten. Demgegenüber hat die Beklagte auf § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV verwiesen, wonach zu Unrecht gezahlte Beiträge nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV bestimmten Frist als zu Recht entrichtete Beiträge gelten. Einen Verzicht auf diese Fiktion sehe das Gesetz nicht vor. Zwar sei laut Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. April 1985 (Az. 12 RK 19/83) auch in einem Widerspruch gegen eine Beitragsforderung oder in einer Zahlung der Beiträge unter Vorbehalt ein Erstattungsantrag zu sehen. Ein derartiger Tatbestand liege jedoch nicht vor. Ein Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht nach § 28h Abs. 2 SGB IV oder eine Anfrage an die Beklagte nach § 7a SGB IV beinhalte noch keinen Erstattungsantrag. Das Sozialgericht hat die Klage durch das Urteil vom 7. Juli 2010 abgewiesen. Es hat die Auffassung der Beklagten geteilt, dass die für den strittigen Zeitraum entrichteten Beiträge nicht erstattet werden könnten, da sie gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV vier Jahre nach dem Ende des Jahres ihrer Entrichtung als rechtmäßig entrichtet gälten und nicht beanstandet werden dürften. Gesetzgeberischer Hintergrund der Ergänzung des § 26 Abs. 1 SGB IV durch S. 3 zum 1. Januar 2008 seien häufiger werdende Fälle gewesen, in denen die Möglichkeit der Erstattung von Beiträgen für weit zurückliegende Jahre oder Jahrzehnte von Finanzdienstleistern genutzt worden seien, um z.B. für mitarbeitende Familienangehörige des Arbeitgebers oder GmbH-Gesellschafter hohe Erstattungsbeträge für private Geldanlagen usw. zu erlangen, mit der Folge, dass für die (bislang) Versicherten alle Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung verloren gehen konnten. Mit der gesetzlichen Neuregelung habe zum einen der Versicherungsschutz der betreffenden Versicherten gesichert, zum anderen die Versichertengemeinschaft davor geschützt werden sollen, dass Arbeitnehmer während ihres Arbeitslebens einen umfassenden Versicherungsschutz genießen, kurz vor dem Rentenbeginn der Versichertengemeinschaft die entsprechenden Beiträge wie-der einzuziehen. Diese ab dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage finde auch auf den Erstattungsvorgang des Klägers Anwendung mit der Folge, dass er keinen Anspruch auf Erstattung der Beiträge für den strittigen Zeitraum habe. Maßgebend dafür sei, dass der Kläger einen ausdrücklichen Erstattungsantrag vor dem 1. Januar 2008 und damit vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV nicht gestellt habe. Der von seiner damaligen Bevollmächtigten gestellte Antrag auf Überprüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status sei nicht als Antrag auf Erstattung sämtlicher in der Vergangenheit entrichteter Rentenbeiträge zu behandeln. Schon in Anbetracht der weit reichenden Folge der Beitragsrückerstattung nämlich der Auflösung des Versicherungsverhältnisses - müsse eine ausdrückliche oder doch deutlich erkennbare entsprechende Erklärung durch den Versicherten abgegeben werden. Fehle diese, so müsse sich der Erklärende an dem festhalten lassen, was der Empfänger vernünftigerweise habe verstehen können. Zwar habe das Bundessozialgericht in seiner von der Beklagten zitierten Entscheidung einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid oder eine unter Vorbehalt erfolgt Erfüllung einer Beitragsforderung zugleich als Erstattungsantrag angesehen. In derartigen Fällen beziehe sich die Beanstandung jedoch anders als beim Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status – unmittelbar auf die Beitragszahlung und sei daher nicht vergleichbar. Gerade bei der Statusfeststellung von Personen, die jahrelang davon ausgegangen seien, sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein, könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie ohne dies ausdrücklich zu erklären die Rückerstattung sämtlicher Rentenversicherungsbeiträge für die Vergangenheit und damit die Auflösung des Versicherungsschutzes wünschten. Fehle diese, so müsse sich der Erklärende an dem festhalten lassen, was der Empfänger vernünftigerweise habe verstehen können. Zwar habe der Kläger zutreffend darauf hingewiesen, dass der Versicherungsträger auch dann zur Erstattung verpflichtet sei, wenn er auch ohne jeden Antrag von der Unrichtigkeit der Beitragszahlung erfahre. Jedoch komme es bei fehlendem Erstattungsantrag für den Zeitpunkt des Entstehens des Erstattungsanspruchs auf die Erstattungsentscheidung an. Hierzu verweist das Sozialgericht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. April 1985, Az. 12 RK 19/83. Diese sei im vorliegenden Fall durch Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2008 getroffen worden, mithin unter Geltung der neuen Rechtslage. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers statt auf den genannten Bescheid auf die Feststellung der Unrichtigkeit der Beitragszahlung oder auf die beim Erstattungspflichtigen vorliegende Kenntnis der Tatsachen abstelle, die zur Unrichtigkeit der Beitragszahlung führten, käme man nicht auf einen Zeitpunkt vor Januar 2008, denn die Beklagte habe den Statusfeststellungsantrag des Klägers erst am 15. Januar 2008 erhalten. Gegen dieses Urteil, das ihm am 20. August 2010 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 15. September 2010 Berufung eingelegt. Er macht geltend, er habe die Erstattung der in Rede stehenden Beiträge bereits vor dem Inkrafttreten des Satzes 3 in § 26 Abs. 1 SGB IV am 1. Januar 2008 beantragt, nämlich konkludent mit seinem Antrag auf Prüfung des sozial-versicherungsrechtlichen Status seiner Tätigkeit bei der S. GmbH vom 13. De-zember 2007, so dass die in jener Bestimmung geregelte Fiktion seinem Erstattungsbegeh-ren nicht entgegenstehe. Er habe bereits am 13. Dezember 2007 eine Vollmacht an die Krankenkasse (Einzugsstelle) versenden lassen, die ihrem Wortlaut zufolge die Vollmacht-geberin (gemeint ist wohl die Vollmachtnehmerin die damalige Bevollmächtigte) berechtigt habe, alle erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, die zur Durchsetzung von Ansprüchen auf Rückerstattung von Beiträgen aus den oben ausgewählten gesetzlichen Versicherungen notwendig seien. Bereits aufgrund dieser Vollmacht sei der Krankenkasse klar bzw. hätte ihr klar sein müssen, dass es ihm im Kern um die Durchsetzung von Rückerstattungsansprüchen gegangen sei. Zudem gehe das Interesse desjenigen, der die Feststellung beantrage, dass keine Versicherungspflicht bestanden habe, regelmäßig auf Rückzahlung dieser Beiträge. Tatsächlich habe die Einzugsstelle im Schreiben vom 8. Januar 2008 an die Beklagte formuliert, der Kläger habe bei ihr einen Antrag auf Statusfeststellung bzw. zur Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge für die Zeit ab dem 1. Dezember 1997 gestellt. Dieses Schreiben zeige, dass die Einzugsstelle die entsprechende Erklärung im Jahr 2007 auch im Sinne eines Erstattungsantrags verstanden habe. Dies gelte unabhängig davon, dass sie später nach Rücksprache mit der Beklagten hiervon nichts mehr habe wisse wollen und sich auf den Rechtsstandpunkt der Beklagten zurückgezogen habe. Selbst wenn die Einzugsstelle nach Auffassung des Gerichts den Antrag des Klägers nicht eindeutig im Sinne eines Erstattungsantrages hätte qualifizieren müssen, so hätte doch eine Frage- oder Hin-weispflicht bestanden. Es würde nicht den Grundsätzen rechtsstaatlichen Verwaltungshan-delns entsprechen, wenn die Krankenkasse (Einzugsstelle) oder die Beklagte Unklarheiten nicht hätte aufklären müssen und sich unwissend hätte stellen dürfen, um danach die aus ihrer Sicht für sie vorteilhaften Schlussfolgerungen ziehen zu können. Gerade wenn das So-zialgericht in der Urteilsbegründung die Auffassung vertrete, die Durchsetzung eines Erstat-tungsanspruchs habe weitreichende Folgen, und es sei keineswegs klar, ob der Bürger eine Erstattung wünsche oder die Statusfeststellung nur aus anderen Gründen begehre, so müss-ten Unklarheiten bei einer derart wichtigen Frage zu einer Hinweispflicht der Behörde führen. Soweit das Sozialgericht darauf abstelle, die Beklagte habe (auch) vom Statusfeststellungs-antrag erst am 15. Januar 2008 erfahren, sei darauf zu verweisen, dass er den Antrag bei seiner Krankenkasse habe stellen dürfen und sich die Beklagte diesen Antrag habe zurech-nen lassen müssen. Schließlich habe auch die Einzugsstelle Zeit genug gehabt, den Antrag im ordentlichen Geschäftsgang an die Beklagte weiterzuleiten. Verzögerungen könnte nicht einfach ihm - dem Kläger - angelastet werden. Schließlich macht der Kläger unter Berufung auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 13. September 2006, Az. B 12 AL 1/05) geltend, die Frist des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV habe nicht zu laufen begonnen, solange er davon habe ausgehen können und dür-fen, dass er versicherungspflichtig sei. Der Kläger beantragt, Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Juli 2010 aufzuheben und den Betrag den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 1. Dezember 2008 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen dem Kläger auch die für den Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 30. November 2003 entrichteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt Bezug auf ihre Ausführungen im Verfahren vor dem Sozialgericht. Ergänzend macht sie geltend, die vom Kläger vertretene Auffassung, die Frist des § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV beginne erst, wenn der Versicherte Kenntnis vom seinem wahren Status erlange, würde die Vorschrift ihres gesetzgeberisch gewollten Inhalts berauben. Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 14. Dezember 2011 aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ), § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG a. F.), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig.

Sie ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstat-tung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung über die dort verfügte Erstattung hinaus. Dem Begehren des Kläger steht entgegen, dass die strittigen Beiträge gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 bestimmten Frist von 4 Jahren nach dem Jahr, in dem sie entrichtet worden waren, nicht mehr beanstandet werden konnten und als rechtmäßig entrichtete Beiträge galten. Die ab dem 1. Januar 2008 geltende Rechtslage, d. h. der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene und die Rechtslage insofern prägende Satz 3 des § 26 Abs. 1 SGB IV findet, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, auf den hier zu beurteilenden Erstattungsvorgang Anwendung, weil der Kläger die Erstattung dieser Beiträge erst nach dem Inkrafttreten dieser Regelung beantragt hat. Die dort in Bezug genommene Frist des § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB IV lief für die hier in Rede stehenden bis zum 30. November 2003 entrichteten Beiträge am 31. Dezember 2007 ab. Hätte der Kläger ihre Erstattung vorher schriftlich beantragt, so hätte dies gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 1. Alt. SGB IV den Ablauf der in § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB IV geregelten Verjährungsfrist gehemmt mit der Folge, dass die Voraussetzungen der in § 26 Abs. 1 Satz 3 SGB IV geregelten Fiktion nicht erfüllt wären. Ohne einen solchen schriftlichen Antrag waren diese Voraussetzungen bei Eingang des Antrags hingegen erfüllt und konnten bei der Entscheidung über die Erstattung nicht unberücksichtigt bleiben.

Der im Dezember 2007 bei der Einzugsstelle eingegangene Antrag des Klägers, gemäß § 28h SGB IV den sozialversicherungsrechtlichen Status seiner Tätigkeit für die S. GmbH festzustellen, war nicht geeignet, den Ablauf der Frist des § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu hemmen. Er lässt sich nicht als schriftlicher Erstattungsantrag im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB IV qualifizieren, denn er ist von seinem Wortlaut eindeutig auf die Statusprüfung beschränkt. Es mag auf sich beruhen, ob es insofern für die Hemmung der Verjährungsfrist ausreichend gewesen wäre, dass er ausdrücklich für den Fall der Feststellung von Versicherungs- und damit auch von Beitragsfreiheit die Erstattung der dann zu Unrecht entrichteter Beiträge beantragt, denn einen solchen ausdrücklichen, aber bedingten Antrag hat er nicht gestellt. Mag ein solcher auch auf die Vergangenheit bezogener Statusfeststellungsantrag sich in aller Regel letztlich auch auf die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge richten, so macht ihn das jedenfalls nicht zu einem schriftlichen Erstattungsantrag im Sinne von § 27 Abs. 3 Satz 2 SGB IV. Gerade wegen der dargestellten Bedeutung dieses Antrags kann auf eine eindeutige, ausdrückliche Erklärung des Petitums durch den Antragsteller nicht verzichtet werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Erstattungsanspruch unabhängig von einem Erstattungsantrag besteht und eine Erstattung schon von Amts wegen zu erfolgen hat.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
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