Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 12 R 1242/14 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 11/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. 3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für beide Rechtszüge auf jeweils 9.917,15 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 22. Dezember 2014 (der den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 29. Dezember 2014 zugestellt worden ist) ist bereits unzulässig. Es fehlt an einem Rechtsschutzbedürfnis, da die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes nicht erfüllt sind.
Soweit die Beschwerde auf die Herstellung aufschiebender Wirkung im Sinne des § 86a Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) abzielt, besteht ein solches Rechtsschutzbedürfnis (zu dessen Erfordernis auch im Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG vgl. nur Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Juni 2014 – L 1 KR 150/14 B ER, juris, m.w.N.) nicht mehr, da die Antragsgegnerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren die Vollziehung aus dem Beitragsbescheid vom 3. November 2014 ausgesetzt hat. Sie hat sich mit Schriftsatz vom 26. November 2014 (Eingang bei Gericht am 28. November 2014) bereit erklärt, die Vollziehung aus dem Bescheid vom 3. November 2014 gemäß § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 19. November 2014, bei Klageerhebung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens, auszusetzen.
Die Antragsgegnerin hat auf diese Weise die Aussetzung der Vollziehung in rechtswirksamer und für sie bindender Form erklärt. Insbesondere hat sie nicht etwa eine bedingte und somit unwirksame Prozesserklärung abgegeben. Zwar steht die mit der Aussetzung verbundene Anordnung einer Verzinsung selbst unter einer Bedingung (der Erfolglosigkeit des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid), sie ist jedoch – wie in § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG vorgesehen – in Form einer Auflage erfolgt.
Da die Aussetzung der Vollziehung in ihren Rechtsfolgen – einem Durchsetzungs- und Vollstreckungsverbot – einer kraft Gesetzes eingetretenen oder gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung entspricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86a Rn. 29; Wehrhahn , in: Breitkreuz/Fichte, SGG 2. Aufl. 2014 § 86a Rn. 45), hat die Antragstellerin insoweit bereits alles erreicht, was sie mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erreichen kann.
Dies gilt auch angesichts der mit der Aussetzung verbundenen Verzinsungsauflage (sog. Aussetzungszinsen). Sie mindert nicht etwa – wie die Antragstellerin meint – die aktuelle Wirkung der Aussetzung, sondern trifft eine Regelung für einen zukünftigen Zeitpunkt, an dem es der aufschiebenden Wirkung naturgemäß nicht mehr bedarf. Die in der Auflage angeordnete Verzinsung, die dem Umstand Rechnung trägt, dass Säumniszuschläge nach § 24 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung nicht anfallen (zum Ganzen Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 24 SGB IV, Rn. 30), steht unter der Bedingung, dass der Widerspruch ganz oder teilweise ("sofern") erfolglos bleibt. Anders als insbesondere die häufig auf § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG gestützte Auflage einer Sicherheitsleistung treffen diese Aussetzungszinsen die Antragstellerin nicht schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Soweit die Antragstellerin unter Zugrundelegung der Auflage überhaupt Zinsen zu zahlen hat, wird sie diese Verpflichtung erst zu einem derzeit nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt in der Zukunft treffen. Ihr mit der vorliegenden Beschwerde verfolgtes Antragsbegehren richtet sich mithin nicht auf einstweiligen, sondern auf vorbeugenden Rechtsschutz (vgl. allgemein zur vorliegenden Fallkonstellation Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Juni 2014 – L 1 KR 150/14 B ER, juris, Rn. 21). Vorbeugender Rechtsschutz ist hingegen nach allgemeinen Grundsätzen nur in Fallkonstellationen zu gewähren, in denen der im Sozialprozessrecht als Regelfall vorgesehene nachträgliche Rechtsschutz – unter Einschluss des in den §§ 86a, 86b SGG geregelten Eilrechtsschutzes – grundsätzlich zu spät kommt und entweder den Eintritt irreversibler Nachteile nicht verhindern kann oder seine Inanspruchnahme sonst mit unzumutbaren Nachteilen verbunden ist (vgl. aus neuerer Zeit BVerfG, Vorlagebeschluss vom 14. Januar 2014 – 2 BvE 13/13, 2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, 2 BvR 2730/13, 2 BvR 2731/13, BVerfGE 134, 366; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. April 2009 – 1 BvR 3405/08, NVwZ 2009, 977; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. November 2014 – L 9 SO 429/14 B ER, juris, Rn. 33; Bayerisches LSG, Beschluss vom 7. Januar 2015 – L 16 AS 734/14 B ER, juris, Rn. 11).
Dies gilt auch angesichts des Vortrags der Antragstellerin, sie habe gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs bereits jetzt Rückstellungen zu treffen, die ihre Bilanz belasteten und zur bilanziellen Überschuldung führen könnten. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs – und ihr gleichstehend auch die Aussetzung der Vollziehung durch die zuständige Behörde – bezeichnen einen vorläufigen Schwebezustand, der bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts den "status quo ante" beibehält (BSG, Urteil vom 23. September 1997 – 2 RU 44/96, SozR 3-1300 § 50 Nr. 20) mit der Konsequenz, dass während dieses Schwebezustandes keine Folgerungen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden dürfen (BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 6 KA 15/08 R –, SozR 4-2500 § 96 Nr. 1). Konkret bedeutet dies, dass keine Maßnahmen zur Durchsetzung oder Vollstreckung des Verwaltungsakts eingeleitet oder durchgeführt werden dürfen, dass bereits eingeleitete Maßnahmen einzustellen sind und dass aus gestaltenden Verwaltungsakten keine anderweitigen Folgerungen gezogen werden dürfen (BSG, Urteil vom 23. September 1997, a.a.O.). Zu unterscheiden ist indes zwischen Folgerungen, die die Behörde während dieses Schwebezustandes aus dem angefochtenen Verwaltungsakt zieht (was im vorliegenden Fall genau genommen schon deswegen nicht geschehen ist, weil die Auflage – wie in § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG vorgesehen – zeitgleich mit der Aussetzung der Vollziehung erfolgt ist) und Maßnahmen, die der Adressat des angefochtenen Verwaltungsaktes in seinem wohlverstandenen Interesse für den Fall zu ergreifen hat, dass sein Rechtsbehelf ohne Erfolg bleibt. Der Zweck der aufschiebenden Wirkung liegt nicht darin, den Rechtsbehelfsführer von allen Vorkehrungen für den Fall des Misserfolges zu entlasten, denn dies ginge deutlich über die Offenhaltefunktion der aufschiebenden Wirkung hinaus. Dies zeigt ein Vergleich des vorliegenden Falles mit der Konstellation, in der sich der Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt richtet, der dem Adressaten eine laufende Zahlungspflicht auferlegt. Auch hier verhindert die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nicht, dass die streitige Forderung weiter ansteigt und der Adressat dies bei seinen Dispositionen berücksichtigen muss.
In Betracht käme ein Rechtsschutzbedürfnis für den mit der Beschwerde verfolgten Antrag vor diesem Hintergrund nur dann, wenn – wie die Antragstellerin vorträgt – eine nachträgliche Korrektur der in der Auflage angeordneten Verzinsung nicht möglich wäre. Dies wäre indes nur dann der Fall, wenn die in der Auflage angeordnete Rechtsfolge der Verzinsung bestandskräftig und damit bindend (§ 77 SGG) würde und somit einer Nachprüfung im Hauptsacheverfahren entzogen wäre. Hierfür gibt es indes keine rechtlichen Anhaltspunkte.
Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, dass – da es im Beitragsrecht an einer § 237 der Abgabenordnung vergleichbaren Vorschrift fehlt – keine eindeutige Regelung, keine gefestigte Rechtsprechung und auch keine als herrschend zu bezeichnende Literaturmeinung über die Anfechtung einer Auflage im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG existiert, mit der Aussetzungszinsen angeordnet werden. Dennoch ergibt sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass eine solche Anfechtung nur auf dem hierfür üblicherweise vorgesehenen Weg (Widerspruch bzw. Klage) möglich sein kann (so im Ergebnis im Übrigen auch der von der Antragstellerin zitierte Beschluss des SG Lübeck vom 7. November 2012, S 5 KR 608/12 ER).
Dies folgt zunächst aus Stellung und Funktion von § 86a Abs. 3 SGG: Die Aussetzung der Vollziehung nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG stellt rechtlich keinen selbständigen Verwaltungsakt dar, sondern (ebenso wie die Anordnung der sofortigen Vollziehung, § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG) als prozessuales Instrument einen Annex zum angefochtenen Verwaltungsakt (Wahrendorf, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 86a Rn. 103; Wehrhahn in: Breitkreuz/Fichte, SGG 2. Aufl. 2014 § 86a Rn. 47). Eine Auflage, mit der die Aussetzungsentscheidung im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG "versehen" wird, ergänzt diese Annexentscheidung und – soweit sie auch unabhängig davon Rechtsfolgen zeitigen kann (wie dies hier der Fall ist, denn die Auflage kommt erst nach dem Ende der Aussetzung zum Tragen) – auch den angefochtenen Verwaltungsakt. Aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG), der effektiven Rechtsschutz gegen das Handeln der Verwaltung garantiert, ergibt sich, dass eine behördliche Entscheidung, deren Wirkungen (anders als eine Sicherheitsleistungsauflage) zeitlich nicht mit der Aussetzung der Vollziehung korrelieren, auch unabhängig davon einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden muss.
Gerade vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wird deutlich, dass sich die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzbegehren gegen die Verzinsung auf das Hauptsacheverfahren verweisen lassen muss. Dass ein Antrag auf Anordnung einer gleichsam nicht auflagenbewehrten aufschiebenden Wirkung nicht der richtige prozessuale Weg sein kann, um eine in der Zukunft (typischerweise nach Abschluss des Eilverfahrens) drohende Verzinsung abzuwenden, ergibt sich aus der Funktion des sozialgerichtlichen Eilverfahrens. Dieses dient dem Zweck, vor einer endgültigen Entscheidung des Rechtsstreits im Hauptsacheverfahren die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern (sog. Offenhaltefunktion). Den Eintritt von Bindungswirkung zu verhindern ist nicht Aufgabe des Eilverfahrens (anders offenbar Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Juni 2014 – L 1 KR 150/14 B ER, juris, Rn. 21), sondern des statthaften ordentlichen Rechtsbehelfs, d.h. typischerweise von Widerspruch und Anfechtungsklage. Somit kommt im Eilverfahren zwar die Kassation einer sich aktuell auswirkenden Auflage im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG (insbesondere hinsichtlich einer Sicherheitsleistung) in Betracht, nicht aber eine rein vorbeugende Abwendung von Aussetzungszinsen (zumal Letzteres eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache darstellte).
Der Senat ist daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren auch nicht dazu berufen, über die Rechtmäßigkeit der Verzinsungsauflage zu entscheiden (vgl. hierzu etwa Bayerisches LSG, Beschluss vom 6. Mai 2009 – L 5 B 731/08 R ER, juris; Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV Rn. 155). Denn fest steht, dass sie aktuell die Antragstellerin nicht beschwert und zukünftig – nach Eintritt der in ihr genannten Bedingung – keine bindende Wirkung wird entfalten können. Vielmehr wird in jedem Fall über Grund und Höhe eines etwaigen Zinsanspruchs durch Verwaltungsakt zu entscheiden sein, den die Antragsgegnerin – wie auch in ihrem Schriftsatz vom 20. Februar 2015 klargestellt – mit der "Auflage" gleichsam angekündigt hat. Angesichts dieser Rechtslage wäre es angebracht, wenn die Antragsgegnerin auf "Verzinsungsauflagen" verzichten würde. Eine gerichtliche Kassation kann jedoch von der Gegenseite nicht verlangt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts, die der Senat von Amts wegen auch auf die erstinstanzliche Festsetzung erstreckt (§ 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetz (GKG)), beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1, 3 und § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG. Dabei war der mit dem Bescheid geforderte Betrag zur Grundlage der Wertfestsetzung zu machen und dieser im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung angemessen – auf ein Viertel – zu reduzieren.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 22. Dezember 2014 (der den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 29. Dezember 2014 zugestellt worden ist) ist bereits unzulässig. Es fehlt an einem Rechtsschutzbedürfnis, da die besonderen Voraussetzungen für die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes nicht erfüllt sind.
Soweit die Beschwerde auf die Herstellung aufschiebender Wirkung im Sinne des § 86a Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) abzielt, besteht ein solches Rechtsschutzbedürfnis (zu dessen Erfordernis auch im Verfahren nach § 86b Abs. 1 SGG vgl. nur Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Juni 2014 – L 1 KR 150/14 B ER, juris, m.w.N.) nicht mehr, da die Antragsgegnerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren die Vollziehung aus dem Beitragsbescheid vom 3. November 2014 ausgesetzt hat. Sie hat sich mit Schriftsatz vom 26. November 2014 (Eingang bei Gericht am 28. November 2014) bereit erklärt, die Vollziehung aus dem Bescheid vom 3. November 2014 gemäß § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 19. November 2014, bei Klageerhebung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens, auszusetzen.
Die Antragsgegnerin hat auf diese Weise die Aussetzung der Vollziehung in rechtswirksamer und für sie bindender Form erklärt. Insbesondere hat sie nicht etwa eine bedingte und somit unwirksame Prozesserklärung abgegeben. Zwar steht die mit der Aussetzung verbundene Anordnung einer Verzinsung selbst unter einer Bedingung (der Erfolglosigkeit des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid), sie ist jedoch – wie in § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG vorgesehen – in Form einer Auflage erfolgt.
Da die Aussetzung der Vollziehung in ihren Rechtsfolgen – einem Durchsetzungs- und Vollstreckungsverbot – einer kraft Gesetzes eingetretenen oder gerichtlich angeordneten aufschiebenden Wirkung entspricht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86a Rn. 29; Wehrhahn , in: Breitkreuz/Fichte, SGG 2. Aufl. 2014 § 86a Rn. 45), hat die Antragstellerin insoweit bereits alles erreicht, was sie mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erreichen kann.
Dies gilt auch angesichts der mit der Aussetzung verbundenen Verzinsungsauflage (sog. Aussetzungszinsen). Sie mindert nicht etwa – wie die Antragstellerin meint – die aktuelle Wirkung der Aussetzung, sondern trifft eine Regelung für einen zukünftigen Zeitpunkt, an dem es der aufschiebenden Wirkung naturgemäß nicht mehr bedarf. Die in der Auflage angeordnete Verzinsung, die dem Umstand Rechnung trägt, dass Säumniszuschläge nach § 24 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung nicht anfallen (zum Ganzen Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 24 SGB IV, Rn. 30), steht unter der Bedingung, dass der Widerspruch ganz oder teilweise ("sofern") erfolglos bleibt. Anders als insbesondere die häufig auf § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG gestützte Auflage einer Sicherheitsleistung treffen diese Aussetzungszinsen die Antragstellerin nicht schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Soweit die Antragstellerin unter Zugrundelegung der Auflage überhaupt Zinsen zu zahlen hat, wird sie diese Verpflichtung erst zu einem derzeit nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt in der Zukunft treffen. Ihr mit der vorliegenden Beschwerde verfolgtes Antragsbegehren richtet sich mithin nicht auf einstweiligen, sondern auf vorbeugenden Rechtsschutz (vgl. allgemein zur vorliegenden Fallkonstellation Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Juni 2014 – L 1 KR 150/14 B ER, juris, Rn. 21). Vorbeugender Rechtsschutz ist hingegen nach allgemeinen Grundsätzen nur in Fallkonstellationen zu gewähren, in denen der im Sozialprozessrecht als Regelfall vorgesehene nachträgliche Rechtsschutz – unter Einschluss des in den §§ 86a, 86b SGG geregelten Eilrechtsschutzes – grundsätzlich zu spät kommt und entweder den Eintritt irreversibler Nachteile nicht verhindern kann oder seine Inanspruchnahme sonst mit unzumutbaren Nachteilen verbunden ist (vgl. aus neuerer Zeit BVerfG, Vorlagebeschluss vom 14. Januar 2014 – 2 BvE 13/13, 2 BvR 2728/13, 2 BvR 2729/13, 2 BvR 2730/13, 2 BvR 2731/13, BVerfGE 134, 366; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. April 2009 – 1 BvR 3405/08, NVwZ 2009, 977; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. November 2014 – L 9 SO 429/14 B ER, juris, Rn. 33; Bayerisches LSG, Beschluss vom 7. Januar 2015 – L 16 AS 734/14 B ER, juris, Rn. 11).
Dies gilt auch angesichts des Vortrags der Antragstellerin, sie habe gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs bereits jetzt Rückstellungen zu treffen, die ihre Bilanz belasteten und zur bilanziellen Überschuldung führen könnten. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs – und ihr gleichstehend auch die Aussetzung der Vollziehung durch die zuständige Behörde – bezeichnen einen vorläufigen Schwebezustand, der bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts den "status quo ante" beibehält (BSG, Urteil vom 23. September 1997 – 2 RU 44/96, SozR 3-1300 § 50 Nr. 20) mit der Konsequenz, dass während dieses Schwebezustandes keine Folgerungen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden dürfen (BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 6 KA 15/08 R –, SozR 4-2500 § 96 Nr. 1). Konkret bedeutet dies, dass keine Maßnahmen zur Durchsetzung oder Vollstreckung des Verwaltungsakts eingeleitet oder durchgeführt werden dürfen, dass bereits eingeleitete Maßnahmen einzustellen sind und dass aus gestaltenden Verwaltungsakten keine anderweitigen Folgerungen gezogen werden dürfen (BSG, Urteil vom 23. September 1997, a.a.O.). Zu unterscheiden ist indes zwischen Folgerungen, die die Behörde während dieses Schwebezustandes aus dem angefochtenen Verwaltungsakt zieht (was im vorliegenden Fall genau genommen schon deswegen nicht geschehen ist, weil die Auflage – wie in § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG vorgesehen – zeitgleich mit der Aussetzung der Vollziehung erfolgt ist) und Maßnahmen, die der Adressat des angefochtenen Verwaltungsaktes in seinem wohlverstandenen Interesse für den Fall zu ergreifen hat, dass sein Rechtsbehelf ohne Erfolg bleibt. Der Zweck der aufschiebenden Wirkung liegt nicht darin, den Rechtsbehelfsführer von allen Vorkehrungen für den Fall des Misserfolges zu entlasten, denn dies ginge deutlich über die Offenhaltefunktion der aufschiebenden Wirkung hinaus. Dies zeigt ein Vergleich des vorliegenden Falles mit der Konstellation, in der sich der Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt richtet, der dem Adressaten eine laufende Zahlungspflicht auferlegt. Auch hier verhindert die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nicht, dass die streitige Forderung weiter ansteigt und der Adressat dies bei seinen Dispositionen berücksichtigen muss.
In Betracht käme ein Rechtsschutzbedürfnis für den mit der Beschwerde verfolgten Antrag vor diesem Hintergrund nur dann, wenn – wie die Antragstellerin vorträgt – eine nachträgliche Korrektur der in der Auflage angeordneten Verzinsung nicht möglich wäre. Dies wäre indes nur dann der Fall, wenn die in der Auflage angeordnete Rechtsfolge der Verzinsung bestandskräftig und damit bindend (§ 77 SGG) würde und somit einer Nachprüfung im Hauptsacheverfahren entzogen wäre. Hierfür gibt es indes keine rechtlichen Anhaltspunkte.
Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, dass – da es im Beitragsrecht an einer § 237 der Abgabenordnung vergleichbaren Vorschrift fehlt – keine eindeutige Regelung, keine gefestigte Rechtsprechung und auch keine als herrschend zu bezeichnende Literaturmeinung über die Anfechtung einer Auflage im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG existiert, mit der Aussetzungszinsen angeordnet werden. Dennoch ergibt sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, dass eine solche Anfechtung nur auf dem hierfür üblicherweise vorgesehenen Weg (Widerspruch bzw. Klage) möglich sein kann (so im Ergebnis im Übrigen auch der von der Antragstellerin zitierte Beschluss des SG Lübeck vom 7. November 2012, S 5 KR 608/12 ER).
Dies folgt zunächst aus Stellung und Funktion von § 86a Abs. 3 SGG: Die Aussetzung der Vollziehung nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG stellt rechtlich keinen selbständigen Verwaltungsakt dar, sondern (ebenso wie die Anordnung der sofortigen Vollziehung, § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG) als prozessuales Instrument einen Annex zum angefochtenen Verwaltungsakt (Wahrendorf, in: Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 86a Rn. 103; Wehrhahn in: Breitkreuz/Fichte, SGG 2. Aufl. 2014 § 86a Rn. 47). Eine Auflage, mit der die Aussetzungsentscheidung im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG "versehen" wird, ergänzt diese Annexentscheidung und – soweit sie auch unabhängig davon Rechtsfolgen zeitigen kann (wie dies hier der Fall ist, denn die Auflage kommt erst nach dem Ende der Aussetzung zum Tragen) – auch den angefochtenen Verwaltungsakt. Aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG), der effektiven Rechtsschutz gegen das Handeln der Verwaltung garantiert, ergibt sich, dass eine behördliche Entscheidung, deren Wirkungen (anders als eine Sicherheitsleistungsauflage) zeitlich nicht mit der Aussetzung der Vollziehung korrelieren, auch unabhängig davon einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden muss.
Gerade vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG wird deutlich, dass sich die Antragstellerin mit ihrem Rechtsschutzbegehren gegen die Verzinsung auf das Hauptsacheverfahren verweisen lassen muss. Dass ein Antrag auf Anordnung einer gleichsam nicht auflagenbewehrten aufschiebenden Wirkung nicht der richtige prozessuale Weg sein kann, um eine in der Zukunft (typischerweise nach Abschluss des Eilverfahrens) drohende Verzinsung abzuwenden, ergibt sich aus der Funktion des sozialgerichtlichen Eilverfahrens. Dieses dient dem Zweck, vor einer endgültigen Entscheidung des Rechtsstreits im Hauptsacheverfahren die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern (sog. Offenhaltefunktion). Den Eintritt von Bindungswirkung zu verhindern ist nicht Aufgabe des Eilverfahrens (anders offenbar Hessisches LSG, Beschluss vom 12. Juni 2014 – L 1 KR 150/14 B ER, juris, Rn. 21), sondern des statthaften ordentlichen Rechtsbehelfs, d.h. typischerweise von Widerspruch und Anfechtungsklage. Somit kommt im Eilverfahren zwar die Kassation einer sich aktuell auswirkenden Auflage im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 4 SGG (insbesondere hinsichtlich einer Sicherheitsleistung) in Betracht, nicht aber eine rein vorbeugende Abwendung von Aussetzungszinsen (zumal Letzteres eine grundsätzlich unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache darstellte).
Der Senat ist daher im vorliegenden Beschwerdeverfahren auch nicht dazu berufen, über die Rechtmäßigkeit der Verzinsungsauflage zu entscheiden (vgl. hierzu etwa Bayerisches LSG, Beschluss vom 6. Mai 2009 – L 5 B 731/08 R ER, juris; Jochim in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p SGB IV Rn. 155). Denn fest steht, dass sie aktuell die Antragstellerin nicht beschwert und zukünftig – nach Eintritt der in ihr genannten Bedingung – keine bindende Wirkung wird entfalten können. Vielmehr wird in jedem Fall über Grund und Höhe eines etwaigen Zinsanspruchs durch Verwaltungsakt zu entscheiden sein, den die Antragsgegnerin – wie auch in ihrem Schriftsatz vom 20. Februar 2015 klargestellt – mit der "Auflage" gleichsam angekündigt hat. Angesichts dieser Rechtslage wäre es angebracht, wenn die Antragsgegnerin auf "Verzinsungsauflagen" verzichten würde. Eine gerichtliche Kassation kann jedoch von der Gegenseite nicht verlangt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts, die der Senat von Amts wegen auch auf die erstinstanzliche Festsetzung erstreckt (§ 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetz (GKG)), beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 1, 3 und § 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG. Dabei war der mit dem Bescheid geforderte Betrag zur Grundlage der Wertfestsetzung zu machen und dieser im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung angemessen – auf ein Viertel – zu reduzieren.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved