L 5 KA 60/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 27 KA 112/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 KA 60/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Juli 2013 aufgehoben und die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. 3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine höhere Gesamtvergütung für die Quartale I/2005 bis einschließlich IV/2008.

Die Hamburg Münchener Krankenkasse (HMK) war eine Ersatzkasse, die mit Wirkung zum 1. Januar 2010 in die (damalige) Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) eingegliedert worden ist. Die jetzige Beklagte ist mit Wirkung zum 1. Januar 2012 aus der Fusion der DAK mit zwei Betriebskrankenkassen hervorgegangen.

Die HMK behielt in den Quartalen I/2005 bis einschließlich IV/2008 von den nach § 14 Abs. 2 des Gesamtvertrages zwischen der Beklagten und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. sowie dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. vom 11. April 1996 (i.F.: Gesamtvertrag) zu leistenden Abschlagszahlungen auf die Gesamtvergütung Beträge in verschiedener Höhe ein (i.F.: Einbehalte), die sich auf insgesamt 181.117,84 Euro beliefen. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Auskünfte der Gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V, die bei der Bundesgeschäftsstelle Q. (i.F.: gemeinsame Registrierungsstelle) eingerichtet ist, beliefen sich die Einbehalte im Jahr 2007 auf einen Betrag von 2.345.841,13 Euro (davon gegenüber der Klägerin 45.680,60 Euro), wovon in den Jahren 2007 und 2008 insgesamt 1.899.207,73 Euro ausgegeben wurden (Saldo: plus 446.633,40 Euro). Im Jahr 2008 behielt die HMK 2.745.572,32 Euro ein (davon bei der Klägerin 48.931,26 Euro) und gab 2.960.437,81 Euro aus (Saldo minus 214.865,49).

Offenbar unter dem 26. März 2009 fertigte die HMK ein als "Darlegung der Verwendung der in den Jahren 2004 bis 2008 für Verträge der integrierten Versorgung einbehaltenen Mittel" betiteltes Schreiben (i.F.: Verwendungsnachweis), in dem sie für die Jahre 2004 bis 2008 einen "Rückzahlungsanspruch" der Klägerin von 26.582,96 Euro errechnete (davon 4.122,55 Euro für die Jahre 2007 und 2008). Speziell für die Jahre 2007 und 2008 ergab sich hieraus (in Übereinstimmung mit den Auskünften der gemeinsamen Registrierungsstelle) ein Gesamtsaldo von 231.767,91 Euro. Die HMK errechnete hieraus für die Jahre 2004 bis 2006 einen Anspruch der Klägerin in Höhe von 22.460,41 Euro und für die Jahre 2007 und 2008 einen Anspruch von 4.122,55 Euro. Hierbei ging die HMK davon aus, sie habe zulasten der Klägerin eine Anschubfinanzierung in Höhe von 90.562,95 Euro einbehalten, und der Anteil im Sinne von § 140d Abs. 1 Satz 8 letzter Halbsatz Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung, a.F.) habe sich auf 0,01778 Prozent belaufen.

Am 8. April 2010 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte (d.h. die damalige DAK als Rechtsnachfolgerin der HMK) 1. zu verurteilen, Auskunft zu erteilen, a. aufgrund welchen Vertrages/welcher Verträge zur integrierten Versorgung und in welcher jeweiligen Höhe die Beklagte Abzüge von insgesamt 1 % von der an die Klägerin zu zahlenden Gesamtvergütung zur Förderung der integrierten Versorgung vorgenommen habe, b. für welchen Vertrag/welche Verträge zur Förderung der integrierten Versorgung diese Einbehalte zu welchem Zeitpunkt verwendet worden seien, 2. nach erteilter Auskunft zu verurteilen, der Klägerin den Betrag, der sich nach den erteilten Auskünften weder als Einbehalt für Verträge zur Förderung der integrierten Versorgung noch als Verwendung für Zweck zur Förderung der integrierten Versorgung darstelle, nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Sie hat ausgeführt, die HMK habe Anteile der Gesamtvergütung einbehalten, wobei unklar sei, aufgrund welcher Verträge diese Einbehalte genau erfolgt seien. Auf der Grundlage genauerer Informationen zu den der gemeinsamen Registrierungsstelle gemeldeten Verträgen sowie der konkreten Mittelverwendung werde sich sodann ein Anspruch beziffern lassen. Zu diesem Zweck habe die Beklagte die entsprechenden Verträge vorzulegen, "wie es erforderlich (sei), um überprüfen zu können, ob nach den Grundsätzen des Bundessozialgerichts ein Vertrag zur integrierten Versorgung vorliegt".

Mit Schriftsätzen vom 9. Februar 2011 und 14. April 2011 hat die Klägerin sodann ausgeführt, die Beklagte habe insgesamt 181.117,91 Euro für die Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung einbehalten. Dieser Gesamtbetrag solle nebst Zinsen ab Fälligkeit mit der Klage geltend gemacht werden.

Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2013 hat die Klägerin Auszahlung sämtlicher Einbehalte seit dem Quartal I/2005 (insgesamt 181.637,73 Euro) nebst Zinsen (entsprechender einer detaillierten Berechnung) verlangt.

Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2013 hat die Klägerin den Hauptantrag in Höhe der bereits gezahlten 26.528,96 Euro zurückgenommen (und dabei ausgeführt, im vorangehenden Schriftsatz vom 17. Mai 2013 sei ihr insoweit lediglich ein Schreibfehler unterlaufen). Die Umstellung des Klageantrags sei gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht als Klageänderung anzusehen, jedenfalls sei sie aber sachdienlich im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG. Da sie – die Klägerin – bestreite, dass die Verträge den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, sei die Beklagte verpflichtet, diese vorzulegen. Lege die Krankenkasse diese Verträge nicht oder nicht vollständig vor, so sei eine Beweislastentscheidung zu ihren Lasten zu treffen. Der geltend gemachte Anspruch sei auch nicht verjährt. Er sei gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 Fünftes Buch SGB V a.F. erst am 31. März 2009 fällig geworden.

Die Beklagte hat ausgeführt, die HMK habe tatsächlich in den Jahren 2005 bis 2008 insgesamt 181.117,84 Euro zulasten der Klägerin einbehalten und überwiegend für die vertraglich vorgesehenen Zwecke verwendet. Die nicht verwendeten Mittel in Höhe von 26.582,96 Euro habe die HMK bereits im April 2009 und somit deutlich vor Klageerhebung an die Klägerin ausgezahlt. Zur Vorlage der einzelnen Verträge sei sie nicht verpflichtet. Einer Klageänderung in eine Leistungsklage hat die Beklagte ausdrücklich widersprochen. Weiterhin sei diese Änderung auch nicht sachdienlich, da die Klage in ihrer ursprünglichen Fassung mangels Rechtsschutzbedürfnis abweisungsreif gewesen sei. Dass die Klägerin ihre zunächst erhobene Stufenklage auch ohne Vorlage der auf der ersten Stufe begehrten Auskünfte auf eine Leistungsklage umgestellt habe, zeige deutlich, dass diese Auskünfte nicht zur Ermittlung der Klageforderung erforderlich gewesen seien. Außerdem sei der geltend gemachte Anspruch verjährt und auch die Stufenklage habe nicht verjährungshemmend gewirkt. Eine Stufenklage hemme nur die Verjährung eines Anspruchs, der nach Erfüllung des der Vorbereitung dienenden Hilfsanspruchs beziffert werde. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin ihren Zahlungsanspruch jedoch völlig unabhängig davon beziffert.

Durch Urteil vom 17. Juli 2013 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von 154.534,88 Euro nebst Zinsen unter Zugrundelegung der Fälligkeitszeitpunkte für die monatsweisen Abschlagszahlungen verurteilt. Außerdem hat es der Beklagten die vollen Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Klägerin habe zunächst eine Leistungsklage als Teil der Stufenklage erheben und diese so erhobene Klage später im Sinne einer reinen Leistungsklage konkretisieren können. Sie habe Anspruch auf die Zahlung in Höhe sämtlicher Einbehalte (abzüglich des bereits gezahlten Betrages von 26.582,96 Euro), da die Beklagte ihrer aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. folgenden Verpflichtung zur Abrechnung bis zum 31. März 2009 nicht in vollem Umfang nachgekommen sei und es deshalb an einem Nachweis dessen fehle, dass die einbehaltenen Teile der Gesamtvergütung überhaupt für die Förderung der integrierten Versorgung verwendet worden seien. Aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. in Verbindung mit Satz 4 der Vorschrift ergebe sich, dass jedenfalls immer dann, wenn nicht einmal ansatzweise eine Rechnungslegung erfolgt sei, diese nach Ablauf des Stichtages (31. März 2009) nicht mehr nachgereicht werden könne und der einbehaltende Betrag auszuzahlen sei (Verweis auf SG Marburg, Urteil vom 26. September 2012 – S 12 KA 967/09, juris). Auch die (obendrein verspätete) Zahlung eines Betrags von 26.582,96 Euro sei nicht als Rechnungslegung aufzufassen gewesen, denn allein aus dieser Zahlung sei nicht ersichtlich gewesen, um welche einbehaltenen Mittel und welchen Vertrag zur integrierten Versorgung es sich gehandelt habe. Die Forderung sei auch nicht verjährt, denn die Verjährung sei durch Klageerhebung gehemmt worden. Der Zinsanspruch ergebe sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit § 14 Abs. 5 des Gesamtvertrags.

Am 30. August 2013 hat die Beklagte gegen dieses ihr am 20. August 2013 zugestellte Urteil Berufung eingelegt.

Sie führt aus, das Sozialgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Klage von der Stufen- auf die Leistungsklage habe umstellen dürfen. Da die Klägerin die Höhe der Einbehalte – im Übrigen auch bereits vor dem 31. März 2009 – gekannt habe, sei die auf erster Stufe des ursprünglichen Klageantrags begehrte Auskunft nicht zur Bezifferung des Leistungsantrags erforderlich gewesen. Vor diesem Hintergrund halte sie auch an der Einrede der Verjährung fest: Verjährung sei jedenfalls insoweit eingetreten, als sich "der Zahlungsanspruch auf die Überprüfung der Erforderlichkeit" beziehe. Die Klägerin habe auf erster Stufe ihres Antrags aus der Klageschrift Auskunft über die Versorgungsverträge, die Höhe der Einbehalte und die Verwendung der einbehaltenen Mittel verlangt. Aus Ziffer 2 des ursprünglichen Klageantrags ergebe sich, dass es der Klägerin darum gegangen sei, den Betrag zu ermitteln, der sich aus der Differenz der tatsächlich vorgenommenen Einbehalte und den nicht für "wirksame" Verträge einbehaltenen Mitteln ergeben habe. Ihren vermeintlichen Zahlungsanspruch habe die Klägerin allerdings später unabhängig von den zur Vorbereitung dienenden Hilfsansprüchen beziffert. Zwischen dem ursprünglichen Klageantrag zu 1 und dem später gestellten Zahlungsantrag habe kein Zusammenhang bestanden. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Verweis auf BGH, Urteil vom 24. Mai 2012 – IX ZR 168/11) sei die Stufenklage unzulässig gewesen, da die klageweise geltend gemachte Auskunft nicht der Bezifferung des Leistungsanspruch gedient habe, sondern vielmehr benötigt worden sei, um beurteilen zu können, ob überhaupt ein Anspruch bestehe. Die unbezifferte Leistungsklage sei wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis unzulässig gewesen, denn die Klägerin habe die Höhe der Einbehalte gekannt. Hilfsweise sei davon auszugehen, dass eine etwaige Hemmung der Verjährung dadurch entfallen sei, dass das gerichtliche Verfahren zwischen dem 3. Mai 2011 und der Ladung vom 22. April 2013 nicht betrieben worden sei.

In der Sache habe das Sozialgericht den Verwendungsnachweis vom 26. März 2009 nicht berücksichtigt, obwohl die Beklagte substantiiert dargelegt habe, dass dieser der Klägerin schon vor Klageerhebung bekannt gewesen sei. Der Sitzungsvertreter der Klägerin habe seinerzeit vor dem Sozialgericht erklärt, der Verwendungsnachweis sei seiner Auffassung nach nicht hinreichend konkret. Damit habe er zugleich zugegeben, dass die Klägerin das entsprechende Schreiben erhalten habe. Auch die im Verwendungsnachweis ausgewiesene Zahlung habe sie erhalten.

Das Sozialgericht habe in diesem Zusammenhang richterliche Hinweispflichten verletzt und nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt. Es habe eine Überraschungsentscheidung erlassen, da es die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verträge nicht zur Akte genommen, sondern erklärt habe, auf diese komme es nicht an. Dem vom Sozialgericht angeführten Urteil des Sozialgerichts Marburg sei auch nicht zu folgen, vielmehr habe das Sozialgericht Berlin (Verweis auf Urteil vom 29. August 2012 – S 36 KR 2137/10, juris, Rn. 109) zutreffend ausgeführt, dass eine nicht fristgerechte Abrechnung nicht automatisch zur Auszahlung aller Einbehalte verpflichte. Auf die Vorlage der einzelnen Verträge und deren Inhalt komme es nicht an, da ein etwaiger Anspruch der Klägerin ohnehin verjährt sei.

Die aufgrund der vorgelegten Verträge theoretisch mögliche Gesamtkürzungsquote habe bereits ab dem 1. Juli 2005 bei mehr als 1 Prozent gelegen, im Jahr 2008 zwischen 3,639748 Prozent und 4,201003 Prozent. Konkrete Kürzungsbeträge ließen sich den einzelnen Verträgen nicht zuordnen. Da die Einbehalte aufgrund der Gesamtkürzungsquote erfolgt seien, sei eine solche Berechnung nur möglich, wenn lediglich ein einziger Vertrag zum Einbehalt berechtigt hätte. Allein der Vertrag Nr., den das Sozialgericht Hamburg als Vertrag zur integrierten Versorgung gebilligt habe (Verweis auf SG Hamburg, Urteil vom 11. Dezember 2013 – S 3 KA 183/08, recte: 173/08, wo der Vertrag als Nr. 111 bezeichnet wird), habe angesichts einer theoretischen Kürzungsquote von 1,291 Prozent bereits sämtliche erfolgten Einbehalte gerechtfertigt. Die HMK sei diesem ursprünglich zwischen der (damaligen) DAK und den Unternehmen der Unternehmensgruppe D. geschlossenen Vertrag auch wirksam beigetreten, wie sich aus einer Auskunft des Herrn J. – der damals auf Seiten der Unternehmensgruppe gestanden habe – ergebe. In diesem Zusammenhang sei die 1-Prozent-Grenze in § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. im Sinne einer Kappungsgrenze zu verstehen, nicht dahingehend, dass die rechnerisch mögliche Gesamtkürzungsquote nur bis zu 1 Prozent habe betragen dürfen. Auch wenn einzelne Verträge nicht rechtskonform seien, verpflichte dies nicht automatisch zur Nachzahlung von Einbehalten. Die relevanten Kalkulationsgrundlagen ergäben sich aus den Meldungen an die gemeinsame Registrierungsstelle, wobei der Finanzierungsbedarf im Wesentlichen auf der geschätzten Zahl der an der integrierten Versorgung teilnehmenden Versicherten beruhe. § 140d Abs. 1 SGB V a.F. habe den Krankenkassen außerdem hinsichtlich des zu erwartenden Finanzierungsbedarfs eine weitreichende Einschätzungsprärogative eingeräumt (Verweis auf Sächsisches LSG, Urteil vom 24. Juni 2009 – L 1 KR 76/08).

Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin für die in den Jahren 2007 und 2008 nicht verwendeten Mittel lasse sich nicht für einzelne Quartale aufschlüsseln, da das Gesetz den Krankenkassen drei Jahre Zeit für die Verwendung eingeräumt habe.

Schließlich habe das Sozialgericht bei seiner Kostenentscheidung auch die teilweise Klagerücknahme in Höhe von 26.582,96 Euro verkannt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil: Zunächst sei die Anwendung von Verjährungsregelungen im Sozialrecht vom Sinn und Zweck her nicht sehr zielführend. Im Übrigen habe sich die Fälligkeit des Anspruchs aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. ergeben, denn erst an dem dort genannten Datum (31. März 2009) habe die Klägerin erkennen können, wie hoch die Einbehalte tatsächlich gewesen seien. Den Verwendungsnachweis, dessen Existenz die Beklagte behaupte, habe die Klägerin nie erhalten. Auch habe sie – die Klägerin – durch ihre Schriftsätze vom 9. Februar 2011 und 14. April 2011 eine reine Leistungsklage gerichtet auf Zahlung der jeweils ausstehenden Beträge erhoben, wodurch die Verjährung gehemmt gewesen sei.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass bereits die Anschubfinanzierung zur Umsetzung des Vertrages Nr. für sich allein die erfolgten Einbehalte gerechtfertigt habe. Eine Krankenkasse könne zur Anschubfinanzierung eines Vertrages nicht mehr einbehalten als den Betrag, der sich aus der Quote ergebe, die sie der gemeinsamen Registrierungsstelle gemeldet habe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Summe der gemeldeten Quoten 1 Prozent nicht übersteigen dürfe, denn andernfalls sei nicht nachvollziehbar, auf welchen Vertrag welche Einbehalte gestützt würden. Es gehe zulasten der Krankenkasse, wenn diese aufgrund ihrer eigenen intransparenten Angaben nicht aufschlüsseln könne, wie hoch die Einbehalte für die einzelnen Verträge gewesen seien. Die Meldung höherer Quoten als insgesamt 1 Prozent sei rechtsmissbräuchlich und führe dazu, dass alle einbehaltenen Mittel zurückzuzahlen seien. Die Beklagte habe auch nur behauptet, aber nicht bewiesen, dass sie sämtliche im Wege der Anschubfinanzierung erlangten Mittel für den Vertrag Nr. ausgegeben habe. Auch habe die Beklagte erstmals am 1. Dezember 2006 der Gemeinsamen Registrierungsstelle eine Quote von 1% für besagten Vertrag gemeldet.

Letztlich stünden auch Gesichtspunkte der Prozessökonomie der Sichtweise der Beklagten entgegen: Hätte die Klägerin "Verträge nur einzeln beklagt", so wäre eine Berücksichtigung anderer Verträge im jeweiligen Gerichtsverfahren ausgeschlossen.

Der Senat hat die Verträge, aus deren Bestehen die Beklagte ihr Recht auf Einbehaltung gestützt hat, beigezogen.

Der Senat hat am 20. Mai 2015 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der von der Beklagten vorgelegten Verträge und der ansonsten von ihr und der Klägerin vorgelegten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß § 151 SGG frist- und formgerechte Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung verurteilt.

Die Klägerin hatte infolge der Einbehalte dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung 1. der Beträge, die in den Jahren 2007 und 2008 einbehalten, aber nicht verbraucht worden waren und 2. der Beträge, deren Einbehalt nicht durch den Zweck der Anschubfinanzierung nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. gerechtfertigt war.

Der unter 1 beschriebene Anspruch war allerdings bereits vor Klageerhebung durch Erfüllung erloschen (dazu unter II). Der unter 2 beschriebene Anspruch ist für die Quartale vor dem 1. April 2008 verjährt und bestand in den Quartalen II-IV/2008 deswegen nicht, da die in dieser Zeit erfolgten Einbehalte zur Gänze jedenfalls aus dem Vertrag Nr. gerechtfertigt waren (dazu unter III).

I.) In Zusammenhang mit Einbehalten zur Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung sind grundsätzlich zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen streng zu trennen, die auf unterschiedlichen Rechtsgründen und unterschiedlichen Lebenssachverhalten beruhen. Dies ist zum einen der Anspruch auf "Nachzahlung" der Mittel, die die Krankenkasse ungerechtfertigt einbehalten hat. Anspruchsgrundlage hierfür ist § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag. Als zugrundeliegender Lebenssachverhalt kommen in Betracht: das Fehlen von Verträgen, die den Anforderungen an die integrierte Versorgung gerecht werden, eine Überschreitung der 1-Prozent-Grenze oder auch ein Überschreiten der krankenkassenindividuellen Grenze, die sich aus der Addition der von ihr gemeldeten Abzugsquoten ergibt. Davon zu unterscheiden ist der Anspruch auf Zahlung einbehaltener, aber nicht rechtzeitig oder zweckgemäß verwendeter Mittel nach § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V. Er besteht unabhängig von den soeben genannten Umständen allein schon dann, wenn die Krankenkasse die Mittel einbehalten, aber nicht nach Maßgabe der Vorschrift verwendet hat.

II.) Der Anspruch der Klägerin aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. (wegen "verspäteter Abrechnung") war bereits vor Klageerhebung durch Erfüllung erloschen.

1.) Über diesen Anspruch der Klägerin ist in der Sache zu entscheiden. Die Beklagte rügt der Sache nach eine Verletzung von § 99 SGG durch die Vorinstanz, wenn sie ausführt, das Sozialgericht sei zu Unrecht von einer wirksamen und zulässigen Umstellung der Klage von der Stufen- auf die Leistungsklage ausgegangen und habe die Ziffer 2 des ursprünglichen Klageantrags unzutreffend dahingehend verstanden, dass es der Klägerin darum gegangen sei, den Betrag zu ermitteln, der sich aus der Differenz zwischen den tatsächlich vorgenommenen Einbehalten und den nicht für "wirksame" Verträge einbehaltenen Mitteln ergeben habe. Da allerdings die Entscheidung, dass eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, nach § 99 Abs. 4 SGG unanfechtbar ist, ist dies der Prüfung des Senats entzogen. Entscheidet ein Gericht zur Sache und bejaht es dabei ausdrücklich oder konkludent die Zulässigkeit einer Klageänderung, so ist das Rechtsmittelgericht hieran gebunden (Bieresborn in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 99 Rn. 66 m.w.N.).

2.) Das Sozialgericht hat die Beklagte allerdings zu Unrecht zur Auszahlung sämtlicher Einbehalte wegen verspäteter Abrechnung verurteilt. Aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. kann die Klägerin nur den nach Maßgabe des letzten Halbsatzes der Vorschrift auf sie entfallenden Anteil an den Mitteln verlangen, die die Beklagte in den Jahren 2007 und 2008 einbehalten, aber nicht verbraucht hatte. Ein Anspruch aus dieser Vorschrift für frühere Zeiträume scheidet aus, weil durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz für alle Quartale vor I/2007 ein Schuldenerlass kraft Gesetzes stattgefunden hat (auf dessen genaue Reichweite es im vorliegenden Fall nicht ankommt). Den am 31. März 2009 bestehenden Anspruch hinsichtlich der Jahre 2007 und 2008 hatte die Beklagte hingegen bereits vor Klageerhebung durch Zahlung von 26.582,96 Euro erfüllt.

a) Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung des vom Sozialgericht zugesprochenen Betrages ergibt sich nicht aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. in Verbindung mit Satz 4 der Vorschrift. Dem Gesetz lässt sich nicht entnehmen, dass Krankenkassen verpflichtet gewesen wären, alle Geldmittel, die sie im Wege des § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. einbehalten hatten, an die Kassenärztlichen Vereinigungen auszuzahlen, wenn sie deren Verwendung nicht bis zum 31. März 2009 dargetan hatten.

aa) Dergleichen ergibt sich nicht aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Vorschriften. Rein grammatikalisch betrachtet erscheint § 140 Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. in sich widersprüchlich. Die Vorschrift lautete in ihrer letzten, vom 1. April 2007 bis zum 31. Dezember 2011 gültigen Fassung:

"Werden die einbehaltenen Mittel nicht innerhalb von drei Jahren für die Zwecke nach Satz 1 verwendet, sind die nicht verwendeten Mittel spätestens zum 31. März 2009 an die Kassenärztliche Vereinigung sowie an die einzelnen Krankenhäuser, soweit die Mittel in den Jahren 2007 und 2008 einbehalten wurden, entsprechend ihrem Anteil an den jeweils einbehaltenen Beträgen auszuzahlen."

Klar ist zunächst, dass sie sich auf in den Jahren 2007 und 2008 einbehaltene und nicht zweckgemäß verwendete Mittel bezieht, deren Auszahlung an die Kassenärztlichen Vereinigungen das Gesetz anordnet. Die "Verwendungsfrist", nach deren Ablauf dies zu geschehen hat, bezeichnet das Gesetz aber einmal mit drei Jahren, einmal benennt es den 31. März 2009 als kalendarisches Fristende. Beides lässt sich nicht miteinander in Einklang bringen, denn die dreijährige Frist war für die in 2007 und 2008 einbehaltenen Mittel keinesfalls bereits am 31. März 2009 abgelaufen.

Allerdings lässt sich dieser Widerspruch mithilfe der Normgeschichte auflösen: In ihrer Urfassung (§ 140d Abs. 1 Satz 5 SGB V in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl. I S. 2190; in Kraft ab dem 1. Januar 2004) war die Vorschrift aus sich heraus noch ohne weiteres verständlich:

"Werden die einbehaltenen Mittel nicht innerhalb von drei Jahren für die Zwecke nach Satz 1 verwendet, sind die nicht verwendeten Mittel an die Kassenärztliche Vereinigung sowie an die einzelnen Krankenhäuser entsprechend ihrem Anteil an den jeweils einbehaltenen Beträgen auszuzahlen."

Sie enthielt eine von der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Einhalts unabhängige (so bereits Urteil des Senats vom 3. Dezember 2014 – L 5 KA 16/12, juris, Rn. 30, obiter dictum) Verpflichtung zur Auszahlung einbehaltener und nicht binnen dreier Jahre verwendeter Mittel an die Kassenärztlichen Vereinigungen (und Krankenhäuser), wie sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1525, S. 131) ergibt:

"Satz 5 bestimmt, dass diejenigen Mittel, die nicht innerhalb von drei Jahren für den vorgegebenen Zweck verwendet wurden, entsprechend dem jeweiligen Anteil der Gesamtmittel an die Kassenärztliche Vereinigung und die einzelnen Krankenhäuser auszuzahlen sind. Eine Abrechnung erfolgt damit nicht jährlich, sondern am Ende des Dreijahreszeitraums. Mit der Verpflichtung, nicht aufgebrauchte Mittel wieder auszubezahlen, wird der Anreiz zum Abschluss von Integrationsverträgen verstärkt. Zudem wird damit ausgeschlossen, dass die Krankenkasse die Mittel ohne "Gegenleistung" einbehalten kann."

Durch Art. 1 Nr. 14 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes (vom 22. Dezember 2006, BGBl. I S. 3439), das die Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung bis Ende 2008 verlängerte, erhielt die Vorschrift sodann mit Wirkung zum 1. Januar 2007 (Art. 8 Abs. 1 des Gesetzes) folgende Fassung (Wortlaut der Änderung hervorgehoben):

"Werden die einbehaltenen Mittel nicht innerhalb von drei Jahren für die Zwecke nach Satz 1 verwendet, sind die nicht verwendeten Mittel spätestens zum 31. März 2009 an die Kassenärztliche Vereinigung sowie an die einzelnen Krankenhäuser entsprechend ihrem Anteil an den jeweils einbehaltenen Beträgen auszuzahlen."

Diese Änderung geht auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit vom 25. Oktober 2006 (BT-Drs. 16/3157, S. 17) zurück, wo es heißt:

"Mittel der Anschubfinanzierung sind spätestens drei Jahre nach Einbehaltung zu verwenden, nicht verwendete Mittel zurückzuzahlen. Die Regelung stellt klar, dass nicht verwendete Mittel der Anschubfinanzierung nach Ablauf des Zeitraums der Anschubfinanzierung, also spätestens zu Beginn des Jahres 2009, zurückzuzahlen sind. Damit wird gewährleistet, dass die zum 1. Januar 2009 erfolgte Neuordnung in der Vergütungsstruktur in der ambulanten Versorgung nicht durch Verrechnungen, die aus der bisherigen Vergütung resultieren, belastet werden."

Allerdings war diese Fassung des Gesetzes faktisch nur kurz in Kraft und wurde durch Art. 1 Nr. 121 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) erneut geändert und zwar nach Art. 46 Abs. 5 des Gesetzes rückwirkend zum 1. Januar 2007. Nun lautete sie (Wortlaut der Änderung hervorgehoben):

"Werden die einbehaltenen Mittel nicht innerhalb von drei Jahren für die Zwecke nach Satz 1 verwendet, sind die nicht verwendeten Mittel spätestens zum 31. März 2009 an die Kassenärztliche Vereinigung sowie an die einzelnen Krankenhäuser, soweit die Mittel in den Jahren 2007 und 2008 einbehalten wurden, entsprechend ihrem Anteil an den jeweils einbehaltenen Beträgen auszuzahlen."

Diese Änderung der Vorschrift bezweckte ausweislich der Gesetzesbegründung eine Beschränkung der in § 140d Abs. 1 Satz 5 SGB V in seiner damaligen Fassung normierten Zahlungsverpflichtung auf die in den Jahren 2007 und 2008 vorgenommenen Einbehalte (BT-Drs. 16/4247, S. 49):

"Die Regelung stellt klar, dass die Rückzahlungsverpflichtung der Krankenkassen an die Krankenhäuser nur für die Vergangenheit, also für die Mittel, die in den Jahren 2004 bis 2006 einbehalten wurden, entfällt. Für die in den Jahren 2007 und 2008 einbehaltenen Mittel besteht eine Rückzahlungsverpflichtung. Die Krankenkassen haben den Krankenhäusern die Mittel, die nicht für die integrierte Versorgung verwendet wurden, zurückzuzahlen."

Zunächst zeigt sich hieran, dass der Gesetzgeber Zahlungsansprüche der Kassenärztlichen Vereinigungen (dass die Gesetzesbegründung allein die Krankenhäuser nennt, kann nur als dortiger redaktioneller Fehler verstanden werden, zumal eine solche Beschränkung im Gesetzeswortlaut keine Stütze findet) wegen nicht zweckgemäßer Verwendung der einbehaltenen Mittel für die Quartale vor I/2007 ausschließen wollte. Allerdings scheint der Gesetzgeber den Konflikt übersehen zu haben, der sich aus dieser letzten inhaltlichen Änderung der Vorschrift (danach migrierte sie nur noch mit Wirkung zum 1. April 2007 von Satz 5 nach Satz 8, dies ebenfalls durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) mit der von Anfang an enthaltenen Frist von drei Jahren ergibt. Eine geltungserhaltende Reduktion von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung führt daher zu dem Ergebnis, dass diese Verwendungsfrist ab dem Quartal I/2007 ohne Anwendungsbereich war: Noch nicht verwendete Mittel aus den Jahren vor 2007 sollten den Krankenkassen nach dem Willen des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes gänzlich verbleiben, während Mittel, die zum Zeitpunkt des Endes der Anschubfinanzierung am 31. Dezember 2008 noch übrig waren, nach dem Willen des Vertragsarztrechtsänderungsgesetzes an die Kassenärztlichen Vereinigungen auszuzahlen waren. Letzteres bringt denn auch den Inhalt von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V in der zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Fassung auf den Punkt: Die Vorschrift verhalf den Kassenärztlichen Vereinigungen zu einem – genuinen, d.h. insbesondere vom allgemeinen Anspruch auf Zahlung der Gesamtvergütung in vereinbarter Höhe losgelösten – Anspruch auf Zahlung der in den Jahren 2007 und 2008 einbehaltenen und am 1. Januar 2009 noch nicht verbrauchten Mittel aus vorherigen Einbehaltungen gemäß § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F.

Eine derart weitreichende Interpretation wie die des Sozialgerichts findet indes im Wortlaut des Gesetzes und in seiner Entwicklungsgeschichte keinerlei Stütze. Schon weil der Gesetzgeber die Rückzahlung der vor 2007 einbehaltenen Mittel generell hat ausschließen wollen, lässt sich nicht annehmen, er habe für die zwei Jahre danach umgekehrt schon einen nicht rechtzeitigen Verwendungsnachweis mit einer globalen Verpflichtung zur Auszahlung aller einbehaltenen Mittel gleichsam sanktioniert.

bb) Auch eine systematische und teleologische Interpretation von § 140d Abs. 1 Sätze 8 und 4 SGB V a.F. führt zum selben Ergebnis. § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. regelte, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (und die hinter ihnen stehenden Vertragsärzte) Kürzungen ihrer ansonsten berechtigten Ansprüche hinnehmen mussten, damit eine Anschubfinanzierung der integrierten Versorgung möglich war. Wo allerdings die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt waren, d.h. kein (wirksamer) Vertrag zur integrierten Versorgung vorlag, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen aus § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB V in Verbindung mit dem jeweils geltenden Gesamtvertrag Anspruch auf Zahlung der nicht um Einbehalte verminderten Mittel (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 2008 – B 6 KA 27/07 R, BSGE 100, 52 = juris, Rn. 10; zur Qualifizierung entsprechender Einbehalte von Krankenhausrechnungen als Aufrechnung BSG, Urteil vom 2. November 2010 – B 1 KR 11/10 R, BSGE 107, 78, BSG, Urteil vom 25. November 2010 – B 3 KR 6/10 R, juris, Rn. 10; a.A offenbar Hessisches LSG, Urteil vom 14. Mai 2014 – L 4 KA 53/11, das auch hier von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. als Anspruchsgrundlage ausgeht). Dieser Anspruch schützte die Kassenärztlichen Vereinigungen in genügendem Maße vor solchen Einbehalten, die mangels hinreichender vertraglicher Grundlage von Anfang an unberechtigt waren. Neben diesen Anspruch trat der in § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. normierte Anspruch auf Auszahlung nicht (fristgemäß) verwendeter Mittel, der durch einen entsprechenden Auskunftsanspruch in Satz 4 der Vorschrift flankiert wurde. Beides zusammenbetrachtet trug den Interessen der Kassenärztlichen Vereinigungen hinreichend Rechnung; es bestand und besteht kein Bedarf nach einem globalen Auszahlungsanspruch für nicht bis zum 1. Januar 2009 abgerechnete Mittel.

Für die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V spricht auch nicht etwa die Zusammenschau mit § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung. Die dort normierte Verpflichtung der Krankenkassen, gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen (und den Krankenhäusern) die Verwendung der einbehaltenen Mittel darzulegen, geht auf das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz zurück und galt seit dem 1. April 2007. Die Gesetzesbegründung hierzu (BT-Drs. 16/3100, S. 153) ist unergiebig:

"Die Krankenkassen sind verpflichtet, den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenhäusern auf Verlangen die Verwendung der einbehaltenen Mittel plausibel darzulegen. Es muss nachvollziehbar sein, zu welchem Zweck die Mittel verwendet werden. Der Umfang der Nachweispflicht entspricht dem Umfang der Nachweispflicht gegenüber der Registrierungsstelle in § 140d Abs. 5 (vgl. unten zu Buchstabe c)."

Der besagte § 140d Abs. 5 SGB V a.F. sah in Satz 1 vor, dass die Krankenkassen der von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der D1 Krankenhausgesellschaft und den Spitzenverbänden (ab 1. Juli 2008: dem Spitzenverband Bund) der Krankenkassen gebildeten gemeinsamen Registrierungsstelle die Einzelheiten über die Verwendung der einbehaltenen Mittel nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V meldeten. Die Gesetzesbegründung hierfür (BT-Drs. 16/3100, S. 153) lautet:

"Absatz 5 dient der Erhöhung der Transparenz. Verträge zur integrierten Versorgung berühren durch die Regelung zur Anschubfinanzierung die finanziellen Interessen der Vertragsärzte und Krankenhäuser. Es ist daher sachgerecht, dass die betroffenen Leistungserbringer Informationen über die Verträge erhalten, damit sie überprüfen können, ob die Vergütungsabzüge sachgerecht erfolgt sind. Es muss nachvollziehbar sein, zu welchem Zweck die Mittel verwendet werden. In der Regel wird dabei auf den einzelnen Vertrag Bezug zu nehmen sein. Zu melden sind insbesondere das geschätzte Vergütungsvolumen, die Kürzungsquoten, die für den jeweiligen Vertrag einbehaltenen, aber nicht ausgegebenen Mittel."

Aus dieser Gesetzesentwicklung den Schluss zu ziehen, es habe bis zum genannten Stichtag eine Abrechnung vorliegen müssen, die das geschätzte Vergütungsvolumen, die Kürzungsquoten und die für den jeweiligen Vertrag einbehaltenen, aber nicht ausgegebene Mittel beinhaltete, wirft jedoch die Frage auf, ob der Gesetzgeber § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V a.F. nicht nur mit § 140d Abs. 5 Satz 1 SGB V a.F., sondern auch mit § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. harmonisiert hat: Die in § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. vorgegebene Abrechnung erfolgt anhand des Gesamtsaldos der Jahre 2007 und 2008 sowie – so will es der letzte Halbsatz der Vorschrift – anhand des Anteils, den die jeweiligen Kassenärztliche Vereinigungen an den jeweils einbehaltenen Beträgen hatte. Letzteres ergibt sich aus der Begründung des GKV-Modernisierungsgesetzes, durch das die Regelung seinerzeit als § 140d Abs. 1 Satz 5 SGB V eingeführt worden war (BT-Drs. 15/1525, S. 131, Hervorhebung hinzugefügt):

"Satz 5 bestimmt, dass diejenigen Mittel, die nicht innerhalb von drei Jahren für den vorgegebenen Zweck verwendet wurden, entsprechend dem jeweiligen Anteil der Gesamtmittel an die Kassenärztliche Vereinigung und die einzelnen Krankenhäuser auszuzahlen sind."

Die in § 140d Abs. 1 Satz 4 SGB V (in Verbindung mit Abs. 5 Satz 1 der Vorschrift) geregelten Angaben reichen hierfür nur aus, wenn die Kassenärztliche Vereinigung hieraus ihren eigenen Anteil der an der Anschubfinanzierung des fraglichen Vertrages erkennen kann. Dies ist aber nur der Fall, wenn sie nicht nur die in der Gesetzesbegründung angesprochenen Kürzungsquoten überprüfen kann, sondern die dort ebenfalls angesprochenen "für den jeweiligen Vertrag einbehaltenen, aber nicht ausgegebenen Mittel" nicht nur den "Beitrag" der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigung, sondern auch die jeweiligen Gesamtsalden wiedergeben. Ob das Gesetz dies anordnete, darf zumindest als unklar bezeichnet werden. Im Ergebnis besteht somit eine derart unklare Beziehung zwischen § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. und Satz 4 der Vorschrift, dass aus der Zusammenschau der Vorschriften keine solch weitreichende Rechtsfolge abgeleitet werden kann.

b) Die Beklagte hatte gegenüber der Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 nach den insoweit überstimmenden Berechnungen beider Beteiligter insgesamt 94.611,86 Euro einbehalten. Weiterhin standen ihr aus den Jahren 2007 und 2008 nicht verbrauchte Mittel zur Anschubfinanzierung in Höhe von 231.767,91 Euro zur Verfügung (wie sich aus ihren Angaben und der Auskunft der gemeinsamen Registrierungsstelle ergibt), die nunmehr nach § 140d Abs. 1 Satz 8 letzter Halbsatz SGB V a.F. auf die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenhäuser entsprechend ihrem Anteil an den jeweils einbehaltenen Beträgen aufzuteilen waren. Ob der von der Beklagten zugrunde gelegte Anteil von 0,01788 Prozent richtig ist, konnte die Klägerin aus eigener Kenntnis vermutlich nicht beurteilen. Sie hätte es aber auch nicht beurteilen können, wenn die Beklagte eine § 140d Abs. 1 Satz 4, Abs. 5 SGB V a.F. entsprechende Darlegung der Verwendung der einbehaltenen Mittel vorgelegt hätte.

In diesem Zusammenhang sieht sich der Senat auch nicht dazu veranlasst, den Verwendungsnachweis in allen Einzelheiten von Amts wegen zu überprüfen. Die Klägerin hat zwar zunächst behauptet, sie habe den Verwendungsnachweis nie erhalten. Inzwischen ist er ihr allerdings bekannt, ohne dass sie die dortigen Berechnungen auch nur ansatzweise gerügt hätte. Weiterhin kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte trotz des im GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz für alle Quartale vor I/2007 stattgefundenen Schuldenerlasses kraft Gesetzes auch Mittel ausgezahlt hat, die sie in den Jahren 2004 bis 2006 einbehalten hatte. Da diese zu Unrecht gezahlten Mittel einen Anteil von ungefähr 85 Prozent des gesamten Zahlbetrages ausmachten (und der Verwendungsnachweis im Gleichordnungsverhältnis zwischen den Beteiligten auch nicht etwa in Bestandskraft erwachsen konnte o.ä.), genügt die Feststellung, dass die Beklagte auf der Rechtsgrundlage von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. jedenfalls nicht zu wenig an die Klägerin gezahlt hatte.

III.) Einen Anspruch aus § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag (wegen "unzureichender iv-Verträge") hat die Klägerin deswegen nicht, weil 1. entsprechende Ansprüche für alle Quartale vor dem 1. April 2008 verjährt sind (dazu 1) und 2. die Beklagte sich für die drei übrigen Quartale zu Recht darauf berufen hat, dass bereits der Vertrag Nr. die Einbehalte in der erfolgten Höhe gerechtfertigt hat (dazu 2).

1.) Erstmals geltend gemacht hat die Klägerin ihren Anspruch aus diesem Rechtsgrund mit Schriftsatz vom 28. Juni 2013. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch alle bis zum 31. Dezember 2008 fällig gewordenen Ansprüche (nicht: die Ansprüche für alle Quartale bis einschließlich IV/2008) bereits verjährt.

a) Nach wohl überwiegendem Verständnis richtet sich die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Gesamtvergütung in erster Linie nach dem Gesamtvertrag. Wo dieser keine einschlägige Bestimmung enthält, verjährt der Anspruch in vier Jahren nach Ende des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Mai 2000 – L 5 Ka 1050/99, juris; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 85 SGB V Rn. 48; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rn. 119).

aa) Der Gesamtvertrag enthält keine abweichende Regelung. Nach seinem § 6 Abs. 2 verjährt der Vergütungsanspruch von vertragsärztlichen Leistungen gegenüber den Krankenkassen zu dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruch des Vertragsarztes auf Abrechnung von Behandlungsausweisen nach dem Verteilungsmaßstab (VM) verjährt. Jedenfalls kann diese Vorschrift, schon weil sie nicht auf eine bestimmte Fassung oder einen bestimmten Stand des VM Bezug nimmt, nur als dynamische Verweisung auf die jeweils geltende Honorarverteilungsregelung verstanden werden. Eine ausdrückliche Verjährungsregelung enthielt zuletzt der VM der Beklagten vom 14. Dezember 1995 in der Fassung vom 25. September 2003. In den vorliegend streitigen Quartalen gab es eine solche Regelung allerdings nicht mehr. Stattdessen regelte der ab dem 1. Januar 2006 gültige VM vom 11. August 2005 in der Fassung vom 20. Dezember 2005 in § 13 Abs. 2: "Reicht ein Vertragsarzt der KVH Behandlungsausweise verspätet ein, so werden diese Leistungen zu den Bedingungen und den Punktwerten des nächstmöglichen Abrechnungsvierteljahres vergütet." Somit geht die Verweisung in § 6 Abs. 2 des Gesamtvertrages genau genommen ins Leere, womit im Ergebnis im Sinne einer (soweit möglich) geltungserhaltenden Reduktion von einer Geltung allgemeiner Verjährungsregelungen auszugehen ist.

bb) Dass der Anspruch überhaupt der Verjährung unterliegt, ist nicht zu bezweifeln. Die Rechtssauffassung der Klägerin, Verjährungsregelungen seien im Sozialrecht vom Sinn und Zweck her nicht sehr zielführend, trifft nicht zu. Das Sozialrecht kennt eigene – wenn auch im vorliegenden Fall nicht einschlägige – Rechtsvorschriften über die Verjährung und der Zweck solcher Verjährungsvorschriften – der Eintritt von Rechts- und Planungssicherheit – greift im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen ebenso wie andernorts auch. Da eine gesetzliche Regelung fehlt, kommen grundsätzlich die allgemeine Verweisung in § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V und mit ihr die dreijährige Verjährungsfrist des bürgerlichen Rechts (§ 195 BGB) als einschlägig in Betracht. Allerdings ist der Anspruch auf Zahlung der Gesamtvergütung so stark von den Besonderheiten des öffentlichen Krankenversicherungsrechts geprägt, dass eine Harmonisierung mit der regulären vierjährigen Verjährungsfrist des Sozialrechts geboten erscheint (ausführlich Engelhard, in Hauck/Noftz, SGB V, § 85 Rn. 119, unter Hinweis insbesondere auf die Rechtsprechung des BSG zu den weitgehend gleichgelagerten Ansprüchen im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern).

b) Die Verjährung war auch nur hinsichtlich der Quartale II-IV/2008 durch Rechtsverfolgung gehemmt. Nach § 204 Abs. 1 erste Alternative BGB wird die Verjährung durch die (wirksame) Erhebung der Klage auf Leistung gehemmt.

aa) Der ursprüngliche Antrag in der Klageschrift vom 7. April 2010 kann noch nicht als wirksamer Antrag auf Zahlung der einbehaltenen Mittel aus § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag verstanden werden. Die ausdrückliche Formulierung des Antrags als Stufenklage (§ 254 Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 202 Satz 1 SGG) und die sich daraus ergebende Verknüpfung des auf zweiter Stufe angekündigten Leistungsantrags mit dem deutlich auf den Regelungsgehalt von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. bezugnehmenden Auskunftsantrag stehen einer solchen Auslegung des Klageantrags entgegen.

Allgemein gilt, dass Ansprüche auf Zahlung nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. einbehaltener Gesamtvergütung ohne Auskünfte der einbehaltenden Krankenkasse nicht bezifferbar sind (und daher regelmäßig zunächst nur in Form einer Stufenklage geltend gemacht werden können). Die Kassenärztliche Vereinigung kennt zwar den Gesamtbetrag der Einbehalte, kann aber aus eigener Kenntnis nicht beurteilen, ob und in welcher Höhe ihr Ansprüche aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. oder aus § 85 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag zustehen. Für die Frage, welche Auskünfte sie hierfür genau benötigt, ist allerdings zwischen beiden Ansprüchen zu unterscheiden: Zur Bezifferung eines Anspruchs aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. muss die Kassenärztliche Vereinigung wissen, aus welchen Verträgen die Krankenkasse ihr Recht zum Einbehalt hergeleitet hatte, in welcher Höhe diese Beträge verwendet worden sind und wie hoch ihr Anteil an den durch Einbehaltung erlangten Gesamtmitteln für die Anschubfinanzierung der durch den Vertrag geregelten Versorgung ist (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 131). Um einen Anspruch aus § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag beziffern zu können, bedarf es hingegen anderer Angaben. Ob eine Krankenkasse dem Anspruch der Kassenärztlichen Vereinigung auf Zahlung der Gesamtvergütung die Einwendung aus § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V entgegenhalten konnte, lässt sich – abgesehen von den Ausnahmefällen, dass die Krankenkasse die 1-Prozent-Grenze in § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. überschritten oder aber überhaupt keine Verträge abgeschlossen hat – nur in Kenntnis des genauen Inhalts der Verträge (nebst Anlagen etc.) beurteilen, auf deren Existenz die Krankenkasse ihr Recht zum Einbehalt stützt.

Anders als etwa in dem Sachverhalt, der dem Urteil des Senats vom 3. Dezember 2014 (Az. L 5 KA 16/12, juris) zugrunde lag, hat die Klägerin nicht etwa die vollständige Vorlage der Verträge beantragt, sondern sie hat in ihrem ursprünglichen Klageantrag zu 1 Buchstaben a und b lediglich die Verurteilung der Beklagten zu bestimmten Auskünfte anderer Art begehrt. Wenn sie im weiteren Verlauf der Klageschrift davon gesprochen hat, dass die Beklagte die Verträge vorzulegen habe "wie es erforderlich ist, um überprüfen zu können, ob nach den Grundsätzen des Bundessozialgerichts ein Vertrag zur integrierten Versorgung vorliegt", dann sind diese Ausführungen weder Teil des ausdrücklichen Klageantrags, noch können sie als Klageantrag ausgelegt werden, denn sie enthalten der Sache nach keine hinreichend präzisen Angaben dazu, wem die Verträge vorzulegen sein sollten und in welchem Umfang. Selbst bei einer sehr stark am Meistbegünstigungsprinzip (§ 123 SGG) orientierten Auslegung lässt sich dieser spezielle Passus der Klageschrift bestenfalls als Ankündigung einer möglichen Klageänderung oder –erweiterung verstehen.

Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Natur der Stufenklage: Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige, mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urteil vom 2. März 2000 – III ZR 65/99, NJW 2000, 1645). Verjährungshemmend wirkt die Stufenklage dann auch nur, soweit der Kläger mit der in erster Stufe erhobenen Auskunftsklage tatsächlich die Bezifferbarkeit des erhobenen Leistungsanspruchs erreichen will und die Auskunft nicht etwa deswegen benötigt, um beurteilen zu können, ob überhaupt ein Anspruch besteht (BGH, Urteil vom 24. Mai 2012 – IX ZR 168/11, NJW 2012, 2180).

bb) Im Übrigen waren die zugrunde liegenden Lebenssachverhalte auch nicht identisch. Der Anspruch aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. gründet darauf, dass eine Krankenkasse Mittel einbehalten und diese nicht frist- und ordnungsgemäß verwendet hat, während der Anspruch aus § 85 Abs. 1 SGB V darauf gründet, dass die Mittel gar nicht erst hätten einbehalten dürfen.

cc) Auch § 123 zweiter Halbsatz SGG, wonach das Gericht entscheidet, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein zwingt nicht zu einer anderen Auslegung. Auch angesichts dieses sozialprozessualen Meistbegünstigungsprinzips gilt: Je konkreter der von einem qualifizierten Bevollmächtigten – hier einem Assessor – gestellte Antrag ist, desto eher ist davon auszugehen, dass er das Gewollte zutreffend und punktgenau wiedergibt. Im Übrigen gilt das Meistbegünstigungsprinzip – zumal in Verfahren, in denen sich gleichermaßen rechtskundige Beteiligte gegenüberstehen – nicht unbegrenzt: Zwar richtet sich die Auslegung der Anträge danach, was als Leistung möglich ist (BSG, Urteil vom 23. Februar 2005 – B 6 KA 77/03 R, juris, Rn. 16). An den sinngemäßen Inhalt eines Rechtsschutzbegehrens ist jedoch auch das Gericht gebunden.

dd) Die Schriftsätze der Klägerin vom 9. Februar 2011 und 14. April 2011 sind bei einer sowohl am Meistbegünstigungsprinzip aus § 123 SGG als auch am objektiven Empfängerhorizont orientierten Auslegung ebenfalls nicht als Klageänderung in Richtung auf den Anspruch nach § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag zu verstehen. Ihnen ist zu entnehmen, dass die Klägerin alle Einbehalte, die in den Quartalen I/2005 bis einschließlich IV/2008 erfolgt waren, ausgezahlt verlangt hat. Da sich eine solche Berechnung aufgrund beider in Rede stehenden Ansprüche hätte ergeben können und die Klägerin (noch) nicht zu erkennen gegeben hat, dass sie sich nunmehr – allein oder ergänzend – bereits auf eine fehlende Berechtigung zum Einbehalt und damit auf einen anderen Lebenssachverhalt stützen wollte, ließ diese Berechnung nicht den Schluss auf eine Änderung des bisherigen Klageantrags zu.

Dasselbe gilt auch für den Schriftsatz vom 17. Mai 2013. Dort hat die Klägerin ausdrücklich einen neuen Klageantrag gestellt, der sich von der vorangehenden Berechnung im Schriftsatz vom 14. April 2011 im Wesentlichen nur durch eine detaillierte Zinsforderung unterschied.

ee) Die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag lässt sich mit hinreichender Deutlichkeit erstmals dem Schriftsatz vom 28. Juni 2013 entnehmen, wo es heißt, die Klägerin bestreite, dass die Verträge den gesetzlichen Anforderungen entsprächen, weswegen die Beklagte verpflichtet sei, diese vorzulegen, andernfalls sei eine Beweislastentscheidung zu Lasten der Beklagten zu treffen. Dies wirkte verjährungshemmend nur hinsichtlich der Quartale II-IV/2008.

ff) Schließlich dringt die Beklagte auch mit ihrer Rechtsauffassung, der streitige Anspruch sei gemäß § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. erst zum dort genannten Datum (31. März 2009) fällig geworden, nicht durch. Diese Vorschrift gilt nicht auch für den Anspruch aus § 85 SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag (zumal sich der von der Klägerin vor dem Sozialgericht gestellte Verzinsungsantrag mit dieser Rechtsauffassung nicht in Einklang bringen lässt).

2.) Die Klägerin hat jedoch auch für die drei genannten Quartale keinen Anspruch aus § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag, da sich diese Einbehalte bereits zur Gänze aufgrund des Vertrages Nr. rechtfertigen ließen. Nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. hatte jede Krankenkasse zur Förderung der integrierten Versorgung in den Jahren 2004 bis 2008 jeweils Mittel bis zu 1 vom Hundert von der nach § 85 Abs. 2 SGB V an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichtenden Gesamtvergütung einzubehalten, soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach §140b geschlossenen Verträgen erforderlich waren.

a) Hierbei kann sich eine Krankenkasse im Streit um die Berechtigung zum Einbehalt nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. darauf berufen, bereits einer oder mehrere der von ihr geschlossenen Verträge rechtfertigten der Höhe nach die erfolgten Einbehalte, wenn sie diese Einbehalte seinerzeit nicht in rechtsgeschäftlicher Form gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nach Verträgen aufgeschlüsselt hatte.

aa) Das Bundessozialgericht charakterisiert den rechtlichen Vorgang des in § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. beschriebenen "Einbehaltens" als Erklärung der Krankenkasse gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung, die geltend gemachte Forderung in Höhe der Einbehaltung durch Aufrechnung (mit einem – wie das BSG es nennt – "Gegenrecht auf Mitteleinbehaltung zur Anschubfinanzierung") zu erfüllen (BSG, Urteil vom 2. November 2010 – B 1 KR 11/10 R, BSGE 107, 78 = juris, Rn. 14, 16). Eingeschränkt ist die Krankenkasse dabei vor allem in zeitlicher Hinsicht, denn zur Einbehaltung ist sie nur bis zur vorbehaltlosen Erfüllung der Forderung der Kassenärztlichen Vereinigung befähigt (analog zu Krankenhausrechnungen: BSG, a.a.O., Rn. 16). Eine betrags- oder quotenmäßige Aufteilung des einbehaltenen Gesamtbetrages auf einzelne Verträge zur integrierten Versorgung (nicht zu verwechseln mit der Meldung der sog. Kürzungs- oder Abzugsquote an die gemeinsame Registrierungsstelle) findet nur statt, wenn sie nach dem objektiven Erkenntnishorizont des Empfängers – d.h. der Kassenärztlichen Vereinigung – zum Inhalt der Aufrechnungserklärung gehört. Zwar oblag es – worauf das Sozialgericht Hamburg verschiedentlich abgestellt hat (vgl. etwa SG Hamburg, Urteil vom 11. Dezember 2013 – S 3 KA 173/08, Bl. 21 des Umdrucks) – der Krankenkasse, die konkrete Höhe des Einbehalts zu bestimmen. Eine nicht entsprechend ausgeschlüsselte Aufrechnungserklärung (insbesondere eine konkludente Erklärung, die allein in der Nichtzahlung eines bestimmten Teilbetrages liegt) ist jedoch so zu verstehen, dass sich die Krankenkasse zur Begründung ihres Gegenrechts auf Mitteleinbehaltung zur Anschubfinanzierung (BSG, a.a.O.) ohne weitere Differenzierung auf die Gesamtheit der von ihr geschlossenen Verträge beruft – mit der Folge, dass bei "Ausfall" eines oder mehrerer Verträge als Grundlage der Einbehalte zu prüfen ist, ob die anderen Verträge den konkreten Einbehalt rechtfertigen. Diese Auslegung folgt aus § 140 Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F., wonach Krankenkassen zur Mitteileinbehaltung berechtigt waren, soweit die einbehaltenen Mittel zur Umsetzung von nach § 140b SGB V geschlossenen Verträgen erforderlich waren.

bb) Zu demselben Ergebnis führt auch eine Betrachtungsweise unter Einbeziehung der sog. BQS-Meldungen: Die Meldung der in den zugrundeliegenden Vereinbarungen (dazu sogleich) als Abzugs- oder Kürzungsquoten bezeichneten Prozentsätze wäre dann so zu verstehen, dass die Krankenkasse sich darauf beruft, sie dürfe – bei Wahrung der 1-Prozent-Grenze in § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. – für den einzelnen Vertrag den gemeldeten Prozentsatz einbehalten. Eine Aufteilung des einbehaltenen Prozentsatzes im Sinne einer Zuordnung von Anteilen zu einzelnen Verträgen ist hiermit nicht verbunden.

Nach § 3 Abs. 2 Buchstaben f und g der gemäß § 140d Abs. 5 Satz 1 SGB V getroffenen Vereinbarung zwischen der D1 Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen über die Einrichtung einer gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V (i.F.: Vereinbarung 2003) beziehungsweise § 3 Abs. 2 Buchstaben h und i der ab dem 1. Januar 2008 geltenden Vereinbarung zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und den Spitzenverbänden der Krankenkassen über die Fortführung einer gemeinsamen Registrierungsstelle zur Unterstützung der Umsetzung des § 140d SGB V (i.F.: Vereinbarung 2008) leitete sich die zur Kürzung der Zahlungen in Ansatz gebrachte (bundeseinheitliche, vgl. § 3 Abs. 4 Satz 1 beider Vereinbarungen) Kürzungsquote (synonym auch als Abzugsquote bezeichnet) aus dem geschätzten Vergütungsvolumen zur Finanzierung ab. Diese Quote wurde sodann nach § 3 Abs. 4 beider Vereinbarungen in Verbindung mit der jeweiligen Anlage 1 bei der Berechnung der konkreten Zahlungskürzung in Ansatz gebracht. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die von einer Krankenkasse insgesamt gemeldeten Quoten dürften 1 Prozent nicht übersteigen, fehlt es hierfür an einem normativen Anknüpfungspunkt. § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. ordnete eine Deckelung der möglichen Einbehalte an, sagte aber nichts über die gemeldeten Quoten aus.

cc) Beruft sich eine Krankenkasse im Streit um ihre Befähigung zur Aufrechnung sodann nur (noch) auf einzelne der zum Zeitpunkt der Aufrechnung geschlossenen Verträge, so liegt hierin nicht einmal das – prozessrechtlich grundsätzlich zulässige – Auswechseln einer Einwendung oder Einrede, sondern nur eine Einengung des Lebenssachverhalts, auf den die Krankenkasse ihr Gegenrecht auf Mitteleinbehaltung zur Anschubfinanzierung stützt. Auch dies ist materiell- und prozessrechtlich zulässig.

dd) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Krankenkasse mit ihrem Vorbringen, allein der Vertrag Nr. habe die Einbehalte gerechtfertigt, gehört werden kann, denn eine rechtlich verbindliche Aufschlüsselung der einzelnen Einbehalte ist nicht erfolgt.

b) Der Vertrag Nr. entsprach auch den Anforderungen aus § 140b SGB V und berechtigte die Beklagte zu Einbehalten von bis zu 1 vom Hundert von der nach § 85 Abs. 2 SGB V an die Kassenärztliche Vereinigung zu entrichtenden Gesamtvergütung.

aa) Der Vertrag, auf den sich die Beklagte in diesem Zusammenhang beruft, wurde am 31. März 2004 zwischen der damaligen DAK (einer weiteren Rechtsvorgängerin der jetzigen Beklagten), drei Krankenhäusern im Sinne der §§ 108, 109 SGB V und drei Reha-Kliniken im Sinne des § 111 SGB V abgeschlossen, weiterhin ist im Vertragsrubrum allgemein von "niedergelassenen Fachärzten und eingebundenen ambulanten Rehabilitationszentren" die Rede. Gegenstand ist die phasenübergreifende Versorgung endoprothetisch behandlungsbedürftiger Versicherter, bei der die Behandlungsqualität durch Vernetzung einzelner Segmente optimiert und zugleich therapeutische Synergien erschlossen werden sollen.

(1) Gegenstand des Vertrages ist die integrierte Versorgung im Sinne von § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V in Gestalt einer Verzahnung von Akutbehandlung und anschließender Rehabilitation einschließlich der prä- und poststationären Versorgung im Bereich bestimmter, nach DRG-Kriterien beschriebener Fälle des Hüft- und Kniegelenksersatzes (§ 4 des Vertrages). Der Vertrag beschreibt hierbei die einzelnen Phasen der Versorgung sowie auch die Bestandteile der eigens in § 14 geregelten poststationären Versorgung sehr detailliert. Das Bundessozialgericht hat die Verknüpfung der Akutbehandlung in einem Krankenhaus mit der anschließenden medizinischen Rehabilitation in stationären Einrichtungen ausdrücklich als Anwendungsfall des § 140b SGB V gebilligt (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 6. Februar 2008 – B 6 KA 5/07 R, SozR 4-2500 § 140a Nr. 2; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V § 140a, Rn. 33). Da dies wegen der unterschiedlichen Art und des Inhalts der zu erbringenden Leistungen selbst dann gilt, wenn derselbe Träger übergreifend sowohl ein Krankenhaus als auch eine Reha-Einrichtung betreibt, ist es unschädlich, dass sich ein gerade angesichts § 140b Abs. 5 SGB V wirksamer Beitritt niedergelassener Ärzte nicht nachweisen lässt und dass auf Seiten der Leistungserbringer offenbar ausschließlich Kliniken desselben Konzerns (hier der Unternehmensgruppe D.) standen (vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 5. Februar 2013 – L 1 KR 222/10, juris, Rn. 31).

Auch setzt der Vertrag nicht lediglich auf das System der Regelversorgung auf, d.h. er gibt nicht nur das wieder, was nach dem SGB V ohnehin gilt. Er regelt die Leistungserbringung aus einer Hand und insbesondere unter einheitlicher Budgetverantwortung (die Vergütung erfolgt nach § 10 Abs. 1 des Vertrages auf der Grundlage von Fallpauschalen als Gesamtentgelt für alle im Rahmen des Vertrages erbrachten Leistungen einschließlich der Leistungen Dritter) und schreibt durch die Koordination der einzelnen Phasen sowie durch Festschreibung der in § 14 detailliert (und über § 115a SGB V hinausgehend) geregelten poststationären Versorgung dieses System gewissermaßen fort. Dass die Berechnung der Fallpauschale ihren Aufhänger im System der Regelversorgung hat, ist hierbei unschädlich, denn auch so bleibt die Kostenbelastung für beide Seiten kalkulierbar.

(2) Hieran änderte auch § 140d Abs. 1 Satz 2 SGB V (in der vom 1. April 2007 bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung, a.F.) nichts, wonach die Einbehalte nur für voll- oder teilstationäre und ambulante Leistungen der Krankenhäuser und für ambulante vertragsärztliche Leistungen verwendet werden durften. Die Vorschrift betraf weder die Rechtsnatur der Verträge als Verträge zur integrierten Versorgung noch die auf diese Verträge gestützten Einbehalte, sondern sie regelte die Verwendung einbehaltener Mittel (BSG, Urteil vom 6. Februar 2008 – B 6 KA 27/07 R, BSGE 100, 52, juris, Rn. 21: "Für Verträge, die nach dem 1.4.2007 geschlossen werden, gilt sogar, dass die Finanzierungsmittel nur für voll- und teilstationäre Leistungen der Krankenhäuser sowie für ambulante vertragsärztliche Leistungen verwandt werden dürfen."). Im Übrigen machte § 140d Abs. 1 Satz 3 a.F. von dieser Zweckbindung ausdrücklich eine Ausnahme für die vor dem 1. April 2007 geschlossenen Verträge.

bb) Die HMK ist diesem Vertrag auch zum 1. Juni 2005 wirksam beigetreten. Der Vertrag enthielt in § 20 eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Beitrittsregel, die insbesondere die Schriftform von Beitritts- und Zustimmungserklärung vorsah. Die einheitliche Erklärung selbst nennt alle essentialia negotii und trägt die Unterschriften von Vertretern beider beteiligter Krankenkassen sowie eines Herrn J ... Letzterer war zu dieser Zeit offenbar Geschäftsführer der O.- D. GmbH und – wie sich aus seiner von der Beklagten zur Akte gereichten Auskunft ergibt – seitens der Unternehmensgruppe hinreichend bevollmächtigt.

c) Auch die Höhe der maximal aufgrund dieses Vertrages möglichen Einbehalte ist nicht zu beanstanden. Die genaue Berechnung der Anschubfinanzierung nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. ergab sich aus den gemäß § 140d Abs. 5 Satz 1 SGB V getroffenen Vereinbarungen (Vereinbarung 2003 und Vereinbarung 2008). Nicht zuletzt angesichts dessen, dass eine rechnerische Prüfung der Quote nach beiden genannten Vereinbarungen nicht möglich ist, war den Krankenkassen insoweit eine Einschätzungsprärogative zuzubilligen, die lediglich unter Plausibilitäts- und Verhältnismäßigkeitskriterien überprüft werden konnte (Sächsisches LSG, Urteil vom 24. Juni 2009 – L 1 KR 76/08, juris, Rn. 34 bis 36; Baumann in jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 140d SGB V Rn. 30 m.w.N.).

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang Intransparenz moniert, ist auf den Rechtscharakter der genannten Vereinbarung hinzuweisen, der einer teleologischen Auslegung entgegensteht. Auch für den Rechtsstandpunkt, die Meldung höherer Quoten als insgesamt 1 Prozent sei rechtsmissbräuchlich und führe dazu, dass alle einbehaltenen Mittel zurückzuzahlen seien, fehlt es an einem normativen Anhaltspunkt.

Soweit sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf – für den vorliegenden Fall hypothetische – Überlegungen zur Prozessökonomie beruft, ist dem entgegenzuhalten, dass nicht die einzelnen Verträge den Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens bilden, sondern der auf deren rechtliche Qualifizierung gestützte (Nach-) Zahlungsanspruch. Aus Sicht der beklagten Krankenkasse hat die Berufung auf einen Vertrag als Grundlage eines Einbehalts somit den Charakter einer Einwendung und ein Auswechseln einer Einwendung ist – wie bereits dargelegt – rechtlich möglich.

Dass die Beklagte der gemeinsamen Registrierungsstelle für den streitigen Zeitraum eine Quote von 1 Prozent gemeldet hatte, ist unstreitig. Die Klägerin hat auch nichts vorgetragen, was diese Annahme als unverhältnismäßig erscheinen lässt.

Die angesichts § 140d Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V a.F. aufgeworfene Frage nach der Verwendung der durch Einbehalte erlangten Mittel stellt sich nicht im Zusammenhang mit einem Anspruch aus § 85 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB V in Verbindung mit dem Gesamtvertrag, sondern allein im Zusammenhang mit dem Anspruch aus § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F.

Aus letztlich denselben Gründen kommt es auch – entgegen der Auffassung der Klägerin – im Rahmen eines Anspruchs wegen ungerechtfertigter Einbehaltung nicht darauf an, ob die Beklagte sämtliche einbehaltenen Mittel für den Vertrag Nr. verwendet hat. Dies ist eine Frage des § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F.

IV.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Der Rechtsstreit wirft zumindest zwei Fragen auf, die von grundsätzlicher Bedeutung sind, zum einen die Frage nach dem genauen Inhalt von § 140d Abs. 1 Satz 8 SGB V a.F. und zum anderen die Frage, ob eine Krankenkasse sich im Streit um die Anschubfinanzierung nach § 140d Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. darauf berufen kann, jedenfalls einer der geschlossenen Verträge trage den gesamten Einbehalt.
Rechtskraft
Aus
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