L 2 R 90/15

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 R 864/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 90/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1965 in der T. geborene und 1986 nach Deutschland übergesiedelte Klägerin hat vier Kinder geboren (1987, 1990, 1994, 2000). Sie ist ohne Berufsausbildung und war mit Unterbrechungen von 1992 bis 2008 als Reinigungskraft in einem Krankenhaus beschäftigt. Ab Mai 2008 wurde der Klägerin durch ihre behandelnde Nervenärztin, Frau Dr. B., Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Seit der Aussteuerung aus der Krankengeldzahlung ist die Klägerin ohne eigenes Einkommen.

Das Versorgungsamt H. stellte erstmals mit Wirkung ab Dezember 1999 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 bei einem Teil-GdB von 30 für eine psychische Störung mit funktionellen Organbeschwerden und einem solchen von 10 für Funktionsstörungen der Wirbelsäule fest. Mit Wirkung ab Januar 2010 wurden der auf Letzteres entfallende Teil-GdB auf 20 und der Gesamt-GdB auf 40 erhöht. Ein Antrag der Klägerin auf Feststellung eines höheren GdB blieb zuletzt im Jahr 2012 ohne Erfolg.

Im Zusammenhang mit der seit Mai 2008 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit wurde die Klägerin am 3. Juni 2009 durch Dr. E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) begutachtet. Dr. E. stellte die Hauptdiagnose längerer depressiver Reaktionen im Sinne eines subdepressiven Verstimmungs- und Versagenszustandes und beurteilte die Klägerin als weiter arbeitsunfähig und in ihrer Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet.

Auf ihren entsprechenden Antrag vom Juli 2009 hin befand die Klägerin sich vom 10. November 2009 bis 8. Dezember 2009 in stationärer psychosomatischer Rehabilitationsbehandlung in der Vogelsbergklinik in G ... Dort wurden die Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode, einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung sowie eines Wirbelsäulensyndroms gestellt. Die Entlassung der Klägerin aus der Rehabilitation erfolgte nach Beurteilung der Klinikärzte arbeitsunfähig, aber mit einem Leistungsvermögen von arbeitstäglich sechs Stunden und mehr für die letzte Tätigkeit als Reinigungskraft sowie für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei qualitativen Einschränkungen.

Am 25. März 2010 wurde die Klägerin von Dr. M3 vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit H. untersucht. Dieser sah eine Leistungsfähigkeit der Klägerin von weniger als drei Stunden täglich, aber nicht auf Dauer, wobei nicht sicher ausgeschlossen werden könne, dass dies voraussichtlich länger als sechs Monate andauere.

Anlässlich eines Antrags auf vorzeitige erneute Rehabilitation wurde die Klägerin durch die Nervenärztin und Sozialmedizinerin Frau Dr. M1 vom Sozialmedizinischen Dienst (SMD) der Beklagten, begutachtet. Dr. M1 hielt in ihrem Gutachten vom 22. Dezember 2010 Maßnahmen der Rehabilitation für nicht angezeigt. Sie sah ein Leistungsvermögen der Klägerin für mittelschwere körperliche Arbeiten, ohne erhöhtes Stressaufkommen und ohne Nachtschicht, im zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich.

Am 20. April 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie trug vor, sich wegen Depression, Schmerzen am ganzen Körper, Müdigkeit und Schlappheit seit Mai 2008 für voll erwerbsgemindert zu halten.

Nach Einholung einer Stellungnahme des SMD, der unter Hinweis auf das Gutachten der Frau Dr. M1 eine Erwerbsminderung der Klägerin nicht zu erkennen vermochte, lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 19. August 2011 ab, da die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nach der Beurteilung des SMD nicht erfüllt seien.

Die Klägerin legte am 20. September 2011 Widerspruch ein, den sie damit begründete, dass die Beurteilung ihres Leistungsvermögens durch die Beklagte unzutreffend sei. Es liege bei ihr eine langjährige und verfestigte Störung vor, die ihr die Bewältigung ihres Alltags und die Versorgung ihres Haushalts unmöglich mache.

Mit am 10. Mai 2012 abgesandtem Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 6. Juni 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und ergänzend vorgetragen, zusätzlich durch Ohrgeräusche stark beeinträchtigt zu sein. Im Vordergrund stünden aber ihre psychische Situation sowie die Schmerzproblematik, die sie hinderten, irgendeiner Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Das SG hat im Rahmen der Amtsermittlung Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte (Frau Dr. I., Orthopädie; Dr. H1, HNO; Dr. K., Allgemeinmedizin; Frau Dr. B., Neurologie und Psychiatrie; Dr. F1/Herr H., Orthopädie) angefordert, nach deren Auswertung durch den SMD die Beklagte an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten hat. Darüber hinaus sind die Schwerbehindertenakte der Klägerin und das Gutachten des Dr. E. vom MDK beigezogen worden.

Es ist sodann Beweis erhoben worden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, das der Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Sozialmedizin Dr. N. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 25. August 2014 unter dem 30. August 2014 erstellt hat. Dr. N. hat als Gesundheitsstörungen bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte bis allenfalls mittelgradige depressive Episode mit dysphorischem Einschlag vor dem Hintergrund einer anhaltenden innerfamiliären Konfliktsituation, eine somatoforme Schmerzstörung, ein operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts ohne neurologische Ausfälle, ein Restless-legs-Syndrom sowie ein Wirbelsäulensyndrom ohne Nachweis sensomotorischer Ausfälle festgestellt. Die Klägerin sei mit den vorliegenden Gesundheitsstörungen in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten auszuüben, dies vorzugsweise im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen, wobei körperliche Zwangshaltungen, ständig gebückte, hockende oder kauernde Arbeitspositionen zu vermeiden seien. In geistiger Hinsicht seien Tätigkeiten einfacher geistiger Art mit einfachen Verantwortungsbereichen zumutbar. Nicht gefordert werden könnten Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, in Nachtschicht, mit besonderen Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, das Verantwortungsbewusstsein oder die Zuverlässigkeit. Zumutbare Arbeiten der vorgenannten Art könne die Klägerin noch täglich für sechs Stunden und mehr verrichten.

Die Klägerin hat sich gegen das Ergebnis des Gutachtens gewendet und vorgebracht, der Sachverständige habe weder die Schwere noch die Dauer der bei ihr vorliegenden psychischen Erkrankungen hinreichend gewürdigt. Der Bericht ihrer behandelnden Psychiaterin Dr. B. vom 30. Mai 2013 werde im Gutachten weder gewürdigt noch überhaupt erwähnt. Dr. N. habe lediglich Bezug genommen auf ältere psychiatrische Berichte und Befundberichte anderer Fachbereiche. Problematisch sei insbesondere, dass die gutachterlich ausgewerteten psychiatrischen Stellungnahmen von Dr. E. und Dr. M1 bereits einige Jahre alt seien und auch diese Gutachter sie lediglich in einer einmaligen Begutachtungssituation erlebt hätten. Dr. B. habe ausdrücklich Tagesschwankungen festgestellt. Die Auswertung der Stellungnahme des Dr. E. sei darüber hinaus fraglich. Dr. N. berufe sich insoweit darauf, dass Dr. E. eine subdepressive Verstimmung diagnostiziert habe und nicht von einer schwerwiegenden depressiven Erkrankung ausgegangen sei. Dr. E. habe zwar längere depressive Reaktionen im Sinne eines subdepressiven Verstimmung und Versagenszustandes diagnostiziert, darüber hinaus aber auch festgestellt, dass am Tage seiner Untersuchung eine mittelgradige Depressivität vorgelegen habe und sie, die Klägerin, nicht ausreichend belastbar sei. Die Klägerin hat eine erneute Bescheinigung ihrer Nervenärztin Dr. B. vom 22. Oktober 2014 beigefügt, wonach sie aufgrund ihres chronifizierten Zustands nicht mehr regelmäßig mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein könne

Das SG hat über die Klage am 22. Juni 2015 mündlich verhandelt und weiter Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen Dr. N. zu dessen Gutachten vom 30. August 2014.

Mit Urteil vom selben Tag hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2012 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hänge davon ab, ob und inwieweit das individuelle Leistungsvermögen eines Versicherten wegen Art, Umfang und voraussichtlicher Dauer der Krankheiten und Behinderungen, an denen er leide, in qualitativer und quantitativer Hinsicht eingeschränkt sei, und ob er mit diesem Leistungsvermögen unter den üblichen rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ein Erwerbseinkommen erzielen könne. Hierfür reiche es aus, wenn derartige, dem jeweils bestehenden Leistungsvermögen angepasste Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl angeboten würden. Nicht erforderlich sei, dass der Versicherte eine leidensgerechte Arbeit auch tatsächlich finde. Könne ein Versicherter, trotz qualitativer Leistungseinschränkungen, noch täglich mindestens sechs Stunden Tätigkeiten ausüben, die in ungelernten Beschäftigungsverhältnissen üblicherweise gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw., könne davon ausgegangen werden, dass er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen einsatzfähig sei (Hinweis auf Landessozialgericht (LSG) Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2013 – L 2 R 20/10, unter Hinweis auf Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R; jeweils juris). Die Klägerin sei, an diesem Maßstab orientiert, nicht erwerbsgemindert. Die Beweisaufnahme habe vielmehr ergeben, dass sie die beschriebenen besonders leichten angelernten Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausführen könne und auch wegefähig sei. Dies schließe die Annahme einer Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI aus. Die Kammer folge in der Beurteilung dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. N ... Er habe die Klägerin eingehend untersucht und die Aktenlage sorgfältig ausgewertet. Die von ihm festgestellten Gesundheitsstörungen führten nur zu Einschränkungen bei der Qualität der abzuverlangenden Arbeiten, nicht aber zu zeitlichen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin. Soweit es zunächst die vorliegende Depression betreffe, lasse der von Dr. N. erhobene psychopathologische Befund keine Rückschlüsse auf eine schwergradige depressive Symptomatik zu. Die Klägerin sei in der Begutachtung wach, bewusstseinsklar und vollständig orientiert gewesen bei auch über die Dauer der Exploration uneingeschränkter Aufmerksamkeit, Ausdauer und Konzentration sowie vorhandener Merkfähigkeit. Defizite in Bezug auf Merkfähigkeit, Kurz- und Langzeitgedächtnis hätten sich nicht gezeigt. Der formale Gedankengang sei geordnet und kohärent gewesen, nicht depressiv gehemmt oder gesperrt, die sog. Ich-Grenzen seien geschlossen gewesen. Als Hinweis auf eine depressive Erkrankung hätten sich im inhaltlichen Denken zwar eine vermehrte Beschäftigung mit negativen Kognitionen, eine Unzufriedenheit mit der Lebenssituation und dysphorisch-depressive Gedankeninhalte gezeigt, aus denen sich die Klägerin aber andererseits nach Angaben von Dr. N. stets habe lösen können. Auch sei die Klägerin gedanklich nicht in depressiven Gefühlen gefangen geblieben. Als weitere Merkmale einer Depression träten die Beschreibung der Psychomotorik als "etwas starr und schwunglos" und die leicht zurückgenommene Antriebslage der Klägerin hinzu. Die Affektlage werde als ernst, zum Teil leicht depressiv gedrückt, überwiegend aber auch dysphorisch unzufrieden mit einer zeitweilig gereizten Note im Hintergrund beschrieben. Vor dem Hintergrund dieses Befundes sei für die Kammer nachzuvollziehen, dass Dr. N. eine leichte bis allenfalls mittelgradige depressive Episode diagnostiziert habe. Eine schwere depressive Episode würde das Vorliegen von drei sog. Kernsymptomen und mindestens vier sog. Zusatzsymptomen erfordern (Hinweis auf Sozialmedizinische Begutachtung für die gesetzliche Rentenversicherung, Deutsche Rentenversicherung Bund [Hrsg.], 7. Aufl. 2011, S. 560). Dies lasse sich hier nicht erkennen. Kernsymptome sind eine gedrückte Stimmung, ein Interessenverlust, Freudlosigkeit und ein verminderter Antrieb mit Ermüdbarkeit. Diese lägen, wenn überhaupt, bei der Klägerin nach oben Gesagtem nur in abgeschwächter Form vor. Erst recht sei aber keine hinreichende Anzahl von Zusatzsymptomen erfüllt. Als solche gölten eine verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, ein vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühle und Gefühle der Wertlosigkeit, pessimistische Zukunftsperspektiven, Suizidgedanken, Schlafstörungen und verminderter Appetit. Insoweit könnten lediglich der nach Angaben der Klägerin unruhige Schlaf und die Äußerung, keine Zukunftsperspektive zu sehen, herangezogen werden. Der gerichtliche Sachverständige habe überdies in seinem Gutachten und in seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass die von der Klägerin angegebene Antriebslosigkeit und Lustlosigkeit nur zum Teil Ausdruck einer depressiven Symptomatik sei, es sich im Übrigen aber um einen bewusst und willensnah gesteuerten Rückzug handele, um sich aus der als konflikthaft empfundenen Familienkonstellation zu begeben. Die Klägerin könne gegen die Beurteilung durch den gerichtlichen Sachverständigen nicht mit Erfolg einwenden, die Begutachtung sei nur eine Momentaufnahme, während ein behandelnder Arzt seinen Patienten über einen längeren Zeitraum beobachten könne und ihn und seine Krankheit deshalb besser einzuschätzen vermöchte. Dieser Einwand sei nicht stichhaltig, denn der unabhängige Sachverständige verfüge über jene Unterlagen, die ihm die Krankengeschichte und damit das vom behandelnden Arzt gesammelte Wissen über den Patienten und dessen Krankheit vermittelten. Darauf könne er bei der Begutachtung aufbauen, so dass seine Abklärung keineswegs nur die behauptete Momentaufnahme sei. Im Falle der Klägerin habe sich Dr. N., wie auch noch einmal in seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden sei, mit allen vorliegenden Unterlagen auseinandergesetzt. Im Übrigen aber könnten auch den Berichten der behandelnden Neurologin und Psychiaterin Dr. B. keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine schwer ausgeprägte depressive Symptomatik entnommen werden. Während der Bericht vom 22. Oktober 2014 hinsichtlich der Befunderhebung unergiebig sei, werde im Bericht vom 30. Mai 2013 zwar ein Verlust des Antriebs, der Konzentration und der Vitalstörung sowie ein sozialer Rückzug dargelegt. Diese Merkmale allein berechtigten aber unter Beachtung der oben genannten Kriterien noch nicht zu der Annahme, dass die auftretenden depressiven Episoden als schwergradig zu beurteilen wären. Zudem könne nach allen vorliegenden Erkenntnissen auch kein vollständiger sozialer Rückzug der Klägerin festgestellt werden. Die Klägerin habe gegenüber Dr. N. erklärt, regelmäßig Kontakt zu einer guten Freundin und einer in H. wohnenden Schwester zu haben. Des Weiteren habe Dr. N. in seiner Befragung in nachvollziehbarer Weise erklärt, dass der Behandler, anders als der Sachverständige, auch von außen auf den Patienten einwirkende Beeinträchtigungen bei der Behandlung berücksichtigen müsse, die also keine Depressionsmerkmale im engeren Sinne darstellten. Dies seien im Falle der Klägerin vor allem die Konflikte mit dem Ehemann, die auch aus dem Bericht der Frau Dr. B. vom 30. Mai 2013 deutlich würden, wenn dort von "sozialen Faktoren (Besuch der Schwiegereltern, vermehrtes Trinken des Ehemanns)" die Rede sei, die zu einer zwischenzeitlichen Verschlechterung des Zustandes der Klägerin geführt hätten. In die gleiche Richtung gehe die im Bericht der Vogelsbergklinik vom 11. Dezember 2009 angestellte Vermutung eines sekundären Krankheitsgewinns in Bezug auf Probleme im familiären Bereich und der Hinweis des Dr. E. im Gutachten für den MDK vom 12. Juni 2009, dass die familiärer Belastungssituation nicht "mit medizinischen Mitteln allein beeinflusst werden" könne. Soweit die Klägerin zudem darauf hinweise, dass Dr. E. am Tag der Untersuchung eine mittelgradige Depressivität diagnostiziert habe, vermöge dies die Beurteilung durch den gerichtlichen Sachverständigen nicht zu erschüttern, der im Übrigen ja auch den Ausprägungsgrad der depressiven Episode im Bereich zwischen leicht bis mittelgradig eingeordnet habe. Zudem sei offenkundig, dass der psychische Zustand der Klägerin Schwankungen unterlegen habe und weiter unterliege. So spreche auch Dr. B. im Bericht vom 30. Mai 2013 von im Jahr 2012 stattgefundener leichter Besserung. Gegebenenfalls möge auch während einer stärkeren Episode Arbeitsunfähigkeit vorliegen bzw. vorgelegen haben, dazwischen aber dann wieder lediglich mehr oder weniger stark ausgeprägte Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit. Keinesfalls aber sei bei der vorliegenden rezidivierenden depressiven Störung – von der auch Dr. B. ausgehe – per se von einer quantitativen Einschränkung der Leistungsfähigkeit, zumal auf Dauer, auszugehen. Dagegen sprächen auch der Bericht der Vogelsbergklinik, das Gutachten des Dr. E. und das Gutachten der Frau Dr. M1 (vom 22.12.2010). Wenn also Dr. B. im Laufe der seit 2008 dauernden Behandlung keine Besserung erkenne, stünden gegen diese Beurteilung jedenfalls die vorgenannten Beurteilungen und das gerichtliche Sachverständigengutachten, aus denen sich zum Teil weniger schwerwiegende Befunde ergäben. Gegen die Annahme einer schwergradigen rezidivierenden depressiven Störung spreche auch, dass die Klägerin offenkundig in der Lage sei, ihren Tagesablauf zu strukturieren und sich – wenn auch nach eigenen Angaben auf niedrigem Niveau –um den Haushalt und die Familie zu kümmern. Sie habe in der Begutachtung ausgeführt, um 7 Uhr aufzustehen, darauf zu achten, dass der 13-jährige Sohn pünktlich zur Schule gehe und, nachdem ihr Ehemann das Haus verlassen habe, zu frühstücken. Später bereite sie das Mittagessen vor; manchmal fahre sie auch Auto. Auch unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin, sie ruhe am späten Vormittag aus und hänge ihren Gedanken nach, es gelängen ihr im Haushalt nur Kleinigkeiten und sie müsse immer wieder pausieren, würden doch hinreichende Ressourcen der Klägerin deutlich, die gegen einen ausgeprägten Schweregrad der depressiven Störung sprächen. Bei dieser Sachlage besteht für die Kammer aber nicht die notwendige Überzeugung einer aus der depressiven Erkrankung folgenden quantitativen Minderung des Leistungsvermögens der Klägerin seit Rentenantragstellung – zumal "auf nicht absehbare Zeit" (§ 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 SGB VI), worunter in Anlehnung an § 101 Abs. 1 SGB VI ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten zu verstehen sei (Hinweis auf LSG Hamburg, Urteil vom 22.10.2013 – L 3 R 92/11, juris). Letztlich trete hinzu, dass nach ständiger Rechtsprechung des BSG psychische Erkrankungen erst dann rentenrechtlich relevant würden, wenn trotz adäquater medikamentöser, therapeutischer, ambulanter oder stationärer Behandlung davon auszugehen sei, dass der Versicherte die psychischen Einschränkungen weder aus eigener Kraft noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe dauerhaft überwinden könne (Hinweis auf BSG, Urteile vom 12. September1990 – 5 RJ 88/89, und 29. März 2006 – B 13 RJ 31/05 R; jeweils juris). Dr. N. habe aber deutlich gemacht, dass die Inanspruchnahme einer Psychotherapie als weitere Behandlungsmaßnahme in Betracht käme. Vor allem aber wäre der Klägerin durch eine Bereinigung der familiären Konflikte geholfen. Auch ein solches Bemühen könne von der Klägerin nach ihren vorhandenen Fähigkeiten gefordert werden. Auch die Auswirkungen der von Dr. N. diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung seien nicht derart gravierend, dass von einem aufgehobenen Leistungsvermögen ausgegangen werden könne. Eine Fehlverarbeitung von Schmerzen könne zwar ein eigenständiges Krankheitsbild auf psychischer Ebene darstellen, führe indes keineswegs per se zur Aufhebung des Leistungsvermögens. Denn in der Mehrzahl der Fälle könne einer Schmerzverarbeitungsstörung hinreichend durch Einschränkungen bei der Arbeitsschwere Rechnung getragen werden. Sei hingegen der Schmerz zum Hauptfokus der gesamten Lebenstätigkeit des Betroffenen geworden, so möge eine Schmerzsymptomatik im Einzelfall auch Auswirkungen auf die Arbeitsdauer haben. Die Kammer habe indes nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Schmerz das gesamte Leben der Klägerin derart negativ überlagere. Zum einen habe Dr. N. keine pathologische Fixierung auf die Schmerzen feststellen können. Zum anderen sprächen auch die genannte Alltagsgestaltung der Klägerin und der fehlende vollständige soziale Rückzug gegen gravierende krankhafte Einschränkungen durch ein Schmerzerleben. Dr. N. habe in der mündlichen Verhandlung zudem erläutert, dass bedeutsame schwerwiegende Begleiterkrankungen, die zu einer Unüberwindbarkeit der Schmerzen führen könnten, nicht vorlägen und sich eine Beurteilung der Schmerzen als chronifiziert schon deshalb verbiete, weil die Klägerin bislang keine adäquaten Therapiemaßnahmen ergriffen habe. Die Klägerin sei lediglich in fachpsychiatrischer Mitbehandlung und dies auch nur in recht großen Abständen von jeweils drei Monaten. Fehlende Therapiebemühungen mögen insoweit auf eine fehlende Motivation der Klägerin, damit aber zugleich auch auf einen nicht sehr ausgeprägten Leidensdruck hindeuten. Die von Dr. N. abgeleiteten Einschränkungen bei der Qualität der Arbeit – Tätigkeiten einfacher geistiger Art mit einfachen Verantwortungsbereichen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne besondere Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit oder die Zuverlässigkeit, ohne Nachtschicht – halte die Kammer für nachvollziehbar und auch ausreichend, um sowohl der Erkrankung an einer rezidivierenden depressiven Störung, als auch der Schmerzverarbeitungsstörung Rechnung zu tragen. Hinzu träten die aus dem Wirbelsäulensyndrom abzuleitenden Einschränkungen in Bezug auf Arbeitsschwere und Zwangshaltungen. Mit dem in der Gesamtschau festgestellten Leistungsbild könne die Klägerin die besonders leichten Pack-, Montier-, Produktions-, Prüf-, Etikettier- und Kommissionierungsarbeiten, deren Anforderungen dem Gericht aus fortlaufend eingeholten berufskundlichen Stellungnahmen bekannt seien, verrichten. Es handele sich hierbei um besonders leichte körperliche Arbeiten mit nicht ständigen Gewichtsbelastungen von bis zu maximal 5 bis 6 kg durch Heben, Tragen von Materialien etc., die überwiegend in sitzender Arbeitsposition, jedoch mit der Möglichkeit zum Wechsel der Körperhaltung sowie ohne häufige oder andauernde Armvorhalte und ohne besonderen Zeitdruck, insbesondere ohne Akkord, zu verrichten seien. Erhöhte Anforderungen an die Verantwortung und Zuverlässigkeit des Beschäftigten stellten diese Tätigkeiten nicht. Beispielhaft genannt handele es sich um Pack- und Abpackarbeiten für Zahnarztbedarf, Abpackarbeiten in der Ernährungsindustrie bzw. im Handel, das Montieren und Verpacken von Kunststoffkleinteilen in der Auto-, Brillen- und Glasindustrie sowie verschiedene Bearbeitungsvorgänge in der Produktion und Montage von z.B. Kugelschreibern und Füllfederhaltern. Für sie seien, je nach persönlicher Fähigkeit, Einarbeitungszeiten von zwei bis zehn Wochen erforderlich. Für diese Tätigkeiten bestehe in H. ein offener Arbeitsmarkt mit einer nennenswerten Anzahl eingerichteter Arbeitsplätze. Die Klägerin sei auch wegefähig. Denn sie könne Wegstrecken von 4 mal 500 Metern täglich in angemessener Zeit, also unter 20 Minuten, zu Fuß bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren (Hinweis auf BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90, juris).

Gegen dieses, ihren Prozessbevollmächtigten am 14. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. August 2015 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie sieht Ihr Leistungsvermögen nach wie vor als aufgehoben an. Das vom Sozialgericht eingeholte Sachverständigengutachten sei ungenügend und komme zu unzutreffenden Ergebnissen. Dr. N. habe die Schwere der bei ihr bestehenden Erkrankung und der hieraus resultierenden Einschränkungen unzureichend beurteilt, weil er ihren besonderen persönlichen Hintergrund nicht hinreichend gewürdigt habe. Sie stamme aus einer provinziellen Region der T. und aus einer sehr traditionell geprägten Familie. Der Gutachter schließe aus dem Umstand, dass sie sich nur in psychiatrischer Behandlung befinde und keine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt werde, auf einen mangelnden Leidensdruck, ohne bei dieser Schlussfolgerung den spezifischen Hintergrund und deren Auswirkungen auf die ihr zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten zu würdigen. Zudem werde der Umstand, dass sie langjährig regelmäßig die t.- Beratung bei der "B1" – einer psychosozialen Kontaktstelle – besucht habe, zwar erwähnt, aber nicht gewürdigt. Problematisch sei auch gerade vor dem Hintergrund der Bedeutung der familiären Situation, dass die Tochter der Klägerin an der Begutachtung teilgenommen habe. Auch wenn dies auf den ausdrücklichen Wunsch der Klägerin stattgefunden habe, stelle sich doch die Frage, ob der Klägerin eine Ablehnung möglich gewesen sei. Es sei zu befürchten, dass die Anwesenheit der Tochter die Äußerungsmöglichkeiten der Klägerin beeinflusst habe und mithin eine aussagekräftige Beurteilung durch den Gutachter nicht möglich gewesen sei. Das gleiche gelte für den Umstand, dass die Begutachtung trotz der ausdrücklichen Bitte um eine weibliche Gutachterin durch einen männlichen Gutachter erfolgt sei. Insbesondere die Schlussfolgerung des Gutachters, die von ihr angegebene Antriebslosigkeit und Lustlosigkeit sei nur zum Teil als Ausdruck einer depressiven Symptomatik zu werten, teilweise sei sie aber auch Ausdruck eines bewussten und willensnah gesteuerten Rückzugs aus der konflikthaft erlebten Familienkonstellation, sei nicht begründet. Das gleiche gelte für die Annahme, die Klägerin verfüge über ausreichende Ressourcen in den komplexen Ich- Funktionen und man könne sich auch nicht von Therapieresistenz bei primärem Krankheitsgewinn überzeugen. Auch hier wäre jeweils eine Auseinandersetzung mit dem kulturellen Hintergrund der Klägerin erforderlich gewesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 22. Juni 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund eines Versicherungsfalls am 20. April 2011 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und nimmt auf diese sowie ihre angefochtenen Bescheide Bezug. Die Klägerin habe keine neuen medizinischen Sachverhalte vorgetragen, die zu einer anderen Leistungsbeurteilung führen könnten.

Der Senat hat im Rahmen der Amtsermittlung zunächst einen Befundbericht der die Klägerin behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 18. Februar 2016 eingeholt, die als Diagnosen rezidivierende depressive Episoden seit 1989, zur Zeit schwer, inzwischen chronifiziert, einen Verdacht auf schuldwahnhafte Symptomatik, einen Zustand nach Suizidversuch im Dezember 2015 – die Klägerin hatte einen Abschiedsbrief an ihre Kinder geschrieben und dann eine nicht tödliche Dosis von 200 mg des Neuroleptikums S. eingenommen – sowie eine sensitive Persönlichkeitsstörung angegeben hat. Nach dem Suizidversuch sei es zu einem ersten stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik gekommen, der jedoch von der Klägerin Mitte Januar 2016 abgebrochen worden sei.

Im Nachgang ist der Entlassungsbericht der A. Klinik N1 für Psychiatrie und Psychotherapie vom 12. Januar 2016 über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 16. Dezember 2015 bis zum 12. Januar 2016 beigezogen worden, in dem eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert wird und aus dem sich ergibt, dass es zu dem Suizidversuch im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen mit dem Ehemann der Klägerin über dessen bekannt gewordene Untreue gekommen sei.

Des Weiteren ist versucht worden, einen Befundbericht der von der Klägerin sogenannten muttersprachlichen Psychotherapeutin L., ehemals bei der "B1" tätig, zu erhalten. Frau L., nunmehr tätig bei der Begegnungsstätte "F. - soziale Hilfen H.", hat unter dem 31. März 2016 mitgeteilt, dass die Klägerin von ihr im Rahmen der Beratungsstunden für Bewältigung des Alltags begleitet werde. Es sei keine Behandlung im Sinne einer Therapie. In psychischen Krisen werde die Klägerin von ihr begleitet und stabilisiert.

Schließlich hat der Senat ein weiteres Sachverständigengutachten von der Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie Dr. med. Dr. phil. M2 eingeholt, die die Klägerin am 26. April 2016 ambulant untersucht und unter dem 29. Juni 2016 im Ergebnis den Einschätzungen des Vorgutachters Dr. N. zugestimmt hat. Auch diese Sachverständige hat die Tochter der Klägerin nach vorübergehender Untersuchung ohne sie als Übersetzerin hinzugezogen. Im psychopathologischen Befund beschreibt sie die Klägerin unter anderem als im Kontakt betont leidend, dabei jedoch freundlich und aufmerksam zugewandt ohne mnestische Defizite oder Zeitgitterstörungen mit während der gesamten Exploration ungestörter Aufmerksamkeit ohne Ermüdungserscheinungen, im Affekt initial betont klagsam und leidend, im Verlauf jedoch eher subdepressiv-dysphorisch bei vollumfänglich auf beiden Skalenbereichen erhaltener Schwingungsfähigkeit sowie ohne nennenswerte Ängste bei gelegentlichem Unwohlsein bei Enge. Nachdem die Sachverständige der Klägerin nach anfänglich auffälligem histrionischen, betont leidendem und demonstrativem Verhalten vorgeschlagen habe, die Exploration an einem anderen Tag fortsetzen zu können, wenn es ihr so schlecht gehe, dass sie sich auf den Boden legen müsse, habe sich die Klägerin ruckartig zusammengerissen und konzentriert und aufmerksam zu der Sachverständigen aufgeschaut. Ihren Tagesablauf habe die Klägerin so beschrieben, dass sie immer zu unterschiedlichen Zeiten aufstehe, oft Alpträume habe, von denen sie gelegentlich schreiend wach werde. Morgens habe sie oft große Schwierigkeiten aufzustehen. Nach dem Aufstehen trinke sie Kaffee, dann gehe sie in den Garten, seit Dezember mache sie jedoch kaum noch etwas im Garten. Nach dem Kaffeetrinken liege sie auf dem Sofa, sei dann allerdings wach. Zwischenzeitlich mache sie auch Haushaltstätigkeiten. Den Haushalt führten überwiegend die Kinder. Nur die älteste Tochter lebe nicht mehr im gemeinsamen Haushalt. Nachmittags gehe sie, wenn es ihr besser gehe, ihren Vater oder Freunde besuchen. Sie zwinge sich gelegentlich dazu rauszugehen. Sie gehe auch gelegentlich mit der Schwägerin spazieren. Derzeit habe sie keine Interessen oder Hobbys, dies sei schon seit Jahren so. Die Klägerin habe berichtet, dass sie im Januar in der T. gewesen sei, dort auch mit einem Psychologen gesprochen habe. Sie sei mit ihrer Tochter für 10 Tage dorthin gefahren, um abzuschalten. Dort sei es ihr aber nicht besser gegangen. Daher sei sie im April nach S1 zusammen mit ihrer Schwester gefahren, um eine Pilgerfahrt zu unternehmen. Die Pilgerfahrt habe ihr jedoch auch nicht geholfen. Auf die Frage, wie sie eine so anstrengende Reise habe unternehmen können, habe die Klägerin berichtet, dass sie dort auch viel gelegen habe und nur mitgegangen sei, wenn es ihr gut gegangen sei. Sie sei insgesamt 2 Wochen auf der Pilgerfahrt gewesen. Wieder zu Hause angekommen, sei es ihr gegangen wie zuvor. Die Sachverständige hat auf psychiatrischem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Episode, derzeit mittelgradig, und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert, auf somatischem Fachgebiet eine mittelschwere Funktionsstörung der Brust- und Lendenwirbelsäule, ein chronisches Cervical- und Lumbalsyndrom, eine Hyperlordose, Osteochondrose, Struma diffusa und nodosa, subklinische Hyperthereose, Asthma bronchiale, einen rezidivierenden Eisenmangel, ein Karpaltunnelsyndrom rechts, Zustand noch Operation, eine Skoliose sowie eine Arthrose der Halswirbelsäule. Sie stimme der Einschätzung von Frau Dr. B. zu, dass es sich um einen chronifizierten und therapieresistenten depressiven Zustand handele. Dennoch scheine der Spielraum für eine freie Willensbildung bei der Klägerin größer zu sein als angenommen, da, wie bereits im Gutachten von Dr. N. dargelegt worden sei, eine durchaus bewusste Steuerung des Verhaltens und ein sekundärer Krankheitsgewinn durch Entlastung, Entpflichtung und Schonung durch Übernahme der Verantwortung für Haushalt und Alltagsregulation durch Kinder und Ehemann nahe liege. Auch scheine bei entsprechender Willensbildung die Reisefähigkeit der Probanden nicht eingeschränkt zu sein, was bei einem schweren depressiven Syndrom mit schwerer Antriebsstörung zu erwarten gewesen wäre. Auch in ihrer Alltagsgestaltung seien durchaus Haushaltstätigkeiten, Spaziergänge, Kontakte mit Verwandten und Freunden, gelegentliche Gartenarbeit möglich. Die Tätigkeiten schienen interessen- und willensgeleitet zu sein. Dem zweifelsohne hohen subjektiven Leistungsdruck stehe auf der anderen Seite keine entsprechende Behandlungsmotivation gegenüber, da die Klägerin sich bislang nur einmal stationär psychiatrisch habe behandeln lassen und diesen Aufenthalt auf eigenen Wunsch abgebrochen habe. Der Empfehlung der Klinik, eine ambulante Psychotherapie fortzuführen, folge die Klägerin nicht. Auch die sehr demonstrativ wirkende initiale Gestaltung in der Begutachtungssituation habe durchaus bewusstseinsnahen appellativ-manipulativen Charakter gehabt. Entgegen der subjektiven Beschwerdeschilderung der Klägerin seien die objektiven Funktionsbeeinträchtigungen nicht von der Schwere, dass selbst einfache Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von der Klägerin nicht ausführbar wären. Insgesamt sei ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten in dem letzten Beruf der Klägerin mit den entsprechenden qualitativen Leistungseinschränkungen (keine körperlichen Zwangshaltungen, keine ständig gebückten Arbeitspositionen, maximal mittelschwere Arbeiten, kein Heben und Tragen von Lasten) aufgrund der orthopädischen Vorschäden möglich. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Trotz der depressiven Verstimmung und somatoformen Schmerzstörung sei die Klägerin bei zumutbarer Willensanspannung in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden. Seit Antragstellung seien Änderungen im Leistungsvermögen nicht eingetreten. Eine Besserung des Zustandes sei durch Intensivierung der Behandlungsmaßnahmen, zum Beispiel durch muttersprachliche Psychotherapie zur innerfamiliären Konfliktverarbeitung, möglich. Aufgrund der Chronifizierung und des hohen sekundären Krankheitsgewinns sei eine Behebung im Sinne einer Heilung jedoch weniger wahrscheinlich.

Die Klägerin ist dieser Einschätzung mit Schriftsatz vom 19. September 2016 entgegengetreten und hat hierbei ausgeführt, dass die Auffassung der Gutachterin vorwiegend darauf beruhe, dass die Klägerin im Januar 2016 in die T. und im April 2016 auf Pilgerfahrt nach M. gereist sei. Hierbei sei die Gutachterin offenbar von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Die Klägerin habe diese Reisen tatsächlich unternommen, aber nicht aus eigenem Antrieb oder mit einem eigenen Beitrag zur Organisation. Die Reise in die T. sei eine Idee der erwachsenen Tochter gewesen, die Klägerin selbst habe hieran kein Interesse gehabt und sich lediglich hierzu überreden lassen. Die Tochter habe die Reise eigenständig organisiert, die Unterkunft besorgt und die Klägerin begleitet. Während der gesamten 2 Wochen hätten sich die Klägerin und ihre Tochter in der Istanbuler Wohnung von selbst nicht anwesenden Bekannten aufgehalten. Da eine Besserung des psychischen Gesundheitszustandes der Klägerin ausgeblieben sei, habe deren Schwester in der Hoffnung, dies könne der tief gläubigen Klägerin helfen, eine gemeinsame Pilgerfahrt nach M. vorgeschlagen. Auch diese Reise sei nicht aufgrund eigener Willensbetätigung der Klägerin erfolgt und ohne eigenen Organisationsbeitrag geblieben. Sie habe sich lediglich zum Mitfahren überreden lassen. Es habe sich um eine sogenannte kleine Pilgerfahrt (Umra) gehandelt. Sie habe außerhalb der vorgeschriebenen Zeit für die eigentliche Pilgerfahrt (Hadsch) stattgefunden, sodass die mit dem Ansturm großer Menschenmassen verbundenen Anstrengungen vermieden worden seien. Die Klägerin sei trotz ihrer Gläubigkeit und der Bedeutung, die die Reise daher für sie gehabt habe, nicht in der Lage gewesen, die vorgeschriebenen Riten zu absolvieren. Sie sei häufig in der Unterkunft geblieben, habe sich hinlegen müssen und viel geschlafen. Berücksichtige man die näheren Umstände der Reisen, ließen diese die von der Sachverständigen gezogenen weitreichenden Schlüsse nicht zu. Soweit die Gutachterin ihre Schlüsse außerdem auf das von der Klägerin als manipulativ empfundene Verhalten zu Beginn der Exploration stütze, werde der soziokulturelle Hintergrund der Klägerin unzureichend berücksichtigt. Sie sei in ländlich-traditionellen Verhältnissen in der türkischen Provinz aufgewachsen und verfüge nur über eine geringe Schulbildung. Ein Bemühen der Gutachterin um Interpretation des Verhaltens in diesem Kontext sei nicht zu erkennen. Es sei naheliegend, dass die nur unzureichend Deutsch sprechende Klägerin ihrem tatsächlich bestehenden Leiden durch die ihr zur Verfügung stehenden, kulturell mitbestimmten Verständigungsmittel Ausdruck verliehen habe. Der Schluss auf eine bewusstseinsnahe Ausgestaltung und einen nicht krankheitsbedingt eingeschränkten Spielraum der Willensgestaltung werde hierdurch nicht gerechtfertigt. Die von der Sachverständigen erfragte Schilderung des Alltagslebens der Klägerin lasse den Schluss nicht zu, dass eine quantitative Einschränkung des Leistung Vermögens nicht vorliege. Da im Rahmen der Begutachtung zudem keinerlei Testverfahren angewendet worden seien, sei die Beurteilung der Gutachterin hinsichtlich der Schwere der psychischen Erkrankung der Klägerin und des quantitativen Umfangs ihrer Leistungsfähigkeit unbegründet und nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte hat hierauf mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2016 unter Hinweis auf die seit dem Verwaltungsverfahren übereinstimmende Gutachtenlage erwidert, dass Frau Dr. Dr. M2 ihrer Einschätzung nicht allein mit den gemachten Reisen begründe. Sie habe mitnichten darauf abgestellt, die Klägerin habe die Reisen eigenständig geplant und organisiert, sondern lediglich ausgesagt, dass bei entsprechender Willensbildung die Reisefähigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt sei, was bei einem schweren depressiven Syndrom mit schwerer Antriebsstörung zu erwarten gewesen wäre. Darüber hinaus seien der Klägerin in der Alltagsgestaltung interessen- und willensgeleitete Tätigkeiten wie Haushaltstätigkeiten, Spaziergänge, Kontakte mit Verwandten und Freunden und gelegentliche Gartenarbeit möglich. Im Übrigen habe Frau Dr. Dr. M2 bestätigt, dass es bei dem Sachverhalt, zu dem Dr. N. sich ausführlich geäußert habe, keine Änderungen gegeben habe. Soweit die Klägerin der Auffassung sei, dass die Beurteilung der Sachverständigen wegen fehlender Testverfahren unbegründet und nicht nachvollziehbar sei, sei anzumerken, dass auch Testverfahren letztendlich diesbezüglich keinen Nachweis erbringen könnten, da die Testergebnisse subjektiv beeinflussbar seien. Insofern könne das Fehlen dieser Tests kein ausreichender Grund sein, das Gutachten an sich infrage zu stellen.

In einer vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme hat Frau Dr. Dr. M2 unter dem 3. Oktober 2016 die Einwände der Klägerin gegen ihr Gutachten zurückgewiesen. Sie habe die Intention der Pilgerfahrten auch in der von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nunmehr geschilderten Form verstanden. Es sei nicht der Eindruck entstanden, dass dies "aktive Ferien- oder Familienurlaube" gewesen seien, sondern seitens der Familie eine Verbesserung der Gesundheit auf religiöser Ebene versucht worden sei. Auch sei nicht daran gezweifelt worden, dass die Klägerin bei der Organisation und Durchführung der Reisen eine eher passive Rolle zugekommen sei. Bei einer schweren depressiven Episode wäre hingegen auch keine passive Teilnahme an den beiden Reisen zu erwarten gewesen, da eine schwere Antriebsstörung dies verhindert hätte. Der Antrieb der Klägerin scheine jedoch lenkbar und affizierbar zu sein, da z.B. Garten- und Hausarbeiten, Freundes- und Verwandtschaftsbesuche noch möglich seien. Bei der psychiatrischen Beurteilung der Leistungsfähigkeit spielten jedoch nicht nur die Berichte der Probanden, sondern maßgeblich der klinische Eindruck und der psychopathologische Befund eine Rolle. Hier hätten sich bei der Klägerin keine Anzeichen einer schweren depressiven Episode mit entsprechend quantifizierbaren Leistungseinschränkungen ergeben. Die sehr wohl vorhandenen qualitativen Leistungseinschränkungen könnten – zumindest teilweise – sowohl durch eine entsprechende Intensivierung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung als auch durch eine aktive Willensbildung überwunden werden. Das auffällige Verhalten während der Exploration stehe nicht im Widerspruch zu den eher körpernahen Ausdrucksformen des kulturellen Hintergrundes, aus dem die Klägerin stamme. Für die psychiatrische Verhaltensbeobachtung sei nicht nur das Verhalten selbst aufschlussreich, sondern – wie in diesem Fall – vielmehr, ob das Verhalten der willentlichen Beeinflussung unterliege und damit veränderbar sei oder nicht. Insgesamt sei bei der Verhaltensbeobachtung der Eindruck entstanden, dass das Verhalten der Klägerin nicht nur krankheits- und kulturbedingt geprägt sei, sondern auch der motivationalen Willensbildung unterliege, sodass man davon ausgehen könne, dass der Spielraum der Willensbildung größer sei als von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin angenommen. Diesen Eindruck teilen sie mit dem Vorgutachter Dr. N ... Des Weiteren spiele bei der Beurteilung der krankheitsbedingten Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit auch die aktuelle psychiatrische Behandlung in Relation zu den potentiellen Behandlungsmöglichkeiten eine große Rolle. Wie schon im Gutachten beschrieben, stehe dem hohen subjektiven Leidensdruck eine entsprechende Behandlungsmotivation entgegen. Ein einmaliger stationärer Aufenthalt sei von der Klägerin abgebrochen, eine empfohlene ambulante Psychotherapie nicht begonnen worden. Ein sekundärer Krankheitsgewinn durch Entlastung, Entpflichtung und Schonung durch Übernahme der Verantwortung für Haushalt und Alltagsregulation durch Kinder und Ehemann und ein Rentenbegehren liege folglich nahe. Eine Testdiagnostik sei aufgrund der Sprachbarriere nicht möglich gewesen, da die Fragen in deutscher Sprache verfasst seien und für die Beantwortung, selbst wenn der Sinn der Fragen verstanden würde, feinere Sprachnuancen leicht übersehen werden können. Selbst wenn ein türkischer Dolmetscher diese übersetzte, wäre die Validität der Tests nicht mehr gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Sitzungsniederschriften, die eingeholten Auskünfte, Befundberichte und Gutachten, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 26. Oktober 2016 beigezogenen Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG vollen Umfangs Bezug nimmt, als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren und das Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme sind nicht geeignet, durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung oder auch nur einen weiteren Ermittlungsbedarf zu begründen. Weder aus dem Vortrag der Klägerin noch aus den aktuelleren ärztlichen Unterlagen und dem Sachverständigengutachten der Frau Dr. Dr. M2 ergeben sich Hinweise auf eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes und Leistungsvermögens der Klägerin gegenüber dem Zeitpunkt der durch das Sozialgericht initiierten Begutachtung, deren Ergebnis von der Vorinstanz wiederum überzeugend dem abweisenden Urteil zu Grunde gelegt worden ist.

Dem Befundbericht der Frau Dr. B. sind keine wesentlichen Veränderungen gegenüber den früheren, über die Jahre erstellten Berichten zu entnehmen, wenn man von der stationären Behandlung im Dezember 2015 / Januar 2016 nach Suizidversuch absieht. Dieser Suizidversuch wiederum ist nach dem Bericht der behandelnden Klinik und dem Gutachten der Frau Dr. Dr. M2 im Zusammenhang mit der kurz zuvor erfolgten Enthüllung der Untreue des Ehemannes der Klägerin zu sehen. Wesentlich geänderte Befunde oder neue Diagnosen im Rahmen der bekannten rezidivierenden depressiven Erkrankung mit depressiven Episoden unterschiedlicher Schweregrade lassen sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen. Schon die stationäre Behandlung hat zu einer Teilremission mit Empfehlung der Weiterführung einer ambulanten Therapie geführt, der die Klägerin jedoch wie bereits in der Vergangenheit nicht nachgekommen ist. Bei der angegebenen Therapie bei Frau L. handelt es sich nach deren Mitteilung um keine Psychotherapie, sondern um ein Beratungs-, Begleitungs- und Stabilisierungsangebot.

Die vom Senat veranlasste erneute psychiatrische Begutachtung der Klägerin durch Frau Dr. Dr. M2 hat das Ergebnis der früheren Begutachtungen im Verwaltungs- und Klageverfahren bestätigt. Insbesondere hat die Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar den durchaus noch vorhandenen Spielraum für freie Willensbildung und das Vorhandensein von Ressourcen aus dem Verhalten der Klägerin in der Begutachtungssituation und den anamnestischen Angaben insbesondere zu den kürzlich unternommenen Reisen sowie aus der Schilderung des Tagesablaufs der Klägerin hergeleitet. Die Einwände der Klägerin hiergegen, dass die Sachverständige ihren besonderen, insbesondere kulturellen Hintergrund bei der Bewertung ihres Verhaltens nicht berücksichtigt und die Reisetätigkeit völlig falsch eingeordnet habe, vermögen den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Einschätzung der Sachverständigen fehlerhaft erfolgt ist. Im Gegenteil räumt Frau Dr. Dr. M2 die gegen ihr Gutachten erhobenen Einwände überzeugend mit ihrer Stellungnahme vom 3. Oktober 2016 aus. Auf diese kann hier uneingeschränkt Bezug genommen werden.

Abschließend sei noch ergänzend zu dem sozialgerichtlichen Urteil ausgeführt, dass die Klägerin auch aus dem noch vor der Rentenantragstellung erstellten Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit, dort Dr. M3, vom 25. März 2010 nichts Substanzielles für ihre Anspruchsbegründung herleiten kann. Zwar hat jener ein unter dreistündiges Leistungsvermögen für einen Zeitraum von voraussichtlich mehr als 6 Monaten angegeben, dies jedoch nur unter Hinweis darauf, dass eine konsequent durchgeführte ärztliche Behandlung Vorrang habe und dass ein aufgehobenes Leistungsvermögen von der angegebenen Dauer "nicht sicher auszuschließen" sei. Damit hat auch Dr. M3 letztlich keine rentenrechtlich relevante Minderung des Leistungsvermögens beschrieben, weil er Zweifel formuliert, die sich nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Ungunsten der einen Anspruch verfolgenden Klägerin auswirken.

Nach dem vorgenannten Grundsatz ist die Berufung unabhängig von der oben dargelegten Überzeugung des Senats zurückzuweisen, weil sich bei nach ausführlicher Sachverhaltsaufklärung einhellig entgegenstehender Gutachtenlage jedenfalls nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass die Klägerin voll oder teilweise erwerbsgemindert ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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