Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 9 R 414/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 45/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nach durchgeführter Betriebsprüfung (§ 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) um die Nachforderung von Pauschalsozialversicherungsbeiträgen bei geringfügiger Beschäftigung in Höhe von insgesamt 1.411,20 Euro zuzüglich Säumniszuschlägen und dabei um die Frage, ob die Beigeladene zu 3 im Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2008 als abhängig beschäftigte oder selbstständige Reinigungskraft für die Klägerin tätig war.
Die Klägerin ist Rechtsanwältin, deren Kanzlei sich im streitgegenständlichen Zeitraum zunächst im H2 in H1 und nach einem Umzug im September 2007 in der H3, ebenfalls in H1, befand. Nach einer für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durchgeführten Betriebsprüfung mit Schlussbesprechung am 3. September 2009 beanstandete die Beklagte u.a. die Behandlung der für die Klägerin als Reinigungskraft tätig gewesene Beigeladenen zu 3 als Selbstständige und stellte – nachdem sie dem u.a. insoweit erhobenen Widerspruch der Klägerin teilweise abgeholfen hatte – für die im Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2008 von der Klägerin an die Beigeladene zu 3 gezahlte Vergütung eine Nachforderung von Pauschalsozialversicherungsbeiträgen bei geringfügiger Beschäftigung in Höhe von insgesamt 1.411,20 Euro zuzüglich Säumniszuschlägen fest (Bescheid vom 23. März 2010, am 21. März 2011 abgesandter Widerspruchsbescheid vom 9. März 2011).
Hiergegen hat die Klägerin am 21. April 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und weiter die Auffassung vertreten, die Beigeladene zu 3 sei als selbstständige Reinigungskraft für sie tätig geworden. Das ergebe sich bereits aus den von ihr im Vorverfahren vorgelegten schriftlichen, das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 3 regelnden Verträgen über eine "freie Mitarbeit" vom 22. Juni 2006 (Geltungszeitraum ab 1. Juli 2006) und 22. September 2007 (Geltungszeitraum nach dem Kanzleiumzug ab 1. Oktober 2007). In deren Präambeln hieß es jeweils: Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass durch diesen Vertrag kein Arbeitsverhältnis zustande kommt. Sollte dennoch nach zwingenden gesetzlichen Bestimmungen ein Arbeitsverhältnis bestehen, verpflichtet sich die Auftragnehmerin, ihren Anteil zur Sozialversicherung und die gesetzlichen Krankenkassenbeiträge auch rückwirkend selbst zu zahlen. Des Weiteren war u.a. jeweils Folgendes geregelt: § 1 Zusammenarbeit Die Auftragnehmerin übernimmt ab dem 1. Juli 2006 (bzw. ab dem 1. Oktober 2007) als freie Mitarbeiterin die Aufgabe als Raumpflegerin in den Kanzleiräumen der Auftraggeberin. Der Auftragnehmerin steht es frei, wann sie welche Säuberungsarbeiten erbringt. Im Falle der Verhinderung durch Krankheit oder Urlaub kann sie sich nach Rücksprache mit der Auftraggeberin vertreten lassen. Die Auftragnehmerin ist grundsätzlich in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit frei. Sie hat jedoch im Einzelfall die Interessen der Auftraggeberin zu berücksichtigen. § 3 Pflichten der Auftragnehmerin Die Auftragnehmerin führt die übernommenen Aufgaben in Abstimmung mit der Auftraggeberin eigenverantwortlich nach pflichtgemäßem Ermessen durch. Die Räume der Auftraggeberin sind i.d.R. einmal wöchentlich zu reinigen. § 4 Honorar, Aufwendungsersatz Die Auftragnehmerin erhält für ihre Tätigkeit ein Honorar von 50,00 (bzw. ab 1. Oktober 2007 60,00) Euro pro Woche. Hiermit sind alle von ihr erbrachten Leistungen pauschal abgegolten. Das Honorar ist jeweils am letzten Tag eines Kalendermonats fällig. Steuer und Sozialversicherungsbeiträge führt die Auftragnehmerin selbst ab. § 5 Auslagen Auslagen für Putzmittel etc. werden von der Auftraggeberin gegen Nachweis übernommen. Die Klägerin hat vorgetragen, die Beigeladene zu 3 sei manchmal einmal, manchmal zweimal wöchentlich zur Reinigung erschienen, habe über Schlüssel zu den Kanzleiräumen verfügt und selbst über Uhrzeit und Umfang der Reinigung entschieden. Sie habe Putzmittel und Hilfsmittel immer selbst mitgebracht. Kosten seien gegen Nachweis für Verbrauchsmaterialien erstattet worden. Die Beigeladene zu 3 habe Urlaub genommen, wann sie gewollt habe, dann zum Teil jemand anderen – manchmal ihren Ehemann, manchmal eine andere Frau – geschickt und allenfalls in der Woche zuvor angekündigt, dass jemand anderes kommen würde. Sie habe auch bei anderen Stellen geputzt, bei denen sie ebenfalls als selbstständig geführt worden sei. Die Beigeladene zu 3 habe der Klägerin gegenüber geäußert, dass sie über einen Gewerbeschein verfüge. Sie habe sehr wohl ein Unternehmerrisiko getragen, auch wenn sie wie viele Dienstleister kein Kapital im Sinne von Geld eingesetzt habe, sondern ihre Arbeitskraft. An einer Eingliederung in den Kanzleibetrieb und an einer Weisungsgebundenheit habe es ebenso gefehlt wie bei den von der Klägerin zuvor beauftragten Reinigungsunternehmen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Die vertraglichen Formulierungen als "freie Mitarbeit" entsprächen nicht der Realität. Die Beigeladene zu 3 sei als Reinigungskraft in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert gewesen, sie habe kein echtes unternehmerisches Risiko getragen.
Das SG hat die Klage nach mündlicher Verhandlung am 6. Februar 2013 mit Urteil vom selben Tag, hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung von Gerichtskosten ergänzt durch Beschluss vom 27. Februar 2013, beide der Klägerin zugestellt am 11. März 2013, als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide, soweit sie Gegenstand des Verfahrens seien, denn diese seien rechtmäßig. Zu Recht habe die Beklagte für die Beigeladene zu 3 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung nach § 8 SGB IV festgestellt und die Klägerin zur Nachzahlung der Pauschalbeiträge verpflichtet. Die Beigeladene zu 3 habe vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2008 in einem (geringfügigen) Beschäftigungsverhältnis nach § 8 Abs. 1 SGB IV zu der Klägerin gestanden. Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung sei die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Diese Weisungsgebundenheit könne eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, richte sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hänge davon ab, welche Merkmale überwögen (Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit Nachweisen sowie zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit auf Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Für die Beigeladene zu 3 als Reinigungskraft in den Büroräumen der Klägerin habe nach diesen Grundsätzen in dem maßgeblichen Zeitraum eine abhängige Beschäftigung bestanden. Die hierfür sprechenden Merkmale überwögen gegenüber denjenigen Merkmalen, die für selbständige Tätigkeit sprächen. Im Einzelnen gehe die Kammer von Folgendem aus: Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung habe die Kammer zunächst die Ausgestaltung des Vertrags zwischen der Klägerin und der Reinigungskraft gewertet, wonach zwischen den Vertragsparteien eindeutig ein Auftragsverhältnis ohne abhängige Beschäftigung gewollt gewesen sei. Einem solchen vertraglich dokumentierten Willen der Beteiligten komme eine indizielle Wirkung jedenfalls dann zu, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen nicht rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend sei, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert werde. Die am Vertrag Beteiligten seien offenbar bemüht gewesen, einen schriftlichen Vertrag zu schließen, der auf eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 hindeute. Dabei sei anzunehmen, dass die Klägerin hierüber wesentlich mehr Kenntnisse gehabt habe als die Beigeladene zu 3. So sei der Vertrag u.a. so gestaltet, dass sogar, wohl unwirksam, versucht werde, die Regelung des § 28g SGB IV abzubedingen, wonach in der Regel zu Unrecht nicht erhobene Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nur für 3 Monate rückwirkend noch durch den Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangt werden könnten. Die Klägerin habe dargelegt, dass sie die Beigeladene zu 3 nach einem Gewerbeschein gefragt habe. Das Vorhandensein eines Gewerbescheins habe jedoch keine Auswirkung auf die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Tätigkeit. Die Beigeladene zu 3 sei – anders als im schriftlichen Vertrag dargestellt – nach Auffassung der Kammer von der Klägerin (sowie ggf. von weiteren Arbeitgebern) persönlich und wirtschaftlich abhängig gewesen. Die wesentlichen Bedingungen für ihre Tätigkeit seien dabei von der Klägerin gesetzt und nicht von der Beigeladenen zu 3 in gleichrangiger Weise mitgestaltet worden. Dabei folge die Kammer den Angaben der Klägerin zu ihrer Einflussnahme auf Vertragsgestaltung und tatsächliche Verhältnisse nur teilweise. Zweifelhaft könne schon sein, ob einzeln tätige Reinigungskräfte, die nicht einem Reinigungsunternehmen mit festen Standards für die vom Unternehmen zu erbringenden Leistungen angehörten, überhaupt in selbstständiger Tätigkeit für Auftraggeber tätig sein könnten. Es spreche viel dafür, dass solche Arbeiten immer nach konkreten Weisungen und Vorgaben des Auftraggebers erfolgen müssten, die den Erfordernissen der Nutzung der zu reinigenden Räume entsprechen müssten. Dies gelte erst recht für beruflich genutzte Räume mit Publikumsverkehr, ggf. auf höherem Anspruchsniveau. Im konkreten Fall seien die zu reinigenden Räume nicht Privaträume der Klägerin gewesen, bei denen man sich vorstellen könne, dass man Zugeständnisse an die Regelmäßigkeit und Art der Reinigung machen könnte. Es habe sich vielmehr um das Anwaltsbüro der Klägerin gehandelt. Solche publikumsoffenen Räume müssten nach allgemeiner Anschauung der Mandantschaft jederzeit in einwandfreiem Zustand präsentiert werden können. Es könne hierfür keinesfalls ausreichend sein, wenn eine Reinigung unregelmäßig, allein nach dem Gutdünken der Reinigungskraft und zu von dieser festzulegenden Tages- und Wochenzeiten erfolge. Vielmehr seien die Anforderungen an eine solche Reinigung einer Rechtsanwaltskanzlei abhängig vom Grad der über den Tag erfolgten Verschmutzung, z.B. durch Staub, matschige Schuhe, verschütteten Kaffee oder Ähnliches. Es sei für die Kammer nicht vorstellbar, dass z.B. solche Verunreinigungen, wie von der Klägerin dargestellt, je nach Gutdünken der Beigeladene zu 3 im Rhythmus von 1 Woche, ggf. auch länger, zu reinigen gewesen und zwischenzeitlich so gelassen worden seien. Jedenfalls wäre doch eine tägliche oder 2- tägliche Kontrolle der Räume und Reinigung der Sanitärbereiche erforderlich gewesen. Angesichts dessen halte die Kammer die Vorgaben, die die Klägerin der Beigeladenen zu 3 für die Reinigung ihrer Büroräume gemacht haben müsse, für wesentlich umfassender als von ihr erinnert und sehe hierin Weisungen, die von der Beigeladenen zu 3 – deren Wohnort zu diesem Zeitpunkt noch nicht ermittelt und die noch nicht in das Verfahren einbezogen gewesen ist – zu befolgen gewesen seien. Dasselbe gelte für die Frage von Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Nach dem Vertrag habe für die Beigeladene zu 3 hier vollkommene Freiheit bestanden, Vertretungskräfte einzusetzen, wobei diese dann ihrerseits als ihre Auftragnehmer gegolten hätten und Verschwiegenheitspflichten ihr gegenüber gehabt hätten. Die Klägerin habe angegeben, dass die Beigeladene zu 3 sicherlich einmal krank gewesen sei oder Urlaub gemacht habe. Sie meine, dann ihren Mann oder auch eine andere Frau gesehen zu haben, habe sich aber gar nicht darum gekümmert. Dies wäre nur dann so möglich gewesen, wenn die Beigeladene zu 3 die Schlüssel zum Anwaltsbüro frei an vollkommen Fremde hätte weitergeben können, ohne dass sich die Klägerin überhaupt nur ein Bild von diesen Personen hätte machen können, da die Reinigung der Büroräume ja in der Regel außerhalb der Bürozeiten habe stattfinden müssen und die Klägerin die Reinigungskräfte auch nach ihren Angaben kaum gesehen habe. Eine solche Regelung scheine angesichts des Vorhandenseins einer Vielzahl personenbezogener Daten und Unterlagen in einem Anwaltsbüro nicht vorstellbar und wäre möglicherweise auch als Verletzung anwaltlicher Pflichten anzusehen. Für den Fall irgendwelcher Verletzungen von Geheimnissen oder auch versehentlicher Beschädigungen, wie sie bei Reinigungsarbeiten vorkommen können, wäre es kaum denkbar, dass die Klägerin nicht wenigstens Namen und Telefonnummer der Vertretungskräfte hätte kennen wollen und müssen und sich davon hätte überzeugen wollen, dass die Vertretungskräfte tatsächlich Mitarbeiter der Beigeladenen zu 3 gewesen seien. Dies gelte auch, falls diese zum "Dienst" nicht erschienen wären. Dies würde auch dann gelten, wenn die Beigeladene zu 3 tatsächlich Mitarbeiter beschäftigt hätte, was aber nicht der Fall gewesen sei, wie von der Beklagten ermittelt. Aus diesem Grund gehe die Kammer auch bei Berücksichtigung des nachvollziehbaren Wunsches der Klägerin, sich um nichts kümmern zu wollen, davon aus, dass sie wesentlich weitergehende mündliche Absprachen mit der Reinigungskraft und ggf. mit ihrer Vertretung im Sinne von Weisungen getroffen haben müsse. Ein unternehmerisches Risiko der Auftragnehmerin sehe die Kammer ebenfalls kaum, ohne dabei zu verkennen, dass ein unternehmerisches Risiko grundsätzlich nicht nur im Einsatz umfangreichen Kapitals, sondern auch im Einsatz der eigenen Arbeitskraft liegen könne (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R, juris, wo es unter Rn. 25 heiße: " maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.") Das BSG führe dann allerdings weiter aus: "Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug." Die Kammer sehe hier für die Beigeladene zu 3 aber kaum ein Unternehmerrisiko, wenn sie nur ihre Arbeitsleistung erbringe. Ihr habe ein fest vereinbarter Honorarbetrag wöchentlich zugestanden. Nach den Gesamtumständen überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 3.
Mit der hiergegen am 9. April 2013 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass entgegen der Ansicht des SG eine tägliche Kontrolle bzw. Reinigung der Räumlichkeiten nicht erforderlich gewesen sei. Sie sei überwiegend in Rechtsgebieten mit wenig Mandantenkontakt wie u.a. dem Medizinrecht tätig. Zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 erklärt die Klägerin u.a. vor, dass jene die Reinigungsmittel mitgebracht habe. Die Klägerin habe sie gebeten, einige davon in den Kanzleiräumen zu belassen, um selbst eventuell erforderliche Zwischenreinigungen, insbesondere von Toilette und Waschbecken, vorzunehmen. Nur für die zurückgelassenen Reinigungsmittel sei eine Kostenerstattung erfolgt. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 3 auf eigenen Wunsch keine Rechnungen gestellt, sondern es sei stets Barzahlung gegen Quittung erfolgt. Auf Anforderung des Senats hat die Klägerin Quittungen für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum zur Akte gereicht und weiter die Ansicht geäußert, dass, wenn man die Auffassung des SG zu Grunde lege, selbstständige Einzelunternehmer im Reinigungsgewerbe nicht denkbar seien, obwohl deren Tätigkeit derjenigen großer Reinigungsfirmen entspreche. Das unternehmerische Risiko der Beigeladenen zu 3 liege darin, dass sie bei verschiedenen Reinigungsstellen gearbeitet haben dürfte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Gewinn erhöhe sich, wenn es ihr gelinge, weitere Reinigungsmöglichkeiten zu finden. Die Beigeladene zu 3 habe Reinigungsgeräte und -mittel mitgebracht und auf Bitten der Klägerin Reinigungsmittel für eigene Zwischenreinigungen, insbesondere von Toilette und Waschbecken, vor Ort gelassen und nur hierfür eine Kostenerstattung erhalten. Auf eigenen Wunsch habe die Beigeladene zu 3 keine Rechnungen gestellt, sondern es sei stets Barzahlung gegen Quittung erfolgt. Ein Reinigungsunternehmen mit den gleichen Vorgaben wie die Beigeladene zu 3 wäre nicht in Verdacht geraten, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Würde man nicht den gleichen Maßstab an den vorliegenden Sachverhalt stellen, so bedeutete dies eine Diskriminierung der unter den Schutz der Niederlassungsfreiheit des Art. 49 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union fallenden Beigeladenen zu 3. Die Klägerin falle als polnische Staatsangehörige, die mit ihrem Reinigungsgewerbe eine wirtschaftliche Erwerbstätigkeit aufgenommen habe, ohne konkreten Weisungen hinsichtlich der Zeit und der konkreten Tätigkeit zu unterliegen, unter den Schutzbereich. Eine Diskriminierung sei gegeben, denn der vorliegende grenzüberschreitende Sachverhalt werde gegenüber einem vergleichbaren inländischen Sachverhalt schlechter behandelt. Vergleichsgruppe bei der Überprüfung einer Regelung oder Maßnahme seien die potentiellen inländischen Wettbewerber. Das Reinigungsgewerbe lasse sich zulässigerweise als Einzelunternehmerin organisieren, so wie es die Beigeladene zu 3 getan habe. Es sei davon auszugehen, dass in der Republik P. dieses Gewerbe überwiegend so organisiert werde. Werde nunmehr in Deutschland Reinigungsunternehmen eine Vermutung dahingehend zugebilligt, dass aufgrund der Organisationsstruktur nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sei, so stelle dies eine Benachteiligung der Wettbewerber beim Marktzugang dar. Denn potentielle Auftraggeber müssten befürchten, dass sie bei der Beauftragung eines Einzelunternehmers der Sozialversicherungspflicht unterlägen, und würden sich daher davor scheuen, entsprechende Aufträge zu vergeben.
Die Klägerin beantragt,
dass Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 6. Februar 2013 einschließlich des Ergänzungsbeschlusses vom 27. Februar 2013 insgesamt sowie den Bescheid der Beklagten von 23. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 insoweit aufzuheben, als sie die Beitragsfestsetzung für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 betreffen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest und verweist darauf, dass die Klägerin laut Vertrag die Rechtsmacht gehabt habe, zu bestimmen, was wie zu reinigen sei (" in Abstimmung mit der Auftraggeberin") und auch die Arbeitszeiten vorzugeben ("Sie hat jedoch im Einzelfall Interessen der Auftraggeberin zu berücksichtigen").
Die Beigeladenen zu 1 und 2 schließen sich der Auffassung der Beklagten und des SG an, stellen jedoch ebenso wenig einen Antrag wie die im laufenden Berufungsverfahren nach Ermittlung ihres Wohnorts zu 3 Beigeladene.
Die Beigeladene zu 3 trägt vor, dass sie aufgrund mündlicher Abreden die Tätigkeit bei der Klägerin ausgeübt habe und dass die zur Akte gereichten schriftlichen Verträge vom 22. Juni 2006 und 22. September 2007 rückdatiert seien. Zunächst habe sie keine schriftlichen Verträge unterzeichnet. Erst nach dem Umzug, wohl zu einem Zeitpunkt, als sie schon nicht mehr in den Räumen der Klägerin gereinigt habe – dies wisse sie nicht mehr ganz genau – habe sie einen Anruf des Zeugen B. bekommen, wonach in der Kanzlei der Klägerin eine Kontrolle stattgefunden habe. Es seien Quittungen über Zahlungen an sie selbst gefunden worden, sodass nunmehr noch Formalitäten erledigt werden müssten, damit die Klägerin keine Strafe zahlen müsse. Ihr seien dann die schriftlichen Verträge zur Unterschrift vorgelegt und von dem Zeugen B. übersetzt worden. Der Zeuge B. habe auf Nachfrage erklärt, es gehe darum, dass die Klägerin keine Strafe zahlen müsse.Nach weiteren 2 Monaten habe der Zeuge B. dann wieder angerufen und erklärt, dass die Klägerin eine Strafe von 1.700,00 EUR bekommen habe und sie selbst diese nun zahlen solle. Sie habe sich geweigert. Sie habe bei den Reinigungsarbeiten in den Räumen der Klägerin keine eigenen Geräte oder Reinigungsmittel mitgebracht. Es sei alles in der Küche der Kanzlei vorhanden gewesen, so z.B. ein Staubsauger, Eimer, Besen usw ... Auch Reinigungsmittel seien dort gewesen. Wenn neue Reinigungsmittel hätten besorgt werden müssen oder auch z.B. Toilettenpapier, habe sie dies getan und die Kosten erstattet bekommen. Ihr sei einmal zu Beginn der Tätigkeit gesagt worden sei, welche Reinigungsarbeiten zu verrichten seien. Weitere konkrete Anweisungen vor Ort habe sie nicht erhalten. Die Arbeiten habe sie nach entsprechender Weisung der Klägerin nach dem Arbeitsende der Kanzlei und auch mal am Wochenende verrichtet. Wenn sie krank gewesen sei oder auch mal nach P. gefahren sei, habe sie das der Klägerin mitgeteilt. Für eine Vertretung habe sie nicht gesorgt, ein entsprechender Bedarf sei auch nicht angemeldet worden. Zeitweise habe ihr Ehemann ihr bei den Reinigungsarbeiten geholfen, insbesondere, wenn es ihr nicht so gut gegangen sei. Er sei aber zu keinem Zeitpunkt allein in der Kanzlei gewesen.
Alle Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters als Einzelrichter anstelle des Senats erteilt (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Der Berichterstatter hat in der Sache am 20. März 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt und am 16. März 2016 und 7. September 2016 mündlich verhandelt, hierbei die Klägerin und – im letzten Verhandlungstermin – die Beigeladene zu 3 ausführlich zum Sachverhalt befragt sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T.K., A.F. sowie Martin B ... Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die entsprechenden Sitzungsniederschriften, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil des SG vom 6. Februar 2013 einschließlich des Ergänzungsbeschlusses vom 27. Februar 2013 ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 ist, soweit er die Beitragsfestsetzung für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 betrifft und damit Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 3 im Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2008 für die Klägerin als geringfügig Beschäftigte tätig war und von den an sie gezahlten Entgelten Pauschalsozialversicherungsbeiträge abzuführen sind.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen einschließlich der im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu berücksichtigenden für und gegen eine selbstständige Tätigkeit bzw. eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände zutreffend wiedergegeben und die Gesamtabwägung nach Überzeugung des erkennenden Senats im Wesentlichen ebenfalls rechtsfehlerfrei vorgenommen, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 153 Abs. 2 SGG fast gänzlich auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen werden kann.
Lediglich insoweit, wie das SG unterstellt, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3 deutlich mehr als die bis zur mündlichen Verhandlung vor dem SG bekannten Absprachen getroffen worden sein müssten, lässt sich dies nach dem weiteren Vortrag der Klägerin und insbesondere der Ermittlung und Befragung der Beigeladenen zu 3 sowie der Zeugen in dieser Form nicht aufrechterhalten. Das erkennende Gericht geht nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 3 davon aus, dass die Reinigung der Kanzleiräumen nach einer anfänglichen Besprechung, was zu tun sei, tatsächlich maximal einmal in der Woche, in der Regel am Donnerstagabend oder auch am Wochenende, erfolgte. Nicht feststellen lässt sich, dass die Beigeladene zu 3, die in einigen wenigen Wochen wegen der Abwesenheit aus H1 nicht vor Ort war, sich hätte vertreten lassen. Festgestellt werden kann aufgrund ihrer insoweit nicht widerlegten Angaben nur, dass sie zeitweise gemeinsam mit ihrem Ehemann die Reinigungsarbeiten vornahm.
Im Übrigen schließt sich das erkennende Gericht jedoch vollumfänglich den Ausführungen des SG an, vermag dabei allerdings das erkennende Gericht die schriftlichen Verträge über eine "freie Mitarbeit" vom 22. Juni 2006 und 22. September 2007 bei der Gesamtabwägung nur sehr eingeschränkt zu berücksichtigen. Zwar wollten die Beteiligten nach deren Wortlaut eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 für die Klägerin regeln, und nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich das erkennende Gericht nach eigener Überzeugungsbildung ebenfalls in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, ist Ausgangspunkt der weiteren Abwägung, ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, zunächst das Vertragsverhältnis, so wie es sich aus getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus den gelebten Beziehungen erschließen lässt, d.h. so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R, Handbuch Soziale Pflegeversicherung – Rechtsprechung SGB XI, § 20 SGB XI Nr. 2.12). Aber es lässt sich vorliegend nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen, dass mit den schriftlichen Verträgen der bei Begründung des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3 vorhandene Wille dokumentiert wurde. Dabei lässt das Gericht dahingestellt, ob die Verträge, wie von der Klägerin und dem Zeugen B. unter weiterem Beweisantritt behauptet, zu den in ihnen angegebenen Zeitpunkten nach mündlicher Übersetzung der deutschen Texte durch den Zeugen B. für die Beigeladene zu 3 ins Polnische von dieser unterzeichnet wurden. Schließlich bestreitet die Beigeladene zu 3 den Abschluss schriftlicher Verträge vor Aufnahme der Tätigkeit und gibt an, diese rückdatiert auf Bitten des Zeugen B. erst gegen Ende oder nach Beendigung ihrer Tätigkeit für die Klägerin unterzeichnet zu haben, um nach durchgeführter Betriebsprüfung eine "Strafe" der Klägerin in Gestalt nachgeforderter Beiträge zu vermeiden. Denn selbst, wenn man die Behauptungen der Klägerin und des Zeugen B. zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse als wahr zu Grunde legte, bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass diese der späteren Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 zu Grunde gelegt werden sollten, dass möglicherweise sogar von einer Nichtigkeit als Scheinvertrag nach § 116 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch auszugehen sein könnte. Die Zweifel begründen sich zum einen in der offensichtlichen Abweichung der geregelten Vergütung von der tatsächlich geleisteten. Während nach dem ersten Vertrag vom 22. Juni 2006 ein pauschales Wochenhonorar von 50 Euro vereinbart wurde, steht nach Vorlage der Quittungen über die tatsächlich geleisteten Zahlungen fest, dass stattdessen jeweils 30 Euro pro tatsächlichen Reinigungseinsatz gezahlt wurden, die 3 bis 5 mal monatlich stattfanden. Damit stimmt weder der ausgewiesene Betrag noch die Angabe einer Pauschalvergütung für von der Klägerin noch im Klageverfahren behauptete ein bis zwei Einsätze pro Woche. Im Übrigen hätte nach dieser vertraglichen Regelung das wöchentliche Pauschalhonorar auch gezahlt werden müssen, wenn die Beigeladene zu 3 in einzelnen Wochen einmal eine Reinigung nicht vorgenommen hätte, sondern stattdessen zum Beispiel gegen Anfang und Ende der vorherigen und/oder der nachfolgenden Woche. Für den Zeitraum nach dem Umzug der Kanzlei in die H3 lassen sich zwar die quittierten Zahlungen mit der ab da wegen der größeren Räumlichkeiten geregelten Vergütung von 60 Euro in Einklang bringen. Allerdings erfolgte auch in diesem Zeitraum keine dem schriftlichen Vertrag entsprechende Pauschalvergütung, sondern eine Vergütung pro Reinigungseinsatz, in der Regel 4 bis 5 mal monatlich, allerdings auch nicht in jeder Woche. Ein weiterer Hinweis dafür, dass die schriftlichen Verträge nicht das tatsächliche Vertragsverhältnis regelten, ist die Abweichung von dem dortigen § 5 zur Auslagenerstattung. Nach den schriftlichen Vereinbarungen sollten Auslagen für Putzmittel etc. von der Klägerin gegen Nachweis übernommen werden. Dies behauptete die Klägerin zwar auch noch im Klageverfahren. Im Berufungsverfahren hingegen behauptete die Klägerin, dass eine Kostenerstattung lediglich für die Reinigungsmittel erfolgt sei, die die Beigeladene zu 3 auf Bitten der Klägerin zur Anwendung durch diese in den Kanzleiräumen hinterlassen habe. Die Beigeladene zu 3 hat sogar angegeben, dass alle Arbeitsmittel und -werkzeuge von der Klägerin gestellt worden seien.
Zu den Zweifeln wegen der Ernsthaftigkeit der Regelungen über eine mögliche Vertretung und der angegebenen Weisungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeiten hat das SG bereits zutreffende Ausführungen gemacht. Hier sei noch einmal ergänzend und verdeutlichend angeführt, dass auch das erkennende Gericht davon ausgeht, dass eine Weisungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeit selbstverständlich nicht bestanden haben kann. Um den Kanzleibetrieb nicht zu stören, war es erforderlich, außerhalb der Zeiten mit Anwesenheit von Mandanten die Räume zu reinigen. Entsprechend geschah dies auch nach den letztlich dann doch im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Beigeladenen zu 3 und der Klägerin, bestätigt durch diejenigen der Zeugin F., jeweils ab Donnerstagnachmittag bzw. -abend bzw. am Wochenende. Insoweit wird übereinstimmend angegeben, dass monatlich an einem Donnerstag die Vergütung und eine entsprechende Quittung einfach in den Kanzleiräumen hinterlassen worden seien und dass die Beigeladene zu 3 anlässlich einer Reinigung das Geld an sich genommen und die unterschriebene Quittung hinterlassen habe. Dass die vorliegenden Quittungen offensichtlich die Unterschriften verschiedener Personen aufweisen, vermag an dem insoweit feststehenden Sachverhalt keine Zweifel zu wecken, fügt sich jedoch in das Gesamtbild des offensichtlich im Graubereich abgewickelten Rechtsverhältnisses ein.
Für eine Weisungsabhängigkeit der Beigeladenen zu 3 spricht auch, dass es sich bei Reinigungsarbeiten in Kanzleiräumen nicht um Tätigkeiten handelt, die ein besonderes Fachwissen eines Unternehmers voraussetzen, sondern lediglich – wie hier geschehen – die einmalige Mitteilung, welche Räume bzw. welche Einrichtungsgegenstände zu reinigen sind.
Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 3, wie es die Klägerin zu sehen angibt, lag tatsächlich nicht vor. Sie setzte kein Kapital mit dem Risiko des Verlustes ein. Nach ihrem Vortrag, der sich mit demjenigen des Zeugen K. deckt, verfügte sie nicht einmal über eigene Reinigungsgeräte. An dieser Stelle kann dahingestellt bleiben, ob die Beigeladene zu 3, wie die Klägerin, der Zeuge B. und die Zeugin F. behaupten, bereits im streitgegenständlichen Zeitraum u.a. auch die benachbarten Geschäftsräume des Zeugen K. reinigte und zur Reinigung der Kanzleiräume der Klägerin Reinigungsgeräte mitbrachte oder ob dies, wie die Beigeladene zu 3 und – bezogen auf deren Tätigkeit bei ihm – der Zeuge K. behaupten, nicht der Fall war und Reinigungsgeräte in den Kanzleiräumen der Klägerin vorhanden waren. Denn zum einen kann unterstellt werden, dass auch für den Fall, dass die Beobachtungen der Klägerin, des Zeugen B. und der Zeugin F. richtig sein sollten, die Beigeladene zu 3 nicht eigene Reinigungsgeräte, sondern solche des Zeugen K. mit in die Kanzleiräume der Klägerin brachte, zum anderen handelt es sich bei derartigen Reinigungsgeräten wie Eimer, Besen und Schrubber um Gegenstände, die in jedem Privathaushalt vorhanden sind. Einen darüber hinausgehenden Kapitaleinsatz mit dem Verlustrisiko musste die Beigeladene zu 3 gerade nicht tätigen. Es bestand angesichts der laufenden Barzahlungen nicht einmal das Risiko des Einsatzes ihrer Arbeitskraft in größerem Umfang ohne entsprechende Vergütung.
Da ausweislich der zu den Akten gelangten Quittungen auch nicht die vertraglich angegebene Pauschalhonorierung erfolgte, sondern eine Bezahlung pro Reinigungseinsatz, fehlt es auch an dem für sich genommen ohnehin nur schwachen Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, dass im Rahmen einer Pauschalvereinbarung durch den geschickten Einsatz der Arbeitskraft mit einem möglichst geringen Aufwand insbesondere in zeitlicher Hinsicht die relative Vergütung gesteigert und Zeit für die Annahme anderer Aufträge hätte gewonnen werden können.
Nach alledem überwiegen bei weitem die Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dabei teilt das erkennende Gericht die Zweifel des Sozialgerichts, ob die Reinigungstätigkeit durch eine Einzelperson in Privat- bzw. wie hier Kanzleiräumen überhaupt in selbstständiger Tätigkeit denkbar ist. Grundsätzlich spricht schon angesichts der Art der Tätigkeit und der nicht erforderlichen Investitionen alles für eine abhängige Beschäftigung (vergleiche hierzu auch Landessozialgericht (LSG) Baden Württemberg, Urteil vom 18. Juli 2016 – L4R 903/15,, L LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Oktober 2009 – L1 KR 315/08, LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. April 2014 – L8R 981/12, SG München, Gerichtsbescheid vom 5. Januar 2015 – S 31 R2588/13; alle samt juris). Nicht ausgeschlossen sind besondere Konstellationen, in denen ausnahmsweise wesentliche Indizien für eine selbstständige Tätigkeit vorliegen und überwiegen. Derartiges vermag das Gericht vorliegend nicht festzustellen. Die Feststellungslast trifft insoweit die Klägerin.
Deren Angabe, dass sie die Beigeladene zu 3 nach dem Vorhandensein eines Gewerbescheins gefragt habe, jene dies bejaht habe und sie deshalb auf eine Anmeldung zur Minijobzentrale, wie sie seit 2010 durch den Zeugen K. besteht, verzichtet habe, spricht dafür, dass gerade die Klägerin als Rechtsanwältin hätte erkennen können, dass die von ihr gewünschten Reinigungsarbeiten im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung erfolgen würden. Allein von dem Umstand, ob ein Gewerbeschein vorhanden ist oder nicht, kann nämlich die Einordnung einer Tätigkeit als selbstständige nicht abhängen. Desgleichen vermag der Hinweis darauf, dass in früheren Zeiträumen Reinigungsunternehmen dieselben Arbeiten in den Kanzleiräumen der Klägerin im Auftragsverhältnis durchgeführt hätten, zu keiner anderen Bewertung zu führen. Abgesehen davon, dass Gesellschaften schon der Natur der Sache nach nicht als abhängig Beschäftigte tätig werden können, liegt – abgesehen von besonderem Fachwissen – der wesentliche Unterschied zur Beigeladenen zu 3 darin, dass die Reinigungsgesellschaft deshalb ein klassisches Unternehmerrisiko trägt, weil sie Kapital mit dem Risiko des Verlustes einsetzt. Insbesondere muss sie u.a. in Reinigungsmittel und Gerätschaften, in Personal, häufig in Fahrzeuge für deren Transport und in ausgestattete Büroräume investieren und läuft Gefahr, bei Auftragsmangel Investitionen vergeblich getätigt zu haben oder laufende Verluste mit dem Risiko der Insolvenz zu machen.
Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, dass ein Verstoß gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit vorliege, wenn man Reinigungsunternehmen in Deutschland eine Vermutung zubillige, dass aufgrund der Organisationsstruktur nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sei, während dies bei Einzelunternehmern, die dieses Gewerbe überwiegend in P. ausübten, nicht der Fall sei, vermag das erkennende Gericht dem nicht näher zu treten. Selbst wenn die Behauptung richtig sein sollte, dass das Reinigungsgewerbe nach polnischem Recht überwiegend zulässigerweise von selbstständigen Einzelunternehmern betrieben wird, läge kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor. Solange deutsches Recht Anwendung findet, hier das SGB IV, steht es selbstverständlich ausländischen Einzelunternehmern frei, ihr Gewerbe in Deutschland zu betreiben, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, was jedoch im hier zu entscheidenden Fall, wie oben bereits ausgeführt, nicht der Fall ist. Der maßgebliche Unterschied zwischen Reinigungsgesellschaften und Einzelunternehmern ist ebenfalls dargelegt worden. Im Übrigen kann in der Verpflichtung zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Fall, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung vorliegen, kein Wettbewerbsnachteil ausländischer Unternehmer erblickt werden; vielmehr läge anderenfalls gegenüber inländischen Anbietern von Reinigungsarbeiten ein unzulässiger Wettbewerbsvorteil vor, weil sie ihre Leistungen für den Auftrag- bzw. Arbeitgeber billiger anbieten könnten.
Nach alledem hat die Beklagte die Klägerin zu Recht zur Abführung von Pauschalsozialversicherungsbeiträgen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 herangezogen. Die Verpflichtung zur Zahlung von Säumniszuschlägen folgt aus § 24 Abs. 1 SGB IV. Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständliche Beitragsforderung oder die bislang bezifferten Säumniszuschläge der Höhe nach zu Ungunsten der Klägerin rechtswidrig sein könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist umgekehrt vielmehr so, dass für das Kalenderjahr 2008 lediglich Entgelte in Höhe von insgesamt 2.460 Euro verbeitragt wurden, obwohl sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Quittungen Zahlungen in Höhe von insgesamt 2.760 Euro ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nach durchgeführter Betriebsprüfung (§ 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) um die Nachforderung von Pauschalsozialversicherungsbeiträgen bei geringfügiger Beschäftigung in Höhe von insgesamt 1.411,20 Euro zuzüglich Säumniszuschlägen und dabei um die Frage, ob die Beigeladene zu 3 im Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2008 als abhängig beschäftigte oder selbstständige Reinigungskraft für die Klägerin tätig war.
Die Klägerin ist Rechtsanwältin, deren Kanzlei sich im streitgegenständlichen Zeitraum zunächst im H2 in H1 und nach einem Umzug im September 2007 in der H3, ebenfalls in H1, befand. Nach einer für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2008 durchgeführten Betriebsprüfung mit Schlussbesprechung am 3. September 2009 beanstandete die Beklagte u.a. die Behandlung der für die Klägerin als Reinigungskraft tätig gewesene Beigeladenen zu 3 als Selbstständige und stellte – nachdem sie dem u.a. insoweit erhobenen Widerspruch der Klägerin teilweise abgeholfen hatte – für die im Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2008 von der Klägerin an die Beigeladene zu 3 gezahlte Vergütung eine Nachforderung von Pauschalsozialversicherungsbeiträgen bei geringfügiger Beschäftigung in Höhe von insgesamt 1.411,20 Euro zuzüglich Säumniszuschlägen fest (Bescheid vom 23. März 2010, am 21. März 2011 abgesandter Widerspruchsbescheid vom 9. März 2011).
Hiergegen hat die Klägerin am 21. April 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und weiter die Auffassung vertreten, die Beigeladene zu 3 sei als selbstständige Reinigungskraft für sie tätig geworden. Das ergebe sich bereits aus den von ihr im Vorverfahren vorgelegten schriftlichen, das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 3 regelnden Verträgen über eine "freie Mitarbeit" vom 22. Juni 2006 (Geltungszeitraum ab 1. Juli 2006) und 22. September 2007 (Geltungszeitraum nach dem Kanzleiumzug ab 1. Oktober 2007). In deren Präambeln hieß es jeweils: Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass durch diesen Vertrag kein Arbeitsverhältnis zustande kommt. Sollte dennoch nach zwingenden gesetzlichen Bestimmungen ein Arbeitsverhältnis bestehen, verpflichtet sich die Auftragnehmerin, ihren Anteil zur Sozialversicherung und die gesetzlichen Krankenkassenbeiträge auch rückwirkend selbst zu zahlen. Des Weiteren war u.a. jeweils Folgendes geregelt: § 1 Zusammenarbeit Die Auftragnehmerin übernimmt ab dem 1. Juli 2006 (bzw. ab dem 1. Oktober 2007) als freie Mitarbeiterin die Aufgabe als Raumpflegerin in den Kanzleiräumen der Auftraggeberin. Der Auftragnehmerin steht es frei, wann sie welche Säuberungsarbeiten erbringt. Im Falle der Verhinderung durch Krankheit oder Urlaub kann sie sich nach Rücksprache mit der Auftraggeberin vertreten lassen. Die Auftragnehmerin ist grundsätzlich in der Bestimmung ihrer Arbeitszeit frei. Sie hat jedoch im Einzelfall die Interessen der Auftraggeberin zu berücksichtigen. § 3 Pflichten der Auftragnehmerin Die Auftragnehmerin führt die übernommenen Aufgaben in Abstimmung mit der Auftraggeberin eigenverantwortlich nach pflichtgemäßem Ermessen durch. Die Räume der Auftraggeberin sind i.d.R. einmal wöchentlich zu reinigen. § 4 Honorar, Aufwendungsersatz Die Auftragnehmerin erhält für ihre Tätigkeit ein Honorar von 50,00 (bzw. ab 1. Oktober 2007 60,00) Euro pro Woche. Hiermit sind alle von ihr erbrachten Leistungen pauschal abgegolten. Das Honorar ist jeweils am letzten Tag eines Kalendermonats fällig. Steuer und Sozialversicherungsbeiträge führt die Auftragnehmerin selbst ab. § 5 Auslagen Auslagen für Putzmittel etc. werden von der Auftraggeberin gegen Nachweis übernommen. Die Klägerin hat vorgetragen, die Beigeladene zu 3 sei manchmal einmal, manchmal zweimal wöchentlich zur Reinigung erschienen, habe über Schlüssel zu den Kanzleiräumen verfügt und selbst über Uhrzeit und Umfang der Reinigung entschieden. Sie habe Putzmittel und Hilfsmittel immer selbst mitgebracht. Kosten seien gegen Nachweis für Verbrauchsmaterialien erstattet worden. Die Beigeladene zu 3 habe Urlaub genommen, wann sie gewollt habe, dann zum Teil jemand anderen – manchmal ihren Ehemann, manchmal eine andere Frau – geschickt und allenfalls in der Woche zuvor angekündigt, dass jemand anderes kommen würde. Sie habe auch bei anderen Stellen geputzt, bei denen sie ebenfalls als selbstständig geführt worden sei. Die Beigeladene zu 3 habe der Klägerin gegenüber geäußert, dass sie über einen Gewerbeschein verfüge. Sie habe sehr wohl ein Unternehmerrisiko getragen, auch wenn sie wie viele Dienstleister kein Kapital im Sinne von Geld eingesetzt habe, sondern ihre Arbeitskraft. An einer Eingliederung in den Kanzleibetrieb und an einer Weisungsgebundenheit habe es ebenso gefehlt wie bei den von der Klägerin zuvor beauftragten Reinigungsunternehmen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Die vertraglichen Formulierungen als "freie Mitarbeit" entsprächen nicht der Realität. Die Beigeladene zu 3 sei als Reinigungskraft in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert gewesen, sie habe kein echtes unternehmerisches Risiko getragen.
Das SG hat die Klage nach mündlicher Verhandlung am 6. Februar 2013 mit Urteil vom selben Tag, hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung von Gerichtskosten ergänzt durch Beschluss vom 27. Februar 2013, beide der Klägerin zugestellt am 11. März 2013, als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide, soweit sie Gegenstand des Verfahrens seien, denn diese seien rechtmäßig. Zu Recht habe die Beklagte für die Beigeladene zu 3 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung nach § 8 SGB IV festgestellt und die Klägerin zur Nachzahlung der Pauschalbeiträge verpflichtet. Die Beigeladene zu 3 habe vom 1. Juli 2006 bis zum 31. Dezember 2008 in einem (geringfügigen) Beschäftigungsverhältnis nach § 8 Abs. 1 SGB IV zu der Klägerin gestanden. Beschäftigung im Sinne der Sozialversicherung sei die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setze eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Diese Weisungsgebundenheit könne eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber sei eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, richte sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hänge davon ab, welche Merkmale überwögen (Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit Nachweisen sowie zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit auf Bundesverfassungsgericht, Entscheidung vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Für die Beigeladene zu 3 als Reinigungskraft in den Büroräumen der Klägerin habe nach diesen Grundsätzen in dem maßgeblichen Zeitraum eine abhängige Beschäftigung bestanden. Die hierfür sprechenden Merkmale überwögen gegenüber denjenigen Merkmalen, die für selbständige Tätigkeit sprächen. Im Einzelnen gehe die Kammer von Folgendem aus: Gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung habe die Kammer zunächst die Ausgestaltung des Vertrags zwischen der Klägerin und der Reinigungskraft gewertet, wonach zwischen den Vertragsparteien eindeutig ein Auftragsverhältnis ohne abhängige Beschäftigung gewollt gewesen sei. Einem solchen vertraglich dokumentierten Willen der Beteiligten komme eine indizielle Wirkung jedenfalls dann zu, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen nicht rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend sei, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert werde. Die am Vertrag Beteiligten seien offenbar bemüht gewesen, einen schriftlichen Vertrag zu schließen, der auf eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 hindeute. Dabei sei anzunehmen, dass die Klägerin hierüber wesentlich mehr Kenntnisse gehabt habe als die Beigeladene zu 3. So sei der Vertrag u.a. so gestaltet, dass sogar, wohl unwirksam, versucht werde, die Regelung des § 28g SGB IV abzubedingen, wonach in der Regel zu Unrecht nicht erhobene Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nur für 3 Monate rückwirkend noch durch den Arbeitgeber vom Arbeitnehmer verlangt werden könnten. Die Klägerin habe dargelegt, dass sie die Beigeladene zu 3 nach einem Gewerbeschein gefragt habe. Das Vorhandensein eines Gewerbescheins habe jedoch keine Auswirkung auf die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der Tätigkeit. Die Beigeladene zu 3 sei – anders als im schriftlichen Vertrag dargestellt – nach Auffassung der Kammer von der Klägerin (sowie ggf. von weiteren Arbeitgebern) persönlich und wirtschaftlich abhängig gewesen. Die wesentlichen Bedingungen für ihre Tätigkeit seien dabei von der Klägerin gesetzt und nicht von der Beigeladenen zu 3 in gleichrangiger Weise mitgestaltet worden. Dabei folge die Kammer den Angaben der Klägerin zu ihrer Einflussnahme auf Vertragsgestaltung und tatsächliche Verhältnisse nur teilweise. Zweifelhaft könne schon sein, ob einzeln tätige Reinigungskräfte, die nicht einem Reinigungsunternehmen mit festen Standards für die vom Unternehmen zu erbringenden Leistungen angehörten, überhaupt in selbstständiger Tätigkeit für Auftraggeber tätig sein könnten. Es spreche viel dafür, dass solche Arbeiten immer nach konkreten Weisungen und Vorgaben des Auftraggebers erfolgen müssten, die den Erfordernissen der Nutzung der zu reinigenden Räume entsprechen müssten. Dies gelte erst recht für beruflich genutzte Räume mit Publikumsverkehr, ggf. auf höherem Anspruchsniveau. Im konkreten Fall seien die zu reinigenden Räume nicht Privaträume der Klägerin gewesen, bei denen man sich vorstellen könne, dass man Zugeständnisse an die Regelmäßigkeit und Art der Reinigung machen könnte. Es habe sich vielmehr um das Anwaltsbüro der Klägerin gehandelt. Solche publikumsoffenen Räume müssten nach allgemeiner Anschauung der Mandantschaft jederzeit in einwandfreiem Zustand präsentiert werden können. Es könne hierfür keinesfalls ausreichend sein, wenn eine Reinigung unregelmäßig, allein nach dem Gutdünken der Reinigungskraft und zu von dieser festzulegenden Tages- und Wochenzeiten erfolge. Vielmehr seien die Anforderungen an eine solche Reinigung einer Rechtsanwaltskanzlei abhängig vom Grad der über den Tag erfolgten Verschmutzung, z.B. durch Staub, matschige Schuhe, verschütteten Kaffee oder Ähnliches. Es sei für die Kammer nicht vorstellbar, dass z.B. solche Verunreinigungen, wie von der Klägerin dargestellt, je nach Gutdünken der Beigeladene zu 3 im Rhythmus von 1 Woche, ggf. auch länger, zu reinigen gewesen und zwischenzeitlich so gelassen worden seien. Jedenfalls wäre doch eine tägliche oder 2- tägliche Kontrolle der Räume und Reinigung der Sanitärbereiche erforderlich gewesen. Angesichts dessen halte die Kammer die Vorgaben, die die Klägerin der Beigeladenen zu 3 für die Reinigung ihrer Büroräume gemacht haben müsse, für wesentlich umfassender als von ihr erinnert und sehe hierin Weisungen, die von der Beigeladenen zu 3 – deren Wohnort zu diesem Zeitpunkt noch nicht ermittelt und die noch nicht in das Verfahren einbezogen gewesen ist – zu befolgen gewesen seien. Dasselbe gelte für die Frage von Urlaubs- und Krankheitsvertretung. Nach dem Vertrag habe für die Beigeladene zu 3 hier vollkommene Freiheit bestanden, Vertretungskräfte einzusetzen, wobei diese dann ihrerseits als ihre Auftragnehmer gegolten hätten und Verschwiegenheitspflichten ihr gegenüber gehabt hätten. Die Klägerin habe angegeben, dass die Beigeladene zu 3 sicherlich einmal krank gewesen sei oder Urlaub gemacht habe. Sie meine, dann ihren Mann oder auch eine andere Frau gesehen zu haben, habe sich aber gar nicht darum gekümmert. Dies wäre nur dann so möglich gewesen, wenn die Beigeladene zu 3 die Schlüssel zum Anwaltsbüro frei an vollkommen Fremde hätte weitergeben können, ohne dass sich die Klägerin überhaupt nur ein Bild von diesen Personen hätte machen können, da die Reinigung der Büroräume ja in der Regel außerhalb der Bürozeiten habe stattfinden müssen und die Klägerin die Reinigungskräfte auch nach ihren Angaben kaum gesehen habe. Eine solche Regelung scheine angesichts des Vorhandenseins einer Vielzahl personenbezogener Daten und Unterlagen in einem Anwaltsbüro nicht vorstellbar und wäre möglicherweise auch als Verletzung anwaltlicher Pflichten anzusehen. Für den Fall irgendwelcher Verletzungen von Geheimnissen oder auch versehentlicher Beschädigungen, wie sie bei Reinigungsarbeiten vorkommen können, wäre es kaum denkbar, dass die Klägerin nicht wenigstens Namen und Telefonnummer der Vertretungskräfte hätte kennen wollen und müssen und sich davon hätte überzeugen wollen, dass die Vertretungskräfte tatsächlich Mitarbeiter der Beigeladenen zu 3 gewesen seien. Dies gelte auch, falls diese zum "Dienst" nicht erschienen wären. Dies würde auch dann gelten, wenn die Beigeladene zu 3 tatsächlich Mitarbeiter beschäftigt hätte, was aber nicht der Fall gewesen sei, wie von der Beklagten ermittelt. Aus diesem Grund gehe die Kammer auch bei Berücksichtigung des nachvollziehbaren Wunsches der Klägerin, sich um nichts kümmern zu wollen, davon aus, dass sie wesentlich weitergehende mündliche Absprachen mit der Reinigungskraft und ggf. mit ihrer Vertretung im Sinne von Weisungen getroffen haben müsse. Ein unternehmerisches Risiko der Auftragnehmerin sehe die Kammer ebenfalls kaum, ohne dabei zu verkennen, dass ein unternehmerisches Risiko grundsätzlich nicht nur im Einsatz umfangreichen Kapitals, sondern auch im Einsatz der eigenen Arbeitskraft liegen könne (Hinweis auf BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R, juris, wo es unter Rn. 25 heiße: " maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.") Das BSG führe dann allerdings weiter aus: "Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug." Die Kammer sehe hier für die Beigeladene zu 3 aber kaum ein Unternehmerrisiko, wenn sie nur ihre Arbeitsleistung erbringe. Ihr habe ein fest vereinbarter Honorarbetrag wöchentlich zugestanden. Nach den Gesamtumständen überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Merkmale bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 3.
Mit der hiergegen am 9. April 2013 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass entgegen der Ansicht des SG eine tägliche Kontrolle bzw. Reinigung der Räumlichkeiten nicht erforderlich gewesen sei. Sie sei überwiegend in Rechtsgebieten mit wenig Mandantenkontakt wie u.a. dem Medizinrecht tätig. Zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 erklärt die Klägerin u.a. vor, dass jene die Reinigungsmittel mitgebracht habe. Die Klägerin habe sie gebeten, einige davon in den Kanzleiräumen zu belassen, um selbst eventuell erforderliche Zwischenreinigungen, insbesondere von Toilette und Waschbecken, vorzunehmen. Nur für die zurückgelassenen Reinigungsmittel sei eine Kostenerstattung erfolgt. Im Übrigen habe die Beigeladene zu 3 auf eigenen Wunsch keine Rechnungen gestellt, sondern es sei stets Barzahlung gegen Quittung erfolgt. Auf Anforderung des Senats hat die Klägerin Quittungen für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum zur Akte gereicht und weiter die Ansicht geäußert, dass, wenn man die Auffassung des SG zu Grunde lege, selbstständige Einzelunternehmer im Reinigungsgewerbe nicht denkbar seien, obwohl deren Tätigkeit derjenigen großer Reinigungsfirmen entspreche. Das unternehmerische Risiko der Beigeladenen zu 3 liege darin, dass sie bei verschiedenen Reinigungsstellen gearbeitet haben dürfte, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Gewinn erhöhe sich, wenn es ihr gelinge, weitere Reinigungsmöglichkeiten zu finden. Die Beigeladene zu 3 habe Reinigungsgeräte und -mittel mitgebracht und auf Bitten der Klägerin Reinigungsmittel für eigene Zwischenreinigungen, insbesondere von Toilette und Waschbecken, vor Ort gelassen und nur hierfür eine Kostenerstattung erhalten. Auf eigenen Wunsch habe die Beigeladene zu 3 keine Rechnungen gestellt, sondern es sei stets Barzahlung gegen Quittung erfolgt. Ein Reinigungsunternehmen mit den gleichen Vorgaben wie die Beigeladene zu 3 wäre nicht in Verdacht geraten, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Würde man nicht den gleichen Maßstab an den vorliegenden Sachverhalt stellen, so bedeutete dies eine Diskriminierung der unter den Schutz der Niederlassungsfreiheit des Art. 49 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union fallenden Beigeladenen zu 3. Die Klägerin falle als polnische Staatsangehörige, die mit ihrem Reinigungsgewerbe eine wirtschaftliche Erwerbstätigkeit aufgenommen habe, ohne konkreten Weisungen hinsichtlich der Zeit und der konkreten Tätigkeit zu unterliegen, unter den Schutzbereich. Eine Diskriminierung sei gegeben, denn der vorliegende grenzüberschreitende Sachverhalt werde gegenüber einem vergleichbaren inländischen Sachverhalt schlechter behandelt. Vergleichsgruppe bei der Überprüfung einer Regelung oder Maßnahme seien die potentiellen inländischen Wettbewerber. Das Reinigungsgewerbe lasse sich zulässigerweise als Einzelunternehmerin organisieren, so wie es die Beigeladene zu 3 getan habe. Es sei davon auszugehen, dass in der Republik P. dieses Gewerbe überwiegend so organisiert werde. Werde nunmehr in Deutschland Reinigungsunternehmen eine Vermutung dahingehend zugebilligt, dass aufgrund der Organisationsstruktur nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sei, so stelle dies eine Benachteiligung der Wettbewerber beim Marktzugang dar. Denn potentielle Auftraggeber müssten befürchten, dass sie bei der Beauftragung eines Einzelunternehmers der Sozialversicherungspflicht unterlägen, und würden sich daher davor scheuen, entsprechende Aufträge zu vergeben.
Die Klägerin beantragt,
dass Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 6. Februar 2013 einschließlich des Ergänzungsbeschlusses vom 27. Februar 2013 insgesamt sowie den Bescheid der Beklagten von 23. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 insoweit aufzuheben, als sie die Beitragsfestsetzung für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 betreffen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer Auffassung fest und verweist darauf, dass die Klägerin laut Vertrag die Rechtsmacht gehabt habe, zu bestimmen, was wie zu reinigen sei (" in Abstimmung mit der Auftraggeberin") und auch die Arbeitszeiten vorzugeben ("Sie hat jedoch im Einzelfall Interessen der Auftraggeberin zu berücksichtigen").
Die Beigeladenen zu 1 und 2 schließen sich der Auffassung der Beklagten und des SG an, stellen jedoch ebenso wenig einen Antrag wie die im laufenden Berufungsverfahren nach Ermittlung ihres Wohnorts zu 3 Beigeladene.
Die Beigeladene zu 3 trägt vor, dass sie aufgrund mündlicher Abreden die Tätigkeit bei der Klägerin ausgeübt habe und dass die zur Akte gereichten schriftlichen Verträge vom 22. Juni 2006 und 22. September 2007 rückdatiert seien. Zunächst habe sie keine schriftlichen Verträge unterzeichnet. Erst nach dem Umzug, wohl zu einem Zeitpunkt, als sie schon nicht mehr in den Räumen der Klägerin gereinigt habe – dies wisse sie nicht mehr ganz genau – habe sie einen Anruf des Zeugen B. bekommen, wonach in der Kanzlei der Klägerin eine Kontrolle stattgefunden habe. Es seien Quittungen über Zahlungen an sie selbst gefunden worden, sodass nunmehr noch Formalitäten erledigt werden müssten, damit die Klägerin keine Strafe zahlen müsse. Ihr seien dann die schriftlichen Verträge zur Unterschrift vorgelegt und von dem Zeugen B. übersetzt worden. Der Zeuge B. habe auf Nachfrage erklärt, es gehe darum, dass die Klägerin keine Strafe zahlen müsse.Nach weiteren 2 Monaten habe der Zeuge B. dann wieder angerufen und erklärt, dass die Klägerin eine Strafe von 1.700,00 EUR bekommen habe und sie selbst diese nun zahlen solle. Sie habe sich geweigert. Sie habe bei den Reinigungsarbeiten in den Räumen der Klägerin keine eigenen Geräte oder Reinigungsmittel mitgebracht. Es sei alles in der Küche der Kanzlei vorhanden gewesen, so z.B. ein Staubsauger, Eimer, Besen usw ... Auch Reinigungsmittel seien dort gewesen. Wenn neue Reinigungsmittel hätten besorgt werden müssen oder auch z.B. Toilettenpapier, habe sie dies getan und die Kosten erstattet bekommen. Ihr sei einmal zu Beginn der Tätigkeit gesagt worden sei, welche Reinigungsarbeiten zu verrichten seien. Weitere konkrete Anweisungen vor Ort habe sie nicht erhalten. Die Arbeiten habe sie nach entsprechender Weisung der Klägerin nach dem Arbeitsende der Kanzlei und auch mal am Wochenende verrichtet. Wenn sie krank gewesen sei oder auch mal nach P. gefahren sei, habe sie das der Klägerin mitgeteilt. Für eine Vertretung habe sie nicht gesorgt, ein entsprechender Bedarf sei auch nicht angemeldet worden. Zeitweise habe ihr Ehemann ihr bei den Reinigungsarbeiten geholfen, insbesondere, wenn es ihr nicht so gut gegangen sei. Er sei aber zu keinem Zeitpunkt allein in der Kanzlei gewesen.
Alle Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters als Einzelrichter anstelle des Senats erteilt (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Der Berichterstatter hat in der Sache am 20. März 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt und am 16. März 2016 und 7. September 2016 mündlich verhandelt, hierbei die Klägerin und – im letzten Verhandlungstermin – die Beigeladene zu 3 ausführlich zum Sachverhalt befragt sowie Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen T.K., A.F. sowie Martin B ... Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die entsprechenden Sitzungsniederschriften, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil des SG vom 6. Februar 2013 einschließlich des Ergänzungsbeschlusses vom 27. Februar 2013 ist nicht zu beanstanden. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 ist, soweit er die Beitragsfestsetzung für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 betrifft und damit Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 3 im Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2008 für die Klägerin als geringfügig Beschäftigte tätig war und von den an sie gezahlten Entgelten Pauschalsozialversicherungsbeiträge abzuführen sind.
Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen einschließlich der im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu berücksichtigenden für und gegen eine selbstständige Tätigkeit bzw. eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände zutreffend wiedergegeben und die Gesamtabwägung nach Überzeugung des erkennenden Senats im Wesentlichen ebenfalls rechtsfehlerfrei vorgenommen, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen entsprechend § 153 Abs. 2 SGG fast gänzlich auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen werden kann.
Lediglich insoweit, wie das SG unterstellt, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3 deutlich mehr als die bis zur mündlichen Verhandlung vor dem SG bekannten Absprachen getroffen worden sein müssten, lässt sich dies nach dem weiteren Vortrag der Klägerin und insbesondere der Ermittlung und Befragung der Beigeladenen zu 3 sowie der Zeugen in dieser Form nicht aufrechterhalten. Das erkennende Gericht geht nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 3 davon aus, dass die Reinigung der Kanzleiräumen nach einer anfänglichen Besprechung, was zu tun sei, tatsächlich maximal einmal in der Woche, in der Regel am Donnerstagabend oder auch am Wochenende, erfolgte. Nicht feststellen lässt sich, dass die Beigeladene zu 3, die in einigen wenigen Wochen wegen der Abwesenheit aus H1 nicht vor Ort war, sich hätte vertreten lassen. Festgestellt werden kann aufgrund ihrer insoweit nicht widerlegten Angaben nur, dass sie zeitweise gemeinsam mit ihrem Ehemann die Reinigungsarbeiten vornahm.
Im Übrigen schließt sich das erkennende Gericht jedoch vollumfänglich den Ausführungen des SG an, vermag dabei allerdings das erkennende Gericht die schriftlichen Verträge über eine "freie Mitarbeit" vom 22. Juni 2006 und 22. September 2007 bei der Gesamtabwägung nur sehr eingeschränkt zu berücksichtigen. Zwar wollten die Beteiligten nach deren Wortlaut eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 für die Klägerin regeln, und nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich das erkennende Gericht nach eigener Überzeugungsbildung ebenfalls in ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, ist Ausgangspunkt der weiteren Abwägung, ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, zunächst das Vertragsverhältnis, so wie es sich aus getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus den gelebten Beziehungen erschließen lässt, d.h. so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R, Handbuch Soziale Pflegeversicherung – Rechtsprechung SGB XI, § 20 SGB XI Nr. 2.12). Aber es lässt sich vorliegend nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen, dass mit den schriftlichen Verträgen der bei Begründung des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3 vorhandene Wille dokumentiert wurde. Dabei lässt das Gericht dahingestellt, ob die Verträge, wie von der Klägerin und dem Zeugen B. unter weiterem Beweisantritt behauptet, zu den in ihnen angegebenen Zeitpunkten nach mündlicher Übersetzung der deutschen Texte durch den Zeugen B. für die Beigeladene zu 3 ins Polnische von dieser unterzeichnet wurden. Schließlich bestreitet die Beigeladene zu 3 den Abschluss schriftlicher Verträge vor Aufnahme der Tätigkeit und gibt an, diese rückdatiert auf Bitten des Zeugen B. erst gegen Ende oder nach Beendigung ihrer Tätigkeit für die Klägerin unterzeichnet zu haben, um nach durchgeführter Betriebsprüfung eine "Strafe" der Klägerin in Gestalt nachgeforderter Beiträge zu vermeiden. Denn selbst, wenn man die Behauptungen der Klägerin und des Zeugen B. zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse als wahr zu Grunde legte, bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass diese der späteren Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 zu Grunde gelegt werden sollten, dass möglicherweise sogar von einer Nichtigkeit als Scheinvertrag nach § 116 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch auszugehen sein könnte. Die Zweifel begründen sich zum einen in der offensichtlichen Abweichung der geregelten Vergütung von der tatsächlich geleisteten. Während nach dem ersten Vertrag vom 22. Juni 2006 ein pauschales Wochenhonorar von 50 Euro vereinbart wurde, steht nach Vorlage der Quittungen über die tatsächlich geleisteten Zahlungen fest, dass stattdessen jeweils 30 Euro pro tatsächlichen Reinigungseinsatz gezahlt wurden, die 3 bis 5 mal monatlich stattfanden. Damit stimmt weder der ausgewiesene Betrag noch die Angabe einer Pauschalvergütung für von der Klägerin noch im Klageverfahren behauptete ein bis zwei Einsätze pro Woche. Im Übrigen hätte nach dieser vertraglichen Regelung das wöchentliche Pauschalhonorar auch gezahlt werden müssen, wenn die Beigeladene zu 3 in einzelnen Wochen einmal eine Reinigung nicht vorgenommen hätte, sondern stattdessen zum Beispiel gegen Anfang und Ende der vorherigen und/oder der nachfolgenden Woche. Für den Zeitraum nach dem Umzug der Kanzlei in die H3 lassen sich zwar die quittierten Zahlungen mit der ab da wegen der größeren Räumlichkeiten geregelten Vergütung von 60 Euro in Einklang bringen. Allerdings erfolgte auch in diesem Zeitraum keine dem schriftlichen Vertrag entsprechende Pauschalvergütung, sondern eine Vergütung pro Reinigungseinsatz, in der Regel 4 bis 5 mal monatlich, allerdings auch nicht in jeder Woche. Ein weiterer Hinweis dafür, dass die schriftlichen Verträge nicht das tatsächliche Vertragsverhältnis regelten, ist die Abweichung von dem dortigen § 5 zur Auslagenerstattung. Nach den schriftlichen Vereinbarungen sollten Auslagen für Putzmittel etc. von der Klägerin gegen Nachweis übernommen werden. Dies behauptete die Klägerin zwar auch noch im Klageverfahren. Im Berufungsverfahren hingegen behauptete die Klägerin, dass eine Kostenerstattung lediglich für die Reinigungsmittel erfolgt sei, die die Beigeladene zu 3 auf Bitten der Klägerin zur Anwendung durch diese in den Kanzleiräumen hinterlassen habe. Die Beigeladene zu 3 hat sogar angegeben, dass alle Arbeitsmittel und -werkzeuge von der Klägerin gestellt worden seien.
Zu den Zweifeln wegen der Ernsthaftigkeit der Regelungen über eine mögliche Vertretung und der angegebenen Weisungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeiten hat das SG bereits zutreffende Ausführungen gemacht. Hier sei noch einmal ergänzend und verdeutlichend angeführt, dass auch das erkennende Gericht davon ausgeht, dass eine Weisungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeit selbstverständlich nicht bestanden haben kann. Um den Kanzleibetrieb nicht zu stören, war es erforderlich, außerhalb der Zeiten mit Anwesenheit von Mandanten die Räume zu reinigen. Entsprechend geschah dies auch nach den letztlich dann doch im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben der Beigeladenen zu 3 und der Klägerin, bestätigt durch diejenigen der Zeugin F., jeweils ab Donnerstagnachmittag bzw. -abend bzw. am Wochenende. Insoweit wird übereinstimmend angegeben, dass monatlich an einem Donnerstag die Vergütung und eine entsprechende Quittung einfach in den Kanzleiräumen hinterlassen worden seien und dass die Beigeladene zu 3 anlässlich einer Reinigung das Geld an sich genommen und die unterschriebene Quittung hinterlassen habe. Dass die vorliegenden Quittungen offensichtlich die Unterschriften verschiedener Personen aufweisen, vermag an dem insoweit feststehenden Sachverhalt keine Zweifel zu wecken, fügt sich jedoch in das Gesamtbild des offensichtlich im Graubereich abgewickelten Rechtsverhältnisses ein.
Für eine Weisungsabhängigkeit der Beigeladenen zu 3 spricht auch, dass es sich bei Reinigungsarbeiten in Kanzleiräumen nicht um Tätigkeiten handelt, die ein besonderes Fachwissen eines Unternehmers voraussetzen, sondern lediglich – wie hier geschehen – die einmalige Mitteilung, welche Räume bzw. welche Einrichtungsgegenstände zu reinigen sind.
Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 3, wie es die Klägerin zu sehen angibt, lag tatsächlich nicht vor. Sie setzte kein Kapital mit dem Risiko des Verlustes ein. Nach ihrem Vortrag, der sich mit demjenigen des Zeugen K. deckt, verfügte sie nicht einmal über eigene Reinigungsgeräte. An dieser Stelle kann dahingestellt bleiben, ob die Beigeladene zu 3, wie die Klägerin, der Zeuge B. und die Zeugin F. behaupten, bereits im streitgegenständlichen Zeitraum u.a. auch die benachbarten Geschäftsräume des Zeugen K. reinigte und zur Reinigung der Kanzleiräume der Klägerin Reinigungsgeräte mitbrachte oder ob dies, wie die Beigeladene zu 3 und – bezogen auf deren Tätigkeit bei ihm – der Zeuge K. behaupten, nicht der Fall war und Reinigungsgeräte in den Kanzleiräumen der Klägerin vorhanden waren. Denn zum einen kann unterstellt werden, dass auch für den Fall, dass die Beobachtungen der Klägerin, des Zeugen B. und der Zeugin F. richtig sein sollten, die Beigeladene zu 3 nicht eigene Reinigungsgeräte, sondern solche des Zeugen K. mit in die Kanzleiräume der Klägerin brachte, zum anderen handelt es sich bei derartigen Reinigungsgeräten wie Eimer, Besen und Schrubber um Gegenstände, die in jedem Privathaushalt vorhanden sind. Einen darüber hinausgehenden Kapitaleinsatz mit dem Verlustrisiko musste die Beigeladene zu 3 gerade nicht tätigen. Es bestand angesichts der laufenden Barzahlungen nicht einmal das Risiko des Einsatzes ihrer Arbeitskraft in größerem Umfang ohne entsprechende Vergütung.
Da ausweislich der zu den Akten gelangten Quittungen auch nicht die vertraglich angegebene Pauschalhonorierung erfolgte, sondern eine Bezahlung pro Reinigungseinsatz, fehlt es auch an dem für sich genommen ohnehin nur schwachen Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, dass im Rahmen einer Pauschalvereinbarung durch den geschickten Einsatz der Arbeitskraft mit einem möglichst geringen Aufwand insbesondere in zeitlicher Hinsicht die relative Vergütung gesteigert und Zeit für die Annahme anderer Aufträge hätte gewonnen werden können.
Nach alledem überwiegen bei weitem die Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Dabei teilt das erkennende Gericht die Zweifel des Sozialgerichts, ob die Reinigungstätigkeit durch eine Einzelperson in Privat- bzw. wie hier Kanzleiräumen überhaupt in selbstständiger Tätigkeit denkbar ist. Grundsätzlich spricht schon angesichts der Art der Tätigkeit und der nicht erforderlichen Investitionen alles für eine abhängige Beschäftigung (vergleiche hierzu auch Landessozialgericht (LSG) Baden Württemberg, Urteil vom 18. Juli 2016 – L4R 903/15,, L LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Oktober 2009 – L1 KR 315/08, LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. April 2014 – L8R 981/12, SG München, Gerichtsbescheid vom 5. Januar 2015 – S 31 R2588/13; alle samt juris). Nicht ausgeschlossen sind besondere Konstellationen, in denen ausnahmsweise wesentliche Indizien für eine selbstständige Tätigkeit vorliegen und überwiegen. Derartiges vermag das Gericht vorliegend nicht festzustellen. Die Feststellungslast trifft insoweit die Klägerin.
Deren Angabe, dass sie die Beigeladene zu 3 nach dem Vorhandensein eines Gewerbescheins gefragt habe, jene dies bejaht habe und sie deshalb auf eine Anmeldung zur Minijobzentrale, wie sie seit 2010 durch den Zeugen K. besteht, verzichtet habe, spricht dafür, dass gerade die Klägerin als Rechtsanwältin hätte erkennen können, dass die von ihr gewünschten Reinigungsarbeiten im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung erfolgen würden. Allein von dem Umstand, ob ein Gewerbeschein vorhanden ist oder nicht, kann nämlich die Einordnung einer Tätigkeit als selbstständige nicht abhängen. Desgleichen vermag der Hinweis darauf, dass in früheren Zeiträumen Reinigungsunternehmen dieselben Arbeiten in den Kanzleiräumen der Klägerin im Auftragsverhältnis durchgeführt hätten, zu keiner anderen Bewertung zu führen. Abgesehen davon, dass Gesellschaften schon der Natur der Sache nach nicht als abhängig Beschäftigte tätig werden können, liegt – abgesehen von besonderem Fachwissen – der wesentliche Unterschied zur Beigeladenen zu 3 darin, dass die Reinigungsgesellschaft deshalb ein klassisches Unternehmerrisiko trägt, weil sie Kapital mit dem Risiko des Verlustes einsetzt. Insbesondere muss sie u.a. in Reinigungsmittel und Gerätschaften, in Personal, häufig in Fahrzeuge für deren Transport und in ausgestattete Büroräume investieren und läuft Gefahr, bei Auftragsmangel Investitionen vergeblich getätigt zu haben oder laufende Verluste mit dem Risiko der Insolvenz zu machen.
Soweit die Klägerin die Ansicht vertritt, dass ein Verstoß gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit vorliege, wenn man Reinigungsunternehmen in Deutschland eine Vermutung zubillige, dass aufgrund der Organisationsstruktur nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen sei, während dies bei Einzelunternehmern, die dieses Gewerbe überwiegend in P. ausübten, nicht der Fall sei, vermag das erkennende Gericht dem nicht näher zu treten. Selbst wenn die Behauptung richtig sein sollte, dass das Reinigungsgewerbe nach polnischem Recht überwiegend zulässigerweise von selbstständigen Einzelunternehmern betrieben wird, läge kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor. Solange deutsches Recht Anwendung findet, hier das SGB IV, steht es selbstverständlich ausländischen Einzelunternehmern frei, ihr Gewerbe in Deutschland zu betreiben, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, was jedoch im hier zu entscheidenden Fall, wie oben bereits ausgeführt, nicht der Fall ist. Der maßgebliche Unterschied zwischen Reinigungsgesellschaften und Einzelunternehmern ist ebenfalls dargelegt worden. Im Übrigen kann in der Verpflichtung zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Fall, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung vorliegen, kein Wettbewerbsnachteil ausländischer Unternehmer erblickt werden; vielmehr läge anderenfalls gegenüber inländischen Anbietern von Reinigungsarbeiten ein unzulässiger Wettbewerbsvorteil vor, weil sie ihre Leistungen für den Auftrag- bzw. Arbeitgeber billiger anbieten könnten.
Nach alledem hat die Beklagte die Klägerin zu Recht zur Abführung von Pauschalsozialversicherungsbeiträgen für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3 herangezogen. Die Verpflichtung zur Zahlung von Säumniszuschlägen folgt aus § 24 Abs. 1 SGB IV. Anhaltspunkte dafür, dass die streitgegenständliche Beitragsforderung oder die bislang bezifferten Säumniszuschläge der Höhe nach zu Ungunsten der Klägerin rechtswidrig sein könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es ist umgekehrt vielmehr so, dass für das Kalenderjahr 2008 lediglich Entgelte in Höhe von insgesamt 2.460 Euro verbeitragt wurden, obwohl sich aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Quittungen Zahlungen in Höhe von insgesamt 2.760 Euro ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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