L 4 AS 33/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 15 AS 4239/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 33/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Versagung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 1. Dezember 2013.

Der am xxxxx 1951 geborene Kläger stellte am 27. Dezember 2013 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Nach seinen Angaben betrug die Miete 557,49 Euro monatlich warm inkl. Betriebs- und Heizkosten. Er habe zuletzt von Darlehen seiner Familie gelebt. Er wolle auch eine Rückwirkung von Anträgen aus September 2009 und Dezember 2012 erreichen, sich hierzu aber noch schriftlich äußern. Der Beklagte händigte dem Kläger die Antragsformulare aus und forderte ihn zugleich schriftlich unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten und die Folgen fehlender Mitwirkung zur Abgabe der Unterlagen bis zum 13. Januar 2014 auf. Mit Bescheid vom 22. Januar 2014 versagte der Beklagte die beantragten Leistungen unter Berufung auf § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), weil der Kläger die Unterlagen nicht vorgelegt und somit die Voraussetzungen für eine Gewährung von Leistungen nicht nachgewiesen habe. Gegen den Bescheid erhob der Kläger mit am 25. Februar 2014 beim Beklagten eingegangenem Schreiben ohne weitere Begründung Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2014 zurückwies, nachdem der Kläger trotz entsprechender Aufforderung erneut weder die Antragsformulare selbst noch die notwendigen weiteren Unterlagen eingereicht hatte. Die Interessen des Klägers seien bei der Ermessensausübung hinreichend berücksichtigt worden. Die Vorlage der Unterlagen sei zur Prüfung des Anspruchs zwingend notwendig.

Am 3. Dezember 2014 hat der Kläger beim Sozialgericht Hamburg Klage erhoben und die Bewilligung von Leistungen weiter verfolgt. Auf mehrfache Aufforderung, die Klage zu begründen, hat der Kläger angegeben, er habe "die Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen" dem Beklagten direkt zugeleitet, aber bei Gericht weder weitere Angaben gemacht noch Unterlagen eingereicht. Der Beklagte hat die Abweisung der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid beantragt. Ein neuer Antrag sei vom Kläger nach Dezember 2013 nicht gestellt worden. Zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. November 2015 ist der Kläger nicht erschienen.

Nach entsprechender Anhörung, die dem Kläger am 27. November 2015 zugestellt, auf die er aber erneut nicht reagiert hat, hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2015 den Versagungsbescheid aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wenn auch das Begehren der Aufhebung eines belastenden Verwaltungsaktes und die Verpflichtung zur Leistung mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG verfolgt werden könne, sei gegen einen Versagungsbescheid in der Regel nur die Anfechtungsklage eröffnet. Die Versagung von Leistungen mangels Mitwirkung unterscheide sich nämlich ihrem Wesen nach von einer Ablehnung einer Leistung wegen des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen. Im Falle der Versagung mangels Mitwirkung (§ 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I) sei die Ablehnung der Leistung ausdrücklich bis zur Nachholung der Mitwirkung begrenzt und wegen der Möglichkeit der nachträglichen Erbringung bei Nachholung der Mitwirkung (§ 67 SGB I) ferner vorläufiger Natur. Die in der Rechtsprechung anerkannten Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Verbindung mit einer Leistungsklage lägen nicht vor. Weder sei die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig oder vom Kläger behauptet worden, noch sei bei einer Aufhebung des Bescheides von einer bloßen Wiederholung des Verwaltungsverfahrens auszugehen.

In der Sache habe der Kläger mit seinem Anfechtungsantrag Erfolg. Der Versagungsbescheid in Gestalt des Widerspruchbescheides sei rechtswidrig. Der Kläger sei wohl seinen sich aus §§ 60 Abs. 1 SGB I ergebenden Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, als er das Antragsformular und die dazugehörigen Nachweise trotz angemessener Fristsetzung und Belehrung über die Folgen mangelnder Mitwirkung durch den Beklagten nicht eingereicht habe. Die Mitteilung des Klägers im gerichtlichen Verfahren, er habe die Unterlagen beim Beklagten eingereicht, sei unsubstantiiert und nicht glaubwürdig. Die vom Kläger geforderten Angaben seien gemäß § 60 II SGB I auf den entsprechenden Vordrucken zu machen und für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit auch entscheidungserheblich. Ein Überschreiten der Grenzen der Mitwirkung nach § 65 SGB I sei nicht ersichtlich. Die Versagung von Leistungen mangels Mitwirkung setze allerdings gemäß § 66 Abs. 1 und 3 SGB I die Ausübung von Ermessen voraus. Der Versagungsbescheid vom 22. Januar 2014 leide unter einem Ermessenausfall. Die notwendigen Ermessenserwägungen seien auch durch den Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2014 nicht nachgeholt worden.

Gegen den ihm am 17. Dezember 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18. Dezember 2015 Berufung eingelegt und die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts sowie die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erneut geltend gemacht. Zur Begründung bezieht er sich auf die Angaben bei der Antragstellung. Seine wirtschaftliche Lage habe sich seitdem nicht geändert.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2015 zu ändern und den Beklagten über die Aufhebung des Bescheides vom 22. Januar 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2014 hinaus zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Dezember 2013 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beim Beklagten seien keine Unterlagen eingegangen. Es bestehe schon seit langem kein Kontakt mehr zum Kläger, der inzwischen auch die Altersgrenze nach § 7a SGB II überschritten habe.

Mit Beschluss vom 12. Februar 2016 hat der Senat die Berufung gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter übertragen. Den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 31. Januar 2017 abgelehnt.

Bis zur mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2017 hat der Kläger auch im Berufungsverfahren weitere Angaben nicht gemacht und Unterlagen nicht eingereicht. Zum Termin zur mündlichen Verhandlung ist er nicht erschienen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung entscheiden, weil der Kläger ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 SGG). Das Gericht konnte ferner durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren gemäß § 153 Abs. 5 SGG übertragen hat.

Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 143,144 SGG sowie form- und fristgemäß eingelegt (§ 151 SGG). Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Erbringung von Leistungen begehrt, denn insoweit ist die Klage unzulässig. Auf die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung und auf den Beschluss des Senates vom 31. Januar 2017 wird gemäß § 153 Abs. 2 Satz 3 SGG verwiesen.

Soweit mit dem wörtlichen Antrag des Klägers, das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben, auch eine Überprüfung der Entscheidung über den Versagungsbescheid begehrt werden sollte, kann die Berufung ebenfalls keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht hat hinsichtlich des Anfechtungsantrages zu Gunsten des Klägers entschieden. Für eine Entscheidung des Senats fehlt es dem Kläger daher am Rechtsschutzbedürfnis; der Antrag ist unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang der Hauptsache.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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