S 10 SB 14/06

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
10
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 10 SB 14/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SB 51/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid vom 30.11.2005 und der Widerspruchsbescheid vom 27.12.2005 werden abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 139,20 EUR zu zahlen.

2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung für das Widerspruchsverfahren.

Der Kläger beantragte durch seinen Rechtsanwalt bei dem Beklagten die Feststellung des Grades der Behinderung. Der Beklagte stellte zunächst den Grad der Behinderung des Klägers auf 20 fest. Hiergegen erhob der Kläger, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, Widerspruch. Der Beklagte stellte aufgrund des Widerspruchs den Grad der Behinderung des Klägers auf 30 fest.

Der Kläger beantragte bei dem Beklagten die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten und begehrte u.a. die Erstattung einer Geschäftsgebühr VV-Nr. 2500 RVG in Höhe von 280,00 EUR und eine Gebühr für das Widerspruchsverfahren nach VV-Nr. 2501 RVG in Höhe von 150,00 EUR.

Mit Bescheid vom 30.11.2005 setzte der Beklagte den zu erstattenden Betrag in Höhe von 162,40 EUR fest. Der Beklagte berücksichtigte dabei eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2501 VV RVG in Höhe von 120,00 EUR nebst Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR und 22,40 EUR Mehrwertsteuer. Zur Begründung führte der Beklagte u.a. aus, gemäß § 63 SGB X seien Kosten des Verwaltungsverfahrens nicht zu erstatten. Für das Widerspruchsverfahren sei nur die Gebühr nach VV-Nr. 2501 anzusetzen, da bereits eine anwaltliche Vertretung im Antragsverfahren erfolgt sei.

Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2005 zurück.

Mit der am 18.01.2006 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage begehrt der Kläger nur noch die Erstattung der Geschäftsgebühr nach VV-Nr. 2500 RVG in Höhe von 240 EUR nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer abzüglich des bereits gezahlten Betrages in Höhe von 162,40 EUR, also einen Restbetrag von 139,20 EUR.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 30.11.2005 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 139,20 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte vertritt die Ansicht, es sei nur die verminderte Gebühr gemäß VV-Nr. 2501 RVG zu erstatten.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch im Vorbringen der Parteien, wird auf die Gerichts- und die Beklagtenakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Geschäftsgebühr in Höhe von 240,00 EUR nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.

Nach § 2 RVG bestimmt sich die Vergütung der Rechtsanwalts nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG. Nach VV-Nr.2500 erhält der Rechtsanwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen, eine Geschäftsgebühr von 40,00 EUR bis 520,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war. Wenn eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, beträgt die Gebühr 2500 für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende Verwaltungsverfahren 40,00 EUR bis 260,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich und schwierig war. Vorliegend war der Rechtsanwalt bereits im Antragsverfahren tätig und im Rechtstreit beim Sozialgericht wären Betragsrahmengebühren angefallen.

Der Beklagte hat jedoch trotzdem die Geschäftsgebühr VV-Nr. 2500 in Höhe von 240,00 EUR und nicht die verminderte Gebühr nach VV-Nr.2501 in Höhe von 120,00 EUR zu erstatten.

Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X hat der Rechtsträger bei erfolgreichem Widerspruch demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Dies kann nur die Geschäftsgebühr der VV-Nr. 2500 sein. Das RVG regelt die Gebührenansprüche gegenüber dem Mandanten, aber nicht die Kostenerstattung zwischen den Parteien im Verwaltungsverfahren. Das VV RVG sieht eine Reduzierung der Gebühr vor, wenn der Rechtsanwalt bereits im Antragsverfahren tätig war, da er mit dem Streitgegenstand vertraut ist. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann diese Vergünstigung der geringeren Gebühr nur dem Mandanten zu Gute kommen, nicht jedoch dem Erstattungspflichtigen. Der Erstattungspflichtige wäre privilegiert, wenn der Rechtsanwalt bereits im Antragsverfahren und nicht erst im Widerspruchsverfahren tätig geworden ist, da er nur die Hälfte der Gebühr bezahlen müsste und nicht die volle Gebühr. Der Antragsteller hingegen müsste trotz des Obsiegens im Widerspruchsverfahren eine volle Geschäftsgebühr an seinen Rechtsanwalt zahlen. Der Vorteil, dass wegen der Beauftragung bereits im Antragsverfahren der Aufwand des Rechtsanwalts geringer ist, käme ihm somit nicht zu Gute. Die Höhe der zu erstattenden Gebühr würde sich folglich danach richten, ob eine Beauftragung des Rechtsanwaltes bereits im Antragsverfahren oder erst im Widerspruchsverfahren erfolgte.

Aus den vorgenannten Gründen war die Klage erfolgreich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG. Die Berufung war wegen der grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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