Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 29 AS 744/16 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 766/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II), insbesondere die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Die 1986 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der 2013 geborenen Antragstellerin zu 2). Die Antragstellerinnen stehen im Leistungsbezug des Antragsgegners nach dem SGB II. Sie bewohnen seit 2013 eine ca. 125 qm große Mietwohnung in der A-Straße in A-Stadt mit einer Nettokaltmiete von derzeit 650,00 EUR sowie monatlichen Vorauszahlungen für Neben- und Heizkosten in Höhe von insgesamt 150,00 EUR. Bei dem Mietvertrag handelt es sich um einen Staffelmietvertrag, bei dem die Nettokaltmiete jeweils zum 1. Februar eines Jahres um 50,00 EUR steigt. Die Antragstellerin zu 1) erhält monatlich 190,00 EUR Kindergeld sowie Unterhalt für ihre Tochter vom Kindsvater in Höhe von 240,00 EUR monatlich. Bis einschließlich Juli 2016 erhielt die Antragstellerin zu 1) zudem Betreuungsgeld in Höhe von 150,00 EUR monatlich.
Bereits im Rahmen der Bewilligungs- und Änderungsbescheide vom 31. März 2015, 2. September 2015, 15. Dezember 2015, 22. Februar 2016 und 22. März 2016 wies der Antragsgegner die Antragstellerinnen darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung der bewohnten Wohnung unangemessen hoch seien und forderte sie auf, ihre Kosten zu senken. Der Antragsgegner gab dabei für die Antragstellerinnen eine angemessene Nettokaltmiete von 303,00 EUR bei einer angemessenen Wohnungsgröße von lediglich 60 qm an. Gegenüber der Antragstellerin zu 1) wurde dabei auch geäußert, dass ihr als Alleinerziehenden ggfs. auch eine angemessene Wohnungsgröße von bis zu 75 qm anerkannt werde.
Die Antragstellerin zu 1) hatte in der Vergangenheit Kontakt mit dem Wohnhilfebüro des Lahn-Dill Kreises und erhielt von diesem Anfang Dezember 2015 auch Wohnungsangebote. Die Antragstellerin teilte dem Wohnhilfebüro daraufhin mit, dass sie aus ihrem bisherigen Umfeld in A-Stadt nicht wegziehen möchte und daher Wohnungen in B-Stadt und C-Stadt für sie ausscheiden würden. Ein Wohnungsangebot habe keine Haustiere erlaubt, weshalb sie wegen ihres Hundes dort gar nicht erst angerufen habe. Im Übrigen gab sie gegenüber dem Wohnhilfebüro an, die Wohnungssuche eigenständig zu betreiben. In der Folge gab die Antragstellerin zu 1) gegenüber dem Antragsgegner an, jeden Tag in den Internet-Kleinanzeigen nach Wohnungen zu schauen und einmal in der Woche im Einkaufsmarkt am Brett nach Anzeigen zu schauen. Jeden Freitag suche sie in der Tageszeitung nach Anzeigen.
Mit Bescheid vom 22. März 2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts lediglich für den Monat April 2016 in Höhe von 1.036,44 EUR. Grund für die vorläufige Bewilligung seien die unzureichenden Nachweise über die Wohnungssuche. Über den Zeitraum ab Mai 2016 werde erst nach Vorlage entsprechender Nachweise entschieden. Der Antragsgegner gab zugleich an, dass die unangemessen hohen Kosten der Unterkunft und Heizung nur noch bis Mai 2016 übernommen werden würden. Danach könnten nur noch eine Kaltmiete von 303,00 EUR, Kanalkosten von 31,08 EUR, sonstige Nebenkosten von 39,72 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 79,20 EUR berücksichtigt werden.
Mit E-Mail vom 11. April 2016 teilte die Antragstellerin zu 1) u.a. mit, aufgrund der fehlenden Wohnungsangebote könne sie auch keine entsprechenden Anfragen nachweisen. Sie bemühe sich dennoch ständig.
Mit Bescheid vom 15. April 2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen nunmehr auch für den Zeitraum vom 1. Mai bis 30. September 2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.036,44 EUR in den Monaten Mai bis August 2016 sowie in Höhe von 1.156,44 EUR für den Monat September 2016. Der Antragsgegner berücksichtigte dabei durchgehend noch die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Antragstellerinnen. Der Bescheid enthielt indes erneut eine Aufforderung an die Antragstellerinnen, ihre Wohnungssuche schriftlich bis zum 28. April 2016 zu dokumentieren.
Mit E-Mail vom 17. April 2016 teilte die Antragstellerin u. a. mit, sie prüfe Freitags den Anzeigenteil des D-Stadt Tagesblattes, in dem seit dem 4. März 2016 keine Anzeige für eine Wohnung "in passender Größe etc bzw. in A-Stadt GRM/E-Dorf" enthalten gewesen sei. Am 7. April 2016 habe sie sich auf ein Inserat aus E-Dorf für eine 3ZKB für 590,00 EUR warm gemeldet, am 8. April 2016 auf eine weitere Wohnung in E-Dorf mit 3ZKB für 360,00 EUR kalt. Beide Male sei letztlich keine Rückmeldung des Vermieters erfolgt.
Mit E-Mail vom 12. Juni 2016 teilte die Antragstellerin zu 1) erneut mit, dass sie auch für den Zeitraum ab dem 22. April 2016 jeweils am Freitag den Anzeigenteil des D-Stadt Tagesblattes durchgesehen habe, ohne geeignete Anzeigen zu finden. Am 9. Mai 2016 habe sie sich auf ein Inserat für eine 2ZKB Wohnung in F-Stadt gemeldet, ohne letztlich eine Rückmeldung in der Sache zu erhalten. Zugleich teilte die Antragstellerin zu 1) mit, dass die Antragstellerin zu 2) ab dem 8. August 2016 einen Platz im Kindergarten A-Stadt erhalten habe.
Mit E-Mail vom 28. Juli 2016 teilte die Antragstellerin zu 1) wiederum mit, den Anzeigenteil des D-Stadt Tagesblattes in der Zeit ab dem 17. Juni 2016 ohne Erfolg durchgesehen zu haben. Am 1. Juli 2016 habe sie sich für eine 3ZKB Wohnung in G-Stadt interessiert, die sich jedoch als zu teuer herausgestellt habe. Bei einer weiteren 3ZKB Wohnung in E-Dorf seien keine Haustiere erwünscht gewesen. Sie habe zudem in zwei Supermärkten und beim Bäcker ein Gesuch ausgehängt.
Mit Änderungsbescheid vom 16. August 2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen nunmehr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum August und September in Höhe von monatlich 1.156,44 EUR. Berücksichtigt wurde dabei das Ende des Betreuungsgeldbezuges zum Juli 2016.
Mit Schreiben vom 6. September 2016 teilte das Wohnhilfebüro des Lahn-Dill-Kreises dem Antragsgegner u.a. mit, dass Wohnungsanzeigen für den Bereich A-Stadt/E-Dorf im Verhältnis zu den größeren Städten H-Stadt, B-Stadt und D-Stadt verhältnismäßig gering ausfielen. Nach ihrer Auswertung sei im Anzeigenpool lediglich am 18. März 2016 eine passende Wohnung in E-Dorf angeboten worden. Auch Auswertungen im Internet seien in den letzten Wochen absolut negativ ausgefallen. Erst im angrenzenden Ortsteil B-Stadt/I-Dorf nehme das Angebot an Wohnungsangeboten etwas zu. Die Antragstellerin zu 1) habe jedoch im Dezember 2015 bereits signalisiert, dass sie aus ihrem bisherigen Umfeld in A-Stadt nicht ausziehen möchte. Somit fielen Wohnungsangebote in der näheren Umgebung, wie z.B. in B-Stadt oder C-Stadt, nicht auf Anerkennung. Eigene Bemühungen der Antragstellerin zu 1) hätten nicht nachgeprüft werden können.
Mit Bescheid vom 8. September 2016 berücksichtigte der Antragsgegner erstmals nur noch eine angemessene Nettokaltmiete von 363,75 EUR und bewilligte den Antragstellerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 in Höhe von lediglich 870,19 EUR. Neben der Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende zugunsten der Antragstellerin zu 1) enthielt der Bescheid insbesondere den Hinweis, dass die Wohnungsbemühungen der Antragstellerinnen nicht ausreichend seien und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung auf eine angemessene Höhe abgesenkt würden. Ab dem 1. Oktober 2016 würden lediglich eine Kaltmiete von 363,75 EUR sowie Betriebs und Heizkosten in Höhe von 150,00 EUR berücksichtigt. Der Antragsgegner berücksichtigte damit eine für die Antragstellerinnen angemessene Wohnungsgröße von 75 qm sowie die Heiz- und Nebenkosten in tatsächlicher Höhe.
Mit Änderungsbescheid vom 14. September 2016 wurde die Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2017 angepasst und unter Berücksichtigung eines Unterhalts von nunmehr 247,00 EUR monatlich nach Änderung der Düsseldorfer Tabelle zum 1. Januar 2017 auf monatlich 863,19 EUR reduziert.
Gegen den Bescheid vom 8. September 2016, geändert durch Bescheid vom 14. September 2016, legten die Antragstellerinnen am 13. September 2016 Widerspruch ein und trugen im Wesentlichen vor, mit den nunmehr gewährten Leistungen könne sie ihre Miete nicht länger voll zahlen. Am 2. September 2016 habe sie eine 3ZKB Wohnung in J-Dorf besichtigt, diese letztlich jedoch nicht bekommen. Sie könne nichts daran ändern, wenn sie für einen Vermieter nicht in Frage komme oder es kaum mietbaren Wohnraum in ihrem sozialen Umfeld gebe. Die Eingewöhnung ihrer Tochter im Kindergarten laufe weiter schleppend und sie könne dort noch nicht alleine bleiben, was voraussichtlich auch noch länger der Fall sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2016 als unbegründet zurückgewiesen. Der Antragsgegner führte zur Begründung aus, die Antragstellerinnen hätten letztlich keine ausreichenden Bemühungen zur Senkung ihrer unangemessenen Wohnkosten dargelegt. Zwar habe die Antragstellerin selbst, ohne dass dies überprüfbar sei, diverse Bemühungen vorgetragen. Dabei wäre es ihr jedoch u.a. zuzumuten gewesen, vorübergehend auf ihren Hund zu verzichten, um auch Wohnungen, in denen Haustiere nicht erwünscht waren, anmieten zu können. Zwar sei dies für die Bedarfsgemeinschaft ggfs. ein schwer zu vollziehender Schritt, es könne der Allgemeinheit jedoch auch nicht zugemutet werden, lediglich wegen des Hundes monatliche Mehrkosten von fast 290,00 EUR zu übernehmen. Durch das Wohnhilfebüro sei u.a. eine Wohnungsanzeige im D-Stadt Tagesblatt für eine geeignete Wohnung am 18. März 2016 aufgezeigt worden, obwohl die Antragstellerin zu 1) diesbezüglich angegeben hatte, in den Anzeigen keine passende Wohnung gefunden zu haben. Dies zeige, dass die Antragstellerinnen nicht mit dem gebotenen Nachdruck um die Senkung ihrer Unterkunftskosten bemüht gewesen seien. Eine weitere geeignete Wohnung sei am 25. August 2016 in der Oberhessischen Presse angeboten worden. Den Antragstellerinnen sei auch zumutbar, sich in mehr als einer Zeitung über Wohnungsangebote zu informieren. Die Antragstellerin zu 1) habe sich in der Vergangenheit auch um Wohnungen in K-Dorf und J-Dorf bemüht, so dass nicht nachvollziehbar sei, dass für sie nur Wohnungen im sozialen Umfeld von A-Stadt in Betracht kämen.
Gegen den Widerspruchsbescheid haben die Antragstellerinnen am 27. September 2016 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben (Az. S 29 AS 743/16), über die noch nicht entschieden wurde. Zugleich stellten Sie den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.
Die Antragstellerinnen sind im Wesentlichen der Auffassung, der Antragsgegner habe auch weiterhin, d.h. über den 30. September 2016 hinaus, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen, da es in ihrem sozialen Umfeld in A-Stadt/E-Dorf keine angemessenen Wohnraum als Alternative gebe, den sie hätten anmieten können. Ein Umzug an einen anderen Ort komme nunmehr auch wegen des Kindergartenplatzes der Antragstellerin zu 2) nicht mehr in Betracht. Sie bemühten sich durchgängig aber leider ohne Erfolg, eine angemessene Wohnung in ihrem sozialen Umfeld zu finden. Die Wohnungen außerhalb von A-Stadt seien nur im Zeitraum vor Eingewöhnung der Antragstellerin zu 2) im Kindergarten in Betracht gekommen. Dies sei jetzt nicht mehr möglich. Wenn die tatsächlichen Kosten der Unterkunft nicht übernommen würden drohe in absehbarer Zeit die Kündigung der Wohnung.
Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner ist im Wesentlichen der Auffassung, die Antragstellerinnen bewohnten seit 2013 eine zu große Wohnung, die unangemessen hohe Kosten der Unterkunft aufweise. Sie seien bereits seit längerer Zeit über die Unangemessenheit informiert und zur Kostensenkung aufgefordert worden. Zwar trage die Antragstellerin zu 1) vor, sie bemühe sich durchgehend. Dies sei jedoch nur eingeschränkt überprüfbar. Aus Sicht der Antragsgegnerin weise die Antragstellerin zu 1) jedenfalls nicht den gebotenen Nachdruck bei der Wohnungssuche auf. Sofern der Hund der Antragstellerinnen als Hindernis bei der Wohnungssuche vorgetragen werde, so komme in Betracht, den Hund anderweitig unterzubringen, um eine geeignete Wohnung anmieten zu können. Auch wenn man zugunsten der Antragstellerinnen von einer angemessenen Wohnungsgröße von 75 qm ausgehe, könne ab dem 1. Oktober 2016 nur noch eine Nettokaltmiete von 363,75 EUR berücksichtigt werden, d.h. monatlich 286,25 EUR weniger als die aktuell tatsächliche Nettokaltmiete der Antragstellerinnen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
II.
Der Antrag ist zulässig aber unbegründet. Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II glaubhaft gemacht. Insbesondere haben die Antragstellerinnen keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete ihrer jetzigen Wohnung als Kosten der Unterkunft.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruches, also eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, und eines Anordnungsgrundes, nämlich eines Sachverhaltes, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet. Für eine Regelungsanordnung relevante wesentliche Nachteile liegen dann vor, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles für den Antragsteller unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander, es besteht eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderung an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Wenn danach die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dann, auch wenn ein Anordnungsgrund gegeben ist, abzulehnen. Es handelt sich insgesamt um ein im funktionalen Zusammenhang stehendes bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl., § 86 b Rn. 27 und 29 m.w.N.). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG von dem Antragsteller glaubhaft zu machen.
Vor diesem Hintergrund haben die Antragstellerinnen einen Anspruch auf die Gewährung weitergehender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin zu 1) ist nach summarischer Prüfung eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Antragstellerin zu 2) ist als unter 25-jähige unverheiratete Tochter nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ebenfalls Mitglied ihrer Bedarfsgemeinschaft.
Die Antragstellerinnen sind hilfebedürftig nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II, da ihr Bedarf durch die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, konkret das Kindergeld in Höhe von 190,00 EUR sowie Kinderunterhalt in Höhe von derzeit 240,00 EUR bzw. ab dem 1. Januar 2017 in Höhe von 247,00 EUR nicht gedeckt wird. Anhaltspunkte für ein anderweitiges Einkommen der Antragstellerin zu 1) liegen nicht vor.
Bei der Bestimmung der Höhe des Bedarfs der Antragstellerinnen sind neben den Regelbedarfen nach § 20 SGB II und einem Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 in Höhe von 36 % des nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Bedarfs der Antragstellerin zu 1) auch ihre Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nach Satz 3 der Vorschrift sind, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Vorliegend hat der Antragsgegner die Antragstellerinnen schon mit Bescheid vom 31. März 2015, d.h. knapp 17 Monate vor Beginn des laufenden Bewilligungszeitraums, erstmals auf die Unangemessenheit ihrer Kosten der Unterkunft hingewiesen und eine Kostensenkungsaufforderung ausgesprochen. Hinsichtlich der Heiz- und Nebenkosten übernimmt der Antragsgegner darüber hinaus die tatsächlichen Kosten, so dass insoweit ein weitergehender Anspruch der Antragstellerinnen von vornherein ausgeschlossen ist. Die verbleibende tatsächliche Nettokaltmiete der Antragstellerinnen ist nach summarischer Prüfung unangemessen.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist (Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf Grund eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers). Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat.
Der räumliche Vergleichsmaßstab ist dabei so zu wählen, dass Hilfesuchende im Regelfall ihr soziales Umfeld beizubehalten vermögen. Deshalb ist für den räumlichen Vergleichsmaßstab in erster Linie der Wohnort des Hilfesuchenden maßgebend. Nur bei besonders kleinen Gemeinden, die über keinen repräsentativen Wohnungsmarkt verfügen, kommen größere und bei besonders großen Städten kleinere Gebietseinheiten in Betracht (BSGE 97, 231 (238 f) = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 S 23 f, jeweils Rn. 24; BSGE 97, 254 (260) = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 S 33, jeweils Rn. 21). Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R, Rn. 21).
Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSGE 97, 231 (238) = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 S 23, jeweils Rn. 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254 (259) = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3 S 32, jeweils Rn. 20). Um ausgehend davon den angemessenen Quadratmeterpreis zu ermitteln, ist es nicht erforderlich, auf einfache oder qualifizierte Mietspiegel im Sinne der §§ 558c und 558d BGB abzustellen bzw. solche Mietspiegel erstellen zu lassen, soweit sie insbesondere im ländlichen Raum fehlen. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss allerdings auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 149, Rn. 16; vgl. auch BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 7 S 66 Rn. 23). Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein. Zu diesen Faktoren zählen im Regelfall zumindest der Standard, die Größe und die Ausstattung der Wohnung, wobei sich der Standard nach Lage der konkreten Verhältnisse auch im Jahr des ersten Bezugs bzw. der letzten Renovierung ausdrücken kann (BSG, a.a.O.).
Die Kammer hat bereits entschieden, dass die Ermittlung der angemessenen Kaltmiete durch den Antragsgegner den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein sog. schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entspricht (st. Rspr. seit Urteil vom 19. März 2012 - S 29 AS 333/11, Rn. 34 ff.; zitiert nach juris). Die Höhe der vorliegend gewährten angemessenen Kaltmiete für einen 2-Personen-Haushalt in A-Stadt in Höhe von 363,75 EUR ist insofern nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner bei der Berechnung bereits freiwillig von einer angemessenen Wohnungsgröße von sogar 75 qm für die beiden Antragstellerinnen ausgegangen ist.
Den Antragstellerinnen war es auch im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II möglich und zumutbar, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise ihre Aufwendungen zu senken.
Dabei ist im Hinblick auf einen Wohnungswechsel entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 1) der zumutbare Suchbereich zunächst nicht auf die Gemeinden A-Stadt bzw. den früheren Wohnort der Antragstellerin zu 1), die Gemeinde E-Dorf, beschränkt.
Zwar kann eine subjektive Unzumutbarkeit der Kostensenkung etwa vorliegen, wenn Menschen aufgrund von Behinderung, Pflegebedürftigkeit oder aus sonstigen gesundheitlichen Gründen auf eine besondere Infrastruktur oder ein spezielles soziales Umfeld angewiesen sind (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juni 2016, B 4 AS 36/15 R, juris Rn. 25 m.w.N.). Entsprechende Anhaltspunkte sind im Falle der Antragstellerinnen jedoch nicht glaubhaft gemacht worden.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris Rn. 33 f.) wird die Einbindung Hilfebedürftiger in ihr soziales Umfeld respektiert und im Rahmen der Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen zugebilligt, dass von ihnen ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit der Aufgabe des soziales Umfeldes verbunden wäre, regelmäßig nicht verlangt werden kann (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 Rn. 21). Bleibt das soziale Umfeld erhalten, sind umgekehrt Kostensenkungsmaßnahmen (z.B. durch einen Umzug) im Normalfall zumutbar. Aufrechterhalten des sozialen Umfeldes bedeutet jedoch nicht, dass keinerlei Veränderungen der Wohnraumsituation stattfinden dürften. Vielmehr sind vom Hilfeempfänger auch Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzunehmen, wie sie etwa erwerbstätigen Pendlern als selbstverständlich zugemutet werden.
Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellerinnen zur Überzeugung der Kammer zuzumuten, auch alternativen angemessenen Wohnraum in den Städten B-Stadt oder D-Stadt (beide ca. 10 km entfernt), ggfs. sogar in H-Stadt (ca. 19 km entfernt), zu suchen, um ihre unangemessenen Kosten der Unterkunft zu senken. Anhaltspunkte dafür, dass entsprechender Wohnraum auch unter Berücksichtigung der Antragstellerin zu 1) als Alleinerziehende sowie des zur Familie gehörenden Hundes, in diesen Städten nicht zur Verfügung steht, sieht das Gericht nicht.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 2) seit dem 8. August 2016 im Kindergarten in A-Stadt eingewöhnt wird. Die Problematik eines Kindergarten- bzw. Schulwechsels im Falle eines notwendigen Umzugs, in der Regel aus privaten oder beruflichen Gründen, stellt sich allen Eltern und ist nicht auf Leistungsempfänger nach dem SGB II beschränkt. Sofern die Kinderbetreuung auch am Zielort grundsätzlich möglich ist, woran die Kammer bei Wohngelegenheiten in B-Stadt, D-Stadt oder H-Stadt keinen Zweifel hat, mag ein Wechsel der Einrichtung für die Antragstellerinnen unangenehm sein, ist ihnen aber im Rahmen ihrer Kostensenkungsobliegenheiten zuzumuten. Dies gilt insbesondere, wenn die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft den Antragstellerinnen bereits seit ca. 17 Monaten vor dem laufenden Bewilligungszeitraum bekannt war. Ist im Laufe eines Übergangszeitraums im vom Hilfeempfänger bevorzugten sozialen Umfeld keine angemessene Unterkunft realisierbar, so hätte die Antragstellerin zu 1) aus Sicht der Kammer ihre Suchaktivitäten bereits in der Vergangenheit auf einen größeren Radius ausdehnen müssen und nicht auf unabsehbare Zeit auf den Mangel an Angeboten im unmittelbaren Umfeld verweisen dürfen. Insofern ist für die Kammer nicht relevant, ob in der Gemeinde A-Stadt alleine ausreichend alternativer angemessener Wohnraum zur Verfügung stand bzw. steht.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Unabhängig davon, dass die Vorschrift ausschließlich den Interessen der kommunalen Träger dient und keine subjektiven Rechte zugunsten der Leistungsberechtigten begründet (Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 131), liegen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. Die Antragstellerinnen haben insoweit nicht glaubhaft gemacht, dass die Kosten eines Wohnungswechsels unwirtschaftlich wären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen eine monatliche Differenz zwischen tatsächlichen und angemessenen Kosten der Unterkunft von mindestens 286,25 EUR aufweisen. Aufgrund des Staffelmietvertrages erhöht sich die Nettokaltmiete während des laufenden Bewilligungszeitraums ab dem 1. Februar 2017 voraussichtlich nochmals um 50,00 EUR monatlich.
Anhaltspunkte für eine sonstige Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 8. September 2016, geändert durch Bescheid vom 14 September 2016, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2016 sind weder vorgetragen noch für die Kammer ersichtlich.
Mangels Anordnungsanspruchs kann dahingestellt bleiben, ob ein hinreichender Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus § 172 SGG. Eine Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, da die Antragstellerinnen für den laufenden Bewilligungszeitraum bis zum 31. März 2017 die Gewährung weitergehender Leistungen in Höhe von insgesamt mindestens 1.717,50 EUR begehren.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II), insbesondere die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Die 1986 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der 2013 geborenen Antragstellerin zu 2). Die Antragstellerinnen stehen im Leistungsbezug des Antragsgegners nach dem SGB II. Sie bewohnen seit 2013 eine ca. 125 qm große Mietwohnung in der A-Straße in A-Stadt mit einer Nettokaltmiete von derzeit 650,00 EUR sowie monatlichen Vorauszahlungen für Neben- und Heizkosten in Höhe von insgesamt 150,00 EUR. Bei dem Mietvertrag handelt es sich um einen Staffelmietvertrag, bei dem die Nettokaltmiete jeweils zum 1. Februar eines Jahres um 50,00 EUR steigt. Die Antragstellerin zu 1) erhält monatlich 190,00 EUR Kindergeld sowie Unterhalt für ihre Tochter vom Kindsvater in Höhe von 240,00 EUR monatlich. Bis einschließlich Juli 2016 erhielt die Antragstellerin zu 1) zudem Betreuungsgeld in Höhe von 150,00 EUR monatlich.
Bereits im Rahmen der Bewilligungs- und Änderungsbescheide vom 31. März 2015, 2. September 2015, 15. Dezember 2015, 22. Februar 2016 und 22. März 2016 wies der Antragsgegner die Antragstellerinnen darauf hin, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung der bewohnten Wohnung unangemessen hoch seien und forderte sie auf, ihre Kosten zu senken. Der Antragsgegner gab dabei für die Antragstellerinnen eine angemessene Nettokaltmiete von 303,00 EUR bei einer angemessenen Wohnungsgröße von lediglich 60 qm an. Gegenüber der Antragstellerin zu 1) wurde dabei auch geäußert, dass ihr als Alleinerziehenden ggfs. auch eine angemessene Wohnungsgröße von bis zu 75 qm anerkannt werde.
Die Antragstellerin zu 1) hatte in der Vergangenheit Kontakt mit dem Wohnhilfebüro des Lahn-Dill Kreises und erhielt von diesem Anfang Dezember 2015 auch Wohnungsangebote. Die Antragstellerin teilte dem Wohnhilfebüro daraufhin mit, dass sie aus ihrem bisherigen Umfeld in A-Stadt nicht wegziehen möchte und daher Wohnungen in B-Stadt und C-Stadt für sie ausscheiden würden. Ein Wohnungsangebot habe keine Haustiere erlaubt, weshalb sie wegen ihres Hundes dort gar nicht erst angerufen habe. Im Übrigen gab sie gegenüber dem Wohnhilfebüro an, die Wohnungssuche eigenständig zu betreiben. In der Folge gab die Antragstellerin zu 1) gegenüber dem Antragsgegner an, jeden Tag in den Internet-Kleinanzeigen nach Wohnungen zu schauen und einmal in der Woche im Einkaufsmarkt am Brett nach Anzeigen zu schauen. Jeden Freitag suche sie in der Tageszeitung nach Anzeigen.
Mit Bescheid vom 22. März 2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts lediglich für den Monat April 2016 in Höhe von 1.036,44 EUR. Grund für die vorläufige Bewilligung seien die unzureichenden Nachweise über die Wohnungssuche. Über den Zeitraum ab Mai 2016 werde erst nach Vorlage entsprechender Nachweise entschieden. Der Antragsgegner gab zugleich an, dass die unangemessen hohen Kosten der Unterkunft und Heizung nur noch bis Mai 2016 übernommen werden würden. Danach könnten nur noch eine Kaltmiete von 303,00 EUR, Kanalkosten von 31,08 EUR, sonstige Nebenkosten von 39,72 EUR sowie Heizkosten in Höhe von 79,20 EUR berücksichtigt werden.
Mit E-Mail vom 11. April 2016 teilte die Antragstellerin zu 1) u.a. mit, aufgrund der fehlenden Wohnungsangebote könne sie auch keine entsprechenden Anfragen nachweisen. Sie bemühe sich dennoch ständig.
Mit Bescheid vom 15. April 2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen nunmehr auch für den Zeitraum vom 1. Mai bis 30. September 2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 1.036,44 EUR in den Monaten Mai bis August 2016 sowie in Höhe von 1.156,44 EUR für den Monat September 2016. Der Antragsgegner berücksichtigte dabei durchgehend noch die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Antragstellerinnen. Der Bescheid enthielt indes erneut eine Aufforderung an die Antragstellerinnen, ihre Wohnungssuche schriftlich bis zum 28. April 2016 zu dokumentieren.
Mit E-Mail vom 17. April 2016 teilte die Antragstellerin u. a. mit, sie prüfe Freitags den Anzeigenteil des D-Stadt Tagesblattes, in dem seit dem 4. März 2016 keine Anzeige für eine Wohnung "in passender Größe etc bzw. in A-Stadt GRM/E-Dorf" enthalten gewesen sei. Am 7. April 2016 habe sie sich auf ein Inserat aus E-Dorf für eine 3ZKB für 590,00 EUR warm gemeldet, am 8. April 2016 auf eine weitere Wohnung in E-Dorf mit 3ZKB für 360,00 EUR kalt. Beide Male sei letztlich keine Rückmeldung des Vermieters erfolgt.
Mit E-Mail vom 12. Juni 2016 teilte die Antragstellerin zu 1) erneut mit, dass sie auch für den Zeitraum ab dem 22. April 2016 jeweils am Freitag den Anzeigenteil des D-Stadt Tagesblattes durchgesehen habe, ohne geeignete Anzeigen zu finden. Am 9. Mai 2016 habe sie sich auf ein Inserat für eine 2ZKB Wohnung in F-Stadt gemeldet, ohne letztlich eine Rückmeldung in der Sache zu erhalten. Zugleich teilte die Antragstellerin zu 1) mit, dass die Antragstellerin zu 2) ab dem 8. August 2016 einen Platz im Kindergarten A-Stadt erhalten habe.
Mit E-Mail vom 28. Juli 2016 teilte die Antragstellerin zu 1) wiederum mit, den Anzeigenteil des D-Stadt Tagesblattes in der Zeit ab dem 17. Juni 2016 ohne Erfolg durchgesehen zu haben. Am 1. Juli 2016 habe sie sich für eine 3ZKB Wohnung in G-Stadt interessiert, die sich jedoch als zu teuer herausgestellt habe. Bei einer weiteren 3ZKB Wohnung in E-Dorf seien keine Haustiere erwünscht gewesen. Sie habe zudem in zwei Supermärkten und beim Bäcker ein Gesuch ausgehängt.
Mit Änderungsbescheid vom 16. August 2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellerinnen nunmehr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum August und September in Höhe von monatlich 1.156,44 EUR. Berücksichtigt wurde dabei das Ende des Betreuungsgeldbezuges zum Juli 2016.
Mit Schreiben vom 6. September 2016 teilte das Wohnhilfebüro des Lahn-Dill-Kreises dem Antragsgegner u.a. mit, dass Wohnungsanzeigen für den Bereich A-Stadt/E-Dorf im Verhältnis zu den größeren Städten H-Stadt, B-Stadt und D-Stadt verhältnismäßig gering ausfielen. Nach ihrer Auswertung sei im Anzeigenpool lediglich am 18. März 2016 eine passende Wohnung in E-Dorf angeboten worden. Auch Auswertungen im Internet seien in den letzten Wochen absolut negativ ausgefallen. Erst im angrenzenden Ortsteil B-Stadt/I-Dorf nehme das Angebot an Wohnungsangeboten etwas zu. Die Antragstellerin zu 1) habe jedoch im Dezember 2015 bereits signalisiert, dass sie aus ihrem bisherigen Umfeld in A-Stadt nicht ausziehen möchte. Somit fielen Wohnungsangebote in der näheren Umgebung, wie z.B. in B-Stadt oder C-Stadt, nicht auf Anerkennung. Eigene Bemühungen der Antragstellerin zu 1) hätten nicht nachgeprüft werden können.
Mit Bescheid vom 8. September 2016 berücksichtigte der Antragsgegner erstmals nur noch eine angemessene Nettokaltmiete von 363,75 EUR und bewilligte den Antragstellerinnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis 31. März 2017 in Höhe von lediglich 870,19 EUR. Neben der Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende zugunsten der Antragstellerin zu 1) enthielt der Bescheid insbesondere den Hinweis, dass die Wohnungsbemühungen der Antragstellerinnen nicht ausreichend seien und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung auf eine angemessene Höhe abgesenkt würden. Ab dem 1. Oktober 2016 würden lediglich eine Kaltmiete von 363,75 EUR sowie Betriebs und Heizkosten in Höhe von 150,00 EUR berücksichtigt. Der Antragsgegner berücksichtigte damit eine für die Antragstellerinnen angemessene Wohnungsgröße von 75 qm sowie die Heiz- und Nebenkosten in tatsächlicher Höhe.
Mit Änderungsbescheid vom 14. September 2016 wurde die Leistungsgewährung für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2017 angepasst und unter Berücksichtigung eines Unterhalts von nunmehr 247,00 EUR monatlich nach Änderung der Düsseldorfer Tabelle zum 1. Januar 2017 auf monatlich 863,19 EUR reduziert.
Gegen den Bescheid vom 8. September 2016, geändert durch Bescheid vom 14. September 2016, legten die Antragstellerinnen am 13. September 2016 Widerspruch ein und trugen im Wesentlichen vor, mit den nunmehr gewährten Leistungen könne sie ihre Miete nicht länger voll zahlen. Am 2. September 2016 habe sie eine 3ZKB Wohnung in J-Dorf besichtigt, diese letztlich jedoch nicht bekommen. Sie könne nichts daran ändern, wenn sie für einen Vermieter nicht in Frage komme oder es kaum mietbaren Wohnraum in ihrem sozialen Umfeld gebe. Die Eingewöhnung ihrer Tochter im Kindergarten laufe weiter schleppend und sie könne dort noch nicht alleine bleiben, was voraussichtlich auch noch länger der Fall sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. September 2016 als unbegründet zurückgewiesen. Der Antragsgegner führte zur Begründung aus, die Antragstellerinnen hätten letztlich keine ausreichenden Bemühungen zur Senkung ihrer unangemessenen Wohnkosten dargelegt. Zwar habe die Antragstellerin selbst, ohne dass dies überprüfbar sei, diverse Bemühungen vorgetragen. Dabei wäre es ihr jedoch u.a. zuzumuten gewesen, vorübergehend auf ihren Hund zu verzichten, um auch Wohnungen, in denen Haustiere nicht erwünscht waren, anmieten zu können. Zwar sei dies für die Bedarfsgemeinschaft ggfs. ein schwer zu vollziehender Schritt, es könne der Allgemeinheit jedoch auch nicht zugemutet werden, lediglich wegen des Hundes monatliche Mehrkosten von fast 290,00 EUR zu übernehmen. Durch das Wohnhilfebüro sei u.a. eine Wohnungsanzeige im D-Stadt Tagesblatt für eine geeignete Wohnung am 18. März 2016 aufgezeigt worden, obwohl die Antragstellerin zu 1) diesbezüglich angegeben hatte, in den Anzeigen keine passende Wohnung gefunden zu haben. Dies zeige, dass die Antragstellerinnen nicht mit dem gebotenen Nachdruck um die Senkung ihrer Unterkunftskosten bemüht gewesen seien. Eine weitere geeignete Wohnung sei am 25. August 2016 in der Oberhessischen Presse angeboten worden. Den Antragstellerinnen sei auch zumutbar, sich in mehr als einer Zeitung über Wohnungsangebote zu informieren. Die Antragstellerin zu 1) habe sich in der Vergangenheit auch um Wohnungen in K-Dorf und J-Dorf bemüht, so dass nicht nachvollziehbar sei, dass für sie nur Wohnungen im sozialen Umfeld von A-Stadt in Betracht kämen.
Gegen den Widerspruchsbescheid haben die Antragstellerinnen am 27. September 2016 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben (Az. S 29 AS 743/16), über die noch nicht entschieden wurde. Zugleich stellten Sie den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz.
Die Antragstellerinnen sind im Wesentlichen der Auffassung, der Antragsgegner habe auch weiterhin, d.h. über den 30. September 2016 hinaus, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen, da es in ihrem sozialen Umfeld in A-Stadt/E-Dorf keine angemessenen Wohnraum als Alternative gebe, den sie hätten anmieten können. Ein Umzug an einen anderen Ort komme nunmehr auch wegen des Kindergartenplatzes der Antragstellerin zu 2) nicht mehr in Betracht. Sie bemühten sich durchgängig aber leider ohne Erfolg, eine angemessene Wohnung in ihrem sozialen Umfeld zu finden. Die Wohnungen außerhalb von A-Stadt seien nur im Zeitraum vor Eingewöhnung der Antragstellerin zu 2) im Kindergarten in Betracht gekommen. Dies sei jetzt nicht mehr möglich. Wenn die tatsächlichen Kosten der Unterkunft nicht übernommen würden drohe in absehbarer Zeit die Kündigung der Wohnung.
Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren, insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner ist im Wesentlichen der Auffassung, die Antragstellerinnen bewohnten seit 2013 eine zu große Wohnung, die unangemessen hohe Kosten der Unterkunft aufweise. Sie seien bereits seit längerer Zeit über die Unangemessenheit informiert und zur Kostensenkung aufgefordert worden. Zwar trage die Antragstellerin zu 1) vor, sie bemühe sich durchgehend. Dies sei jedoch nur eingeschränkt überprüfbar. Aus Sicht der Antragsgegnerin weise die Antragstellerin zu 1) jedenfalls nicht den gebotenen Nachdruck bei der Wohnungssuche auf. Sofern der Hund der Antragstellerinnen als Hindernis bei der Wohnungssuche vorgetragen werde, so komme in Betracht, den Hund anderweitig unterzubringen, um eine geeignete Wohnung anmieten zu können. Auch wenn man zugunsten der Antragstellerinnen von einer angemessenen Wohnungsgröße von 75 qm ausgehe, könne ab dem 1. Oktober 2016 nur noch eine Nettokaltmiete von 363,75 EUR berücksichtigt werden, d.h. monatlich 286,25 EUR weniger als die aktuell tatsächliche Nettokaltmiete der Antragstellerinnen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.
II.
Der Antrag ist zulässig aber unbegründet. Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II glaubhaft gemacht. Insbesondere haben die Antragstellerinnen keinen Anspruch auf die Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete ihrer jetzigen Wohnung als Kosten der Unterkunft.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruches, also eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, und eines Anordnungsgrundes, nämlich eines Sachverhaltes, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet. Für eine Regelungsanordnung relevante wesentliche Nachteile liegen dann vor, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles für den Antragsteller unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander, es besteht eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderung an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Wenn danach die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dann, auch wenn ein Anordnungsgrund gegeben ist, abzulehnen. Es handelt sich insgesamt um ein im funktionalen Zusammenhang stehendes bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl., § 86 b Rn. 27 und 29 m.w.N.). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG von dem Antragsteller glaubhaft zu machen.
Vor diesem Hintergrund haben die Antragstellerinnen einen Anspruch auf die Gewährung weitergehender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin zu 1) ist nach summarischer Prüfung eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Antragstellerin zu 2) ist als unter 25-jähige unverheiratete Tochter nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ebenfalls Mitglied ihrer Bedarfsgemeinschaft.
Die Antragstellerinnen sind hilfebedürftig nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II, da ihr Bedarf durch die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, konkret das Kindergeld in Höhe von 190,00 EUR sowie Kinderunterhalt in Höhe von derzeit 240,00 EUR bzw. ab dem 1. Januar 2017 in Höhe von 247,00 EUR nicht gedeckt wird. Anhaltspunkte für ein anderweitiges Einkommen der Antragstellerin zu 1) liegen nicht vor.
Bei der Bestimmung der Höhe des Bedarfs der Antragstellerinnen sind neben den Regelbedarfen nach § 20 SGB II und einem Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 in Höhe von 36 % des nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Bedarfs der Antragstellerin zu 1) auch ihre Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nach Satz 3 der Vorschrift sind, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Vorliegend hat der Antragsgegner die Antragstellerinnen schon mit Bescheid vom 31. März 2015, d.h. knapp 17 Monate vor Beginn des laufenden Bewilligungszeitraums, erstmals auf die Unangemessenheit ihrer Kosten der Unterkunft hingewiesen und eine Kostensenkungsaufforderung ausgesprochen. Hinsichtlich der Heiz- und Nebenkosten übernimmt der Antragsgegner darüber hinaus die tatsächlichen Kosten, so dass insoweit ein weitergehender Anspruch der Antragstellerinnen von vornherein ausgeschlossen ist. Die verbleibende tatsächliche Nettokaltmiete der Antragstellerinnen ist nach summarischer Prüfung unangemessen.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist (Ermittlung der Angemessenheitsgrenze auf Grund eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers). Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat.
Der räumliche Vergleichsmaßstab ist dabei so zu wählen, dass Hilfesuchende im Regelfall ihr soziales Umfeld beizubehalten vermögen. Deshalb ist für den räumlichen Vergleichsmaßstab in erster Linie der Wohnort des Hilfesuchenden maßgebend. Nur bei besonders kleinen Gemeinden, die über keinen repräsentativen Wohnungsmarkt verfügen, kommen größere und bei besonders großen Städten kleinere Gebietseinheiten in Betracht (BSGE 97, 231 (238 f) = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 S 23 f, jeweils Rn. 24; BSGE 97, 254 (260) = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 S 33, jeweils Rn. 21). Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R, Rn. 21).
Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSGE 97, 231 (238) = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 S 23, jeweils Rn. 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254 (259) = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3 S 32, jeweils Rn. 20). Um ausgehend davon den angemessenen Quadratmeterpreis zu ermitteln, ist es nicht erforderlich, auf einfache oder qualifizierte Mietspiegel im Sinne der §§ 558c und 558d BGB abzustellen bzw. solche Mietspiegel erstellen zu lassen, soweit sie insbesondere im ländlichen Raum fehlen. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss allerdings auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 149, Rn. 16; vgl. auch BSG, SozR 4-4200 § 22 Nr. 7 S 66 Rn. 23). Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein. Zu diesen Faktoren zählen im Regelfall zumindest der Standard, die Größe und die Ausstattung der Wohnung, wobei sich der Standard nach Lage der konkreten Verhältnisse auch im Jahr des ersten Bezugs bzw. der letzten Renovierung ausdrücken kann (BSG, a.a.O.).
Die Kammer hat bereits entschieden, dass die Ermittlung der angemessenen Kaltmiete durch den Antragsgegner den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein sog. schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entspricht (st. Rspr. seit Urteil vom 19. März 2012 - S 29 AS 333/11, Rn. 34 ff.; zitiert nach juris). Die Höhe der vorliegend gewährten angemessenen Kaltmiete für einen 2-Personen-Haushalt in A-Stadt in Höhe von 363,75 EUR ist insofern nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner bei der Berechnung bereits freiwillig von einer angemessenen Wohnungsgröße von sogar 75 qm für die beiden Antragstellerinnen ausgegangen ist.
Den Antragstellerinnen war es auch im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II möglich und zumutbar, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise ihre Aufwendungen zu senken.
Dabei ist im Hinblick auf einen Wohnungswechsel entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 1) der zumutbare Suchbereich zunächst nicht auf die Gemeinden A-Stadt bzw. den früheren Wohnort der Antragstellerin zu 1), die Gemeinde E-Dorf, beschränkt.
Zwar kann eine subjektive Unzumutbarkeit der Kostensenkung etwa vorliegen, wenn Menschen aufgrund von Behinderung, Pflegebedürftigkeit oder aus sonstigen gesundheitlichen Gründen auf eine besondere Infrastruktur oder ein spezielles soziales Umfeld angewiesen sind (vgl. BSG, Urteil vom 15. Juni 2016, B 4 AS 36/15 R, juris Rn. 25 m.w.N.). Entsprechende Anhaltspunkte sind im Falle der Antragstellerinnen jedoch nicht glaubhaft gemacht worden.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris Rn. 33 f.) wird die Einbindung Hilfebedürftiger in ihr soziales Umfeld respektiert und im Rahmen der Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen zugebilligt, dass von ihnen ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit der Aufgabe des soziales Umfeldes verbunden wäre, regelmäßig nicht verlangt werden kann (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 Rn. 21). Bleibt das soziale Umfeld erhalten, sind umgekehrt Kostensenkungsmaßnahmen (z.B. durch einen Umzug) im Normalfall zumutbar. Aufrechterhalten des sozialen Umfeldes bedeutet jedoch nicht, dass keinerlei Veränderungen der Wohnraumsituation stattfinden dürften. Vielmehr sind vom Hilfeempfänger auch Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hinzunehmen, wie sie etwa erwerbstätigen Pendlern als selbstverständlich zugemutet werden.
Vor diesem Hintergrund ist den Antragstellerinnen zur Überzeugung der Kammer zuzumuten, auch alternativen angemessenen Wohnraum in den Städten B-Stadt oder D-Stadt (beide ca. 10 km entfernt), ggfs. sogar in H-Stadt (ca. 19 km entfernt), zu suchen, um ihre unangemessenen Kosten der Unterkunft zu senken. Anhaltspunkte dafür, dass entsprechender Wohnraum auch unter Berücksichtigung der Antragstellerin zu 1) als Alleinerziehende sowie des zur Familie gehörenden Hundes, in diesen Städten nicht zur Verfügung steht, sieht das Gericht nicht.
Dem steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 2) seit dem 8. August 2016 im Kindergarten in A-Stadt eingewöhnt wird. Die Problematik eines Kindergarten- bzw. Schulwechsels im Falle eines notwendigen Umzugs, in der Regel aus privaten oder beruflichen Gründen, stellt sich allen Eltern und ist nicht auf Leistungsempfänger nach dem SGB II beschränkt. Sofern die Kinderbetreuung auch am Zielort grundsätzlich möglich ist, woran die Kammer bei Wohngelegenheiten in B-Stadt, D-Stadt oder H-Stadt keinen Zweifel hat, mag ein Wechsel der Einrichtung für die Antragstellerinnen unangenehm sein, ist ihnen aber im Rahmen ihrer Kostensenkungsobliegenheiten zuzumuten. Dies gilt insbesondere, wenn die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft den Antragstellerinnen bereits seit ca. 17 Monaten vor dem laufenden Bewilligungszeitraum bekannt war. Ist im Laufe eines Übergangszeitraums im vom Hilfeempfänger bevorzugten sozialen Umfeld keine angemessene Unterkunft realisierbar, so hätte die Antragstellerin zu 1) aus Sicht der Kammer ihre Suchaktivitäten bereits in der Vergangenheit auf einen größeren Radius ausdehnen müssen und nicht auf unabsehbare Zeit auf den Mangel an Angeboten im unmittelbaren Umfeld verweisen dürfen. Insofern ist für die Kammer nicht relevant, ob in der Gemeinde A-Stadt alleine ausreichend alternativer angemessener Wohnraum zur Verfügung stand bzw. steht.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II muss eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Unabhängig davon, dass die Vorschrift ausschließlich den Interessen der kommunalen Träger dient und keine subjektiven Rechte zugunsten der Leistungsberechtigten begründet (Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 131), liegen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen nicht vor. Die Antragstellerinnen haben insoweit nicht glaubhaft gemacht, dass die Kosten eines Wohnungswechsels unwirtschaftlich wären. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerinnen eine monatliche Differenz zwischen tatsächlichen und angemessenen Kosten der Unterkunft von mindestens 286,25 EUR aufweisen. Aufgrund des Staffelmietvertrages erhöht sich die Nettokaltmiete während des laufenden Bewilligungszeitraums ab dem 1. Februar 2017 voraussichtlich nochmals um 50,00 EUR monatlich.
Anhaltspunkte für eine sonstige Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 8. September 2016, geändert durch Bescheid vom 14 September 2016, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2016 sind weder vorgetragen noch für die Kammer ersichtlich.
Mangels Anordnungsanspruchs kann dahingestellt bleiben, ob ein hinreichender Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus § 172 SGG. Eine Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i.V.m. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, da die Antragstellerinnen für den laufenden Bewilligungszeitraum bis zum 31. März 2017 die Gewährung weitergehender Leistungen in Höhe von insgesamt mindestens 1.717,50 EUR begehren.
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