L 1 KR 12/05

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Trier (RPF)
Aktenzeichen
S 4 KR 41/03
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 1 KR 12/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch bei einem nur unter Auflagen zugelassenen Arzneimittel ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Gemeinsamen Bundesauschusses, eine zusätzliche Begutachtung in einem Verfahren nach § 135 SGB V durchzuführen.
2. Neben der arzneimittelrechtlichen Zulassung ist nur ausnahmsweise eine gesonderte krankenversicherungsrechtliche Prüfung von Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels vorzunehmen (im Anschluss an BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R; Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 6/04 R).
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 30.11.2004 - S 4 KR 41/03 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der Bescheid der Beklagten vom November 2001 aufgehoben und die Beklagte zur Erstattung der Kosten der Radiumchlorid-224-Therapie in Höhe von 4.933,95 EUR verurteilt wird.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Kosten der Behandlungen des Klägers mit dem Arzneimittel SpondylAT zu erstatten hat.

Bei dem 1955 geborenen und bei der Beklagten versicherten Kläger besteht seit 1974 eine ankylosierende Spondylitis (Morbus Bechterew). Trotz mehrfacher stationärer Behandlungen, eines krankengymnastischen Übungsprogramms sowie der Einnahme von Antirheumatika und Schmerzmitteln konnte ein progredienter Verlauf nicht verhindert werden. Die Erkrankung befindet sich im Stadium III mit weitgehender Versteifung von 2 Wirbelsäulenabschnitten mit wiederholten entzündlichen Schüben und mit unspezifischen starken Schmerzbildern.

Der Kläger informierte sich im November 2001 bei dem Arzt für Nuklearmedizin Dr. T von der Krankenanstalt Mutterhaus der B in T über eine ambulante Therapie mit Radiumchlorid-224. Hierbei handelt es sich um einen radioaktiven Stoff, der intravenös verabreicht wird, sich in Skelettabschnitten mit gesteigerter Knochenbildung vermehrt anreichert und dem eine antiphlogistische und analgetische Wirksamkeit in den Entzündungsgebieten der ankylosierenden Spondylitis zukommt. Die Entscheidung für einen Einsatz dieses Stoffes wird von einem Rheumatologen getroffen und die Verabreichung erfolgt durch einen Arzt für Nuklearmedizin durch insgesamt 10 wöchentliche Injektionen. Eine Therapiewiederholung wird nicht vor Ablauf von 10 Jahren nach Ersttherapie empfohlen.

Der Wirkstoff wird als Fertigarzneimittel unter dem Namen SpondylAT vertrieben. Von der Bundesanstalt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wurde am 23.10.2000 die Zulassung zur Behandlung starker Schmerzen bei Patienten mit Spondylitis ankylosans und nachgewiesenen Ossifikationsprozessen am Achsenskelett (Stadium II und III nach der klinisch-röntgenologischen Klassifizierung), bei denen eine konsequente und adäquate Schmerztherapie erfolglos war oder die Gabe von Analgetika und Antiphlogistika kontraindiziert ist, erteilt.
Die Zulassung enthielt Auflagen. Hiernach sind erstens Ergebnisse klinischer Prüfungen nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 Arzneimittelgesetz (AMG - Klinische Studie Phase 3 zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit) innerhalb von 5 Jahren nach Erteilung der Zulassung vorzulegen.
Außerdem sind zweitens bei allen nach Erteilung der Zulassung behandelten Patienten Anwendungsbeobachtungen über 10 Jahre durchzuführen, deren Ergebnisse systematisch gesammelt, dokumentiert, ausgewertet und dem BfArM alle 2 Jahre vorzulegen sind. Als Begründung führte das BfArM aus, dass keine Ergebnisse klinischer Prüfungen nach § 22 Abs. 2 Nr. 3 AMG vorgelegt worden seien. Das vorgelegte wissenschaftliche Erkenntnismaterial einschließlich der Sachverständigengutachten und einzelner Anwendungsbeobachtungen beantworte nicht zufrieden stellend alle Fragen und Mängel, so dass ein fundiertes Urteil und eine abschließende Nutzen-Risiko-Bewertung des Arzneimittels zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich sei. Andererseits lägen hinreichende Anhaltspunkte vor, dass SpondylAT einen hohen therapeutischen Wert besitze vor allem als Reservertherapeutikum bei Patienten, bei denen eine adäquate analgetische und antiphlogistische Behandlung nicht wirksam oder kontraindiziert sei.

Der Kläger wandte sich im November 2001 an die Geschäftsstelle der Beklagten in Bitburg. Der Mitarbeiter Peters teilte ihm mit, dass eine Behandlung mit dem Arzneimittel SpondylAT keine Kassenleistung darstelle und dass eine Übernahme der Kosten nicht möglich sei.
Am 22.11.2001 suchte der Kläger den Rheumatologen Dr. Sch auf, der ihn zu Dr. T überwies und in einem Attest vom 11.12.2001 gegenüber der Beklagten die Durchführung der Therapie befürwortete. Mit Schreiben vom 17.12.2001 beantragte Dr. T bei der Beklagten im Namen des Klägers die Übernahme der Kosten von Behandlungen mit dem Arzneimittel.

Die Beklagte zog Auskünfte bei Dr. S vom 20.02.2002 und 13.05.2002 und ein Gutachten vom 13.06.2002 der Frau Dr. L vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) bei. Durch Bescheid vom 27.06.2002 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab und wies den Widerspruch am 11.12.2002 zurück. Es sei noch eine weitere Schmerztherapie möglich. Außerdem seien nach den Ziffern 12 und 13 der Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (AMR) Erprobungen von Arzneimitteln auf Kosten des Versicherungsträgers unzulässig, was auch für Erprobungen nach Zulassung gelte. Die Anwendung der Radiumchlorid-Therapie befinde sich jedoch noch im Stadium der Erprobung.

Beim Kläger wurde die Therapie nach einem Beratungstermin vom 17.01.2002 im Zeitraum vom 01.02.2002 bis 04.04.2002 durch Dr. T durchgeführt. Mit Rechnung vom 18.07.2002 wurde vom Kläger ein Betrag von 4.933,95 EUR gefordert und die Abrechnungsziffern der GOÄ Nr. 5, 34, 250, 253 und 5603 analog (Behandlung einer Systemerkrankung mit einem knochenaffinen Radiopharmazeutika) sowie Arzneimittelkosten zugrunde gelegt.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Trier (SG) Stellungnahmen des Dr. T beigezogen und durch Dr. G /Dr. S vom E -Krankenhaus K am 18.04.2004 ein Gutachten nach Aktenlage erstellen lassen. Der Kläger hat ein Attest des Arztes E vom 19.11.2003 und die Beklagte hat eine Grundsatzstellungnahme des MDK vom Juni 2001 sowie ein Gutachten des Dr. S vom 28.08.2003 vorgelegt.

Mit Urteil vom 30.11.2004 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 27.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2002 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die Kosten der Radiumchlorid-224-Therapie zu erstatten. Es handele sich um ein zugelassenes Arzneimittel. Vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen sei im Urteil vom 05.05.2004 (L 4 KR 127/02) entschieden worden, dass die Krankenkasse diese Zulassung trotz der Auflagen gegen sich gelten lassen müsse. Eine Kontrolle durch den Gemeinsamen Bundesausschuss sei vom Gesetz nicht vorgesehen. Den Gründen dieser Entscheidung werde gefolgt.

Gegen das ihr am 11.01.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 02.02.2005 Berufung eingelegt.

Sie trägt vor, dass ein Wirksamkeitsnachweis nach den Erfordernissen der evidenzbasierten Medizin nicht vorliege. In diesem Fall müsse ihr ein eigenes Verfahren zur Qualitätssicherung in Form einer Prüfung nach § 135 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugestanden werden. Ansonsten hätte die gesetzliche Krankenversicherung letztlich die Arzneimittelstudien zu finanzieren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 30.11.2004 - S 4 KR 41/03 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Radiumchlorid-224-Therapie in Höhe von 4933,95 EUR zu erstatten.

Er erachtet die angefochtene Entscheidung für zutreffend und legt eine Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 13.01.2005 zur Verordnungsfähigkeit von SpondylAT vor.

Der Senat hat durch den Berichterstatter am 26.01.2006 den Kläger gehört und den Zeugen H -W P vernommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das SG Trier hat der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Therapie mit Radiumchlorid-224 zu. Die Bescheide der Beklagten vom November 2001 und 27.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2002 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
Zur Klarstellung ist der vom Kläger begehrte genaue Geldbetrag aufzuführen. Außerdem ist auch der vom Widerspruch des Klägers umfasste mündliche Verwaltungsakt vom November 2001 aufzuheben.

1. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten der Behandlungen nach der hier maßgebenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu Unrecht abgelehnt. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer ärztlichen Behandlung einschließlich der Versorgung mit einem Arzneimittel als Sachleistung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 3 i.V.m. § 31 SGB V) liegen vor.

Dieser Sachleistungsanspruch auf Bereitstellung der für die Krankenbehandlung benötigten Arzneimittel unterliegt den Einschränkungen aus § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V. Er besteht nur für solche Pharmarkotherapien, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Diese Anforderungen sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur erfüllt, wenn das nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts zulassungsbedürftige Arzneimittel zugelassen ist.

Da es bei dem für die Zulassung geforderten Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments (§ 21 Abs. 2 Arzneimittelgesetz - AMG -) im Kern um dieselben Kriterien geht, an denen auch die Leistungen der Krankenversicherung gemessen werden müssen, handelt es sich bei einer Therapie, die sich in der Anwendung eines für die betreffende Indikation zugelassenen neuartigen Arzneimittels erschöpft, nicht um "neue Methoden" i.S.v. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber alle neuen Medikamente neben einer arzneimittelrechtlichen einer zusätzlichen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätsprüfung nach denselben Maßstäben unterwerfen wollte. Im Ergebnis verzichtet das Krankenversicherungsrecht bei der Versorgung mit zulassungspflichtigen Arzneimitteln weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Im Falle der arzneimittelrechtlichen Zulassung ist infolgedessen grundsätzlich davon auszugehen, dass zugleich der Mindeststandard einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt ist; dies gilt unbeschadet der zusätzlichen Regelungen des Krankenversicherungsrechts über die (ökonomisch verstandene) Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne (vgl. § 12 Abs. 1, § 31, §§ 33a bis 35a, § 84 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 2 SGB V). Deshalb ist es nicht Aufgabe des Bundesausschusses, zulassungspflichtige Arzneimittel für den Einsatz in der vertragsärztlichen Versorgung einer nochmaligen, gesonderten Begutachtung zu unterziehen und die arzneimittelrechtliche Zulassung durch eine für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Empfehlung zu ergänzen bzw. zu ersetzen (BSG, Urteil vom 19.03.2002 - B 1 KR 37/00 R, SozR 3-2500 § 31 Nr. 8; Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Der Gemeinsame Bundesauschuss hat ausdrücklich von einer Überprüfung des Arzneimittels in einem Verfahren nach § 135 SGB V abgesehen (Stellungnahme vom 13.01.05).

Das Fertigarzneimittel SpondylAT mit dem Wirkstoff Radiumchlorid-224 wurde vom BfArM am 23.10.2000 zugelassen. Die Zulassung erstreckte sich auf das beim Kläger gegebene Anwendungsgebiet der Behandlung einer Spondylitis ankylosans im Stadium III. Schmerztherapeutische Behandlungen führten beim Kläger zu keinem Erfolg.

2. Allerdings gilt diese vom BSG zu Grunde gelegte Identität der Qualitätssicherungskriterien im Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht nicht ausnahmslos. Nicht alles was arzneimittelrechtlich erlaubt und statthaft ist, führt automatisch auch zur Leistungspflicht unter dem Blickwinkel des Krankenversicherungsrechts. In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gelten eigene gesetzliche Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen (vgl. z.B. § 2 Abs. 1 Satz 3, § 12 Abs. 1, § 31, §§ 33a bis 35a, § 84 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 2 SGB V). Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten umfasst grundsätzlich nur solche Arzneimittel, bei denen zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne vorliegen, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist. Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem Sinne für die GKV immer nur ein "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis" dar und ist nur "negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt. Das BSG hat aus diesem Grund die Leistungspflicht der Krankenkassen für solche Arzneimittel verneint, deren arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit auf der aufschiebenden Wirkung einer Klage beruhte, mit welcher der Hersteller die Verlängerung einer Alt-Zulassung nach dem AMG vom 16.05.1961 begehrte (BSG, Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 6/04 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 bestimmt).

Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich vorliegend nicht. Das Arzneimittel SpondylAT war nicht als so genanntes Alt-Arzneimittel anzusehen, sondern das BfArM hatte am 23.10.2000 eine Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz vom 17.12.1998 (BGBl. I, 3587) erteilt.

Zur Überzeugung des Senats führen die mit der Zulassungsentscheidung verbundenen Auflagen nicht dazu, eine Leistungspflicht der GKV für die Versorgung mit dem Arzneimittel SpondylAT zu verneinen. Zwar verfolgen Arzneimittelrecht und das Recht der GKV unterschiedliche Zielrichtungen. Zweck des AMG ist es im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung für die Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln, insbesondere für deren Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit zu sorgen (§ 1 AMG). Die GKV hat demgegenüber die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Allerdings ist die vom BSG (Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R, SozR 4-2500 § 27 Nr. 1) dargelegte grundsätzliche Identität der Qualitätssicherungskriterien im Arzneimittelrecht und in der GKV (kritisch hierzu: Hart, SGb 2005, 649f.) jedenfalls in der vorliegenden Fallgestaltung nicht derart zu überdenken, dass eine weitergehendere Prüfung von Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels zu erfolgen hat.

Das BfArM hat in den Auflagen zur Zulassungsentscheidung die Vorlage von klinischen Studien der Phase III innerhalb von fünf Jahren nach Erteilung der Zulassung sowie die systematische Sammlung von Anwendungsbeobachtungen über zehn Jahre gefordert. Eine Einschränkung der Zulassung ist damit nicht verbunden.
Allein aus dem Erfordernis der Vorlage von Studien der Phase III kann nicht abgeleitet werden, dass die Behandlung nicht dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprochen hat. Die Behandlung des Klägers ist nicht im Rahmen einer solchen Studie erfolgt, weshalb offen bleiben kann, ob dann anderes zu gelten hätte. Die Beklagte wird damit auch nicht in unzulässiger Weise (BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R, SozR 4-5565 § 14 Nr.8) an der Finanzierung der Grundlagenforschung und an klinischen Studien beteiligt. Ein systematischer Heilbehandlungsversuch, der von der GKV nicht zu bezahlen wäre, lag beim Kläger nicht vor. Vielmehr begründet die Zulassung des Arzneimittels SpondylAT für die GKV die Verpflichtung zur Versorgung ihrer Versicherten innerhalb des von der Zulassung erfassten Anwendungsgebietes. Ob die arzneimittelrechtliche Entscheidung des BfArM zutreffend war, ist von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit grundsätzlich nicht zu überprüfen (BSG, Urteil vom 27.09.2005 - B 1 KR 6/04 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 bestimmt).

Die Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung von arzneimittelrechtlichen Zulassungserfordernissen ist nach Auffassung des Senats bei der vorliegenden Erteilung der Zulassung unter Auflagen nicht gegeben. Das Zulassungsverfahren nach dem AMG war vielmehr erfolgreich abgeschlossen und der arzneimittelrechtliche Status von SpondylAT beruhte auf einer ausreichenden arzneimittelrechtlichen Prüfung. Auch rechtfertigen die konkreten Auflagen unter Einbeziehung der Begründung des BfArM nicht die Befürchtung, dass den Versicherten ein unkalkulierbares Risiko von Gesundheitsschäden bei Anwendung des Arzneimittels drohen könnte. Weder die Ärzte des MDK noch die Sachverständigen Dr. G / Dr. Sch -E haben solche Gesichtspunkte aufgezeigt. Besonderheiten in der Anwendung des Arzneimittels, welche eine eigenständige Prüfung in krankenversicherungsrechtlicher Hinsicht, etwa durch den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, erfordern könnten, bestehen nicht. Dass SpondylAT nicht auf dem üblichen Vertriebsweg über Apotheken, sondern wegen der Radioaktivität nur an Ärzte mit einer Umgangsgenehmigung für radioaktive Stoffe abgegeben wird, ändert daran nichts.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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